Zusammenfassung Stadt-, Sozial- und Kulturgeographie PDF
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This document provides a summary of urban, social, and cultural geography, discussing key concepts like urban areas, urbanization, and the history of cities. It explores different perspectives, including historical context from the Ancient Ages to the industrialisation, and the contributions of notable figures in the field.
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[ **Zusammenfassung Stadt-, Sozial- und Kulturgeographie**] Begriffsbestimmung **Stadt (Stadt als Ding)** kann administratriv, nach Bevölkerungszahl/-dichte, materiell/morphologisch, funktional oder nach Nicht-Land/nicht-rural bestimmt werden: - größere Siedlung (z. B. nach der Einwohnerzahl) -...
[ **Zusammenfassung Stadt-, Sozial- und Kulturgeographie**] Begriffsbestimmung **Stadt (Stadt als Ding)** kann administratriv, nach Bevölkerungszahl/-dichte, materiell/morphologisch, funktional oder nach Nicht-Land/nicht-rural bestimmt werden: - größere Siedlung (z. B. nach der Einwohnerzahl) - Geschlossenheit der Siedlung (kompakter Siedlungskörper) - hohe Bebauungsdichte - deutliche funktionale innere Gliederung - besondere Sozialstruktur (z. B. hoher Anteil an Einpersonenhaushalten) - differenzierte innere sozialräumliche Gliederung - Bevölkerungswachstum v. a. durch Wanderungsgewinn - hohe Wohn- und Arbeitsstätten-/Arbeitsplatzdichte - positiver Pendlersaldo - Dominanz sekundär- und tertiärwirtschaftlicher Tätigkeiten bei gleichzeitig großer Arbeitsteilung - Vorherrschen städtischer Lebens-, Kultur und Wirtschaftsformen - Mindestmaß an Zentralität, z. B. mindestens mittelzentrale (Teil )Funktionen, relativ hohe Verkehrswertigkeit - weitgehend künstliche Umweltgestaltung mit z. T. hoher Umweltbelastung Begriff **Verstädterung/Urbanisierung (Stadt als sozial-räumlicher Prozess)** = Prozess des Städtewachstums; politischer, ökonomischer und kultureller Bedeutungsgewinn von Städten; Veränderung der räumlichen Organisierung von Gesellschaften **Urban/Urbanität (Stadt als sozial-räumlicher Prozess)** = Qualitative Veränderung, Tiefgreifender Wandel der Lebensweise, der Einstellungen,... **Ziel der Stadtgeographie** (nach Heineberg): raumbezogene Forschung städtischer Strukturen Funktionen, Prozesse und Probleme. Analysiert, systematisiert, erklärt und prognostiziert Stadtstrukturen, sowohl quantitativ als auch qualitativ **Geschichte der Stadt -- historische Anfänge** 1\) Die Stadt der Antike - Stadt in Griechenland zur Zeit der klassischen Antike gilt als Wiege der europäischen Stadt - Erstmal das Gemeinwesen „Stadt" vorhanden - Hier lagen Wurzeln der bis heute das Alleinstellungsmerkmal der europäischen Städte begründen - Es gibt Erscheinungen der geplanten Stadt rational entwickelte Ordnungsmuster, funktionaler Städtebau 2\) Stadt im europäischen Mittelalter - Mittelalterliche Stadtgründungen Starke Zunahme im 13. Und 14. JH - Entwicklung von Städten als Orte des Tausches\ Marktflecken (waren kleiner als Städte, Orte des Handels): agrarische Produkte der Umgebung\ Messestandorte periodischer Fernhandel\ Börsen- und Handelsstandorte: kontinuierlicher Handel, Spezialisierung von Tätigkeiten, Finanztransaktionen - Politische Verfasstheit mittelalterliche Städte\ politische Selbstbeständigkeit\ autonome Rechtssatzung\ eigene Gerichts- und Verwaltungsbehörden\ Steuergewalt über Bürger:innen; Zinsfreiheit nach außen\ Marktrecht, autonome Handels- und Gewerbepolizei\ Abgrenzung von nicht-stadtbürgerlichen Schichten\ soziale Differenzierung 3\) Industrialisierung, Verstädterung und Urbanisierung im 19. JH als Ausgangspunkt einer sozialwissenschaftlichen Beschäftigung mit Städten (Lage der Arbeiterklasse in England) - Zentralisiation und Anhäufung von Millionen Menschen - Häusermassen, dicht und dichter - Alles so massenhaft und großartig, dass man gar nicht zur Besinnung kommt - Viele Opfer die das kostet, schlechte viertel - Klassen und Stände, die sich Mengen mit dem Ziel glücklich zu werden - Brutale Gleichgültigkeit der Interessen anderer, Selbstsucht - Manchesterkapitalismus (soziale Ungleichheit, Industrialisierung, Ausbeutung, führte langfristig zur Arbeiterbewegung) - Rapide Verstädterung in Mitteleuropa und Nordamerika und die damit einhergehende Urbanisierung der Gesellschaft - Die „soziale Frage" als Städtische Frage - Arbeiterbewegung wird die klassische städtische Bewegung 4\) Städtebauliche Leitbilder - Übersetzung gesellschaftlicher Ideale und Leitbilder in Ideen von Stadt und der räumlichen Organisation von Gesellschaft - Entstehung der modernen Stadtplanung im 19.JH zur Adressierung der „Sozialen Frage" - Anspruch, durch Gestaltung der baulichen Umwelt, soziale Probleme zu adressieren - Politische Management der Verstädterung 5\) Kolonialstädte / Koloniale Stadtplanung - Rolle von Städten für den europäischen Kolonialismus und Imperialismus zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert - Folgend europäischen Idealstadt-Plänen - In der Regel ethnisch/rassistische Segregation zwischen Mitgliedern der Kolonialmacht und der indigenen Bevölkerung - Oftmals Ausgangspunkt der ökonomischen, politischen und kulturellen Unterwerfung kolonisierter Territorien, d.h. zentrale Funktion für die Entstehung kolonialen Welthandels - Oftmals Experimentierfeld moderner Kontroll- und Regierungstechnologien 6\) Hobrechtplan für Berlin - Bebauungsplan für Berlin 1962 - Kontext: rapides Wachstum der Stadt Mitte des 19. JH führte zur Verschlechterung hygienischer Zustände und überlastete Infrastruktur - Plan für den Ausbau jenseits des historischen Zentrums - Maßgeblich für die heute dominante gründerzeitliche Mietskasernenarchitektur in Berlin in Blockrandbebauung (geschlossene, zusammenhängende Gebäudereihen mit Innenhof) - Ideal der „sozialen Mischung" Menschen unterschiedlicher Heterogenitätsfaktoren zusammebringen, Förderung sozialer Integration und Gleichberechtigung 7\) Garden-City 1898 - Ebenezer Howard - Kritik der modernen, industrialisierten Großstadt; Ziel: Loslösen von den schlechten Verhältnissen und der Überbevölkerung in der Stadt - Antiurbanes Ideal kleinstädtischer Städte, umgeben von Grün. - Trennung von Großstädten, Fokus auf Kleinstädte - Genossenschaftliche Organisation von Grundeigentum - Sozialreformerisch/kommunitär - Begrenzte Größe (max. 32.000 Einwohner:innen) 8\) Modernistische Stadtplanung - Krise der stadt (in D besonders nach 1945) - Konzeptionelle Anleitung für den Bau der „funktionellen Stadt" - Umfassende Stadtplanung, die funktionsräumliche Entwicklung steuern soll, oftmals eingebunden in umfangreiche gesellschaftspolitische Projekte - Grundprinzip: räumliche Trennung von Funktionen und Verkehrsflüssen - Industrialisierung von Städtebau Baukostensenkung, Einsatz moderner Materialien - Charta von Athen (1933) Zoneneinteilung wird Ordnung in Stadt bringen, Schlüsselfunktionen (wohnen, arbeiten, sich erholen) werden berücksichtig. Verehr, die 4. Funktion, hat nur das Ziel die anderen 3 nutzbringend in Verbindung zu bringen Die Geschichte der sozialwissenschaftlichen Beschäftigung mit Stadt ist stark geprägt von städtischen Erfahrungen in Europa und den USA - Geschichte der Stadtforschung reflektiert die Geschichte der Städte in Europa und Nordamerika, der modernen Industrialisierung, des modernen Nationalststaats, der bürgerlichen Gesellschaft - Erfahrung aus Ländern des globalen Südens, der Peripherie, den Kolonien wurden dagegen, so die Kritik postkolonialer Theoretiker\*innen als Abweichung betrachtet **Stadt und Differenz** - Unterschied Great Cities zu towns + suburbs: cities are by definiton, full of strangers (Jane Jacobs) - A City is: „a relatively large, dense, and permanent settlement of socially heterogeneous individuals\" (Wirth 1938, 8) - „Urbane Sozialformen sind konstitutiv darauf angewiesen, daß sich hier Menschen als Fremde begegnen und daß sie sich auch darauf verlassen können, Fremde unter Fremden bleiben zu können, auch und gerade dann, wenn sie sich über den Weg laufen" (Nassehi 1999) - „Die Stadt ist -- so Bahrdt -- ein soziales System unvollständiger Integration\" (Siebel 2007) **1. Jane Jacobs (1961):** **„**Große Städte sind nicht wie Kleinstädte, nur größer. Sie sind nicht wie Vororte, nur dichter. Sie unterscheiden sich von Kleinstädten und Vororten in grundlegender Weise, und eine dieser Weisen ist, dass Städte per Definition voller Fremder sind. Für jede einzelne Person sind Fremde in Großstädten weitaus häufiger anzutreffen als Bekannte." Erklärung: Jacobs betont die fundamentalen Unterschiede zwischen Städten, Kleinstädten und Vororten. Städte sind soziale Räume, in denen Fremdheit allgegenwärtig ist. Sie sind so gestaltet, dass die Begegnung mit Unbekannten unvermeidlich und wesentlich ist, was sie von kleineren Gemeinschaften unterscheidet, in denen soziale Beziehungen oft enger und familiärer sind. **2. Louis Wirth (1938):** „\[Eine Stadt ist\] eine relativ große, dichte und dauerhafte Ansiedlung von sozial heterogenen Individuen." Erklärung: Wirth definiert die Stadt anhand ihrer Größe, Dichte und sozialen Heterogenität. Diese Charakteristika führen dazu, dass die Stadt ein Ort ist, an dem Menschen aus unterschiedlichen sozialen Hintergründen zusammenkommen, was Vielfalt und oft auch Anonymität mit sich bringt. **3. Armin Nassehi (1999):** „Urbane Sozialformen sind konstitutiv darauf angewiesen, dass sich hier Menschen als Fremde begegnen und dass sie sich auch darauf verlassen können, Fremde unter Fremden bleiben zu können, auch und gerade dann, wenn sie sich über den Weg laufen." Erklärung: Nassehi beschreibt die Anonymität als ein zentrales Merkmal des städtischen Lebens. Menschen begegnen einander als Fremde und verlassen sich darauf, dass diese Fremdheit bestehen bleibt. Dies schafft eine spezifische urbane Lebensweise, die auf Distanz und Unverbindlichkeit beruht. **4. Heinz Siebel (2007):** „Die Stadt ist -- so Bahrdt -- ein soziales System unvollständiger Integration, da städtische Sozialbeziehungen nicht die vollständige Person erfassen, sondern immer nur einen Ausschnitt. Wen man auf der Straße nach der Uhrzeit fragt, ist unabhängig davon, ob er guter Christ, treuer Ehemann oder guter Soziologe ist; es interessiert nicht und darf auch gar nicht interessieren, will man dem anderen nicht auf befremdliche Weise zu nahe treten." Erklärung: Bahrdt und Siebel betonen, dass soziale Beziehungen in der Stadt fragmentiert und selektiv sind. Menschen interagieren in spezifischen Kontexten, ohne sich mit der gesamten Persönlichkeit des Gegenübers auseinandersetzen zu müssen. Diese selektive Beziehung ermöglicht das Funktionieren der Stadtgesellschaft. **5. AbdouMaliq Simone (2011):** „\[Die Stadt ist\] eine ‚Maschine der Differenz', die spezifische Konstellationen von Menschen, Gruppen und Objekten ‚zusammenfügt, generiert, verteilt und differenziert' und sie ‚herausfordert, interpelliert, beschwört und anstachelt'." Erklärung: Simone beschreibt die Stadt metaphorisch als eine „Maschine", die soziale und materielle Unterschiede hervorbringt und organisiert. Die Stadt ist ein dynamischer Ort, der Individuen und Gruppen herausfordert, miteinander in Beziehung zu treten und sich in spezifischen sozialen Rollen und Kontexten zu positionieren. **Zusammenfassung:** Alle Zitate betonen auf unterschiedliche Weise, dass die Stadt ein **komplexer, sozialer Raum** ist, in dem **Heterogenität, Anonymität und selektive Interaktion zentrale Merkmale** sind. Dabei wird die Stadt sowohl als Ort des Zusammenlebens von Fremden als auch