Vergleichende Regierungslehre PDF

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This document provides an introduction to comparative government, detailing different methods of comparison, political models, and relevant theories. It discusses the statistical, qualitative, and case study methods, alongside key concepts such as political culture and models of power, understanding the modern political concept. Key political models and thinkers are examined.

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Vergleichende Regierungslehre 1.Sitzung: Einführung Ziele der vergleichenden Methode 1. Aufbrechen gruppenspezischer oder parochialer Betrachtungsweisen 2. Überprüfung von Hypothesen und Verallgemeinerungen 3. Präzisierung vorhandener bzw. Formulierung neuer Hypothesen, Typologien, Modelle, Theorie...

Vergleichende Regierungslehre 1.Sitzung: Einführung Ziele der vergleichenden Methode 1. Aufbrechen gruppenspezischer oder parochialer Betrachtungsweisen 2. Überprüfung von Hypothesen und Verallgemeinerungen 3. Präzisierung vorhandener bzw. Formulierung neuer Hypothesen, Typologien, Modelle, Theorien etc. (»theory building«) 4. Herausarbeitung beispielhafter Problemlösungen (»best practice«) Formen der vergleichenden Methode: Die Statistische Methode: − Statistische Untersuchung von Variablenzusammenhängen bei großer Fallzahl (Aufdeckung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zwischen Variablen) Große Fallzahl (quantitativ) Set muss messbar sein Dann abprüfen und Werte berechnen − Analytik: Demokratievergleich Die Qualitativ, systematisch-vergleichende Methode: − Untersuchung von Zusammenhängen zahlreicher Variablen bei wenigen Fällen Weniger Fälle (2 bis 5, 2 bis 10) -> schon ab 2 (qualitativ) Merkmale die tiefgehender sind Vergleichskategorien die Dinge aufdecken, was nicht durch reines Messen möglich ist Dokumente, Reden, Videos, Audio, … alles was relevant sein könnte Bsp.: Parteienvergleich (Unterschied USA und Deutschland) ➔ Parteien, Staaten, Wahlsysteme − Analytik: Parteienvergleich Die Komparatistische Fallstudie (case-studies with comparative merit): − Fallstudien auf Grundlage von Vergleichskritierien oder hinter einem Vergleich stehenden Modellüberlegungen Ein einzelner Fall (Bsp.: Merkel oder Scholz, oder die deutschen Parteien) mischen von quantitativ und qualitativ Schwächen werden ausgeglichen und Stärken verbunden systematisch, analytisch (alle müssen exakt gleich arbeiten) Bsp.: Ist die Kanzlerschaft von Merkel eine Kanzlerdemokratie? ➔ nur einen Staat als Forscher ➔ jeder Forscher ein anderer Politiker − Analytik: Kanzlerdemokratie 2. Sitzung: Grundbegriffe des Politischen Die Vier Politikmodelle Zeit und Kultur Autor Ziele Weg 5. Jh. v. Chr. Aristoteles Moral, Praxis und Verständigung Glück zwischen Gleichen 4./5. Jh. n. Chr. / Aurelius Erlös, Befriedung Heils-Politik Übergang zum Augustinus religiös geleiteter Mittelalter Staat 15./16. Jh. / Machiavelli Ordnung Macht-Technik Übergang zur Moderne 20. Jh. / Moderne Deutsch Lernendes System freier Informationsfluss Verständigungsmodell von Aristoteles: − Ziele: Moral, Glück durch Verständigung von Gleichen (-> nur Männer) − Polis (Gemeinschaft) durch Herrschaft von Gleichen über Gleiche − Politik als Wirken für das Allgemeinwohl − Politik als Verständigungshandeln unter Gleichen Heils-Modell (Augustinus): − Ziele: Erlös, Befriedung durch religiös geleiteten Staat − Vorstellung eines „Gottesstaates“→ gibt keine Politik im herkömmlichen Sinne mehr − Gottesstaat und irdischer Staat in unauflöslichen Widerspruch − Politik nur als Beitrag zur endzeitlichen Erlösung der Menschen − Ziel des irdischen Staates: Gewährleistung von Frieden, Sicherheit Schaffung eines Raums für Streben nach göttlicher Gerechtigkeit Machtmodell (Machiavelli): − Ziele: Ordnung durch Macht (-> um Ordnung & Stabilität zu erhalten) -Technik − Menschenbild der Renaissance: Menschen können ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen − Trennung von Politik und Moral − Notwendigkeit vor Moral − Politik als “Summe der Mittel die nötig sind, um zur Macht zu kommen, sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen“ (Discorsi) Informations – Modell (Deutsch): − Ziele: lernendes System durch freien Informationsfluss − Ideal: unbehinderter, uneingeschränkter, von jeder willkürlichen Einflussnahme befreiter Austausch von Nachrichten und Informationen − Poltische Regulierung: angemessene Informationsverarbeitung − Politisches Handeln: Aufnahme und Umsetzung von Steuerungsinformationen in geeigneter Form − Ziel der Staatsorganisation: optimale Gewährleistung freier Informationsflüsse Moderner Politikbegriff: Hennis - Wandel von einem »pädagogischen« zu einem »technischen Paradigma«: »neuzeitliches Politikdenken ist im Kern technisches Denken« Moderner Politikbegriff: Rohe/Dörner − »Es empfiehlt sich deshalb, unter Verzicht auf weitere Wesensbestimmungen und Abgrenzungskriterien Politik als die historisch variable Antwort (-> dynamisch: vieles ändert sich im Laufe der Zeit) auf ein Grundproblem sozialer Verbände zu begreifen« Moderner Politikbegriff: Scharpf − Grundproblem meint: »Möglichkeit kollektiven Handelns bei nicht vorauszusetzendem Konsens« → Politik als organisierte Konfliktaustragung Moderner Politikbegriff: Meyer − »Die Kunst der Politik besteht letztlich darin, möglichst viele anfängliche Interessenkonflikte durch Konsens oder Kompromiss zu lösen und nur in wenigen Ausnahmefällen zum Mittel der schlichten Majorisierung wichtiger Einzelinteressen zu greifen« → Kein Zwang, Politik als Überzeugung Moderner Politikbegriff: Patzelt − Politik umfasst jenes menschliche Handeln, das auf die Herstellung allgemein verbindlicher Regelungen und Entscheidungen in und zwischen Gruppen von Menschen abzielt.« Moderner Politikbegriff: Meyer II − »Politik ist die Gesamtheit der Aktivitäten zur Vorbereitung und zur Herstellung gesamtgesellschaftlich verbindlicher und/oder am Gemeinwohl orientierter und der ganzen Gesellschaft zugutekommender Entscheidungen.« Moderner Politikbegriff MERKE ! − Verständnis von Politik als Problemlösungsmechanismus − Beruht auf der Notwendigkeit von Konsens und Kompromiss − Einzelne Definitionen können sehr unterschiedlich ausfallen Die drei Dimensionen von Politik Polity -> Akteure, Handlungsrahmen von Verfassungen Politics -> Prozess Policy -> Umsetzung Polity Politics Policy Dimension Form Prozess Inhalt Gegenstand Verfassung Interessen Aufgaben Normen Konflikte Ziele Institutionen Entscheidungen Programme Merkmale Organisation Macht Wert- und Verfahrensregelungen Konsens Zielorientierungen Ordnung Durchsetzung Aufgabenerfüllung Problemlösung Gestaltung Spannungsverhältnisse von Politik − Policy vs. Politics Inhalt vs. Prozesse Inhalt: (vermeintlich) beste Problemlösung Prozess: Interessen der beteiligten Akteure − Policy/Politics vs. Polity Inhalte/Prozesse vs. Form Inhalte/Prozesse: Anforderungen dieser an Politik Form: vorgegebener oder vorgesehener Handlungsrahmen Die Staatselemente – Drei-Elementen-Lehre − Staatsvolk − Staatsgebiet -> muss durch Behörden beherrscht werden − Staatsgewalt -> Anspruch erheben Gewalt auszuüben (z.B. Polizei) Zusätzlich: − Souveränität nach Innen und Außen − territoriale Ausschließlichkeit der Herrschaftsausübung − selbständige positive Rechtsordnung (Bürokratie, Behörden, Polizei) Der Staatsbegriff − Max Weber: „Ein auf das Mittel der legitimen […] Gewaltsamkeit gestütztes Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen“ − Hermann Heller: „Der Staat ist ein durch repräsentativ aktualisiertes Zusammenhandeln von Menschen dauernd sich erneuerndes Herrschaftsgefüge, das die gesellschaftlichen Akte auf einem bestimmten Gebiet in letzter Instanz ordnet“ Staaten unter Druck − Internationale Umwelt − Weltgesellschaft − Internationale Zivilgesellschaft − Supranationalisierung Systembegriff − Systeme »bezeichnen eine Menge von Elementen, die miteinander in Beziehung stehen und einen von der Umwelt abgrenzbaren Funktionszusammenhang abbilden. Diese Strukturen erbringen spezielle Leistungen (Funktionen) innerhalb eines Systems, das Umwelteinflüsse verarbeiten muss, um sich reproduzieren zu können.« − Das Politische System bezeichnet allgemein »die Gesamtheit der staatlichen und außer-staatlichen Institutionen, Akteure, Normen und Verfahren, die innerhalb eines vorgegebenen Handlungsrahmens an politischen Prozessen, insbesondere der Politikformulierung und – Umsetzung, beteiligt sind.« Institution − Institutionen als „verhaltensregulierende und Erwartungssicherheit erzeugende soziale Regelsysteme“ − Normen des „angemessenen Verhaltens“ sind beispielsweise: Politische Verfassungen System staatlich verbürgert Ordnung Gesetze und ihre Regelungsinhalte Organisatorischer Aufbau von Regierung und Verwaltung Normative Festlegung der Relation zwischen bestimmten Akteuren Grundlegende Normen und Werte als Richtschnur gesellschaftlichen und politischen Handelns → Menschenrechte, Grundrechte (Spielregeln) Das Politische System nach Easton Kritik am Modell nach Easton − Veraltet? − Politisches System als Blackbox → wird nicht aufgeklärt was eigentlich hinter dem Politischen System steckt − Stark staatszentriert (nicht staatliche Akteure, nicht aufgeführt) → aber sehr einfache Darstellung und richtiger Ansatz (Aufgabe eines politischen Systems Input in Output umzuwandeln) Merkmale politischer Systeme − Systeme bestehen stets aus Subsystemen (z.B. Regierung, Parteien/Verbände), in denen sich die funktionale Differenzierung fortsetzt − Stabilität politischer Systeme setzt die Erfüllung verschiedener Funktionen voraus (z.B. Anpassung an sich verändernde Umwelten, Definition und Verfolgung von Zielen) − Jedes Subsystem verfügt über eine spezifische ›Logik‹ (»Kommunikationsmedium«), z.B. Macht in der Politik Das Politikmodell des akteurszentrierten Institutionalismus (nach Mayntz/Scharpf) 3. Sitzung: Politische Kultur und Werte Was ist Politische Kultur? − Politische Kultur als zentraler Begriff und zentrale Variable → Rahmenbedingung − v.a. Teil der Demokratiewissenschaft → Fokus auf Bürger und ihr gesamtes Verhältnis zur Politik − Begründet durch Civic Culture- Studien (Almond/Verba 1963/1980) → erste Konzeptualisierung (Ende der 50er durchgeführt, wie demokratisch stabil sind Staaten nach WK II.) – Sind Demokratien hier schon belastbar??? − Betonung der subjektiven Dimension → Wahrnehmung der Bürger wird aggregiert, kein Anspruch auf objektive Bewertung − Bezieht sich auf Individuum, beschreibt aber Merkmale des Kollektivs → spezifische Verteilungsmuster (innerhalb der Bevölkerung gibt es x Menschen, die y wollen) Politische Kultur und politisches System Weltbilder, Rollenerwartungen, Verhalten und Handlung, Politikverständnis, Eigenes