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Übersicht In diesem Themenblock befasst Du Dich mit den Grundlagen von Sachversicherungen. Lernziele Du kennst die Grundzüge des Versicherungssystems Du kannst den Unterschied zwischen Privat- und Sozialversicherungen erklären Du bist in der Lage, Beispiele von Sachversicherungen zu nennen Dauer...
Übersicht In diesem Themenblock befasst Du Dich mit den Grundlagen von Sachversicherungen. Lernziele Du kennst die Grundzüge des Versicherungssystems Du kannst den Unterschied zwischen Privat- und Sozialversicherungen erklären Du bist in der Lage, Beispiele von Sachversicherungen zu nennen Dauer ca. 1 Stunde Definition Versicherung Alfred Manes definiert Versicherung als Beseitigung des Risikos eines Einzelnen durch Beiträge von Vielen. Es existieren noch andere Definitionen. Eine gesetzliche Definition besteht nicht. Prinzip der Versicherung Der Versicherung liegt der Mechanismus der gemeinsamen Tragung von Risiken in einem Kollektiv (Pool, Portefeuille) zu Grunde. Der Vorteil dieser gemeinsamen Tragung beruht auf einer mathematisch durch das Gesetz der grossen Zahlen beschriebenen Gesetzmässigkeit. Demnach verringert sich das Risiko der Schwankung des Ausgangs umso mehr, je grösser das Kollektiv ist. Dieser risikomindernde Effekt einer gemeinsamen Tragung von Risiken in einem Kollektiv wird als Risikoausgleich im Kollektiv bezeichnet. Etwas einfacher ausgedrückt: Viele zahlen einen Geldbetrag (= Versicherungsbeitrag) in den Geldtopf Versicherer ein, um beim Eintreten des Versicherungsfalles aus diesem Geldtopf einen Schadenausgleich zu erhalten. Da der Versicherungsfall nur bei wenigen Versicherten eintreten wird, reicht der Geldtopf bei bezahlbarem Beitrag aus. Voraussetzung ist, dass der Umfang der Schäden statistisch abschätzbar ist. Merkmale des Versicherungsprinzips Das Versicherungsprinzip beruht auf den folgenden sieben Merkmalen: Gegenseitigkeit Einer für alle, alle für Einen innerhalb einer Gefahrengemeinschaft. Versicherungstechnisches Gleichgewicht zwischen Prämien und Leistungen (=Leistungen müssen mit den Prämien gedeckt werden können. Erhöhen sich die Leistungen, erhöhen sich auch die Prämien). Gefahrengemeinschaft Es braucht eine möglichst grosse Anzahl von gleichartig Bedrohten, von denen die meisten schadlos bleiben. Zufälligkeit Das gewollte Herbeiführen des Schadens (Unfreiwilligkeit) muss ausgeschlossen werden können. Nur so kommt das Gesetz der grossen Zahl zum Tragen Schätzbarkeit Aufgrund der Erfahrungswerte (Statistik) kann der Schadenverlauf in der Zukunft geschätzt werden (Voraussetzung für die Prämienberechnung) Wirtschaftlichkeit Organisation, die Planmässigkeit und Kontinuität garantieren kann Vermögensbedarf Abschätzen des Vermögensbedarfes des versicherten Kollektivs Entgeltlichkeit Es müssen Prämien oder Beiträge erhoben werden. Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Zudem besteht beim Versicherungsprinzip die Pflicht zur Prämienzahlung und das Recht auf eine gesetzlich oder vertragliche Leistung. Einleitung Es wird zwischen folgenden drei Kategorien von Versicherungen unterschieden: Vermögensversicherungen Personenversicherungen Sachversicherungen Abgrenzung Die folgende Tabelle zeigt eine einfache Abgrenzung von Privat- und Sozialversicherung: Privatversicherung Sozialversicherung 1. Per Vertrag (privates Recht) 1. Per Gesetz (öffentliches Recht) 2. Freiwilligkeit 2. Versicherungspflicht 3. Risikogerechte Prämie 3. In der