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This document provides a detailed overview of injury and trauma. It covers topics such as wound morphology, blunt force trauma, sharp force trauma, and different types of injuries. Aforementioned aspects are important to medical professionals to understand injuries better and make a correct diagnosis.
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Verletzungslehre Sonntag, 12. Januar 2025 14:30 VL- 9.a Verletzungslehre1 1. Trauma/Gewaltformen Trauma= Gewalteinwirkung Unterscheidung: psychisches Trauma & Körperliches Trauma Mögl. Durch: - Mechanische Gewalteinwirkung z.b. Stumpf,scharf,Schuss - Thermische Gewalteinwirkung z.b...
Verletzungslehre Sonntag, 12. Januar 2025 14:30 VL- 9.a Verletzungslehre1 1. Trauma/Gewaltformen Trauma= Gewalteinwirkung Unterscheidung: psychisches Trauma & Körperliches Trauma Mögl. Durch: - Mechanische Gewalteinwirkung z.b. Stumpf,scharf,Schuss - Thermische Gewalteinwirkung z.b. Hitze/Kälte - Chemische Gewalteinwirkung z.b. Vergiftung (alk; drogen;medikamente;gift), Säure/Lauge - Strom z.b. Blitzschlag 2. Stumpfe Gewalt = flächenhafte mechanische Gewalteinwirkung (siehe VL1) Am häfigsten auftretende Verletzung z.b. bei alltäglichen Verrichtungen Versch.Verletzungsformen abhängig von: - Energiemenge - Werkzeugbeschaffenheit - Kontaktfläche - Richtung der Einwirkung - Gewebebeschaffenheit 3. Wundmorphologie/äußere Befunde Allg. deskriptive Kriterien - Körperregion - Orientierung - Größe - Wundumgebung (Auflagerungen? Blut flüssig o. getrocknet? Fremdmaterial?, Unterblutung?) - Wundrand (unterminiert/geschürft/glatt?/unregelmäßig?) - Wundwinkel(stumpf/spitz/Aufzweigungen?) - Wundtiefe/Wundgrund(cm; Gewebsbrücken?; struktur?-> durchtrennt/verletzt?) - Form evt. Begrenzung - Farbe - Niveau Wundmorphologie stumpfe Gewalt Epidermis:Hautabschürfungen, Hautrötungen Corium/Lederhaut: Hauteinblutungen, Quetschwunden Unterhautzellgewebe: Hautunterblutungen/Blutunterlaufungen/Häm- atome, Quetschungen Decollement zsmfassung Seite 1 Unterhautzellgewebe: Hautunterblutungen/Blutunterlaufungen/Häm- atome, Quetschungen Decollement Hautabschürfungen: - Flächige tangentiale Gewalteinwirkung (=Kraft wirkt seitlich oder schräg und so wird dann auch das Gewebe abgetragen)-> Oberhautverlust -> Epitelmoräne entsteht = Epidermis zeigt Schürfrichtung an - An einer Leiche ist die Hautabschürfung braunrote, Lederartige feste Vertrocknung durch Wasserverlust - Kann Stelle der Gewalteinwirkung bezeichnen; die Form der Hautabschürfung verrät dann durch das Abdrucksmuster das Werkzeugs-> bedeutsam für forensische Rekonstruktion Hautrötungen - Bedingt durch Weitstellung der Gefäße; verschwindet unter Druck-> Wegdrückbar wie Totenflecken am Anfang - Keine Körperliche Verletzung im Rechtlichen Sinn Hauteinblutungen - Blutung in die Lederhaut - Rot, scharf begrenzt - Punktförmig oder kleinfleckig (siehe Strangulation) - Können form des einwirkenden Gegenstandes abbilden Quetschwunde - Schürfsaum/Vertrocknung -> Form Lässt Rückschluss auf waffe zu - Wundränder meist unregelmäßig z.b.Gezackt oder gequetscht - Gewebsbrücken in der Tiefe Unterform: Ablederung(Decollement) - Flächenhafte Ablösung der Haut