Rollenverständnis haben Einfluss auf Partizipation, Politischen Wettbewerb, Regieren Die “Civic Culture” Studien − Vergleichende Studien zur politischen Kultur → 5 Länder: USA, Großbritannien, Deutschland, Italien, Mexiko − Durchgeführt Ende der 1950er Jahre → historischer Hintergrund − Wiederholung 1980: Civic culture revisited → Zentrale Fragestellung: → Inwiefern verweisen Unterschiede in der Politischen Kultur von Demokratien auf deren divergierende Funktionsqualitäten und Stabilitäten? Inwiefern bestehen Chancen des »Exports« von Institutionen stabiler Demokratien? Rollenbilder in Gesellschaften Parochial − Kein Wissen und Interesse an Gesellschaft, Staat, Verfahren, eigene Rolle im System − Ignorieren Einfluss von Politik auf eigenes Leben − Können und wollen nicht erreicht/beeinflusst werden, kaum bis gar nicht an Regierung und politischen Prozessen beteiligt werden → parochial culture: überwiegend Parochials/ diese in der Mehrheit Subject (Untertanen) − Gesteigertes Wissen, v.a. hinsichtlich Staat und Verfahren − Akzeptanz staatlicher Ordnung, freiwillige und unfreiwillige Konsumenteneinstellung, gehorchen Regierung und Funktionären − Passive Grundeinstellung, kaum Partizipation (→ Konsumenten) → mehr Objekt als Subjekt → Subject culture/ Untertanenkultur: überwiegend Subjects/ diese in der Mehrheit Participant − Über politische Prozesse informiert, grundsätzlich wird System positiv wahrgenommen (einzelne Akteure variieren) − Stellen Anforderung an das System/kritische Begleitung: unterstütz politische Führung auf Grundlage deren Arbeit → bewilligt oder verweigert Teilhabe am politischen Prozess − Aktivistische Grundeinstellung (Partizipation) → participant culture = überwiegend Paricipants/ diese in der Mehrheit Die Civic Culture − Die Civic Culture als Variation: Mehr subjects als parochials Mehr participants als subjects → aber: nicht zu viele participants → Input nur so groß, dass System ihn auch verarbeiten kann − Civic Culture nach Almond/Verba: Idealausprägung einer ausbalancierten politischen Kultur → The civic culture is pluralistic, and »based on communication and persuasion, a culture of consensus and diversity, a culture that [permits] change but [moderates] it« Richtungen der politischen Kulturforschung Generell zwei Richtungen: − Almond/Verba: meint Haltungen, Glaubensüberzeugungen und Gefühle, die dem politischen Prozess Ordnung und Sinn geben und empirisch (demoskopisch/quantitativ) messbar sind − Karl Rohe: nicht Einstellungen gegenüber konkreten politischen Regimen sondern Wahrnehmungsmustern und Beteiligungsmaßstäben → bilden Basis Politische Kultur nach Almond/Verba: − »Political system as internalised in the cognitions, feelings, and evaluations of its population« − »The political culture of a nation is the particular distribution of patterns of orientation toward political objects among the members of a nation. « Dimensionen politischer Kultur Almond/Verba: − politische Kenntnisse (Wissen) − normative Vorstellungen (Ideen und Wertcodes, die politisches Handeln der Gesellschaftsmitglieder regulieren) − Bewertung des politischen Systems (Bewertungen) − affektive Einstellungen zum politischen System (Gefühle) − Verhaltensbereitschaften sowie das politische Verhalten Orientierungen politischer Kultur Almond/Verba: Orientierung gegenüber: − politisches System (Staat, Staatsform, Verfassung, Institutionen, Akteure) − Input-Strukturen (politische Nachfrage, Mitgestaltungswille) − Output-Strukturen (Politikergebnisse) − Selbst als Objekt (eigenes politisches Wissen, politisches Interesse, politische Kompetenz) KRITIK am Ansatz Almond/Verba: − unspezifischer Ansatz: der „Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln“; Kaase 1983) − Fehlen eindeutiger kausaler Erklärungsmuster für Ausprägungen − Langzeitergebnisse: Begriffsverständnisse, die sich wandeln (Bsp. Politikbegriff, Demokratiebegriff (→ Demokratieverständnis) − Vergleichbarkeit − keine angemessene Berücksichtigung symbolischer Elemente und historischer Entwicklungslinien (vgl. Rohe 1996: 9 f.). Die Konzentration auf die Einstellungen der Bürger verstelle eher den Blick auf die Lebenswelt derselbigen, als dass es diesen öffne Politische Kultur nach Karl Rohe: − Definition Politische Kultur: »Grundannahmen über die politische Welt und damit verknüpfte operative Ideen« [verstanden als »zu Denk- und Handlungskonventionen geronnenes Wissen«, zu greifen als (subjektive) Ideensysteme und (objektive) Zeichen- und Symbolsysteme] ➔ keine situative Orientierung ➔ was leitet eine Gesellschaft, wie sieht sie sich (Werte, Konventionen) ➔ Diskurse, Symbole des politischen Systems (= innere Landkarte, vorpolitische Unterstützung, gesellschaftliche Konfliktlinie, Identität, Werte verschiedener Milieus, historisches Verständnis, Wertevorstellungen) − Wahrnehmungsmuster speisen sich aus grundlegenden Vorstellungen über die Welt der Politik und damit verknüpfte operativen Normen (keine kollektive Aufsummierung individueller Meinungen, Einstellungen und Werthaltungen, d.h. keine quantitative, sondern qualitative Herausarbeitung) ➔ Herausarbeiten für Gesellschaft, nicht für Individuum Analyse der “inneren Landkarte” Karl Rohe − Werte und Wertvorstellungen − Milieus und Lebensstile − gesellschaftliche Konfliktlinien − Identität(sdiskurse), inkl. Geschichtsbewusstsein und Mythennarrativen − kollektive Symbolwelten, Weltbilder Zentrale Merkmale politischer Kultur aktuell Deutschland: − pragmatische Sicht auf Demokratie − punktuelle und situative Orientierung an Politik − »Parteienverdrossenheit« und sinkende Identifikation mit Parteien UK: − ausgeprägter Nationalstolz − Misstrauen gegenüber Politikerinnen und Politikern (»Westminster Bubble«) und geringes Vertrauen in politische Parteien − starke regionale Unterschiede (Nordirland, Schottland, Wales, England), aber auch innerhalb Englands (Nord/Süd) USA: − ausgeprägter Nationalstolz bei gleichzeitig hoher Polarisierung der Gesellschaft − Religion als Teil der Öffentlichkeit und politischer Diskurse − hohes Mißtrauen gegenüber politischer Klasse und Parteien Frankreich: − Vertrauen in Demokratie, Republik, Nation, aber Demokratiezufriedenheit gering − Unzufriedenheit mit politischer Klasse und Staat − hohe unkonventionelle Beteiligung Trends politischer Kultur in westlichen Demokratien − hohe generelle Demokratiezufriedenheit, sehr stark schwankende und tendenziell sinkende Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie − wandelndes Politikverständnis in Richtung eines »Dienstleistungsstaates« − aber sinkendes politisches Interesse (umstritten) und steigendes Mißtrauen gegenüber Politik und Politikern − nachlassende Beteiligung an »systemrelevanten« Beteiligungsformaten (Partizipation generell häufig hoch) Politische Partizipation − Politische Partizipation meint alle Handlungen, »die Bürger freiwillig mit dem Ziel unternehmen, Entscheidungen auf den verschiedensten Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen«. (Kaase) Hauptmerkmale politischer Partizipation nach van Deth (2003) − Rolle als Bürgerinnen und Bürger − Aktivität − Freiwilligkeit − Einfluss auf Regierung und Politik Konventionell-verfasste« und »unkonventionell - unverfasste« Formen politischer Partizipation − konventionell-verfasste Partizipationsformen: beziehen sich auf institutionalisierte Elemente des politischen Prozesses, rechtlich geregelt, besitzen hohe Legitimitätsgeltung (z.B. Wahlen) − unkonventionelle-unverfasste Partizipationsformen: vollziehen sich außerhalb institutionalisierter Bahnen, entsprechen nicht notwendigerweise den geltenden Rechts- und Verhaltensnormen (z.B. Demonstrationen) Trends politischer Kultur in westlichen Demokratien (II) − höhere Zustimmung zu postmaterialistischen Werten − vermehrte Pluralisierung von Meinungen und Einstellungen − höhere Instabilität von Meinungen und Einstellungen − Tendenzen gesellschaftlicher (und politischer) Polarisierung Materialismus vs. Postmaterialismus Materialismus Postmaterialismus Physische Bedürfnisse Soziale Bedürfnisse und Selbstverwirklichung Sicherheitsbedürfnisse: Ästhetisch/Intellektuell: Starke Verteidigungskräfte Schöne Natur/Städte Verbrechensbekämpfung Ideen zählen mehr als Geld Öffentliche Ordnung Freie Rede Versorgungsbedürfnisse: Zugehörigkeit und Achtung: Stabile Wirtschaft Weniger unpersönliche Wirtschaftswachstum Gesellschaft Kampf gegen steigende Preise Mehr Mitbestimmung (auch politisch) Wertesynthesen: − alternatives Modell zu Inglehart − Trend zur Vereinigung gegensätzlich erscheinender Werte zu neuen Wertetypen (↔ eindimensionaler Wandel) − Pflicht und Akzeptanzwerte (Selbstkontrolle) einerseits und Selbstentfaltungswerte andererseits − fünf Wertesynthesen: traditionell Orientierte hedonistisch und materiell Orientierte idealistisch Orientierte perspektivenlos Resignierte aktive Realisten 4. Sitzung: Staatsformen Was ist eine Staatsform? − Verfassungsgemäße Ausformung eines Staates − Unterscheidung nach: Der Zahl der Träger der Staatsgewalt (Monarchie, Aristokratie, Demokratie) Dem Souverän (Republik, Monarchie) Der inneren Organisation (Einheitsstaat, Bundesstaat) → Staatsform neutrale Kennzeichnung ohne Wertung hinsichtlich der Staatsqualität Republik vs. Demokratie − Republik meint gemeinwohlorientierte Herrschaft durch zeitlich befristete Wahlämter (Republik schließt demokratisches Prinzip nicht wirklich mit ein) − das republikanische Prinzip schließt so nicht unbedingt auch das demokratische Prinzip ein (Wahl meint nicht zwangsläufig demokratisch Wahl) − Demokratien aber benötigen dringend eine Ergänzung des demokratischen Prinzips (demokratische Wahl) um den republikanischen Gedanken (nur so Gemeinwohlorientierung gesichert) Die innere Organisation von Staaten Einheitsstaat (unitaristisch) Bundesstaat (föderalistisch) (Zentralisierter) Einheitsstaat Konföderaler Bundesstaat Dezentraler Einheitsstaat Unitaristischer Bundesstaat Einheitsstaat Merkmale unitaristischer Systeme: − Konzentration der Staatsgewalt auf Gesamtstaat (Zentralstaatliche Ebene) -> Regionen mit wenig Kompetenzen − Einheitliche Rechtsordnung − Keine gebietskörperschaftliche Autonomie − Zentripetal wirkendende Kräfte (zum Zentrum hingerichtet) − Oberstes Ziel: Integration und gleiche Lebensbedingungen Zentralisierter Einheitsstaat: − Keine Gebietskörperschaftliche Autonomie − keine administrative Dezentralisierung -> Behörden sind zentral organisiert − Kompetenzverlagerung fehlt völlig − Unterteilung in Regionen nur für statistischen Zwecke → Beispiele: Israel, Island Dezentraler Einheitsstaat: − Auf Regionalebene agierende Körperschaften → eigene Organe und Kompetenzen − Differenzierung: Stärke der Regionalautonomie − Kompetenzen sind eingeschränkt und von Zentralregierung bewilligt − Eingriff