Regel solidarische Beiträge 4. Zivilrechtliches Verfahren 4. Sozialversicherungsrechtliches Verfahren 5. Wesentliche Erlasse: VVG, ZGB, OR 5. Wesentliche Erlasse: ATSG, Einzelgesetze (AHVG, BVG, ...) Privatversicherung In der Privatversicherung gilt das Äquivalenzprinzip. Das heisst, dass jede und jeder nach Art und Umfang des zu versichernden Risikos tarifiert wird. Die Beitragshöhe wird entsprechend dem Risiko ermittelt. Beispiel: Ein typisches Beispiel ist die Motorfahrzeugversicherung. Bei dieser spielt das Alter des Halters, die Vorgeschichte etc. eine Rolle für die Bemessung der Prämie. Durch das Äquivalenzprinzip werden die Beiträge zur Versicherung so kalkuliert, dass die eingehenden Beiträge mit den entstehenden Leistungen der Versicherung in einem Gleichgewicht stehen – und zwar über die gesamte Laufzeit der Versicherung. Im Sozialversicherungsbereich gilt das Äquivalenzprinzip einzig im UVG (Prämien je nach betrieblicher Gefahrenklasse). Das Äquivalenzprinzip wird auch als Individualprinzip bezeichnet. Sozialversicherung Im Gegensatz zum Äquivalenzprinzip steht das Solidaritätsprinzip, welches sich in den meisten Sozialversicherungen findet. Das Gleichgewicht von Risiko und Beiträgen spielt hier eine untergeordnete Rolle. Es dominiert die Solidarität, wobei sich die Beiträge zum Beispiel nach der Höhe des Bruttoeinkommens richten. Menschen mit gleichem Einkommen zahlen dieselben Beiträge, unabhängig von den persönlichen Risiken. Beispiel: Beitragspflichtige Personen leisten Beiträge an die AHV. Diese Beiträge werden für die aktuell laufenden Renten verwendet. Damit sind die beitragspflichtigen Personen mit den AHV-Rentnerinnen und Rentnern solidarisch. Sachversicherungen für Private Es bestehen grundsätzlich diverse Arten von Sachversicherungen. Nachfolgend einige typische Beispiele: Hausratversicherung Wertsachversicherung Bauwesenversicherung Motorfahrzeugkaskoversicherung Sachversicherungen für Unternehmen Bei Sachversicherungen für Unternehmen sind die folgenden Kategorien häufig anzutreffen: Geschäftssachversicherung (z.B. für Waren und/oder Betriebseinrichtung) Technische Versicherung (z.B. für Maschinen und/oder Computer) Gebäudesachversicherung (sofern das Unternehmen Grundeigentümerin oder Bauherrin ist) Transportversicherungen Motorfahrzeugkaskoversicherung 4 versicherbare Gefahren Bei den Sachversicherungen sind die folgenden vier Gefahren versicherbar: Feuer Wasser Diebstahl Glasbruch Wir gehen nun im Sinne eines Überblicks auf diese vier Gefahren ein. Feuer Aus Art. 33 Abs. 1 VAG ergibt sich, dass versicherungstechnisch auch Elementarschäden zur Gefahr Feuer zählen. Dies mutet mit Blick auf die Gefahren seltsam an, ist aber im System so vorgesehen. Beispiele dieser Gefahren sind: Brand Blitzschlag Hochwasser Überschwemmung Felssturz In den Unterlagen findest Du eine Broschüre des SVV zur Elementarschadenversicherung, welche Du bei Interesse lesen kannst. Wasser Hierzu zählen Wasserrisiken, die keinen Elementarschaden darstellen (also kein Hochwasser und keine Überschwemmung). Beispiele sind: Aus Leitungen austretendes Wasser In ein Gebäude eindringendes Regenwasser Eingefrorene Leitungen Diebstahl Diebstahl wird in drei Kategorien unterschieden: Einbruchdiebstahl Beraubung Einfacher Diebstahl Beim Einbruchdiebstahl werden Sachen nach einem gewaltsamen Eindringen in ein Gebäude, Raum oder anderes Behältnis entwendet. Die Beraubung erfolgt durch Gewaltandrohung oder tatsächlich ausgeübte Gewalt