Summary

Dieses Skriptum behandelt ethische und moralische Implikationen der digitalen Transformation. Es diskutiert Themen wie die Beziehung zwischen Technologie und Freiheit, die Moral der Disruption und die Rolle des Staates in einer digitalisierten Welt. Das Skriptum enthält eine Einleitung, verschiedene Kapitel, ein Literaturverzeichnis und Abbildungen.

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# Skriptum Ethik ## Einleitung - Das Wissensmodul "Ethik" beschäftigt sich mit den ethischen und moralischen [Implikation](https://de.wikipedia.org/wiki/Implikation) der digitalen Transformation und ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft. - Es werden Themen wie die Beziehung zwischen Technologie u...

# Skriptum Ethik ## Einleitung - Das Wissensmodul "Ethik" beschäftigt sich mit den ethischen und moralischen [Implikation](https://de.wikipedia.org/wiki/Implikation) der digitalen Transformation und ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft. - Es werden Themen wie die Beziehung zwischen Technologie und Freiheit, die Moral der Disruption und die Rolle des Staates in einer zunehmend digitalisierten Welt diskutiert. - Das Modul gliedert sich in verschiedene Kapitel, darunter eine Einführung in die Ethik, die permanente Veränderung durch historische [Beschleunigung](https://de.wikipedia.org/wiki/Beschleunigung), den Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie sowie die Ungleichheit und die moderne Rolle des Staates. - Weitere Kapitel befassen sich mit der Technologie und Freiheit, der Moral der Disruption und einem Fazit, das die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst. - Das Modul enthält auch ein Literaturverzeichnis und verschiedene Abbildungen, die die Themen illustrieren und unterstützen. - Die Lernziele des Moduls umfassen das Verständnis der ethischen und moralischen Implikationen der digitalen Transformation und die Fähigkeit, diese in der Praxis anzuwenden. - Das Modul bietet verschiedene Lernmaterialien, darunter Videos, Audiodateien, Quizzes, Beispiele und Übungen, um das Lernen zu unterstützen und zu vertiefen. - Das Dokument "Skriptum Ethik" enthält Symbole und Links zu weiterführenden Erklärungen, Übungen und Beispielen, auf die der Leser zugreifen kann, indem er auf das jeweilige Symbol klickt. - Es wird empfohlen, dass auf dem Rechner des Lesers ein MPEG4-Decoder installiert ist, um die Inhalte ordnungsgemäß abrufen zu können. - Die verwendete Sprache im Dokument wechselt zwischen männlich, weiblich und divers (m/w/d), um die Lesbarkeit zu verbessern, und alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. - Es wird darauf hingewiesen, dass einige Links im Dokument möglicherweise nicht aktuell sind, und der Leser wird gebeten, sich in diesem Fall an den Modul-Verantwortlichen zu wenden, um eine Korrektur zu ermöglichen. ## Die zwei zentralen Fragen der digitalen Transformation - Die Digitale Transformation konzentriert sich auf zwei zentrale Fragestellungen: die fortschreitende Technologisierung vermehrter Lebensräume (Digitalität) und die Umwandlung des davor Bestehenden (Transformation). - Der Begriff "Digitale Transformation" bezeichnet die unternehmerischen, organisatorischen und gesellschaftlichen Folgewirkungen, die durch die Digitalisierung und Digitalität veranlasst werden. - Es werden drei Begriffsdefinitionen unterschieden: Digitalisierung (den Vorgang, Informationen in Bits und Bytes abzulegen), Digitalität (die Technologisierung unserer Lebenswelt) und Digitale Transformation (die unternehmerischen, organisatorischen und gesellschaftlichen Folgewirkungen). - Die tiefgreifenden Umbrüche in der Gesellschaft verlangen nach vernünftiger Reflexion und einem Verantwortungsbewusstsein seitens engagierter Bürgerinnen, das über den eigenen Tätigkeitsbereich hinausreicht. - Die digitale Transformation führt zu neuen Seins- und Wesensformen der Gesellschaft, die aktiv gestaltet und verstanden werden müssen, um Chancen und Risiken zu erkennen. - Es ist wichtig zu verstehen, dass technologischer Fortschritt nicht automatisch zu politischem oder gesellschaftlichem Fortschritt führt, sondern dass eine Übersetzungsleistung und unabhängiges Engagement erforderlich sind. - Die Philosophie des aufgeklärten Konservatismus und das progressive Denken bieten Orientierung für das Nachdenken über die gesellschaftlichen Umbrüche im Rahmen der digitalen Transformation. - Es ist wichtig, die Chancen der digitalen Transformation mutig zu nutzen, ohne die Risiken zu ignorieren oder zu vernachlässigen, und sich aufgeklärt und verantwortungsbewusst für eine bessere Zukunft einzusetzen. - Das Skriptum "Ethik" beabsichtigt keine abschließenden Antworten zu liefern, sondern vielmehr Denkanstöße aufzuzeigen, um die Herausforderungen aus ethischer Perspektive zu diskutieren. - Die Auswahl der Themen und die Beschreibung von Sachverhalten spiegeln individuelle Gewichtungen und normative Positionen wider, auch wenn die allgemeine Relevanz den eigentlichen Maßstab bilden soll. - Die wissenschaftliche Belastbarkeit der Argumente wird durch Datenmaterial garantiert, aber die Schlussfolgerungen müssen nicht unbedingt geteilt werden. - Es ist wichtig, zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden, wie es der US-Senator [Daniel Patrick Moynihan](https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Patrick_Moynihan) ausgedrückt hat: "Jeder ist berechtigt, seine eigene Meinung zu haben. Keiner ist berechtigt, seine eigenen Fakten zu erfinden." - Erkenntnis wächst durch Widerspruch und Diskussion, die auf einer Grundlage von Fakten basieren müssen, um den Mindestanspruch aufgeklärter Vernunft zu erfüllen. - Die Lehrveranstaltung Ethik soll eine Anregung für einen faktensatten und zivilen Diskurs über gesellschaftliche Zukunftsthemen liefern und baut auf den inhaltlichen Grundlagen der Lehrveranstaltung Gesellschaftliche, soziale und ökologische Verantwortung auf. ## Der Begriff Ethik - Der Begriff Ethik wird anhand der historischen Perspektive von Aristoteles erläutert, der in seiner Nikomachischen Ethik ein konzises Verständnis von Ethik systematisierte. - Aristoteles definiert ethisches Handeln als den Ausgleich zweier Laster, der Tugend, die mittig zwischen Übermaß und Mangel steht, und betont die Bedeutung von Vernunft und Erkenntnis für ethisches Handeln. - Er vertritt die Ansicht, dass nicht alles, was technologisch machbar ist, getan werden sollte, und dass ethische Selbstbeschränkung durch internationale Verträge und Institutionen abgesichert werden kann. - Aristoteles sieht Ethik als den einzigen Weg, ein guter Mensch zu werden und ein glückliches Leben zu führen, und betont, dass Ethik eine bewusste Entscheidung voraussetzt und sich von unethischen Handlungen abgrenzen lässt. - Im Mittelalter entwickelte sich ein anderes Konzept der Ethik, das das Leben auf die Gefälligkeit Gottes ausrichtet und ethisches Handeln als die Vollbringung der Werke Gottes durch sich selbst definiert. - Die Aufklärung hingegen erkennt im Menschen ein autonomes Wesen, das über ein wahrnehmbares Bewusstsein für einen sittlichen Kodex verfügt, und sieht den Motivator für ethisches Handeln in der Würde des Menschen, seinen Rechten und Pflichten und seiner Freiheit. - Wir agieren ethisch, weil wir der eigenen und der universellen Würde des Anderen entsprechen wollen, wie der [Germanns (Gemeinde Röhrenbach)](https://de.wikipedia.org/wiki/Germanns_(Gemeinde_Röhrenbach)) Philosoph [Immanuel Kant](https://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant) betont. - Immanuel Kant ist der Meinung, dass wir ethisch handeln sollen, um der universellen Würde des Menschen zu entsprechen, und dass wir dies aus freien Stücken tun, weil wir mit Vernunft ausgestattet sind. - Die Frage, wie sich ethisches Handeln begründen lässt, wird von Immanuel Kant beantwortet, indem er sagt, dass der moralische Wert einer Handlung an der Intention gemessen werden sollte, die eine Handlung veranlasst. - Immanuel Kant schreibt in seiner Abhandlung "Metaphysik der Sitten", dass der gute Wille nicht durch das, was er bewirkt, sondern allein durch das Wollen an sich gut ist. - Ethisch verhalten sich Menschen dann, wenn die Motive, die eine Handlung veranlassen, lauter sind, und wenn die Intentionen, die anstoßen, universellen Prinzipien entsprechen. - Immanuel Kant geht so weit, dass er keine Ausnahme von der Regel akzeptiert und moralische Bedingungslosigkeit fordert, was von Kritikern durch ein Beispiel herausgefordert wird, in dem ein Freund vor einem Mörder flieht und der Mörder nach dem Freund fragt. - [Immanuel Kant](https://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant) verneint die Möglichkeit, in diesem Fall zu lügen, und behauptet, dass moralische Bedingungslosigkeit erforderlich ist, um unumstößliche Standpunkte zu wahren. - Die Essenz der Ethik liegt im Grundmotiv des Vorgehens, und Abweichungen von diesem Prinzip sind nicht zulässig oder begründbar. ## Konsequentialismus - Der Konsequentialismus formuliert einen massiven Widerspruch zu Immanuel Kants Position, indem er sagt, dass der moralische Wert einer Handlung nicht nach der Intention, sondern der Konsequenz einer Tat bemessen werden sollte. - Die Wirkung und nicht der Ausgangspunkt müssen Entscheidungskriterium sein, um zu ermessen, ob ethisch gehandelt wird, laut dem Konsequentialismus. - Der Unterschied zwischen Intentionalismus und Konsequentialismus kann anhand von zwei Beispielen illustriert werden, in denen ein Chirurg in der Notaufnahme eines Krankenhauses entscheiden muss, ob er eine Person operiert, die extrem tragische Verletzungen erlitten hat, oder ob er vier andere Personen operiert und die eine Person sterben lässt. - Ein Transplantationschirurgin steht vor einer schwierigen Entscheidung: Ein kerngesunder Patient schläft im Nachbarzimmer, während vier Verletzte eines Autounfalls dringend eine Organspende benötigen, um zu überleben. - Die Chirurgin könnte die Organe des gesunden Patienten entnehmen, um die vier Verletzten zu retten, aber dies würde den Tod des gesunden Patienten bedeuten. - Bei einer Umfrage tendieren die meisten Menschen dazu, die vier Verletzten zu retten, wenn es um eine tragisch schwer verletzte Person geht, aber nicht, wenn es um einen kerngesunden Menschen geht. - Dieser Unterschied kann durch zwei ethische Theorien erklärt werden: Konsequentialismus (die Konsequenzen der Entscheidung stehen im Vordergrund) und Intentionalismus (die anfängliche Intention steht im Vordergrund). - Im ersten Fall motiviert die Konsequenz (die Rettung der vier Verletzten), im zweiten Fall führt die anfängliche Intention (den Tod eines anderen Menschen willentlich herbeizuführen) zu einer Ablehnung der Entscheidung. - Ein ähnlicher Fall ist der Gesetzesentwurf