Elemente der Unternehmensführung: Ziele, Planung und Kontrolle PDF

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Dr. Martin W. Knöll

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business management corporate strategy organizational planning business administration

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This document is study material for the course "Elements of Business Management: Goals, Planning, and Control". It covers topics such as setting corporate goals, planning processes, and control systems. The material is designed for students in vocational training programs and business administration programs. The study guide also establishes a link between the introduced elements and modern management approaches.

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Studienmaterial Elemente der Unternehmensführung: UFU210 Ziele, Planung und Kontrolle Dr. Martin W. Knöll 1 Elemente der Unternehmensführung: Ziele, Planung und Kontrolle Einleitung un...

Studienmaterial Elemente der Unternehmensführung: UFU210 Ziele, Planung und Kontrolle Dr. Martin W. Knöll 1 Elemente der Unternehmensführung: Ziele, Planung und Kontrolle Einleitung und Lernziele 3 1 Unternehmensziele 5 1.1 Einleitendes Beispiel: Ansprüche an die Unternehmenszielsetzung 5 1.2 Inhalte von Unternehmenszielen 7 1.3 Zielfunktionen 8 1.4 Das Zielsystem 10 1.4.1 Sach- und Formalziele 10 1.4.2 Die Zielhierarchie 12 1.4.3 Haupt- und Nebenziele 14 1.4.4 Die Zielbeziehungen 14 1.5 Anforderungen an die Formulierung von Unternehmenszielen 17 1.6 Der Zielbildungsprozess 21 1.6.1 Die Träger der Zielbildung 21 1.6.2 Prozessstufen der Zielbildung 25 1.7 Grundsatzvorgaben, strategische, taktische und operative Ziele 28 1.8 Strategische Ziele und Strategien 30 1.9 Koordinationsaspekte 31 1.10 Zusammenfassende Checkliste: Anforderungen an die Formulierung eines Zielsystems 31 2 Planung 33 2.1 Grundlagen der Planung 33 2.1.1 Betriebswirtschaftliche Planungsgründe 33 2.1.2 Planungsbegriff und Phasenabgrenzung 34 2.1.3 Planungsfunktionen 38 2.1.4 Entwicklungsstufen der Planung 41 2.2 Planung als Handlungssystem 42 2.2.1 Ziele der Planung 42 2.2.2 Planungsprozess und Planungsverrichtungen 43 2.2.3 Objekte der Planung 55 2.2.4 Planungsinstrumente 64 2.2.5 Zeitbezug der Planung 74 2.2.6 Raumbezug der Planung 75 2.2.7 Planungsträger 78 2.3 Ebenen der Planung 82 2.3.1 Planungen des normativen Managements 83 2.3.2 Strategische, taktische und operative Planung 83 2.4 Grenzen der Planbarkeit 84 2.5 Koordination der Planung 87 2.5.1 Koordination der Planung durch die Gestaltung der Planungsinstanzen und -stellen 87 Inhaltsverzeichnis å UFU210 2 2.5.2 Koordination der Planung durch die Gestaltung des Planungsprozesses 88 2.5.3 Planungsanpassungen als zeitbezogene Koordinationsleistung 91 2.5.4 Simultane Gesamtplanung 95 2.6 Koordination durch Planung 96 3 Kontrolle 97 3.1 Grundlagen 97 3.2 Elemente des Kontrollsystems 98 3.2.1 Ziele und Funktionen der Kontrolle 98 3.2.2 Kontrollobjekte 101 3.2.3 Kontrollverrichtungen und -formen 102 3.2.4 Kontrollinstrumente 104 3.2.5 Zeit- und Raumaspekte der Kontrolle 104 3.2.6 Kontrollträger 105 3.3 Bausteine und Eigenschaften des Kontrollsystems 106 4 Ziele, Planung und Kontrolle in der modernen Unternehmensführung 108 4.1 Bezug zum Controlling 108 4.2 Neuere Sichtweise: Ziele, Planung und Kontrolle als Bausteine eines integrierten Managements 109 Zusammenfassung 113 Antworten zu den Kontrollfragen 114 Literaturverzeichnis 120 Stichwortverzeichnis 123 Copyright 2009, AKAD. Die Privat- Hochschulen GmbH Copyright Ein Unternehmen der AKAD Bildungs- Cornelsen-Gruppe. gesellschaft mbH Telefon: Telefon: (07 11) 8 14 95 - 0 (07 11) 8 14 95 - 0 Internet: Internet: http://www.akad.de http://www.akad.de Alle Alle Rechte Rechte vorbehalten. vorbehalten. Jede Jede Verwertung Verwertung außerhalb außerhalb derder Grenzen Grenzen des des Urheberrechtsgesetzes Urheberrechtsgesetzes ist ist ohne ohne Zustimmung Zustimmung der der AKAD AKAD unzulässig unzulässig und und strafbar. strafbar. Das Das gilt gilt insbesondere insbesondere fürfür Vervielfältigungen, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen Mikroverfilmungen und und die die Einspeicherung Einspeicherung undund Bearbeitung Bearbeitung inin elektronischen elektronischen Systemen. Systemen. Inhaltsverzeichnis å UFU210 3 Einleitung und Lernziele Die Auseinandersetzung mit Zielen, Planung und Kontrolle ist grundlegender Bestandteil der Lehrbücher, die in die Betriebswirtschaftslehre einführen. Somit richtet sich diese Lerneinheit vornehmlich an Studierende in IHK-Fortbildungslehrgängen und an Studen- ten 1 der Wirtschaftswissenschaften im Propädeutikum. In Lerneinheit UFU210 geht es um die „klassischen“ Bausteine der entscheidungsorien- tierten Betriebswirtschaftslehre. Ziel-, Planungs- und Kontrollsysteme sind aber auch Bausteine des erweiterten systemtheoretisch-fundierten Ansatzes des „integrierten Managements“. Das Zielfindungssystem wird dabei zusammen mit dem Planungs- und Kontrollsystem ganzheitlich und miteinander verbunden betrachtet. Ziele setzen die „Handlungsbedingungen“ für die weiteren Aktivitäten. Planungen dienen nicht nur der vorausschauenden Problemanalyse, sondern vor allem auch der sachlichen, hierarchi- schen und zeitlichen Integration zukunftsgerichteter Vorhaben. Ziel- und Planungswerte bilden damit auch die Grundlage und Vorgabe für eine systematische Kontrolle betrieb- licher Handlungen. Wird der „Ziel-Planungs-Kontrollverbund“ um das Informationsmanagement erweitert sind bereits die wesentlichsten Merkmale eines Controllingsystems genannt. Unter Ein- bezug quantitativer und qualitativer Analysen ist aus der Integration von Ziel-, Planungs-, Kontroll- und Informationssystem das Managementinstrument des Controllings entstan- den. Somit ist die Beschäftigung mit den Führungselementen Ziele, Planung und Kon- trolle und deren Beziehungen keineswegs überholt, sondern fundamentaler und integraler Bestandteil moderner Managementansätze. Die Vermittlung des Lernstoffs erfolgt handlungs- und praxisbezogen. Über die gesamte Lerneinheit hinweg, d. h. von der Zielbildung bis hin zur Kontrolle, werden immer wieder die Bezüge zu einer Verkehrs AG hergestellt und mit Praxisgegebenheiten untermauert. Die Auswahl der Verkehrs AG ist rein zufällig geschehen. Der Sachverhalt hätte auch an Unternehmen anderer Branchen (z. B. Industrie, Handel, Bank, Versicherung) erklärt werden können. Im Kapitel 1 beschäftigen Sie sich u. a. mit den wichtigsten Bestandteilen des Ziel- systems (Inhalte von Unternehmenszielen, Zielfunktionen, Struktur eines Zielsystems etc.) und dem Prozess der Zielbildung. Nach Durcharbeitung dieses Kapitels sind Sie in der Lage, betriebliche Zielsysteme in ihre Elemente zu zerlegen, zu analysieren, zu bewerten und bei der Formulierung von Zielen fachkompetent mitzuwirken. Der Planungsprozess und die strukturellen Bausteine des Planungssystems sind Thema des Kapitels 2. Auch hier zielt die Vermittlung des Lernstoffs darauf ab, Ihnen hand- lungsorientierte Kompetenzen zu vermitteln. Sie sollen nach Durcharbeitung des Kapi- tels in der Lage sein, Planungssysteme einzuordnen, zu analysieren, zu bewerten und unterstützen zu können. Durch die Vermittlung der handlungsrelevanten Inhalte werden 1 Die deutsche Sprache bietet leider keine einfache und gleichzeitig befriedigende Möglichkeit, die weibliche und männliche Form gleichberechtigt und gleichzeitig auszudrücken. Wenn im Folgenden die männliche Person gewählt wird, ohne explizit die weibliche Form anzusprechen, bedeutet dies keines- wegs eine Diskriminierung der weiblichen Form. Es versteht sich von selbst, dass stets auch die weib- liche Form mit angesprochen wird. Einleitung/Lernziele å UFU210 4 Sie auch dazu befähigt, sich am Aufbau eines betrieblichen Planungssystems zu betei- ligen. Das insbesondere mit dem Planungssystem korrespondierende Kontrollsystem ist Gegenstand des 3. Kapitels. Sie erkennen dabei die Verflechtung der Kontrollhandlungen mit dem Planungssystem und die prozessuale Integration in den kybernetischen Regel- kreislauf. Ferner werden die Kernelemente der Kontrolle besprochen. Nach der Durch- arbeitung von Kapitel 3 sollen Sie in der Lage sein, verschiedene Arten von Kontroll- handlungen zu erkennen sowie zu analysieren, bewerten und gestalten. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Einbindung der Ziele, Planungen und Kontrollen in die Konzepte der modernen Unternehmensführung. Sie erkennen dabei, dass die Beschäfti- gung mit diesen Basiselementen der Unternehmensführung keineswegs überholt ist, sondern vielmehr diese (z. B. innerhalb eines Controllingkonzepts) unterstützen. Verän- derungen im wirtschaftlichen, rechtlichen und gesellschaftlichen Umfeld bedingen eine Anpassung der Unternehmensführung an die veränderte Situation. Selbstverständlich müssen dabei die Bausteine der Unternehmensführung entsprechende Ausprägungen an- nehmen. Exemplarisch werden einige ziel-, planungs- und kontrollseitige Konsequenzen hinsichtlich einer Anpassungsfähigkeit an eine komplex-dynamische Situation erörtert. Einleitung/Lernziele å UFU210 5 1 Unternehmensziele Man muss sich einfache Ziele setzen, dann kann man sich komplizierte Umwege erlauben. CHARLES DE GAULLE 1.1 Einleitendes Beispiel: Ansprüche an die Unternehmenszielsetzung Wie Sie aus der Abbildung 1 erkennen können, sind Ziele, Planung und Kontrolle wich- tige Bestandteile der Unternehmensführung. Wir wollen im Weiteren auf diese ausge- wählten Elemente des Führungsprozesses eingehen. Ziele und Zielbildung sind aus prozessualer Betrachtung der Ausgangspunkt der Unter- nehmensaktivitäten. Ziele sind als „Soll-Vorgabe“ formuliert für alle Phasen der Unter- nehmensführung eine feste Bezugsgröße. Dies gilt insbesondere für die Planung und Kontrolle. Abbildung 1: 1. Einbindung der Unterneh- Setzen von mensziele im Führungs- Unternehmens- prozess zielen 5. 