Summary

This document discusses the WTO dispute settlement system, covering its history, procedures, and characteristics. The document analyzes the functioning, challenges, and historical development of the process. It also includes details about different approaches to resolving disputes and decision-making within the WTO system.

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WTO-Streitbeilegung 18.12.24 In zwei Fällen (Sub-Regional Fisheries Commission (Case 21) und Climate Change* and International Law (Case 31)) hat der ISGH seine Zuständigkeit für Rechtsgutachten auf Grundlage eines Abkommens, dass die...

WTO-Streitbeilegung 18.12.24 In zwei Fällen (Sub-Regional Fisheries Commission (Case 21) und Climate Change* and International Law (Case 31)) hat der ISGH seine Zuständigkeit für Rechtsgutachten auf Grundlage eines Abkommens, dass die Zuständigkeit vorsieht, bejaht. Der neue BBNJ-Vertrag sieht ausdrücklich die Zuständigkeit des ISGH für Rechtsgutachten vor. [Art. 21 öffnung ] *Pflichten der Staaten über Meeresschutz zum Klimawandelbekämpfung WTO: [multilaterales Freihandelssystem] Handel, Dienstleistungen, geistiges Eigentum, Abkommen zu spezifischen Handelssektoren → funktioniert nicht immer → Krise…? [Sitz in Genf] Staaten machen zunehmend außerhalb der WTO bilaterale Abkommen [BITs] o. multilaterale Abkommen wie zw. EU & Kanada → Vorteil: individuelle Ausgestaltung & z.B. USA kann mehr bestimmen als stärkerer Akteur → asymmetrische Handelsverträge DE schließt keine Freihandelsverträge, weil Außenhandel als Kompetenz ganz an EU abgegeben ESPRESSO – Wie und von wem wird die WTO-Streitbeilegung blockiert? Es werden keine Richterposten mehr besetzt Sehr besonderes Streitbeilegungssystem [eheer wie Schiedsgerichtbarkeit]: auf 1. Ebene bestimmte Panels (z.B auch experten einsetzbar); 2. Instanz ein festehendes Gremium (Einstimmigkeit für Besetzung der Richter nötig) [Konsenserfordernis] → USA verweigert aktuell bei allen Vorschlägen → keine handlungsfähige 2. Instanz, da zu wenig Richter → Problem, wenn 2. Instanz fehlt: man hat Entscheidungen der 1. Ebene, aber wenn der unterlegende Staat Rechtsmittel einlegt (appeals) → Panel- Entscheidung erst vebindlich, wenn Rechtsmittel entschieden → so kann verhindert werden dass Panel Entscheidung wirksam wird… [USA will Reform… ] Merkmale der WTO - Streitbeilegung Der Streitbeilegungsmechanismus der WTO wird häufig wegen folgender Merkmale als einzigartig gesehen: Zeitlich effiziente Verfahren [IGH o. Bverf oft Fälle über Jahre…, hier knappe Fristen für schnelle Entscheidungen, damit nicht so große Beeinträchtigungen des Welthandels] Revisionsmechanismus [der grad nicht so funktioniert] Überwachung der Umsetzung der Entscheidungen [Strafzahlung z.b. möglich] Gegenmaßnahmen im Falle der Nichtumsetzung Zweistufiges Verfahren: [eher wie Schiedsgerichte] - Einsetzung eines Panels: immer ad hoc. - Besetzung nach entsprechender Expertise und Erfahrung - Regelmäßig drei Personen (Möglichkeit der Parteien fünft Mitglieder zu fordern) - Das Sekretariat schlägt die Personen vor [als neutrale Instanz] - Revisionsinstanz: Appellate Body - Besteht aus sieben Personen, die im Konsensverfahren von den WTO-Mitgliedern bestimmt werden Über 600 Streitigkeiten wurden bisher im Rahmen des WTO- Streitbeilegungsmechanismus behandelt: höchste Anzahl von Fällen eines internationalen „Gerichts“. Besonderheit: Ziel des Streitbeilegungsmechanismus ist nicht nur die bilaterale Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten, sondern die Bewahrung einer Balance von Rechten und Pflichten zwischen allen Mitgliedsstaaten der WTO [damit insgesamt ausgewogenes Handelssystem!] Damit haben die Verfahren eine objektiv-rechtliche Komponente, die über die inter partes Wirkung von Entscheidungen hinausgeht [nicht nur Auswirkungen für die Streitparteien → Fortentwicklung der Konvention über Einzelfälle hinaus] Historie und Entwicklung o Die Streitbeilegung war seit jeher elementarer Bestandteil der Welthandelsordnung nach dem 2. Weltkrieg. o Sie lässt sich bis zur Havana-Charta von 1948 und die Internationale Handelsorganisation zurückverfolgen. o Die Havana-Charta enthielt bereits ein System für freiwillige