des deutschen Innenministeriums, der vorsah, dass entführte Passagiermaschinen abgeschossen werden dürfen, um Menschenleben zu retten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte das Gesetz jedoch für nichtig, da es gegen die Würde des Menschen verstößt. - Das Bundesverfassungsgericht argumentierte, dass Menschenleben nicht gegen Menschenleben aufgerechnet werden kann, und dass die Würde des Menschen unteilbar ist und oberstes Prinzip staatlichen Handelns sein muss. ## Moral Machine - Ethik im Kontext autonomer Fahrzeuge - Eine aktuelle Studie des [Massachusetts Institute of Technology](https://de.wikipedia.org/wiki/Massachusetts_Institute_of_Technology) untersucht, wie Menschen ethische Entscheidungen treffen, wenn es um selbstfahrende Autos geht, und baut auf einem konsequentialistischen Fundament auf. - Die Fragestellung hinsichtlich des gewünschten Verhaltens von autonomen Vehikeln zeigt die Komplexität der Entscheidungsfindung bei autonomisierten Entscheidungen. - Ein Beispiel aus dem Fragebogen des Massachusetts Institute of Technology illustriert diese Komplexität: Ein selbstfahrendes Auto kann einen Zusammenprall mit tödlichem Ausgang nicht abwenden und muss entscheiden, ob es einen Block rammt und die Insassin tötet oder die Fahrspur wechselt und einen Fußgänger überfährt. - Diese Situation wirft mehrere zentrale Herausforderungen auf, wie zum Beispiel die Frage, wer die Entscheidung treffen darf, ob die Fahrspur gewechselt werden soll oder nicht. - Es stellt sich die Frage, ob Gesellschaften in Form eines gesetzlichen Regelwerks beschließen sollten, wie ein autonomes Fahrzeug in solchen Fällen zu reagieren hat, oder ob es den Autoherstellern selbst überlassen werden sollte, eigenständige Festlegungen über das Verhalten ihres Autos zu treffen. - Die Einführung autonomer Fahrzeuge könnte auch zu internationalen Standards führen, um sicherzustellen, dass die Regelwerke in verschiedenen Ländern einheitlich sind. - Eine weitere Frage ist, ob die Konsumenten die Entscheidung autonom anheimgestellt werden sollte, oder ob sie die Möglichkeit haben sollten, die individualisierte Ausführung ihres Autos zu wählen, einschließlich der Entscheidung, wie das Auto in kritischen Situationen reagieren soll. - Die Haftbarkeit bei selbstverschuldeten Unfällen ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der geklärt werden muss, um sicherzustellen, dass die Verantwortung klar geregelt ist. - Der Moral Machine Test des [Massachusetts Institute of Technology](https://de.wikipedia.org/wiki/Massachusetts_Institute_of_Technology) bietet die Möglichkeit, persönliche Auffassungen über die Entscheidungsfindung autonomer Fahrzeuge zu überprüfen. - Die Einführung autonomer Fahrzeuge zeigt einen weiteren Entwicklungs-schritt im Personenverkehr, bei dem das System von individuellen Entscheidungen zu einem selbstständig denkenden und organisierenden Gesamtsystem transformiert wird. - Die digitale Transformation begründet einen systemischen Wandel, bei dem vernetzte Technologie ein verknüpftes Netz zwischen selbstständig agierenden Maschinen in einem sich selbst denkenden Gesamtsystem etabliert. - Die Vernetzung und Datenverarbeitung ermöglichen es, Einzelentscheidungen zugunsten eines abstrahierten und algorithmisch kalkulierbaren Gesamtinteresses aufzulösen, indem disparate Informationen aggregiert und für maschinelle Aktionen im kollektiven Interesse genutzt werden. - Die Welt operiert systemischer, weil mehr Daten aufgezeichnet und durch Algorithmen ausgewertet werden, was ein anderes Prinzip darstellt als eigenständige Entscheidungen von Einzelpersonen. - Die Ethik war bisher auf den Menschen beschränkt, da nur dieser über die kognitiven Fähigkeiten zur Reflexion verfügt, aber nun wird die Ethik auf die Technologie ausgeweitet, die eine Form von Intelligenz ohne Bewusstsein manifestiert. - Diese Entwicklung wirft Fragen auf, wie die Idee der Selbstbestimmung und individuellen Entscheidungsfreiheit in Zeiten prognostizierter und kalkulierter Verhaltensweisen verteidigt werden kann und wie Freiheit im digitalen Zeitalter wirkt. ## Die Themenschwerpunkte der Informationsethik - Die Lehrveranstaltung "Skriptum Ethik" soll systematisch untersuchen, wie die Themenschwerpunkte der Informationsethik gewählt werden können, um die gesellschaftlichen Bedeutungen im Rahmen der digitalen Transformation zu bewerten. - Die Kapitel 2-4 der Lehrveranstaltung befassen sich mit konkreten Aspekten wie der historischen Verständnisgrundlage der digitalen Transformation, der Verknüpfung von technologischer und ökologischer Debatte, der Nutzung der digitalen Transformation für die Milderung der Klimakatastrophe und der sozialen Schieflage durch moderne Produktionsmethoden. - Die soziale Perspektive gesellschaftlicher Veränderung zeigt, wie Technologie als Triebkraft sozialen Wandels auf einer fundamentalen Ebene wirkt und warum staatlichen Organisationen bei diesen Fortschrittsprozessen eine zentrale Rolle zukommt. - Kapitel 5 des Skriptums Ethik analysiert, wie technologische Entwicklungen, wie Predictive Analytics, das liberale Freiheitsverständnis herausfordern. - Kapitel 6 untersucht kritische Gesichtspunkte rund um die Wirkweise von disruptiven Geschäftsmodellen und ihre legalen und legalistischen [Implikation](https://de.wikipedia.org/wiki/Implikation). ## Fortschritt und Geschichte - Die [Germanns (Gemeinde Röhrenbach)](https://de.wikipedia.org/wiki/Germanns_(Gemeinde_Röhrenbach)) Geschichtsphilosophie, die im Zeitalter der Aufklärung ansetzt und nach klassischer Auffassung mit [Karl Marx](https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx) schließt, geht von der Prämisse aus, dass die Geschichte einem inhärenten Ziel zuschreitet. - [Immanuel Kant](https://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant) ist überzeugt, dass der menschlichen Natur erfahrbare Konfliktpotenziale im sozialen Zusammenleben eingewoben wären, die den Gestaltungswillen frei setzen, der jeder Verbesserung vorangeht. - [Georg Wilhelm Friedrich Hegel](https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wilhelm_Friedrich_Hegel) sah hingegen einen metaphysischen Weltgeist, der in der Geschichte wirksam wäre, und erkannte Fortschritt als unumgänglich, weil die Geschichte als Instrument der Vernunft wirke. - Karl Marx erkennt die Grundlage der wirksamen Veränderungskräfte weder in individuellen Persönlichkeitsmerkmalen noch in einem metaphysischen Konzept wie jenem des Weltgeists, sondern vielmehr in einem antagonistischen Klassenkampf. - Marx sah den Kapitalismus als die vorletzte Stufe der historischen Entwicklung, in der Produktivitätskräfte geschaffen werden, die den Menschen von den Gängelungen durch Entbehrungen befreien. - Nach Marx' Auffassung wird eine unumwundene kommunistische Revolution zur Abschaffung der Dialektik aus Herrschenden und Beherrschten führen, wenn erstmal Überfluss erzielt wird. - Die kommunistische Revolution führt nicht zum Austausch der Herrschenden, sondern zur Abschaffung der Herrschaft an sich, da unter den Bedingungen des Überflusses auch die Modalitäten von konventioneller Herrschaft überflüssig werden. - Das 20. Jahrhundert hat die Vorstellung von Fortschritt als unumgänglich widerlegt, indem es stattdessen zu totalitärer Ideologie und menschlichem Abgrund führte, anstatt zu einem größeren Humanismus und finaler Freiheit. - Die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts helfen dabei, die gegenwärtige Situation in einen reflektierten Kontext zu setzen, indem sie zeigen, dass technologische Durchbrüche nicht automatisch zu politischen und sozialen Verbesserungen führen. - Die permanente Erhöhung der Geschwindigkeit, mit der Veränderung wirksam wird, ist ein wesentliches Merkmal des modernen Zeitalters, und die Frage, wie technologischer Fortschritt in sozialen, politischen und ökologischen Fortschritt übersetzt werden kann, bleibt eine gesondert zu erzielende und bedeutsame Aufgabe. ## Die permanente Veränderung durch historische Beschleunigung - Die Jetztzeit ist durch die Rasanz des Wandels und die Folgewirkungen dieser Umbrüche gekennzeichnet, nicht durch die Technologisierung der Lebensumstände oder die Digitalisierung der vorhandenen Technologien. - Tiefgreifende Erneuerungen führen häufig zu nachhaltigen Machtverschiebungen und Hierarchien geraten ins Wanken, wie anhand vergangener Entwicklungen dokumentiert werden kann. - Die I. Industrielle Revolution, die auf der Durchsetzung der Dampfmaschine aufbaute, führte zu tiefgreifenden Veränderungen in der Wirtschaft und Politik, wie die Entwicklung des Dow Jones Index zeigt. - Der Dow Jones Index erfasst einen Aktienindex, der über die Kursentwicklung des Aktienmarkts Aufschluss geben soll, indem die Performance der Leitaktien von 30 Unternehmen mit Gewichtung zusammengefasst wird. - Der Dow Jones Index berücksichtigt Unternehmen, deren Tätigkeit als maßgeblich und beispielhaft für die Entwicklung der amerikanischen Volkswirtschaft erscheint. - Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Dow Jones Index maßgeblich durch Dampfunternehmen bestimmt, aber durch Innovationen und Dynamiken änderte sich dies, so dass am Ende des Ersten Weltkriegs nur noch ein Unternehmen im Aktienindex erfasst wurde, das bereits zum Jahrhundertbeginn dazu gezählt wurde: [Western Union](https://de.wikipedia.org/wiki/Western_Union). - Innovation agiert gnaden- und rücksichtlos, indem sie nicht nur Neues entstehen lässt, sondern auch Bestehendes obsolet werden lässt, wenn sich die Bedürfnisse einer Gesellschaft ändern. - Der [S&P 500](https://de.wikipedia.org/wiki/S&P_500) erfasst die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen, ausgewählt anhand ihrer Marktkapitalisierung, und zeigt, wie lange die durchschnittliche Erwartungshaltung besagt, dass die Aktie eines Unternehmens als Teil des S & P 500 registriert werden kann. - Der Bedeutungszeitraum der Relevanz eines Unternehmens sinkt kontinuierlich: von 90 Jahren im Jahr 1935 auf 15 Jahre im Jahr 2005. - Die untere Abbildung zeigt, welche 20 Unternehmen in den USA die häufigsten Internetaufrufe über den Verlauf von zwei Jahrzehnten auf sich vereinigen, was unter volkswirtschaftlichen Umständen entscheidende Bedeutung hat. - Die permanente [Beschleunigung](https://de.wikipedia.org/wiki/Beschleunigung), denen der Wandel der Gesellschaften in größeren Zyklen als diesen unterliegt, zeigt sich auch in der Abfolge der industriellen Revolutionen, die sich sukzessive verkürzen. - Eine Grafik zeigt die immanente Verkürzung dieser Zyklen an, indem die technischen Grundlagen der I. Industriellen Revolution über einen konstanten Zeitraum hinweg die federführenden Standards im Hinblick auf die Praxis industrieller Fertigung bildeten, während die II. Industrielle