als Motor für Differenz und Vielfalt verstanden. **1. Stadt als sozialer Raum: Jacobs und Le Corbusier** **Le Corbusier:** - Seine Stadtvisionen basieren auf Rationalität und Technokratie. - Städte sollen funktional gestaltet sein, mit klar definierten Zonen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr (z. B. die „Charta von Athen"). - Kritik: - Vernachlässigung sozialer Dynamiken und menschlicher Interaktionen. - **Top-down**-Planung (Entscheidungen werden von obriger Instanz getroffen und nach unten weiter gegeben) ignoriert Bedürfnisse der Bevölkerung. - Beispiel: Trennung von Lebensbereichen führte oft zu sozialer Isolation. **Jane Jacobs:** - Betonung auf Vielfalt, Interaktion und lebendige Nachbarschaften. - Sie kritisiert sterile, uniforme Stadtplanungen und plädiert für die Erhaltung gewachsener Stadtstrukturen. - Straßen und öffentliche Plätze sind das „Herz" der Stadt -- dort entstehen soziale Bindungen. - Jacobs' Perspektive: Stadtplanung muss aus der Perspektive des täglichen Lebens erfolgen (**Bottom-up**). **[Die Klassische Geographie und die Stadt]** **Friedrich Ratzel (1844-1904)** - Begründer der Anthropogeopraphie und politischen Geographie - 1903: die geographische Lage der großen Städte - Stadt: eine dauernde Verdichtung von Menschen und menschlichen Wohnstädten, die einen ansehnlichen Bodenraum bedeckt und im Mittelpunkt größerer Verkehrswege liegt - In der Physiognomie (Gestalt; äußere Erscheinung) einer Stadt kommen die „wichtigen Charakterzüge des Volkes zum Ausdruck" Die Klassische Geographie und die Stadt - Differenz zwischen Städten nicht Differenz in Städten dominieren die frühe Geographie - Länderkunde und historisch-genetische Perspektive auf die Morphologie städtischer Siedlungen dominieren die entstehende Stadt- und Siegdlungsgeographie ab 1900 - Antimoderner Bias der länderkundlichen Geographie - Entstehung einer modernen Stadtgeographie ab den 1920er durch Autoren wie Bobek, Dörries **Georg Simmel 1903, Die Großstädte und das Geistesleben** - Mitbegründer Soziologie - \"Philosophie des Geldes\" (1900) - \"Die Großstädte und das Geistesleben\" (1903) - \"Anspruch des Individuums, die Selbstständigkeit und Eigenart seines Daseins gegen die Übermächte der Gesellschaft zu bewahren\" **Urbanität: Georg Simmel 1903** - „die *reine Sachlichkeit* in der Behandlung von Menschen und Dingen " - „Der moderne Geist ist mehr und mehr ein *rechnender* geworden." - „Es gibt vielleicht keine seelische Erscheinung, die so unbedingt der Großstadt vorbehalten wäre, wie die *Blasiertheit*." - „Die geistige Haltung der Großstädter zueinander wird man in formaler Hinsicht als *Reserviertheit* bezeichnen dürfen - „Die Notwendigkeit, die Leistung zu spezialisieren, um eine noch nicht ausgeschöpfte Erwerbsquelle, eine nicht leicht ersetzbare Funktion zu finden, drängt auf *Differenzierung*, Verfeinerung, Bereicherung der Bedürfnisse des Publikums" **Chicago School of Sociology** (Chicago als Hintergrund) - Neuaufbau nach Feuer 1871 - Schlachthöfe, Eisenbahnen, Wolkenkratzer Robert E. Park (1864-1944) - studierte bei Simmel und Hettner - Arbeitete als Reporter und Journalist Methoden - Reportage - \"Nosing around\" ErkundenaW - Ethnographie - Entstehung der Soziologie aus der Reportage (Lindner 2007) Stadt als sozialer \"Organismus\" - Sozialökologie = Wechselwirkung zwischen Gesellschaft, Mensch und Umwelt - Sozialdarwinismus = Survival of the fittest,Rechtfertigung für soziale Ungleichheit und Machtverhältnisse, legitimiert Hierarchie - Naturalismus - \"Binnenexotisierung der amerikanischen Großstadt\" (Lindner) - Fokus auf Stadt intern differenziert auf Segregation Interesse an sozialen \"Randfiguren\" Grundbegriffe der Sozialökologie: - Segregation: Prozess + Zustand räumlicher Trennung - Invasion: Eindringen einer Bevölkerungsgruppe - Sukzession: Abfolge von Bevölkerungsgruppen in einem Gebiet - Dominanz: Überwiegen einer Bevölkerungsgruppe **Funktionale Differenzierung** - innerhalb einer Gesellschaft bzw. sozialen Systems einzelne Teilsysteme herausbilden, die jeweils eine bestimmte Funktion für das Gesamtsystem erfüllen - Bsp: Jewellery Quarter Birmingham (Schmuckindustrie), Suburbanes Wohnviertel USA (wohngebiete in den Vororten), Makati CBD Manila (Geschäftsviertel) **Segregation** \- zentraler Begriff der Stadtforschung „das Ausmaß, in dem die Angehörigen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen voneinander getrennt wohnen. Mit der räumlichen Trennung geht auch häufig eine Separierung der sozialen Beziehungsstrukturen und Verkehrskreise der unterschiedlichen Gruppen einher. Soziale Distanz übersetzt sich somit in räumliche Distanz" (Bürkner 2018) „Segregation entsteht durch die ökonomische Positionierung von Individuen und Gruppen auf städtischen Wohnungs- und Immobilienmärkten, durch die lebensstilorientierte Wahl des Wohnstandorts und durch politische Steuerung. Segregation resultiert aus bestehenden sozialen Teilungen und Ungleichheiten und bringt ihrerseits neue soziale und materielle Ungleichheiten hervor." (Bürkner 2018) \- insbesondere in Bezug auf soziale, ethnische und demographische Dimensionen (bzw. in Bezug auf Armut, Migration/Staatsbürgerschaft + Alter als benachteiligten Ausprägungen dieser Dimensionen) \- wichtiger Ausgangspunkt für Diskussionen um Gentrification **Erklärungsansätze für Segregation** Strukturalistische Ansätze: - Chicago School (natural areas) - Marxistische Ansätze (Bodenmarkt, Ökonomie) Kulturalistische Ansätze: - Fokus auf sozio-kulturelle Differenzen (Lebensstile, Milieus, Szenen) Policy Regime: - Städtebauliche Leitbilder + Programme - Stadtpolitische Interventionen - Bodenrecht **Gentrification** - „Gentrification ist jeder stadtteilbezogener Aufwertungsprozess, bei dem immobilienwirtschaftliche Strategien der Interwertsetzung... den Austausch der Bevölkerung für ihren Erfolg voraussetzen. Verdrängung ist das Wesen und kein ungewollter Nebeneffekt der Gentrification" (Holm 2018: 152) - „Ausdruck und Effekt kapitalistischer Urbanisierung" - „Instrument und Ergebnis städtischer Neuordungsprozesse" - Rent-Gap-Theorie (Angebotsorientierung) - Wandel von Lebensstilen und Präferenzen (Nachfrageorientierung) - Stadtpolitische Erklärungsansätze - Zentrales städtisches Konfliktthema - Gentrification als globales Phänomen **Differenzen zwischen Städten**\ \--\> Achsen der Differenzierung \- historisch - Mittelalter - Frühmoderne - Moderne \- regional - Die nordamerikanische Stadt - Die „orientalische" Stadt - Die europäische Stadt - Die europäische Stadt\.... -funktional - Hafenstadt - Hauptstadt - Global City - Schwarmstadt (= für junge Mensche, Berufseinsteiger besonders atraktiv, ebsodners viele Zuzüge) - \... \- Städtebauliche Leitbilder \- Größe - Großstadt - Mega-City **Regionale Differenzierung** - oftmals auf Basis von kulturräumlichen Gliederungen (Die nordamerikanische Stadt Die orientalische Stadt Die südamerikanische Stadt Chinesische Stadt Die europäische Stadt „Drittweltstadt") - Betonung regionaler, kultureller, politischer Dominanten **Funktionale Differenzierung**\ traditionelle Geographie (nach Heineberg): - nach dominanten ökonomischen Sektoren (Industriestadt, Hafenstadt, Hansestadt..) - nach politischen Funktionen (Hauptstadt) - nach kulturellen Funktionen (Universitätsstadt, Walfahrtstadt..) - nach Zentralitätsfunktionen (Oberzentrum, Mittelzentrum..) Global und World City - globale Städtehierarchie in Bezug auf deren globale ökonomische Integration und Steuerungsfunktion **Differenzierung durch Größe** - z.B. Zwergstadt, Kleinstadt, Großstadt\... - Vorsicht bei quantitativ/demographischen Argumenten - national unterschiedliche Schwellenwerte - Schwierigkeit des internationalen Vergleichs bei Statistiken - Die Gruppe der städte wird desweiteren wie folgt unterschieden: - *Großstadt*: Gemeinde eines Gemeindeverbandes oder Einheitsgemeinde mit mindestens 100.000 Einwohnern; diese Städte haben meist oberzentrale Funktion, mindestens jedoch mittelzentrale. Die Gruppe der Großstädte kann unterschieden werden in 15 große Großstädte mit mind. 500.000 Einwohnern und kleinere Großstädte mit weniger als 500.000 Einwohnern (für Deutschland) - *Mittelstadt*: Gemeinde eines Gemeindeverbandes oder Einheitsgemeinde mit 20.000 bis unter 100.000 Einwohnern; überwiegend haben diese Städte mittelzentrale Funktion. Die Gruppe der Mittelstädte kann unterschieden werden in Große Mittelstadt mit mind. 50.000 Einwohnern in der Gemeinde eines Gemeindeverbandes oder Einheitsgemeinde, Kleine Mittelstadt mit weniger als 50.000 Einwohnern. - *Kleinstadt*: Gemeinde eines Gemeindeverbandes oder Einheitsgemeinde mit 5.000 bis unter 20.000 Einwohnern oder mindestens grundzentraler Funktion. Die Gruppe der Kleinstädte kann unterschieden werden in Größere Kleinstadt mit mind. 10.000 Einwohnern in der Gemeinde eines Gemeindeverbandes oder Einheitsgemeinde, Kleine Kleinstadt mit weniger als 10.000 Einwohnern." Städtebauliche Leitbilder\ Zukunftsentwürfe als Stadtentwürfe / Stadtentwürfe als Zukunftsentwürfe - Planstadt - Gartenstadt - Funktionalistische Stadt - Behutsame Stadterneuerung - die soziale Stadt - the creative city - the smart city b **[Repräsentation und Wahrnehmung]** **Wahrnehmungs-, Verhaltens- und Humanistic Geographie** - Wahrnehmungsgeographische Wende und Humanistic Geographie seit den 1970er Jahren - „Das (räumliche) Verhalten des Menschen ist nicht von den ‚objektiven' Gegebenheiten der Außenwelt, sondern von den subjektiv wahrgenommenen Strukturen der Realität abhängig" (Weichart 2008: 241) - Verhaltensgeographie stellt Fragen wie: Was halten die Individuen in ihrer Umwelt für wichtig? Wie gewichten sie die verschiedenen Umweltfaktoren? Wie beeinflussen diese Faktoren die Verhaltensweisen? (nach Downs 1970) - Erstmals differenzierte Beschreibung menschlicher Tätigkeit in der Geographie (Prozesse der subjektiven Wahrnehmung und Bewertung kommen ins Blickfeld, Interesse an den aus menschlichem Verhalten resultierenden Raumstrukturen, Interesse an „Raumbildern") - "The study of space, from a humanistic perspective , is thus the study of a people's spatial feelings and ideas in the stream of experience" (Tuan 1979: 388) \--\> Autophotographie + Partizipatives Kartieren (\"Imaging Homelessness in a City of Care\" Participatory Mapping with Homeless People.) \--\> Mental Maps (vereinfachte und subjektive Abbildung unserer mehrdimensionalen komplexen Realität) \--\> Raumerfahrung und Zeitgeographie (Angsträume, bestimmte traumatische Ereignisse führen zur anderen Wahrnehmung vom gleichen Raum) **Stadtgeographie im Diskurs** - Diskurstheoretische Perspektiven und diskursanalytische Methoden in der Geographie - Anschluss an poststrukturalistische Ansätze und Theorien - „Diskurs ist eine institutionell verfestigte Redeweise , insofern eine solche Redeweise schon Handeln bestimmt und verfestigt und also schon Macht ausübt." (Link 1982) - „Die Stadt im Diskurs wahrzunehmen zielt darauf, sie systematisch als ein Objekt geteilte Bedeutungen zu untersuchen. Solche Bedeutungen sind nicht beliebig, sondern resultieren aus teils unbewussten Regeln und Machtverhältnissen." (Füller 2018) **Raumbezogene Identitäten** - Diskursive Konstruktion von Großwohnsiedlungen - Bedeutungen mit denen Großwohnsiedlungen verbunden werden sind kontingent und nicht abgeleitet aus räumlich/architektonischen Form wird nicht durch das reele sein der Dinge, sondern auch davon wie über sie gesprochen wird beeinflusst - historisch wandelbar - räumliche Differenzen (Deutschland, Frankreich, Polen) - Diskursanalyse als