gegenüber einer Person, während beim einfachen Diebstahl keine Gewalt angewendet oder angedroht wird. Glasbruch Beim Risiko Glasbruch wird unterschieden zwischen Gebäudeverglasung und Mobiliarverglasung Beides ist versicherbar. Unternehmen Für Unternehmen gelten dieselben versicherbaren Gefahren. Allerdings bestehen noch weitere Sachversicherungen für Gefahren, die nicht dem obigen Schema entsprechen. Dies gilt zum Beispiel für Transportversicherungen. Übersicht In diesem Themenblock befasst Du Dich mit der Haftpflicht- und Betriebsunterbruchversicherung. Lernziele Du kennst die Grundzüge des Versicherungssystems Du kannst den Unterschied zwischen Privat- und Sozialversicherungen erklären Du bist in der Lage, Beispiele von Sachversicherungen zu nennen Dauer ca. 2 Stunden Einleitung Schau Dir zuerst noch einmal die Ausführungen im Fach Recht mit Fokus OR und SchKG, Thema Vertrag und darauf folgende zwei Themen an. Du hast Dich dort bereits ein erstes Mal mit Haftungsfragen auseinandergesetzt. Mit Blick auf die Versicherungskategorien bewegen wir uns beim Haftpflichtrecht im Bereich der Vermögensversicherungen. Im Schadenfall wird das Vermögen eines Schädigers geschützt. Ein Beispiel: Norbert Nobel verursacht einen Unfall mit Sach- und Personenschäden. Grundsätzlich muss er für die Kosten aus diesen Schäden aufkommen. Ohne Haftpflichtversicherung müsste er möglicherweise einige 100'000 Franken bezahlen. Die Haftpflichtversicherung übernimmt diese Kosten, womit das Vermögen von Norbert Nobel geschützt wird. Wir betrachten zuerst zwei zentrale Begriffe des Haftpflichtrechts. Rückgriff Die folgende Grafik zeigt die Grundüberlegung eines Regresses: Ein Beispiel: Nehmen wir an, Norbert Nobel geht jeweils am Mittwoch Abend mit Freunden beim Schulhaus in der Nähe Fussball spielen. An diesem Mittwoch Abend hat er versehentlich eine Fensterscheibe des Schulhauses zertrümmert. Norbert Nobel ist der Schädiger, die Schulverwaltung die Geschädigte. Sie muss das Fenster durch einen Dritten ersetzen lassen und schuldet diesem Dritten die Kosten für den Einbau des neuen Fensters. Entsprechend ist die Schulverwaltung Schuldnerin und der Dritte Gläubiger. Die Schulverwaltung kann bei Norbert Nobel Rückgriff nehmen, da dieser haftpflichtig ist. Haftung Art. 41 OR definiert, dass wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, dem Geschädigten gegenüber zum Ersatz verpflichtet ist. Schaden wird im Allgemeinen in drei Kategorien unterteilt: Sachschaden: siehe obiges Beispiel mit der Fensterzertrümmerung, es geht um die Schädigung oder den Verlust einer Sache Personenschaden: Gesundheitsschädigung oder Tod einer Person Vermögensschaden: Das sind Schäden, die weder eine Person noch eine Sache betreffen Es besteht nur Anspruch auf Ersatz für den Schaden, der in adäquatem Kausalzusammenhang mit dem Schadenereignis steht. Ein Beispiel: In obigem Beispiel ist Norbert Nobel gegenüber der Schulverwaltung schadenersatzpflichtig für das Fenster. Wenn die Schulverwaltung das Ereignis zum Anlass nimmt, gleich alle Fenster auf diesem Stockwerk auszuwechseln, steht das in keinem adäquaten Kausalzuammenhang mit dem Schadenereignis. Norbert Nobel hat nur ein Fenster beschädigt und muss entsprechend nur für dessen Ersatz aufkommen. Es ist möglich, dass jemand nur teilweise für einen Schaden haftet. Entsprechend hat der Schädiger auch nur für seinen Anteil des Schadens aufzukommen. Dieser Anteil nennt sich Haftungsquote. Das OR kennt neben der