Revolution eine Effizienzsteigerung durch den flächendeckenden Einsatz von Fließbändern und der Elektrifizierung von Anlagen repräsentiert. - Die Zeit zwischen den einzelnen industriellen Entwicklungsschritten wird zunehmend kürzer, was auf eine immanente Beschleunigung hinweist. - Der Soziologe [Hartmut Rosa](https://de.wikipedia.org/wiki/Hartmut_Rosa) diagnostiziert der Gesellschaft eine Dichotomie aus Beschleunigung und Entfremdung, wobei Zeit als permanente Beschleunigung erfahren wird. - Rosa formuliert, dass nicht nur der fortlaufende Wandel die definitive Konstante der Moderne sei, sondern auch dass sich Zyklen des Wandels permanent verkürzen. - [Joseph Schumpeter](https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schumpeter) analysiert, dass die Marktwirtschaft keine Stabilität erzeugen kann, ohne den Modus permanenter Erneuerung, was durch Innovation als kontinuierliches Manifest marktwirtschaftlicher Logik erreicht wird. - Hartmut Rosa präzisiert dieses Verständnis, indem er die Dimension von Zeitlichkeit mitberücksichtigt und feststellt, dass Innovationszyklen sich verdichten und die Veränderung unaufhaltsam beschleunigt. - Rosa vermerkt, dass eine moderne Gesellschaft nur dynamisch zu stabilisieren vermag und strukturell auf Wachstum, [Beschleunigung](https://de.wikipedia.org/wiki/Beschleunigung) und Innovationsverdichtung angewiesen ist, um sich zu erhalten und zu reproduzieren. - Die Paradoxie der gängigen Veränderung liegt darin, dass eine beschleunigende Dynamik durch Innovation radikal den Markt verändert, aber gleichzeitig die Grundprinzipien der Gesellschaft überdauern lässt. - Die Fortdauer der politischen Ökonomie der Verhältnisse verlangt nach Veränderung, was bedeutet, dass sich alles wandeln muss, um die Erwartung zu erfüllen, dass substanziell alles gleichbleibt. - Die vier Abfolgen der industriellen Revolution bestärken die Rahmenbedingungen der industriellen Revolution fortlaufend und unverändert. - Die moderne Gesellschaft basiert auf marktwirtschaftlichem Handel, Unternehmertum, moderner Staatlichkeit, Kapitalakkumulation und Konsumlogik, die sich in veränderter Form weiterentwickeln. - Der demokratische Imperativ besteht darin, die Konsequenzen marktwirtschaftlicher Tätigkeit auf gesellschaftlicher Ebene auszugleichen und zu korrigieren, um das Gemeinwohl zu fördern. - Die zunehmende [Beschleunigung](https://de.wikipedia.org/wiki/Beschleunigung) der Jetztzeit stellt die Aufgabe, die Konkurrenzsituation zwischen Mensch und Maschine aufzulösen, indem ein kooperatives Verhältnis zwischen beiden etabliert wird. - Ein solches Verhältnis macht nur Sinn, wenn die Maschine als Erfüllungsgehilfe menschlicher Ambitionen eingesetzt wird, anstatt in direkter Konkurrenz zum Menschen zu stehen. - Die zweckmäßige und bedarfsgerechte Nutzung von Maschinen durch den Menschen zeigt bereits vielversprechende Potenziale im Umgang mit [Künstliche Intelligenz](https://de.wikipedia.org/wiki/Künstliche_Intelligenz). - Die Produktivität kann durch das Zusammenwirken von Mensch und Maschine gesteigert werden, wie beispielsweise bei der Schachweltspitze, die durch computergestütztes Training ihre Fähigkeiten verbessert hat. - Die zentrale Fragestellung besteht darin, ein kooperatives Verhältnis zwischen Mensch und Maschine zu etablieren, bei dem die rechtlichen und gesellschaftlichen Bedingungen so konstituiert sind, dass maschinelle Arbeit zum Nutzen der Menschen geschieht. - Die Verteilung des durch Maschinen und Digitalisierung erwirkten Wohlstands und die Entwicklung von Redistributionsmechanismen bleiben eine gesellschaftliche Entscheidung. ## Der Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie - Im nächsten Kapitel wird die Wirkmacht und Massivität des Klimawandels thematisiert und erläutert, wie die Wissensgesellschaft zur Milderung der Klimakrise beitragen kann. - Der Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie wird als Existenzbedingung im 21. Jahrhundert betrachtet. - Der Treibhauseffekt ist ein natürlicher Prozess, bei dem die Atmosphäre Energie von der Sonne absorbiert und die Erde aufheizt, wodurch die mittlere Temperatur auf unserem Planeten bei etwa 15 Grad liegt, anstatt bei -18 Grad ohne diesen Effekt. - Der Treibhauseffekt ist für die Entwicklung organischen Lebens auf der Erde unerlässlich, da er es ermöglicht, dass Wasser in flüssiger Form in natürlicher Umgebung vorkommt und auf diese Weise organisches Leben entstehen kann. - Ein wichtiger Faktor, der zum natürlichen Treibhauseffekt beiträgt, ist Kohlendioxid (CO2), ein farb- und geruchloses Molekül, das Wärmestrahlungen absorbiert und solare Wärmeenergie speichert. - CO2 kommt in der Biosphäre vor und stabilisiert nicht nur den Temperaturhaushalt der Erde, sondern gestaltet auch organisches Leben selbst, indem es vom Menschen als Abfallprodukt des Stoffwechsels ausgeatmet wird und durch die pflanzliche Photosynthese wieder in Sauerstoff umgewandelt wird. - Die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Ozon (O3), Lachgas ([Distickstoffmonoxid](https://de.wikipedia.org/wiki/Distickstoffmonoxid)) und Methan (CH4) machen nur einen Bruchteil der vorhandenen Bestandteile in der Atmosphäre aus, während Stickstoff und Sauerstoff den weitaus größten Anteil bilden und keine Auswirkung auf das Klima haben. - Das Klima ist ein äußerst fragiles Gleichgewicht, das durch menschliche Aktivität rasant und wirkmächtig zum Kippen kommen kann, wobei natürliche Klimaveränderungen sich im Laufe von Jahrtausenden vollziehen und nicht mit zivilisatorischen oder kulturellen Zeithorizonten vergleichbar sind. - Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre korrespondiert direkt mit der globalen Durchschnittstemperatur, da CO2 eine wichtige Rolle bei der Speicherung und Verteilung von Hitze spielt. - Durch die Analyse von Sauerstoff-Isotopenstufen in Eiskernbohrungen aus der Antarktis können präzise Kalkulationen über die klimatischen Entwicklungen der letzten 800.000 Jahre durchgeführt werden. - Die Ergebnisse zeigen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der CO2-Konzentration und der Durchschnittstemperatur, wobei höhere CO2-Werte zu höheren Temperaturen führen. - Die ältesten Fossilien, die über die Ursprünge des Homo Sapiens informieren, sind etwa 300.000 Jahre alt, was bedeutet, dass die Dokumentation der klimatischen Bedingungen weit vor dem Beginn unserer menschlichen Spezies zurückreicht. - Die Grafik zeigt eine nahezu gleichförmige Entwicklung zwischen CO2, Durchschnittstemperatur und Meeresspiegel, die jedoch seit Beginn der industriellen Revolution durch den Menschen stark verschoben wurde. - Die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Erdöl, Erdgas und Kohle ist für diese Veränderung verantwortlich und hat die chemische Konstitution der Atmosphäre innerhalb weniger Jahrhunderte verändert. - Fast 80 % des globalen Primärenergieverbrauchs wird durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern gedeckt, was zur Freisetzung von CO2 und zur Ablagerung von CO2 in der Atmosphäre führt. - Jeden Tag werden etwa 110.000 Millionen Tonnen an hitzeabsorbierender und treibhausaktiver Verschmutzung in die Atmosphäre emittiert, was zu massiven Folgewirkungen führt. - Die gegenwärtige CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist höher als in den letzten 800.000 Jahren und zeigt eine Dichte, die für die letzten 400.000 Jahre nicht nachgewiesen werden kann. - Die Hauptursache für die aktuelle Klimatendenz ist die Verbrennung von kohlenstoffhaltigen fossilen Energieträgern durch den Menschen. - Die zunehmende Verbrennung von fossilen Energieträgern seit Beginn der industriellen Revolution hat zur Ablagerung von CO2 in der Atmosphäre geführt, was zu einem Anstieg der globalen Temperaturen führt. - Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wird in parts per million (ppm) gemessen und hat sich laut [NASA](https://de.wikipedia.org/wiki/NASA) im Januar 2019 auf 410 ppm belaufen. - Im Verlauf der Erdgeschichte der letzten 800.000 Jahre wurde der Wert von 300 ppm nie überstiegen, während der aktuelle Anstieg um 100 ppm nur 120 Jahre benötigt hat. - Die Brisanz der Entwicklung besteht darin, dass die zyklische Konstanz klimatischer Trends durch menschliche Aktivitäten in einem sehr kurzen Zeitraum gestört wurde. - Der Energiebedarf hat sich seit Beginn der industriellen Revolution intensiviert und beruht weitgehend auf der Verbrennung fossiler Energieträger. - Die Moderne gründet bisher auf einer direkten Proportionalität zwischen Wirtschaftswachstum und Energiehunger, was jedoch entkoppelt werden muss. - Der Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre führt zu einem Temperaturanstieg mit fatalen Konsequenzen, wie dem Anstieg des Meeresspiegels, der Verflüssigung von Wassermengen und extremeren Wetterkapriolen. - Die Folgen der globalen Erwärmung belasten die menschliche Physis, führen zu Schäden durch Schlechtwetterfronten und beeinträchtigen die Artenvielfalt. - Die beschleunigte Veränderung der klimatischen Umstände geschieht in einem Tempo, sodass die Evolution darauf nicht angemessen reagieren kann, und zeitigt enorme Konsequenzen für die Artenvielfalt. - Einige Pflanzen und Tiere können sich vor dem Klimawandel retten, indem sie entlang der Verschiebung von Klimazonen weiterwandern, wobei sie innerhalb eines Jahrzehnts elf Meter in die Höhe und etwa siebzehn Kilometer Richtung Pole wandern. - Nicht alle Arten können diese Wanderung antreten oder schaffen, was zu einem Artsterben führen könnte, wie es in den letzten 540 Millionen Jahren der Evolutionsgeschichte bereits fünf Mal geschehen ist. - Nur wenige Organismen, wie die Ratte, der Mensch, die Kellerassel und der Rabe, können sich an unterschiedliche klimatische Bedingungen adaptieren. - Forscherinnen sprechen vom sechsten großen Massenaussterben, das in diesem Jahrhundert erlebt wird, wobei die Hälfte aller existierenden Spezies aussterben könnte. - Das letzte Artensterben einer vergleichbaren Größenordnung fand vor 66 Millionen Jahren statt, als ein Asteroid auf der Halbinsel Yukatan einschlug und die Saurier ausrottete. - Der durch den Menschen verursachte Klimawandel hat eine ähnliche Wirkung auf die Ökologie wie der Asteroid-Einschlag, insbesondere die Ozeane sind betroffen, die den Großteil der zusätzlichen Energie aufgenommen haben. - Das [Weltwirtschaftsforum](https://de.wikipedia.org/wiki/Weltwirtschaftsforum) analysierte 2017 und 2018, dass das größte Risiko für die Weltwirtschaft und die Menschheit von Wetterkapriolen ausgehen würde, die der Klimawandel verantwortet. - Der Klimawandel bildet ein Universalphänomen, das vielfältige gesellschaftliche und biologische Bereiche berührt, verändert und herausfordert. - Ein ungebremster CO2-Ausstoß könnte bis zum