der Zentralregierung in Regionalautonomie jederzeit möglich → Beispiele: Frankreich, Spanien, UK (asymmetrische Dezentralisierung) Grundlagen des Föderalismus: − Philosophische Grundlagen: Thomas Hobbes John Locke Jean-Jacques Rousseau Immanuel Kant − Zwei Strömungen: Christliche Soziallehre → Subsidiaritätsprinzip (= vom kleinsten zum nächstgrößten) Compound republic (Federalist papers) → Gewaltenhemmendes und – kontrollierendes Modell Bundesstaat Merkmale föderalistischer Systeme: − Gliederung in territoriale Einheiten → Zusammenschluss gleichberechtigter, eigenständiger Glieder − Aufteilung der Staatsgewalt → zentralstaatliche und gliedstaatliche Kompetenzen − Konfliktlösungsmechanismen (formell und informell) − Subsidiaritätsprinzip − Zentrifugal wirkende Kräfte (vom Zentrum weg) − Oberstes Ziel: Vielfältigkeit und Eigenständigkeit Gliedstaaten – Trennline zwischen föderal und unitaristisch: − Regionen verfügen über Staatscharakter − Teilhaben an zentralstaatlicher Willensbildung − Souveränität → müssen auf zentralstaatlicher Ebene vertreten sein − Gleichberechtigt − Finanziell eigenständig! OHNE GELD GEHT NICHTS (Länder haben eigenständige Gelder, keine zweckgebundenen → aber: große Unterschiede in Ausgestaltung föderaler Systeme Konföderaler Bundesstaat: − Starke Trennung von Zentralstaat und Gliedstaaten bezüglich Institutionen − Verteilung von Kompetenzen nach politischen Feldern → wenig Abstimmung − Ausgeprägte Kompetenzen der Gliedstaaten → Beispiel: USA Unitaristischer Bundesstaat: − Verteilung nach Kompetenzart → viel Abstimmung − Gliedstaaten besitzen eigene Verfassung → autonome Bestandsgarantie − Starke Verschränkung bezüglich Institutionen und Kompetenzen ➔ wenige Kompetenzen die eindeutig zugewiesen werden können auf Landesebene − Länder führen Gesetzte des Bundes aus → Beispiel: Deutschland Einheitsstaat vs. Bundesstaat zentrifugal = nach Außen, vom Zentrum weg gerichtet zentripetal = nach Innen, zum Zentrum hingerichtet Unterscheidungen föderaler Ordnung − Orientierung an gesellschaftlichen Konfliktstrukturen „Coming-apart “-Föderalismus/ „holding-together-federalism “ → Differenzierungsföderalismus „coming-together-federalism“ → Vereinigungsföderalismus − Ausgestaltung der Kompetenzen der politischen Ebenen Symmetrischer Föderalismus Asymmetrischer Föderalismus − Organisation des innerstaatlichen Zusammenspiels von Bund und Ländern Dualer Föderalismus (Trennföderalismus) Kooperativer Föderalismus Dezentralisierung in Frankreich: − 1960er: Errichtung von 22 Regionen als Verwaltungseinheiten − 1982: Regionen werden selbstständige Gebietskörperschaften − 2003: Verankerung der Regionen in Verfassung − 2014: Reduktion auf 13 Großregionen Der französische Senat − indirekt gewählte Kammer auf territorialer Grundlage (Vertretung der Gebietskörperschaften) − ständige Versammlung Mitglieder: − Indirekte Wahl auf sechs Jahre − Zahl der Sitze progressiv erhöht (heute: 346) − Überrepräsentation von Abgeordneten einwohnerschwacher Räume − Inkompatibilität, Immunität, Indemnität Funktionen: − Wahlfunktion: entfällt (damit auch keine Möglichkeit Misstrauensvotum) − Kommunikationsfunktion: stärkere Disziplinierung der Debattenkultur − Kontrollfunktion: ausgeprägt − Legislativfunktion: Gesetzesinitiativrecht (allerdings keine Möglichkeit, Nationalversammlung zur Behandlung eines Antrages zu zwingen), beide Häuser müssen Gesetz verabschieden − Rechtsprechung: keine Rechtssprechungsfunktion, nur Möglichkeit des Senatspräsidenten, Verfassungsrat anzurufen Großbritannien: Devolution − Devolution als Begriff der Dezentralisierung − Lange Tradition, vor allem auf Schottland und Nordirland zurückzuführen − Probleme: eigene Parlamente mit verschiedenen Kompetenzen, England besitzt kein eigenes Parlament Das britische Oberhaus (House of Lords) − bedingtes Zweikammersystem − Ständekammer (-> damit kein Ausdruck der British Devolution!) Mitglieder: − Ernennung der life Peers durch Monarch (auf Vorschlag Premier), dabei Berücksichtigung Opposition und Parteilose − bis 1999 rund 1000 Peers und Berücksichtigung von Erbadel: hereditary peers (erbliche) Lords Temporal (weltliche Lords, v.a. life peers auf Lebenszeit) Law Lords, Lords Spiritual, anglikanische Bischöfe, Lord Chancellor − 1999: Reduktion der Peers auf ca. 700 − Seit 2009: Law Lords nicht mehr Teil des House of Lords − Immunität, Indemnität Funktionen: − Wahlfunktion: entfällt − Kommunikationsfunktion: sozial sehr unausgewogene Repräsentation, Thematisierungsfunktion bedeutsam (Diskussion von sekundären Themen) − Kontrollfunktion: ausgeprägt − Legislativfunktion: Initiativrecht (Ausnahme Finanzgesetze), suspensives Veto (Überstimmung durch Unterhaus nach einem Jahr in neuer Session möglich), große Expertise, detaillierte Beratung von Gesetzentwürfen möglich (Entlastung Unterhaus) − Rechtsprechung: seit 2009 entfallen Föderalismus in den USA − Dualer Föderalismus → Zuständigkeit getrennt nach Politikfeldern − Repräsentation im Senat → kein Einfluss der Einzelstaaten auf Bundesgesetzgebung − Ziele: Erhalt der Eigenständigkeit der Staaten Verhinderung von Machtmissbrauch und Machtkonzentration Verhinderung der Bildung einer tyrannischen Mehrheit → Ziel ist nicht – wie beim Bundesrat – die Garantie effizienten Regierens! Der US-amerikanische Senat − Zweite Kammer auf föderaler Grundlage − Vorsitz: Vizepräsiden − Mitglieder: 100 Abgeordnete Generalisten Inkompatibilität, Immunität, Indemnität Funktionen: − Wahlfunktion: Wahl des Vizepräsidenten im Fall, dass keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen erreicht (Auswahl nur zwischen den beiden Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl) − Kommunikationsfunktion: Recht der unbegrenzten Rede im Plenum → Filibuster − Kontrollfunktion: Befragungen in Ausschüssen, power of the purse, Organisationsgewalt, impeachment Detailbefragungen von Regierungsmitgliedern und Beamten in Ausschüssen power of the purse: Kongress muss allen Staatsausgaben des Bundes detailliert zustimmen (Zeitpunkt, Zweck, Betrag) Organisationsgewalt Impeachment gegen den Präsidenten − Legislativfunktion: Initiativrecht, Zustimmungspflicht (Gesetzte), Zustimmung (internationale Verträge) Initiativrecht der Senatoren Zustimmungspflicht zu allen Gesetzen Zustimmung zu internationalen Verträgen (mit 2/3-Mehrheit) Deutschland: “Verbundföderalismus” − exekutiver Föderalismus: Verteilung der Kompetenzen nach Kompetenzarten, nicht Politikfeldern (Bundeswahl) − kooperativer Föderalismus: Kooperation zwischen („viel reden“): Bund und Ländern Bundesländern untereinander Der deutsche Bundesrat − ständige Versammlung − Bundesratsprinzip -> Landesregierungen entsenden je nach Größe des Landes Anzahl an Vertretern − Ist der Bundesrat eine „echte“ zweite Kammer? → umstritten Mitglieder: − Vertreter der Landesregierungen → Regierungschefs und Staatssekretäre mit Sitz und Stimme im Landeskabinett − 69 ordentliche Mitglieder − Imperatives Mandat Funktionen: − Wahlfunktion: Hälfte der BVerfG-Richter − Kommunikationsfunktion: öffentliches Plenum, nicht-öffentliche Ausschüsse − Kontrollfunktion: Zitierrecht, Anrufung BVerfG, Subsidiaritätskontrolle − Legislativfunktion: Mitwirkung bei Gesetzgebung und Angelegenheiten der EU Reservegesetzgeber − Rechtssetzung: Mitwirkung an Verordnungen & Verwaltungsvorschriften des Bundes Mitwirkung im Notstandsparlament im Verteidigungsfall (Gemeinsamer Ausschuss) Föderalismus Pro Contra Multiplikation politischer Zentren und Nicht automatisch Akteure → machthemmendes und demokratiefördernde Wirkung machtkontrollierendes Element Keine automatische Steigerung der Effektivität der Aufgabenerfüllung bei ökonomischen Performanz regional differenzierten Problemen Unterschiedliche Regelungen der Möglichkeit der vertikalen Gliedstaaten → Inkonsistenz, Arbeitsteilung Probleme Stärkung der Responsivität des Intransparenz → kaum eindeutige Regierens Verantwortungszuschreibung Stärkung der Interessen möglich wirtschaftlich benachteiligter Langwierige Verhandlungsprozesse Regionen und Minderheiten und Entscheidungsprozesse → Gefahr der Politikverflechtungsfalle Gefahr der Förderung separatistischer Bestrebungen 5. Sitzung: Herrschaftsformen Arten von Herrschaftsformen Zwei Möglichkeiten der Unterscheidung: Demokratie und Autokratie Demokratie, (nicht Demokratie) Autoritarismus, Totalitarismus Demokratie und Autokratie Kennzeichen autokratischer Herrschaft: − nicht durch Wahlen legitimierte Machtkonzentration in den Händen weniger (oder gar einzelner) die zudem kaum kontrolliert wird Herrschaftsform: Totalitarismus − »Bezeichnung für eine Form der Herrschaft, die Gesellschaft und Individuen einer totalen, weder durch Grundrechte noch durch Gewaltenteilung beschränkten Kontrolle unterwerfen will.« − Gesellschaft und Individuen werden totaler Kontrolle unterworfen − Weder durch Grundrechte noch durch Gewaltenteilung beschränkt − Macht zentriert auf eine Person, kleine Gruppe von Menschen (Trotzdem Machtkämpfe, aber oberste Instanz kann willkürlich eingreifen) − Problem: wenige empirische Beispiele NS-Zeit in Deutschland UdSSR unter Stalin → empirisch als Reinform kaum zu sehen, Elemente sind aber durchaus verbreitet Totalitarismus: (Idealtypische) Charakteristika: 1. Starke Ideologie, die auf das Schaffen neuer Menschen abzielt 2. Das Regime zerstört die Grenze zwischen öffentlich und privat und durchdringt extensiv alle Lebensbereiche 3. Ungeteilte Macht, großer Zwang durch Angst und Terror, hoher Mobilisierungsgrad 4. Keine Unabhängigkeit für Untergruppen und Subsysteme (Medien, Pädagogen, Bürokratie, Interessengruppen u.a.) 5. Zerstörerische Politik gegenüber Randgruppen 6. Unbegrenzte Willkür, Herrscher stehen über dem Gesetz 7. Partei allgegenwärtig mit zentraler Rolle Totalitarismus: (Idealtypische) Charakteristika (II): 1. umfassende Ideologie 2. von Führerprinzip gekennzeichnete Massenpartei 3. Anspruch der Kontrolle der Gesellschaft 4. Nachrichtenmonopol und nahezu vollständige Kontrolle der Massenkommunikation 5. nahezu vollständiges Kampfwaffenmonopol 6. Kontrolle und Lenkung der Wirtschaft und wichtiger gesellschaftlicher Gruppen Totalitarismus: Charakteristika Sartori Friedrich / Brezinski Starke Ideologie -> Schaffung neuer Umfassende Ideologie Menschen Zerstörung der Grenze zwischen öffentlich Anspruch auf Kontrolle der Gesellschaft und privat -> durchdringt alle Lebensbereiche Ungeteilte Macht -> Zwang (Angst und Nahezu vollständiges Kampfwaffenmonopol Terror), hoher Mobilisierungsgrad Keine Unabhängigkeit für Untergruppen Zerstörerische Politik gegenüber Kontrolle und Lenkung der Wirtschaft und Randgruppen wichtiger gesellschaftlicher Gruppen Unbegrenzte Willkür Nachrichtenmonopol und nahezu vollständige Kontrolle der Massenkommunikation Partei