Haftungsnorm nach Art. 41 OR noch folgende Haftungsnormen (siehe Art. 55 - 60 OR): Haftung von Geschäftsherren, Tierhaltern und Werkeigentümern sowie die Haftung für kryptografische Schlüssel. Ergänzend zu diesen Haftungsnormen nach OR gibt es auch eine Haftung aus Gesetz (zum Beispiel Motorfahrzeughaftpflicht, siehe SVG) sowie aus Vertrag. Einleitung Wir haben beim letzten Thema bereits angeschnitten, dass es unterschiedliche Haftungsarten gibt. Im Allgemeinen wird zwischen drei Arten unterschieden: Die Verschuldenshaftung Die milde Kausalhaftung Die scharfe Kausalhaftung Die folgende Grafik zeigt schematisch die Haftungsarten: Verschuldenshaftung Wer Schadenersatz beanspruchen will, muss dem Schädiger folgende 4 Elemente beweisen: Schaden Adäquater Kausalzusammenhang Widerrechtlichkeit Verschulden Milde Kausalhaftung Haftung ohne eigenes Verschulden (umgekehrte Beweislast). Beispiel: Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, sofern er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet hat (Sorgfaltsbeweis). Scharfe Kausalhaftung Haftung ohne eigenes Verschulden (kein Entlastungsbeweis möglich). Beispiel: Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht, so haftet der Halter für den Schaden. Haftungsbefreiung nur bei: höherer Gewalt grobem Drittverschulden Privatpersonen Für Privatpersonen sind die folgenden Haftpflichtversicherungen zentral: Motorfahrzeughaftpflichtversicherung: ist eine obligatorische Versicherung für Motorfahrzeughalter*innen. Privathaftpflichtversicherung: ist eine freiwillige Versicherung, aber dringend zu empfehlen, da je nach verursachtem Schaden sämtliches Vermögen (und mehr) für einen verursachten Schaden aufgewendet werden muss. Gebäudehaftpflichtversicherung: Für Hausbesitzer*innen. Bauherrenhaftpflichtversicherung: Für Privatpersonen, die Bauherr*in sind. Unternehmen Für Unternehmen stehen die folgenden Haftpflichtversicherungen im Mittelpunkt: Motorfahrzeughaftpflichtversicherung: ist eine obligatorische Versicherung für Unternehmen, die Motorfahrzeuge halten. Betriebshaftpflichtversicherung: ist in der Regel eine freiwillige Versicherung. Allerdings besteht für bestimmte Betriebe oder Tätigkeiten ein Obligatorium (z.B. für Karrosserien). Berufshaftpflichtversicherung: Diese ist eine besondere Betriebshaftpflichtversicherung für bestimmte Berufe (Treuhänder, Ärzte, Anwälte, ...). Bei diesen Berufen sind bestimmte Berufsfehler versichert (z.B. Kunstfehler eines Arztes). Bauherrenhaftpflichtversicherung: Für Unternehmen, die Bauherr*in sind. Einleitung Die Betriebsunterbruchversicherung zählt zu den Vermögensversicherungen. Sie ist eine Versicherung für Unternehmen, wenn die Geschäftstätigkeit aufgrund versicherter Risiken ganz oder teilweise eingestellt werden muss. Versicherte Risiken Mit Blick auf die versicherten Risiken sind alle Grundrisiken versichert. Zentral ist dabei, dass der Betriebsunterbruch Folge eines Sachschadens aus der Gefahr ist. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Nehmen wir an, Sandra Nobel führt eine Druckerei. Als Folge eines Brandes wird die Betriebseinrichtung zerstört. Für den Sachschaden kommt die Geschäftssachversicherung auf Für den mittelbaren Schaden des Betriebsunterbruchs kommt die Betriebsunterbruchversicherung auf. Beispielsweise können laufende (und neue) Aufträge nicht ausgeführt werden, was zu Ertragseinbussen führt. Diese Ertragseinbussen werden mit der Betriebsunterbruchversicherung versichert. Versichert sind