2. Kontrolle Planung Unter- nehmens- führung 4. Umsetzung/ 3. Organisation Entschei- der Umsetzung dung In der Fachliteratur finden sich die Begriffe „Unternehmensziele“ und „Unternehmungs- ziele“. Teilweise werden die Begriffe exakt unterschieden, teilweise synonym verwen- det. In einer exakten Differenzierung sind Unternehmungsziele die Ziele der Institution „Unternehmung“, während hingegen die Unternehmensziele, die Ziele einer Aktion bzw. Handlung sind (Bsp. „Unternehmen bzw. Aktion: Übernahme eines Konkurrenten am Markt“; „Unternehmen bzw. Aktion Marktbearbeitung“). Teilweise werden jedoch die Begriffe synonym verwendet. Der Begriff „Unternehmensziel“ wird dabei dem Begriff „Unternehmungsziel“ gleichgesetzt. Im Weiteren folgen wir der synonymen Variante. Wir verwenden die Begriffe „Unternehmung“ und „Unternehmen“ synonym. Um uns die Zielzusammenhänge zu verdeutlichen, versetzen wir uns in eine Sitzung der obersten Geschäftsleitung eines als Aktiengesellschaft geführten Verkehrsbetriebs (Ver- kehrs AG). Im Rahmen dieser Sitzung soll darüber entschieden werden, ob eine Groß- Kapitel 1 å UFU210 6 investition über 16 neue Omnibusse im kommenden Geschäftsjahr vorgenommen wer- den soll. Zu dieser Geschäftsleitungssitzung hinzugezogen wurden aufgrund der weit- reichenden Bedeutung dieser Entscheidung ein Vertreter der Mitarbeiterschaft und je ein Vertreter der für den öffentlichen Personennahverkehr und der für den Umweltschutz zuständigen Behörde. Die Verkehrs AG möchte die Omnibusse primär im Linienbetrieb zur Anbindung entlegener Ansiedlungen einsetzen. Allerdings sollen die Busse an Wochenenden (bei eingeschränktem Linienverkehr) auch für Fernreisen einsetzbar sein. Nachdem das für die Betriebsleitung zuständige Geschäftsleitungsmitglied das Investi- tionsvorhaben technisch und kostenmäßig erläutert hat, wird die Diskussion eröffnet. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung sieht in der geplanten Investition eine langfristige Sicherung des Unternehmens und verspricht sich eine mittelfristige Gewinnerhöhung durch die Senkung der Betriebskosten und durch Synergieeffekte bei der Mehrfachnutzung der Busse am Wochenende für Fernreisen bei dann eingeschränktem Linienverkehr. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass zunächst ein Finanzbedarf entstehe, dessen Deckung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht als gesichert gelten könne. Banken würden ihre Finan- zierungszusage von weitergehenden Informationen über die Rentabilität dieser Anlage und den Nachweis der Liquidität der Unternehmung abhängig machen. Der Behördenvertreter der Umweltbehörde führt aus, die Verkehrs AG sei ein wichtiger Arbeitgeber in der Region, deshalb könne man auf eine Unterstützung durch die staat- lichen Stellen zählen. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass Unternehmen eine umweltpolitische Verantwortung tragen. Er erinnert in diesem Zusammenhang an behördliche Auflagen im Hinblick auf die Luftreinhaltung (geplante Feinstaubverord- nung), die wegen der neuesten Umweltschäden sehr streng gehandhabt werden müssten. Der Behördenvertreter für den öffentlichen Personennahverkehr fügt hinzu, dass das Liniennetz mittels privater Verkehrsbetriebe ausgebaut werden soll. Es wird in ca. 4 Wochen eine öffentliche Ausschreibung zur Vergabe des Liniennetzes geben. Die Amtsleitung würde es begrüßen, wenn sich die Verkehrs AG an der Ausschreibung beteiligen würde. Eine Garantie, dass die Verkehrs AG den Zuschlag bekomme, gebe es natürlich nicht. Diesen Ausführungen begegnet der Vorsitzende der Geschäftsleitung mit dem Hinweis, dass die Busse mit neuester Technik versehen wären. Zudem würden 3 ältere Busse mit höherem Schadstoffausstoß früher stillgelegt. Bezogen auf den Ausbau des Liniennetzes ergebe die Investition nur dann Sinn, wenn die Verkehrs AG den Zuschlag bekommt. Er rechne aber – mangels genügend großer Mitbewerber – damit, zum Zuge zu kommen. Der Mitarbeitervertreter fragt nach den Konsequenzen für die Arbeitsbedingungen, ins- besondere im Bereich der Arbeitszeitgestaltung an den Wochenenden nach. Unter den Kollegen sei aufgrund eines Gerüchts Unruhe entstanden. Es werde befürchtet, dass durch die angesprochenen Synergieeffekte vermehrt Wochenendschichten gefahren werden müssten. Derzeit wären die Diensteinsätze am Wochenende auf ein erträgliches Maß reduziert. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung antwortet hierauf, dass das Unternehmen zur langfristigen Sicherung des Betriebes (und damit auch der Mehrzahl der Arbeitsplätze) verpflichtet sei. Nur so sei es möglich, langfristig die Position am Markt wenigstens zu behaupten. Die Unternehmensleitung sei sich aber ihrer sozialen Verantwortung bewusst. Eine genaue Abschätzung über die Auswirkungen des Großinvestitionsvorhabens auf die Arbeitsbedingungen sei noch nicht erfolgt. Er sagt aber zu, dies unverzüglich nach- Kapitel 1 å UFU210 7 zuholen. Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen wird im weiteren Entscheidungspro- zess als Ziel nicht aus den Augen verloren. Die langfristige Sicherung eines angemesse- nen Gewinnes muss aber für die Unternehmung als Oberziel weiterhin Geltung haben. Dies verlangen auch die Aktionäre von der Geschäftsleitung. Zusammenfassend erteilt der Vorsitzende der Geschäftsleitung dem betriebstechnischen Leiter den Auftrag, das Projekt weiter voranzutreiben, eine Realisierung in einem über- sehbaren Zeitraum sicherzustellen und hierbei Finanzierungs-, Umwelt- und Arbeits- platzaspekte nicht aus dem Auge zu verlieren. In diesem Sinne seien die ebenfalls betrof- fenen Abteilungen (Planungs- und Organisationsabteilung, Einkauf usw.) zu instruieren. Wir verlassen jetzt diese Geschäftsleitungssitzung, da sie uns genügend Stoff zur in- haltlichen Klärung gegeben hat. Um diese komplexe Thematik der Zielsetzungen von Unternehmen anschaulich zu machen, zerlegen wir diesen Prozess gedanklich in Ab- schnitte, die in der Praxis oft simultan ablaufen. Wir werden dabei u. a. die nachfolgen- den Fragen behandeln: – Welche Ziele werden in der Unternehmenspraxis verfolgt? – Wozu braucht eine Unternehmung Ziele? – Was versteht man unter einem Zielsystem? – Welche Beziehungen bestehen innerhalb eines Zielsystems? – Wie sollten Unternehmensziele formuliert werden? – Wie kommen Unternehmensziele zustande? 1.2 Inhalte von Unternehmenszielen Ziele sind generell Soll-Zustände, die das Unternehmen oder einzelne Gruppen oder einzelne Unternehmensmitglieder anstreben. Ziele legen allgemein fest, „wer“, „was“, „wann“ erreichen soll. Wir wollen uns nun anschauen, welche Unternehmensziele in der unternehmerischen Praxis verfolgt werden. In der Betriebswirtschaftslehre war man lange Zeit der Auffassung, Unternehmen ver- folgten allein das Ziel der Gewinnmaximierung auf kurze oder lange Sicht. Die Unter- nehmenspraxis zeigt aber, dass es nicht nur dieses eine Ziel gibt, sondern dass weitere Ziele mehr oder weniger ausgeprägt neben oder gar anstatt des Gewinnstrebens verfolgt werden. Fokussiert wird in einer erwerbswirtschaftlichen Betriebswirtschaft allerdings häufig das Gewinnstreben (Dominanz des Gewinnziels), da es in der Regel Grundlage für die Erreichung anderer Ziele ist. Die nachfolgende Aufstellung zeigt Ihnen eine Auswahl wesentlicher Unternehmensziele: a) Gewinn- oder Renditestreben auf kurze und/oder lange Sicht b) Umsatzstreben c) Marktbeherrschung, Erreichung von Marktmacht d) langfristige Sicherung der Unternehmung (als Vermögensanlage, als Erwerbsquelle) e) Sicherheit der Arbeitsplätze (aus sozialer Verantwortung) f) Wahrung der Unabhängigkeit der Unternehmung g) Fortführung einer Tradition h) Versorgung der Bevölkerung (insbesondere anzutreffen bei öffentlichen Betrieben, z. B. bei Krankenhäusern) i) Sicherung der Umweltverträglichkeit Kapitel 1 å UFU210 8 Die unter f) und g) genannten Ziele findet man besonders häufig bei Klein- und Mittel- betrieben, die für die Erreichung dieser Ziele auf einen größeren Gewinn verzichten. Wenn Sie sich an das einleitende Beispiel erinnern, so stellen Sie fest, dass einige der oben stehenden Ziele dort auftauchen und von unterschiedlichen Personen verfolgt wer- den. Explizit erwähnt wurden Ziele wie Gewinnstreben, die langfristige Sicherung der Unternehmung, die Sicherheit der Arbeitsplätze, akzeptable Arbeitsbedingungen und die Sicherung der Umweltverträglichkeit. Mit diesen Zielen werden eine ökonomische und eine soziale Dimension ausgedrückt. Eine weitere Differenzierung unterscheidet monetäre und nicht-monetäre Ziele 1: Unter monetären Zielen versteht man solche, die sich in Geldeinheiten ausdrücken bzw. die sich auf Geldeinheiten zurückführen lassen. B Beispiele von monetären Zielen: – Es soll ein Gewinn vor Steuern von 1,5 Mio. € im nächsten Geschäftsjahr erzielt werden. – Der Umsatz der Unternehmung soll sich in den nächsten fünf Geschäftsjahren ver- doppeln. – Das Unternehmen strebt im nächsten Geschäftsjahr eine Umsatzrentabilität von 20 % an. 2 Zusätzliche Unterscheidungskriterien, die es uns erlauben, Unternehmensziele genauer zu beschreiben, werden wir im weiteren Verlauf kennenlernen. Wir werden unter ande- rem unterscheiden: – Sach- und Formalziele – Ober-, Zwischen- und Unterziele – quantifizierbare und nicht-quantifizierbare Ziele – begrenzte und unbegrenzte Ziele – operationalisierbare und nicht-operationalisierbare Ziele – strategische, taktische und operative Ziele. K a) Teilen Sie die obenstehenden Unternehmensziele – a) bis i) – in die zwei Gruppen „monetäre Ziele“ und „nicht-monetäre Ziele“ ein. b) Welche dieser Ziele sind ökonomisch, aber nicht monetär? 