Schiedsgerichtsbarkeit, Handlungen des Vorstands, Empfehlungen und andere Maßnahmen, Anrufung der Konferenz der Mitgliedsstaaten und Gutachtenverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (Art. 95, 96 Havana-Charta). o Einseitige Maßnahmen der Mitgliedsstaaten waren jedoch nicht erlaubt (Art. 92 Havana-Charta). Bereits das GATT 1947 kannte – im Ergebnis – institutionalisierte Streitbeilegung. [vor WTO Gründung 1995] Diese wurde aber wegen des Konsenserfordernisses bei Entscheidungen, das die betroffene Partei einschloss, als wenig effektiv angesehen. [Annahme der Panel- Entscheidung auf beiden Seiten nötig] Art. XXII GATT 1947 verpflichtete zu Beratungen als Mittel der Streitbeilegungen. Art. XXIII GATT 1947 definierte zulässige Forderungen und bestimmte als ultimative Konsequenz für den Vertragsverstoß den Rücktritt vom Vertrag. Die Streitbeilegung oblag dem Hauptgremium, bestehend aus allen Vertragsparteien (Contracting Parties).[deswegen auch wenig effektiv…] Die Untersuchung des Streits und die Erarbeitung von Berichten dazu wurde zunächst den sogenannten Working Parties [kleinere Gruppe von Staaten] übertragen, bestehend aus Delegationen interessierter Mitgliedsstaaten. [→ kein geordnetes Verfahren, bei so einer Freiwilligkeit und fehledner Fristen] Dieses Vorgehen stellte sich als ineffektiv heraus, weshalb sog. Panels etabliert wurden. Diese Bezeichnung gibt es bis heute als erste Ebene der WTO- Streitbeilegung. Der Bericht des Panels musste unter dem GATT 1947, damit die Entscheidung wirksam wurde, von den Contracting Parties angenommen werden. [Regelungen des GATT wurde beibehalten da sonst effektiv] (P) Alle wichtigen Entscheidungen – auch die Annahme der Berichte – mussten konsensual durch die Vertragsstaaten getroffen werden, inklusive der Streitparteien im Einzelfall: damit konnten diese das Verfahren blockieren. Das Dispute Settlement Understanding (DSU) Im Jahr 1994 wurden die Gründungsabkommen für die WTO angenommen. Die Organisation besteht seit dem 1. Januar 1995. Neben dem GATT 1947/1994 besteht das multilaterale Freihandelssystem aus mehreren Abkommen zu verschiedenen Fragen, u.a. Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services 1994 - GATS), geistigem Eigentum (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights 1994 – TRIPS). Das Dispute Settlement Understanding (DSU) ist eines der „neuen“ WTO- Abkommen, das geschaffen wurde, um das wenig effektive Streitbeilegungssystem unter dem GATT 1947 zu reformieren. Das Dispute Settlement Understanding (DSU): Kernelemente des reformierten Systems unter dem DSU sind u.a.: Strikter Zeitrahmen für Streitbeilegungsmechanismen Einführung eines Revisionsverfahrens (Appellate Review) Einführung eines „negativen Konsenssystems“ [immer noch Beteiligung der contractor parties → Konsens für die Nichtannahme notwendig] Rechtsgrundlagen und Ziele der WTO-Streitbeilegung: [Sofortige Handlung wichtig für insgesamte Balance!] Neben dem Dispute Settlement Understanding enthalten auch die anderen Abkommen Bestimmungen zur Streitbeilegung: − Marrakesh Agreement − Art. XXII und XXIII GATT − Art. XXIII GATS − Art. 64 TRIPS Ziele: Die Sicherung von Rechten und gegenseitigen Erwartungen der Mitgliedsstaaten: Streitbeilegungsmechanismen kommen auch dann zum Tragen, wenn keine Vertragsverletzung im Raum steht sondern „nur“ frustrierte Erwartungen [weniger als Vertragssbruch → meiste Fälle trz. Vertragsverletzungen: häufig wegen Maßnahmen gleicher Wirkung] Bewahrung der Integrität der Rechtsnormen aus einem gemeinsamen Interesse heraus: Art. 3 (2) DSU macht die objektive und systemische Funktion der Streitbeilegung über das Interesse an der Beilegung spezifischer Streitigkeiten hinaus deutlich Klarstellungsfunktion für die Rechtsnormen der WTO-Ordnung An der Streitbeilegung beteiligte Institutionen - General Council - Panel - Appellate Body - WTO-Sekretariat und Appellate Body Sekretariat Verfahrensschritte: [→ strikte Regelung] 1. Beratung (Consultation) o Muss von einem Mitglied ggü. einem anderen Mitglied schriftlich gefordert werden (Art. XXII GATT, Art. 4 DSU) o Strenge Zeitfenster: Stellungnahme auf die erste Anfrage innerhalb von 10 Tagen [sehr schnell…]; Beginn