also Mindereinnahmen und Mehrauslagen aus einem Betriebsunterbruch. Ziel ist es, dass das Unternehmen finanziell so gestellt ist, als ob es gar keinen Betriebsunterbruch gegeben hat. Berechnung Die Leistung aus der Versicherung wird wie folgt berechnet: Effektiver Erwerbsausfall + Mehrauslagen Effektiver Erwerbsausfall = entgangener Umsatz - eingesparte Kosten Der entgangene Umsatz ist eine Schätzung, z.B. auf Grundlagen des Vorjahresumsatzes für die betrachtete Zeitperiode. Die eingesparten Kosten resultieren z.B. aus einem reduzierten Wareneinkauf oder reduzierten Energiekosten in der entsprechenden Periode. Eine Mehrauslage ist zum Beispiel die vorübergehende Miete eines Provisoriums. Übersicht In diesem Themenblock befasst Du Dich mit den Grundlagen des Versicherungsvertrages. Lernziele Du kennst den Versicherungsvertrag nach VVG Du verstehst die Rechte und Pflichten von Versicherern und Versicherungsnehmern bei Vertragsabschluss Du weisst, unter welchen Umständen Versicherungsverträge nach VVG aufgelöst werden Du verstehst die Über- und Unterversicherung Du kennst die Prämienkalkulation und Risikobegrenzung Dauer ca. 2 Stunden Grundlage Diese grundlegenden Ausführungen hast Du bereits beim Thema Versicherungsvertrag im Fach UV, KTG und ALV kennengelernt. Hier nochmals zur Repetition: Grundsätzlich gilt Vertragsfreiheit bei Versicherungen nach VVG. Voraussetzungen sind: Eine gegenseitige übereinstimmende Willensäusserung: Die Versicherung und der Versicherungsnehmer wollen beide den Vertrag eingehen Die Einigkeit über die wesentlichsten Punkte, zum Beispiel: Versicherte Risiken, Beginn und Ende oder Leistungsumfang. Bestimmungen Art. 97 und 98 VVG enthalten Ausführungen zur Art der Bestimmungen. Es gibt: Absolut zwingende Bestimmungen: Diese dürfen durch die Vertragspartner nicht abgeändert werden Relativ zwingende Bestimmungen: Diese dürfen nur zugunsten des Versicherungsnehmers abgeändert werden Dispositive Bestimmungen: Diese sind anwendbar, wenn sie nicht durch den Vertrag abgeändert wurden Reihenfolge der Rechtsgrundlagen Mit Blick auf die vorhergehenden Ausführungen ergibt sich folgende Reihenfolge der Rechtsgrundlagen: Absolut zwingende Bestimmungen VVG Relativ zwingende Bestimmungen VVG, sofern sie nicht durch Vertrag zugunsten des Versicherungsnehmers abgeändert wurden Besondere Versicherungsbedingungen (BVB) Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) Dispositive Bestimmungen (VVG) OR und ZGB Neuerungen 2022 Beachte, dass auf 2022 im VVG diverse Änderungen in Kraft getreten sind. Im folgenden Dokument findest Du einige zentrale Punkte dazu: Neuerungen VVG 2022 In diesem Dokument findest Du alle Änderungen im Detail. Grundlage Ein Antragsteller bleibt für eine gewisse Zeit an den Antrag gebunden (siehe Art. 1 VVG). Es sind dies 14 Tage ohne ärztliche Untersuchung 4 Wochen mit ärztlicher Untersuchung Die Frist beginnt bei der Übergabe oder Absendung des Antrages an den Versicherer. Wenn der Versicherer innerhalb der Frist keine Annahmeerklärung zustellt, so fällt die Bindung des Antragstellers dahin. Die Police ist der Versicherungsvertrag. Sie ist an keine Formvorschriften gebunden. Versicherer sind verpflichtet, eine Police an Versicherungsnehmer auszuhändigen. Der Versicherungsschutz kommt bereits während der Vertragsverhandlung zu Stande (provisorische Deckungszusage). Er ist häufig betragsmässig begrenzt. Die provisorische Deckungszusage endet bei Vertragsabschluss oder Ablehnung. Versicherer