1.3 Zielfunktionen Wirtschaften besteht aus zielgerichteten (teleologischen) Handlungen. Alle zweckdien- lichen Handlungen der Unternehmensmitglieder der Verkehrs AG sind – abgesehen von eigennützigen und/oder unsinnigen Aktionen – auf Unternehmens(-teil-)ziele ausge- richtet. Somit übernehmen die Ziele wichtige Funktionen im Wirtschaftsbetrieb einer Unternehmung. Einige ausgewählte Funktionen 3 bestehen beispielsweise darin: 1 vgl. z. B. WÖHE, GÜNTER, 1993, S. 124. Gewinn × 100 2 Umsatzrentabilität = ---------------------------------. Umsatz 3 vgl. WELGE, MARTIN K., AL-LAHAM, ANDREAS, 2003, S. 111 f. Kapitel 1 å UFU210 9 Handlungs- und Orientierungsfunktion Ziele geben für das Unternehmen als Ganzes, für Bereiche, Abteilungen und Mitarbei- ter/-innen eine Leitlinie für die Zielerreichung bzw. Aufgabenerfüllung vor. Durch das Setzen von Zielen werden anstrebenswerte Zustände vorgegeben und ungewollte Ergebnisse des Handelns klar abgegrenzt. Bewertungsfunktion und Selektionsfunktion Handlungsalternativen bzw. Strategien können nur im Hinblick auf ihren Beitrag zur Zielerreichung bewertet werden. Ohne Ziele ist daher eine Strategiebewertung nicht durchführbar. Ebenso ist eine bewusste Auswahlentscheidung zwischen mehreren Handlungsalternativen bzw. Strategien erst durch vorhandene Ziele möglich. Ziele kennzeichnen damit immer auch die Handlungspräferenzen der Zielsetzungsträger. Steuerungs- und Koordinationsfunktion Durch das Setzen von Zielen werden Planungs-, Realisierungs- und Kontrollprozesse gesteuert und koordiniert. Diese Prozesse setzen stets Zielvorgaben voraus. Ziele bewir- ken, dass die daraus resultierenden Aufgaben aufeinander abgestimmt werden können. Beurteilungs- und Motivationsfunktion Aus verhaltens- und handlungsorientierter Sicht sind Ziele Anreize für Einsatz und Anstrengungen. Realistisch gesetzte Ziele zu erreichen ist auf allen Unternehmensebe- nen ein Ansporn, sich für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Letztlich geben Ziele den Maßstab für die Leistungsbeurteilung und bei erfolgreicher Erreichung auch einen zentralen Bezugspunkt für die Entlohnung der Organisationsmitglieder vor. Legitimationsfunktion Die Zielvorgaben verleihen die Berechtigung für das Handeln des Unternehmens, der Bereiche, Abteilungen und eines jeden Organisationsmitglieds. Sie erklären die Sinn- haftigkeit des Tuns. Informationsfunktion Gesetzte und bereits erreichte Ziele liefern wichtige Informationen zum Zustand einer Unternehmung, eines Bereichs, einer Abteilung und eines Mitarbeiters. Durch diese Art der informatorischen Fundierung ermöglichen sie es, weitere Handlungen zu antizipie- ren und bessere Entscheidungen zu treffen. Konfliktlösungsfunktion Bei bestehenden Konflikten bieten die formulierten Ziele den Bezugspunkt für die Beurteilung der aktuellen Lage und für die Lösung des Konflikts. Ex ante sollen die formulierten Ziele möglichst verhindern, dass Konflikte überhaupt erst entstehen. Inwiefern spielen Ziele bei der Mitarbeiterführung eine Rolle? K Kapitel 1 å UFU210 10 1.4 Das Zielsystem Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass in Unternehmen mehrere Ziele gleichzeitig verfolgt werden. Dabei handelt es sich um pluralistische Zielvorstellungen bzw. um ein Zielsystem. Die einzelnen Bestandteile des Zielsystems sind wirkungsseitig miteinander verbunden und bedürfen der Koordination. So hat beispielsweise das Absatzziel der Verkehrs AG Wirkungen auf das Finanzziel. Je größer die abgesetzte Menge an Bus- fahrten umso höher die Einnahmen und Einzahlungen an liquiden Mitteln. Andererseits wirkt sich das vorgegebene Finanzziel auf das Absatzziel aus. Der abgesteckte Finanz- rahmen der Verkehrs AG bestimmt die Möglichkeiten der Anschaffung von Bussen, der Einstellung von Personal und des Einsatzes des absatzpolitischen Instrumentariums (z. B. Werbeausgaben). Da die Erstellung von Verkehrsdienstleistungen maßgeblich von der sachlichen und personellen Ausstattung und vom Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums abhängt, bestimmen somit die vorgegebenen Finanzziele auch den Absatzerfolg mit. Es bedarf einer Abstimmung aller Teilziele untereinander, um die direkten und mittelbaren Wirkungen (z. B. wird die Wirkung des einen Teilziels zur Einflussgröße eines anderen Teilziels) abschätzen und beherrschen zu können. Unternehmen haben in den seltensten Fällen nur ein Ziel. In der Regel verfolgen Unternehmen mehrere Ziele, die zusammen ein Zielsystem bilden. Dabei sind die Wechselwirkungen der einzelnen Ziele auf andere Ziele zu beachten und zu koordi- nieren. Wie sieht ein solches Zielsystem aus und welche Probleme können bei der Formulie- rung eines Zielsystems entstehen? 1.4.1 Sach- und Formalziele Das geordnete Ganze aller Handlungsabsichten, die von den Mitgliedern der Verkehrs AG verfolgt werden sollen, bildet das Zielsystem. Das Zielsystem wird inhaltlich gene- rell in zwei Teilsysteme gegliedert – in das Sachziel- und Formalzielsystem 1. Abbildung 2: Zielsystem nach Sach- und Formalzielen Zielsystem Sachzielsystem Formalzielsystem – betriebliche Leistungen – Betriebszweck wirtschaftliche Ziele technische Ziele soziale Ziele ökologische Ziele (Qualität, Flexibilität) 1 vgl. ZELEWSKI, STEPHAN, 2008, S. 52 ff. Kapitel 1 å UFU210 11 Das Sachziel des Betriebs erstreckt sich auf die Erbringung von Leistungen, die zum Zwe- cke der eigenen aber insbesondere der fremden Bedürfnisbefriedigung bereitgestellt wer- den. In unserem Beispiel besteht das oberste Sachziel der Verkehrs AG darin, Dienstleis- tungen im Personenverkehr zu erbringen. Sachziele geben darüber Aufschluss, was den Inhalt der betrieblichen Handlungen bestimmt und somit auch gewissermaßen über den Unternehmenszweck. In einer groben Betrachtung schlagen sich Sachziele bei der Ein- tragung eines Unternehmens ins Handelsregister nieder, da dort der Unternehmenszweck zu spezifizieren ist. Das oder die obersten Sachziele können – wie die Formalziele – auf alle Ebenen heruntergebrochen werden. Abgeleitetes Sachziel im Betriebsbereich (z. B. für einen Busfahrer) ist es beispielsweise, konkrete Fahrleistungen zur Personen- beförderung zu erstellen. Formalziele geben dagegen die Art und Weise an, in der die Sachziele des Verkehrs- betriebs verwirklicht werden sollen. Sie liefern daher konkrete Handlungskriterien (quasi als Bedingung), wie die betrieblichen Leistungen (z. B. Busfahren) zu erstellen sind. Die Formalzielinhalte werden anhand von vier Kategorien grob klassifiziert. Man unterscheidet Formalziele gemeinhin in wirtschaftliche, technische, soziale und ökologische Ziele. Wirtschaftliche Ziele beziehen sich auf die Ökonomität, d. h. auf die Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne. Es geht darum, das Input-/Output-Verhältnis möglichst günstig zu gestalten. So soll beispielsweise die Erstellung einer Busfahrt möglichst kostenmini- mierend erfolgen (hier als ein Beispiel auf der unteren betrieblichen Ebene). Hierzu soll sich u. a. der Busfahrer einer Fahrweise bedienen, die den Kraftstoffverbrauch mög- lichst gering hält. Auf der obersten Ebene strebt die Verkehrs AG z. B. das Ziel einer Gewinnerhöhung an. Um dieses wirtschaftliche Ziel zu erreichen, muss auch der Bus- fahrer mitwirken, indem dieser ebenfalls wirtschaftliche Ziele auf „seiner“ unteren Ebene verfolgt. Wirtschaftliche Ziele lassen sich beispielsweise in folgende Kategorien und Maßzahlen fassen: Wirtschaftliche Ergiebigkeit, Arbeitsproduktivität, Kapitalpro- duktivität, Umsatzrentabilität, Gewinn, Umsatzerlöse, Liquidität, Kennzahlen des Return of Investment (ROI) etc. Technische Zielebeziehen sich primär auf die qualitativen Eigenschaften, die sich an den Produkten bzw. Dienstleistungen, Produktions-/Leistungsfaktoren, Produktions-/ Leis- tungspotenzialen und am Produktions-/Leistungsprozess messen lassen. Vor allem wer- den dabei die Qualität und Flexibilität angesprochen. In unserem Beispiel könnte das Flexibilitätsziel darin bestehen, Omnibusse anzuschaffen, die sowohl für den Personen- nahverkehr bzw. Linienverkehr als auch für den Fernreiseverkehr geeignet sind. Man würde dabei eine Universallösung einer Speziallösung vorziehen. Das Qualitätsziel würde sich wiederum durch Kategorien wie Pünktlichkeit, Unfallfreiheit, Sauberkeit etc. beschreiben lassen. nehmen Bezug auf die Befindlichkeiten, Entwicklungsmöglichkeiten und Soziale Ziele Wünsche der Betriebsmitglieder (Arbeitnehmerschaft, freie Mitarbeiter). Soziale Ziele umgreifen das ganze Spektrum der klassischen Humanisierungsziele. Sie beziehen sich beispielsweise auf Fragen wie Arbeitszeiten, Arbeitsplatzgestaltung, Intensität der Arbeitsbelastung, Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz, Arbeitsplatzgarantie. Hinzu kom- men individuelle Entfaltungs- und Entwicklungsziele. Beispielsweise sind dabei Aspekte wie Gleichbehandlung, Aufstiegsmöglichkeiten, Berücksichtigung bei der betrieblichen Weiterbildung und Arbeitsfreude angesprochen. Kapitel 1 å UFU210 12 betreffen die Inanspruchnahme der natürlichen Umwelt. Dazu gehört Ökologische Ziele zum einen der schonende Verzehr natürlicher Ressourcen (Abbau von Bodenschätzen – in unserem Beispiel: Schutz der Erdölvorkommen durch spritsparende Motortechnik) und zum anderen die Belastung natürlicher Ressourcen (in unserem Beispiel: Filtertech- nik zur Reduzierung des Feinstaubausstoßes). 