Methode - über diskursive Anrufungen, d.h. Positionierungsangebote, entstehen Identitäten als Äquivalenzketten differenter Elemente entlang bestimmter zentraler Signifikanten eines Diskurses in Abgrenzung zu einem antagonischen Außen - setzt sich Diskurs als dominanter Horizont sozialer Orientierung durch, stellt er soziale Wirklichkeiten als objektiv gegeben + konsensual dar **Stadtrepräsentationen** - Filmische Konstruktion von Lokalität - Stadt im Computerspiel - Städte als konsumierbare Kulisse - Städte als Akteure audiovisueller Inszenierung [ **Politik, Ökonomie, Globalisierung**] **Städtenetzwerke** - Städte, ihre Geschichte, die sozialen Beziehungen in ihnen und städtischer Alltag lassen sich nicht allein aus diesen Städten selbst erklären frühe Beispiele für eine Stadtgeographie von Städtenetzwerken: - Christaller (1933): Theorie der zentralen Orte - Städtesystemforschung in der raumwissenschaftlichen Geographie seit den 1960er Jahren - in der Stadt- Regionalplanung: z.B. Verflechtungen zwischen Städten in Metropolregionen **Städtesysteme und Globalisierung\ **Welt-System Theorie (Wallerstein) - Entstehung seiner kapitalistischen Weltökonomie seit dem 16. Jh. - Zentrum-Peripherie DIfferenz Globalisierungsbegriff - ökonomisch, politisch, kulturell\... - neue internationale Arbeitsteilung - Postfordistische Produktion im globalen Norden Veränderung gesellschaftlicher Raumverhältnisse - Raum-Zeit-Verdichtung - Beschleunigungserfahrung - \"Netzwerk\" als räumliche Leitmetapher des Globalisierungsdiskurses (Castells 2000) **Global- und World Cities** World City Hypothesen (1986): 1. The form and extent of a city's integration with the world economy, and the functions assigned to the city in the new spatial division of labour, will be decisive for any structural changes occurring within it. 2. Key cities throughout the world are used by global capital as 'basing points' in the spatial organization and articulation of production and markets. The resulting linkages make it possible to arrange world cities into a complex spatial hierarchy. 3. The global control functions of world cities are directly reflected in the structure and dynamics of their production sectors and employment. 4. World cities are major sites for the concentration and accumulation of capital. 5. World cities are points of destination for large numbers of both domestic and/or international migrants. 6. World cities bring into focus the major contradicitons of industrial capitalism among them spatial and class polarization. 7. World city growth generates social costs at rates that tend to exceed the fiscal capacties of the state The Global CIty - Konzentrierte Kommandostellen für die Organisation einer globalisierten Ökonomie - Schlüsselorte für Finanzindustrie und unternehmensbezogenen Dienstleistungen - Orte zur räumlichen Organisation von Produktion und Distribution - Global Cities sind Ergebnis und Voraussetzung der Zunahme weltwirtschaftlicher Verflechtungen - New York, London, Tokio als dominante Global Citiesm - hat strukturelle Effekte auf diese Städte \--\> Politische Ausrichtung auf Bedürfnisse der Finanzindustrie und unternehmensbezogener Dienstleistungen \--\> Ziel internationaler Migration in Hoch- und Niedriglohnsektor \--\> Verstärkt soziale Polarisierung \--\> Entkoppelung von den nationalen Ökonomien und Kontexten **Kritik am Konzept der Global City** - Überbewertung einiger weniger Städte im globalen Norden (Vgl. Robinson) - Ausblendung sekundärer oder beta Global Cities (Frankfurt, Singapur..) - ökonomischer Determinismus / Strukturalismus (Smith 1996) - Ausblendung politischer Konflikte und Akteure jenseits von Staat und Kapital - Tendenz eine Stadt wie New York auf wenige Blöcke rund um die Wall Street zu reduzieren (Soja 2000) - Einseitiger Blick auf Spannung zwischen lokalen Städten und globalen Strukturen **Fordismus** - historisches Akkumulationsregime - benannte durch Henry Ford und dem Model T - Durchsetzung industrieller Massenproduktion - Durchsetzung industrieller Massenkonsumption durch relativ hohe Löhne - dominante Produktionsstruktur: Standardisierte Produkte in hoher Stückzahl (\"economies of scale\") - Dominanz des \"Normalarbeiterverhältnis\", hohe Arbeitsplatzsicherheit und steigende Arbeitseinkommen - wichtige Rolle (sozial)staatlicher Planung und tarifpartnerschaftlicher Regulierung zwischen - Arbeit und Kapital - Regulationsmodus insbesondere für Nordamerika und Westeuropa bis ca. 1970 **Fordismus und Raum** - \"die fordistische Stadt\" ist ein Modell, welches für Stadt im globalen Norden (insbesondere USA - und Westeuropa) plausibel ist - gilt weniger für Japan, die damaligen sozialistischen oder damals als 3. Welt bezeichneten - Staaten - Dominanz von integrierter Großindustrie in urbanen Zentren - Suburbanisierung von weißen Mittelschichten / ethnisierte Segregation - Model der Kleinfamilie, niedriger Anteil beruftstätiger Frauen - Autobahnausbau - Ausgleichungsorientierte Raumplanung **Krise des Fordismus\ **Modell gerät aus verschiedenen Gründen in 1970er Jahren in Krise: - kommt zur Deindustrialisierung - Verlagerung von Arbeitsplätzen - ökonomischer Niedergang einiger alter Industrieregionen (Ruhrgebiet..), ökonomischer Aufstieg von Regionen wie \"Sunbelt\", neue Industrie Cluster - Entstehung neuer Formen der städtischen Armut in Zentren und Metropolen - Tertiarisierung - Globalisierung - Krise des modernistischen Wachstumsmodels - erste Diskussionen um Umweltkrise / \"die Grenzen des Wachstums\" (1972) - kultureller Wandel **Postfordismus** - Begriff zur Beschreibung einer sich seit 198034 Jahren zunächst in Nordamerika + Europa durchsetzender Regulationsweise - flexible Spezialisierung, geringere vertikale Integration, Just-in-Time (Produktion genau dann wenn Bedarf), \"flexible Akkumulation\" - neue Internationale Arbeitsteilung, Globalisierung - Finanzialisierung - Wandel von Lebensstilen und Konsummustern - Prekarisierung, Kontraktualisierung von Arbeitsverhältnissen, \"Unternehmerisches-Selbst\"- Neoliberalismus als politisches Projekt - internationaler Wettbewerbsstaat, wachsende Konkurrenz um Standortpolitik - Wandel von Wohlfahrtsstaat zum Workfare-Staat **Die unternehmerische Stadt** „Der Begriff der „unternehmerischen Stadt" wurde geprägt als Ausdruck des grundlegenden Wandels von lokalen Politikformen, Problemdefinitionen und Aufgabenwahrnehmungen durch den lokalen Staat. Politisch werden dabei Argumentationsmuster angewendet, wonach Städte -- begründet mit der notwendigen Anpassung an die Globalisierung -- einem verschärften Standortwettbewerb und Städtekonkurrenz ausgesetzt sind und darauf mit einer Aufwertung und einem Ausbau der städtischen Potenziale reagieren müssen." (Heeg/Rosol 2007) David Harvey beschreibt in seinem Text vier grundlegende Strategien, die Städte im Rahmen des „urban entrepreneurialism" verfolgen können: 1. **Nutzung von Standortvorteilen für Produktion:** Städte können spezifische Vorteile (z. B. geographische Lage, Infrastruktur oder Fachkräfte) ausnutzen, um die Produktion von Gütern und Dienstleistungen zu fördern. 2. **Optimierung der Position im Konsum:** Städte versuchen, ihre Attraktivität als Konsumstandort zu verbessern, beispielsweise durch Tourismus, Einzelhandel oder kulturelle Angebote. 3. **Kampf um zentrale Kontroll- und Steuerungsfunktionen:** Städte konkurrieren intensiv um Schlüsselpositionen in Bereichen wie Hochfinanz, Regierungsfunktionen oder Medien- und Informationsverarbeitung. 4. **Wettbewerb um staatliche Umverteilungsmechanismen:** Trotz der Annahme, dass staatliche Umverteilung abgenommen habe, bleibt der Zugang zu zentralstaatlichen Ressourcen und Fördermitteln ein entscheidender Faktor für städtische Entwicklung. Diese Strategien verdeutlichen die wettbewerbsorientierte Ausrichtung moderner Städte und deren Fokus auf wirtschaftliche, politische und soziale Ressourcen. **[Stadt und Migration ]** „Stadt ist Migration" (Yildiz 2013: 10) „Migration ist demographisch, ökonomisch und kulturell ein integraler Bestandteil von Städten und deren Entwicklung. Zugleich ist Migration aber auch ein stadtpolitisches Konfliktfeld, da Zugehörigkeit und Teilhabe von Migrant\_innen an und in der Stadt gesellschaftspolitisch umkämpft sind" (Buckel 2018: 252). **Geographische Migrationsforschung** - Traditionell als Teil der Bevölkerungsgeographie - Gravitationsmodelle - Push(Abstoßend)-Pull(Anziehende Faktoren) Modelle - Verhaltens- und Entscheidungsmodelle - Transnationale Migration - Autonomie der Migration - Postmigration **Migration definieren?** - Distanz und Dauerhaftigkeit - Motive, Wanderungsentscheidungen - Freiwilligkeit - Rechtliche Situation - \... - freiwillig/unfreiwillig, international/national, legal/illegal, dauerhaft/zeitlich → Im Kontext der Problemlage und wissenschaftlichen Fragestellung diskutieren **Migration als „Problem"** - Dominanz von Problemerzählungen - Dominanz einer Defizitperspektive - Homogenisierung und Binarisierung „kultureller" Gruppen\ Ethnisierung von Differenz und Ungleichheit - Verräumlichungen\ „Ethnische Enklaven"\ „Ethnische Ökonomien"1973\ „Parallelgesellschaft" **Kernaussagen von Yildiz (2013)** 1. **Migration als treibende Kraft urbaner Transformationen:** - Städte sind eng mit Migrationsgeschichten verknüpft. - Migration setzt umfassende Veränderungen in urbanen Strukturen, Kulturen und Kommunikationsformen in Gang. 2. **Kulturelle Überschneidungs- und Übersetzungszonen:** - Diese Zonen, die durch Migration entstehen, prägen Städte nachhaltig. - Sie fördern eine lebendige Urbanität durch symbiotische Formen, die Offenheit, Diversität, Widersprüchlichkeit und urbane Dichte verbinden. 3. **Diversität als Zukunftsressource:** - Migrationsbedingte Veränderungen zeigen das Potenzial für eine zukunftsweisende Urbanität, die Weltoffenheit und externe Impulse als Ressource begreift. 4. **Kritik am öffentlichen Migrationsdiskurs:** - Der öffentliche Diskurs wird von homogenisierenden, ethnisch geprägten Perspektiven dominiert. - Dieses Denken sortiert Menschen nach ethnischen Kriterien und hat Wirklichkeit erzeugende Effekte, die exklusive Strukturen schaffen. 5. **Plädoyer für einen Perspektivwechsel:** - Yildiz fordert eine Abkehr von ethnischen Klassifikationen hin zu einem Verständnis von Diversität als zentrale städtische Qualität und Ressource für gesellschaftlichen Fortschritt. **Migration als Ressource** (nach Kühn) - Verringerung der demographischen Alterung und des Bevölkerungsschwundes - Migrantische Ökonomie leistet einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen in den Städten durch hohen Anteil von Selbstständigen - Durch kleingewerbliche Dienstleistungsgeschäfte verbessern Migrant:innen die Nahversorgung in Städten und tragen so zur Belebung von oftmals sozial marginalisierten Stadtquartieren bei - Durch internationale Zuwanderungen bedingte Vielfalt der Bevölkerung lässt sich im Standortwettbewerb von Großstädten nutzen, um mit dem Image einer weltoffenen Metropole zu werben **Transnationale Migration/Transnationale Räume** - Akteurszentrierung - Fokus auf plurilokale Netzwerke - Transnationale Räume jenseits des Fokus auf Nationalstaaten - Fokus auf die Verschränkung politischer, sozialer, ökonomischer und kultureller Dimensionen - Transnationale Identitäten - Transnationale Kultur/Medien - Migration als Globalisierung der Stadt von unten **Arrival City** Doug Saunders beschreibt in seinem Buch *Arrival City* (2010) die zentrale Rolle sogenannter „Ankunftsstädte" in der gegenwärtigen globalen Migration: 1. **Definition von Ankunftsstädten:** - Diese städtischen Übergangsräume entstehen durch die große Migration von Menschen in städtische Gebiete. - Sie dienen als Orte des Übergangs, an denen Migranten sich niederlassen, soziale Netzwerke aufbauen und wirtschaftliche Chancen suchen. 