Art. 3 VVG regelt die Informationspflicht des Versicherers. Beispielsweise muss der Versicherer vor Vertragsabschluss wesentliche Inhalte des Versicherungsvertrages (versicherte Risiken, Prämien, etc.) oder die Allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB abgeben. Der Versicherer hat neben der Informationspflicht verschiedene Rechte. So besteht kein Aufnahmezwang. Der Versichere kann zum Beispiel: Einen Antrag ohne Begründung ablehnen Eine bestehende oder vorbestandene Krankheit ausschliessen Risikozuschläge verlangen Versicherungsnehmer Art. 4 VVG regelt die Anzeigepflicht des Antragstellers. Ein Antragsteller ist zur Beantwortung der schriftlich gestellten Fragen des Versicherers verpflichtet. Hinweis: Es besteht keine Meldepflicht zu nicht gestellten Fragen. Die Anzeigepflicht dauert bis zum Abschluss des Vertrages, konkret: Bis zum Erhalt der Police oder der Annahmebestätigung. Ein Versicherungsnehmer kann eine Abänderung eines Vertrages verlangen. Art. 2 VVG regelt die dazugehörigen Fristen. Der Versicherer muss innerhalb von 14 Tagen (bzw. 4 Wochen mit ärztlicher Untersuchung) reagieren. Tut er dies nicht, gilt die Änderung als angenommen. Auflösung durch den Versicherungsnehmer Die Auflösung des Vertrages durch den Versicherungsnehmer kann auf verschiedene Arten zu Stande kommen: Durch Vertragsablauf gemäss den Fristen in den AVB Durch eine gegenseitige Vereinbarung Bei Verletzung der Informationspflicht des Versicherers Durch Kündigung im Teilschadenfall Durch Tod oder Wegzug ins Ausland Wir gehen in der Folge auf die Punkte 3 und 4 ein. Verletzung der Informationspflicht des Versicherers Kommt der Versicherer seiner Informationspflicht gemäss Art. 3 VVG nicht nach, so kann der Versicherungsnehmer den Vertrag nach den Bestimmungen von Art. 3a VVG schriftlich kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt 4 Wochen nach Kenntnisnahme der Verletzung und spätestens ein Jahr nach der Pflichtverletzung. Kündigung im Teilschadenfall Tritt ein Teilschaden ein, so kann der Versicherungsnehmer (und Versicherer) vom Vertrag zurücktreten (siehe Art. 42 VVG). Dieser Rücktritt muss spätestens bis zur Auszahlung der Entschädigung erfolgen. Auflösung durch den Versicherer Die Auflösung des Vertrages durch den Versicherer ist möglich bei Einer Anzeigepflichtverletzung bei Vertragsabschluss (Art. 6 VVG) Ausstehender Prämienzahlung (Art. 21 VVG) Einer absichtlichen Verzögerung der Schadenmeldung (Art. 38 Abs. 3 VVG) Einer betrügerischen Begründung des Versicherungsanspruchs (Art. 40 VVG) Wir gehen in der Folge auf die ersten beiden Punkte ein. Verletzung der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers Kommt der Versicherungsnehmer seiner Anzeigepflicht gemäss Art. 4 VVG nicht nach, so kann der Versicherer den Vertrag nach den Bestimmungen von Art. 6 VVG schriftlich kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt 4 Wochen nach Kenntnisnahme der Verletzung. Der Versicherer ist nicht leistungspflichtig für Schäden die im Zusammenhang mit der Anzeigepflichtverletzung stehen. Art. 8 VVG listet Gründe auf, wann trotz Anzeigepflichtverletzung der Vertrag nicht gekündigt werden kann. Ausstehende Prämienzahlung Bei einer ausstehenden Prämienzahlung erlischt der Vertrag innert zwei Monaten nach Verzug, sofern der Versicherer keine Betreibung einleitet (siehe Art. 21 VVG). Die folgende Grafik zeigt das Mahnverfahren gemäss Art. 20 und 21 VVG auf: Unterversicherung Erreicht die Versicherungssumme