1.4.2 Die Zielhierarchie Im Zentrum des Zielsystems einer Unternehmung wird häufig das Ziel des langfristigen Gewinnstrebens unter Beachtung zusätzlicher Ziele als Nebenbedingungen stehen. Denken Sie an unser anfängliches Beispiel. Dort wurde in der Diskussion neben dem Gewinnstreben auch auf die Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung Wert gelegt. Bei diesen drei Zielen handelt es sich um sogenannte Oberziele, die zur Orientie- rung auf der Ebene der Gesamtunternehmung wichtig und hilfreich sind. 1 Für die nach- gelagerten betrieblichen Hierarchieebenen sind Oberziele aber als Handlungsanwei- sungen nicht konkret genug ausformuliert. Machen Sie sich hierzu bitte deutlich, dass z. B. das Gewinnstreben für den Leiter einer Personalabteilung als Orientierung bei sei- nen Entscheidungen nur wenig hilfreich sein kann. Folglich werden aus den Oberzielen Zwischen- und Unterziele (auch Teilziele genannt) abgeleitet. Schauen Sie sich hierzu die folgende Abbildung an. Abbildung 3: Oberziel Hierarchische Darstellung eines Zielsystems Zwischenziel I Zwischenziel II Unterziel I Unterziel II Unterziel III Unterziel IV Unterziel V Sie werden jetzt sicher wissen wollen, wie solche Teilziele in einem konkreten Fall aus- sehen könnten. Wir wollen daher die allgemein formulierten Oberziele durch konkrete Zwischen- und Unterziele ersetzen bzw. ergänzen (Ausführungen zur Zielhierarchie fin- den sich in vielen Grundlagenwerken zur allgemeinen BWL 2). Stellen Sie sich vor, dass aus dem Oberziel „Gewinnstreben“ für den Marketingbereich das Zwischenziel „Anstreben eines um 4 % erhöhten Marktanteils“ und für die Betriebs- abteilung das Zwischenziel „Senkung der Betriebskosten um 2 %“ abgeleitet werden. Für die darunter liegenden betrieblichen Ebenen ergeben sich als (mögliche) Unterziele im Bereich der Marketingabteilung z. B. „Erschließung neuer Kundenschichten durch neuartige Werbestrategien“ und „Verbesserung der Leistungsgestaltung mit dem Ziel einer verbesserten Kundenorientierung“. Im Betriebsbereich könnten z. B. die Unter- ziele „Minimierung von Stillstands- und Leerzeiten“ und die „Verbesserung von Trans- portmöglichkeiten“ formuliert werden. Dieses Beispiel wollen wir uns in der folgenden Abbildung noch einmal ansehen: 1 Teilweise wird auch das „langfristige Überleben“ als alleiniges Oberziel formuliert. Dann wäre das Gewinnstreben bereits ein nachgeordnetes Ziel. 2 vgl. z. B. WITTE, HERMANN, 2000, S. 58 ff. Kapitel 1 å UFU210 13 Abbildung 4: Unternehmen Beispiel eines Zielsystems Gewinnstreben Marketingabteilung Betriebsabteilung Anstreben eines um 4 % Senkung der erhöhten Marktanteils Betriebskosten um 2 % Erschließung neuer Verbesserung des Verkürzung der Verbesserung Kundenschichten Leistungsangebots Stillstands- und der Transport- durch neuartige mit dem Ziel einer Leerzeiten möglichkeiten Wettbewerbs- verbesserten Kunden- strategien orientierung Die Konkretisierung der Ziele nimmt bei Zwischen- und Unterzielen zu. Unmittelbar angestrebte Ziele sind Mittel zur Erreichung der höherrangigen im Sinne einer Zweck- Mittel-Beziehung. Oder anders ausgedrückt: Jedes untergeordnete Ziel ist im Hinblick auf ein übergeordnetes Ziel ein Mittel zur Erreichung der übergeordneten Ziele. Auf die Ableitung konkreter Zwischen- und Unterziele ist höchster Wert zu legen, damit sie einerseits als Motivation und Maßstab für die Mitarbeiter gelten können, anderer- seits der Erreichung des Oberziels dienen. Bedenken Sie, dass – wie wir vorne darge- stellt haben – mehrere Oberziele gleichzeitig verfolgt werden können. Dabei könnte es allerdings zu Schwierigkeiten kommen: So ist beispielsweise das Ziel der Betriebs- kostensenkung nicht ohne weiteres mit dem Ziel der Erhaltung der derzeitigen Arbeits- bedingungen zu vereinbaren. Innerhalb des Zielsystems einer Unternehmung unterscheiden wir aus hierarchischer Sicht Ober-, Zwischen- und Unterziele. Dabei nimmt die Konkretisierung der Ziele zu je tiefer die Zielebene angesiedelt ist. Jedes untergeordnete Ziel stellt ein Mittel zur Erreichung eines übergeordneten Ziels dar. Ordnen Sie die folgenden drei Unternehmensziele in einem Zielsystem an und versehen K Sie jede Zielebene mit dem zutreffenden Begriff (Oberziel/Zwischenziel/Unterziel). – Erhöhung der Kundenorientierung – Verbesserung der Gewinnsituation – Erhöhung des Marktanteils Kapitel 1 å UFU210 14 1.4.3 Haupt- und Nebenziele Während die Betrachtung der Zielhierarchie vertikal ausgerichtet ist, bezieht sich eine Betrachtung nach Haupt- und Nebenzielen 1 auf die gleiche Zielebene und ist somit hori- zontal ausgerichtet. Die Einteilung in Haupt- und Nebenziele setzt eine Gewichtung der Ziele voraus, die vom Entscheidungs- bzw. Zielsetzungsträger vorgenommen wird. Einem Hauptziel misst der Entscheidungsträger ein höheres Gewicht, einem Nebenziel ein geringeres Gewicht bei. Diese Einteilung bildet die Präferenzstruktur der Zielset- zungsträger ab. Man spricht hier von der Zielpräferenz (auch Artenpräferenz) des Ent- scheidungsträgers. Bezogen auf die Verkehrs AG könnte eine Einteilung wie folgt aussehen: Hauptziel: Senkung der Personalkosten um 3 % im nächsten Geschäftsjahr. Nebenziel: Keine betriebsbedingten Kündigungen im nächsten Geschäftsjahr. Stehen die beiden Ziele im Konflikt zueinander, wird die Artenpräferenz festlegen, dass primär das Hauptziel zu verfolgen sein wird. Das wichtigere Ziel stellt das Hauptziel dar, während das oder die Nebenziel/e häufig als Zielrestriktionen bzw. als Nebenbedin- gungen formuliert werden. 1.4.4 Die Zielbeziehungen Bereits im Eingangsbeispiel haben wir festgestellt, dass zwischen den verfolgten Unter- nehmenszielen unterschiedliche Beziehungen bestehen So stellt sich beispielsweise die Frage, ob die Ziele „Gewinnstreben“, „Umweltverträglichkeit“, „Senkung der Betriebs- kosten“, „Sicherung der Arbeitsplätze“ miteinander verträglich sind. Verfolgt man statt eines Einzelziels ein Bündel von Zielen, dann kann zwischen den einzelnen Zielen Ziel- komplementarität, Zielkonkurrenz oder Zielindifferenz bestehen. 2 Der Übersichtlichkeit wegen wollen wir uns die drei Zielbeziehungen jeweils an zwei Unternehmenszielen (zweidimensional) verdeutlichen 3. Das heißt, wir lassen alle übri- gen Umstände (andere Ziele, Rahmenbedingungen usw.) gleich bzw. nehmen diese als unveränderbar hin. 4 Zielkomplementarität liegt vor, wenn die Verfolgung des einen Ziels (Z1) gleichzeitig den Zielerreichungsgrad des zweiten Ziels (Z2) positiv beeinflusst. Die folgende Abbildung stellt dies dar: 1 vgl. HEINEN, EDMUND, 1992, S. 102 f. 2 Oft werden diese Zielbeziehungen auch Zielharmonie, Zielkonflikt und Zielneutralität genannt. 3 vgl. z. B. WÖHE, GÜNTER, 1993, S. 125 ff. 4 Man bezeichnet dies in der Wissenschaft als „ceteris-paribus“-Bedingung (ceteris paribus = unter sonst gleichen Bedingungen). Kapitel 1 å UFU210 15 Abbildung 5: Z2 Zielkomplementarität zwischen zwei Zielen Z1 Beispielhaft lässt sich diese Zielbeziehung an den beiden Zielen „Senkung der Betriebs- kosten“ (Z1) und „Gewinnstreben“ (Z2) darstellen. Gelingt es dem Betriebsbereich, die Betriebskosten zu senken, wird gleichzeitig (quasi automatisch) das Gewinnstreben der Unternehmung unterstützt. Sie können sich dies leichter vorstellen, wenn Sie in der Abbildung die konkreten Ziele aus dem Beispiel neben Z1 und Z2 schreiben. Verfahren Sie auch bei den beiden folgen- den Abbildungen so. Zielkonkurrenzbesteht, wenn eine erhöhte Zielerreichung bei einem Ziel (Z1) zu einer abnehmenden Zielerreichung bei einem anderen Ziel (Z2) führt. Sehen Sie sich auch hier die dazugehörige Abbildung an. Abbildung 6: Z2 Zielkonkurrenz zwischen zwei Zielen Z1 Wenn Sie an die Stelle von Z1 das Ziel „Intensivierung der Kundenorientierung“ und für Z2 das Ziel „Kostenminimierung“ setzen, so wird deutlich, dass die verbesserte Kun- denorientierung (z. B. durch erhöhten Personaleinsatz) dem Ziel der Kostenminimie- rung entgegenwirkt. Von Zielindifferenz spricht man, wenn sich die Zielerreichungen zweier Ziele nicht beeinflussen, d. h., bei einer zunehmenden Zielerreichung von Z1 verändert sich der Zielerreichungsgrad von Z2 nicht, wie Sie der nachstehenden Abbildung entnehmen können. Kapitel 1 å UFU210 16 Abbildung 7: Zielindifferenz zwischen Z2 zwei Zielen Z1 herrscht z. B. dann, wenn eine Unternehmung gleichzeitig die Reduzie- Zielindifferenz rung der Umweltbelastung und eine Qualitätsverbesserung des Kantinenessens anstrebt. Welche Zielbeziehungen in der Unternehmenspraxis vorliegen, muss am konkreten Fall untersucht werden. Unproblematisch sind komplementäre Zielbeziehungen. Dagegen treten insbesondere bei konkurrierenden Zielbeziehungen für den Entscheidungsträger Konflikte auf, die er in der Regel durch eine Zielgewichtung lösen wird. Ein Spezialfall des Zielkonfliktes liegt dann vor, wenn sich zwei Ziele völlig ausschließen. Wir spre- chen dann von einer Zielantinomie. Diese liegt beispielsweise dann vor, wenn ein beschränktes Budget entweder komplett für das eine oder andere zu verfolgende Ziel eingesetzt werden muss. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Zielen eines Zielsystems können komple- mentär, konkurrierend oder indifferent sein. K a) Welche Beziehung besteht zwischen den beiden Zielen „größtmögliche Rendite“ (Z1) und „größtmögliche Sicherheit für eine Geldanlage“ (Z2)? b) Versehen Sie die nachfolgende Skizze mit diesen beiden Zielen und zeichnen Sie die Zielbeziehung ein. Z2 Z1 Kapitel 1 å UFU210 17 1.5 Anforderungen an die Formulierung von Unternehmenszielen Wir wissen jetzt: – Unternehmen verfolgen mehrere Ziele. – Diese sind in einem Zielsystem darstellbar. – Sie stehen in unterschiedlichen Beziehungen zueinander. Wie müssen Ziele formuliert werden, damit sie als Maßstab für das Leistungsgeschehen in Unternehmen gelten können? Hierzu wollen wir uns kurz den Zweck unternehmeri- scher Ziele vor Augen halten. Ziele sollen den Mitarbeitern des Unternehmens eine Orientierung für ihre Handlungen geben. Die im Unternehmen zu fällenden Entscheidungen werden im Hinblick auf ihren Beitrag zur Erreichung der formulierten Ziele bewertet. Sie sind einerseits Ansporn, bestimmte Leistungen zu erbringen, andererseits aber auch ein Maßstab, um die Leis- tungen der Mitarbeiter der Unternehmung messbar zu machen. Denken wir an das einführende Beispiel zurück. Dort wurde vom Vorsitzenden der Geschäftsleitung am Schluss der Besprechung ausgeführt, dass dem Gewinnstreben der Unternehmung Rechnung getragen werden müsse, die Umweltverträglichkeit der einge- setzten Busse zu beachten wäre und auch die soziale Verantwortung des Unternehmens für die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu berücksichtigen sei. Es handelt sich hierbei um Zielvorstellungen, die aufgrund der genannten Formulierung als Maßgröße für das Leis- tungsgeschehen in der Unternehmung nur beschränkt nutzbar sind. Grund dafür: die Ziele sind nicht operational formuliert. Operational ist ein Ziel dann, wenn seine Erfüllung überprüfbar ist. Eine Operationalisierung von Zielen wird erreicht, indem – der Zielinhalt, – das angestrebte Zielausmaß, – der zeitliche Bezug der Zielerreichung dargestellt und dokumentiert werden. Diese Merkmale werden als „Zieldimensionen“ bezeichnet 1. P Der Zielinhalt ist so eindeutig zu formulieren, dass alle Entscheidungsträger das glei- che darunter verstehen. Nehmen wir beispielsweise das Ziel „Anstreben von Marktmacht“. Wie soll diese „Marktmacht“ ausgefüllt werden? Während ein Entscheidungsträger „Marktmacht“ einem hohen Marktanteil gleichsetzt, könnte ein anderer der Meinung sein, dass der Einfluss, den das Unternehmen auf die Zulieferer und/oder Kunden ausüben kann, Marktmacht bedeutet. Damit dies nicht zu einer Dissonanz zwischen den Entschei- dungsträgern führt, muss der Zielinhalt eindeutig definiert werden. Diese Anforderung gilt auch für Ziele, bei denen man das zunächst nicht vermutet. So kann das Ziel „Gewinnstreben“ z. B. bezogen werden auf den Gewinn laut Handelsbilanz oder Steuer- bilanz, auf den Gewinn vor oder nach Steuern oder auf den Return on Investment. 1 vgl. z. B. HOPFENBECK, WALDEMAR, 2002, S. 527 f. Kapitel 1 å UFU210 18 Warum in der Unternehmenspraxis dennoch häufig auf eine eindeutige Formulierung des Zielinhaltes verzichtet wird, werden Sie im nächsten Abschnitt (Zielbildungspro- zess) kennenlernen. Zur eindeutigen Definition des Zielinhalts gehört, wo es erforderlich ist, auch eine räum- liche bzw. bereichsmäßige Abgrenzung. Man spricht hier vom sog. Geltungsbereich der Ziele. So muss etwa festgelegt werden, ob sich eine bestimmte Zielerreichung im Absatz- bereich auf den Weltmarkt, auf den europäischen, inländischen oder gar nur auf einen regionalen Markt bezieht oder ob sich ein Kostensenkungsziel auf die Gesamtunterneh- mung, einen bestimmten Bereich (z. B. Verwaltung) oder ein bestimmtes Produkt bezieht. P Hinsichtlich des angestrebten Zielausmaßes unterscheiden wir unbegrenzte und begrenzte Ziele. Während bei unbegrenzten Zielen eine möglichst hohe Zielerreichung (Maximie- rung bzw. Minimierung) angestrebt wird, geben begrenzte Ziele einen konkreten (quantifizierten) Zielwert (Fixierung) oder eine Zielschwelle (Satisfizierung) vor. Unbegrenzte Ziele (z. B. maximaler Gewinn, minimale Kosten) lassen sich hinsichtlich ihres Zielausmaßes nicht quantifizieren, d. h. in numerische Werte fassen. Eine Opti- mierung von Zielen kann einer operationalen Formulierung daher nur in den seltensten Fällen entsprechen. Demgegenüber sind begrenzte Ziele immer operational, da bei ihnen ein konkreter Ziel- wert (z. B. in €, in % als Zielfixierung) oder aber eine Zielschwelle (z. B. mehr als …, weniger als …als Satisfizierungsziel) formuliert wird. Die nachfolgenden Beispiele sol- len Ihnen das illustrieren: B – Erhöhung des Marktanteils um 5 % in der BRD, um 3 % im übrigen EU-Raum und um 1 % im restlichen Europa – Senkung der Betriebskosten/h um 2,– € – Einhaltung eines Kostenbudgets im Vertriebsbereich von 60 000,– €. Eine operationale Formulierung des Zielausmaßes ist letztlich auch für die Erfolgskont- rolle des jeweiligen Entscheidungsträgers wichtig, denn unter Umständen ist ein Teil seiner Entlohnung (z. B. Erfolgsprämien) an die Erreichung eines Zieles gebunden. B Beispiel: Dem Marketingdirektor wird eine Sonderprämie von 10 000,– € in Aussicht gestellt, wenn er das Ziel „Erhöhung des Marktanteils von 14 auf 15 %“ erreicht. K a) Formulieren Sie zwei begrenzte Unternehmensziele. b) Welche praktischen Probleme entstehen, wenn Entscheidungen aufgrund unbegrenzt formulierter Ziele getroffen werden sollen? K Im Eingangsbeispiel formuliert der Vorsitzende der Geschäftsleitung abschließend fol- gende Ziele: – Ein angemessener Gewinn soll langfristig gesichert werden. – Finanzierungs-, Umwelt- und Arbeitsplatzaspekte sollen nicht aus den Augen verlo- ren werden. Inwieweit entsprechen diese Ziele einer operationalen Formulierung des Zielausmaßes? Kapitel 1 å UFU210 19 In der Praxis kommt es vor, dass man mit den zur Verfügung stehenden Handlungsalter- nativen ein begrenztes Ziel nicht erfüllen kann. Wenn die Suche nach weiteren Hand- lungsalternativen wenig aussichtsreich erscheint, wird der Entscheidungsträger sein Anspruchsniveau senken. Die Anspruchsanpassungstheorie befasst sich mit diesem Phänomen. Ihre zentrale Aussage lautet: Bei der Suche nach zielgerechten Entscheidungsalternativen neigt man häufig dazu, das Anspruchsniveau dem Sucherfolg anzupassen. Beispiel: B Stellen Sie sich vor, Sie seien in einem Unternehmen für den Marketingbereich verant- wortlich. Ihr Vorgesetzter verlangt von Ihnen, dass Sie durch den Einsatz geeigneter marketingpolitischer Instrumente (z. B. Werbung, Preispolitik) den Marktanteil im kommenden Geschäftsjahr stark erhöhen. Sie interpretieren dies als eine vierprozentige Steigerung des Marktanteils. Nachdem Ihnen Ihre Mitarbeiter die notwendigen Infor- mationen zusammengestellt haben, stellen Sie fest, dass alle Ihnen gangbar scheinenden Alternativen das formulierte Anspruchsniveau von 4 % nicht erfüllen. Da Sie der Über- zeugung sind, in der Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit keine neue Alternative mit höherem Ergebnis ermitteln zu können, senken Sie Ihr Anspruchsniveau. Sie sind nun mit einer dreiprozentigen Steigerung des Marktanteils zufrieden. Eine von Ihnen ins Auge gefasste Entscheidungsalternative (z. B. Erhöhung der Werbeaktivitäten in der Vorweihnachtszeit) entspricht diesem Anspruchsniveau. Eng verbunden mit dem Zielausmaß ist die Frage der Messbarkeit bzw. des Zielmaß- stabs 1. Dabei können drei Fälle unterschieden werden. Ist ein Ziel exakt quantifiziert (z. B. Sollvorgabe als quantifizierbare Zielsetzung: Stei- gerung eines Zielwerts um genau 3,75 %), liegt eine kardinale Messbarkeit vor. Eine ordinale Messbarkeit liegt vor, wenn eine Rangordnung mit der Vorziehungswürdigkeit verschiedener Handlungsalternativen besteht (z. B. der Zielerreichungsbeitrag der Hand- lungsalternative 1 ist bezogen auf das Umsatzziel größer als der der Handlungsalter- native 2). Kann durch die Zielvorgabe lediglich die Erreichung/Nichterreichung eines vorgegebenen Ziels festgestellt werden, liegt eine nominale Messbarkeit vor (z. B. ein Handelsreisender hat die vorgesehenen Kunden besucht – ja/nein). Somit ist klar, dass eine kardinale Messvorschrift den höchsten Operationalisierungsgrad aufweist