Wirtschaftssoziologie Folien PDF
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Prof. Dr. Natascha Nisic
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These lecture notes cover topics in economics and sociology. The focus is on game theory and its application to the study of trust and social order. The document discusses social order as a central concept in sociology, emphasizing the role of trust and cooperation in economic interactions.
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Bildquelle: siehe Folie 4, Sitzung 2 B.A. SOZIOLOGIE: MODUL "GEGENSTANDSBEZOGENE SOZIOLOGIEN“ EINFÜHRUNG IN DIE WIRTSCHAFTSSOZIOLOGIE SITZUNG 10: ÖKONOMIE & VERTRAUEN AUS SPIELTHEORETISCHER PERSPEKTIVE aktuell: digitale Veranstaltung PROF. DR. NATASCHA NISIC Wieder...
Bildquelle: siehe Folie 4, Sitzung 2 B.A. SOZIOLOGIE: MODUL "GEGENSTANDSBEZOGENE SOZIOLOGIEN“ EINFÜHRUNG IN DIE WIRTSCHAFTSSOZIOLOGIE SITZUNG 10: ÖKONOMIE & VERTRAUEN AUS SPIELTHEORETISCHER PERSPEKTIVE aktuell: digitale Veranstaltung PROF. DR. NATASCHA NISIC Wiederholung: Soziale Ordnung und wirtschaftliche Ordnung Soziale Ordnung als Bezugsproblem der Soziologie und Wirtschaftssoziologie − Uionelle und kulturelle Einbettung, Einbettung in soziale Beziehungen Problem sozialer Ordnung als − Koordinations-, Kooperations- und Anreizproblem: wann und unter welchen Bedingungen findet eine Anpassung und Abstimmung der Akteure statt − Problem von Kontingenz und Komplexität = Wie kommt es unter Bedingungen der stets vorhandenen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten und der damit verbundenen prinzipiellen Unsicherheiten zu sozialer Ordnung (=Erwartbarkeit, Kooperation, Koordination) Heute: spieltheoretische Vertiefung und Systematisierung des Ordnungsproblems als Vertrauensproblem 2 Vertrauen – aus wirtschaftssoziologischer und spieltheoretischer Perspektive Vertrauen als Basiselement sozialer Ordnung - Hobbesches Problem sozialer Ordnung als Vertrauensproblemationsprobleme Vertrauen als „sozialer Kitt“ und „Schmiermittel des Sozialen“ührt zu „kollektiv optimalen“ Ergebnissen und Wohlfahrtsgewinnen führt. Beispiele: Markttausch, Arbeitsbeziehungen, Arbeitsteilung im Haushalt, Börsenkrise, Doping im Sport, Umweltschutz, Fluchtpaniken, ausbleibende Revolutionen, Wettrüsten Determinanten von Vertrauensproblemen in der Wirtschaft − Dyadische Beziehungen - Zeitliche Asymmetrie der Handlungen der Interaktionspartner - Unvollständige Informationen (über Motive, Qualität der Güter, Arbeitsleistung etc.) - Unsicherheit über zukünftige Ereignisse und Entwicklungen (Unvorhersehbarkeit) Unvollständige Verträge als Normalfall Gefahr des Abbruchs und Nichtzustandekommen von Austauschbeziehungen Zentrale Frage: Wann treten Vertrauensprobleme auf und wie werden sie „gelöst“? → Spieltheorie als Instrument zur Analyse von Vertrauensproblemen „Soziologie…soll heißen: eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will…‘Soziales“ Handeln…soll ein solches Handelns heißen, welches von seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Spieltheorie Verhalten andere bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist“ (Weber 1976:1; zitiert nach Raub & Buskens (2006); Hervorhebungen von Raub & Buskens) Rational-Choice Theorie Anwendungsbereich: „sinnhaft aufeinander bezogenes soziales Handeln“ (Max Weber) = Situationen strategischer Interdependenz (SSI) − Interdependenz: Entscheidungen und Handlungsfolgen eines Akteurs haben Auswirkungen auf andere Akteure. − Strategisch: Akteure wissen von dieser Interpendenz und berücksichtigen dies bei ihren eigenen Handlungsentscheidungen. Spieltheorie liefert Annahmen, Konzepte, Theoreme, wie sich rationale Akteure in solchen Situationen verhalten → anhand Metapher des Spiels Soziologische Relevanz: Instrument zur Analyse sozialer Bedingungen und sozialer Konsequenzen des Handelns (soziale Bedingungen häufig durch