Ende des 21. Jahrhunderts einen Temperaturanstieg um 5 Grad Celsius verursachen, was einen bezeichnender Vergleichswert zum Unterschied zwischen dem heutigen Klima und der letzten natürlichen Eiszeit darstellt. - Das 1,5 Grad Ziel im Pariser Klimaabkommen besagt, dass die durchschnittliche Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter eingedämmt werden soll, wobei 2 Grad als letzte Obergrenze gelten. - Der Weltklimarat hat errechnet, dass es noch ein Zeitfenster bis ins Jahr 2030 gibt, um die extremen Folgeschäden des Klimawandels präventiv zu verhindern und das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, aber dafür ist eine grundlegende Umkehr erforderlich. - Der Anteil an CO2 in der Atmosphäre ist seit Beginn der industriellen Revolution durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern markant gestiegen, insbesondere seit Ende des Zweiten Weltkriegs. - Nur ein Bruchteil des freigesetzten CO2 wird vom Menschen verursacht, während die Natur den weitaus größten Teil selbst freisetzt und auch wieder absorbieren kann. - Der zusätzliche CO2-Ausstoß, der vom Menschen verursacht wird, kann jedoch nicht durch den etablierten Kohlenstoffkreislauf verarbeitet werden und verbleibt daher in der Atmosphäre. - Die Natur kompensiert den natürlichen CO2-Ausstoß durch pflanzliche Photosynthese und Absorption in den Ozeanen, aber die Menge an anthropogenen Treibhausgasen kann nicht mehr vollkommen verarbeitet werden. - Die Atmosphäre wird vom Menschen zur Müllhalde für CO2-Ablagerungen degradiert, was zu einem Temperaturanstieg führt, der jedoch mit Verzögerung eintritt. - Die konsequenten und unausweichlichen Folgewirkungen des bereits jetzt vorhandenen CO2 werden noch in Jahrhunderten und Jahrtausenden eine verschärfte Erderwärmung verursachen. - Die Weltgemeinschaft hat sich beim Klimagipfel in [Paris](https://de.wikipedia.org/wiki/Paris) im Jahr 2015 darauf geeinigt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad gegenüber dem Beginn des Industriezeitalters zu begrenzen, um die bedrohliche Entwicklung zu verlangsamen und ihr Einhalt zu gebieten. - Wenn die 1,5 Grad nicht erreicht werden, dann wird als zweites Ziel eine Grenze von 2 Grad Erwärmung alternativ angeführt, aber jede weitere Erwärmung wäre mit exponentiellen Risiken für die Weltgemeinschaft, die internationale Entwicklung und die Natur behaftet. - Eine globale Erwärmung um 1,5 Grad bedeutet nicht, dass alle Weltregionen gleichermaßen betroffen sein werden, da das globale Klima durch unterschiedliche Zusammenhänge und komplexe Abhängigkeiten konstituiert ist. - Eine Erwärmung um 1 Grad im Bereich des Äquators kann beispielsweise eine Erwärmung um 3 Grad in der Arktis bedeuten, was die Berechnung und Vorhersage der Folgen erschwert. - Big Data und [Künstliche Intelligenz](https://de.wikipedia.org/wiki/Künstliche_Intelligenz) tragen zum besseren Verständnis des Klimawandels bei und liefern akkuratere Berechnungen und Prognosen, was sich auch auf die Vorhersage von Wetterereignissen wie Hurrikanen und Regenmengen auswirkt. - Die computergestützten Analysemethoden können Leben retten, indem sie den Verlust an Menschenleben durch Naturkatastrophen minimieren, die materiellen Schäden jedoch weiterhin zunehmen. - Der Klimawandel ist eine nicht intendierte Folgewirkung der Industriegesellschaft, die durch den massenhaften Ausstoß von CO2 verursacht wird, und ein progressiver Weg vorwärts könnte in der Überholung der Industriegesellschaft selbst liegen. - Eine radikale Veränderung hin zu einer innovationsgetriebenen Wissensgesellschaft könnte den Ausweg bieten, wobei technologischer Fortschritt oft mit weniger Energieverschwendung, besserer Nutzung von Wertschöpfungspotenzialen und intelligenten Technologien einhergeht. - Die digitale Transformation ökonomischer Prozesse und sozialer Interaktion könnte zur ökologischen Trendumkehr beitragen, wenn Gesellschaften den willentlichen und demokratischen Entscheid fassen, Veränderung zu gestalten, um Nachhaltigkeit zu erwirken. - Die technologischen Entwicklungen und die freigesetzten Innovationspotenziale, insbesondere bei der alternativen Energiegewinnung, machen es möglich, auf fossile Energieträger zu verzichten, da die Produktionskosten von alternativen Energien rapide sinken und die Kostenstruktur von fossilen Energieträgern nicht mehr kompetitiv erscheint. - Der Erdölmarkt steht vor einer grundlegenden Transformation, da moderne Technologien zu tiefgreifenden Umbrüchen führen und traditionelle Verfahrensmuster und Produktionsmechanismen erneuert werden. - Die technischen und wissensbasierten Grundlagen für einen Übergang von fossilen Energien sind vorhanden, aber dieser Prozess ist komplex und nicht geradlinig. - Der Wandel im Energiesektor ist Teil einer umfassenderen Transformation, die gesamtgesellschaftlich stattfindet und sich auf selbstständige Systeme, interagierende Netze und automatisierte Kommunikation auswirkt. ## Die Energiewende und die Finanzmärkte - Entscheidende Kräfte im Markt treiben den Prozess zur nachhaltigen Trendumkehr voran und reagieren auf wahrnehmbare Entwicklungen. - Das Klimaabkommen von [Paris](https://de.wikipedia.org/wiki/Paris) kann als eine bewusst gesetzte Botschaft an die Finanzmärkte verstanden werden, dass die Erdöl- und Erdgasindustrie sukzessive abgewickelt werden soll. - Die Ziele des Abkommens lassen sich quantifizieren und rückrechnen, und wenn die Verpflichtung, die maximale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, eingehalten werden soll, muss die Menge an Treibhausgasen, die der Mensch noch ausstoßen darf, signifikant limitiert werden. - Dies bedeutet, dass ein Großteil der heute bekannten Reserven an fossilen Energieträgern ungenutzt bleiben muss, und wenn die Vorgabe von 1,5 Grad eingehalten wird, dürfen beispielsweise nur noch 2 % der vorhandenen Reserven faktisch verbrannt werden. - [Friedrich August von Hayek](https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_August_von_Hayek) analysierte, dass Märkte als Aggregate agieren, um Information prozessual zu verarbeiten, und dass isolierte Entscheidungen Einzelner durch strukturelle und komplexe Verflechtungen zu einem konsequenten Gesamtprozess zusammengeführt werden. - Um die Klimaziele von 2 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu erreichen, dürfen nur rund 20 % der gegenwärtig vorhandenen fossilen Energieträger zur treibhausgasemittierenden Energiegewinnung herangezogen werden, während beim 1,5 Grad Ziel 98 % aller fossilen Energiereserven als gegenstandslos erscheinen. - Die Marktkapitalisierung von Erdöl- und Erdgaskonzernen basiert auf Annahmen und Berechnungen, die sich nicht als realisierbar erweisen lassen, da nur ein Bruchteil der Reserven in Zukunft tatsächlich gefördert und verbrannt werden kann, wenn der internationalen Klimavereinbarung von Paris entsprochen werden soll. - Die faktischen Kosten, wenn sich die heutigen Investitionen im Erdöl- und Erdgasmarkt als Gewinne realisieren sollen, wären die ökologische Verheerung der Erde für die nächsten Generationen. - Die Überbewertung des Erdöl- und Erdgasmarktes, basierend auf den Kalkulationen rund um das Pariser Klimaabkommen, wird auf 22 Billionen Dollar geschätzt, was die zu erwartende Größenordnung der anstehenden Wertberichtigung darstellt. - Der damalige Gouverneur der [Bank of England](https://de.wikipedia.org/wiki/Bank_of_England), [Mark Carney](https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Carney), erklärte bereits im Jahr 2014, dass "die große Mehrheit der fossilen Energieträger nicht verbrannt werden kann." - Die Unterschiede zwischen Reserven und Ressourcen werden erläutert, wobei Reserven alle Mengen an fossilen Energieträgern sind, die sich gegenwärtig kostendeckend fördern lassen, während Ressourcen die Größe aller vorhandenen und bekannten Vorkommen bemessen, die ein Erdöl- und Erdgaskonzern in den natürlichen Lagerstätten vermutet. - Die Abbildung 6 zeigt die Größenordnung des Carbonbudgets, das in die Atmosphäre geblasen werden kann, um die definierten Klimaziele zu erreichen, und berechnet sich auf die Größenordnung, wieviel Erdöl und Erdgas folglich noch verbrannt werden dürfen. - Die Stadt [New York City](https://de.wikipedia.org/wiki/New_York_City) und die Stadtregierung von [London](https://de.wikipedia.org/wiki/London) haben beschlossen, öffentliche Pensionsgelder nicht mehr in fossilen Energiewerten zu binden und die Investments sukzessive zu reduzieren. - Beide Städte fordern andere Städte auf, die gleiche Entscheidung zu treffen, um ihre öffentlichen Investments in fossile Energieträger abzuziehen und neu zu veranlagen. - Diese Entscheidung basiert nicht nur auf moralischen Motiven und ethischen Impulsen, sondern auch auf finanziellem Kalkül und einem sorgsamen Umgang mit öffentlichen Geldern. - Das Finanzunternehmen [Citigroup](https://de.wikipedia.org/wiki/Citigroup) kalkuliert, dass Werte in der Höhe von 100 Billionen Dollar als Stranded Assets zu qualifizieren wären, wenn die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden. - Stranded Assets sind Vermögenswerte, die unerwartete oder vorzeitige Abschreibungen, Abwertungen oder Umwandlungen in Verbindlichkeiten erfahren, weil umweltbezogene Risiken zur Wertberichtigung führen. - Die Citibank rechnet mit der umfangreichsten Wertberichtigung der modernen Geschichte, die erwartet werden muss, aufgrund von Umweltrisiken und der Wirkweise der schöpferischen Zerstörung. - Die schöpferische Zerstörung, wie sie [Joseph Schumpeter](https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schumpeter) beschrieben hat, führt dazu, dass innovative Lösungen bestehende Verfahren obsolet machen und damit verbundene Werte gegenstandslos werden. - Die Abwicklung der Erdölindustrie stellt eine Frage nach der Effektivität und Rapidität der Kräfte des Markts als Verfahren nachhaltiger Veränderung dar. - Die Menschheit hat durch Verbrennung von fossilen Energieträgern eine massive Menge an CO2, Methan und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre abgelagert, was zum menschverursachten Klimawandel führt. - Der technologische Fortschritt ist erforderlich, um ausgediente Formen der Energiegewinnung radikal zu überholen und den ökologischen Kollaps zu vermeiden. - Die Menschheit kann die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels nur durch technologisch ausgefeilte Verfahren, die Energiegewinnung, neue Formen der Mobilität und innovative Produktionsverfahren einschließen, schmälern oder verhindern. - Diese Transformation muss laut aktueller Berechnungen schnell geschehen und wirkt maßgeblich auf die Ökologie und die digitale Transformation. - Die digitale Transformation bietet neue Investitionsmöglichkeiten, da Kapital aus den fossilen Energiemärkten