den Ersatzwert der Sache nicht, so ist der Schaden, wenn nichts anderes vereinbart ist, in dem Verhältnis zu ersetzen, in dem die Versicherungssumme zum Ersatzwert steht. Die Versicherungssumme ist die Garantiesumme gemäss Police, Ersatzwert ist der Betrag, der für die Wiederbeschaffung neuer Sachen bzw. den Wiederaufbau von Gebäuden aufgewendet werden muss. Beispiel Unterversicherung: Versicherungssumme 60'000 60% Ersatzwert 100'000 100% Unterversicherung 40’000 40% Höhe des Schadens 30'000 Entschädigung 18'000 (60% von 30’000) Überversicherung Der Begriff der Überversicherung wird bei Sachversicherungen verwendet für die Situation, bei der die gewählte Versicherungssumme grösser ist als der Versicherungswert. Besonders bei Hausratversicherungen (Privatpersonen) bzw. Geschäftssachversicherungen (Unternehmen) spricht man von der Situation der Überversicherung. Eine Überversicherung sollte vermieden werden, weil dann zu hohe Prämien bezahlt werden. Beachte, dass sich der Versicherungswert mit der Zeit ändern kann. So kann es sein, dass beim Versicherungsabschluss noch keine Überversicherung vorlag, diese aber zum Beispiel nach einer Wertminderung des Hausrats bzw. der Betriebseinrichtung eintritt. Ein Beispiel für die Hausratversicherung: Ein Hausrat mit einem geschätzten Wert von 100'000 Franken wird mit einer Versicherungssumme von 100'000 Franken versichert. Nach einigen Jahren nimmt der Wert durch Verkauf von verschiedenen Haushaltsgegenständen um 25'000 Franken auf nur mehr 75'000 Franken ab. Der Versicherungsnehmer zahlt zu viel Prämien - nämlich für eine Summe von 100'000 anstatt von 75'000 Franken. Manchmal werden auch Versicherungsnehmer als überversichert bezeichnet, die überflüssige Versicherungen oder Mehrfachdeckungen abgeschlossen haben. Grundlagen Bei den Privatversicherungen werden die Prämien in der Regel nach dem Bedarfsdeckungsverfahren berechnet. Die Barprämie ist die Prämie, welche der Kunde auf seiner Prämienrechnung findet. Das Grundschema für die Prämienberechnung sieht wie folgt aus: Risikoprämie Diese Prämie errechnen Versicherungsmathematiker aufgrund von Statistiken und Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Diese sollten die eingetretenen Schadenfälle begleichen. Nettoprämie Zur Risikoprämie wird der Risikozuschlag hinzugefügt. Damit sollen Unsicherheiten und Unschärfen der Risikoprämie aufgefangen werden. Nettoprämie = Risikoprämie + Risikozuschläge (Sicherheitszuschlag, Risikokumulzuschlag, Katastrophenzuschlag, Teuerungszuschlag) Bruttoprämie Zur Nettoprämie wird der Verwaltungsaufwand und Gewinn hinzugerechnet. Evtl. kann noch ein Zins in Abzug gebracht werden, dieser wurde mit der Anlage der eingegangen Prämien verdient. Bruttoprämie = Nettoprämie + Verwaltungskosten + Gewinnzuschlag - Zinserträge Vertragsprämie Zur Bruttoprämie werden dem Prämienbestandteil kundenseitige Besonderheiten dazu gerechnet (z. B. Zuschlag für vierteljährliche Prämienrechnung) oder abgezogen (z. B. Familien-, Frauenrabatte usw.). Vertragsprämie = Bruttoprämie + kundenspezifische Zuschläge - Rabatte Barprämie Bei der Vertragsprämie wird ein Bonus für die Schadenfreiheit abgezogen oder ein Malus für viele oder hohe Schäden dazugerechnet. Barprämie = Vertragsprämie + Malus - Bonus Risikobegrenzung Versicherer begrenzen ihr Risiko mit einer primären und sekundären Risikobegrenzung. Die primäre Risikobegrenzung ist für Kunden ersichtlich. Bei der sekundären Risikobegrenzung liegt der Fokus auf