2. **Doppelte Möglichkeit:** - Ankunftsstädte können entweder Orte für wirtschaftliche und kulturelle Aufschwünge sein oder Schauplätze großer sozialer Konflikte und Gewalt. 3. **Bedeutung für Investitionen:** - Saunders sieht Ankunftsstädte als den Schlüssel zur Bewältigung von Migrationsherausforderungen. - Er argumentiert, dass Investitionen von Regierungen und Organisationen auf dieser mittleren Ebene -- also in den Ankunftsstädten -- nachhaltiger und effektiver sind als Maßnahmen auf staatlicher oder individueller Ebene. Insgesamt betrachtet Saunders diese städtischen Räume als entscheidend für die Zukunft wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen in einer zunehmend globalisierten Welt. **„Anleitung zur Ankunftsstadt" (DAM)** 1. Die Arrival City ist eine Stadt in der Stadt: Einwanderer suchen ihre Chancen in städtischer Dichte. 2. Die Arrival City ist bezahlbar: \[...\] 3. Die Arrival City ist gut erreichbar und bietet Arbeit: Arbeitsplätze entstehen dort, wo es bereits Arbeitsplätze gibt. \[...\] 4. Die Arrival City ist informell: Die Tolerierung nicht gänzlich rechtskonformer Praktiken kann sinnvoll sein. 5. Die Arrival City ist selbst gebaut: Selbsthilfe beim Bau von Wohnraum wäre nötig und darf nicht durch zu hohe Anforderungen verhindert werden. 6. Die Arrival City ist im Erdgeschoss: Ob kleinteilige Geschäftsräume im Erdgeschoss verfügbar sind, bestimmt die Qualität des öffentlichen Raums. 7. Die Arrival City ist ein Netzwerk von Einwanderern: Keine Angst vor ethnisch homogenen Vierteln: Sie ermöglichen Netzwerke. 8. Die Arrival City braucht die besten Schulen \[...\] Ankunftsquartiere für Migranten sollte eine soziale Mischung schaffen und somit soziale Segregation abbauen. Die deutsche Einwanderungspolitik wird von Saunders (2013) als eine „Politik der Ankommensverhinderung" kritisiert, die Migrant:innen daran hindert, sich nachhaltig in Ankunftsstädten zu integrieren oder realistische Perspektiven für eine Rückkehr zu entwickeln. In der kritischen Stadtforschung wird die Idee der **Urban Citizenship** als Antwort diskutiert. Dabei geht es um eine städtische Bürgerschaft, die Rechte, Pflichten und Teilhabe auf lokaler Ebene betont, unabhängig von nationalstaatlicher Zugehörigkeit. Sie umfasst auch soziale Bewegungen und alltägliche Praktiken, die Integration und Partizipation fördern. Das Konzept der **Sanctuary City** steht für Städte, die aktiv den Schutz und die Rechte von Migrant:innen stärken, oft im Widerspruch zu restriktiven staatlichen Regelungen. **Postmigrantische Gesellschaft** 1. **Neuer Blick auf Migration:** - Das Konzept der **Postmigration** zielt darauf ab, die Geschichte der Migration neu zu erzählen, indem die Perspektiven der Betroffenen eingenommen werden. - Es geht nicht um „Integrationsleistungen", sondern um die Prozesse von **Entortung und Neuverortung**, **Mehrdeutigkeit** und **Grenzbiographien**. 2. **Infragestellung dualistischer Kategorien:** - Die klassischen Trennungen wie „westlich/nichtwestlich" oder „Inländer/Ausländer" werden aufgebrochen. - Stattdessen rücken **Mehrfachzugehörigkeiten**, **bewegte Biographien** und **produktive Spaltungen** ins Zentrum. 3. **Stimme der Migration:** - Das Postmigrantische gibt marginalisierten Gruppen eine Stimme, ähnlich wie das Postkoloniale den Kolonisierten. - Es entlarvt nationale Mythen, zeigt neue Sichtweisen auf Differenz und fördert ein neues Geschichtsbewusstsein. 4. **Kritik an der deutschen Gesellschaft:** - In Deutschland ist es für Menschen ohne deutsche Vorfahren oft nicht selbstverständlich, als Teil des öffentlichen Lebens wahrgenommen zu werden. - Migration wird häufig sensationalistisch dargestellt, oft mit Klischees und ohne echte Repräsentation von Betroffenen. 5. **Postmigrantisches Label:** - Der Begriff „postmigrantisch" steht für einen Bruch mit alten Narrativen und für die Perspektiven derer, die Migration als Teil ihres kollektiven Gedächtnisses und Wissens erfahren. - Er symbolisiert den gemeinsamen Raum der Diversität, unabhängig von Herkunft, und spiegelt das globale, urbane Leben wider. Insgesamt beschreibt die postmigrantische Gesellschaft eine innovative Perspektive, die Diversität als zentrale Qualität einer globalisierten und urbanen Welt begreift. **[Urban Political Ecology]** **Politische Ökologie** → Zentrales Paradigma der geographischen Umweltforschung - Transdisziplinäres Forschungskonzept, an der Schnittstelle von Natur-, Politik- und Sozialwissenschaften - Kritik unpolitischer Umweltforschung - Inspiriert durch marxistische politische Ökonomie, Umwelthandeln ist nicht trennbar von gesellschaftlichen Machtbeziehungen → Umweltveränderungen im Kontext politischer, sozialer, ökonomischer Beziehungen und Interessen begreifen - Forschungsfokus insbesondere auf Länder des globalen Südens - Ressourcenknappheit ist gesellschaftlich, nicht natürlich - Gesellschaftliche Naturverhältnisse" → Dominanz eines Wirtschaftssystems, das systematisch ökologische Krisen produziert - Imperiale Lebensweise (Brand/Wissen 2017) **Was ist Urban Politcal Ecology?** (UPE) - In welcher Weise sind Städte Ausdruck spezifischer gesellschaftlicher Naturverhältnisse? - Wie prägen Städte mit ihrem Materialdurchfluss Naturverhältnisse im planetarischen Maßstab? - Welche Kämpfe um Naturbeanspruchung und Umweltgerechtigkeit gehen von Städten aus? - UPE konzentriert sich auf Ursachen von Nicht-Nachhaltigkeit - UPE betrachtet komplexe Wechselwirkungen gesellschaftlicher Naturverhältnisse in Städten **Urban Political Ecology (UPE)** 1. **Verbindung von Stadt und Natur:** - UPE betont die enge Verknüpfung zwischen Gesellschaft und Natur und hinterfragt klare Trennungen zwischen Stadt und Natur. - Der Fokus liegt auf den **Flüssen und Prozessen**, die die Beziehung zwischen Gesellschaft und Natur formen und die Grenzen der Stadt verwischen. 2. **Bedeutung des Politischen:** - Die Einbindung des Begriffs „politisch" hebt hervor, dass der Umgang mit Natur in Städten (z. B. Zugang zu sauberem Wasser, Parks oder die Belastung durch Umweltverschmutzung) von **ungleichen Machtverhältnissen** geprägt ist. - Die Nutzung und Verteilung von „urbaner Natur" sind Ergebnis historischer und geographischer Konflikte und Machtkämpfe. 3. **Fokus auf politische Prozesse:** - UPE untersucht nicht „die Natur in der Stadt", sondern die **politischen und sozialen Mechanismen**, die urbane Natur produzieren und strukturieren. 4. **Soziale und kulturelle Dimension:** - UPE zielt darauf ab, die **sozialen, politischen und kulturellen Grundsätze** zu analysieren, die das urbane Leben und den Umgang mit Natur prägen, anstatt nur auf ökologische oder technische Aspekte zu fokussieren. Insgesamt stellt UPE eine kritische Perspektive dar, die die ungleichen Machtverhältnisse und politischen Prozesse in den Mittelpunkt der Analyse von Stadt und Natur rückt. **Städte als „Opfer" von Naturkatastrophen** → Hurricane Katrina 2005 → Ursachen - Einsparungen im Küstenschutz - Liberalisierung von Baugenehmigungen - Absinken des Bodens - Anstieg des Flussbetts des Mississippi... → Soziale Folgen - Ungleiche Chancen auf Rückkehr - Gentrification - Verdrängung wirtschaftlich schwächer gestellter African-American Communities → Disaster Capitalism bezeichnet die Strategie, Krisen und Katastrophen -- ob wirtschaftlich, ökologisch oder sozial -- gezielt auszunutzen, um radikale marktwirtschaftliche Reformen durchzusetzen und Profit zu maximieren, oft zulasten der betroffenen Bevölkerung → Window of opportunity: beschreibt einen begrenzten Zeitraum, in dem aufgrund günstiger Umstände oder Ereignisse besondere Chancen bestehen, um Maßnahmen oder Entscheidungen erfolgreich umzusetzen **Spatial Justice (Gerechtigkeit in Bezug auf Räume bzw. Zugang) & Environmental Justice** Marks (2018) argumentiert, dass urbane Katastrophen in Südostasien nicht nur natürliche Phänomene oder Folgen des Klimawandels sind, sondern wesentlich durch soziale und politische Prozesse verursacht werden. 1. **Schuldzuweisungen an externe Faktoren:** - Regierungs- und Kommunalvertreter schieben die Verantwortung häufig auf den Klimawandel oder die Natur, um sich selbst von jeglicher Mitschuld zu entlasten. 2. **Fehlende Anerkennung der eigenen Verantwortung:** - Politische Entscheidungen, wirtschaftliche Interessen und Machtverhältnisse sind zentrale Ursachen, die das Ausmaß und die Folgen von Katastrophen verschärfen. 3. **Ungleiche Betroffenheit:** - Die am stärksten betroffenen Gruppen sind oft die marginalisierten Teile der Gesellschaft, wie Bewohner von Slums, die als Schuldige dargestellt werden, obwohl sie meist Opfer ungleicher Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse sind. 4. **Soziale und geografische Ungleichheiten:** - Die Verwundbarkeit gegenüber Katastrophen ist ungleich verteilt, abhängig von der geografischen Lage und der sozialen Stellung der Betroffenen. Marks unterstreicht damit die Notwendigkeit, Katastrophen als sozial und politisch erzeugte Phänomene zu verstehen, um gerechte und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. **Environmental Racism** **Environmental Racism** bezeichnet die systematische Benachteiligung bestimmter sozialer oder ethnischer Gruppen durch Umweltpolitik, -praktiken oder -bedingungen, die ihre Lebensqualität verschlechtern. Wissenschaftlich wird der Begriff genutzt, um die ungleiche Verteilung von Umweltbelastungen wie Luft- oder Wasserverschmutzung, Müllentsorgung oder Industrieanlagen auf marginalisierte und oft einkommensschwache Gemeinschaften zu analysieren. **Kernelemente:** 1. **Ungleiche Belastung:** - Umweltprobleme wie giftige Abfälle, Industrieemissionen oder unzureichende Infrastruktur betreffen überproportional häufig ethnische Minderheiten und sozial benachteiligte Gruppen. 2. **Historische und systemische Ursachen:** - Diese Ungleichheit resultiert aus historischen Machtverhältnissen, Diskriminierung und wirtschaftlicher Marginalisierung. 3. **Beispiele:** - Ansiedlung von Müllverbrennungsanlagen oder Deponien in Wohngebieten von Minderheiten. - Schlechter Zugang zu sauberem Wasser oder frischer Luft in einkommensschwachen Gegenden. 4. **Forschungsperspektiven:** - Die Umweltgerechtigkeitsforschung (*Environmental Justice*) untersucht diese Phänomene und fordert eine gerechte Verteilung von Umweltressourcen und Belastungen. **Ziel der Wissenschaft:** Aufzeigen und Überwinden von strukturellen Ungleichheiten, um eine nachhaltige und gerechte Umweltpolitik zu fördern. Green Gentrification - Umnutzung innerstädtischer Brachflächen - Gemeinschaftsgärten und andere Begrünungsprojekte können auch zu Verdrängungseffekten führen\ direkt: z.B Vertreibung von Obdach- und Wohnungslosen\ indirekt: z.B. Attraktivitätssteigerung durch Grünraum führt zu Mietpreiserhöungen/Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnungen **Zehn Schlüsselideen der Urban Political Ecology (UPE)** 1. **Wechselseitige Bestimmung von Umwelt und Gesellschaft:** - Umwelt- und soziale Veränderungen beeinflussen sich gegenseitig und sind untrennbar miteinander verbunden. 2. **Künstliche Umgebungen als „natürlich":** - Städte, genetisch veränderte Organismen, Staudämme oder bewässerte Felder sind nicht „unnatürlich", sondern Produkte menschlichen Handelns. 