und eine nominale Messvorschrift die schwächste Form darstellt. Welcher Form der Messbarkeit entspricht die Formulierung: „Herr Maier soll für eine K Kosteneinsparung sorgen“. P Der zeitliche Bezug gibt an, in welchem Zeitraum ein Ziel erreicht werden soll. Er kann sich auf einen Zeitpunkt (Realisierung eines bestimmten Gewinns für ein Geschäft, z. B. Verkauf eines Grundstücks) oder einen Zeitraum (Realisierung eines bestimmten Gewinns in einem Geschäftsjahr) beziehen. Je weiter die Zielerreichung vom Entscheidungszeitpunkt entfernt ist, desto größer wird die Unsicherheit. Dies 1 vgl. z. B. HOPFENBECK, WALDEMAR, 2002, S. 527 f. Kapitel 1 å UFU210 20 gilt insbesondere für langfristige Unternehmensziele. Ein Unternehmen könnte sich etwa das Ziel setzen, innerhalb der nächsten 25 Jahre einen Marktanteil von 70 % zu erreichen. Bei einer derartigen Formulierung des zeitlichen Bezuges lässt sich die Zielerreichung erst nach Ablauf des Zeitraumes von 25 Jahren kontrollieren. Ob ein Marktanteil von z. B. 20 % nach 10 Jahren zielkonform ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Besser ist hier eine Formulierung des zeitlichen Bezuges gemäß dem folgenden Beispiel: B Marktanteil nach 5 Jahren: 30 % Marktanteil nach 10 Jahren: 40 % Marktanteil nach 15 Jahren: 60 % Marktanteil nach 20 Jahren: 65 % Marktanteil nach 25 Jahren: 70 % Ein schlechtes Beispiel für die Formulierung des zeitlichen Bezuges ist unserem einfüh- renden Fall zu entnehmen. Das für den Betrieb zuständige Geschäftsleitungsmitglied muss die Realisierung des Vorhabens in einem „übersehbaren Zeitraum“ vorsehen. Welcher Zeitraum übersehbar ist, wird subjektiv sehr unterschiedlich beurteilt. Wir halten zum Abschluss fest, dass Oberziele meist nicht zu operationalisieren sind bzw. eine Operationalisierung unterbleibt. Ziele sind operational, wenn der Zielinhalt (einschließlich Geltungsbereich), das angestrebte Ausmaß und der zeit- liche Bezug der Zielerreichung dargestellt, gemessen und dokumentiert werden kön- nen. Zwischen- aber insbesondere Unterziele müssen operational formuliert sein. Nur dann können sich auch Mitarbeiter unterer Hierarchiestufen den Unternehmens- zielen entsprechend konform verhalten und aus den Vorgaben konkreter (erreich- barer) Ziele Motivation für ihr eigenes Handeln ableiten. Zum Abschluss dieses Abschnitts wollen wir Ihnen nochmals einige Beispiele von ope- rational korrekt formulierten Zwischenzielen geben: Tabelle 1: Oberziel Zwischenziel Beispiele zum Zusammen- hang von Ober- und Gewinnstreben auf lange Sicht Im Fünfjahresdurchschnitt soll der Gewinn (nach Steuern) min- Zwischenzielen destens 5 % des Eigenkapitals betragen. Finanzielle Unabhängigkeit Das gesamte Fremdkapital darf max. 60 % der eigenen Mittel betragen, wobei das langfristige Fremdkapital höchstens 40 % des Eigenkapitals betragen darf. Umweltschonende Die Umweltverträglichkeit der neuen Busse ist so auszulegen, Leistungserstellung dass sämtliche gesetzlich fixierten Grenzwerte um 20 % unter- schritten werden. Erhalt der Arbeitsbedingungen Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich nicht. Es werden keine zusätzlichen Wochenendschichten eingeplant. Marktbeherrschung Erreichung eines Marktanteils von 50 % im Marktsegment „regionaler Busverkehr“. Kapitel 1 å UFU210 21 Eine operationale Zielformulierung zeichnet sich durch die genaue Festlegung des Zielinhaltes (einschließlich Geltungsbereich), des Zielausmaßes (insbesondere durch begrenzte, d. h. quantifizierbare Ziele) und des zeitlichen Bezuges aus. Opera- tional formulierte Ziele sind überprüfbar. Formulieren Sie die nachfolgend genannten Unternehmensziele in möglichst operatio- K nale Ziele um. a) Reduzieren Sie die Leerfahrten der Reisebusse! b) Versuchen Sie im kommenden Jahr so viele Fernreisen wie möglich abzusetzen! c) Erhöhen Sie die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter! d) Verbessern Sie die Umweltverträglichkeit! 1.6 Der Zielbildungsprozess Der Mensch ist ein zielstrebiges Wesen, aber meistens strebt es zu viel und zielt zu wenig. GÜNTER RADTKE 1.6.1 Die Träger der Zielbildung Die traditionelle Betriebswirtschaftslehre vernachlässigte zunächst die Bedeutung der Zielbildung. Es wird davon ausgegangen, dass der Eigentümer der Unternehmung die Ziele allein und unbeeinflusst setzt. Nach weiteren Erklärungsmustern zur Zielbildung wurde damals nicht geforscht. Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis haben jedoch längst gezeigt, dass nicht nur der Eigentümer für die Zielbildung verantwortlich ist, sondern unterschiedliche Grup- pen bzw. Individuen an dem sogenannten Zielbildungsprozess beteiligt sind. Wie unser Beispiel zeigt, existieren bei der Sitzung der Verkehrs AG mehrere Zielsetzungsträger, die Einfluss auf die Zielbildung nehmen möchten. Zunächst ist davon auszugehen, dass die in einem Unternehmen tätigen Individuen (d. h. die Mitarbeiter) persönliche Ziele verfolgen, die sie durch die Unternehmung – in trans- formierter Form – verfolgt sehen wollen. Zur besseren Durchsetzung ihrer Ziele bilden sie Koalitionen (Zusammenschlüsse, wie sie Ihnen z. B. aus der Politik bekannt sein dürften). Die Machtverhältnisse zwischen den Individuen und den von ihnen gebildeten Koalitionen sind verantwortlich dafür, welche Ziele letztlich zu offiziellen Unterneh- menszielen von der Kerngruppe als verbindlich erklärt werden. Ferner kann es durchaus unternehmensexternen Personen gelingen, ihre Interessen in den Unternehmenszielen abzubilden. Dies gelingt immer dann, wenn Rechtsnormen bestehen, die eine Mitwir- kung einräumen (z. B. bei Steuerprüfern, Wirtschaftsprüfern, Aufsichtsräten etc.). Als Kerngruppe einer Unternehmung bezeichnet man den Eigentümer, die Unterneh- mensleitung und unter Umständen noch die sonstigen leitenden Angestellten. Sie setzen – wie wir bereits im einführenden Kapitel über die Unternehmensführung gelernt haben – Kapitel 1 å UFU210 22 die Unternehmensziele. Die Kerngruppe hat den stärksten Einfluss auf die Zielbildung. Die sogenannten Satellitengruppen (Belegschaft, Kunden, Lieferanten, Kreditgeber, Gewerkschaften, staatliche Institutionen etc.) haben nur die Möglichkeit, aufgrund ihrer jeweiligen Machtposition Einfluss auf die Kerngruppe der Unternehmung im Zielver- handlungsprozess auszuüben. Ziele von Unternehmen sind das Ergebnis von Verhandlungsprozessen. Das Ergebnis dieser Verhandlungsprozesse ist – wie bereits angedeutet – abhängig von Machtposition und Verhandlungsgeschick. Welche Ziele von den einzelnen Satellitengruppen verfolgt werden, zeigt Ihnen die fol- gende Übersicht beispielhaft: Satellitengruppe Ziele der Individuen dieser Satellitengruppe Belegschaft hohes Einkommen, soziale Sicherheit, zufriedenstellende Arbeits- bedingungen usw. Fremdkapitalgeber hohe Verzinsung, pünktliche Rückzahlung, Sicherheit des investierten Kapitals usw. Lieferanten günstige Lieferkonditionen, Zahlungsfähigkeit, anhaltende Liefer- möglichkeit usw. Kunden qualitativ hochstehende Leistungen zu günstigen Preisen, guter Service, gesicherte Leistungsversorgung usw. Gewerkschaften Anerkennung der Gewerkschaftsvertreter, Möglichkeit, innerhalb der Unternehmung Mitglieder werben zu können usw. Staatliche Institutionen Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, Steuereinnahmen, Bereitstel- lung von Arbeitsplätzen, umweltpolitische Aspekte usw. Allgemeingültige Aussagen über die Einflussmöglichkeiten von Satellitengruppen las- sen sich nicht treffen. Dazu sind die jeweiligen Machtverhältnisse zu verschieden. Dass aber von einzelnen Satellitengruppen im Einzelfall durchaus eine starke Beeinflussung ausgeht, sollen die drei folgenden Beispiele zeigen: B – Eine Unternehmung plant die Übernahme eines anderen Unternehmens. Dazu braucht sie einen hohen Kredit. Um ihre Ansprüche zu sichern, werden die Banken hier ganz wesentlichen Einfluss auf die Übernahmeverhandlungen nehmen. – Ein Großauftrag im Exportgeschäft soll durch eine staatliche Bürgschaft gesichert werden. Der Staat wird seine Zustimmung von bestimmten Bedingungen abhängig machen (z. B. Einbeziehung inländischer Zulieferer). – Ein Unternehmen verzichtet auf eine technisch realisierbare Automatisierung der Produktion. Die Belegschaft hat deutlich gemacht, dass dies zu erheblichen Störun- gen des Betriebsfriedens führen würde (z. B. Arbeitsniederlegungen). Erinnern Sie sich an dieser Stelle auch wieder an das einführende Beispiel. Am Diskus- sionsprozess in der Geschäftsleitung nahmen ein Vertreter der Belegschaft und zwei Behördenvertreter teil, um ihre Zielvorstellungen möglichst weitgehend zu verwirk- lichen. Das Ergebnis dieser Diskussion stellte jedoch einen Kompromiss dar, der sich durch eine fast vollständig fehlende Operationalisierbarkeit auszeichnet. Durch diese Kapitel 1 å UFU210 23 Art des Zielkompromisses (den man auch als sogenannte „Quasi-Lösung“ bezeichnet 1) wird den einzelnen Individuen ein Interpretationsspielraum geboten. Der Vorteil liegt darin, dass durch den Interpretationsspielraum eine Einigung auf eine gemeinsame Ziel- setzung – in Form einer „Quasi-Lösung“ – i. d. R. überhaupt erst möglich ist. Als Nach- teil ist mit einer Unsicherheit in der Bewertung der Ziele in Konfliktsituationen und evtl. mit einer Demotivation der Mitarbeiter zu rechnen. Unternehmungen stellen – wie vorne erörtert – Koalitionen dar, die dazu dienen, die individuellen – sich teilweise widersprechenden – Interessen ihrer Mitglieder zu satis- fizieren. Die Ziele, auf die das gemeinsame Handeln auszurichten ist, sind der Gegen- stand interaktiver Verhandlungsprozesse. Gemeinhin lassen sich drei Stufen des Ziel- bildungsprozesses unterscheiden 2: 1. Individualziele der am Zielbildungsprozess Beteiligten: Diese stellen letztlich die Motive für die einzelnen Personen dar, Einfluss auf die Zielsetzung nehmen zu wollen. In unserem Beispiel (Verkehrs AG) haben wir die individuelle Motivlage der einzelnen Beteiligten nicht erörtert. Gleichwohl ist diese offen oder latent stets vorhanden. Die Motive werden durch Erwartungshaltungen der Gesellschaft (ökonomische, soziale, ökologische und technologische Erwartungen) geprägt. 