der teilweisen Abwälzung auf einen anderen Risikoträger. Wir gehen nun darauf ein. Primäre Risikobegrenzung Die primäre Risikobegrenzung besteht im Wesentlichen aus den folgenden fünf Möglichkeiten. Aufbau von Versicherungsbeständen, die weniger anfällig auf Zufälle/Irrtümer sind Aufbau möglichst grosser Versicherungsbestände; grosse Versicherungsbestände sind weniger anfällig auf zufällige Schwankungen. Homogene Versichertengemeinschaften; homogen bedeutet gleichartig. Das heisst: gleiche Gefahr, ähnliche Kunden und nicht zu stark abweichende max. Versicherungssummen. Geografische Streuung; wenn viele Versicherungen am gleichen Ort abgeschlossen wurden, ist die Gefahr bei einem regionalen Ereignis einen erheblichen Schaden zu erleiden für die Versicherungsgesellschaft umso grösser (z. B. Hagelschaden). Deshalb ist eine breite geografische Streuung sinnvoll. Auswahl der Versicherungskunden, Ausschlüsse; Die Versicherungsgesellschaft sollte unerwünschte Risiken ablehnen. Das heisst, wenn erkennbar ist, dass die Versicherungsleistungen im Schadenfall die Prämien mit grosser Wahrscheinlichkeit übersteigen werden. Sie können auch gewisse Ausschlüsse in der Versicherungsdeckung machen und den Antrag dann annehmen. Nur bei den obligatorischen Versicherungen ist dies nicht möglich. Selbstbeteiligung der Versicherungskunden Die Selbstbeteiligung erfolgt in Form von Selbstbehalt und/oder Franchisen. Dies ist eine betrags- oder prozentuale Beteiligung vom Versicherungsnehmer am Schadenfall. Für den Versicherer ist ein Selbstbehalt risikomindernd und kostensparend, da ein Versicherungsnehmer automatisch mehr Vorsicht walten lässt. Deckungs-Ausschlussbestimmungen AVB Der Versicherer kann z.B. in den AVB festhalten, dass Unfälle bei der Teilnahme an kriegerischen Handlungen nicht versichert sind, also das Risiko einschränken, resp. gewisse Unfälle von der Versicherungsdeckung ausschliessen. Versicherungssumme begrenzt Begrenzungen der Versicherungssumme sind zum Beispiel Invaliditäts-/Todesfallsumme Haftpflichtgarantiesumme Zeitliche Begrenzung Zeitliche Begrenzungen sind zum Beispiel Wartefristen beim Krankentaggeld Betriebsunterbruchversicherung auf 12 Monate Betriebsunterbruch begrenzt Sekundäre Risikobegrenzung Die sekundäre Risikobegrenzung besteht im Wesentlichen aus den folgenden drei Möglichkeiten: Beteiligung mehrere Versicherer an bestimmten Risiken, sogenannte Mitversicherung; hierbei teilen sich mehrere Versicherer eine Versicherung unter sich auf, um das Risiko für einen Versicherer zu minimieren oder auf Wunsch des Versicherungsnehmers. Dies aufgrund von Konkurrenzgründen, wegen Gegengeschäftsmöglichkeiten, aber natürlich auch aus Absicherungsgründen. Bildung von Versicherungspools mit anderen Versicherungen (bei speziellen und schweren Risiken, z. B. Schweizer Elementarschadenpool, Schweizer Pool für die Versicherung von Nuklearrisiken). Von jeder Prämienzahlung wird ein kleiner Prozentsatz in einen Topf eingezahlt, aus welchem bei Eintritt eines Grossereignisses die Leistungen bezahlt werden. Der Erstversicherer wälzt einen Teil seiner Risiken auf den Rückversicherer ab. Das heisst, der Rückversicherer ist der Versicherer des Versicherers. Ein Rückversicherer gibt dem Erstversicherer die Möglichkeit mehr und grössere Versicherungsverträge mit Kunden abzuschliessen und erhöht die Konkurrenzfähigkeit des Erstversicherers. Zudem profitieren die Erstversicherer von den Beratungsdienstleistungen des Rückversicherers.