allgegenwärtig (zentrale Rolle) Von Führerprinzip gekennzeichnete Massenpartei Drittes Reich Sowjetunion (Nationalsozialismus) (Stalinismus) Ideologie Völkischer Marxismus - Leninismus Nationalsozialismus Massenpartei NSDAP KPdSU Terrorsystem Gestapo, KZ – System, SA Tscheka /KG, Gulag - /SS System Monopol Aufhebung Pressefreiheit Aufhebung Pressefreiheit Massenkommunikationsmittel 1933 1917 Gewaltenmonopol Wehrmacht, Gestapo, SD, Rote Armee, KGB SS, SA Zentrale Lenkung der Kriegswirtschaft Kollektivierung, Wirtschaft Planwirtschaft Herrschaftsform: Autoritarismus − Eine Herrschaftsordnung, die durch den Vorrang straffer, meist polizeistaatliche Züge tragender hierarchischer Steuerung durch den Staatsapparat oder durch die Institutionen einer polit. dominierenden oder alleinherrschenden Partei (›Staatspartei‹) sowie durch die Schwäche oder das Fehlen wirksamer verfassungs- und rechtsstaatlicher Sicherungen gegen die Exekutive und gegen das Tun und Lassen polit. mobilisierter Anhängerschaften des Regimes charakterisiert ist. Autoritarismus: Definition und Merkmale − Begrenzter, nicht-verantwortlicher politischer Pluralismus →aber durchaus vorhanden − Ausgeprägte Mentalität → aber keine allumfassende Ideologie − Politische Mobilisierung nur in ausgewählten Momenten → nicht extensiv und dauerhaft − Macht kaum formal definiert → aber sehr vorhersagbare Grenzen Autoritarismus: Typen Geddes Merkel Militärregime Kommunistische Parteienregime Einparteienregime Faschistische Regime Personalistische Regime Theokratische Regime Militärregime Rassistische Apartheitregime Modernisierungsregime Dynastische Regime Sultanistische Regime Korporatistische Regime Die These von Demokratiserungswellen nach Huntington Heute: weniger Demokratie, mehr autokratisch Zwischen autoritären und demokratischen Regimen − Problem: autokratische/autoritäre Systeme sind stabiler als erwartet → streben nicht zwingend nach Demokratie − Autokratische Elemente überwiegen die demokratischen Elemente − Diskutierte Lösungen: Einschränkung des autoritären Charakters Einschränkung des demokratischen Charakters Gleichzeitigkeit von demokratischen und autoritären Regimen Hybride Regime − These: demokratische und nicht-demokratische Elemente können nebeneinander existieren ohne Stabilität zu gefährden − Varianten ergeben sich aus unterschiedlichen Ausprägungen in 5 Segmenten: Wahl der Regierung Zivile Kontrolle der Armee Offenheit des politischen Prozesses Rechtsstaatlichkeit Staatliches Gewaltmonopol Hybride Regime Beispiele − Neopatrimonialismus → Klientelismus und Patronage − Polyarchien → gleichzeitige Existenz verschiedener Zentren politischer Macht (relatives Höchstmaß an Partizipation und freiem Wettbewerb) − Sultanic regimes → Verwaltung und Armee als Instrumente des Patrons − Prätorianische Systeme → hohe Instabilität und häufige Regierungswechsel Transformation Übergang von einem Systemtyp zu einem anderen, bei dem verschiedene gesellschaftliche Teilsysteme (politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich) gleichzeitig von interdependenten Wandelprozessen betroffen sind Transition oftmals weitgehend synonym zu Transformation verwendet, im engeren Sinne begrenzt auf den Übergang von einem nichtdemokratischen (autoritären, totalitären) zu einem demokratischen Regime Transformation These zu: Wie findet Modernisierung in Herrschaftssystemen statt? − Demokratie als Fortschritt − Wirtschaftliche These: Je besser es den Menschen geht, desto stabiler die Demokratie − wirtschaftliche Entwicklung – Demokratisierung − Wenn es den Menschen gut geht, ist die Demokratie stabil − Diskussion: auch in Autokratien gibt es stabile Wirtschaften → Sozioökonomische Voraussetzungen Transition These zu: Personen und Akteurs bezogenen Transitionen − Machthabende Elite stabil – Regime stabil − Es muss Instabilität vorliegen, oder ausgelöst werden − Elite muss sich spalten (Angst vor Machtverlust) – nur so Transition → Akteure Konzepte von Demokratie → Schwierigkeit, allgemeingültige Definition zu bestimmen − Minimalistisch: Wettbewerb um Stimmen → „parties lose elections“ − Moderat: Wettbewerb, Partizipation und Responsivität − Extensiv: lebendige Zivilgesellschaft und soziale Inklusion Merkmale der Demokratie Voraussetzungen und Bedingungen von Demokratie Essenzielle Bedingungen − Zähmung staatlicher Exekutivgewalt (effektive zivile Kontrolle militärischer und polizeilicher Gewalt) − Politische Kultur, die demokratischen Prozess unterstützt und Demokratie als positive Staatsform − Existenz einer pluralistisch gegliederten Gesellschaft → frei von staatlichem Dirigismus, breite Streuung von Machtressourcen (Politik, Gesellschaft, Wirtschaft) − Demokratieförderlicher Charakter der internationalen lage und außenpolitische Interdependenzen Begünstigende Bedingungen − Marktwirtschaft (kompatibel mit Erfordernissen sozialer Sicherung des Einzelnen und begrenzter staatlicher Intervention) − Pluralismus der Kulturen (KONSENS) Exkurs: Liberale Demokratie − Volk als Souverän − Legitimation von Repräsentanten (Volksvertretern) durch Wahl − Verpflichtet auf (auszuhandelndes) Allgemeinwohl − Wettbewerbsorientiert → pluralistisch Gesellschaft und Herrschaftsstruktur − Normativ beschränkt → Prämisse von Freiheit der Individuen − Konstitutionell beschränkt → Recht Teilregime liberaler Demokratien − Wahlregime (A): freie und faire Wahlen von Parlament und Regierung − Politische Teilhabrechte (B): Freiheiten der Meinung, Presse, Information und Assoziation − Bürgerliche Freiheitsrechte (Rechtsstaat) (C): individuelle Schutzrechte, Gleichheit vor dem Gesetz − Horizontale Gewaltenkontrolle (D): Exekutive, Legislative und Judikative hemmen sich wechselseitig − Effektive Regierungsgewalt (E): gewählte Entscheidungsträger mit realer Gestaltungsmacht Die Vorstellung »defekter Demokratie« These: Aus verschiedenen Beschädigungen der Teilregime liberaler Demokratien ergeben sich verschiedene Typen »defekter Demokratien« Wahlen als Legitimationsakt Definition Wahlen: „Bestimmung der personellen Besetzung von Ämtern oder der Zusammensetzung von Staats - und Verwaltungsorganen für eine bestimmte Zeit (Wahlperiode) durch Abstimmung der Wahlberechtigten“ → Achtung: Wahlen ≠ Plebiszit (Abstimmung über Sachfragen) Funktionen von Wahlen in demokratischen Systemen (nach Kaltefleiter/Nißen 1980): − Artikulationsfunktion (Konzepte, die präsentiert werden) − Integrationsfunktion (unterschiedliche Interessen müssen integriert werden (Parteien) − Machtzuweisungsfunktion − Machtkontrolle − Innovationsfunktion (wann werden neue Konzepte veröffentlicht, meist im Wahlkampf) Wahlsysteme Definition: Gesamtheit der gesetzlichen Bestimmungen eines Landes zur Regelung von Wahlen Wirkungsrichtungen von Wahlsystemen: − im Nachhinein: mechanischer Faktor (> Mandatsverteilung) − im Vorhinein: psychologischer Faktor (> Wählerverhalten) Grundwahlsysteme: − Mehrheitswahl − Verhältniswahl Mehrheitswahl vs. Verhältniswahl Mehrheitswahl Verhältniswahl Entscheidungsregel Majorz Proporz Repräsentationsprinzip Mehrheitsbildung Abbildung der Wählerschaft Zählwert vs. Erfolgswert Zählwertgleichheit Erfolgswertgleichheit Postulat Funktionalitätspostulat Gerechtigkeitspostulat technische Probleme Wahlkreiseinteilung Wahlkreisgröße, (»Gerrymandering«) Sperrklauseln 6. Sitzung: Regierungssysteme Definition Regierungssystem: »Regierungssystem bezeichnet die Gesamtheit aller politischen Einrichtungen eines Staates, die sich daraus ergebenden politischen Strukturen und Funktionen sowie die geltenden politischen Ordnungen und Normen« → Staatliche Akteure und ihr Verhältnis zueinander − Unterscheidung politisches System: nur staatliche Akteure einbezogen (halbstaatliche Akteure -> Parteien bilden Regierungseinrichtung, zählen aber hier nicht mit rein) Formen von Regierungssystemen Grundformen Mischform Präsidentialismus Semipräsidentialismus Parlamentarismus Grundform Parlamentarismus − bezeichnet ein Regierungssystem, in dem Amtsdauer und – Führung der Regierung vom Vertrauen des Parlaments abhängig ist − Legitimationskette: Volk wählt Parlament wählt Regierungschef − Enge Verschränkung zwischen Parlament und Exekutive → Prototypen: Deutschland und Großbritannien Grundform Präsidentialismus − Regierung und Parlament stehen sich in relativer Unabhängigkeit gegenüber − Legitimationskette: Volk wählt Parlament, Volk wählt Regierungschef → gleiche demokratische Legitimation − Zudem Regierungschef und Staatsoberhaupt in Personalunion → Prototyp: US Mischform Semipräsidentialismus − bezeichnet ein Regierungssystem, in dem die Amtsdauer und –Führung der Regierung vom Vertrauen des Parlaments wie des Staatsoberhauptes abhängig ist − darüber, ob sich Regierung und Parlament auf Augenhöhe begegnen oder die Regierung über das Parlament dominiert, entscheidet die parteipolitische Zusammensetzung des Parlamentes Grundsätzlich: Wahl des Parlaments und Wahl des Staatsoberhaupts, Ernennung des Regierungschefs durch Staatsoberhaupt → benötigt Vertrauen des Parlaments Stärke des Regierungschefs hängt von Zusammensetzung des Parlaments ab − Bsp.: Frankreich Staatsformen, Herrschaftsformen und Regierungssysteme Parlamentarismus vs. Präsidentialismus (in Demokratien): Grundlagen Demokratiemerkmale Kriterium Demokratie Herrschaftslegitimation Volkssouveränität Herrschaftszugang Offen (universales Wahlrecht) Herrschaftsmonopol Bei demokratisch legitimierten Institutionen Herrschaftsstruktur Pluralistisch (Gewaltenteilung, - Hemmung, - Kontrolle) Herrschaftsumfang Eng begrenzt Herrschaftsweise rechtsstaatlich Die Gewaltenteilung − Schlüsselkonzept der Demokratie − Pluralistisches Prinzip − Aufgaben: Konzentrierte Minderheitsdiktaturen ausschließen Mehrheitsdiktaturen verhindern Benachteiligten oder unterlegenen Minderheiten mitwirkende Teilhabe bzw. gesicherte Freiheitssphäre eröffnen Formen der Gewaltenteilung Teilungslehre Erklärung Staatsrechtlich (horizontal) Judikative (Judikative (Rechtsanwendung: primär Bewahrung), Legislative (Rechtssetzung: Planung, Zustimmung), Exekutive (Rechtsanwendung: Planung, Leitung) Temporal Zeitfrage (v.a. Amtsperiode) Föderativ (vertikal) Interdependenzen territorialer Handlungseinheiten sowie deren jeweilige Gestaltungskompetenzen konstitutionell Verpflichtung politischen Handelns auf eine verlässliche Rechtsordnung dezisiv Zugang zu politischen Willensbildungs- und Entscheidungs- Prozessen sozial Zugang zu politischen Ämtern Legitimationsketten Konfliktlinien in Regierungssystemen (in Demokratien) Konfliktlinien: UK und Deutschland − Bundesregierung / His Majestys Government (mit Gesetztes Initiativrecht) + Regierungsmehrheit (Parteien der Regierungskoalition → in GB nicht üblich) → Handlungseinheit − Opposition: formal machtlos → ohne Möglichkeit