Sozialstrukturanalyse: Demografie (Fertilität) PDF

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Universität Konstanz

Prof. Dr. Claudia Diehl

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population trends demography fertility social structures

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This document is an academic lecture for a social structures analysis course on population and demography with a special focus on fertility, delivered at the University of Konstanz in the winter semester of 2024/2025. Concepts like population structure, demographic transition, and fertility rates are discussed.

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Sozialstrukturanalyse BEVÖLKERUNG UND DEMOGRAFIE: Fertilität Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Sozialstrukturanalyse: Demografie (Huinink und Schröder 2008: 49ff) 1. Bevölkerung als Basis der Gesellschaft 2. Bevölkerungsstruktur: Bevölkerung...

Sozialstrukturanalyse BEVÖLKERUNG UND DEMOGRAFIE: Fertilität Prof. Dr. Claudia Diehl WS 2024/2025 Universität Konstanz Sozialstrukturanalyse: Demografie (Huinink und Schröder 2008: 49ff) 1. Bevölkerung als Basis der Gesellschaft 2. Bevölkerungsstruktur: Bevölkerung nach sozio-demografischen Merkmalen 3. Sozio-demografische Merkmale gehören zu sozialstrukturellen Merkmalen 4. Bevölkerungsbewegung als eine Dimension sozialstrukturellen Wandels: Hauptkomponenten: Geburten, Sterbefälle (natürliche Bevölkerungsbewegungen), Wanderungen 5. Deutlicher Zusammenhang zwischen demografischen Komponenten der Bevölkerungsentwicklung (z.B. Fertilität, Mortalität) und ungleichheitsrelevanten Merkmalen (z.B. Bildung) 2 12/17/2024 Universität Konstanz Sozialstrukturanalyse: Demografie (Sitzung zu Fertilität) 1. Bevölkerungsentwicklung 2. Geburtenentwicklung 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit 3 12/17/2024 Universität Konstanz 1. Bevölkerungsentwicklung Demografischer Übergang und demografischer Wandel 1. Frank Notestein (U Princeton) 1945: "demografic transition„ 2. Demografischer Übergang: Entwicklung von hohen zu niedrigen Sterbe- und Geburtenraten. 3. Folge: Erst Rückgang der Sterblichkeit, dann Rückgang der Geburtenzahl. In der Zwischenphase kommt es zu einem raschen Anwachsen der Bevölkerung. 4. Weit verbreitete Gemeinsamkeiten in Abfolge demografischer Veränderungen 5. Ausgestaltung variiert erheblich: schnellerer Übergang und stärkerer Bevölkerungsanstieg in Entwicklungsländern 6. West- und Mitteleuropa: dritte Phase des demografischen Übergangs endete bereits in den 1920er und 1930er Jahren (Tiefstände von Mortalität und Fertilität), seit den 1970er Jahren liegt die Fertilität in einer wachsenden Zahl von Industriestaaten unter dem Bestandserhaltungsniveau von zwei Kindern (2,1) pro Frau. 4 12/17/2024 Universität Konstanz 1. Bevölkerungsentwicklung Demografischer Übergang und demografischer Wandel (Post Phase 4) 5 12/17/2024 Universität Konstanz 1. Bevölkerungsentwicklung …in Deutschland 6 12/17/2024 Universität Konstanz 1. Bevölkerungsentwicklung …in Deutschland 7 12/17/2024 Universität Konstanz 1. Bevölkerungsentwicklung …in Deutschland https://www.bib.bund.de /Permalink.html?cms_p 8 12/17/2024 ermaid=1217744 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung TFR (Total Fertility Rate/zusammengefasste Geburtenziffer)… Querschnittsmaß: TFR= total fertility rate, Summe der altersspezifischen Geburtenziffern eines Jahres:  durchschnittliche Kinderzahl einer fiktiven Frauenkohorte, wenn sie sich so verhielte, wie die Frauen des aktuellen Jahres  Wie viele Kinder haben Frauen eines bestimmten Alters im Jahr x durchschnittlich geboren?  altersspezifischen Geburtenziffern von Frauen unterschiedlicher Alterskohorten werden aufsummiert 9 12/17/2024 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung Entwicklung der TFR (zusammengefasste Geburtenziffer) Zweiter Geburtenrückgang: 1965-1975 Erster Geburtenrückgang: 1890-1915 10 12/17/2024 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung … und CFR (completed fertility rate) 1. Längsschnittmaß: CFR= completed fertility rate, zusammengefasste Geburtenziffer einer Geburtskohorte  Summe der altersspezifischen Geburtenziffern einer Kohorte bis 45  durchschnittliche Kinderzahl, die die Kohorte tatsächlich bekommen hat  Anstieg der TFR von 1,4 auf 1,6 2. Nachteil: kann erst berechnet werden, wenn Mitglieder einer Geburtskohorte keine Kinder mehr bekommen können 11 12/17/2024 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung (Schröder/Huinink 2008): Zahl der Lebendgeborenen hängt ab von: 1. Kinderzahl und Höhe der Kinderlosigkeit von Frauen und Männern 2. Alter der Eltern bei der Geburt 3. Zahl der Frauen und Männer, die Kinder bekommen können! 