Spickzettel: Die abgefahrensten Methoden PDF
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St. Mary's School
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This document discusses various methods students use to cheat on exams, highlighting creativity and resourcefulness. It also includes student perspectives on the need for more practical knowledge and less theoretical material on examinations. It is a collection of student/teacher experiences.
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Spickzettel: Die abgefahrensten Methoden 22 Das Lineal ist auf der Rückseite mit Formeln beklebt, der Kuli mit unregelmäßigen Verben ummantelt. Und selbst in der Frühstücksdose findet sich ein raffinierter Spickzettel. Nur ein wirklich mutiger Schüler würde wohl so viele Täuschungsversuche gleichz...
Spickzettel: Die abgefahrensten Methoden 22 Das Lineal ist auf der Rückseite mit Formeln beklebt, der Kuli mit unregelmäßigen Verben ummantelt. Und selbst in der Frühstücksdose findet sich ein raffinierter Spickzettel. Nur ein wirklich mutiger Schüler würde wohl so viele Täuschungsversuche gleichzeitig unternehmen. In diesem Fall ist es allerdings auch ein Lehrer, Johannes Gröger, der den Schüler-Arbeitsplatz nachgestellt hat. Die Sammlung gehört zur Ausstellung ,VertrauensBlicke\", die derzeit im Gymnasium im münsterländischen Ahlen zu sehen ist. Matthias Gröger zeigt das, was er in zehn Jahren als Lehrer so alles an Betrugsbeweisen zusammengetragen hat. An den Wänden der Schule in Ahlen sind 100 Spickzettel ausgestellt. Auch Kollegen steuerten einzelne „Beweisstücke\" bei. Mal wurden auf den kleinen Zettelchen nur schnell ein paar Formel festgehalten, mal wurden ganze Thesen auf ein Miniaturformat gebracht. Viele amüsieren sich über die Kreativität und das handwerkliche Geschick der Schüler. In der Klappe der Trinkflasche steckt z. B. eine Gedächtnisstütze mit mehreren Jahreszahlen. Auch das Internet hält für Schüler eine wahre Flut von Spickmethoden bereit: Von einem mit unsichtbarer Tusche beschrifteten Blatt, das nur mit speziellem UV-Licht sichtbar wird, bis zu einem Mini-Empfangsgerät fürs Ohr. Wesentlich bodenständiger sind Methoden wie das Einritzen von Formeln in eine Tafel Schokolade. Als Vorteil bei dieser Variante nennen die anonymen Autoren: „Nach Benutzung können sie leicht vernichtet werden!\" Aufwand und Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. \" Das Sammeln der Spicker hat für Lehrer Gröger vor zehn Jahren begonnen. Einer seiner Schüler legte nämlich ein Geständnis ab, das sein Interesse weckte. Unter der abgegebenen Arbeit stand: ,Während der Klausur versuchte ich zu spicken. Ich bitte Sie daher Aufgabe 3 nicht zu bewerten." Gröger freute sich über die Ehrlichkeit des Schülers. Letztlich war dieses Erlebnis der Impuls für die Ausstellung. Der Pädagoge hofft, dass mit der Ausstellung weniger seiner Schüler den geheimen Notizzettel zücken. „Ich will eine Kultur des Vertrauens herstellen\", betont er. Denn später würden auch Arbeitgeber erwarten, dass ihre Angestellten ehrlich seien. Der 18-jährige Horst Wenzel hält als Mitglied des Vorstands der Landesschülervertretung dagegen, dass in Tests viel „unnötiges Wissen\" abgefragt werde. Den Schülern würden andererseits in der Schule zu wenig praktische, lebensnahe Kenntnisse vermittelt. Daher würden sie spicken, meint er. Eine relativ entspannte Einstellung zu dem Thema hat auch der Präsident des Lehrerverbandes in Nordrhein-Westfalen, Peter Silbernagel. Sollte ein Täuschungsversuch auffliegen, müssten Lehrer und Schüler gemeinsam über die Konsequenzen reden. Laut Prüfungsordnung kann der Lehrer selbst entscheiden, wie er den Betrug bewertet. Von der Wiederholung der Prüfung bis zur Benotung der gesamten Arbeit mit „ungenügend" ist alles möglich.