3. **Abhängigkeit von sozialen und historischen Kontexten:** - Physische und ökologische Veränderungen werden durch spezifische soziale, kulturelle, politische und wirtschaftliche Bedingungen geprägt. 4. **Sozial-räumliche Prozesse basieren auf Metabolismus:** - Alle sozialen und räumlichen Prozesse hängen von physikalischen, chemischen oder biologischen Stoffkreisläufen ab. 5. **Ermöglichende und behindernde Bedingungen:** - Diese Stoffwechselprozesse schaffen sowohl förderliche als auch hinderliche soziale und ökologische Rahmenbedingungen. 6. **Metabolische Veränderungen sind nie neutral:** - Veränderungen in Stoffkreisläufen sind immer sozial und ökologisch geprägt. 7. **Machtverhältnisse im Fokus:** - Die Analyse der Machtstrukturen, die Stoffwechselprozesse gestalten, ist zentral. 8. **Nachhaltigkeit als politisches Thema:** - Fragen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit sind untrennbar mit Macht und Politik verbunden. 9. **Untersuchung sozialer Beziehungen:** - UPE analysiert, wie soziale Beziehungen zwischen Individuen und Gruppen durch ökologische Veränderungen vermittelt und strukturiert werden. 10. **Kritische Betrachtung von metabolischen Prozessen:** - Es wird untersucht, wie ökologische Rekonstruktionen und Umgestaltungen tatsächlich ablaufen und welche Auswirkungen sie haben. **Erklärung:**\ Urban Political Ecology betrachtet die Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Umwelt und Machtstrukturen. Sie betont, dass urbane Umweltbedingungen nicht neutral sind, sondern von politischen und sozialen Prozessen geformt werden. Ziel ist es, Ungleichheiten aufzudecken und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. **Teil 2** **Raumtheorien** Die Räumlichkeit der Welt ist ein zentraler Aspekt der geographischen Forschung, wobei Raum und Ort unterschiedlich definiert und analysiert werden: - **Raum**: Bezeichnet die Dreidimensionalität der Welt oder spezifische Flächen/Gebiete, wie Territorien. - **Ort**: Ein bestimmter Platz, der durch Verweilen mit Bedeutungen aufgeladen wird. Yi-Fu Tuan (2001) unterscheidet „Space" als Bewegung und „Place" als Verweilen, was zum „Sense of Place" führt. Agnew (2011) differenziert Place weiter in: - **Location**: Relativer Standort (z. B. eine Stadt). - **Locale**: Ort spezifischer Aktivitäten (z. B. Arbeitsplatz, Wohnung). - **Sense of Place**: Subjektive Bedeutung eines Ortes. - **Maßstabsebenen (Scales)**: Beschreiben verschiedene Betrachtungsperspektiven (lokal, regional, global). Die Interaktionen zwischen diesen Ebenen, wie lokale Ereignisse mit globalen Auswirkungen, sind besonders relevant. - **Relationaler Raum**: Orte, Räume und Maßstäbe existieren nicht isoliert, sondern nur in Beziehung zueinander (z. B. Stadt-Land, lokal-global). Ihre Bedeutung entsteht durch Verbindungen und Abgrenzungen, nicht durch eine inhärente Essenz. - **Forschungsansätze zur Relationalität**: Untersuchen Netzwerke, Arrangements, Assemblages und Topologien, um die dynamischen Verbindungen und Relationen zwischen Orten und Räumen zu verstehen. Dieser Ansatz unterstreicht, dass Räume und Orte keine festen Einheiten, sondern kontextabhängige Konstrukte sind. Ein **Ort** entsteht durch das **Innehalten von Bewegung**, da er biologische Bedürfnisse erfüllt. Dieses Verweilen verleiht dem Ort eine **emotionale Bedeutung** und macht ihn zu einem **Zentrum von persönlichem Wert** (Tuan 2001). Maßstäbe sind **sozial erzeugte Dimensionen der Räumlichkeit**, die durch vielfältige, teils widersprüchliche Prozesse entstehen und untersucht werden sollten (Herod 2011 **Sense of Place and Time** - entsteht durch **Zeit** und **tiefe Auseinandersetzung**. - Kurze Besuche vermitteln nur **oberflächliche Eindrücke**. - **Langfristige Erfahrungen** prägen tiefere Bedeutungen (z. B. Gerüche, Geräusche, Jahreszeiten). - **Zeit allein** garantiert keine Verbindung zu einem Ort. - Menschen können trotz langer Aufenthalte **entfremdet** bleiben. - Eine **lange Geschichte** macht eine Stadt nicht automatisch bedeutungsvoller. - Beispiele: **Marseille (600 v. Chr.)** vs. **San Francisco (1776)** -- beide können bedeutende Orte sein. **Sense of Place and Intimate Experiences** - **Intime Erfahrungen** sind schwer öffentlich auszudrücken. - **Sprache, Bilder oder Musik** reichen oft nicht aus, um ihre Tiefe zu vermitteln. - **Fakten und Ereignisse** lassen sich leicht mitteilen, aber nicht die **subtile Qualität des Erlebten**. - Intime Orte wie **Heim, Herd oder Rückzugsorte** sind universell bedeutungsvoll. - **Kulturelle Symbole der Intimität** (z. B. New England Church, Dorfteich) sind kollektiv erkennbar. - **Individuelle Bindungen** an Orte sind oft **teilbar** und für andere verständlich. - Auch scheinbar **einzigartige Erfahrungen** können Gemeinsamkeiten mit anderen aufweisen. **Space and Place** - **Raum** faszinierte die Amerikaner während der **Expansion** aufgrund seiner Abstraktheit, Offenheit und endlosen Möglichkeiten. - **Ort** repräsentiert dagegen **Vergangenheit, Gegenwart, Stabilität und Errungenschaften**. - Durch ökologische Bewegungen und die Energiekrise wurde klar, dass **Raum** nicht mehr die Realität der **überfüllten Erde** widerspiegelt; stattdessen rückt der **Ort** in den Fokus. - Die Geographie erfährt durch die Hinwendung zum **Ort** als **menschliches Zuhause** neues Interesse. - **Ort** entsteht durch **menschliche Ideen** und deren Umsetzung in die Realität (z. B. Gebäude, Parks). - Ein Ort bleibt nur ein **Ort**, wenn er **erlebt** wird, durch **Erfahrungen und Bewusstsein**. - Orte sind auf allen Maßstäben (vom Sessel bis zur Nation) **konstruiert durch menschliche Erfahrung** und werden durch **Wahrnehmung und Nutzung** aufrechterhalten. **Sense of Place and mobility** - **Debatte**: Mobilität wird teils als **Gefahr** für die Spezifik von Orten gesehen, teils als **essentiell** für deren Entstehung und Veränderung. - **Verknüpfung von Mobilität und Ort**: Orte werden durch verschiedene Mobilitätsarten **gestaltet und neu definiert**. - **Bewertung**: Die Wahrnehmung von Mobilität hängt von ihrer **Einschätzung** als positiv/negativ oder wünschenswert/unerwünscht ab. - **Mobility Studies**: - Setzen auf eine **nuancierte Betrachtung** von fluiden und festen Eigenschaften von Orten. - Vermeiden dualistische Perspektiven wie **Sedentarismus** (Mobilität als Bedrohung) und **Nomadismus** (Mobilität als Ideal). - **New Mobilities Paradigm**: - Untersucht komplexe Muster von Mobilität. - Analysiert die **Politik der Beweglichkeit** und die damit verbundenen **Möglichkeiten und Einschränkungen** in spezifischen Orten. - **Ort** ist eine **organisierte Welt der Bedeutungen** und ein **statisches Konzept**. - In einer **ständig verändernden Welt** wäre ein **Sense of Place** nicht möglich. **In place/ out of place** **\"In Place/Out of Place\"**: Orte sind mit **normativen Erwartungen** an Verhalten verbunden. **Abweichendes Verhalten** („out of place") macht die **unhinterfragten Regeln** und Machtverhältnisse sichtbar. **Normative Geografien**: - Verhalten wird je nach Ort als **angemessen** oder **unangemessen** bewertet. - Diese Bewertungen basieren auf **kulturellen Ideologien** und unterscheiden sich zwischen Gruppen. - Konflikte entstehen, wenn **spatiale Ideologien** aufeinanderprallen, was dominante Machtstrukturen offenlegt. **Beispiel Obdachlosigkeit**: - Obdachlose haben **keinen Zugang zu legitimen privaten Räumen** und müssen private Aktivitäten in **öffentlichen Räumen** ausführen. - Dadurch werden öffentliche Räume, wie Parks und Straßen, mit **privaten Funktionen** überlagert. - Kapitalistische Gesellschaften definieren solche Aktivitäten als **unangebracht**, was die **Definition und Nutzung von öffentlichem Raum** infrage stellt. **Fazit**: „In Place" und „Out of Place" beleuchtet, wie **Machtstrukturen** normative Geografien prägen und kulturelle Konflikte offenlegen. **Die Produktion von Skalen** **Geographische Maßstäbe** sind **sozial produziert** durch **Kompromisse und Konflikte**. Beispiel: Der **nationale Maßstab** wurde aktiv durch wirtschaftliche und politische Prozesse geschaffen, z. B. durch die Bildung von Nationalstaaten aus kleinen politischen Einheiten. **Lokale und globale Maßstäbe**: - Beide werden durch **soziale Akteure** aktiv erzeugt und sind keine natürlichen Gegebenheiten. - Transnationale Unternehmen **erschaffen globale Maßstäbe**, indem sie Netzwerke und Betriebsstrukturen aufbauen. - Lokale Akteure müssen sich ebenfalls **lokalisieren**, z. B. durch Beziehungen zu lokalen Gemeinschaften und Institutionen. **Kevin Cox (1998)**: - Unterscheidung zwischen **„Spaces of Dependence"** (lokale Beziehungen, die grundlegende Bedürfnisse sichern) und **„Spaces of Engagement"** (Netzwerke mit entfernten Akteuren). - Maßstäbe entstehen aus **Interaktionen** zwischen diesen Räumen. **Maßstäbe als Prozesse**: - Lokale und globale Maßstäbe sind keine statischen Einheiten, sondern entstehen durch **dynamische soziale Aktionen**. - Übergänge zwischen Maßstäben erfolgen nicht abrupt, sondern durch die Entwicklung von **Netzwerken und Verbindungen**. Fazit: Geographische Maßstäbe sind das Ergebnis von **sozialen Handlungen**, die kontinuierlich **neu geschaffen und verändert** werden. **Globalisierung und Raum** **Time-Space Compression** beschreibt Prozesse, die die **Wahrnehmung von Raum und Zeit radikal verändern**. Durch den **Kapitalismus** beschleunigt sich das Lebenstempo, und **räumliche Distanzen werden überwunden**, sodass die Welt metaphorisch „in sich zusammenfällt". Beispiele: - **Telekommunikation** schafft eine „globale Dorf"-Perspektive. - **Wirtschaftliche und ökologische Verflechtungen** erzeugen ein Gefühl der Abhängigkeit auf einer „Raumschiff-Erde". **Zeitverkürzung**: Der Fokus verschiebt sich immer mehr auf das **Hier und Jetzt**. Auswirkungen: - Erzeugt **Herausforderungen, Spannung und Stress**, aber auch **soziale, kulturelle und politische Reaktionen**. **Relativität**: Kompression ist abhängig vom Vergleich mit früheren Zuständen. **Global Sense of Place** - **Kilburn** ist ein Ort mit **individuellem Charakter**, aber ohne eine **einheitliche, geteilte Identität**. - **Vielfalt der Perspektiven**: Menschen nehmen Orte unterschiedlich wahr, je nach ihren **Routen, Verbindungen und Erinnerungen**. - **Ort ≠ Gemeinschaft**: Gemeinschaften können ohne spezifischen Ort existieren, während Orte selten nur eine einzige Gemeinschaft beherbergen. - **Interne Unterschiede**: Selbst innerhalb von Gemeinschaften unterscheiden sich die Wahrnehmungen von Orten, z. B. zwischen Männern und Frauen. - **Globale Verflechtungen**: Orte wie Kilburn sind mit globalen Prozessen und historischen Kontexten, z. B. der britischen Kolonialgeschichte, verflochten. - **Global Sense of Place**: Ein Ort wird durch lokale und globale Beziehungen definiert und ist nicht isoliert, sondern offen und vernetzt. **Power Geometry** - **Power Geometry** zeigt die ungleiche Verteilung von **Mobilität und Kontrolle**. - **Einige Gruppen** nutzen Mobilität aktiv, andere sind abhängig oder benachteiligt. - Mobilität **verstärkt Machtverhältnisse** und kann Schwächere weiter benachteiligen. - Forderung: **Politik für gerechtere Mobilität**. **Place and Space** - **Raum und Ort** entstehen durch **Praktiken und Interaktionen** auf allen Ebenen, von lokal bis global. - **Räumliche Identitäten** wie Orte, Regionen oder Nationen sind **relational, komplex und historisch wandelbar**. - Das **Lokale** und das **Globale** sind **wechselseitig verbunden** und beeinflussen einander. - **Orte** sind nicht nur Opfer globaler Prozesse, sondern auch **aktive Gestalter der Globalisierung**. - Orte fungieren als **Agenten**, durch die globale Strukturen **entstehen, koordiniert und produziert** werden. **[Soziale Unterschiede]** **Rassismus** - **Rassismus** basiert nicht auf **biologischen Fakten**, sondern ist eine **soziale Praxis**, die körperliche Merkmale zur **Klassifizierung** nutzt. - Ziel: **Ausschluss** bestimmter Gruppen von **Ressourcen** durch soziale, politische und wirtschaftliche Mechanismen. - **Moderner Rassismus** (Neo-Rassismus): - Betont **kulturelle Unterschiede** statt biologischer Überlegenheit. - Behauptet die **Unvereinbarkeit** verschiedener Lebensweisen und Traditionen. - Fokus liegt auf der **Wahrung von Grenzen** und der Ablehnung kultureller Vermischung. **Sex/Gender** **Sex/Gender-Unterscheidung**: - **Sex**: Biologische Merkmale. - **Gender**: Soziokulturell zugeschriebene Rollen und Erwartungen. - Ziel: **Trennung von Natur und Kultur**, um biologische Zuschreibungen zu hinterfragen. **Judith Butler**: - Das Sex/Gender-Konzept bleibt eine **Scheinlösung**, da es die Geschlechterdichotomie diskursiv aufrechterhält. - Fügt **Desires** (sexuelles Begehren) als weiteres Element hinzu, wichtig für die **heteronormative Geschlechterordnung**. - Frauen sind keine homogene Gruppe; Erfahrungen und Probleme sind individuell. - **Individualisierung** führt zu der Vorstellung, dass es so viele Geschlechter wie Menschen gibt. - Butler lehnt **essenzialistische und universalistische Konzepte** von Geschlecht ab. **Klassenbegriff bei Marx/Engels** Die **industrielle Revolution** (ab 1750) transformierte die Gesellschaft durch die Erfindung von **Dampfmaschinen und Maschinen** zur Baumwollverarbeitung (Engels). Die **Industrie** zentralisierte Besitz bei wenigen Kapitalisten, ruinierte kleine Betriebe und schuf zwei zentrale Klassen: - **Bourgeoisie**: Besitz von Produktionsmitteln, Akkumulation von Kapital durch **Ausbeutung der Arbeiter**, herrschende Klasse. - **Proletariat**: Arbeiterklasse ohne Produktionsmittel, verkaufen Arbeitskraft, bedroht durch materielle, soziale und politische Verelendung. **Zwischenklassen** (z. B. kleine Unternehmer) wurden zunehmend verdrängt und in das Proletariat integriert. Folge: **Klassenkonflikt** zwischen Bourgeoisie und Proletariat als Grundstruktur sozialer Ungleichheit. **Globale Vermögensklassen** Die **industrielle Revolution** führte zur **Zentralisierung von Besitz** bei wenigen Kapitalisten und zur Schaffung eines **Klassenkonflikts** zwischen Bourgeoisie (Besitzer von Produktionsmitteln) und Proletariat (Arbeiterklasse ohne Besitz). **Zwischenklassen** wurden zunehmend verdrängt und ins Proletariat integriert. Die **Vermögenspyramide** verdeutlicht die globale Ungleichheit: - **53 % der Erwachsenen** weltweit besitzen weniger als **10.000 USD Vermögen** (2,8 Milliarden Menschen). - Die Gruppe mit einem Vermögen von **10.000--100.000 USD** wuchs stark, insbesondere durch die **wachsende Mittelschicht in Schwellenländern** wie China. - Diese Gruppe hat ein Durchschnittsvermögen von **33.724 USD** und verfügt über **60,4 Billionen USD** an Gesamtvermögen, was ihr **wirtschaftlichen Einfluss** verleiht. **Klasse und Bedeutung des Begriffs heute** **Oliver Nachtweys Abstiegsgesellschaft**: - **Oberklasse**: Sozial abgeschottet und ständisch geprägt. - **Mittelklasse**: Betreibt soziale Schließung und kulturelle Abgrenzung. - **Unterklasse**: Fixiert in prekären Jobs oder sozialstaatlicher Abhängigkeit, aber weiterhin ins Erwerbssystem integriert (direkt oder indirekt). **Klassenbegriff**: - Umstritten, da sich das Proletariat selten als **„Klasse für sich"** gezeigt hat. - Soziologie wandte sich von Klassenkonzepten ab und fokussierte auf **individuelle Lebenslagen, Milieus** und **Lebensstile**. **Marx\' Klassenbegriff heute**: - Relevant durch zunehmende **Lohnabhängigkeit** und fehlenden Zugang zu Produktionsmitteln. - Globale Ungleichheiten zwischen Nationen nehmen ab, aber **innerhalb von Staaten stark zu**. - Dennoch keine dichotome Klassengesellschaft; die **Mittelklasse** bleibt bedeutend trotz sozialer Abstiege. **Moderne Klassenanalyse**: - Empfiehlt **pragmatischen Realismus** mit Fokus auf **Macht, Ausbeutung, soziale Schließung** und **Lebenschancen** **Race/Class/Gender in der Geographie** **Beispiel:** Geographische Migrationsforschung **Sozialgeographische Studien** betrachten Migration als **verflochtenen Prozess** auf verschiedenen räumlichen Handlungsebenen, der auf **grundlegende soziale und kulturelle Umstrukturierungen** hinweist (Hillmann 2016). **Ravenstein's Laws of Migration (1885):** 1. Migranten ziehen meist **kurze Distanzen** und in Richtung **Zentren der Absorption**. 2. **Lücken** durch Migration werden von Menschen aus entfernteren Gebieten gefüllt. 3. Der Prozess der **Verteilung** ist das Gegenstück zur Absorption. 4. Jede Hauptmigrationsbewegung erzeugt einen **kompensierenden Gegenstrom**. 5. **Weit entfernte Migranten** bevorzugen große **Handels- oder Industriezentren**. 6. Menschen aus **ländlichen Gebieten** migrieren häufiger als Stadtbewohner. 7. **Frauen migrieren** häufiger als Männer innerhalb eines Landes, Männer häufiger außerhalb eines Landes **Beispiel:** internationale Arbeitsteilung und Global Care Chains Die **Globalisierung** und die veränderte **Arbeitsteilung zwischen Nationen** haben die Nachfrage nach **mobilen Arbeitskräften** erhöht, insbesondere in drei Sektoren: - **Bausektor**, **Nahrungsmittelproduktion** (z. B. Feldarbeit, Schlachthöfe) und **Dienstleistungsgewerbe**. - Diese Sektoren sind oft von Migranten abhängig, die unter teils prekären Bedingungen arbeiten. **Pflege- und Haushaltssektor**: - Die Globalisierung hat zu einer **Internationalisierung von Dienstleistungsketten** geführt, insbesondere im **Care-Bereich**. - Migrantinnen aus Entwicklungsländern übernehmen **Pflege- und Betreuungsaufgaben** in wohlhabenderen Ländern, während ihre eigenen Kinder in den Herkunftsländern von Verwandten betreut werden. - Diese Arbeit wurde zu einer **internationalen Ware (Kommodifizierung)**, oft verbunden mit Unsicherheit, fehlendem rechtlichen Schutz und illegalen Beschäftigungsverhältnissen. **Care Chains**: - Weltweite Netzwerke verbinden Arbeitskräfte, z. B. Mexiko-USA oder Philippinen-Japan. - Migration basiert auf bestehenden **professionellen oder persönlichen Netzwerken**, wie in den 1990er Jahren bei Krankenschwestern aus Lima nach Mailand. **Neoliberalisierung der Arbeitsmärkte**: - Die Kommodifizierung sozialer Reproduktionsarbeit spiegelt die **neoliberale Umstrukturierung** globaler Arbeitsmärkte wider. - Trotz prekärer Arbeitsbedingungen verdienen Migrantinnen in Zielstaaten oft besser als im Herkunftsland. **Transnationalismus und Sense of Place** **Ehrkamp (2005): Migration und Identitätsbildung** - Migranten verhandeln ihre **transnationale Zugehörigkeit** und **lokale Bindungen** im Alltag. - Der Fokus auf **Ort** (statt Gemeinschaft) beleuchtet die **komplexen, teils widersprüchlichen Bindungen** von Migranten. - Durch diese Perspektive wird sichtbar, wie Migranten ihre Identität zwischen Herkunfts- und Aufnahmegesellschaft formen und sich mit der **aufnehmenden Gesellschaft** auseinandersetzen. - Beispiel Duisburg-Marxloh **Pries (2003): Transnationalismus und Transmigration** - **Globalisierung** und moderne **Kommunikations- und Transporttechnologien** haben Migration stark verändert, ohne die Bedeutung nationaler und supranationaler Regulierungen zu schmälern. - Klassische Migrationstypen (Ein-/Auswanderung, Rückkehr, Diaspora) beziehen sich auf einen **dauerhaften Wohnsitzwechsel**. - **Transmigration**: Migranten wechseln **dauerhaft zwischen Orten verschiedener Nationalgesellschaften**, was Teil ihrer **Lebens- und Überlebensstrategien** ist. - Diese Bewegungen sind sowohl **physisch-geographisch** als auch **sozial-psychisch** (z. B. Wechsel von Identitäten oder Zugehörigkeiten). Eigene Ergänzung: Vorher waren Community und Place fest zusammen, durch Transnationalismus ist dies nicht zwingend so. Durch die Kommunikation und Transporttechnologien stehen die Möglichkeiten der Vernetzung mit Menschen über eine große Entfernung in Kontakt zu bleiben.\ Was könnte Kritik an diesem Begriff sein? Fokussierung auf das Nationale wird generell kritisiert. Wieso nicht auf generelle Orte beziehen? Translokalität **Erklärung:** 1. **Migration als dynamischer Prozess**: - Für Migranten ist die Identität nicht starr, sondern wird ständig zwischen den Kulturen des Herkunfts- und Aufnahmelandes **neu verhandelt**. - Orte sind dabei keine festen Heimaten, sondern **Netzwerke von Beziehungen und Bedeutungen**, die über nationale Grenzen hinausgehen. 2. **Transnationalismus und Transmigration**: - Anders als bei traditioneller Migration (z. B. dauerhafte Auswanderung) wird bei Transmigration der **Ortwechsel zur Normalität**. - Migranten agieren in einem **transnationalen Sozialraum**, der mehrere Länder umfasst, was neue Formen von **Zugehörigkeit und Identifikation** ermöglicht. 3. **Komplexität der Bindungen**: - Migranten sind oft gleichzeitig mit **lokalen Orten** (z. B. Duisburg-Marxloh) und **transnationalen Netzwerken** verbunden, was ihre Bindungen und Strategien vielseitig, aber auch konfliktreich macht. Die Konzepte von **Ehrkamp** und **Pries** unterstreichen, dass Migration heute ein **plurilokaler, transnationaler Prozess** ist, der weit über klassische Vorstellungen von Einwanderung hinausgeht. **Race-Class-Gender = Intersektionalität (Crenshaw prägte als erstes den Begriff)** **Hauptaspekte:** 1. **Verflechtung von Differenzkategorien**: - Die Kategorien **Rasse/Ethnizität, Geschlecht und Klasse** sind miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig. 2. **Theoretische Konzepte**: - **Deborah K. King (1988)**: Konzept der **multiple jeopardies** (Mehrfachgefährdungen), das die Verwobenheit mehrerer Unterdrückungsformen im Leben schwarzer Frauen analysiert. - **Patricia Hill Collins (1990)**: - **Matrix of domination**: Alle Formen der Diskriminierung müssen berücksichtigt werden. - **Kritik an additiver Betrachtung**: Unterdrückung kann nicht einfach als Summe einzelner Diskriminierungen (z. B. Rassismus + Sexismus) dargestellt werden, da diese dynamisch interagieren. 3. **Intersektionalität (Kimberlé Crenshaw, 1989)**: - Einführung des Begriffs basierend auf der Metapher der **Straßenkreuzung (intersection)**. - Diskriminierungsformen wie **race**, **class**, **gender** überlagern sich und wirken interdependent. - Innerhalb der US-amerikanischen Rechtsprechung werden Kategorien wie **Rasse und Geschlecht** oft isoliert betrachtet, was die Komplexität von Diskriminierung verkennt. - **Analysefokus**: Machtstrukturen, die auf Diskriminierungsformen aufbauen und deren Interaktionen prägen. 4. **Kombinierte Diskriminierung**: - Diskriminierung, die mehrere Kategorien verbindet (z. B. Rassismus mit sexistischen Aspekten), hat eine eigene Dynamik und kann nicht durch einfache Addition erklärt werden. **Erklärung:** Die Intersektionalität zeigt, dass soziale Ungleichheiten nicht isoliert betrachtet werden können. Stattdessen sind sie **dynamisch miteinander verflochten** und erfordern eine Analyse, die diese **Wechselwirkungen** und die dahinterliegenden Machtstrukturen berücksichtigt. Das Konzept ist zentral, um die **Vielschichtigkeit von Diskriminierung** zu verstehen und wirkungsvolle Maßnahmen dagegen zu entwickeln. **Intersektionalität heute** **Hauptaspekte:** 1. **Erweiterung der Intersektionalität**: - Der Intersektionalitätsansatz umfasst heute **weitere Dimensionen** über die klassische Trias **race (Ethnizität), class (Herkunft)** und **gender (Geschlecht)** hinaus. - Zusätzliche Dimensionen wie **Behinderung, Religion, Alter, Besitz und Attraktivität** werden zunehmend berücksichtigt. 