der Beratungen innerhalb von 30 Tagen; Beilegung des Streits innerhalb von 60 Tagen, andernfalls kann der Beschwerdeführer ein Panel beantragen 2. Panel (Panel werden ad hoc und einzelfallbezogen eingesetzt) o Verfahren geregelt in Art. 12 DSU, und Anhang 3 zum DSU; mit vorgesehenen Zeitfenstern o Schriftliches Verfahren (Antrag, schriftliche Stellungnahme der Parteien) o „Diskussionsphase“ – auch unter Beteiligung von Dritten, zwei „Runden“ o Veröffentlichung des deskriptiven Teils des Berichts und Möglichkeit zur Kommentierung (interim review stage, Art. 15 DSU) o Veröffentlichung des endgültigen Berichts gegenüber den Streitparteien mit Gelegenheit zur Stellungnahme o Veröffentlichung gegenüber allen Mitgliedern des Streitbeilegungsmechanismus o Inkrafttreten 60 Tage nach Veröffentlichung, sofern kein Revisionsverfahren eingeleitet wurde oder der Bericht mit einer Konsensentscheidung abgelehnt wurde 3. Revisionsverfahren (Appellate Review): der Appellate Body ist im Gegensatz zu den Panels ein „fest eingerichtetes“ Gremium o Betrifft nur Rechtsfragen, nicht die Tatsachengrundlage o Innerhalb von 60 Tagen nach Veröffentlichung des Berichts kann jede Streitpartei das Revisionsverfahren mit einer Mitteilung einleiten o Innerhalb von 10 Tagen nach Einreichung dieser Mitteilung muss eine schriftliche Stellungnahme eingereicht werden, aus der der präzise Grund für das Verfahren, insbesondere die vorgebrachten Rechtsirrtümer des Panel dargestellt werden o Das Verfahren soll 60 Tage ab dem Zeitpunkt der Mitteilung nicht überschreiten 4. Umsetzung o Art. 21(1), (3): Mitgliedsstaaten sollen Empfehlungen und Entscheidungen grundsätzlich sofort umsetzen. o Art. 21 (3) (b) DSU: Mitgliedsstaaten haben eine angemessene Zeit zur Umsetzung, falls eine sofortige Umsetzung nicht möglich ist. [dauert ein wenig, wenn erst nationale Rechtsgrundlage aufgehoben werden muss…] 5. Gegenmaßnahmen o Zu unterscheiden von dem Begriff der Gegenmaßnahmen in den ILC Draft Articles on State Responsibility: Englisch retaliation measures vs. countermeasures. [Draft weg…?] o Die Besonderheit im Vergleich zu anderen Streitbeilegungsinstitutionen ist, dass die Durchsetzung durch Gegenmaßnahmen ausdrücklich vorgesehen ist [sonst steht das nicht im Staut…] o Wenn Empfehlungen oder Entscheidungen nicht innerhalb einer angemessenen Frist umgesetzt wird, sieht Art. 22 DSU Kompensation und die Suspendierung von Konzessionen vor. o Zwei Funktionen: Befördert die Umsetzung und kann daher als Durchsetzungsmechanismus gesehen werden – das bewahrt die Balance der Verpflichtungen innerhalb des Welthandelssystems. o (P) Die Suspension von Konzessionen ist aus ökonomischer Perspektive nicht immer sinnvoll: Diese Maßnahmen betrifft auch den Staat, der sie ergreift, negativ. Gegenwärtige Herausforderungen Die Berücksichtigung von Nicht-WTO-Völkerrecht, u.a. Abkommen zum multilateralen Umweltschutz oder Menschenrechtsverträge, bleibt umstritten. [möglicher Hebel für Miteinbeziehung: Mitbewertung ökonom. Vorteile & Auslegung der Begriffe im Lichte bestimmter Umweltverträge → über Art. 20 Gatt b) & g) → Kritik es müsste breiter sein und nicht nur über Ausnahmen…] Politisch: Blockade der Neubesetzung des Appellate Body durch die USA und damit „Lähmung“ eines ursprünglich effektiven Systems. o Kritik der USA: Übermäßige Ausweitung der Befugnisse; fehlende Einhaltung von Deadlines; Inbezugnahmen von Präzedenzfällen, obwohl dies (z.B. im Rahmen eines stare decisis-Grundsatzes) nicht vorgesehen ist. Derzeit ist der Appellate Body nicht handlungsfähig, so dass keine Revisionsinstanz besteht und Panel-Berichte nicht wirksam angefochten werden können Multi-Party Interim Appeal Arrangement (MPIA) [als Lösung für die Blockade…] Das MPIA dient dem Zweck, den gegenwärtigen Stillstand zu überwinden. Nicht alle WTO-Mitglieder nutzen den MPIA: 27 Staaten haben sich angeschlossen. Bisher sind zwei Streitigkeiten durch diesen Mechanismus abgeschlossen worden. https://wtoplurilaterals.info/plural_initiative/the-mpia/ Literatur: Marc Losewitz, Das WTO Dispute Settlement System in der Krise, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 165, 2019

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