abzieht und in moderne Technologien investiert wird, die ein Versprechen auf die Zukunft bilden. - Durch diese Investitionen werden die Forschungsbudgets neuer Technologien erhöht, was die Entwicklung fortschrittlicher Innovationen wahrscheinlicher macht. - Die anstehende Transformation wird auch den gesellschaftlichen Überbau verändern und zu einer Wissensgesellschaft führen, in der Wertschöpfung auf wissensbasierter Arbeit basiert. - Die Prinzipien der Industriegesellschaft werden durch neue Grundlagen ersetzt, und es besteht ein politisches Interesse, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren. - Die Realität des Klimawandels und die Fortschritte in der Technologie manifestieren radikale Agenten des Wandels, die die Grundstruktur der Gesellschaft fundamental erneuern. ## Die digitale Transformation und die soziale Frage - Die menschliche Zivilisation steht vor einem historischen Bruch, in dem Gegenstände im Alltag schlauer agieren als Menschen, und das Verhältnis zwischen Mensch und Gegenstand sich radikal ändert. - Durch den Klimawandel wird die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt neu ausverhandelt, und die Idee des Anthropozän wird stetig plausibler. - Aus ethischer Perspektive erwächst den Menschen die Verantwortung, sich der Konsequenz des eigenen Handelns bewusst zu werden und die Folgewirkungen des eigenen Tuns zu begreifen. - Die Ethik erfährt eine expansive Tendenz, da nun Maschinen Handlungen verantworten, die eine moralische Auswahl verantworten, wie beispielsweise autonom fahrende Autos, die auf Basis sensorisch erfasster Daten und Rückschlüssen eine bewusste Auswahl an unterschiedlichen Möglichkeiten treffen können. - Diese Entscheidung verlangt nach einem moralischen Fundament und wirft die Frage auf, wer für die Festlegung dieser moralischen Standards verantwortlich zeichnen soll. - Die moderne technologische Entwicklung verbindet sich mit einem sozialen Umbruch, der sich gesellschaftlich statistisch ausmachen lässt. ## Die Klimakrise - Die Weltgemeinschaft hat seit Beginn der industriellen Revolution bis zum Jahr 2015 eine solche Menge an fossilen Brennstoffen verbrannt, dass sich 365 Milliarden Tonnen an zusätzlichen Kohlenstoffen in der Atmosphäre abgelagert haben. - Hinzu kommen noch 180 Milliarden Tonnen, die durch die Entwaldung verursacht werden, und allein im Jahr 2015 wurden 9 Milliarden Tonnen an menschenverursachten Kohlenstoffen in der Atmosphäre abgelagert. - Die jährliche Steigerungsrate liegt bei bis zu 6 Prozent, und wenn der Trend ungebremst fortgesetzt wird, kann bis zur Mitte des Jahrhunderts mit einem Anstieg des CO2-Anteils in der Atmosphäre auf 500 ppm gerechnet werden. - Dieser Wert würde eine Verdoppelung gegenüber der vorindustriellen Epoche bedeuten und zu Folgewirkungen wie einem rasanten Anstieg der Temperaturen, Verschärfung natürlicher Kippeffekte, Schmelzen von Gletschern und dem arktischen Eisschild, Anstieg des Meeresspiegels und Zunahme von Wetterextremen führen. - Die Ozeane nehmen Gase aus der Atmosphäre auf und geben sie wieder ab, aber wenn sich die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre verändert, gerät dieses Gleichgewicht in Schieflage, und die Ozeane nehmen mehr Kohlenstoffe auf, als sie abstoßen können. - Dies führt zu einer Veränderung der Konsistenz des ozeanischen Wassers, und der Säure-Basen-Haushalt gerät in Schieflage, wodurch der durchschnittliche pH-Wert des Oberflächenwassers der Meere bereits von 8,2 auf 8,1 gefallen ist. - Eine Abnahme um 0,1 bedeutet, dass die Meere nun dreißig Prozent saurer sind als im Jahr 1800, und nach einem "Weiter-wie-bisher"-Emissionsszenario werden die Meere bis zur Jahrhundertmitte um hundertfünfzig Prozent saurer sein als zu Beginn der industriellen Revolution. - Der Klimawandel hat kritische Folgen für Volkswirtschaften, die stark von den Ozeanen abhängig sind, aber durch eine grundlegende Transformation der Energiegewinnung und eine anders operierende Ökonomie können diese Folgen gemildert werden. ## Der Weltklimarat - Die Grafik von Ritchie/Roser (2019) zeigt den globalen Energieverbrauch und die Energiequellen, die eine enorme Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aufzeigen. - Diese Abhängigkeit führt zu einem hohen Ausstoß von CO2-Emissionen, wie in der Grafik von Ritchie/Roser (2017) dargestellt. - Der Weltklimarat (IPCC) hat konkrete Berechnungen durchgeführt, um die notwendigen Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels zu bestimmen. - Der IPCC ist eine zwischenstaatliche Organisation unter dem Dach der [Vereinte Nationen](https://de.wikipedia.org/wiki/Vereinte_Nationen), die den wissenschaftlichen Stand der Forschung zum Klimawandel zusammenfasst und politischen Entscheidungsträgern Orientierung bietet. - Der IPCC hat im Jahr 2007 den Friedensnobelpreis erhalten und veröffentlicht regelmäßig Studien, die den aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft zusammenfassen. - Die Berichte des IPCC unterscheiden zwei Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels: Vermeidung (Mitigation) und Anpassung (Adaption). - Vermeidung bedeutet die notwendigen Maßnahmen, um die Situation nicht weiter zu verschlimmern, während Anpassung die konstruktiven Maßnahmen bezeichnet, um auf unvermeidbare Folgen des Klimawandels zu reagieren. - Eine Studie von Nicholas Stern (2006) beziffert die Kosten eines ungebremsten Klimawandels auf 20 % des globalen Bruttoinlandsprodukts, während die Kosten der notwendigen Maßnahmen zur Begrenzung der CO2-Emissionen auf rund 2 % des globalen Bruttoinlandsprodukts geschätzt werden. - Die Auswirkungen des Klimawandels sind vielfältig und umfassen die Ausdehnung von Wüsten, die Unbewohnbarkeit mancher Landstriche, die Zunahme von Dürreperioden und die Veränderung von Jahreszyklen. - Diese Konsequenzen haben auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Ernteausfälle, die Zunahme von schlagartigen Regenfällen und Überschwemmungen, die Überflutung von Küstengebieten und Gesundheitsrisiken durch Hitzeperioden. - Um die fatalsten Folgen der Klimakrise zu bewältigen, bedarf es beider Maßnahmenpakete, also Mitigation und Adaption. - Die digitale Transformation kann für beide Weichenstellungen entscheidende Beiträge liefern, sofern sie intelligent angewandt wird. - Die Schritte, die in der Anpassung gesetzt werden, bedürfen belastbarer Modelle, die klimatische Entwicklungen prognostizieren, und besserer Rechenleistungen, umfassenderer Rechenmodelle und Datenaustausch zwischen privaten und öffentlichen Organisationen. - Der IPCC-Report von 2018 legt einen klaren zeitlichen Rahmen für die Vermeidung von Klimawandel-Auswirkungen fest, wonach der menschverursachte CO2-Ausstoß bis 2050 nahezu auf Null reduziert werden muss, um das Ziel der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad zu erreichen. - Die akute Schwierigkeit besteht darin, Wirtschaftswachstum vom Treibhausgasausstoß zu entkoppeln, was bisher nur während der globalen Rezession gelungen ist. - Eine effektive Kooperation zwischen staatlichen Akteuren, agilen Märkten, veränderungswilligen Gesellschaften, einer kritischen Öffentlichkeit und demokratischen Machtverschiebungen ist erforderlich, um die Ansprüche von Ökonomie und Ökologie zu harmonisieren. - Neue Investitionen sind notwendig, die sich auch durch die Abziehung von Kapital aus den überbewerteten fossilen Energiemärkten finanzieren lassen. - Die Tatsache, dass 71 % aller menschverursachten Emissionen seit 1988 auf die Geschäftspraktiken und Geschäftsmodelle von 100 Unternehmen zurückverfolgen lassen, zeigt, wie sehr ein grundlegender Umbruch stattfinden muss. - Die Grafik zeigt die 15 größten Verschmutzer und dokumentiert den relativen Wert, wie viel die jeweilige Geschäftspraxis zu den anthropogenen CO2-Emissionen zwischen 1988 und 2017 beigetragen hat. ## Die Aufgaben der digitalen Transformation - Um den notwendigen Wandel zu realisieren, setzt es perspektivisches Denken voraus, bei dem die Möglichkeiten technologischen Fortschritts ausgeschöpft werden und der Zeithorizont bis zur Mitte des Jahrhunderts durch Etappenziele gruppiert wird. - Die vereinbarten Meilensteine lassen sich entsprechend den einzelnen Jahrzehnten setzen, um die Epoche bis zur Mitte des Jahrhunderts in konkrete Zeitabschnitte mit entsprechenden Arbeitsprogrammen zu teilen. - Mit jedem Jahrzehnt, beginnend mit dem Jahr 2021, müsste die globale Treibhausgasemission um die Hälfte reduziert werden, um das 1,5-Grad-Ziel bis zum Ende des Jahrhunderts zu erreichen. - Eine Gruppe international hoch anerkannter Wissenschaftler, darunter [Hans Joachim Schellnhuber](https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Joachim_Schellnhuber) und [Stefan Rahmstorf](https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Rahmstorf), hat bereits im Jahr 2017 einen solchen Plan im renommierten Magazin Science veröffentlicht. - Das Jahrzehnt zwischen 2021 und 2030 würde als Zeitraum der "heroischen Anstrengung" gelten müssen, in dem die globale Treibhausgasemission von 40 Gigatonnen auf 20 Gigatonnen halbiert werden müsste. - Dazu braucht es neben der Wiederaufforstung von Regionen auch die Transformation der industriellen Landwirtschaft und den wirksamen Stopp massiver Abholzungen, um gravierende Einschnitte zu schaffen. - Bis 2030 müssen die Kohleverstromung weltweit beendet und der Verbrennungsmotor auf allen Straßen ausgemustert sein, und die Grundlagen für strategische Innovationen im darauffolgenden Jahrzehnt geschaffen werden. - Der Weltagrarbericht von 2018 und Rahmstorf/Schellnhuber (2018) dienen als Grundlage für die Diskussion über die notwendige Reduzierung von Treibhausgasemissionen. - Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Dekade zwischen 2031 und 2040 als "Durchbruchphase" genutzt werden, in der die anthropogenen Treibhausgasemissionen auf 10 Gigatonnen reduziert werden müssen. - In dieser Phase werden neue Materialien wie Lehm und Holz im Hoch- und Tiefbau dominieren, und Privathaushalte werden sich zu energetischen Selbstversorgern wandeln. - Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck ermöglichen klimaneutrale Produktion, und das Internet der Dinge (IoT) liefert die Infrastruktur für eine neue Art von Mobilität und Güterproduktion. - Die Zusammenarbeit zwischen Menschen wird sich weiter automatisieren, und virtuelle Meetings und verteiltes Arbeiten werden die Norm sein. - Die Landwirtschaft wird ökologischer, und die produzierten Lebensmittel werden hochwertiger. - Ab 2040 folgt die "Vertiefungsdekade", in der unerwünschte Entwicklungen angepasst und ein neuer Innovationsgeist entsteht, der von neuen technologischen Möglichkeiten, günstigen Energiekosten und anderen Verfahren getrieben wird. - Die digitale Transformation wird