2. **Abkehr von der Straßenkreuzungsmetapher**: - Die Debatte hat sich von Kimberlé Crenshaws Metapher der **Straßenkreuzung** hin zu einer umfassenderen Analyse entwickelt. - Fokus auf **gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse, Unterdrückungserfahrungen** und deren Reproduktion in **sozialen Praktiken**. 3. **Praxeologische Perspektive**: - Intersektionalität wird als **kontextspezifisches Wechselspiel** von **Herrschaftsverhältnissen, symbolischen Repräsentationen und Identitätskonstruktionen** verstanden. - **Qualitative Ansätze** untersuchen, wie soziale Strukturen im Alltag wirken und wie soziale Differenzen entstehen und fortbestehen. **Erklärung:** Der **moderne Intersektionalitätsansatz** erweitert den Blick auf soziale Ungleichheiten, indem er weitere Kategorien einbezieht und diese im Kontext **alltäglicher Praktiken und gesellschaftlicher Strukturen** analysiert. Diese **dynamische und praxeologische Perspektive** betont, dass soziale Differenzen nicht statisch, sondern durch Handlungen und Machtverhältnisse ständig neu geschaffen werden. **Umwelt/Mitwelt** - **Geographische Gesellschaft-Umwelt-Forschung: Die „dritte Säule" (nach Weichhart)** **Hauptaspekte:** 1. **Unterschiedliche Erkenntnisobjekte in der Geographie**: - **Humangeographie** und **Physiogeographie** haben sich thematisch stark auseinanderentwickelt, wobei viele Forschungsfragen **nicht mehr auf Mensch-Umwelt-Interaktionen** fokussieren. - Diese Divergenz erschwert die **Reintegration** der beiden Disziplinen in eine „Einheitsgeographie". 2. **Gesellschaft-Umwelt-Interaktionen als drittes Erkenntnisobjekt**: - Ein eigenständiges **drittes Forschungsfeld** für Gesellschaft-Umwelt-Interaktionen wird vorgeschlagen. - Dieses neue Feld erfordert spezifische **Problemstellungen** und **theoretische Grundlagen**, die weder in der Physiogeographie noch in der Humangeographie vollständig abgedeckt sind. 3. **Drei-Säulen-Modell**: - Weichhart schlägt ein **Drei-Säulen-Modell** vor: - Physiogeographie. - Humangeographie. - Gesellschaft-Umwelt-Forschung als eigenständige Säule. - Dieses Modell ermöglicht die **Koexistenz und Legitimation** der bestehenden Arbeitsfelder beider Disziplinen, während gleichzeitig ein neues Forschungsfeld für Gesellschaft-Umwelt-Interaktionen geschaffen wird. 4. **Aktueller Stand**: - Erste Ansätze für eine **konzeptuelle und theoretische Fundierung** des neuen Arbeitsbereichs existieren, sind jedoch noch ausbaufähig. Eigene Ergänzung: Wie wird das konkret umgesetzt? Siehe politische Ökologie **Erklärung:** Die **Geographie** steht vor der Herausforderung, ihre **unterschiedlichen Disziplinen** thematisch wieder stärker zu verbinden. Durch ein eigenständiges **Gesellschaft-Umwelt-Forschungsfeld** können die Synergien zwischen Humangeographie und Physiogeographie gestärkt werden, ohne ihre individuellen Arbeitsfelder einzuschränken. Das **Drei-Säulen-Modell** bietet hierfür eine zukunftsorientierte Lösung. **Politische Ökologie (Umsetzung der Gesellschaft-Umwelt-Forschung)** **Hauptaspekte der Politischen Ökologie:** 1. **Herrschaftsanalytischer Zugang**: - Politische Ökologie analysiert **Umwelt** als **dialektisches Verhältnis** zwischen Gesellschaft und Natur, geprägt durch **Ungleichheitsstrukturen**. 2. **Untersuchungsgegenstände**: - **Deutungen von Umweltproblemen**. - **Inwertsetzung und Aneignung** von Ressourcen. - **Regulationsweisen gesellschaftlicher Naturverhältnisse**. 3. **Ressourcenkonflikte**: - Werden nicht nur als **biophysikalische Prozesse** oder **demographische Dynamiken** erklärt. - Sie sind Resultate gesellschaftlicher Praxis, wie: - **Kapitalistische Überproduktion und Überkonsum**. - **Vergesellschaftung von Umweltkosten**. - **Reglementierung des Ressourcenzugangs**. 4. **Ziel der Politischen Ökologie**: - **Dekonstruktion simplistischer Erklärungen** für Umweltprobleme (z. B. Überbevölkerung, Landmisswirtschaft, Unwissenheit). - **Alternative Ansätze**: Fokus auf **politische Ökonomie, Marginalisierung, kolonialen Kapitalismus** und **staatliche Ausbeutung**. 5. **Grundlage**: - Analyse sozialer und globaler **Ungleichheitsverhältnisse** als zentraler Ausgangspunkt. Eigene Ergänzungen: Was ist der direkte Unterschied der politischen Ökologie? Betrachtet globale Zusammenhänge viel komplexer, fragt auch warum bzw. wozu diese Ressourcen benötigt werden und nicht nur den Fakt. Bedeutsamer Ansatz. **Erklärung:** Die Politische Ökologie betrachtet Umweltprobleme nicht isoliert, sondern als Ergebnis von **Machtstrukturen und sozialer Praxis**. Sie bietet eine kritische Perspektive, die dominante und vereinfachte Erklärungsmodelle hinterfragt und durch **politisch-ökonomische Analysen** ersetzt. **Material Turn** 1. **Materielle Welt als Bühne**: - Die materielle Welt wird als **lebensweltliche Arena** betrachtet, auf der menschliche Körper positioniert sind und interagieren. - Materie umfasst feste, flüssige und gasförmige Elemente, die für den **menschlichen Stoffwechsel**, die **sinnliche Wahrnehmung** und das **Handeln** von Bedeutung sind. 2. **Dinge des Alltags**: - Materie besteht aus **Dingen, Objekten und Gegenständen**, die Teil der menschlichen **Erfahrungen, Handlungspraktiken** und des Wissens sind. - Diese Dinge fungieren als **Hilfsmittel**, die das Leben erleichtern, oder als **Hindernisse**, die Wünsche behindern. 3. **Sozialwissenschaftliche Perspektive**: - Dinge haben eine **performative und integrative Funktion**, die dazu beiträgt, **gesellschaftliche Strukturen** zu formen und soziale Interaktionen zu **standardisieren**. - Es wird ein **sozialisierender Effekt** von Materie vermutet, da sie soziale Prozesse und die Entstehung von Gesellschaft aktiv mitgestaltet. **Erklärung:** Die materielle Welt ist nicht nur passiver Hintergrund, sondern ein **aktiver Mitgestalter** menschlicher Handlungen und sozialer Prozesse. **Dinge und Objekte** prägen das tägliche Leben, erleichtern oder behindern Handlungen und haben eine **sozialisierende Wirkung**, indem sie Gesellschaft mitkonstituieren. **ANT und Affordanz** 1. **Kritik an traditioneller Soziologie** (Latour, 2005): - Soziale Strukturen basieren nicht ausschließlich auf sozialen Interaktionen („**tautology of social ties**"). - Die Aufrechterhaltung von Macht und sozialen Verbindungen erfordert **materielle Entitäten** und Netzwerke, die stabiler und langlebiger sind als rein soziale Bindungen. - Die traditionelle Soziologie ist nützlich für die Analyse einfacher sozialer Systeme, jedoch **ungeeignet für die komplexen Mensch-Materie-Interaktionen**. 2. **Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT)**: - **Gesellschaft als Netzwerk** von Menschen und nicht-menschlichen Akteuren (Dinge, Technologien, Materialien). - Diese **Assoziationen** formen Netzwerke („**work-nets**"), die menschliches Leben und Gesellschaft ermöglichen. - Nicht-menschliche Elemente werden als **Akteure (Aktanten)** betrachtet, da sie aktiv zur Aufrechterhaltung der Netzwerke beitragen. 3. **Affordanz-Theorie (Gibson, 1979)**: - Dinge und Umwelten besitzen einen **Angebotscharakter** (Affordanzen), der bestimmte Handlungen ermöglicht oder einschränkt. - **Bedeutung und Wert** entstehen nicht ausschließlich durch menschliche Zuschreibungen, sondern aus den **ökologischen Eigenschaften** der Objekte. - **Physische Objekte** sind nicht wertneutral, sondern haben **positive oder negative Auswirkungen** auf Menschen und laden zu spezifischen Interaktionen ein. **Erklärung:** Die **Akteur-Netzwerk-Theorie** erweitert die Soziologie, indem sie nicht-menschliche Akteure als wesentliche Bestandteile von Gesellschaften einbezieht. Gemeinsam mit der **Affordanz-Theorie** betont sie, dass materielle Objekte aktiv Handlungen beeinflussen und soziale Prozesse mitgestalten. Diese Ansätze stellen traditionelle, ausschließlich soziale Erklärungen infrage und eröffnen neue Perspektiven auf die **Verflechtung von Mensch und Materie**. **Mehr- als-menschliche Geographie** 1. **Erster Strang**: - Fokus auf die **ganzheitliche Betrachtung des Menschen** als **vernünftiges, leibliches und emotionales Wesen**. - Ziel: **Emotionale und affektive Dimensionen** menschlichen Lebens besser zu verstehen und in die Analyse einzubeziehen. 2. **Zweiter Strang**: - Überwindung der **Trennung zwischen Mensch und nichtmenschlichen Entitäten**. - Menschliche und physisch-materielle Welt werden als **ko-produktiv und verwoben** betrachtet. - **Dezentrierung des Menschen**: Die Umwelt wird zur **Mitwelt**, in der alle Entitäten **transaktiv** miteinander verbunden sind. - Bruch mit **anthropozentrischen Ansätzen**, die die Mensch-Umwelt-Forschung lange dominiert haben. **Kernidee:** Die Debatte verbindet die **ganzheitliche Analyse des Menschen** mit einer **relationalen Perspektive**, die die Mensch-Umwelt-Verflechtungen als Ergebnis gemeinsamer Prozesse versteht und den traditionellen Anthropozentrismus überwindet. **\ Emotionen und Affekte** 1. **Emotion und Affekt**: - **Affekte** (Massumi, 2002): **Unbewusste Prozesse**, die zeitlich vor bewusstem Denken und Handeln ablaufen und diese beeinflussen. - **Emotionen** (Bondi, 2005; Merleau-Ponty, 1945): Entstehen durch **körperliche Bewusstheit** und sind eng mit körperlichen Erfahrungen verknüpft. 2. **Körper und Verstand**: - Die scharfe Trennung von **kognitiven Prozessen** (Verstand) und **nicht-kognitiven Prozessen** (Körper) wird hinterfragt. - **Ansätze der Emotional Geographies** und **Geographies of Affect** plädieren für eine integrierte Betrachtung von **Körper und Geist** (Longhurst, 2001; Bondi/Davidson, 2011). 3. **Prozesshaftes Verständnis**: - Körper und Räume werden als **relationale und dynamische Prozesse** verstanden (Dawney, 2011). - Intensitäten durchziehen diese Prozesse und formen sie kontinuierlich. 4. **Gefühle in Mensch-Umwelt-Beziehungen**: - Gefühle schaffen und regenerieren **erlebten Raum** (Waldenfels, 1986; Dürckheim). - Sie sind ein zentraler Bestandteil von **identitätsstiftenden Umweltbeziehungen** und tragen zur Erklärung und Reflexion gesellschaftlicher Prozesse bei. **Kernidee:** Emotionen und Affekte sind **eng mit Körper, Raum und sozialen Prozessen** verknüpft. Sie können nicht getrennt von kognitiven Prozessen betrachtet werden, sondern bilden ein **ganzheitliches, relationales Netzwerk**, das die Mensch-Umwelt-Beziehung tiefgreifend prägt. **Affekte-Gefühle-Emotion** - **Affekte** entstehen und bewegen sich durch **körperliche Empfindungen**, die das **transpersonale Lebensgefühl** formen. - Dieses Gefühl beeinflusst die **Dynamik von Räumen und Zeiten**, indem es sie belebt oder dämpft. - Affekte sind **räumlich und zeitlich verteilt**, manifestieren sich jedoch auch in **persönlichen Emotionen**, die rückblickend benannt werden. **Kernidee:** Affekte wirken sowohl auf kollektiver Ebene, indem sie **Räume und Zeiten prägen**, als auch auf individueller Ebene, wo sie als **Emotionen** erlebt und interpretiert werden. **Beispiel für Verschränkung der Ansätze: Feminist Emotional Political Ecology** - **Emotional Political Ecology**: - Verknüpft **politische Ökologie** und **emotionale Geographien**, um die **Rolle von Emotionen** in Mensch-Natur-Beziehungen besser zu verstehen. - Ziel: Nuancierte Analysen, die über rationale Nutzung und Machtverhältnisse hinausgehen, um emotionale Dimensionen einzubeziehen. - **Fallstudie: Wasserkrise in Bangladesch**: - Emotionen wie **Freude**, **Erleichterung**, aber auch **Angst, Konflikte und Leid** prägen den Zugang, die Nutzung und Kontrolle von Wasser. - Diese Emotionen beeinflussen die **täglichen Kämpfe um Wasser** und die Art, wie Ressourcen Teil des Alltags werden. - **Verknüpfung mit Macht und Geschlecht**: - Emotionen spielen eine zentrale Rolle bei der **Neuverhandlung und Reproduktion sozialer Machtverhältnisse und geschlechtlicher Subjektivitäten**. - **Erweiterung der politischen Ökologie**: - Der Ansatz erklärt **Ressourcenkonflikte und -zugänge** als mehr als nur rationale oder machtbezogene Prozesse. - Er zeigt, wie **Emotionen und gelebte Erfahrungen** die Beziehung zu Ressourcen prägen und Entscheidungen beeinflussen. **Kernidee:** Die **Emotional Political Ecology** bietet eine umfassendere Perspektive, um die **Verflechtungen von Emotionen, sozialen Machtverhältnissen und Ressourcennutzung** in komplexen Mensch-Natur-Beziehungen zu analysieren und besser zu verstehen. **Cultural Turn** 1. **Wendepunkte in den Geistes- und Sozialwissenschaften**: - Seit den 1960er Jahren führten verschiedene theoretische **„Turns"** zu tiefgreifenden Veränderungen in der Humangeographie. 