Interdependenzen gekennzeichnet) „Lösung“ des Spiels beschreibt gleichzeitig soziale Konsequenzen interdependenten Handelns, nämlich kollektive Effekte, wie z.B. (Sub-)Optimalität, die auch zentrale Explananda in der soziologischen Theorie sind → Durch klare Hypothesenableitung Verbindung von Theorie und empirischer Forschung → Überwindung der Kritik an der RC Theorie, dass Akteure „atomisiert“ handeln Exkurs: Strategische Interdependenz und doppelte Kontingenz Strategische Interpendenz „Es entsteht das Problem, dass rationale Akteure Erwartungen bilden müssen, über das Verhalten anderer Akteure, deren Verhalten selbst abhängt von ihren Erwartungen…“ (Raub & Buskens:564) Doppelte Kontingenz − kontingent = offen, auch anders möglich (z.B. menschliches Handeln) − Doppelte Kontingenz entsteht, wenn Handlungen zweier Interaktionspartner wechselseitig von den vom jeweils anderen ausgewählten Handlungsalternativen abhängig sind → Prinzip: Ich tue das, was du willst, wenn du tust, was ich will → Problem: wer fängt an? Doppelte Kontingenz/ Strategische Interdependenz: Der Wechselprozess zwischen den Erwartungen der teilhabenden Akteure, die sich indirekt aneinander ausrichten und jeweils auch anders sein könnten Das „Gefangenendilemma“ Klassisches Beispiel der Spieltheorie: Veranschaulicht wie Vertrauensprobleme in Situationen strategischer Interpendenz zu suboptimalen kollektiven Ergebnissen führen Ausgangssituation: Zwei Gefangene werden eines gemeinsamen Verbrechens beschuldigt. Dieses Verbrechen haben die beiden auch tatsächlich begangen, aber die Beweise fehlen, es gibt nur Indizien. Nun werden beide Gefangenen getrennt voneinander verhört und es wird ihnen ein Deal vorgeschlagen: − Gestehen beide Gefangenen das Verbrechen, bekommen beide 4 Jahre Haft. − Gesteht ein Gefangener und der andere schweigt, so bekommt der Geständige eine Haftstrafe von 1 Jahr. Derjenige, der schweigt, bekommt allerdings 5 Jahre Haft. − Schweigen beide Gefangenen, erhalten sie wegen geringfügigerer Delikte, wie z. B. unerlaubten Waffenbesitzes, 2 Jahre Haft. Die Entscheidung müssen die beiden Spieler alleine, völlig unabhängig voneinander treffen → nicht-kooperatives Spiel: keine verbindlichen Absprachen möglich 6 7 Zentrale Frage der Spieltheorie: Wie werden sich die Gefangenen entscheiden? Welches Ergebnis ist wahrscheinlich? Quelle: https://wwwdid.mathematik.tu-darmstadt.de/amustud/amu_stud_website/spieltheorie/schueler/einheit1.html Basics der Spieltheorie Welche Handlungen/Entscheidungen wählen Akteure in strategisch interdependenten Situationen? Spieltheoretische Analyse des Gefangenendilemmas: Suche nach „besten Antworten“ und „dominanten Strategien“ Annahme: rationale Akteure (Spieler), die ihren Nutzen maximieren wollen Betrachtung der Auszahlung: Nutzenwerte der Spielausgänge (Situationen) für die einzelnen Spieler Strategie: vollständiger Verhaltensplan eines Spielers. Exakte Handlungsvorschrift für jede Situation, in die der Spieler kommen kann. beste Antwort: Strategie, die zur höchstmöglichen Auszahlung führt, die der Spieler, gegeben das Verhalten der Gegenspieler, erreichen kann. Dominante Strategie: Strategie, die zur höchstmöglichen Auszahlung führt, egal was der andere Spieler macht (nicht immer vorhanden) Nash-Gleichgewicht: Strategiekombination „bester Antworten“ bei der kein Spieler einen Anreiz hat, als einziger von seiner Strategie abzuweichen; zentrales Lösungskonzept der nicht-kooperativen Spieltheorie. Kombination dominanter Strategien ist immer ein Nash-Gleichgewicht. Spiel kann auch mehrere Nash-Gleichgewichte haben → Nash-Gleichgewicht ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Lösung eines Spiels Arten von Spielen und Darstellung Kooperative und nicht-kooperative Spieltheorie − Nicht-kooperative Spieltheorie: keine bindenden Vereinbarungen möglich (z.B Gefangenendilemma) Einmalige (single-shot) und iterierte (wiederholte) Spiele Nullsummen vs. Nichtnullsummen-Spiele etc. verschiedene Spieltypen (Gefangenendilemma, Diktatorgame, Chickengame) die unterschiedliche Ausgangs- und Auszahlungssituationen beschreiben. Darstellung als Normalform oder in extensiver Form − Extensive Form: Darstellung als Entscheidungsbaum − Normalform: Darstellungsform, bei der alle Strategien aller Spieler einander gegenübergestellt sind, sodass in einer Art Tabelle die Spielausgänge für alle Strategienkombinationen abzulesen sind Gefangenendilemma – extensive Form (Entscheidungsbaum) Auszahlung (hier Gefängnisjahre) GEFANGENER B schweigen (2 J/ 2. J) schweigen GEFANGENER A gestehen (5 J./ 1. J) schweigen (1 J./ 5. J) gestehen gestehen (4 J./ 4. J) Gefangenendilemma - Normalform Auszahlungsmatrix GEFANGENER B schweigen gestehen 2 schweigen 2 Jahre 0 Jahre GEFANGENER A 2 Jahre 5 Jahre gestehen 5 Jahre 4 Jahre 0 Jahre 4 Jahre Weil das Ergebnis der Handlung eines Gefangenen auch vom Handeln des anderen abhängt und es aber Erwartungsunsicherheit über das Handeln des anderen gibt, erreichen beide das schlechteste Ergebnis (das vermutlich beide nicht wollten) → „Soziales Dilemma“ (soziale Zwickmühle) Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 1. Schritt: Ermitteln der jeweils besten Antwort für jeden Spieler GEFANGENER B schweigen gestehen 2 schweigen GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 5 Jahre gestehen 5 Jahre 4 Jahre 1 Jahr 4 Jahre Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 1. Schritt: Ermitteln der jeweils besten Antwort für jeden Spieler GEFANGENER B schweigen gestehen 2 Wenn Spieler A schweigen schweigt: GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr Beste Antwort für 2 Jahre 5 Jahre Spieler B= gestehen gestehen 5 Jahre 4 Jahre 1 Jahr 4 Jahre Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 1. Schritt: Ermitteln der jeweils besten Antwort für jeden Spieler GEFANGENER B schweigen gestehen 2 Wenn Spieler A schweigen schweigt: GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr Beste Antwort für 2 Jahre 5 Jahre Spieler B= gestehen Wenn Spieler A gestehen 5 Jahre 4 Jahre gesteht: 1 Jahr 4 Jahre Beste Antwort für Spieler B= gestehen Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 2. Schritt: Ermitteln der dominanten Strategie GEFANGENER B schweigen gestehen 2 Wenn Spieler A schweigen schweigt: GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr Beste Antwort für 2 Jahre 5 Jahre Spieler B= gestehen Wenn Spieler A gestehen 5 Jahre 4 Jahre gesteht: 1 Jahr 4 Jahre Beste Antwort für Spieler B= gestehen Dominante Strategie für Spieler B: ist somit „gestehen“; egal was A macht, es ist immer besser für Spieler B zu gestehen; Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 1. Schritt: Ermitteln der jeweils besten Antwort für jeden Spieler GEFANGENER B schweigen gestehen 2 schweigen GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 5 Jahre gestehen 5 Jahre 4 Jahre 1 Jahr 4 Jahre Wenn Spieler B schweigt: Beste Antwort für Spieler A= gestehen Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 1. Schritt: Ermitteln der jeweils besten Antwort für jeden Spieler GEFANGENER B schweigen gestehen 2 schweigen GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 5 Jahre gestehen 5 Jahre 4 Jahre 1 Jahr 4 Jahre Wenn Spieler B Wenn Spieler B schweigt: gesteht: Beste Antwort für Beste Antwort für Spieler A= gestehen Spieler A= gestehen Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 2. Schritt: Ermitteln der dominanten Strategie für Spieler B GEFANGENER B schweigen gestehen 2 Dominante schweigen GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr Strategie für 2 Jahre 5 Jahre Spieler A ist somit auch „gestehen“; egal was b macht, es ist gestehen 5 Jahre 4 Jahre immer besser für 1 Jahr 4 Jahre Spieler A zu gestehen; Wenn Spieler B Wenn Spieler B schweigt: gesteht: Beste Antwort für Beste Antwort