die industrielle Gesellschaft nachhaltig umgestalten und neue Leitprinzipien etablieren. - Die IV. Industrielle Revolution wird die schädlichen Folgen der industriellen Revolution einzudämmen und eine Kurskorrektur vornehmen. - Die digitale Transformation erfordert einen progressiven und fortschrittlichen Neuansatz, um die Ansprüche von Ökologie und Ökonomie im 21. Jahrhundert zu erfüllen. - Es braucht unternehmerische Fantasie und klare rechtliche Rahmenbedingungen, um die Entwicklung zu steuern und die Trendwende aktiv zu gestalten. - Der Klimawandel ist die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts, und die digitale Transformation erfasst den wesentlichen Umbruch dieses Jahrhunderts. ## Die Ungleichheit - Die digitale Transformation kann als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels eingesetzt werden, indem sie effektiv genutzt wird, um die Ungleichheit zwischen Arbeits- und Kapitaleinkommen zu verringern. - Die [Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung](https://de.wikipedia.org/wiki/Organisation_für_wirtschaftliche_Zusammenarbeit_und_Entwicklung) hat in einem Bericht von 2011 festgestellt, dass die ungleiche Verteilung des Wachstums von Arbeits- und Kapitaleinkommen den sozialen Zusammenhalt gefährden könnte. - Die Einkommenszuwächse in Form von Lohneinkommen sind in den letzten Jahren hinter die Einkommenszuwächse durch Kapitalerträge zurückgefallen, wie die [Internationale Arbeitsorganisation](https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Arbeitsorganisation) in einer Studie von 2017 festgestellt hat. - Die Lohnquote, die den Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen darlegt, ist in 91 von 133 Ländern gesunken, wie die Internationale Arbeitsorganisation festgestellt hat. - Die renommierte britische Zeitschrift [The Economist](https://de.wikipedia.org/wiki/The_Economist) berechnet, dass der Rückgang der Einkommensquote zu einer nachweislichen Verlagerung von Vermögenswerten führte, wobei seit 1975 durchschnittlich zwei Billionen Dollar pro Jahr in den vermögenden Ländern als gewachsenes Kapitaleinkommen zu verbuchen sind. - Der Einsatz von Maschinen und moderner Technologie hilft, die Lohnkosten zu senken und sukzessive mehr Tätigkeiten in Produktionsprozessen automatisiert zu bewerkstelligen, wie die [Boston Consulting Group](https://de.wikipedia.org/wiki/Boston_Consulting_Group) analysiert hat. - Die Grundlagen der Wertschöpfung verschieben sich, da eine Arbeitsstunde menschlicher Arbeitskraft durchschnittlich Aufwände von 28 $ verursacht, während ein Roboter die gleiche Arbeitsleistung für rund 8 $ vollbringt. - Die Tendenz für die Gesamtkostenrechnung der Roboter gibt sich fallend, die Lohnkosten steigen jedoch kontinuierlich, was die Frage aufwirft, ob die konventionellen Formen der Redistribution von volkswirtschaftlicher Wertschöpfung noch effektiv operieren. - Die Debatte rund um die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens ist vor diesem Hintergrund zu verstehen, da die Disparitäten zwischen Kapital und Arbeit sich weiterhin beschleunigen. - Die Diskussion über die Zukunft der Arbeit und die Verteilung von Wertschöpfung stellt die Frage, wie die Ergebnisse von Produktivitätsfortschritten distributiv verteilt werden können, wenn kontinuierlich weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird. ## Die Zukunft der Arbeit - Ein möglicher Ansatz zur Lösung dieses Problems ist die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, das massive Konsequenzen für den Bereich der Mitarbeiterführung hätte. - Die volkswirtschaftliche Wertschöpfung wird als eine Funktion des Einsatzes der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital verstanden, wie [Adam Smith](https://de.wikipedia.org/wiki/Adam_Smith) im 18. Jahrhundert formulierte. - Adam Smiths Leitprinzipien, die noch immer Relevanz zeigen, besagen, dass jeder Kapitalbesitzer bestrebt ist, die anfallende Arbeit sinnvoll aufzuteilen und zu organisieren, um die Arbeiter in die Lage zu versetzen, das Größtmögliche zu leisten. - Der Wohlstand einer Volkswirtschaft steigt, wenn die materiellen und immateriellen Mittel und Dienstleistungen effektiv verwendet werden, um effektive Wertschöpfung zu generieren. - Die Faktoren von menschlicher Arbeitskraft und investiertem Kapital wirken zusammen, um Wertschöpfung zu generieren, und können intensiviert oder angehoben werden, um die Gesamtwertschöpfung zu steigern. - Die Wertschöpfung kann in eine mathematische Formel gewandelt werden, die besagt, dass das Bruttoinlandsprodukt (Y) eine Funktion der Faktoren Arbeit (A) und Kapital (K) ist. - Adam Smith zählt auch den Boden als Produktionsfaktor, und die effektive Zusammenführung dieser drei Produktionsfaktoren bildete lange die gängige Erklärung dafür, wie Wert in modernen Ökonomien geschaffen wurde. - Der Ökonom [Robert M. Solow](https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_M._Solow) ergänzte dieses Modell um einen weiteren entscheidenden Faktor, nämlich den technologischen Fortschritt, und wurde 1987 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. - Robert Solow führte einen dritten Faktor in die Wertschöpfung ein, nämlich den Entwicklungsstand der Technologie, der neben Arbeit und Kapital das Ausmaß der Wertschöpfung mitbestimmt. - Die Wertschöpfung basiert auf der Nutzung von drei unterschiedlichen Input-Faktoren: Kapital, Arbeit und dem Entwicklungsstand der genutzten Technologie, was durch die Funktion Y = F(A, K, T) dargestellt wird. - Die Kennzahl der Totalen Faktorenproduktivität wurde entwickelt, um das Ausmaß an Produktivität einer Volkswirtschaft zu erfassen, ohne den Einsatz der Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit zu steigern. - Diese Kennzahl lässt sich als Stand des technologischen Fortschritts reflektieren und zeigt, dass Wertschöpfung nicht nur durch Investitionen in Arbeit und Kapital, sondern auch durch den effektiven Einsatz von Technologie erreicht wird. - [Jeremy Rifkin](https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Rifkin) argumentiert, dass sich gegenwärtig nicht die vierte Entwicklungsstufe der industriellen Revolution abzeichnet, sondern das Zeitalter der III. Industriellen Revolution, die durch die Kombination verschiedener Komponenten wie Mechanik, Raum-Zeit-Wahrnehmungen und Informationsverbreitung gekennzeichnet ist. - Rifkin betont, dass die industrielle Revolution nicht nur durch die Veränderung der Produktionsmechanik, sondern auch durch die Auswirkungen auf die gesellschaftliche Integration, politischen Entscheidungsmechanismen und die Verbreitung von Information geprägt ist. ## Die drei Elemente der industriellen Revolution - Die I. Industrielle Revolution zeigt, wie der Einsatz neuer Technologien unterschiedliche Veränderungspotenziale hervorruft und die Strukturen der gesellschaftlichen Integration und politischen Entscheidungsmechanismen transformiert. - Die Dampfmaschine revolutionierte nicht nur die industriellen Herstellungsweisen, sondern auch die Produktion von Druckerzeugnissen und führte zur Entstehung des modernen Zeitungswesens. - Durch die [Beschleunigung](https://de.wikipedia.org/wiki/Beschleunigung) von Druckverfahren konnten Informationen schneller und billiger vervielfältigt werden, was zu einer Intensivierung der Informationszirkulation führte. - Die Ausbreitung des Telegraphensystems verstärkte diese Entwicklung und ermöglichte eine schnellere Kommunikation über weite Distanzen. - Die Dampfmaschine wurde auch zur Grundlage einer neuen Form der Mobilität, indem sie für den Betrieb von Zügen eingesetzt wurde, was zu einer Veränderung von Transport und Logistik führte. - [Jeremy Rifkin](https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Rifkin) identifiziert drei fundamentale Elemente, die jede industrielle Revolution ausmachen: eine maßgebliche Energiequelle, ein neues Transportsystem und beschleunigte Kommunikationsverfahren. - Diese Elemente verändern die Vorstellungen und Wahrnehmungen von Raum und Zeit und führen zu einer anderen Selbstwahrnehmung von Gesellschaft. - Die Kombination aus Energiesystemen, Kommunikationsverfahren und Logistiksystemen prägt auch die Art und Weise, wie Macht und gesellschaftliche Teilhabe in Gesellschaften verwirklicht werden. - Die erste industrielle Revolution, die dem 19. Jahrhundert Gestalt gab, wurde durch Kohle als Energieträger, die Eisenbahn als Transportsystem und das moderne Pressewesen und den Telegraphen als Kommunikationsmittel geprägt. - Die zweite industrielle Revolution, die dem 20. Jahrhundert Form gab, wurde durch die Elektrifizierung von Fabriken, die Verwendung von Erdöl als Energieträger und die Ausbreitung von Telefon, Fernsehen und Radio als Kommunikationsmittel geprägt. - Die zweite industrielle Revolution, die durch [Henry Ford](https://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Ford) angestoßen wurde, führte zu einer Individualisierung von Transport und Logistik und veränderte die Gesellschaft durch die Verbreitung des Autos als individuellem Besitz. - Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden zum Symbol dieser Revolution und prägten den American Way of Life, der auch über den Atlantik und den Pazifik hinweg strahlte. - Laut [Jeremy Rifkin](https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Rifkin) gipfelt und endet diese Entwicklungsgeschichte im Jahr 2008, als die Finanzmärkte implodierten, wobei er den Bruchpunkt jedoch nicht mit dem Platzen der Subprime-Krise, sondern mit dem Rekordpreis für ein Barrel Brent-Rohöl im Juli 2008 identifiziert. - Dieser Preisanstieg erschütterte die Märkte, da die Energiepreise auf Basis von Rohöl als perspektivisch unfinanzierbar erwiesen, und führte zu einer langanhaltenden und tiefgreifenden Krise, die zu niedriger Produktivität führte. - Die Lösung für diese Krise liegt laut Rifkin in der transformativen Alternative der dritten industriellen Revolution, die den notwendigen Umbruch darstellt, um aus der ökonomischen und gesellschaftlichen Ermattung herauszufinden. - Der drohende ökologische Kollaps und ökonomische Beweggründe machen eine radikale Transformation unumgänglich, da die Produktivität auf Grundlage existierender Systematiken nicht mehr gesteigert werden kann. - [Robert M. Solow](https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_M._Solow) hat analytisch erkannt, dass der Fortschritt der Produktivität nicht nur vom Einsatz der Arbeitskraft und dem Investment von Kapital abhängt, sondern auch vom Stand der Technologie, die instrumentell genutzt wird. - Die Krise im Jahr 2008 und die nachfolgenden Jahrzehnte voller Produktivitätsengpässe und Folgekrisen reflektieren die finale Auslastung und Erschöpfung einer systemischen Struktur, da die ökonomische Wertschöpfung auf