2. **Cultural Turn und Neue Kulturgeographie**: - Der **Cultural Turn** stellte Kultur ins Zentrum der Forschung und führte zur Entwicklung der **Neuen Kulturgeographie**. - **Kerngedanke**: Kultur erklärt nicht, sondern muss selbst **erklärt** werden. 3. **Merkmale der Neuen Kulturgeographie**: - **Kontextuelle und theoretisch informierte Ansätze** (historisch, sozial und räumlich). - Berücksichtigt **Stadt und Land** gleichermaßen. - **Kultur** ist das Medium, durch das **sozialer Wandel erlebt, umkämpft und geformt** wird. 4. **Kultur als soziale Konstruktion**: - **Keine Essenz**: Kulturen haben kein festes Wesen, sondern sind **sozial konstruiert**. - Kulturen bestehen aus **Bedeutungszuschreibungen**, die erlernbar, wandelbar und **politisch umkämpft** sind. - Es gibt eine **Pluralität von Kulturen**, die zeit- und ortsgebunden ist. 5. **Kulturelle Konflikte**: - Kultur ist stets ein **politisch umstrittenes Feld** und spiegelt Machtverhältnisse sowie soziale Auseinandersetzungen wider. **Kernidee:** Der **Cultural Turn** hat Kultur von einer gegebenen Kategorie zu einem **dynamischen, sozialen und politisch umkämpften Prozess** gemacht, der die Humangeographie nachhaltig geprägt hat. **Linguistic Turn** 1. **Linguisitic Turn in der Humangeographie**: - Der **Linguistic Turn** geht auf Ferdinand de Saussure zurück und analysiert, wie **Sprache** Bedeutung schafft und vermittelt. - Bedeutend in der Humangeographie durch seine Einflüsse auf den **Cultural Turn**. 2. **Kernideen von de Saussure**: - **Arbitrarität**: - Die Verbindung zwischen **Signifikant** (Wort, Laut) und **Signifikat** (Konzept) ist **willkürlich** und wird durch **kulturelle Konventionen** bestimmt. - **Relaitionalität**: - Bedeutungen entstehen durch **Unterschiede** und Gegensätze, z. B. klein-groß, schwarz-weiß, Stadt-Land. - **Keine objektive Welt außerhalb der Sprache**: - Sprache strukturiert unser Denken, und Vorstellungen existieren nicht unabhängig von ihr. 3. **Bedeutung**: - Sprache schafft einen **Rahmen für die Bedeutungsproduktion** und beeinflusst, wie wir die Welt wahrnehmen und interpretieren. - In der Humangeographie hilft der **Linguistic Turn**, kulturelle und räumliche Bedeutungen als **sozial konstruiert** zu verstehen. **Kernidee:** Der **Linguistic Turn** zeigt, dass **Bedeutungen nicht natürlich**, sondern **kulturell geprägt** und relational definiert sind. Sprache wird so zum zentralen Element der **Wahrnehmung und Konstruktion von Realität**. **Geographical Imaginations und Orientalism** 1. **Geographische Imaginationen**: - Diese sind **räumliche Selbst- und Fremdzuschreibungen**, die oft in **binären Kategorien** formuliert werden, z. B. West/Ost, modern/traditionell, zivilisiert/unkultiviert. - Sie spiegeln Machtstrukturen und Hierarchien wider und prägen Wahrnehmungen von Raum und Kultur. 2. **Orientalismus nach Edward Said**: - Orientalismus beschreibt die **kulturellen Konstruktionen des Orients** durch den Westen. - Diese Konstruktionen sind weder **natürlich** noch neutral, sondern von **Diskursen und Machtverhältnissen** geformt. - Der Orient und der Okzident werden dabei **essenzialisiert** und stereotypisiert. 3. **Dekonstruktion von Orientalismus**: - Ziel der humangeographischen Forschung ist es, solche **Imaginationen** und die ihnen zugrunde liegenden Machtverhältnisse zu hinterfragen und aufzubrechen. - Edward Said betont, dass **Kulturen nicht rein oder isoliert** sind, sondern **hybrid und heterogen** durch den Austausch und die Verflechtungen des Kolonialismus. 4. **Kritik und Erweiterung**: - Derek Gregory erweitert Saids Ansatz, indem er die **Verknüpfung von Macht und Raum** hervorhebt. Orientalismus ist nicht nur eine Projektion des Orients, sondern auch ein Werkzeug, um den Westen selbst zu definieren. - Orientalismus wird als **universalisierender und differenzierender Diskurs** verstanden, der Machtverhältnisse verfestigt. **Kernidee:** Geographische Imaginationen, insbesondere der Orientalismus, sind keine objektiven Beschreibungen, sondern **kulturelle Konstruktionen**, die Macht, Raum und Identität formen. Die Forschung zielt darauf ab, diese **binären Kategorien und Essenzialisierungen** zu dekonstruieren und die **Hybriden und Verflechtungen** von Kulturen sichtbar zu machen. **Diskurs** 1. **Diskurs nach Foucault**: - Diskurs bezeichnet die Gesamtheit sprachlicher Äußerungen sowie deren **Ordnungsprinzipien**. - **Prozeduren des Diskurses**: - **Ausschließung**: Festlegung, was nicht gesagt werden darf (z. B. durch Verbote, Grenzziehungen, wahr/falsch). - **Verknappung**: Hierarchisierung, worüber gesprochen wird, und Einschränkung möglicher Aussagen. - **Sprechende Subjekte**: Festlegung, wer als kompetent gilt, am Diskurs teilzuhaben. 2. **Diskursanalyse**: - Untersucht, wie Diskurse unsere **Wahrnehmung und Handlungsfähigkeit** beeinflussen. - Fragt nach den Regeln, Kategorien und Objekten, die **soziale Wirklichkeit konstituieren**, sowie deren Veränderungen durch **Praktiken und Wiederholungen**. 3. **Diskurslandschaft und Stadtpolitik**: - Städte sind keine homogenen Diskursräume, sondern **Patchworks unterschiedlicher Lesarten** und Zuschreibungen. - Diskurse beeinflussen und formen städtische Großprojekte durch **rekursive Bezugnahmen** auf politische Narrative. 4. **Verknüpfung von Diskursen mit Macht**: - Diskurse sind eng mit **Machtverhältnissen** verbunden und durch **institutionelle Arrangements** sowie **Alltagspraktiken** sichtbar. - Sie bestimmen, welche Bedeutungen als **wahr oder gültig** anerkannt werden und wie soziale Kategorien reproduziert oder verändert werden. **Kernidee:** Diskurse sind **soziale Konstruktionen**, die durch sprachliche und nicht-sprachliche Zeichen, Machtverhältnisse und Praktiken geformt werden. Sie beeinflussen, was gesagt werden darf, von wem, und prägen dadurch unsere **soziale Wahrnehmung, Handlungen und Machtstrukturen.** **Konstitutives Außen** 1. **Konstitutives Außen**: - Identität entsteht **nicht aus einem inneren Kern**, sondern relational durch **Abgrenzung** zu einem äußeren „Anderen". - Dieses **„Andere"** ist notwendig für die eigene Identität und wird als **konstitutives Außen** bezeichnet. 2. **Rolle des Diskurses**: - Gesellschaftliche, nationale oder regionale Identitäten werden durch **diskursive Abgrenzung** geschaffen (z. B. Westen/Orient, Stadt/Land, Industrieländer/Entwicklungsländer). - Gegensätze können auch **implizit** bestehen und dadurch besonders wirkmächtig sein. 3. **Pauschalisierung des Außen**: - Das konstitutive Außen bleibt **vage und pauschal**, sagt mehr über die definierende Gruppe aus als über das „Andere". - Beispiel: Der **„Osten"** als Diskurskonstruktion westlicher Wissenschaften, der diverse Kulturen wie Indien, China und die muslimische Welt unter einem negativen Gegensatz zum Westen zusammenfasst. 4. **Identitätsbildung durch Abgrenzung**: - Kollektive Identitäten basieren nicht auf **gemeinsamen Eigenschaften**, sondern auf **gemeinsamer Distanzierung** von etwas anderem. - Diese Abgrenzung erfolgt durch **antagonistische Grenzen** im Diskurs. **Kernidee:** Nach **Laclau und Mouffe** entstehen kollektive Identitäten nicht durch innere Essenzen, sondern durch **diskursive Abgrenzungsprozesse** zu einem vage definierten „Anderen", das als **konstitutives Außen** unverzichtbar für die eigene Identität ist. **Leerer Signifikant** 1. **Logiken der Differenz und Äquivalenz**: - Kollektive Identität entsteht durch **Abgrenzung nach außen** (antagonistische Grenzen). - Innerhalb der Gruppe bestehen keine gemeinsamen Wesensmerkmale; ihre Gemeinsamkeit entsteht durch eine **Äquivalenzkette**, in der verschiedene Forderungen (demands) miteinander verknüpft werden. 2. **Leere Signifikanten**: - **Leere Signifikanten** repräsentieren die kollektive Identität, indem sie die Äquivalenzkette nach außen symbolisieren. - Sie sind absichtlich **bedeutungsentleert**, um möglichst viele heterogene Elemente der Kette zu vereinen. - Je mehr Elemente die Kette umfasst, desto unspezifischer wird der leere Signifikant. 3. **Hegemoniale Bedeutung**: - Leere Signifikanten sind Gegenstand hegemonialer Kämpfe, da sie immer wieder mit Bedeutung gefüllt werden müssen, um als Symbol der Gemeinschaft zu fungieren. 4. **Beispiel Tsaristisches Regime**: - **Forderungen (D1, D2, \...)** wie höhere Löhne oder Pressefreiheit sind inhaltlich unabhängig, werden jedoch durch ihre **anti-systemische Bedeutung** in einer Äquivalenzkette vereint. - Eine dieser Forderungen übernimmt die Rolle des **allgemeinen Repräsentanten** (z. B. D1), symbolisiert die gesamte Kette und repräsentiert die Opposition gegen das Regime. 5. **Universelle Repräsentation**: - Die Universalisierung von Forderungen erfolgt durch die **Äquivalenzkette**, wobei der leere Signifikant die **universelle Bedeutung** übernimmt. - Universelle Bedeutung ist daher immer **relational und diskursiv konstruiert**. **Kernidee:** Kollektive Identitäten basieren auf einer **gemeinsamen Abgrenzung** (antagonistische Grenzen) und der Schaffung von **Äquivalenzketten**, die durch **leere Signifikanten** repräsentiert werden. Diese Signifikanten sind hegemonial umkämpft und ermöglichen es, disparate Forderungen symbolisch zu vereinen und universelle Repräsentation zu schaffen. **Beispiel: Die diskursive Konstruk3on der Banlieuesals Gegenorte** 1. **Thema der Diskursanalyse**: - Untersuchung der Darstellung der **Banlieues** in französischen Medien, sowie in Reden von Staatspräsidenten und Ministern. 2. **These der Banlieues als konstitutives Außen**: - Die Banlieues fungieren als **„Gegenorte"** (Heterotopien), die alles verkörpern, was Frankreich nicht ist. - Sie werden als **konstitutives Außen** dargestellt, wodurch die Identität der **République** durch Abgrenzung definiert wird. 3. **Darstellung im Diskurs**: - Banlieues gelten als **Gefahr** für die Ordnung und Werte der französischen Gesellschaft. - Gleichzeitig werden sie als **„verlorene Territorien"** beschrieben, die zur République gehören und zurückerobert werden müssen. 4. **Paradoxer Diskurs**: - Die Rückeroberung der Banlieues wird durch die Differenzierung der „Anderen" legitimiert: - **Gefährliche Andere** sollen zurückgedrängt werden. - **Gefährdete Andere** sollen in die Werte der République