von der Unterhaut - Passiert bei tangentialer Gewalteinwirkung z.b. Autorreifen-> Hautdehnungsrisse quer zur Zugkraft -> Gewebshöhle mit starker Einblutung entsteht Hautunterblutung/Hämatom/Blutunterlaufung - Blutung unter die Haut, ins Unterhautfettgewebe - Versch. Färbungen abhängig von: Tiefe, Hautdicke, Hautfarbe und Zeit (blau-> grün-> braun-> gelb) - Unscharfe Wundrandbegrenzung Zerreissung von Gefäßen mit Blutung in das Unterhautfettgewebe - Häufiger über widerlager (knochen) Individuelle Ausprägungsstärke (Krank,Alter;Gefäßbrüchigkeit) Keine Rückschlüsse auf Tatwaffe durch unscharfe abgrenzung und Blutung Differenzierung von Wunden Quetschwunde: Zermalung des Gewebes durch Druckbelastung, besonders bei Knochenwiederlager (Schädel z.b.) zsmfassung Seite 2 Differenzierung von Wunden Quetschwunde: Zermalung des Gewebes durch Druckbelastung, besonders bei Knochenwiederlager (Schädel z.b.) Risswunde: Zugbelastung, meist Durchsetzen aller Hautschichten, form auch abhängig bon Spaltlinien Platzwunde: Gewalt von innen z.b. über Fraktur 4. Scharfe Gewalt = Verletzung durch schneidende Werkzeuge Wundmorphologie: - Glatte Kontinuitätsdurchtrennung des Gewebes durch schneidendes Werkzeug - Keine Gewebsbrücken - Meist Gefäßverletzung mit Blutung (nicht immer nach außen) - Fehlen von Vertrocknungs-& Schürfsaum aber kleinflächige Schürfungen trotzdem mögl. Am Wundrand Vgl. Stumpfe Gewalt 5. Verletzungen durch scharfe Gewalt- Stich/Schnitt/Hieb Stichverletzungen-> Eindringen eines scharfen/spitzen Gegenstandes überwiegend senkrecht zur Körperoberfläche => Wunde tiefer als lang - Je nach Gewebespannung klaffende Wunde - Wundsondierung(Wunduntersuchung mithilfe einer Sonde) problematisch: kulissenartige Verschiebung der Gewebeschichten; Infektionsgefahr - Bei Thorax & Bauchstich : ausgedehnte Diagnostik (CT), evtl. operative Revision, ausreichend lange Beobachtungszeit-> bei Verletzungen kleinerer Gefäße auch langsames Verbluten mögl. - Handlungsfähigkeit nach Stichverletzung noch lange vorhanden auch nach Herzstich Schnittverletzungen-> Eindringen eines scharfen Gegenstandes überwiegend längs/paralell zur Körperoberfläche => Wunde länger als tief - Oft in Kombination mit Stich - Glatte Wundränder - Wundränder oft seicht auslaufend Halbscharfe Gewalt: Hiebverletzungen = Schlagverletzungen mittels scharfem Werkzeug - Verursacht von Schlagwerkzeugen mit Schneide(Axt,Hacke,Machete,Schwert,Propeller) - Durchtrennung von Knochen-> glattrandig & Schartenspuren 6. Rekonstruktive Fragen - Tatwerkzeug? - Selbst-/Fremdbeibringung? - Gegenwehr? - Tatablauf? - Ggf. Todesursache? Tatwerkzeug; Befunde - Fotodokumentation der Verletzung vor Wundversorgung (mit Maßstab!) - Bestimmung von Klingenbreite & Klingenlänge anhand der Einstichwunde (unsicher!) - Wundwinkel-> Messer ein oder zweischneidig? -> Schürfung, kleine Ecke am Wundwinkel = Messerrücken; Ausläufer/glattes V= Schneide (siehe VL1) zsmfassung Seite 3 Messerrücken; Ausläufer/glattes V= Schneide (siehe VL1) - Wundränder: glatte Klinge/Wellenschliff/Sägezähne Tatwerkzeug/Tatablauf-> Befunde -Breite der Wunde evtl. größer/kleiner als Klingenbreite? -Stichkanal tiefer oder kürzer als Klingenlänge? -Messer wurde in