Grundlage der zweiten industriellen Revolution nicht mehr weiter gesteigert werden kann. - Die Technologien, die in der zweiten industriellen Revolution genutzt werden, stoßen an die Grenzen möglicher Entwicklungspotenziale, und die volkswirtschaftliche Entwicklung wird durch den Nutzungsgrad entscheidend bestimmt, der erzielt werden kann, was als Aggregate Efficiency bezeichnet wird. - Die digitale Transformation zielt darauf ab, die Produktivität zu steigern, indem sie die bestehenden Strukturen verändert und neue Möglichkeiten der Wertschöpfung schafft. - [Jeremy Rifkin](https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Rifkin) betont, dass die zweite industrielle Revolution in den USA 1903 mit einer Aggregate Efficiency von 3% begann, was bedeutet, dass 97% der Energie in jedem Prozess entlang der Wertschöpfungskette verloren gingen. - Bis 1990 erreichten die USA eine Aggregate Efficiency von etwa 13%, Deutschland von 18,5% und [Japan](https://de.wikipedia.org/wiki/Japan) von 20%, aber seitdem hat sich an diesem Verhältnis nichts mehr geändert. - Rifkin argumentiert, dass Arbeitsmarktreformen, Marktreformen, Steuerreformen oder neue Anreize nicht dazu beitragen werden, die Gesamteffizienz zu steigern, solange wir auf der Plattform der II. Industriellen Revolution arbeiten. - Die digitale Transformation einer entwickelten Volkswirtschaft ist notwendig, weil das Entwicklungspotenzial der II. Industriellen Revolution ausgeschöpft ist und ein grundlegender Wandel bestehender Systeme erforderlich ist. - Die nächste Entwicklungsstufe der industriellen Revolution beruht nicht nur auf neuen Technologien, sondern auch auf einem radikalen Wandel der bestehenden Strukturen. - Die anstehenden Erneuerungen im Zuge der digitalen Transformation zeigen laut Rifkin Umbrüche bezüglich aller Definitionsmerkmale der industriellen Wertschöpfung, wie Transport, Energie und Kommunikation. - Die Energieressource, die genutzt wird, besteht in der alternativen Energiegewinnung, die ein dezentralisiertes Versorgungs- und Verteilungssystem erfordert. - Der Datenaustausch und die Energieübertragung werden neu gekoppelt, um dieses dezentrale Netzwerk zu organisieren. - Transport und Logistik werden durch die Automatisierung und den Einsatz [Künstliche Intelligenz](https://de.wikipedia.org/wiki/Künstliche_Intelligenz) auf Basis von Elektromobilität radikal erneuert. - Die Fortentwicklung der Digitalisierung begründet neue Formen der Datenerhebung und beschleunigte Verfahren der Datenübertragung. - Die notwendige Infrastruktur für die III. Industrielle Revolution liefert das Internet der Dinge, das eine verbesserte Logik der Wertschöpfung ermöglicht. - Auf Grundlage dieser Infrastruktur wird sich die totale Faktorenproduktivität heben und die Aggregat Efficiency markant steigern. ## Universaltechnologien - Eine mögliche Veränderung durch die enormen Produktivitätsgewinne im Zuge des Fortschritts der digitalen Transformation besteht darin, dass es keinen institutionalisierten Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage in marktwirtschaftlichen Zusammenhängen mehr bräuchte, da sich auf Grundlage der verbesserten totalen Faktorenproduktivität genau so viel produzieren lässt, wie als Nachfrage benötigt wird. - Die kanadischen Ökonomen Kenneth Carlaw und Richard Lipsey identifizieren 24 Universaltechnologien, die den zivilisatorischen Fortschritt begründen, darunter die Domestizierung von Pflanzen und Tieren, die Erfindung des Rads, die Entwicklung der Schrift und die Nutzung von Bronze und Eisen. - Universaltechnologien zeichnen sich durch bestimmte Eigenschaften aus, wie etwa ihre einzigartige und allgemein nutzbare Natur, ihre schnelle Durchsetzungsfähigkeit, ihre Nützlichkeit in verschiedenen Anwendungsfällen und ihre vielfältigen und unterschiedlichen Folgewirkungen. - Die Universaltechnologien haben im Laufe der Geschichte zu verschiedenen Revolutionen und Umbrüchen geführt, wie etwa der Neolithischen Revolution, der Mechanisierung, der Industrialisierung und der digitalen Transformation. - Die digitale Transformation bildet einen Bestandteil des technologischen Fortschritts, der nicht nur wesentlich zum zivilisatorischen Prozess beiträgt, sondern auch die entscheidende Intensivierung der Produktivität im 21. Jahrhundert darstellt. - Unternehmen, Organisationen und Volkswirtschaften, die auf der Grundlage der digitalen Transformation operieren, können Produktivität leichter und effektiver erwirken als vergleichbare Organisationen, die darauf verzichten. - Die digitale Transformation ist ein wichtiger Umbruch, der nicht nur einen ökonomischen oder maschinellen Fortschritt darstellt, sondern auch einen Ausweg aus der ökologischen Prekäre bietet, in die die industrielle Revolution geführt hat. - Die soziale Dimension der digitalen Transformation erfordert gesellschaftliches Bewusstsein, um die volkswirtschaftlichen Umbrüche inklusiv zu gestalten und die neue Rasanz der technologischen Verbesserungen zu einer inklusiven Gesellschaft zu führen. ## Die moderne Rolle des Staates - Die Finanzierung öffentlicher Haushalte beruht auf der Besteuerung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, wobei der Faktor Arbeit im Regelfall höher besteuert wird als der Faktor Kapital. - Die Frage nach zeitgemäßen Finanzierungsmodalitäten stellt sich nicht nur vor dem Hintergrund dysfunktionaler Umverteilungsmechanismen, sondern auch aufgrund der Notwendigkeit solider öffentlicher Ausgaben. - Eine solide Ausstattung des öffentlichen Haushalts ist entscheidend für eine wirksame digitale Transformation, da innovative Unternehmen, die an der digitalen Transformation wirken, eine belastbare und radikal erneuerte Infrastruktur benötigen. - Der liberale Denker [Adam Smith](https://de.wikipedia.org/wiki/Adam_Smith) hat erkannt, dass dem modernen Staat drei faktische Aufgaben zufallen: die militärische Verteidigung, die Etablierung einer zivilen Ordnung im Inneren und die Bereitstellung von Services oder Institutionen, die nicht von einzelnen Personen oder Unternehmen zur Verfügung gestellt oder organisiert werden können. - Ein funktionierender Markt setzt Bedingungen voraus, die er zwar selbst nicht direkt erwirken kann, die er jedoch für die eigene Funktionstüchtigkeit benötigt, wie innere Stabilität und außenpolitische Sicherheitsgarantien. - In maroden Staaten oder in Gebieten, wo staatliche Herrschaft zusammengebrochen ist, finden sich aufgrund der Unsicherheiten und Rechtlosigkeit keine Bedingungen, die vorausschauendes Handeln und marktwirtschaftliche Kapitalakkumulationen gestatten würden. - Eine zeitgemäße öffentliche Infrastruktur ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer modernen Gesellschaft und sollte durch die öffentliche Hand garantiert und entwickelt werden. - Beispiele für solche Infrastrukturen sind das Internet der Dinge und ein funktionstüchtiges 5G-Netzwerk, die als Grundlage für unternehmerische Entwicklung dienen können. - Die Entwicklung solcher Infrastrukturen erfordert eine Kooperation zwischen staatlichen und privaten Akteuren, da ihre Bereitstellung sich nicht unmittelbar gewinnträchtig finanzieren lässt. - Der Staat spielt dabei eine wichtige Rolle als maßgeblicher Akteur, um eine moderne Infrastruktur zu etablieren. - Innovative Durchbrüche, wie die Entwicklung des iPhones, basieren oft auf Grundlagenforschung, die in öffentlichen Institutionen vorangetrieben und durch die Öffentlichkeit finanziert wird. - Die britisch-italienische Ökonomin [Mariana Mazzucato](https://de.wikipedia.org/wiki/Mariana_Mazzucato) hat gezeigt, dass die Erfolgstechnologien des iPhones, wie der Touchscreen und die Spracherkennungssoftware Siri, nicht von [Apple](https://de.wikipedia.org/wiki/Apple) entwickelt wurden, sondern auf Forschungsergebnissen aus öffentlichen Institutionen basieren. - Die Entwicklung des Touchscreens wurde beispielsweise durch ein Forschungsprogramm der [National Science Foundation](https://de.wikipedia.org/wiki/National_Science_Foundation) (NSF) und der [Central Intelligence Agency](https://de.wikipedia.org/wiki/Central_Intelligence_Agency) (CIA) ermöglicht, das einem Doktoranden an der öffentlichen [University of Delaware](https://de.wikipedia.org/wiki/University_of_Delaware) die Forschung an neuromorphen Systemen ermöglichte. - Die Ergebnisse dieser Forschung wurden dann von Apple übernommen und in das [IPhone](https://de.wikipedia.org/wiki/IPhone) integriert. - Die Spracherkennungssoftware Siri basiert auf ähnlichen Forschungsergebnissen, die durch öffentliche Forschung finanziert wurden. - Die Software Siri basiert auf [Künstliche Intelligenz](https://de.wikipedia.org/wiki/Künstliche_Intelligenz) und wurde ursprünglich als virtueller Büroassistent für Militärangehörige konzipiert, finanziert durch die [Defense Advanced Research Projects Agency](https://de.wikipedia.org/wiki/Defense_Advanced_Research_Projects_Agency) (DARPA), eine Behörde des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums. - Die Entwicklung von Siri begann mit einer Grundlagenforschung an 20 Universitäten in den USA unter Leitung des Stanford Research Institutes und wurde später in ein Startup-Unternehmen übertragen, das von Wagniskapital finanziert wurde. - [Apple](https://de.wikipedia.org/wiki/Apple) kaufte Siri 2010 für eine nicht genannte Summe und integrierte die Technologie in das iPhone. - Die Chronologie der Ereignisse zeigt eine generalisierbare Logik im Zusammenspiel zwischen privaten und öffentlichen Akteuren bei der Finanzierung von Forschungsprojekten. - Öffentliche Institutionen wie Universitäten und Forschungseinrichtungen finanzieren oft die anfängliche Grundlagenforschung, da private Anleger aufgrund der hohen Ungewissheit und Unsicherheit zögern. - Erst wenn die Forschungsergebnisse Erfolge zeigen und weitere Entwicklungspotenziale aufweisen, setzen private Investoren ein und finanzieren die Umsetzung in marktreife Anwendungen. - Die eigentliche Grundlagenforschung wird oft von öffentlichen Investitionen getragen, da private Investoren das Risiko als zu hoch betrachten. - Beispiele wie das [IPhone](https://de.wikipedia.org/wiki/IPhone) zeigen, dass viele technologische Durchbrüche auf öffentlicher Forschung basieren, die von privaten Investoren nicht finanziert werden konnten. - Die unternehmerische Leistung von [Apple](https://de.wikipedia.org/wiki/Apple) bestand darin, unterschiedliche Innovationen, die durch öffentliche Forschung angestoßen wurden, in einem massentauglichen Produkt zu integrieren und globale Absatzmärkte zu kreieren. - Das Problem bei erfolgreichen Private-Public Partnerschaften besteht darin, dass sie oft übersehen werden und ihre komplexe Wirkweise nicht verstanden wird, wobei technologischer Innovationsgeist häufig dem genialen Handeln