12 12/17/2024 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung 1. Entwicklung der TFR (zusammengefasste Geburtenziffer) nach Staatsangehörigkeit 13 12/17/2024 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung 1. Die TFR im europäischen Vergleich 14 12/17/2024 Universität Konstanz 2. Geburtenentwicklung 1. Entwicklung der TFR im globalen Vergleich − TFR in allen Regionen zurückgegangen − regionalen Unterschiede verringern sich − UN erwartet langfristig eine Konvergenz knapp unter Bestandserhaltungs- niveau 15 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Kinderlosigkeit: 16 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit 17 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Ursachen für Geburtenrückgang: 18 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Ökonomische Ursachen für Geburtenrückgang: 1. Kinder sind Güter 2. Fertilitätsentscheidungen sind rational 3. Opportunitätskosten steigen mit steigendem Bildungsniveau der Frauen 4. wirtschaftlicher Nutzen von Kindern sinkt in modernen Gesellschaften Aber: Warum bekommen Menschen in modernen Gesellschaften überhaupt noch Kinder? 19 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Soziologische Ursachen für Geburtenrückgang: 1. Sozialisation erklärt unterschiedliche Präferenzen für oder gegen Kinder 2. Säkularisierung führt zur Erosion von Norm einer hoher Kinderzahl (Lesthaege 1983) 3. Alternativrollen für Frauen durch Wertewandel (Mutterschaft als Frage von Präferenzen statt Verpflichtungen) Aber: oft ad hoc Erklärungen, die wenig systematischen Eingang in Studien finden 20 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit VOC (Value of Children) Ansatz (Hoffman und Hoffman 1973, Nauck 2001) verbindet ökonomische und soziologische Ansätze 1. ökonomisch-utilitaristischer VOC (d.h. Beiträge zum Familienhaushalt durch Arbeit und zusätzliche Einkommen; Alterssicherung)  instrumenteller Nutzen von Kindern und 2. psychologisch-affektiver und sozialer VOC (d.h. Stärkung der affektiven Gruppenbindung; expressive Anregung durch den Umgang mit Kindern, Anerkennung durch andere)  immanenter Nutzen von Kindern 21 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Der ökonomische und Versicherungsnutzen von Kindern (Nauck 2001): 1. Kinder-„Reichtum“ nur bei hohem Arbeitsnutzen von Kindern effiziente Strategie (zusätzliche Quelle das Familieneinkommens) 2. Begrenzt durch Gelegenheiten für unqualifizierte Arbeit 3. ,unit costs‘ der Kinder sinken mit ihrer Anzahl 4. Kinderreichtum ist auch bei hohem Versicherungsnutzen effiziente Strategie (Lastenverteilung der Pflege) 5. Günstig v.a. in institutionellen Regimes, die nicht auf indirekten „Kohorten“- sondern auf einem direkten „Generationen“-Vertragssystem der Alterssicherung basieren 6. Letzteres beeinflusst nicht nur Interesse von (potenziellen) Eltern sondern auch das von Kindern (viele Geschwister bedeuten geteilte Sorge für die alten Eltern) 22 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Der soziale Nutzen von Kindern (Nauck 2001): 1. Stabilisierung von bestehenden Sozialbeziehungen: steigt nicht linear-additiv mit der Kinderzahl (kein Effizienzgewinn bei vielen Kindern), erreicht relativ rasch Sättigungspunkt (schlecht: keine oder viele Kinder) 2. soziale Anerkennung (durch den „Besitz“ von vielen nur in solchen sozialen Kontexten hoch, in denen dies der Steigerung des physischen Wohlbefindens dient) 3. „Qualität“ der Kinder wichtig für Statusgewinne 23 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Der psychische Nutzen von Kindern (Nauck 2001): 1. emotionaler Nutzen kann nicht in gleicher Weise kumuliert werden wie Arbeits- und Versicherungsnutzen 2. gleichzeitig steigen aber absolute ökonomische und psychische Kosten, so dass das Verhältnis bei niedriger Kinderzahl günstig, bei Kinderlosigkeit und bei hoher Kinderzahl ungünstig ist 24 12/17/2024 Universität Konstanz 3. Kinderzahl und Kinderlosigkeit Vorteile des VOC Ansatzes: 1. Kann historischen Rückgang der Kinderzahl erklären 2. kann Bildungs- und Schichtunterschiede erklären 3. führt zur realistischen Einordnung der Rolle von Zugang zu Verhütungsmitteln („Pillenknick“) und Kinderbetreuung (Elterngeld??) 25 12/17/2024 Universität Konstanz

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