des Vetos im Falle eines geschlossenen Auftretens der Regierungsmehrheit (muss als Handlungsmacht geschlossen sein, nicht im Streit liegen, nicht zu teilen) − oft starke Fraktionsdisziplin (Systemnotwendig, Geschlossenheit sehr wichtig in dem Moment in dem Handlungseinheit aufgelöst ist wird Regierung unfähig, System bricht zusammen) Konfliktlinien: USA − Idee: System ohne Parteien → Parteien als Partikular Interessen (nicht gewollt) − Präsident (ohne formales Gesetzesinitiativrecht → bekam dieses Recht später in Praxis) − House of Representatives (als Teil des Kongresses mit Legislativkompetenz, entscheidet jeweils mit zu organisierenden ad-hoc Mehrheiten) − Funktionierte nicht, fehlende Ordnung, fehlende Führung → Parteien werden stärker Konfliktlinien: Frankreich − Regierungsmehrheit im Parlament → „normale Zeit“ − Präsident (ohne Gesetzesinitiativrecht) + Premier Minister (mit Gesetztes Initiativrecht; hier nur ausführende Kraft des Präsidenten, setzt dessen Zeile und Pläne um) + Regierungsmehrheit (Partei des Präsidenten und der Regierung (und eventuell Bündnispartnern)) = Handlungseinheit − Opposition ohne Möglichkeit eines Vetos im Falle eines geschlossenen Auftretens der Regierungsmehrheit − Cohabitation (bisher nur 3x → danach geänderte Wahlzeiten, weil Bevölkerung keinen schwachen Präsidenten wollte) − Premier Ministre (mit Gesetztes Initiativrecht) + Regierungsmehrheit (Partei der Regierung aber nicht des Präsidenten (+ eventuell Bündnispartner)) = Handlungseinheit − Präsident (ohne Gesetztes Initiativrecht) + Opposition (keine Möglichkeit des Vetos im Falle einer geschlossen auftretenden Regierungsmehrheit Charakter von Regierungssystem − Großbritannien: Westminstermodell (Gewaltenverschränkung mit Dominanz der Exekutive und Kontrolle durch Parteienkonkurrenz) − Deutschland: Ausgeprägte Gewaltenverschränkung im parlamentarischen Regierungssystem (wissenschaftliche Kontroverse: »Kanzlerdemokratie« vs. »Koordinationsdemokratie«) − USA: Gewaltentrennung in einem ausgeprägten System der »checks and balances« (»seperate institutions sharing power«) − Frankreich: »Rationalisierter Parlamentarismus«: Regierung mit dualer Exekutive Präsident – Premierminister ist Herrin des Verfahrens; Wechsel zwischen präsidentiellen Phasen (Präsident verfügt über majorité présidentielle im Parlament) und parlamentarischen Phasen (Machtbalance zugunsten des Premiers verschoben) Funktionslogiken der Regierungssysteme (in Demokratien) Vergleich Regierungssysteme Vergleich Regierungssysteme Vergleich Regierungssysteme Beispiele Vor- und Nachteile Regierungssysteme (aus Sicht Parlamentarismus) Das Direktorialsystem als weitere Mischform von Regierungssystemen 7. Sitzung: Exekutiven Regieren − Regierungen besitzen politische Steuerungsfunktion und Durchführungsfunktion − Politische Steuerung komplexer Gesellschaften − Ziel: allgemein verbindliche Regelungen und Entscheidungen in und zwischen Gruppen herzustellen (allg. Politikbegriff) → sollen also gestalten und steuern, nicht nur durchführen Politische Steuerung → zielgerichtete und zukunftsorientierte Gestaltung von Gesellschaft − Von Regierungen erwartet: sollen Inhalte erarbeiten, Interessen aggregieren und in Maßnahmen bündeln − Eröffnet viele Schwierigkeiten: Komplexität von Regieren Blick auf sämtliche Politikfelder nötig Zusammenfassung in kohärente Politik Spannungsfeld Langfristigkeit und Demokratie Schwierigkeit des Zukunftsdenkens Der gouvernementale Gestaltungsanspruch → Regieren meint, einen gesamtgesellschaftlichen Gehaltsanspruch zu verfolgen (politische Steuerung). → Dieser aber wird herausgefordert durch: andere Systeme und Subsysteme (im systemtheoretischen Verständnis) Institutionen (im institutionalistischen Verständnis) andere Akteure (Vetospieler) (situative) Handlungssituationen (im Verständnis des akteurszentrierten Institutionalismus) Rahmenbedingungen Herausforderung: andere Systeme und Subsysteme − Komplexe soziale Systeme sind selbst-referentiell, reproduzieren sich selbst und operativ (weitgehend) geschlossen → steuern sich selbst und sind nur bedingt beeinflussbar − Lassen sich nur bedingt „von außen“ steuern − Folgen Eigenlogiken und Eigendynamiken → Politik versucht trotzdem einzugreifen Herausforderung: Institutionen − Politische Steuerung ist stets in institutionelle Kontexte eingebunden − Sind Ressourcen der Macht − Limitieren Macht gleichzeitig − Normen und Werte (geben Handlungsspielräume und begrenzen sie auch – Gewaltenteilung Bsp.: Mehrheitsbildung) − Dinge die „Gestalten“ ermöglichen Herausforderung: Vetospieler − Politische Steuerung kann durch viele verschiedene Vetospieler beschränkt werden − Institutionelle Vetospieler (in Verfassungen genannt) − Parteipolitische Vetospieler − Sonstige Vetospieler (Medien, Öffentlichkeit, Interessensverbände → Regieren in unterschiedlichen Arenen: verschiedene Handlungslogiken Herausforderung: Handlungssituation − Politische Steuerung stark von Routinen geprägt − Aber: keine Situation entspricht exakt einer anderen − Braucht immer mehr Verhandlung und Abstimmung (Moderation) → keine rein hierarchischen Entscheidungen − „Es gibt nicht DAS EINE HANDBUCH“ − Ressourcen (Geld, Beliebtheit, Kontakte, Wissen,…) − Geschlossenheit (Obere Ebene wird gestärkt) Herausforderung: Rahmenbedingungen − Rahmenbedingungen können (wenn überhaupt) nur sehr langfristig geändert werden − Regieren ist stark abhängig von Rahmenbedingungen → muss sich daranhalten, sind situativ, aber nicht veränderbar − Beispiele: Externe Shocks Interdependenzen Pfadabhängigkeiten (Bsp.: Rente, um das System zu Ändern immer mehr Kosten, die anfallen) Routinen Gesetze Government − Gesamtheit staatlicher Institutionen und Gesetze − Staatliches Monopol der Rechtssetzung → staatliches Gewaltmonopol und hierarchische Entscheidungs-kompetenzen − Verbindliches Entscheiden im formalen Rahmen hierarchischer „government“- Strukturen − Regierungen und Verwaltungen als dominante Akteure − Politik wird also von Staat entschieden Government Governance Definition: − Nicht-hierarchische, dezentralisierte Form der Entscheidungsfindung − → Einbeziehung eines breiten Spektrums an Akteuren − Komplexe Abstimmungs-, Koordinations- und Verhandlungsprozesse − Plurizentrische Netzwerkstrukturen − Staatliche und private Akteure − Umfassen häufig mehrere politische Handlungsebenen Merkmale: − Wandel politischer Steuerungsmodi von Hierarchie zum „Regieren in und durch Netzwerke“ − Pluralisierung der mitwirkenden Akteure Government und Governance im Vergleich Strukturen im Parlamentarismus − Doppelspitze − Regierungschef: führt Kabinett, bestimmt Richtlinien der Politik − Staatsoberhaupt: zeremonielle Befugnisse − Dominanz des Regierungschefs gegenüber Staatsoberhaupt Strukturen im Präsidentialismus − Nur ein Oberhaupt → besitzt mehrere Funktionen (Staatsoberhaupt und Regierungschef) − Nicht per se stärker → abhängig von Einbettung in das System − Problem: Zusammenfall unterschiedlicher Rollen(-erwartungen) Regierungschef: Gestalter, eher parteipolitisch Staatsoberhaupt: integrierender Part, soll über Parteipolitik stehen → beides muss in Einklang gebracht werden Strukturen im Semipräsidentialismus − Sehr individuell ausgestaltbar − Regierungschef führt Kabinett und verfügt über eigene Exektutivrechte − Staatsoberhaupt hat großen Einfluss und Veto- sowie Reservatrechte − Staatsoberhaupt dominiert über Regierungschef Organisationsprinzipien Parlamentarismus vs. Präsidentialismus Parlamentarismus Präsidentialismus Kanzler-/Premierprinzip Präsidentenprinzip Kabinettsprinzip (Kabinettsprinzip) Ressortprinzip (Ressortprinzip) Parlamentarismus: 1. Kanzler-/Premierprinzip − Bildung der Regierung − Richtlinienkompetenz − Wahl durch das Parlament − Organisationsgewalt 2. Kabinettsprinzip − gemeinsame Beratung und Beschlussfassung − kollektive Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten − kollektive Handlungsbefugnisse nach außen 3. Ressortprinzip − selbstständige Leitung der Ministerien durch die Minister innerhalb der Richtlinien des Regierungschefs − Politische Führung, Weisungs - und Organisationsrecht im Amtsbereich Präsidentialismus: 1. Präsidentenprinzip − Präsident nominiert Regierungsmitglieder (»secretaries«) − bestimmt (formal) alleine Richtlinien der Politik − entscheidet (formal) alleine − ist für Entscheidungen verantwortlich − Parlament verfügt jedoch über Organisationsgewalt (in USA) 2. Kabinettsprinzip − Kabinett von geringer politischer Bedeutung − faktisch werden kollektiv entscheidende Gremien gebildet − Entscheidungen der Regierung trifft formal der Präsident allein und ist für sie verantwortlich 3. Ressortprinzip − Präsident gesteht Ministern eigenverantwortliche Führung zu − Faktisch tragen Minister damit auch Verantwortung bei Entscheidungen Beispiel: Deutschland − Duale Exekutivspitze mit Kanzler an der Spitze der Regierung, indirekt gewählter Bundespräsident − Wahl des Kanzlers durch Mehrheit im Bundestag − Bundesregierung entscheidet als Kollektiv − Monokratisches Kanzlerprinzip (Richtlinienkompetenz, Vorschlaf zur Ernennung und Entlassung der Bundesminister) − Ressortprinzip − Kabinettsprinzip nach innen (Kollegialität und Disziplin) Beispiel: Großbritannien − Duale Exekutivspitze: Premier als Spitze der Regierung, Erbmonarch als Staatsoberhaupt − Ernennung Premier durch Monarchen → Vorsitzender der stärksten Partei im Unterhaus − Premier nominiert Minister → Ernennung durch Monarchen − Kabinett entscheidet (formal) als Kollektiv − Kanzlerprinzip: soll primus inter pares sein, in Praxis aber Dominanz des Premiers − Ressortprinzip → ministerial responsibility − Kabinettsprinzip → collective responsibility Beispiel: USA − Große Machtfülle des Präsidenten − Hohe Erwartungshaltung − In Verfassungstheorie aber negative Rolle/innenpolitisch schwach aufgestellt (kein formelles Recht zur Gesetzesinitiative, suspensives Veto, pocket Veto) − Verfassungswirklichkeit: seit Roosevelt zentraler Akteur der Gesetzgebung − Erfolg ist von Umständen in Kongress abhängig Beispiel: Frankreich − Konkurrenz von Premier- und Präsidentenprinzip − Premier ist Regierungschef → leitet Tätigkeit der Regierung − Verantwortet Entscheidungen (kein Kabinettsprinzip) − Nur Premiers besitzen Gesetzesinitiativrecht − Minister führen Resorts eigenverantwortlich → formal nach Maßgaben des Premiers, Präsident hat de facto auch Einfluss − Machtfülle und viele Kompetenzen des Präsidenten Die Verwaltung als Teil der Exekutiven Aufgaben: − Ausführung der Staatsaufgaben: Ordnungsverwaltung: Konkretisierung und Kontrolle gesetzlicher Vorschriften Leistungsverwaltung: Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen steuernde Verwaltung: Planungs- und Präventionsmaßnahmen − Entscheidungsvorbereitung