2. Ziele der am Zielbildungsprozess Beteiligten für die Organisation bzw. Unternehmung: Die Individualziele werden als Forderungen an die Organisation gerichtet. In unse- rem Beispiel der Verkehrs AG wurden die Ansprüche der einzelnen Beteiligten deut- lich formuliert. Somit wurden die individuellen Interessen in betriebliche Ansprüche transformiert. Diese Umwandlung geschieht durch taktisches Verhalten häufig indi- rekt und ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. 3. Ziele der Organisation bzw. Unternehmung: Einzelne fürdie Organisation bzw. Unterneh- mung formulierte Ziele werden zu Zielen der Unternehmung erklärt. Damit werden Personen, denen es gelingt, ihre Ziele teilweise oder ganz durchzusetzen, zu Zielset- zungsträgern. 1 vgl. HEINEN, EDMUND, 1976, S. 201 f. 2 vgl. den auf KIRSCH zurückgehenden Erklärungsansatz bei HOPFENBECK, WALDEMAR, 2002, S. 526. Kapitel 1 å UFU210 24 Abbildung 8: Prozess der Zielbildung Ziele der Unternehmung Verhandlungsprozeß zur Formulierung der Unternehmensziele und zur Bestimmung der Rangfolge sowie des zeitlichen Rahmens für deren Umsetzung (Kern- + Satellitengruppen) Ziele für die Unternehmung Unternehmenswachstum Marktwachstum Einkommenssicherung Gewinn- bzw. Rentabili- Wettbewerb Arbeitsplatzsicherheit tätsmaximierung i. w. S. Image, Prestige Mitbestimmung Machtstellung Arbeitszufriedenheit externe und interne Zielsetzungträger Kapitalgeber Manager Arbeitnehmervertreter Individualziele Einzel- oder gruppenegoistische Zielvorstellungen im weitesten Sinne Rechts-, wirtschafts-, sozialpolitische Zielvorstellungen ökonomische soziale ökologische technologische Erwartungshaltungen der Gesellschaft und des Gesetzgebers Vorstehende Abbildung zeigt die Transformation individueller Motive und Erwartun- gen in persönliche Individualziele, die wiederum als persönliche Ansprüche an die Unternehmung formuliert werden (vgl. Ziele für die Unternehmung). Letztlich werden zum Abschluss des Verhandlungsprozesses die „Ziele der Unternehmung“ durch die Kerngruppe für verbindlich erklärt. Neben sachrationalen Argumenten ist es sehr häufig eine Frage der Machtverteilung, welchen Personen bzw. welchem Personenkreis es gelingt, zum Zielsetzungsträger (Kern- und Satellitengruppe) zu werden. Unklare und nicht-operationale Zielkompromisse bei konkreten Mittelentscheidun- gen haben einen Vorteil: Sie ermöglichen es Mitarbeitern, die ihre Vorstellungen während des Verhandlungsprozesses nicht durchsetzen konnten, ihre Aufgaben in der Unternehmung in ihrem Sinne zu interpretieren. Sie werden jetzt sicher besser verstehen, wie schwierig die Formulierung eines exakten Zielsystems sein kann, soll es den in den vorangegangenen Abschnitten dargestellten Anforderungen genügen. Das ist ein Grund dafür, dass in vielen Unternehmen ausfor- mulierte Zielsysteme nicht anzutreffen sind. Die verfolgten Ziele existieren häufig nur in den Köpfen der entscheidungsverantwortlichen Personen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Zielbildung als ein permanenter Prozess ab- läuft. Ein einmal gefundener Zielkompromiss wird sich verändern, wenn z. B. Umwelt- Kapitel 1 å UFU210 25 entwicklungen (etwa das Aufkommen neuer Technologien, neue gesetzliche Vorschrif- ten) und Machtverschiebungen innerhalb der Unternehmung (z. B. durch Rückzug der Eigentümer aus der Leitung des Unternehmens) dies erforderlich machen. Das Zielsys- tem passt sich diesen Veränderungen dann dynamisch an. Mit der Festlegung eines Zieles bzw. Zielsystems sind der Diskussionsbedarf und das Konfliktpotential keinesfalls ausgeschöpft. Häufig fängt in der unternehmerischen Pra- xis jetzt erst das Ringen um die zur Zielerreichung einzusetzenden Mittel an. Meistens stehen dafür unterschiedliche Mittel zur Verfügung, sodass letztlich die Unternehmens- führung entscheiden muss. Die Entscheidung über die einzusetzenden Mittel verläuft nach den gleichen „Spielregeln“, wie wir sie in diesem Abschnitt kennengelernt haben. Beispiel: B Wenn das verabschiedete Ziel in einer Erhöhung des Marktanteils um 10 % besteht, so lässt sich dies auf verschiedene Art und Weise erreichen: durch eine Intensivierung von Werbemaßnahmen, durch die Übernahme kleinerer Konkurrenzunternehmen, durch Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich der Leistungserstellung, um kostengünstiger und preiswerter anbieten zu können, usw. Unternehmensziele stellen einen Kompromiss der Vorstellungen der am Zielbil- dungsprozess beteiligten Kern- und Satellitengruppen dar. Individuen und Gruppen (Koalitionen) versuchen ihre Vorstellungen über die Unternehmensziele in einem Verhandlungsprozess möglichst weitgehend durchzusetzen. Am Schluss des Zielbil- dungsprozesses erklärt die Kerngruppe der Unternehmung das Ergebnis dieses Pro- zesses zum offiziellen Zielsystem. a) Aus welchem Personenkreis setzt sich die Kerngruppe der Unternehmung zusammen? K b) Welche Satellitengruppen können in Einzelfällen am ehesten Einfluss auf den Ziel- bildungsprozess nehmen? Wer das Ziel kennt, kann entscheiden; wer entscheidet, findet Ruhe; wer Ruhe findet, ist sicher; wer sicher ist, kann überlegen; wer überlegt, kann verbessern. KONFUZIUS 1.6.2 Prozessstufen der Zielbildung Die Aktion der Zielbildung kann auch als Planungsprozess verstanden werden. Gegen- stand der Zielplanungsaktivitäten ist die Entwicklung von Zielen bzw. die Entwicklung eines Zielsystems. Die Gliederung nach Prozessstufen geht zurück auf WILD 1. Seine prozessuale Sicht der Zielplanung enthält Elemente, die teilweise bereits vorne bespro- chen worden sind. 1 WILD, JÜRGEN, 1982, S. 57 ff.; siehe auch: WELGE, MARTIN K., AL-LAHAM, ANDREAS, 2003, S. 112 ff.; HOPFENBECK, WALDEMAR, 2002, S. 526 ff. Kapitel 1 å UFU210 26 Abbildung 9: Zielsuche Prozessstufen der Zielplanung Operationalisierung der Ziele Zielanalyse und -ordnung Prüfung auf Realisierbarkeit Zielentscheidung (Selektion) Durchsetzung der Ziele Zielüberprüfung und -revision Der Prozessablauf muss keineswegs immer in der bezeichneten strengen Folge ideal- typisch ablaufen. Realiter sind in der praktischen Planungssituation Rückkopplungen, Verzweigungen und Auslassungen der einzelnen Prozessstufen möglich. Zielsuche Die erste Stufe des Zielbildungsprozesses bildet die Zielsuche. Es geht darum, mögliche und denkbare Ziele zu finden. Eine falsche Zielsetzung bewirkt, dass auch die falschen Probleme gelöst werden. Die Zielsuche ist ein kreativer Prozess (siehe vorstehende Beschreibung des Transformations- und Verhandlungsprozesses), bei dem es vor allem auf die Quantität der Ideen ankommt. Die Qualität der Ideen und deren Bewertung wer- den zum Gegenstand nachfolgender Prozessschritte. Operationalisierung der Ziele Damit Ziele ihre Steuerungsfunktion im Wirtschaftsprozess der Unternehmung über- nehmen können, müssen ihre wesentlichen Bestimmungselemente hinreichend präzise formuliert sein. Dies bedeutet, dass Zielinhalt (einschließlich Geltungsbereich), Ziel- ausmaß und Zeitbezug genau und eindeutig formuliert sein müssen. Um bei der Zielbildung den Lösungsraum bzw. -bereich abzugrenzen, bedarf es noch der präzisen Formulierung der Restriktionen, Zuständigkeiten und verfügbaren Res- sourcen. Zielanalyse und Zielordnung Gegenstand der Zielanalyse können Zielinhalte, Zielmerkmale und alle Zielattribute sein. So können beispielsweise folgende Elemente analysiert werden: – Zielobjekt/-gegenstand – Zielinhalt (Geltungsbereich) – Zielausmaß – Zeitbezug der Ziele – Zielhierarchie/Zielstruktur – Zielfunktionen Kapitel 1 å UFU210 27 – Zielrisiken – Zielsetzungs- und Zielerreichungsträger – Räumlicher Bezug – Zielprioritäten – Zielbeziehungen, etc. Sind potenzielle Ziele gefunden, operationalisiert und analysiert worden, muss eine Ordnungsstruktur hergestellt werden, welche die Einzelziele aufgrund ihrer Beziehun- gen zueinander strukturiert und ordnet. Prüfung auf Realisierbarkeit Ziele müssen, wenn Sie ihre Steuerungsfunktion sinnvoll ausüben sollen, realistisch gesetzt werden. Sollen Ziele den motivierenden Charakter einer Herausforderung bzw. eines Leistungsanreizes besitzen, sollten sie weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt werden. Nichts ist für die Zielerreichungsträger demotivierender, als unerreichbare Zielvorgaben zu erhalten. Zielentscheidung/Zielselektion Sofern der bisherige Entwurf bzw. die bisherigen Zielprozessschritte noch Alternativen