für Spieler A= gestehen Spieler A= gestehen Der Weg zur „Lösung“: Bestimmung dominanter Strategien und des Nash-Gleichgewichts 3. Schritt: Nash-Gleichgewicht GEFANGENER B schweigen gestehen 2 schweigen GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 5 Jahre gestehen 5 Jahre 4 Jahre 1 Jahr 4 Jahre Die Kombination der beiden jeweils dominanten Strategien führt zum Nash-Gleichgewicht: Gestehen/gestehen Gefangenendilemma als soziales Dilemma individuelle Rationalität und kollektives Ergebnis GEFANGENER B schweigen gestehen 2 schweigen GEFANGENER A 2 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 5 Jahre gestehen 5 Jahre 4 Jahre 1 Jahr 4 Jahre Individuell beste Strategie führt zu kollektiv suboptimalen, schlechtestem Ergebnis !!! → Soziales Dilemma Der Markttausch als Gefangenendilemma (z.B. Ebay) Kooperieren: V: Ware in angegebener Qualität pünktlich liefern, K: pünktlich und vollständig zahlen Defektieren: V: gar nicht oder schlechte Qualität liefern, K: nicht, spät oder weniger bezahlen Käufer kooperieren defektieren kooperieren 2 4 6 Verkäufer 4 -2 defektieren -2 0 6 0 Beide Partner antizipieren, dass der jeweils andere defektier (Nash- Gleichgewicht) → Tausch kommt nicht zustande Das „elementare“ Vertrauensspiel als Gefangenendilemma TREUHÄNDER Vertrauen honorieren missbrauchen 2 geben 4 6 TREUGEBER 4 -2 Vertrauen verweigern -2 0 „Krieg aller gegen alle“ 6 0 Paradigmatisch für Problem „sozialer Ordnung“ Das „elementare“ Vertrauensspiel als Gefangenendilemma TREUHÄNDER Vertrauen honorieren missbrauchen 2 geben 4 5 TREUGEBER 4 1 Vertrauen verweigern 1 2 5 2 Paradigmatisch für Problem „sozialer Ordnung“ z.B. Doping im Sport, Wettrüsten, Fluchtpanik…. - Trittbrettfahren hat ähnliche Struktur (z.B. Umweltschutz, öffentliche Güter) → n- Personen Gefangenendilemma Exkurs: Vertrauen Gambetta: „a particular level of subjective probability with which an agent assesses that another agent or group of agents will perform a particular action.“ (1988: 217) Coleman: Wette über zukünftige kontingente Handlungen anderer: „a bet about the future contingent actions of others” (1990: 99) Luhmann: Vertrauen als Mechanismus der Reduktion von sozialer Komplexität. Problem des Vertrauens als Problem der riskanten Vorleistung (2014: 30, 5. Auflage) Vertrauensspiele Determinanten des Vertrauensproblems Elementares Vertrauensspiel (Referenzmodell) − Isoliertes Spiel: Keine soziale Einbettung, keine Vergangenheit und keine Zukunft − Kein Vertrauen entsteht (siehe Gefangenendilemma) Unvollständige Information − Bedeutung von Unsicherheit und Informationen bei Entscheidung − Vertrauen hängt mit Risiko zusammen, d.h. mit Verhältnis von möglichen Gewinnen und Verlusten; nimmt mit höherem Risiko ab Wiederholte Spiele − Bedeutung der Vergangenheit und Zukunft (Schatten der Vergangenheit, Schatten der Zukunft) − ermöglicht Lern- und Kontrolleffekte (=bedingte Vergabe von Vertrauen) − Kooperation (kein Vertrauensmissbrauch), wenn „Schatten der Zukunft“ im Vergleich zu kurzfristigem Anreiz Vertrauen zu missbrauchen größer Soziale Bedingungen des Vertrauens Institutionelle Einbettung − Veränderung der äußeren Anreize, dass Vertrauensmissbrauch nicht mehr lohnt − Institutionen, die Akteure selbst zum Schutz erschaffen (Selbstbindung), z.B. Pfand, Vorleistung/Kaution, negative Geheimnisse − Institutionen, die von außen zur Verfügung stehen: Kontroll- und Sanktionsinstanzen, Garantien („Zwang“) − Kulturelle Einbettung: informelle Normen und Kultur: innerer und äußerer Zwang − z.B. der „ehrbare Kaufmann“ o Aber: wie Einbettung in soziale Beziehungen (z.B. Netzwerke, Dyaden) − Lerneffekte durch „Schatten der Vergangenheit“: lernen aus vergangenem Verhalten des Tauschpartners − Kontrolleffekte durch „Schatten der Zukunft“: zukünftige Tauschvorgänge unterbinden bei nicht-kooperativem Verhalten − Soziale Netzwerke: soziale Reputation (vereint Lernen und