Sexualitäten, queere Geschichte, trans*historische Perspektiven PDF

Summary

Die Datei ist eine Zusammenfassung von sexualitäten, queere Geschichte und trans*historische Perspektiven. Sie behandelt kritisch die Heteronormativität und stellt die Geschichte von Sexualitäten in Frage. Der Text behandelt ausserdem Themen wie die Sichtbarmachung nicht-heterosexueller Formen des Begehrens, Dekonstruktion der Sexualitäts-Binärkategorien. Die Queer Theory wird auch thematisiert und deren Kritik an der Identitätspolitik. Dieser Text ist ein akademischer Essay und kein Quiz.

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J. Sexualitäten, queere Geschichte, trans*historische Perspektiven 1. Kritik der Heteronormativität und die Geschichte der Sexualitäten Sexualität(en) historisieren Mit der Historisierung von Geschlechterverhältnissen findet auch eine Historisierung von Sexualität statt. Durch...

J. Sexualitäten, queere Geschichte, trans*historische Perspektiven 1. Kritik der Heteronormativität und die Geschichte der Sexualitäten Sexualität(en) historisieren Mit der Historisierung von Geschlechterverhältnissen findet auch eine Historisierung von Sexualität statt. Durch Michel Foucault wird Sexualität zum Forschungsthema. Er eröffnet die Historisierung und wissenschaftliche Bearbeitung mit seinen vier Bänden Sexualität und Wahrheit. In diesen analysiert er Veränderungen in der Sexualität in westlichem Kontext. Es lässt sich also zeigen, dass Sexualität sich historisch verändert, was ein kritischen Potenzial aufweist. Infragestellung der heterosexuellen Norm Foucault stellt zwei grundlegende Thesen auf: Zum einen die Entnaturalisierung der Sexualität, was sie als sozial und somit historisch erfassbar begreift. Und zum Anderen die Dekonstruktion der Repressionstheorie. Diese ging davon aus, dass Sexualität im westlichen Kontext unterdrückt wurde durch die herrschenden Normen. Foucault kann dahingegen zeigen, dass es komplizierter ist. Denn das Reden über Sexualität würde die Sexualität als solche hervorbringen und stellt gleichzeitig einen Machtmechanismus dar. Sexualität ist also eine Machmechanismus, der Sexualität hervorbringt und gleichzeitig beschränkt. Sichtbarmachung nichtheterosexuellen Formen des Begehrens Durch die Historisierung folgen die Infragestellung der Heterosexualität und die Nicht-Essentialisierung der Homosexualität. Bisher wurde Homosexualität naturwissenschaftlich als das dritte Geschlecht zu einer ganz eigenen Kategorie außerhalb der Sexualität betrachtet. Somit ist durch die Historisierung von Sexualität das erste mal eine Sichtbarmachung der Homosexualität als Sexualität möglich. Dekonstruktion der Binarität zwischen Homo- und Heterosexualität Foucault stellt nämlich die Natürlichkeit infrage, stellt also das dritte Geschlecht infrage. Es kommt also zu einer Dekonstruktion der Norm von zwei Seiten: zum einen gibt es feministische Forschung, die sich mit Geschlechterverhältnissen auseinandersetzt, und zum Anderen die Historisierung der Sexualität. So wird die Binarität von Homo- und Heterosexualität als Machtdiskurs sichtbar, in dem Hetero als gut und Homo als schlecht gilt. Sexuelle Liberalisierung, lesbische und schwule Bewegung Parallel zur Historisierung gibt es Bewegungen zur sexuellen Liberalisierung und Frauenbewegungen und die Befreiung der lesbischen und schwulen Menschen in den 1960er Jahren, die sich gegen die Diskriminierung von Homosexualität einsetzen. In Österreich ist bis 1971 jede homosexuelle Handlung verboten und ein Straftatbestand. Danach herrschen immer noch diskriminierende Regelungen, wie das Schutzalter, das höher lag, als das für Heterosexualität, ein Werbungsverbot, das Vereine in Bedrängnis brachte und eine generelle Benachteiligung gegenüber Heterosexuellen. 2005 gelang ein Meilenstein: Nun wurden auch homosexuelle Opfer des NS-Regimes aufgenommen in das Fürsorgegesetz. Außerdem folgt 2019 die Ehe für alle. So wie die Frauenbewegungen, ist auch die Schwulenbewegung international vernetzt, auch wenn oft geheim. Pride als Begriff verweist auf das aus diesem Versteck kommen und stolz sein. Das ist eine Veränderung im Bezug zu sich aber auch zur Gesellschaft, es kommt zur Identitätspolitik. 