der Wunde gedreht oder Opfer hat sich bewegt Verlauf und Tiefe des Stichkanals gibt auskunft über Stichrichtung, Position des Opfers und Heftigkeit des Angriffs Es kann auch zum durchstich mehrerer Kleidungsschichten kommen wodurch mehr Löcher in der Kleidung als Stiche vorhanden sind Selbst-/Fremdhandlung Indizien Selbsthandlung: - Probierschnitte: parallel; oberflächlich - Meist entblößte Haut, Kleidung unbeschädigt - Leicht zugängliche Regionen. Typisch Handgelenk,Unterarm,Hals,Herzregion - Aussparung besonders Schmerzempfindlicher Regionen (Brustwarzen,Genitalien etc.) Bei Toten: - Tatwerkzeug in der Nähe - Vertikale Blutabrinnspuren - Keine Abwehrverletzungen - Schutz vor Verunreinigung (z.b. Badezimmer;Plane) - Abschiedsbrief,psychatrische Vorgeschichte Gegenwehr Abwehrverletzungen: Aktiv: Opfer greift in das Messer -> tiefe, Lappenförmige Schnittverletzungen, meist Innenseiten der Hand=> Fingerbeugeseite Passiv: Opfer wehrt mit Unterarm ab -> quer verlaufende Schnitte, auch Durchstiche des Unterarms, verletzung Kleinfingerkante VL-9.b. - Verletzungslehre 2-Schussverletzungen Begriffsdefinitionen: - Ballistik: Wissenschaft der Bewegung von Projektilen - Innenballistik: Vorgänge beim Schuss innerhalb der Waffe zsmfassung Seite 4 - Innenballistik: Vorgänge beim Schuss innerhalb der Waffe - Aussenballistik:Flugbahn des Geschosses vom Lauf bis ins Ziel - Zielballistik: Wechselwirkung zwischen Geschoss und Zielobjekt, entspr. Wundballistik Was gilt gesetzlich als Waffe: a) Feuerwaffen b) Geräte zum Versrühen/Verstäuben schädiger Stoffe (CA,CS,CN,CR(Tränengas)) c) Einhändig bedienbare automatische Messer, Butterfly, Wurfmesser und Dolche mit symmetrischer Klinge d) Schlagringe,Ruten,Stöcke,Wurfsterne etc. e) Taser und andere Elektroschockgeräte f) Druckluft und CO2 Waffen, mit mind. 7.5 Joule g) Imitations- & Schreckschuss-& Soft-Air Waffen die aussehen wie echte Waffen Schusswaffen und Munition Handfeuerwaffe: tragbare Waffe, beidhändig bedienbar, auch "Langwaffe" Lauf und Verschluss > 30cm, Gesamtlänge > 60cm z.b. Gewehr, Karabiner,Sturmgewehr Fausfeuerwaffe: tragbare Waffe, einhändig bedienbar, auch "Kurzwaffe" z.b Pistole, Revolver Laufform - Gezogener Lauf: spiralige Erhabenheiten(Felder) und dazwischen liegende Rillen(Züge) oder Polygonlauf => Projektil erhält Rotation um Längsachse (Drall) - Glatter Lauf: ohne Züge und Felder, Flinten- und Flobertwaffen für Schrot und Flintenlaufgeschosse ("Brennecke") Munition Voll-& Mantelgeschosse - Vollmantelgeschosse: Messing-/Kupfer-/Stahlmantel um Hartbleikern; hohe Durchschlagskraft Verwendet von Militär;Polizei - Teilmantelgeschosse: Geschosskopf nicht ummantelt, Deformierung bei Aufprall-> größere Energieabgabe-> größerer Wundkanal Jagdgeschosse, Sondermunition - Vollgeschosse: Homogenes Material (Blei), mantellos zsmfassung Seite 5 Mündungsgeschwindigkeit - Revolver 150-350 m/s < Schallgeschw. - Pistolen 250-360 m/s Ca. Schallgeschw. - Gewehre 450-1200 m/s > Schallgeschw. - Grenzgeschw. Haut ca. 50m/s Rechenbsp.: geg.: Masse Geschoss= 10g= 0,01kg; Geschwindigkeit = 300m/s Berechnung der Energie (in Joule) E0= 1/2*0,01kg*(300)²= 0,005*90000=450 J Einschussmerkmale Einschuss obligat (klassischer