Kontrolle) → Endogene Stabilisierung von Kooperationsbeziehungen (selbstregulierend) (Positive) soziale Folgen des Vertrauens Vertrauen als „Schmiermittel“ für die Effizienz sozialer Situationen − z.B. Vollständige und explizite Verträge sowie Saktionen, Kontrollen als „Vertrauensersatz“ viel zu kostspielig − senkt Transaktionskosten − Schafft Kooperationsvorteile im ökonomischen und sozialen Tausch → Wohlfahrtsgewinne Vertrauen als „sozialer Kitt“ − Integration und Zusammenhalt einer Gesellschaft − Systemvertrauen: basiert auf positiven Erfahrungen mit Sozialsystemen (Staat, Geld, Justiz, Verfahren) Empirisches Beispiel: Vertrauen und Reputations-Effekte in Internetaktionen (Diekmann/Wyder 2002) Ausgangspunkt: Internetauktionen als Gefangenendilemma/Vertrauensspiel: anonyme Tausch- partner handeln mit hoher Wahrscheinlichkeit opportunistisch und Markt wird daher kollabieren These: Bewertungssystem ersetzt soziale Einbettung und ermöglicht Lern- und Kontrolleffekte → Reputation stabilisiert den Markt → Hypothese: Es lohnt sich für Verkäufer in Reputation zu investieren→ Reputationsprämien Abhängige Variable: Erzielter Preis in CHF (OLS-Regression) Ergebnis: Verkäufer mit guter Reputation (=Anzahl (positiver) Bewertungen) können höhere Preise verlangen → Reputationsprämie Das sollten Sie können… In welchen Situationen werden spieltheoretische Überlegungen angewendet? Was kennzeichnet Situationen strategischer Interdependenz? Was ist charakteristisch für Situationen, die die Struktur eines Gefangenendilemmas haben? → Stichworte: individuelle und kollektive Rationalität, soziales Dilemma → Beispiele nennen → Auszahlungsmatrix konstruieren Soziale Bedingungen des Vertrauens und zur Lösung von Gefangenendilemma- Situationen Soziale Folgen des Vertrauens nennen Literatur Abels H. (2019): Soziale Ordnung oder: Wie ist Gesellschaft möglich?. In: Einführung in die Soziologie. Studientexte zur Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. Braun, N., Keuschnigg, M., Wolbring, T. (2012): Wirtschaftssoziologie I: Anwendungen: Oldenbourg Wissenschaftsverlag. S.17-57. → nur relevante Unterkapitel *Diekmann, A., & Wyder, D. (2002). Vertrauen und Reputationseffekte bei Internet-Auktionen. KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 54(4), 674-693. *Raub, Werner, and Vincent Buskens. (2006): "Spieltheoretische Modellierungen und empirische Anwendungen in der Soziologie." Methoden der Sozialforschung. Sonderheft 44: 560-598. *Swedberg, R. (2003): Grundlagen der Wirtschaftssoziologie. Hrsg. und eingeleitet v. Andrea Maurer. Amerik. Orig. Voss, T. (1985): 2. Das Markt-Modell der sozialen Ordnung und soziale Institutionen. In: Rationale Akteure und soziale Institutionen. Berlin, Boston: De Gruyter. S. 37-70 * zur Nachbearbeitung empfohlen 30 Themen der Vorlesung 1. 4.11. Einführung I GRUNDLAGEN 2. 11.11. Das „Problem sozialer Ordnung“ als Ausgangspunkt & klassische Zugänge der Wirtschaftssoziologie 3. 18.11. Ökonomik – Soziologie – (neue) Wirtschaftssoziologie: soziale, institutionelle, kulturelle Einbettung II ÖKONOMISCHE INSTITUTIONEN 4. 25.11. Fundamentale Wirtschaftsformen – erwidern, umverteilen, tauschen 5. 02.12. Märkte – vom Marktmodell sozialer Ordnung zur sozialen Ordnung der Märkte 6. 09.12. Unternehmen – wozu überhaupt? warum? seit wann? 7. 16.12. Arbeitsmärkte – warum arbeiten die Arbeiter? 8. 06.01. Haushaltsökonomie und Sorgearbeit – Wirtschaft, Geschlecht und Emotionen III ÖKONOMIE, VERTRAUEN, KULTUR, SOZIALE UNGLEICHHEIT 9. 13.01. Ökonomie und Vertrauen – ein „Schmiermittel“ ohne Gleichen… 10. 20.01. Ökonomie, Kultur und Konsum – Geld stinkt nicht, oder doch? 11. 27.01. Wirtschaftliche Entwicklung und soziale Ungleichheit – waking up on the wrong side of capitalism? 12. 03.02. Die institutionelle Strukturierung von Marktökonomien – Varieties of Capitalism 13. 10.02. Abschlusssitzung und Klausurbesprechung