47 Kritik der Identitätspolitik Die Identitätspolitik wurde von queeren Menschen selbst aber auch von Theoretiker*innen problematisiert. Teresa de Laurentis zum Beispiel möchte in der Queer Theory mehrere Diskussionsstränge verbinden und so gegen die Identitätspolitik wirken. De Laurentis kritisiert die Kernkategorien aus politischen Kämpfen wie Frau oder schwul, weil die immer wieder als natürlich rekonstruiert werden, was sie Reinfizierung nennt. Durch das über diese Kategorien reden wird eine unveränderliche Wirklichkeit suggeriert, statt einer veränderlichen Wirklichkeit. Sie fragt also, welche Theorien es geben kann, ohne die Kategorien herzustellen und kommt auf die Queer Theory. 2. Queer Studies, Queer Theory Nach der Identitätspolitik: queer als umbrella term Der abwertende Begriff queer wird von Schwulen abgelehnt, weil er so etwas wie nicht richtig oder daneben bedeutete. Den offenen Gehalt des Begriffs fanden Theoretiker*innen allerdings hilfreich, weil es ein dazwischen zulässt. In den 1990ern wird der Begriff dann vermehrt von Theoretiker*innen benutzt, wodurch die Widersprüche und Spannungen der Identitätspolitik überkommen werden. In den Kategorien, die sich auf eine einzelne Differenz beziehen können querliegende Probleme nicht sichtbar werden, durch den inklusiven Begriff queer werden mehrere Sexualitäten möglich. Andere Ausformulierungen wie LGBTQI+ usw. bringen zwar Vielfalt aber auch simpel neu konstruierte Kategorien und vor allem die Addition ist problematisch. Es wird also ein wichtiger Widerspruch deutlich: Während die Sichtbarkeit von Differenz notwendig ist, ist das Ziel die Gleichheit. Queer Studies als produktive Erweiterung der Gay und Lesbian Studies und feministischer Ansätze Queer Studies entwickeln sich parallel zu Veränderungen in politischen Bewegungen. Sie erweitern sich gegenseitig produktiv und ermöglichen eine größere Offenheit. Queer Theory: macht -und normalitätskritische Perspektiven Aufgrund der Dekonstruktion essentialisierender Geschlechterkonzepte kommt es in der Queer Theory zu macht- und normalitätskritischen Perspektiven. „Queer Theory analysiert Heterosexualität und rigide Zweigeschlechtlichkeit als kulturelle Konstruktionen und soziale Verhältnisse. Sie theoretisiert nichtnormative Sexualitäten und Geschlechter und untersucht deren Regulierung und Widerstände in kapitalistischen und nationalstaatlich verfassten Gesellschaften, aber auch im Kontext von Transnationalität und (Neo-)Kolonialität. Sexuelle und geschlechtliche Kategorien und Verhältnisse werden hierbei zumeist nicht isoliert, sondern in ihrer wechselseitigen Konstitution mit anderen hierarchisierten Differenzen entlang von Race, Klasse und Dis/Ability betrachtet.“ Mike Laufenberg, Queer Theory: identitäts- und machtkritische Perspektiven auf Sexualität und Geschlecht, in: Beate Kortendiek, Birgit Riegraf und Katja Sabisch (Hg.), Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung, Springer Fachmedien Wiesbaden 2017, 331-340 Im Zitat ist die Nähe der Queer Theory zur Intersektionalität gut zu erkennen. Mit den Queer Studies wird die Identifizierung und Nicht-Identifizierung von sich aus möglich. Es werden einzelne Kategorien durchgearbeitet und so die Hegemonie zwischen den Gruppen verändert. Eine Beobachtung von Laufenberg ist, dass Gleichheit und Enthierarchisierung erfolgt aber Normierung und Abwertung bleiben bestehen. Für die Analyse ist Heterosexualität als Form von Macht zu betrachten, so kommt es auch zur Problematisierung der Heterosexualisierung der Homosexualität. Im Zusammenhang mit dieser Normalisierung betrachtet Jasbir Puar die 48 Homonationalisierung. Dies bedeutet das hetzen gegen Einwanderung mit dem Argument, dass in den Ländern aus denen die Menschen kommen eine verbreitete Homophobie herrsche. Auf diese Weise kann tatsächliche Homofeindlichkeit in anderen Ländern nicht mehr konstruktiv kritisiert werden. 3. Queere Geschichte und trans*historische Perspektiven Es bedarf eine historische Analyse für die Dekonstruktion von Machtverhältnissen bezüglich Sexualität und Geschlecht. Die Forschung steht dann allerdings auch vor Herausforderungen. Hanna Hacker weist deshalb darauf hin, dass es eine neue Art des Lesens von Archiven braucht und das Schweigen genauso analysieren muss, wie das was gesprochen wird. Genau das bringt Queer Theory jetzt mit sich. Themen queerer (Zeit-)Geschichte Erfahrungen von Verfolgung, Bewegungsgeschichten, Liberalisierungen Den Holocaust queer erzählen Trans*historische Perspektiven Geschlechtergrenzen überschreitende Praktiken Formen der Transgeschlechtlichkeit Feminismus, Transfeminismus, Solidarität und Konfliktlinien Dis/Kontinuitäten von Alterität Unterschiedliche queere und nicht-binäre Lebenseisen Ambivalente Identifikationsbilder 49

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