Grundlagen der Mikroökonomik 02 Angebot und Nachfrage PDF WS 2024/25

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Ruhr-Universität Bochum

2024

Julio R. Robledo

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microeconomics economics supply and demand economic theory

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This document is a set of lecture notes on microeconomics. It covers topics such as supply and demand, market equilibrium, and the effects of government interventions. The course is titled "Grundlagen der Mikroökonomik 02 Angebot und Nachfrage", and was taught during the Winter Semester 2024/25 at Ruhr-Universität Bochum.

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Grundlagen der Mikroökonomik 02 Angebot und Nachfrage Julio R. Robledo [email protected] Ruhr-Universität Bochum...

Grundlagen der Mikroökonomik 02 Angebot und Nachfrage Julio R. Robledo [email protected] Ruhr-Universität Bochum WS 2024/25 Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 1 / 58 Agenda Agenda Einführung Nachfrage Angebot Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Marktgleichgewicht: Wohlfahrt Marktgleichgewicht: Staatliche Eingriffe Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Marktgleichgewicht: Grafische und algebraische Lösung Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 2 / 58 Einführung Märkte 1 I In diesem Kapitel führen wir das wohl am häufigsten angewendete Modell der VWL ein: das Angebot- und Nachfrage-Modell. I Dieses Modell ist eine Theorie, die das Marktergebnis (Preis und gehandelte Menge) unter bestimmten Annahmen erklärt / vorhersagt. I Endogene Variablen: Preis und gehandelte Menge I Exogene Variablen: Produktionstechnologie, Haushaltspräferenzen, Faktorpreise (Lohn- und Zinsniveau), Einkommen der HH, Preise anderer Güter, etc. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 3 / 58 Einführung Märkte 2 I Beispiel: Wochenmarkt für Obst und Gemüse I Markt etwas allgemeiner: Zusammentreffen von Anbietern (supply, abgekürzt mit S) und Nachfragern (demand, abgekürzt mit D) eines Gutes oder einer Dienstleistung I Enge Definition des Gutes, zeitliche und räumliche Dimension: I Äpfel verschiedener Sorten sind unterschiedliche Güter. I Markt für eine bestimmte Apfelsorte heute ist nicht gleich dem Markt für dieselbe Sorte morgen. I Markt in Bochum Süd unterscheidet sich vom Markt in Bochum West. I In Anwendungen interessieren wir uns aber oft für breiter definierte Märkte in Bezug auf I das betrachtete Gut, z. B. Obst oder Lebensmittel I den betrachteten Zeitraum: oft ein gesamtes Jahr I den betrachteten Ort: regionaler oder nationaler Markt, Weltmarkt I Marktabgrenzung wirtschaftspolitisch relevant, z. B. bei Fusionen (Kauf von Eduscho durch Tchibo, Kauf von Air Berlin durch die Lufthansa) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 4 / 58 Einführung Annahmen im Angebot und Nachfrage Modell 1 1. Wir beschränken die Analyse vorerst auf einen einzigen Markt und ignorieren damit die Interaktion zwischen verschiedenen Märkten. 2. Alle gehandelten Güter sind “homogen”, d. h. sie haben dieselben Eigenschaften und sind nicht unterscheidbar. I Damit ignorieren wir vorerst jegliche Produktdifferenzierung. 3. Alle Güter werden zum gleichen Preis gehandelt und jeder Marktteilnehmer verfügt über die gleichen Informationen bezüglich Preise, Qualität etc. I keine speziellen Rabatte o. ä. für manche Kunden I keine asymmetrische Information 4. Es gibt viele Marktteilnehmer auf beiden Marktseiten. I Diese Annahme impliziert, dass kein Marktteilnehmer einen spürbaren Einfluss auf das Marktgeschehen nehmen kann. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 5 / 58 Einführung Annahmen im Angebot und Nachfrage Modell 2 I Je enger die Marktdefinition, desto näher sind Annahmen 2 und 3 an der Realität. I Annahmen 2 und 3 treffen am ehesten auf Rohstoffe zu, die auf großen Börsen gehandelt werden. I Annahme 4 ist für die Nachfrageseite oft (aber nicht immer) unkritisch, für die Anbieterseite oft nur eine Annäherung. I In vielen Märkten (z. B. Autos) existieren nur eine Handvoll Anbieter, die mit ihren Entscheidungen Einfluss nehmen können auf Preise und Mengen. I Wir werden später in der Vorlesung Märkte unter der Annahme analysieren, dass Anbieter über Marktmacht verfügen. I Im Folgenden als Beispiel: Markt für Benzin I Annahmen 1 bis 3 erfüllt. I Annahme 4 für die Anbieterseite eher nicht erfüllt, das ist aber für unsere einführende Analyse nicht relevant. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 6 / 58 Nachfrage Nachfragekurve und Interpretation 1 Preis (Euro) I Gesetz der Nachfrage: Die nachgefragte 2.50 Menge steigt, wenn der Preis fällt. I Entlang einer Nachfragekurve wird 2.00 ausschließlich der Preis des Gutes verändert. 1.50 I Alle weiteren Faktoren, die die Nachfrage 1.00 beeinflussen (s. u.), verändern sich nicht. I Horizontale Interpretation: 0.50 nachgefragte Menge bei einem D bestimmten Preis. 50 100 150 200 250 Benzin (Liter/Monat) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 7 / 58 Nachfrage Nachfragekurve und Interpretation 2 I Vertikale Interpretation: Zahlungsbereitschaft für eine weitere (d.h. eine marginale) Einheit des Gutes = Reservationspreis I In der Grafik beträgt die Zahlungsbereitschaft für den 100. Liter Benzin genau 2 €. I Hat der Konsument bereits 99 Liter Benzin, dann würde er sich bei einem Preis von 2 € noch genau einen Liter zusätzlich kaufen. I Wäre der Preis auch nur etwas höher, würde sich der Konsument den nächsten Liter Benzin nicht mehr kaufen. I 2 € entspricht also der Zahlungsbereitschaft für den 100. Liter Benzin, definiert als der maximale Betrag, den der Konsument für den 100. Liter Benzin zu zahlen bereit ist. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 8 / 58 Nachfrage Nachfragekurve und Interpretation 3 I Bei fallender Nachfrage nimmt die Zahlungsbereitschaft ab, je mehr Benzin der Konsument bereits konsumiert. I Fallende Nachfragen bilden also abnehmenden Grenznutzen ab. I Je mehr man von einem Gut bereits konsumiert hat, desto geringeren Nutzen zieht man aus einer weiteren Einheit und desto geringer ist demzufolge die Zahlungsbereitschaft. I Ist abnehmender Grenznutzen eine plausible Annahme an die Nachfrage? I Wir werden im Verlauf des Moduls den fallenden Verlauf der Nachfragekurve genauer begründen. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 9 / 58 Nachfrage Von der individuellen zur aggregierten Nachfrage 1 Preis (Euro) 2.50 2.00 1.50 1.00 0.50 D1 D=D1+D2 D2 50 100 150 200 250 300 350 400 Benzin (Liter/Monat) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 10 / 58 Nachfrage Von der individuellen zur aggregierten Nachfrage 2 I Die Nachfragekurven aller individuellen Konsumenten lassen sich zu einer einzigen aggregierten Nachfrage zusammenfassen. I Das vorige Diagramm illustriert diese Aggregation anhand von zwei Konsumenten mit jeweiliger Nachfrage D1 und D2. I Um die aggregierte Nachfrage D zu erhalten, muss man zu jedem Preis die von Konsument 1 und 2 nachgefragten Mengen aufaddieren. I Bei einem Preis von 2 € fragt Konsument 1 genau 100 Liter Benzin und Konsument 2 genau 50 Liter Benzin nach. I Die gesamte Nachfrage zu einem Preis von 2 beträgt also 150 Liter Benzin. I Analog beträgt die gesamte Nachfrage bei einem Preis von 1 €: 100 Liter + 200 Liter = 300 Liter Benzin. I Die Nachfragen werde horizontal aufaddiert, nicht vertikal! I D. h. die Mengen werden addiert, nicht die Preise. I Dieses Verfahren lässt sich genauso bei einer sehr großen Anzahl von Nachfragern anwenden, um die aggregierte Nachfrage im Angebot-Nachfrage-Modell zu erhalten. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 11 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Einkommen - normales Gut P D1 D0 Q Normale Güter: nachgefragte Menge steigt mit dem Einkommen (gilt für die meisten Güter) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 12 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Einkommen - inferiores Gut P D0 D1 Q Inferiore Güter: nachgefragte Menge sinkt mit dem Einkommen (Bsp.: Kartoffeln, Öffis) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 13 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Preis - Komplemente P D1 D0 Q Preisrückgang beim Komplement führt zu einem Anstieg der Nachfrage des Gutes Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 14 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Preis - Substitute P D0 D1 Q Preisrückgang beim Substitut führt zu einem Rückgang der Nachfrage des Gutes Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 15 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Preiserwartungen P D1 D0 Q Erwartung eines Preisanstiegs erhöht die Nachfrage. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 16 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Einkommenserwartungen P D0 D1 Q Eine erwartete Einkommenssenkung reduziert die Nachfrage. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 17 / 58 Nachfrage Determinanten der Nachfrage: Bevölkerungsgröße P D1 D0 Q Steigende Bevölkerung erhöht die Nachfrage. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 18 / 58 Angebot Angebotskurve und Interpretation 1 Preis (Euro) S 100 I Gesetz des Angebots: Die angebotene Menge steigt, wenn der Preis steigt. 80 I Entlang einer Angebotskurve wird ausschließlich der Preis des Gutes 60 verändert. I Alle weiteren Faktoren, die das Angebot 40 beeinflussen (s. u.), verändern sich nicht. 20 I Horizontale Interpretation: angebotene Menge bei einem bestimmten Preis 1 2 3 4 5 Benzin (Mio. Barrel/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 19 / 58 Angebot Interpretation der Angebotskurve 2 I Vertikale Interpretation: Preis, den der Anbieter für eine weitere (d. h. eine marginale) Einheit des Gutes mindestens erhalten muss = Minimalpreis I Um das 2-Millionste Barrel Benzin anzubieten, muss der Anbieter mindestens 40 € erhalten. I Wäre der Preis auch nur etwas geringer, wäre der Anbieter nicht mehr bereit, das 2-Millionste Barrel anzubieten, wäre er höher, wäre der Anbieter sogar bereit, noch mehr anzubieten. I Verhält sich der Anbieter optimal, entspricht der Minimalpreis genau den Grenzkosten für das 2-Millionste Barrel. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 20 / 58 Angebot Interpretation der Angebotskurve 3 I Wären die Grenzkosten höher als 40 €, wäre es für den Anbieter besser, das 2 Millionste Barrel nicht für 40 € anzubieten, da die Kosten für dieses Barrel nicht durch den Preis gedeckt sind. I Wären die Grenzkosten niedriger als 40 €, dann würde der Anbieter durch den Verkauf zu 40 € einen Gewinn erzielen. Er wäre also bereit, auch zu einem etwas geringeren Preis anzubieten. I Ein steigend verlaufendes Angebot ist also gleichbedeutend mit der Annahme steigender Grenzkosten. I Sind steigende Grenzkosten eine plausible Annahme an das Angebot? I Wir werden im Verlauf des Moduls den steigenden Verlauf der Angebotskurve genauer begründen. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 21 / 58 Angebot Vom individuellen zum aggregierten Angebot 1 Preis (Euro) S2 S1 100 S 80 60 40 20 1 2 3 4 5 6 7 Benzin (Mio. Barrel/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 22 / 58 Angebot Vom individuellen zum aggregierten Angebot 2 I Ganz analog zur Nachfrage, lassen sich auch die Angebotskurven aller Anbieter zu einer einzigen aggregierten Angebotskurve zusammenfassen. I Das vorige Diagramm illustriert diese Aggregation anhand von zwei Anbietern mit jeweiligem Angebot S1 und S2. I Um das aggregierte Angebot S zu erhalten, muss man zu jedem Preis die von Anbieter 1 und 2 angebotenen Mengen aufaddieren. I Bei einem Preis von 40 € bietet Anbieter 1 2 Mio. Barrel und Anbieter 2 1 Mio. Barrel Benzin an. I Das gesamte Angebot bei einem Preis von 40 € beträgt also 3 Mio. Barrel Benzin. I Ganz analog beträgt das gesamte Angebot bei einem Preis von 80 € 4 Mio. Barrel + 2 Mio. Barrel = 6 Mio. Barrel Benzin. I Die Angebotskurven werden horizontal aufaddiert, nicht vertikal! I D.h. wieder die Mengen werden addiert, nicht die Preise. I Dieses Verfahren lässt sich genauso bei einer sehr großen Anzahl von Anbietern anwenden, um das aggregierte Angebot im Angebot-Nachfrage-Modell zu erhalten. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 23 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Technologie P S0 S1 Q Kostensenkende Erfindungen führen zu einem Anstieg des Angebots. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 24 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Inputpreise P S1 S0 Q Höhere Löhne führen zu einem Rückgang des Angebots. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 25 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Inputpreise P S0 S1 Q Niedrigere Zinsen führen zu einem Anstieg des Angebots. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 26 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Inputpreise P S1 S0 Q Teurere Rohstoffe führen zu einem Rückgang des Angebots. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 27 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Erwartungen P S1 S0 Q Zukünftig erwartete Preisanstiege können zu einer Senkung des aktuellen Angebots führen. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 28 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Wetter P S0 S1 Q Gutes Wetter erhöht oft das Angebot. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 29 / 58 Angebot Determinanten des Angebots: Wetter P S1 S0 Q Schlechtes Wetter reduziert oft das Angebot. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 30 / 58 Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Marktgleichgewicht I Wir haben bisher Nachfrage- und Angebotsseite isoliert betrachtet. I Nun analysieren wir die Interaktion beider Marktseiten. I Das Markt-Gleichgewicht beantwortet 2 Fragen: 1. Zu welchem Preis wird gehandelt? 2. Welche Menge wird gehandelt? I Um das Markt-Gleichgewicht zu bestimmen, verwenden wir das Angebots- und Nachfragemodell. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 31 / 58 Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Der Markt für Benzin in Angebots- und Nachfragemodell I Manche Aspekte des Benzinmarktes werden durch das Angebots - und Nachfragemodell gut abgebildet: I homogenes Gut I hohe Transparenz bzgl. Preise und Qualität des Gutes, keine Rabatte I viele Nachfrager I Es gibt allerdings auch Aspekte, die das Modell nicht gut abbildet (das Modell ist also unrealistisch): I wenige Anbieter, die potenziell deshalb Einfluss auf den Preis nehmen könnten I Dennoch ist das Modell trotz seiner Einfachheit sehr nützlich: I Die Modellergebnisse sind ziemlich robust gegenüber Modellerweiterungen, die die Marktmacht der Anbieter explizit berücksichtigen... I... solange die Anbieter nicht miteinander kolludieren (sich absprechen, natürlich zum eigenen Vorteil). I Mehr dazu in Veranstaltungen zur Industrieökonomik. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 32 / 58 Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Marktgleichgewicht: Grafik Preis S (Euro) 100 80 I Das Gleichgewicht in einem kompetitiven Markt liegt im Schnittpunkt von 60 Nachfrage- und Angebotskurve. I Ergebnis: Gleichgewichtsmenge und 40 Gleichgewichtspreis I Im Gleichgewicht gibt es weder 20 Überangebot noch Übernachfrage. D 10 20 30 40 50 Benzin (Mio. Barrel/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 33 / 58 Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Überangebot und Übernachfrage Preis S (Euro) 100 Ueberangebot 80 I Überangebot: Betrag, um den die angebotene Menge die nachgefragte 60 Menge übersteigt I Übernachfrage: Betrag, um den die 40 Uebernachfrage nachgefragte Menge die angebotene Menge übersteigt 20 D 10 20 30 40 50 Benzin (Mio. Barrel/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 34 / 58 Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Anpassung zum Gleichgewicht: Überangebot I Wenn der Marktpreis nicht dem Gleichgewichtspreis (GG-Preis) entspricht, verhält sich eine Marktseite nicht optimal. I Solange der Preis größer ist als der GG-Preis gibt es Anbieter, die sich nicht optimal verhalten (Überangebot). I Beträgt der Preis bspw. 80 €, werden 20 Mio. Barrel Benzin gehandelt. I Horizontale Perspektive: die Anbieter sind zu diesem Preis bereit 40 Mio. Barrel Benzin bereitzustellen, die Nachfrage beträgt aber nur 20 Mio. Barrel I Die Anbieter sind die lange Marktseite und damit restringiert. I Vertikale Perspektive: die Anbieter sind bereit, die nächste Mio. Barrel Benzin zu einem Preis nur knapp oberhalb von 40 € (und deutlich unterhalb von 80 €) pro Barrel anzubieten. I Dies bedeutet, dass die Kosten für die nächste 1 Mio. Barrel Benzin (die Grenzkosten) knapp mehr als 40 € betragen und damit deutlich niedriger als der vorherrschende Preis von 80 € sind. I Also könnten einige Anbieter ihren Gewinn erhöhen, indem sie einen Preis knapp unterhalb von 80 € setzen und damit die nächste 1 Mio. Barrel Benzin verkaufen. I Zusätzliche Gewinne lassen sich mit dieser Strategie erst dann nicht mehr erzielen, wenn das GG erreicht ist, da dann kein Anbieter mehr Grenzkosten unterhalb des vorherrschenden Preises hat. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 35 / 58 Marktgleichgewicht: GG-Menge und GG-Preis Anpassung zum Gleichgewicht: Übernachfrage I Ist der Preis hingegen niedriger als der GG-Preis, gibt es Nachfrager, die sich nicht optimal verhalten (Übernachfrage). I Bei einem Preis von 40 € werden ebenfalls 20 Mio. Barrel Benzin gehandelt. I Horizontale Perspektive: die Nachfrager wollen zu diesem Preis 40 Mio. Barrel Benzin kaufen, treffen aber nur auf ein Angebot in Höhe von 20 Mio. Barrel I Die Nachfrager sind die lange Marktseite und damit restringiert. I Vertikale Perspektive: die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für die nächste Einheit Benzin liegt bei 80 € und damit deutlich oberhalb des vorherrschenden Preises von 40 €. I Nehmen Sie an, diese Konsumenten würden einen Preis von knapp oberhalb von 40 € bieten. I Damit würden sie Anbieter überzeugen, ihnen eine weitere Einheit Benzin zu verkaufen und müssten deutlich weniger bezahlen als ihre Zahlungsbereitschaft. I Also würden sie sich besserstellen. I In beiden Fällen drückt also die restringierte Marktseite den Preis Richtung GG-Preis, nach unten oder nach oben. I Dieser Prozess läuft ohne eine zentrale Steuerung oder Kontrolle ab, egal wie verschieden die Märkte sind (Gemüse-Wochenmarkt, Supermarkt, eBay, Großer Bazar in Istanbul). Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 36 / 58 Marktgleichgewicht: Wohlfahrt Marktgleichgewicht: Resümee Preis S (Euro) 100 I Anbieter und Nachfrager sind im GG. 80 I Keine Marktseite will ihr Verhalten revidieren. 60 I Frage: Ist das Ergebnis “gut” oder “schlecht”? 40 I Nach welchem Kriterium sollen wir sie beantworten? 20 I Es handelt sich um eine normative Frage. D 10 20 30 40 50 Benzin (Mio. Barrel/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 37 / 58 Marktgleichgewicht: Wohlfahrt Marktgleichgewicht und Wohlfahrt 1 Preis S (Euro) 100 80 I Wenn Preis und Menge nicht den GG-Werten entsprechen, ist die Situation 60 (in einem bestimmten Sinne) suboptimal. I Angenommen, der Preis liegt bei 40 € 40 unterhalb vom GG-Preis. I Es gibt also eine Übernachfrage. 20 D 10 20 30 40 50 Benzin (Mio. Barrel/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 38 / 58 Marktgleichgewicht: Wohlfahrt Marktgleichgewicht und Wohlfahrt 2 I Bei der sich einstellenden GG-Menge von 20 Mio. Barrel I sind die Konsumenten bereit, knapp unter 80 € für eine weitere Mio. Barrel zu bezahlen, I während die Produzenten nur knapp mehr als 40 € erhalten müssten, um eine weitere Mio. Barrel anzubieten. I Würden Anbieter und Nachfrager also eine weitere Mio. Barrel zu einem Preis handeln, der zwischen der Zahlungsbereitschaft der Konsumenten und den Grenzkosten der Anbieter läge, so würden sich beide besserstellen. I Man spricht in diesem Fall von zusätzlichen Handelsgewinnen, die realisiert werden. I Wichtig: Anbieter und/oder Nachfrager stellen sich besser, ohne dass sich die jeweils andere Marktseite schlechter stellt. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 39 / 58 Marktgleichgewicht: Wohlfahrt Marktgleichgewicht und Wohlfahrt 3 I Das Marktgleichgewicht zeichnet sich dadurch aus, dass keine weiteren Handelsgewinne realisierbar sind. I Es werden alle Einheiten gehandelt, für die es eine Zahlungsbereitschaft größer den Grenzkosten gibt. I Man spricht in diesem Fall von einer Pareto-Verbesserung. I Vilfredo Pareto, italienischer Ökonom, 1848-1923 I Eine Situation, in der keine Pareto-Verbesserung mehr möglich ist, heißt Pareto-effizient. I Das Pareto-Kriterium ist mit Abstand das am häufigsten benutzte Wohlfahrtskriterium in der VWL: Wenn man nur von “Effizienz” spricht, ist in der VWL immer “Pareto-Effizienz” gemeint. I Das Pareto-Kriterium ist ein reines Effizienz-Kriterium, kein Verteilungskriterium. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 40 / 58 Marktgleichgewicht: Wohlfahrt Pareto-Kriterium und Verteilungsaspekte I Fallen Ihnen Gründe ein, die gegen die Durchführung einer Pareto-Verbesserung sprechen? I Dass das Markt-GG Pareto-effizient ist, bedeutet nicht, dass dieses GG immer erstrebenswert sein muss. I So kann z. B. die Einkommensverteilung sehr unausgewogen sein. I Effizienz im Sinne von Pareto bedeutet, dass bei einer gegebenen Verteilung der Einkommen und bei einer gegebenen Produktionstechnologie, das Markt-GG zu einem optimalen Ergebnis führt. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 41 / 58 Marktgleichgewicht: Staatliche Eingriffe Marktgleichgewicht und Verteilung I Das GG in einem kompetitiven Markt ist Pareto-effizient. I Dennoch greifen Regierungen oft in das Marktgeschehen ein. I Führt das immer zu eine “Verbesserung” des Ergebnisses? I Erneut die Fragen: Nach welchem Kriterium wird verglichen? Wer stellt sich besser? I Stellen Sie sich vor, die Regierung hat zwei Optionen. 1. Sie verzichtet auf Markteingriffe, so dass sich der GG-Preis von 60 € einstellt und 40 Mio. Barrel gehandelt werden. 2. Sie kann den Preis für Benzin auf 40 € fixieren, so dass 20 Mio. Barrel gehandelt werden und Übernachfrage besteht. I Die 2. Option ist ein Beispiel für einen Höchstpreis. I Damit der Höchstpreis einen Einfluss hat, muss er natürlich geringer sein als der GG-Preis. I Aktuelles wirtschaftspolitisches Beispiel für einen Höchstpreis: die Mietpreisgrenze. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 42 / 58 Marktgleichgewicht: Staatliche Eingriffe Höchstpreise 1 Preis I Höchstpreis: Obergrenze, die der Preis nicht (Euro) S übersteigen darf I Höchstpreis unter dem GG-Preis: Überschussnachfrage (Wartezeit, Vitamin B) 800 I Darf der Preis für Wohnungen nicht über 400 600 € ansteigen, werden 40.000 Wohnungen vermietet. P = 400 I Ohne den Höchstpreis ergäbe sich ein Übernachfrage GG-Preis von 600 € und 60.000 Wohnungen 200 würden vermietet. D I Im letzteren Fall würden zwar alle 20 40 60 80 100 Wohnungen Handelsgewinne ausgeschöpft, allerdings (1.000 Stk/Monat) müssten die Mieter höhere Preise bezahlen. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 43 / 58 Marktgleichgewicht: Staatliche Eingriffe Höchstpreise: Bsp. Mietobergrenze 2 I Die normative Beurteilung eines Höchstpreises verlangt eine Abwägung. I Die Vermieter verlieren eindeutig, da sie unter dem Höchstpreis weniger Wohnungen zu einem geringeren Preis vermieten. I Alle 40.000 Mieter, die nach Einführung des Höchstpreises eine Wohnung erhalten, profitieren von der geringeren Miete. I Es gibt aber auch auf Mieterseite Verlierer: alle 20.000 Mieter, die ohne Höchstpreis eine Wohnung erhalten hätten (600 € ist weniger als ihre Zahlungsbereitschaft für eine Wohnung) und nun leer ausgehen. I Um den Höchstpreis normativ beurteilen zu können, muss man die Wohlfahrtsgewinne einiger Mieter mit den Wohlfahrtsverlusten anderer Mieter und der Vermieter verrechnen. I Schwierige Entscheidung, bei der man das Pareto-Kriterium nicht anwenden kann. I Mit dem Pareto-Kriterium sind interpersonelle Vergleiche nicht möglich. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 44 / 58 Marktgleichgewicht: Staatliche Eingriffe Preisstützungen Preis (Euro/t) S I Preisstützung: gesetzlich festgelegter 125 Überangebot Mindestpreis I Wirtschaftspolitisches Beispiel: Mindestlohn 100 I Historische Beispiele: “Butterberge” und 75 “Milchseen” in der EU I Regierung kauft die Menge, die angeboten, 50 aber nicht nachgefragt wird, weil der Preis zu hoch ist. 25 D I Zweck z. B. in der Landwirtschaft: Sicherung der Einkommen der Bauern 100 200 300 400 500 600 Menge (1.000 t/Jahr) Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 45 / 58 Marktgleichgewicht: Staatliche Eingriffe Rationierungs- und Allokationsfunktion der Preise I Preise haben zwei Funktionen. I Rationierungsfunktion: kurzfristiger Prozess, bei dem der Preis die Anbieter eines Produktes zu den Nachfragern lenkt, die es am meisten schätzen. I Beispiel: die Käufer mit der höchsten Zahlungsbereitschaft bekommen bei eBay den Zuschlag. I Allokationsfunktion: langfristiger Prozess, bei dem der Preis als Signal agiert, um die Ressourcen von der Produktion von schwach nachgefragten Gütern in die Produktion von stark nachgefragten Gütern umzuschichten. I Bei schwacher Nachfrage liegt der Preis unterhalb der Kosten, während bei starker Nachfrage der Preis über den Kosten liegt. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 46 / 58 Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Annahme: Angebots- und Nachfragekurve haben die übliche Steigung. P P S S P1 P0 P0 P1 D1 D0 D0 D1 Q0 Q1 Q Q1 Q0 Q Anstieg der Nachfrage führt zu einem Rückgang der Nachfrage führt zu einem Anstieg von Preis und Menge im Gleich- Rückgang von Preis und Menge im Gleich- gewicht gewicht Beispiel: Strandhäuser im Sommer und im Winter Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 47 / 58 Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Annahme: Angebots- und Nachfragekurve haben die übliche Steigung. P P S0 S1 S1 S0 P0 P1 P1 P0 D D Q0 Q1 Q Q1 Q0 Q Anstieg des Angebots führt zu einem Rückgang des Angebots führt zu einem Rückgang des Preises und einem Anstieg Anstieg des Preises und einem Rückgang der Menge im Gleichgewicht der Menge im Gleichgewicht Beispiel: Äpfel im Sommer und Winter Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 48 / 58 Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Vorhersage von Veränderungen in Preis und Menge Wenn Angebots- und Nachfragekurve die übliche Steigung haben, führt eine Erhöhung der Nachfrage auf eine gestiegene Gleichgewichtspreis und -menge. Aber die erste Annahme muss nicht immer zutreffen. P P S P1 P 0 = P1 S P0 D1 D1 D0 D0 Q0 = Q1 Q Q0 Q1 Q Ist das Angebot vertikal (fest), ändert sich Ist das Angebot horizontal (theoretisch (steigt) nur der Preis, die Gleichgewichts- unendlich), steigt nur die Menge und der menge bleibt unverändert (sie ist ja fest). Gleichgewichtspreis bleibt unverändert. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 49 / 58 Marktgleichgewicht: Grafische und algebraische Lösung Marktgleichgewicht: Grafische und algebraische Lösung 2 1 I Angebot S: QS (P) = − + P P S 3 3 I Nachfrage D: QD (P) = 10 − P 12 ! I Im GG gilt: QS = QD : 10 2 1 ∗ − + P = 10 − P∗ 8 3 3 −2 + P∗ = 30 − 3P∗ 6 4P∗ = 32 ∗ 4 P = 8 2 I Q∗ ergibt sich über QS (P) oder QD (P): D 2 1 Q Q∗ = QS (8) = − + 8=2 2 4 6 8 10 12 3 3 Q∗ = QD (8) = 10 − 8 = 2 Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 50 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Mengensteuer auf Anbieter: Effekt auf Angebot Mengensteuer: Steuer pro Einheit des Gutes (Bsp: Mineralölsteuer pro l) (Alternative: Wertsteuer auf den Warenwert, z. B. Mehrwertsteuer) P S0 I Die Steuer wirkt wie eine Erhöhung der Stückkosten um T. S P0 + T T I Der Preis, den der Anbieter mindestens erhalten muss, steigt also um T. P0 I Beispiel: Bei einem Preis P0 wollten die Anbieter Q0 verkaufen. I Um netto denselben Preis zu erzielen, muss der Bruttopreis um T steigen: S0 = S + T I Die Angebotskurve verschiebt sich um T parallel nach oben. Q0 Q Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 51 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Mengensteuer auf Anbieter: Effekt auf GG Betrachten wir nun den Effekt auf GG-Preis und GG-Menge mit Hilfe der Nachfragekurve. P S0 I Durch den Rückgang des Angebots erhöht sich der Preis von P∗ auf P∗1 (= Käuferpreis). S T P1∗ I Die Menge sinkt von Q∗ auf Q∗1. P∗ I Die Anbieter müssen von P∗1 jedoch T an den P1∗ − T Staat weiterleiten. I Bei den Verkäufern verbleiben P∗1 − T (= D Verkäuferpreis). I Der Käuferpreis steigt an, obwohl die Verkäufer die Steuer abführen müssen, d. h. ein Teil der Steuer wird überwälzt. Q∗1 Q∗ Q Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 52 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Verteilung der Steuerlast I Wie verteilt sich die Steuerlast der Mengensteuer, wenn diese bei den Anbietern erhoben wird? I Der Anteil der Anbieter (s for seller) an der Steuerlast beträgt P∗ − (P∗1 − T) ts = T I Der Anteil der Nachfrager (b for buyer) an der Steuerlast beträgt P∗1 − P∗ tb = T I Natürlich ergänzen sich beide Anteile auf 1: ts + tb = 1 I ts und tb hängen vom Verlauf von Angebot und Nachfrage ab. I Generell gilt: Je weniger eine Marktseite reagiert (je “unelastischer” sie ist), umso höher ihr Anteil an der Steuerlast (Veranstaltung Finanzwissenschaftliche Steuerlehre). Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 53 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Mengensteuer auf Nachfrager: Effekt auf Nachfrage Betrachten wir nun den Effekt der Mengensteuer, wenn die Nachfrager die Steuer abführen müssen. P I Die Nachfrager müssen nach Kauf des Gutes noch die Steuer entrichten. I Ihre Zahlungsbereitschaft für das Gut P1 + T verringert sich also um T. I Die Nachfragekurve verschiebt sich also um P1 T nach unten: D0 = D − T I Bsp.: Bei einem Preis P1 wollten die Konsumenten ursprünglich die Menge Q1 T kaufen. D I Nun werden sie bei P1 nur noch die Menge Q2 D 0 kaufen, denn tatsächlich bezahlen müssen Q2 Q1 Q sie P1 + T. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 54 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Mengensteuer auf Nachfrager: Effekt auf GG Den Effekt auf GG-Preis und GG-Menge ermitteln wir nun mit Hilfe der Angebotskurve. P S I Die Menge sinkt von Q∗ auf Q∗2. P2∗ + T I Der Nettopreis sinkt von P∗ auf P∗2. P∗ I Die Käufer müssen zusätzlich zu P∗2 noch T P2∗ an den Staat zahlen. I Der Bruttopreis erhöht sich von P∗ auf P∗2 + T. T D D0 ∗ Q∗2 Q Q Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 55 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Vergleich Mengensteuer bei Anbietern / Nachfragern Welche unterschiedlichen Effekte auf GG-Preis und GG-Menge ergeben sich? P P S1 10 10 S T =2 8 S0 6 6 5 5 4 4 D 2 T =2 D1 D0 4 5 10 Q 4 5 8 10 Q Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 56 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Vergleich der Steuerlast bei der Mengensteuer I In beiden Fällen liegt das neue GG in dem Punkt, in dem der vertikale Abstand zwischen Angebots - und Nachfragekurve genau T beträgt. I Der Käuferpreis ist in beiden Fällen 6, der Verkäuferpreis in beiden Fällen 4. I Da der GG-Preis unabhängig davon ist, wer die Steuer de jure entrichten muss, gilt dasselbe auch für die GG-Menge. I Es ist ökonomisch egal, ob die Steuer bei den Anbietern oder bei den Käufern erhoben wird. I Die Verteilung der Steuerlast ist in beiden Fällen identisch. I Wer die größte Last der Steuer trägt, hängt nicht davon ab, bei wem die Steuer auferlegt wird, sondern welche Gestalt Angebot und Nachfrage haben. I Wirtschaftspolitisches Beispiel: welchen Anteil der Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitgebern bzw. Arbeitnehmern gezahlt werden muss, spielt keine Rolle (wenn der Arbeitsmarkt den Annahmen dieses Modells genügt). I Wirtschaftspolitisches Beispiel: Maklerprovision bei Immobilienkauf I Anmerkung: Bei den zwei Beispielen handelt es sich um Wertsteuern, aber die Steuerlast bei einer Wertsteuer verhält sich analog wie Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) bei einer Mengensteuer. 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 57 / 58 Einfluss von Steuern auf GG-Preis/GG-Menge und Steuerbelastung Wer trägt die Maklerprovision bei Immobilienkäufen? marktübliche Maklerprovisionen bei Immobilienkaufgeschäften inkl. MwSt., Stand 2020 Bundesland Provision Anteil Verkäufer Anteil Käufer Baden-Württemberg 7,14% 3,57% 3,57% Bayern 7,14% 3,57% 3,57% Berlin 7,14% 0,00% 7,14% Brandenburg 7,14% 0,00% 7,14% Bremen 5,95% 0,00% 5,95% Hamburg 6,25% 0,00% 6,25% Hessen 5,95% 0,00% 5,95% Mecklenburg-Vorpommern 5,95% 2,38% 3,57% Nordrhein-Westfalen 7,14% 3,57% 3,57% Rheinland-Pfalz 7,14% 3,57% 3,57% Saarland 7,14% 3,57% 3,57% Sachsen 7,14% 3,57% 3,57% Sachsen-Anhalt 7,14% 3,57% 3,57% Schleswig-Holstein 7,14% 3,57% 3,57% Thüringen 7,14% 3,57% 3,57% In Niedersachsen Mischmodelle. Julio R. Robledo (Ruhr-Uni Bochum) 02 Angebot und Nachfrage WS 2024/25 58 / 58

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