Funktionsbereiche: − Finanzverwaltung − Erbringung öffentlicher Dienstleistungen − regulative und kontrollierende Bürokratien − Militär: Schutz nach außen − Polizei: Schutz nach innen 8. Sitzung: Legislativen Das Parlament Definition: Politische Vertretungskörperschaften, die zwischen den Regierenden und der Exekutive platziert sind und „einen beträchtlichen Teil gesellschaftlichen Inputs in das politische System“ übermitteln − Sollen Interessen aus Gesellschaft selektiere, aggregieren und in politische Entscheidungsprozesse einbringen − Einzige direkt demokratisch legitimierten Organe − In Demokratie: Vertretungskörperschaften gehen aus regelmäßig stattfindenden Wahlen hervor − Aber: nicht der einzige Ort oder Akteur, der Input liefern kann Kennzeichen von demokratischen Parlamenten (nach Repräsentationstheorie): − Pluralistische Vertretung − Bestellung durch Wahlen − Diskussion und Diskurs − Freies Mandat Pluralistische Vertretung − Basis: Pluralistische Gesellschaft − Möglichst viele Interessen der Gesellschaft sollen in Parlament repräsentiert werden − Viel-Parteien-System: viele Parteien im Parlament → entsprechende Aushandlung der Inhalte findet dort statt − Zwei-Parteien-System: Selektions- und Aggregationsverfahren findet bereits innerhalb der Partei statt → entsprechendes Auftreten in Parlament Bestellung durch Wahlen − Zentraler Unterschied zu Versammlungen − Keine Delegation, sondern Legitimation durch Wahlen − Bundesrat → kein Parlament Diskussion und Diskurs − Parlament als Ort, an dem das Allgemeinwohl ausgehandelt wird − Durch Diskussion: Feststellung wo Mehrheiten liegen − Repräsentationstheorie: absolut zentral zu diskutieren − Entscheidender Ort auch für Diskussion/Auseinandersetzung und politischen Wettbewerb Freies Mandat − Abgeordnete sind nur eigenem Gewissen unterworfen − Können selbst entscheiden, wie sie abstimmen wollen → (Kern-)Gedanke der repräsentativen Demokratie Repräsentative Demokratie Repräsentation: − Rechtlich autorisierte Ausübung von Herrschaftsfunktion − Autorität mittelbar oder unmittelbar vom Volk abgeleitet − Gesamtinteresse des Volkes zu dienen → wahren Willen zu vollziehen − Alle Abgeordneten sind auf Gesamtinteresse des Volkes verpflichtet → freies Mandat − Gemeinwohl steht nicht a priori fest → muss ausgehandelt werden − Verpflichtung auf Gesamtinteresse als Idealbild → Spannungsfeld mit Verpflichtungen Responsivität Definition: Democratic responsiveness‹ is what occurs when the democratic process induces the government to form and implement policies that the citizens want. When the process induces such policies consistently, we consider democracy to be of a higher quality. Indeed, responsiveness in this sense is one of the justifications for democracy itself. − Vereinfacht: Grad der Nähe der Politik zum Bürger − Setzt der demokratische Prozess (das Parlament) Politik um, wie sie von Bürgern gewünscht ist − Messung: bsw. durch Zufriedenheit mit Inhalten und generelle Zusammensetzung − Fragen von Repräsentationsdefizitien sind auch immer Fragen von Responsivität − Hängt stark mit Frage der Legitimation zusammen Legitimation moderner Parlamente Im Sinne einer Input- und Output-Legitimation wird Legitimation von Parlamenten vor allem anhand von zwei Indikatoren gemessen: − Wahlbeteiligung als Input-Legitimation − Funktionserfüllung als Output-Legitimation Funktionen demokratischer Parlamente Legislativfunktion − kein anderes Organ in demokratischen Staat darf letztliche (tatsächliche) Entscheidung über bindende Beschlussfassungen haben − Letztliche Entscheidung liegt immer bei Parlament Kontrollfunktion − Kontrolle der Regierung/des Regierungshandelns Wahlfunktion − Parlamente wählen Artikulationsfunktion − Selektierte/aggregierte Interessen werden auch tatsächlich eingebracht → Ideen müssen geäußert werden Parlamentsfunktion im parlamentarischen System Parlamentsfunktion im präsidentiellen System Bikameralismus Unterschiede zum Unikameralismus: − zwei Kammern bilden das Parlament − üblich vor allem in föderalen Staaten Funktionen der zweiten Kammer: − zusätzliche Repräsentation von Regionen oder anderen Interessen (z.B. Ständen) − zusätzliche Machtkontrolle/-verteilung innerhalb der Legislative − Entlastung der ersten Kammer bzw. Bereitstellung zusätzlicher Leistungen durch Arbeitsteilung Bikameralismus Bedingungen der Funktionserfüllung von Parlamenten (in Demokratien): − Organisation, die a) Funktionsfähigkeit sicherstellt und b) effektive Willens- und Entscheidungsprozesse ermöglicht − eigene Spielräume der Willensbildung (↔ »Befehlsempfänger«) − eigene inhaltliche Gestaltungsspielräume (Entscheidungsgegenstände) − Ressourcenausstattung (die Funktionsfähigkeit sicherstellt bzw. ermöglicht) − (effektive) Kontrollinstrumente − öffentliche Wahrnehmung − Rückkopplung an Bürger − Gestaltungswille Kontrollfunktion Kontrollarten Kritikarten zeitliche Dimensionen politische Sachkritik ex-ante Richtungskontrolle Personalkritik gleichzeitig Effizienzkontrolle Stilkritik ex-post Rechtskontrolle Kontrollfunktion Kontrollinstrumente: − interpellative Verfahren − Ausschusswesen − Klage vor dem Verfassungsgericht − Abwahl der Regierung (Parlamentarische Systeme) Probleme: − Informationsungleichgewicht − Mehrheitsprinzip Handlungsstrukturen Plenum − Vollversammlung der Abgeordneten als kollektives Organ → Verfassungsorgan („das Parlament“) − Ort der sichtbaren Politik → Plenum öffentlich für Bürger − Entscheidungen in der Regel nur im Plenum → Ausnahme: Verordnungen − Steuerung des Plenums durch „Speaker“ oder „Präsident“ (i.d.R. mit Hilfe eines Vorstands oder Ältestenrates) Fraktionen − Politische Gruppe von Abgeordneten → gleiche Partei − Ausdifferenzierte Organisation → eigene Rechte − Relativ hierarchische Ordnung Funktionen: Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments Organisation stabiler Mehrheiten Entlastung des einzelnen Abgeordneten → Arbeitsteilung innerhalb der Fraktion verdeutlicht Notwendigkeit der Fraktionsdisziplin Konfrontation mit dem politischen Gegner Abgeordnete − Vertreter des Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, nur ihrem Gewissen unterworfen − Gleichzeitig: Parteien wirken bei politischer Willensbildung mit → Spannungsfeld: “auftragsfreie Repräsentation“ und moderner Parteienstaat Funktionen: − Teilhabe an Parlamentsfunktionen − Evtl. Teilhabe an Oppositionsfunktionen → Kritik, Kontrolle, Mitwirkung, Alternative Parlamentstypen Opposition im Präsidentialismus − Kontrollierender Zugriff des Parlaments auf Regierung ist strukturell begrenzt → Legitimationsketten − Gleichzeitig mehr Mitwirkungsmöglichkeiten − Regierung kann Opposition nicht durch Parlamentsauflösung zu schwächen versuchen − Bei schwacher Fraktionsdisziplin hat Opposition grundsätzlich mehr Möglichkeiten in Gesetzgebung einzugreifen Opposition im Parlamentarismus − Umgekehrtes Abhängigkeitsverhältnis: knappe/brüchige Mehrheitsverhältnisse verleihen Opposition starke Rolle − Folglich: Opposition relativ machtlos, solange Regierungsmehrheit relativ geschlossen ist − Regierung: faktisch vom Parlament gebildet und entsprechend von seinem Vertrauen abhängig 9. Sitzung: Judikativen Die Judikative → letzte der horizontalen Gewalten − Zentral in Demokratien → Konfliktlösung ohne Gewalt − Erst unter Montesquieu als eigenständige Gewalt konstituiert − Besonderer Stellenwert im System der Gewaltenteilung Verfassungsgerichtsbarkeit − „Schlussstein der Rechtsstaatlichkeit“ → zentral(ste) Akteure − Sicherung des Verfassungsrechts als letztverbindliche Norm − Verfassungsgerichte als „Hüter“ und „Interpreten“ der Verfassung − Problem: wer kontrolliert diese → Instanzenwege und Selbstkontrolle − Sehr unterschiedliche Verfassungsgerichtsbarkeiten und Politisierungsgrade − Verfassungsgerichtsbarkeiten sind keine Notwendigkeit für Demokratie − Unterscheidung: konzentrierte und diffuse Verfassungsgerichtsbarkeiten Formen der Verfassungsgerichtsbarkeit Judicial Review: → rudimentäre Verfassungsgerichtsbarkeit − Prüfung von nachrangigem Recht und Exekutivhandeln − Eher schwach bzw. stark eingeschränkt Konkrete Normenkontrolle: → gemäßigte Verfassungsgerichtsbarkeit − Formelle Prüfung oder formelle und materielle Prüfung im konkreten Fall − Braucht bei materieller Prüfung also konkreten Fall Abstrakte Normenkontrolle: → starke Verfassungsgerichtsbarkeit − Formelle und materiell Prüfung im abstrakten Fall − Brauch keine konkrete Betroffenheit → muss nicht warten, bis Gesetz implementiert wurde → stärkste Verfassungsgerichte haben i.d.R. alle kombiniert Prüfung von Gesetzen & Verfassungswidrikeit Prüfung von Gesetzen: − Formelle Prüfung: ist ein Gesetz von Verfahrenswegen her korrekt? − Materielle Prüfung: ist ein Gesetz inhaltlich korrekt? Verfassungswidrigkeit: − Formelle Verfassungswidrigkeit: Kompetenzen oder konkrete Verfahren wurden nicht eingehalten − Materielle Verfassungswidrigkeit: Inhalt einer Norm stimmt nicht mit dem Inhalt der Verfassung überein Verfassungsgerichte als Vetospieler Vetospielerpotential von Verfassungsgerichten vor allem abhängig von: − Verfassungskonzeptionen − Selbstverständnis der Verfassungsgerichte − Inanspruchnahme der Verfassungsgerichtsbarkeit durch Politik Verfassungskonzeptionen Legitimation staatlichen Handelns − Doktrin der Parlamentssouveränität (Bsp. GB: Verzicht auf eine kohärente, geschriebene Verfassung sowie gerichtliche Normenkontrolle) − Doktrin der Volkssouveränität (Bsp. F: beschränkte Kompetenzen des Conseil Constitutionnel) − Doktrin der Verfassungssouveränität (Bsp. Bundesrepublik D und USA: ausgebaute Verfassungsgerichtsbarkeit) Doktrin der Parlamentssouveränität − Alle Souveränität liegt beim Parlament → was dort entschieden wird als letzte Entscheidung − Repräsentiert den Willen des Volkes → Souverän des Volkes entscheidet souverän − Besitzt als Souverän das Recht auf Letztentscheidung Doktrin der Volkssouveränität − Volkssouveränität steht an letzter Stelle → Wille des Volkes ist nicht kontrollierbar − Möglichkeit Gesetze in Referendum einzubringen − Wenn Volk eine Entscheidung fällt, kann diese nicht mehr überprüft werden Doktrin der Verfassungssouveränität − Ausgebaute Verfassungsgerichtbarkeit, Verfassungssouveränität − Verfassung als letzte Instanz, steht über Parlament und Volk − Verfassung sollen Grundsätze einer Gesellschaft darstellen, sind zentraler, grundlegender und fundamentaler Art → sollen Kollektiv für immer tragen − Soll über dem (situativen) Willen und Stimmungslagen stehen Vergleich Supreme Court – Bundesverfassungsgericht Verfassungsänderungen Bsp.: Frankreich − Initiativrecht: Präsident, Premierminister, Mitglieder Parlament − Annahme durch beide Kammern mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen, Zustimmung durch Volksentscheid außer: Initiative des Präsidenten, hier 3/5-Mehrheit des Kongresses nötig − Unveränderbarkeit der republikanischen Staatsform Bsp.: USA − Vorschlag des Kongresses mit 2/3-Mehrheit beider Häuser oder Einberufung eines Konventes auf Antrag von 2/3 der Einzelstaaten − In beiden Fällen Beschluss des Antrags durch 2/3-Mehrheit beider Häuser und Ratifikation durch ¾ der Einzelstaaten notwendig − Keine Unveränderbarkeitsbestimmung (lediglich Änderung der Stimmverteilung im Senat bedarf Zustimmung aller betroffenen Staaten Bsp.: Deutschland − 2/3-Mehrheit der Mitglieder des Bundestages und der Stimmen im Bundesrat − Aufgrund von Art. 79 III „Ewigkeitsklausel“: Unveränderbarkeit des Art. 1 (Begründung Grundrechte) und des Art. 20 (Verfassungsprinzipien): republikanisches Prinzip Demokratieprinzip Sozialstaatsprinzip Bundesstaatsprinzip Volkssouveränität Gewaltenteilung Rechtsstaatsprinzip Selbstverständnis der Verfassungsgerichte → zentrale Frage des Selbstverständnisses und der Debatte wie politisch Verfassungsgerichte sein möchten Judicial activism − Liberale Ansicht − Notwendigkeit einer aktiven Rolle des Gerichts − Will zusätzlich legislative und exekutive Vollmachten an sich ziehen − Nicht nur Auslegung, sondern auch Gestaltung Judicial self-restraint − Konservative Ansicht − Richterliche Selbstbeschränkung − Verfassungswidrigkeiten werden nur anhand der Verfassung ausgelegt Weiteres Selbstverständnis: − „negativer Gesetzgeber“ − Verfassungsinterpretation definiert Gültigkeitsbereich − Vorgaben an Gesetzgeber für verfassungskonforme Gesetzgebung − Verpflichtung des Gesetzgebers zu Regelung → allein die Existenz von Verfassungsgerichten schränkt den Spielraum der Gesetzgebung/des Regierungshandelns ein Beispielfälle des Supreme Court Bush vs. Gore (2000) − Urteil: Verfassungswidrigkeit der Nachzählungen der Präsidentschaftswahl 2000 im Bundesstaat Florida − Zustimmung (5): Rehnquist, O‘Connor, Scalia, Kennedy, Thomas (alle durch republikanische Präsidenten nominiert) − Abweichend (4): Stevens, Souter, Ginsburg, Breyer (2 durch republikanische, 2 durch demokratische Präsidenten nominiert) → Kritik: konservative Richter hätten für, liberale gegen Urteil gestimmt Beispielfälle des Supreme Court Roper vs. Simmons (2005) − Urteil: Hinrichtung von Minderjährigen verstößt gegen Verfassung − Zustimmend (5): Stevens, Kennedy, Souter, Ginsburg, Breyer (3 durch republikanische, 2 durch demokratische Präsidenten nominiert) − Abweichend (4): Rehnquist, O‘Connor, Scalia, Thomas (alle durch republikanische Präsidenten nominiert) → Überraschung, dass Kennedy zum Mehrheitsführer avanciert, da dieser zum konservativen Kreis der Richter gezählt wurde Selbstverständnis der Verfassungsgerichte Selbstverständnis des BVerfG: − Grundlagenvertrag (1972, BVerfG-Urteil 1973) − Urteil: ist vereinbar mit Grundgesetz → erlegte sich selbst judical self-restraint auf − Keine Verkürzung oder Abschwächung der eigentlichen Kompetenzen − Verzicht „Politik zu treiben“→ kein Eingreifen in den von der Verfassung geschaffenen und begrenzten Raum freier politischer Gestaltung einzugreifen Beispielfälle des BVerfG Wahlkampfkostenpauschale (BVerfGE 24, 300 v. 03.12.1968) − Urteil: Verstoß von Bundestag und Bundesrat gegen Grundgesetz durch Festschreibung, dass Wahlkampfkosten-pauschalen nur auf Parteien verteilen zu sind, die min. 2,5% der gültigen Zweitstimmen erreicht haben − Prinzip der Chancengleichheit ist bei Erreichung von 0,5% der Stimmen bei Bundestagswahlen (1% bei Landtagswahlen) erreicht Inanspruchnahme der Verfassungsgerichtsbarkeit durch Politik − Frage, ob Verfassungsgerichte als selbstständige politische Akteure angesehen werden müssen − Können aufgrund ihres Selbstverständnisses aktivistisch sein → greifen in Politik sein − These: Politik ruft zunehmend Verfassungsgerichte zur Klärung eigentlich politischer Konflikte an − Inwieweit nutzt Politik Verfassungsgerichte − Kritik: Kontrollmechanismen der Gewaltenteilung funktionieren nicht mehr hinreichend − Kritik: Verfassungsgerichte avancieren zu „Ersatzgesetzgebern“ → Diskussion: Justizialisierung der Politik vs. Politisierung der Justiz Diskussion: Justizialisierung der Politik − Konflikt ist nicht zwingend, dass Verfassungsgerichte mehr politische Entscheidungen treffen oder dass sie konkrete Vorgaben geben − Problematik: Politik nutzt Gericht als strategisches Tool → Justiz als staatliches Instrument − Kritik: sollte politische Themen auch als solche behandeln → nicht zu schnell auf Justiz zurückgreifen Diskussion: Politisierung der Justiz − Verweis auf Aktivismus der Gerichte − Justizierung ist nicht das Problem → Fragen dürfen und müssen vor Gericht gebracht werden − Problem: Justiz ist ausgereift, bleibt aber nicht in eigenem Kompetenzbereich − Aktivistischer Stil ist viel zu stark → greift zu häufig in Exekutive und Legislative ein und macht Vorgaben Ort der Verfassungsgerichtsbarkeit im System der “checks and balances“ 10. Sitzung: Parteien und Parteiensysteme Parteien Definition (Sartori) Eine Partei ist jede politische Gruppe, die die Möglichkeit hat und nutzt, in Wahlen Kandidaten für öffentliche Ämter zu präsentieren − Sehr stark auf Macht zentriert − Unterscheidung zu anderen (organisierten) Interessen: Kandidatur für öffentliche Ämter − Mehr als nur intermediäre Akteure: vermitteln nicht nur, sondern auch unmittelbar Teil der Exekutive und Legislative Parteien Definition (Alemann) Parteien sind auf Dauer angelegte, freiwillige Organisationen, die politische Partizipation für Wähler und Mitglieder anbieten, diese in politischen Einfluss transformieren, indem sie politisches Personal selektieren, was wiederum zur politischen Integration und zur Sozialisation beiträgt und zur Selbstregulation führen kann, um damit die gesamte Legitimation des politischen Systems zu befördern − Was sollen Parteien leisten? − Trifft auf alle Parteien in demokratischen Systemen zu →freiwillig, keine Parteienzwang − Bieten politische Partizipation → verschiedene Interessen werden in politisches System integriert und damit dessen Legitimität gestärkt − Selektion von politischem Personal → Spitzenebene der Politik meist unter massivem Einfluss der Parteien besetzt − Realdefinition, die eher auf deutschen Raum zurückzuführen ist Parteien Definition (Parteiengesetz) − Vereinigung von Bürgern − Einfluss auf die politische Willensbildung − Feste und dauerhafte Organisation − Ziel, im Bundestag und/oder einem Landtag mitzuwirken − Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung → Teilnahme an Wahlen Ziele von Parteien (Strøm) − Vote-seeking (Stimmenmaximierung) − Office-seeking (Ämtermaximierung) − Policy-seeking (politische Gestaltung) → natürliche Hierarchie dieser Ziele − Aber: nicht alle Parteien wollen Ziele gleichermaßen erreichen Strukturanalyse: Die »drei Gesichter« von Parteien − Partei als Organisation → interne Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse − Partei in der Regierung → agieren in dieser; Verhältnis Amtsträger und Partei − Partei im Elektorat → Partei in der Wählerschaft (starke Ausrichtung an USA) Strukturanalyse: Parteiebene − Party on the Ground → lokale und regionale Basis (hier Verständnis sehr unterschiedlich D → Mitglieder, USA → freiwillige ehrenamtliche Helfer) − Party in Central Office → Akteure des Parteiapparates − Party in Public Office → Parteivertreter in Parlament und Regierungen Funktionen von Parteien (Wiesendahl) − Partizipation → Organisation von politischen Willensbildungs- (und Entscheidungs-) Prozessen − Transmissionsriemen → koppelt und vermittelt zwischen Staaten und Bevölkerung (in beide Richtungen) → intermediäre Akteure − Selektion → was ist „relevant“, um von Partei bearbeitet zu werden − Integration → vermittelt Interessen und Akteure in System hinein − Sozialisation → politisches System soll von Gesellschaft internalisiert − werden − Legitimation → gegeben durch Wahlen, Parteien bieten Auswahl Historische Bedingungen der Entwicklung − Entstehung und Bedeutungszuwachs von Parlamenten − Demokratisierung und Ausweitung des Wahlrechts − Entstehung von Ideologie → Modernisierungsprozesse in Gesellschaft Ideologische Hauptströmungen Cleavages: Definitionen → Konfliktlinien ein dauerhafter Konflikt, der in der Sozialstruktur verankert ist und im Parteiensystem seinen Ausdruck gefunden hat cleavages are the criteria which devide the members of a community or subcommunity into groups, and the relevant cleavages are those which devide groups with important political differences at specific times and places Cleavages: Definition − Mehr oder minder kontinuierliche Wählerordnung, trennt Befürworter und Gegner gewisser Politikinhalte (sehr klar strukturierter Parteienwettbewerb) − Dauerhafte cleavages bestehen, wenn Policy-Dimensionen immer wieder beobachtet werden können oder durch Ideologische Standpunkte beschreibbar sind − Gegner und Befürworter verfallen immer wieder in ähnliche Konfliktsituationen Herausbildung und Gegenstand der Cleavages (Lipset/Rokkan) ➔ Cleavages kleiner geworden (Linien verschwimmen) ➔ Merkmale immer schwerer herauszuarbeiten ➔ Grundlage des ursprünglichen Systems funktioniert immer weniger (Parteien agieren auf einer Basis, die es so einfach nicht mehr gibt) ➔ Nicht mehr gleiche Relevanz der Theorie ➔ Milieus nicht mehr wirklich vorhanden (Kernklientel vtl.) ➔ These: eigentlich gilt klassische Cleavage-Theorie nicht mehr (Dealignment) Wandel von Cleavages REALIGNMENT − Wandel herkömmlicher Cleavages − Sind aber nicht komplett verschwunden − Neu Denken → neue Konfliktlinien tun sich auf → Abschied vom frozen party system und von klassischen Milieus & klassisch sozialstrukturell verankerten Konfliktlinien DEALIGNMENT − Gesellschaftliche Milieus verschwinden → massive Abnahme der Bedeutung von Cleavages − Zunehmendes Dealignment zwischen Wählern und Parteien → Entkopplung Wandel von Cleavages Folgen − Milieugebundene Monopolstellungen von Parteien verschwinden − Individuen verlieren klare Parteiaffinität − Vermehrt zweckrationalisiertes Wählen (?) − Vermehrt Issue- und/oder Kandidaten-Orientierung (?) Faktoren des Wählerverhaltens Party – Change Uneinigkeit über aktuelle Charakterisierung von Parteien, u.a.: − „Catch-All Party“ (Volkspartei → Allerweltspartei) möglichst breite Aufstellung Stimmenmaximierungsprinzip → ideologisch möglichst viele ansprechen → abstraktere Inhalte (Bsp. SPD) − Kartellpartei − Professionalisierte Wählerpartei → Catch-All mit Professionalisierung (Ressourcen –Hierarchisierung) − Postdemokratische Partei → geht immer mehr um Inszenierung (vote und office immer wichtiger) “Catch-All-Party” (Kircheimer) − Ähnlich zu Volksparteien − Partei entwickelt sich nach − Nutzenmaximierungsprinzip → „Allerweltspartei“ − Soziale Milieugrenzen verschwinden − Antagonismus zwischen Parteien verschwindet Folgen: − Annäherungstendenzen bei Großparteien − Milderung der Interessengegensätze Kartellpartei (Katz/Mair) − Entkopplungsprozess (Gesellschaft-Parteien) noch nicht vorbei − Einheitliche Klasse von Berufspolitikern − Parteien dienen primär der Nutzenmaximierung − Starke Betonung des Selbstbehaltes (Gesetze zum eigenen Vorteil ändern) (Bsp. 5% Hürde, Parteienfinanzierung) − Fraktionen immer wichtiger − Andere Wettbewerber raushalten Folge: − Pluralisierung innerparteilicher Strukturen − Kolonisieren zunehmend Staat → Sicherung der eigenen Existenz Professionalisierte Wählerpartei (Panebianco; von Beyme) − Berufspolitiker − Verstärkung des Parteiapparates durch externe Experten − Bedeutungsgewinn der Parteispitze Folgen: − Wählergewinnung wichtiger als Basisintegration Postdemokratische Partei (Crouch) − Parteien geben Funktion als Vermittler zwischen Staat und Gesellschaft auf − Bestehen aus Experten und Politikern, die Lobbyisten und Unternehmensinteressen vertreten Parteiensysteme Definition: Gesamtheit der in einem politischen System agierenden Parteien und Struktur ihrer wechselseitigen Beziehungen Klassifizierungskriterien von Parteiensystemen Anzahl der Zähleinheiten − Zweiparteiensystem − Mehrparteiensystem Programmatisch-ideologische Distanz − Polarisierte Parteiensysteme − Nicht-polarisierte Parteiensysteme Parteienstärke − Dominates Parteiensystem − Bipolares Parteiensystem − Multipolares Parteiensystem Richtung des Parteienwettbewerbs − Zentrifugale Parteiensysteme − Zentripetale Parteiensysteme Praxis der Machtausübung − Hegemoniale Parteiensysteme − Alternierende Parteiensysteme Regierungsbildung − Stabile Parteiensysteme − Instabile Parteiensysteme Parteiensysteme: Arten (Sartori) Parteienzahl − Ein- und Zweiparteiensysteme − Vielparteiensysteme Begrenzt pluralistisch (3-5 Parteien) Extrem pluralistisch (mehr als 5 Parteien) Pluralismus − Moderater Pluralismus − Polarisierter Pluralismus → abhängig von ideologischer Distanz Parteiensysteme: Analyseebene Parteien und Parteiensysteme im Vergleich USA: − Parteiensystem: auf Bundesebene Zweiparteiensystem − Parteien: Plattform für Wahlkämpfe Strukturierung der öffentlichen Meinung Interessenaggregation Bindeglied zwischen Regierungsteilen Großbritannien: − Parteiensystem: two party-plus System − Parteien: Parteien Ausdruck gesellschaftlicher Initiativen Erstmalige rechtliche Internalisierung 2000 („political parties, eclections and referndums act) Abschmelzung des traditionellen Parteienduplos seit den 1970ern Frankreich: − Parteiensystem: bipolares Parteiensystem − Parteien: Schwache verfassungsrechtliche Stellung Geringer Organisationsgrad Schwache Finanzkraft Zersplitterte und instabile Parteienlandschaft Deutschland: − Parteiensystem: Zwei-Gruppen-Parteiensystem (im Wandel) → extrem pluralistisch und zunehmend polarisiert − Parteien: Europaweit einmalige rechtliche Internalisierung der Parteien Parteienstaat vs. Parteiendemokratie Parteienstaat vs. Parteiendemokratie 11. Sitzung: Organisierte Interessen und Zivilgesellschaft Die Stimme des Bürgers in politischen Willensbildungs- & Entscheidungsprozessen − Logik repräsentativer Interessenselektion, -aggregation (Verdichtung) und – Artikulation (Forderungen) − Parteienwettbewerb − Integrierende Funktion hoher Staatsämter − Verfassungsgerichtsbarkeit − Konzept der Zivilgesellschaft − Formalisierende Beteiligungsverfahren − Direktdemokratische Elemente − Intermediäres System Integrierende Funktion hoher Staatsämter -> in der Regel Staatsoberhäupter − Aufgabe: überparteilich und integrierend wirken − In parlamentarischen und präsidentiellen Systemen von Bedeutung − „Präsident für alle“ − Möglichkeit der thematischen Akzentsetzung Politische Partizipation − Alle Handlungen, die Bürger freiwillig mit dem Ziel unternehmen, Entscheidungen auf den verschiedensten Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen − Bürgerliche Beteiligung mit Ziel der Einflussnahme auf politische Entscheidung − Unterscheidung in individuelle und kollektive Ebene Input-Orientierung − Politische Beteiligung soll sich nicht auf Teilnahme an Wahlen und Abstimmung beschränken → soll in allen Bereichen maximiert werden − Enthaltung (relevanter Teile) der Bevölkerung → Zeichen mangelnder Systemunterstützung, mögliche Gefährdung der Systemstabilität → Qualität des Handelns hängt von Input ab Output-Orientierung − Betonung der Systemperformanz − Beteiligung erfolgt vorwiegend durch Teilnahme an Wahlen, um demokratische Herrschaft zu legitimieren und zu kontrollieren − Nichtteilnahme: so lange unproblematisch, wenn hierdurch Zufriedenheit mit Output zum Ausdruck gebracht wird Exkurs: Partizipationsformen − Konventionell-verfasst Auf institutioneller Ebene des politischen Prozesses Rechtlich geregelt Hohe Legitimationsgeltung → In Gesetz/Verfassung verankert und zwingen entsprechend zu Handlung → Beispiel: Wahlen − Unkonventionell-unverfasst Außerhalb von institutionalisierten Bahnen Entsprechend nicht zwingend den geltenden Rechts - und Verhaltensnormen → entsprechend kein Zwang zur Handlung → Beispiel: Demonstrationen, Boykott Collective Political Action − Fordern Eliten, Autoritäten und andere Gruppen heraus − Geeinigt durch ein gemeinsames Ziel → aber nicht zwingend gleiche Interessen − Möchte Veränderung bewirken und stehen durch gemeinsame Identität geschlossen dar → starker Fokus auf Emotionen und Identitätsansätzen − Aber: Einigkeit bezieht sich primär auf gemeinsames Ziel, nicht auf Detailfragen − Wenn sich Herausforderungen („Challenges“) halten, können sie sich in soziale Bewegung wandeln Soziale Bewegungen Definition: “social movements can be thought of as collectivities acting with some degree of organization and continuity outside of institutional or organizational channels for the purpose of challenging or defending extant authority, whether it is institutionally or culturally based, in the group, organization, society, culture, or world order of which they are a part.” Merkmale: − Kollektives und gemeinsames Handeln − Nicht vollständig institutionalisiert − Gewisser Grad an Organisation (Organisationsfähigkeit herstellen – Zentrum) → Social Media Schwerer zu identifizieren − Verfolgung Wandel orientierter Ziele − Gewisse zeitliche Kontinuität − Gewisse kollektive Identität − (In die Gesellschaft einbringen) Erklärungsansätze Mikro-Ebene Meso-Ebene Makro-Ebene Rational Choice Theory of Political Ressourcenmobilisierung mobilization Opportunity Civic Voluntarism Model Theorie der Structures kollektiven Identität Querschnitt: → Wertewandel Rational Choice − These: Menschen als Eigennutzenmaximierer − Paradox of participation: Nutzen politischer Partizipation für Individuen recht gering → Kosten-Nutzen- Rechnung erklärt Partizipation nicht Trittbrettfahrerproblem → Partizipation kann nicht erzwungen werden (andere für sich kämpfen lassen) − Idee der Partizipationsanreize (incentives) Beispiel: Wahl als Bürgerpflicht Funktionieren heute nur noch bedingt Ressourcenmobilisierung − Strukturelle Faktoren sind wichtiger als individuelle Faktoren → bewegen Menschen eher zu Partizipation in sozialen Bewegungen − Beschäftigung mit Motiven, Kosten und Ressourcen − Beispiele für Ressourcen Geld, Menschen (Kontakte), Legitimation Gelegenheit, Arbeit, Rechte, Zugang zu Medien, (Bildungsgradbias) Personen, Räumlichkeiten, Netzwerke, Zeit, immaterielle Ressourcen (Wissen, Expertise, Sprache, Kompetenz, Selbstbewusstsein) Civic Voluntarism Model − Integrativer Ansatz − Ressourcen, Motivation und soziale Netzwerke steigern Wahrscheinlichkeit der Partizipation − Kein Aspekt allein kann Partizipation erklären → gebündelt ergeben sie aber einen validen Erklärungsansatz − Ressourcen: Fähigkeiten, Wissen, Zeit, Geld − Motivation: politische Interessen, political efficacy (Wirksamkeit) − Soziale Netzwerke: persönlich und beruflich, hier Austausch, Aufbau politik- naher Kompetenzen, Momente sozialer Erwünschtheit Theory of mobilization − These: personelle Faktoren (warum wer politisch aktiv ist) reichen nicht aus, um politische Partizipation zu erklären → Kosten > Nutzen − Mobilisierungsqualität als eigene Variable der Erklärung − “Mobilization, in all is forms, causes people to take part in electoral politics “ Mobilisierungsanstrengungen von Kampagnen Mobilisierende Interaktionen innerhalb sozialer Netzwerke Kollektive Identität − These: die Gruppe erschafft sich selbst als Gemeinschaft − Merkmale: Wir-Gefühl Betonung von Gemeinschaft Abgrenzung Symbolisch vermittelte Vergemeinschaftung Orientierungscharakter (der Mobilisierung ermöglicht) Langfristig Political Opportunity Structure − grundlegend: Eisinger (1973), Tarrow (1996) − Ziel: Erklärung des Auftretens, nicht des Erfolges von sozialen Bewegungen − Rolle von strukturellen Rahmenbedingungen − Einfluss verschiedener politischer Systeme oder − Einflussvariablen innerhalb eines Systems Analysedimensionen: − Offenheit oder Geschlossenheit einer politischen Institution − Konsens oder Dissens politischer Eliten − Existenz von Verbündeten und Kapazitäten − Bereitschaft des Staates zur Anwendung von Repressionen Ergänzungen cultural opportunity structures: − ideologische oder kulturelle Widersprüche − plötzlich aufkommende Missstände − Dramatisierung der Schwachstellen oder Unrechtmäßigkeit eines Systems − Verfügbarkeit eines »Master Frames« Direkte Demokratie (Herrschaftsform) − basiert auf Idee der unmittelbaren Herrschaft des Volkes − Erstrebt prinzipielle Identität von Regierenden und Regierten − Unterscheidung von Staat (citoyen) und Gesellschaft (bourgeois) soll entfallen − Aus „Zuschauerdemokratie“ soll „Teilnehmerdemokratie“ werden − Direkte Demokratie will möglichst viele Bürger in Entscheidungsprozesse einbeziehen (nicht nur Willensbildungsprozesse) → eigene Herrschaftsform! Direktdemokratische Elemente − Grundlogik des Systems: repräsentative Demokratie − Ergänzt um direktdemokratische Elemente − Personalentscheidungen: Wahl: Parlament, Staatsoberhaupt, Regierung, Richter usw. Abberufung: einer Behörde, einzelner Personen − Sachentscheidungen: Plebiszit Volksbefragung fakultatives Referendum obligatorisches Referendum Volksinitiative/Volksbegehren/Volksentscheid Anregung Direktdemokratische Elemente im Vergleich Frankreich: − Recht der Präsidialplebiszite − konsultativ bei Verfassungsänderungen (oder 3/5-Mehrheit im Kongress) oder bei Ratifizierung eines Vertrages über den Beitritt eines Staates zur Europäischen Union (oder 3/5-Mehrheit in beiden Kammern) − Volksentscheid auf Initiative 20 Prozent der Parlamentsmitglieder und zugleich 10 Prozent der Wahlberechtigten USA: − nur auf einzelstaatlicher Ebene nich

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