Einschuss) - Zentraler Substanzdefekt: rund bis oval, Durchmesser < Kaliber Epidermisfreie Randzone: kegelförmiges zurückspritzen von Gewebspartikeln bei Aufprall des Projektils (von ca. 150 m/s) Radialbeschleunigung ca. 5-6 x 10⁶ m/s² Einschuss Fakultativ (untypischere Einschusswunde) - Grauschwarzer "Abstreifring": 1-2mm; Rückstände von Zünd-& Treibsatz, Waffenöl, Metall; bedeckt den Schürfsaum; bei Schrägschüssen elliptisch kann fehlen: Sekundärtreffer,moderne Munition - Entstehung: Vakuumeffekte am Schürfsaum; Partikel bis >2cm weit Schusskanal Größe der Wundhöhle abhängig von: - Energie des Projektils (Geschwindigkeit) -> Viel Energie- Wundkanal eher vorne Breit und nach zsmfassung Seite 6 - Entstehung: Vakuumeffekte am Schürfsaum; Partikel bis >2cm weit Schusskanal Größe der Wundhöhle abhängig von: - Energie des Projektils (Geschwindigkeit) -> Viel Energie- Wundkanal eher vorne Breit und nach hinten schmal auslaufend; Mittel:hinten und vorne Schmal in der Mitte breit, Wenig Energie: Wundkanal zuerst schmal, wird dann zum ende hin breiter - Art des Projektils -> Vollmantel: Geringe Deformation= geringe Energieabgabe -> Teilmantel: hohe Deformation= hohe Energieabgabe - Wesentliche Schädigung durch Druckwelle - Sekundärgeschosse(z.b. Knochensplitter) für Verletzungen unerheblich - Cave: Wundinfektion durch verschleppte Hautpartikel Ausschuss - Oft schlitzförmig oder mehrstrahlig - Keine Lückenbildung-> adaptierbar - Kein Abstreifring - Kein Schmauch aber mögl. Textilfasern in Wunde !kann größer sein als Einschussloch - Bei Vorliegen eines Widerlagers (z.b. harter Untergrund) schürfsaumartige Epidermisdefekte meist unregelmäßig begrenzt Schussentfernung - Relative Schussentfernung morphologisch: Absouluter Nahschuss/aufgesetzter Schuss = Waffe auf Haut gesetzt-> "Waffengesicht" als Abdruck; Schmauchhöhle unter der Haut; CO im Gewebe, knöchener Widerlager-> Einschussplatzwunde ! Meist Selbstbeibringung Relativer Nahschuss= Pulvereinsprenungen um die Einschussöffnung; Nachweis v. Schussrückständen; ggf. Schmauchhof bei näherem rel. Nachschuss; ggf. kein Schmauch sondern un-/teilverbrammte Treibsatzpartikel aufgelagert oder eingesprengt; ! Kurzlaufwaffen ca. 30cm; Langlaufwaffen ca. 150cm Fernschuss: keine Nahschusszeichen - Absoulute Schussentfernung kriminaltechnisch: Schmauchelemente (Pb,Ba,Sb,Zn,Ti etc.) Pulverkörnchen weiter als Schmauch Abhängig von Waffe -> Vergleichsschüsse notwendig Innere Befunde - Schussloch an platten Kochen: trichterförmige Erweiterung in Schussrichtung - Am Schädel of radiär verlaufende Schussbrüche zsmfassung Seite 7 Schrotschuss Becher (Kugelbehälter) Selbst oder Fremd? Eher Suizid: - Aufgesetzte Waffe - Einzeltreffer (Ausnahme energiearme Geschosse) - Schläfe, Mund,Herzgegend,Stirn;Kinnregion - Einschussstelle entkleidet - Nachweis von Schuss-& Haltehand (durch Schmauch, Schlittenverletzungen; Blut- Gewebespritzer= Backspatter) Eher Delikt: - Fernschuss - Mehrfachtreffer - Extremitäten, Rücken - Fehlende Waffe Tödliche Schussverletzungen - Zerstörung lebenswichtiger Zentren - Blutaspiration - Kreislaufschock (Blutverlust) - Pneumothorax (Luftbrust) - Luftembolie (Ansaugung von Luft in eröffnete Venen) zsmfassung Seite 8