enthalten, ist abschließend eine Entscheidung über die letztlich konkret zu verfolgenden Ziele zu treffen. Durchsetzung der Ziele Voraussetzung für die Durchsetzung der Ziele ist ihre Bekanntgabe bei den Unterneh- menseinheiten und –mitgliedern und ihre konkrete Zuordnung zu den einzelnen Zieler- reichungsträgern. Dabei ist anzustreben, dass sich die Zielerreichungsträger möglichst weitgehend mit den Zielen identifizieren. Zielüberprüfung und Zielrevision Ziele bzw. Zielsysteme sollten laufend (periodisch) überprüft und ggf. revidiert werden. Kontrollprozesse sowie Umwelt- und normative Prämissenänderungen geben häufig hierzu den Anlass. Wie Sie aus den obigen Prozessstufen der Zielplanung ableiten können, ist die Zielpla- nung kein einmaliger Akt sondern ein ständiger, unaufhörlicher Prozess im Unterneh- men. Letztlich haben alle Veränderungen in der betrieblichen Umwelt und innerhalb der Unternehmung Einfluss auf die Unternehmensziele, wenngleich nicht alle kleineren Veränderungen unmittelbar zu einer Veränderung der festgeschriebenen Zielkonzeption führen. Sowohl die Ausführungen zu den Zielsetzungsträgern als auch die Betrachtung der Pro- K zessstufen fokussieren die Zielsetzung. Worin liegt der Unterschied der beiden Perspek- tiven? Kapitel 1 å UFU210 28 1.7 Grundsatzvorgaben, strategische, taktische und operative Ziele Gehen wir in unserem Beispiel der Verkehrs AG einen Schritt weiter und nehmen an, dass die grundsätzliche Investitionsentscheidung – Anschaffung von 16 neuen Omni- bussen – bereits getroffen worden ist. Für die weiteren Planungen ist es erforderlich, grundsätzliche Ziele für die einzelnen Bereiche vorzugeben. Diese – für die Verkehrs AG – große Investition hat unternehmensweite Auswirkungen. Für alle Bereiche sind sowohl die obersten strategischen Ziele als auch die Ziele auf der taktischen und opera- tiven Ebene neu zu formulieren. Die Unterscheidung in strategische, taktische und operative Ziele klingt militärisch und hat auch dort ihren Ursprung. Viele Elemente der modernen Unternehmensführung haben tatsächlich ihren Ausgangspunkt im Militärbereich wurden aber zwischenzeitlich weiterentwickelt und auf die Ansprüche einer modernen Führungslehre angepasst, sodass inhaltlich kein oder nur noch ein mittelbar Bezug zu erkennen ist. Wie unterscheiden sich die einzelnen Ebenen? Vorauszuschicken ist dabei, dass sich die einzelnen Ebenen nicht exakt und trennscharf unterscheiden lassen und von Unterneh- men zu Unternehmen unterschiedlich definiert werden. Gleichwohl lassen sich einige Kriterien bestimmen (die teilweise bereits vorne besprochen worden sind), die eine Ein- teilung – zumindest näherungsweise – ermöglichen. Strategische, taktische und operative Ziele leiten sich auch aus den normativen Grund- satzentscheidungen her. Das normative Management befasst sich mit den grundsätz- lichen Werten, Normen, Zielen, Prinzipien und Spielregeln des Unternehmens, die das langfristige Überleben und die Entwicklung der Unternehmung sicherstellen sollen. Die normativen Festlegungen haben begründenden Charakter und legitimieren die Handlun- gen des Unternehmens gegenüber sämtlichen Anspruchsgruppen und somit auch gegen- über der Umwelt. Das normative Management beschäftigt sich beispielsweise mit den Unternehmensvisionen (Leitbild), mit der Unternehmensverfassung, Unternehmens- politik und Unternehmenskultur. Strategische Ziele werden häufig direkt oder zumindest mittelbar aus den normativen Festlegungen „interpretatorisch“ entwickelt 1. Taktische Ziele werden wiederum von den strategischen Zielen und operative Ziele wiederum von den taktischen Zielen inter- pretatorisch als „Quasilösung“ abgeleitet. Somit ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen den Zielebenen: 1 vgl. z. B. ADAM, DIETRICH, 1996, S. 113. Kapitel 1 å UFU210 29 Abbildung 10: Der Zusammenhang zwischen den Zielebenen normative Festlegungen Zunahme des strategische Konkretisierungsgrades Ziele der Inhalte taktische Ziele operative Ziele Die einzelnen Ebenen lassen sich anhand von gängigen Kriterien abgrenzen. Als Abgrenzungskriterien eignen sich Zielinhalt, Konkretisierungsgrad, Geltungsbereich, Zeitbezug, Hierarchie, Zielsetzungsträger. Bitte beachten Sie, dass es sich dabei nur um eine mögliche Kriterienauswahl handelt. Die differenzierten Ausprägungen auf den einzelnen Ebenen sind in nachfolgender Tabelle 2: Abbildung gelistet. Abgrenzung der Zielebenen Kriterien strategische Ziele taktische Ziele operative Ziele Beispiel Verkehrs AG bezogen auf das Marketing Zielinhalt beziehen sich auf die beziehen sich auf die beziehen sich auf die strategisch: Steigerung des Markt- Unternehmung als Aufgaben der Teilbe- Aufgaben der Abtei- anteils Ganzes und geben reiche lungen und der taktisch: Umsatzexpansion abgeleitete Bereichs- Abteilungsmitglie- operativ: zusätzliche Fahrten am normen vor der Wochenende Konkretisierungs- vage und global for- konkrete qualitative präzise formulierte strategisch: Steigerung des Markt- grad mulierte Aussagen aber auch quantita- qualitative und anteils, um Branchen- tive Aussagen quantitative Aussa- führer im relevanten gen Markt zu werden taktisch: Umsatzsteigerung von 20 % operativ: jede Woche zusätzlich 30 Fahrten Geltungsbereich Unternehmen global Bereiche Abteilungen strategisch: Verkehrs AG taktisch: Hauptabteilung Marketing operativ: Abteilung Werbung Zeitbezug langfristig mittelfristig kurzfristig strategisch: > 3 Jahre taktisch: > 1 Jahr < 3 Jahre operativ: < 1 Jahr Hierarchie Oberziele Zwischenziele Unterziele strategisch: Gewinnmaximierung taktisch: Optimierung der Erlös- Kosten-Relation auf 30 % Umsatzrendite operativ: Einsparung an Kosten 100 € pro Fahrt Zielsetzungsträger oberes Management mittleres unteres strategisch: Unternehmensleitung Management Management taktisch: Bereichsleiter Marketing operativ: Abteilungsleiter Verkaufsförderung Kapitel 1 å UFU210 30 Sie sehen, dass mehrere Kriterien herangezogen werden können, um Ziele in die Kate- gorien „strategisch“, „taktisch“ und „operativ“ einzuordnen. In der Literatur finden Sie teilweise Zielpyramiden, die keine taktische Ebene aufweisen. Somit ist evident, dass die Einteilung real vorhandener Ziele in die jeweilige Ebene primär ex definitione geschieht. Man ordnet das vorhandene Zielsystem durch eine spezielle Sichtweise in die entsprechenden Ebenen ein. Bezogen auf die Praxis kann eine Verschmelzung der Ziel- ebenen aus strukturaler Sicht durchaus zweckmäßig sein. Kleine und mittelständische Unternehmen sind häufig hierarchisch so strukturiert, dass unterhalb der Unterneh- mungsleitung nur noch Abteilungen eingerichtet sind, die die Bereichsleitungsfunktion und Bereichsaufgaben mit übernehmen. Zwar lassen sich auch hier taktische und opera- tive Ziele zu analytischen Zwecken aufdecken und formulieren. Häufig wird jedoch aus pragmatischen Gründen darauf verzichtet. Die strategischen Ziele gehen dabei fließend in die taktisch-operativen Ziele per interpretatorischer Ableitung über. Dabei werden die taktischen und operativen Ebenen in den Zielformulierungen miteinander verschmol- zen. Beispielsweise werden in einem formulierten Ziel sowohl taktische als auch opera- tive Zielinhalte angesprochen (z. B. verschiedene ineinander übergehende, gleitende Fristigkeiten). Aus analytischer Sicht sind jedoch die taktischen Zielelemente – ohne diese explizit auszuweisen – faktisch vorhanden. 1.8 Strategische Ziele und Strategien Nehmen wir einmal an, die Verkehrs AG hat ihre strategischen Ziele für die nächsten 6 Jahre festgelegt. Wie wir vorne gesehen haben, gelingt es kaum, strategische Ziele so festzulegen, dass untergeordnete Ziele deterministisch abgeleitet werden können. Viel- mehr kommt es auch auf den nachfolgenden Ebenen zu erneuten Zielbildungen. Damit bleiben die formulierten strategischen Zielsetzungen auf der Stufe der „Quasi-Lösun- gen“ stehen 1. Einen wichtigen Aspekt bei der Willensbildung und Willensdurchsetzung auf der strategischen Ebene stellt neben den formulierten Zielen auch die Herausbildung der Strategie dar. Strategien sind allgemeine Verfahrensrichtlinien zur Erreichung ebenfalls allgemeiner Unternehmensziele. „In diesem Sinne legen Unternehmungsstrategien grundsätzlich die Art der Verwendung der Leistungspotenziale (Mittel) bzw. Ressourcen zum Zwecke des langfristigen Überlebens und Wachsens der Unternehmung fest.“ 2 Bitte beachten Sie, dass der Strategiebegriff in der betriebswirtschaftlichen Literatur heterogen defi- niert wird. Die Definition von HENTZE trifft jedoch den Kern des Strategiebegriffs. Durch die Vorgabe von Strategien besitzt die Verkehrs AG ein Instrument, die strate- gischen Ziele bei der Willensbildung und – durchsetzung zu präzisieren. Strategien beschreiben somit Ziel-Mittel- bzw. Ziel-Wege-Beziehungen. Sie engen die Zielfin- dung auf nachgeordneten Ebenen ein, indem beispielsweise einige Lösungswege ex ante vorgeschrieben oder ausgeschlossen werden. Wir halten fest: Die Willensbildung und – durchsetzung auf der strategischen Ebene beinhalten die Aufgaben, strategische Ziele zu setzen und Strategien vorzugeben. 1 vgl. HEINEN, EDMUND, 1976, S. 201 f. 2 HENTZE, JOACHIM u. a., 1993, S. 129. Kapitel 1 å UFU210

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