von Unternehmen zugeschrieben wird. - Die Ökonomin [Mariana Mazzucato](https://de.wikipedia.org/wiki/Mariana_Mazzucato) kritisiert das institutionelle Verhalten von Technologiekonzernen, insbesondere ihre Steueroptimierung, da sie einen Deal brechen, von dem sie selbst profitieren, indem sie auf Grundlage öffentlich finanzierter Forschung und Integration von Forschungsprojekten innovativ erfolgreich sind. - Durch Steuervermeidung und Privatisierung erzielter Profite wird der Kreislauf seitens der Unternehmen aufgekündigt und die Voraussetzungen für den eigenen Erfolg kurzsichtig untergraben. - Die öffentliche Hand finanziert Grundlagenforschung, die private Unternehmen aufgrund des damit verbundenen Risikos nicht tragen können, und benötigt eine solide Finanzierungsgrundlage in Form von bezahlten Steuern, um diese Tätigkeiten fortsetzen zu können. - Die anfänglichen Risiken bezüglich technologischer Grundlagenforschung werden sozialisiert, indem die Gemeinschaft sie finanziell trägt, während die erzielten Profite privatisiert werden, was als wenig nachhaltig gilt. - Staatlichen Institutionen kommt eine wesentliche Rolle zu, wenn es um Fragen wie Innovation und Wachstum geht, und öffentlichen Institutionen kommt eine entscheidende Aufgabe zu betreffend Wirksamkeit des digitalen Wandels. ## Ethik und die digitale Transformation - Die Zukunft der digitalen Transformation hängt nicht nur von der komplexen Wirkweise von Technologie und Infrastruktur ab, sondern auch von gesellschaftlichen Entwicklungen, die unter demokratischen Rahmenbedingungen allgemeine Akzeptanz erfahren müssen. - Eine wesentliche Fragestellung, der sich moderne Gesellschaften stellen sollten, lautet, wie sich der technologische Fortschritt für die ökologische Trendumkehr nutzen lässt und wie in diesem Rahmen soziale Verbesserungen erwirkt werden können. - Die ethische Aufgabe besteht darin, die Technologie nicht allein vollbringen zu lassen, sondern das Engagement von progressiven Bürgerinnen in Demokratien zu verlangen, um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des technologischen Fortschritts zu bewältigen. - Der technologische Fortschritt kann soziale Schieflagen verstärken, Unsicherheit erzeugen und die erfolgreichen Aktivitäten einzelner globaler Unternehmen in den Vordergrund stellen, aber diese Versäumnisse sind nicht der Technologie selbst anzulasten. - [Immanuel Kant](https://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant) erkannte bereits, dass Unzufriedenheit das notwendige Motiv dafür bildet, um Verbesserungen erreichen zu wollen, und daher müssen Neuansätze bedacht werden, um die Steuereinnahmen zu diversifizieren und volkswirtschaftliche Realitäten besser abzubilden. - Die Einnahmengrundlage muss sich ändern, da manuelle Arbeitskraft durch technologische Prozesse unter Druck gerät und in den europäischen Steuersystemen höher besteuert wird als Profite auf eingesetztes Kapital. - Die Grundzüge der Finanzierung der Sozialversicherungssysteme in Deutschland und [Austria](https://de.wikipedia.org/wiki/Austria) müssen sich durch die anstehenden Umbrüche der Zukunft substanziell verändern, insbesondere in Bezug auf Fragen der Redistribution, der Einheit aus bzw. Abhängigkeit von Einkommen und Arbeit. - Demokratien sind angehalten, diese Debatten offen unter neuen Zugängen und Erkenntnissen zu führen, insbesondere im Hinblick auf die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. - Die Diskussionen werden sich auch durch neue Rahmenbedingungen menschlicher Selbstwahrnehmung gestalten, insbesondere in Bezug auf die Frage, wie sich ein aufgeklärter Begriff von Freiheit verteidigen lässt, wenn technologische Entwicklungen die Vorstellung von der Autonomie des Menschen herausfordern. ## Technologie und Freiheit - Der Begriff Freiheit hat eine etymologisch interessante Entwicklungsgeschichte und meint ursprünglich die Abwesenheit einer Einschränkung, die ein Herr gegenüber Sklaven ausüben konnte, aber heute erscheint dieses Kriterium wie ein Mindeststandard, um Freiheit denken und ausmachen zu können. - Freiheit kann nicht allein durch das Fehlen einer äußeren Kontrolle definiert werden, sondern verfügt über mehrere Wesenszüge und Definitionsmerkmale. - Der Begriff Freiheit hat mehrere Facetten, darunter politische Freiheit, persönliche Freiheit und Wahlfreiheit, die jeweils unterschiedliche Bedeutungen haben. - Politische Freiheit basiert auf dem Grundgedanken demokratischer Einhegungen von institutioneller Macht, die sicherstellen, dass keine politische Institution zu viel Macht auf sich vereinigen kann. - Die Idee von politischen Institutionen, die sich gegenseitig ausbalancieren und kontrollieren, fußt auf der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative. - Die Gewaltenteilung verhindert, dass eine Institution unbegrenzte Macht zur legitimen Anwendung von Willkür erhält. - Demokratie basiert auf der Autonomie von Institutionen, die im Geiste ihre eigenen Auftrags-Kontrollfunktionen ausüben, und auf der Verteilung von institutioneller Macht, die keine Institution legitimerweise gesetzlos und übergriffig handeln lassen kann. - Das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle und der institutionellen Ausgewogenheit wird als Checks and Balances bezeichnet. - Bürger haben unumgängliche Rechte, die sie unter keinen Umständen verwirken können, wie das Recht auf freie und geheime Wahl. - Die Bürgerrechte konstituieren die zivile Basis eines demokratischen Gemeinwesens und definieren, welche unabkömmlichen Garantien die Bürger eines Staates kennzeichnen und wo sich legitime Grenzen staatlichen Handelns befinden. - Freiheit bedeutet in einer gesellschaftlichen Rahmensetzung, dass Willkür durch machtvolle aber eingehegte Institutionen unterbunden wird, durch die Gewaltenteilung, die Einhaltung von Regeln und die Ausstattung von Bürgern mit unabdingbaren Rechten. - Die universelle Überzeugung besagt, dass Freiheit nur in Zusammenhängen mit legalistischen Grundsätzen, die erfahrbar und einklagbar sind, existieren kann. - Dieser Ansatz steht im Gegensatz zur Auffassung, dass weniger Regeln mehr Freiheit bedeuten, da jede Einschränkung durch Gesetze die Freiheit begrenzt. - Die vollkommene Regellosigkeit führt jedoch nicht zur größten Freiheit, sondern zur Herrschaft des Stärkeren. - Moderne Auffassungen von Freiheit basieren auf einem spezifischen Arrangement an Institutionen und Gesetzen, die die Bedingungen gesellschaftlicher Freiheit eröffnen. - Freiheit konzentriert sich auf das Individuum und kann nur als Individuum erfahren werden, im Rahmen der Ausschöpfung der eigenen Möglichkeiten und Veranlagungen. - Eine geteilte und gesicherte gesellschaftliche Basis ist jedoch notwendig, um Freiheit wirksam werden zu lassen. - Die Entwicklung der Freiheit bildet den Prozess des Fortschritts der Moderne ab, der durch die Ausweitung von Bürgerrechten im 18., 19. und 20. Jahrhundert gekennzeichnet ist. - Die Form der Freiheit kann kein finales Stadium erreichen und muss permanent verbessert werden. - Die Autonomie des Individuums, dessen Würde sich nur in Freiheit realisiert, ist die Grundlage für die Selbstbestimmung des Menschen. - Die Selbstbestimmung des Menschen basiert auf der Überzeugung, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist, das durch Logik, Argument und Sinneswahrnehmung handelt. - Die Erkenntnis der Welt und die Erweiterung des Wissenshorizonts erfordern die Stimmen abweichender Meinungen und selbst irrender Positionen. - Gespräche zwischen abweichenden Meinungen und Diskussionen zwischen gegensätzlichen Positionen sind ertragreich, solange sie der Grundlage vernunftbasierter Akzeptanz objektiver Fakten folgen. - Erkenntnis bezieht sich vor allem auf die Einsicht in den eigenen Irrtum und die Korrektur von Fehlannahmen, wobei neues Wissen entsteht, wenn bessere Einsichten erschlossen werden und überholte Überzeugungen aufgebrochen werden. - Durch reflektiertes Wissen und neue Erfahrungen können voreingenommene Überzeugungen sich auflösen und persönliche Meinungen ändern, was eine Grundlage aufgeklärten Denkens darstellt. - Autonome Freiheit des Menschen entfaltet sich durch die Fähigkeit, auf Grundlage eines besseren Verständnisses seine eigenen Ansichten zu ändern, wobei Wissen kein fixiertes Stadium an Erkenntnis darstellt, sondern sich anhand besserer Erklärungen adaptiert. - Der aktuelle Aufbau von Technologie, insbesondere soziale Netzwerke, herausfordert jedoch diese Prinzipien, da das ökonomische Fundament der sozialen Netzwerke auf dem Verkauf von Werbung basiert. - Soziale Netzwerke wie [Facebook](https://de.wikipedia.org/wiki/Facebook) und Instagram ermöglichen es, Nutzerinnen anhand von Interessen und Persönlichkeitsmerkmalen zu analysieren und zu segmentieren, um gezielte Werbebotschaften zu platzieren, was als Mikrotargeting bezeichnet wird. - Dieses Verfahren erlaubt es, eng begrenzte Mittel der Öffentlichkeitsarbeit effektiv einzusetzen und einen eingrenzbaren Interessentenkreis mit abgestimmten Nachrichten zu adressieren, was jedoch auch ethische Bedenken aufwirft. - Programme müssen in der Lage sein, einzelne Pixel im Zusammenhang mit den umliegenden Pixeln zu verknüpfen, um Zusammengehörigkeiten zu erkennen und die dargestellte Abbildung digital zu analysieren. - Diese Informationsanalyse ermöglicht die Erstellung intensiver Persönlichkeitsprofile, was jedoch aufgrund der Komplexität der Datenanalyse sehr aufwändig sein kann, wie das Beispielbild "Muffins oder Chihuahuas" von Yao (2017) zeigt. - Soziale Netzwerke zielen darauf ab, Nutzerinnen auf ihre Plattformen zu locken und ihre Aufmerksamkeit zu binden, indem sie persönlichen Austausch fördern, Verbindungen ermöglichen und persönliche Vorlieben dokumentieren. - Die Plattformen nutzen die intellektuellen Grundlagen des Behaviorismus, um das Verhalten von Nutzerinnen zu beeinflussen und zu initiieren, indem sie gezielte Anreize schaffen, um gewünschtes Verhalten zu fördern. - Algorithmen treffen Entscheidungen darüber, was in den persönlichen Feeds angezeigt wird, um individuelles Interesse zu wecken und Interaktion zu motivieren. - Die Logik der sozialen Netzwerke basiert nicht primär auf der Verknüpfung von Einzelpersonen, sondern auf der Beobachtung von individuellem Verhalten, das gezielt moduliert wird, um ökonomischen Nutzen zu generieren. - Ein ausgeklügeltes System aus Strafe und Anerkennung wird eingesetzt, um die individuelle Verhaltensweise zu formen, wobei Anerkennung durch ansprechende Reaktionen von anderen und Strafe durch unangenehme Reaktionen in Gestalt von Gegenantworten hervorgerufen wird. - Die Wirkweise von sozialen Netzwerken kann nicht als reine Werbeplattform verstanden werden, sondern muss als Tiefenwirkung begriffen werden, die individuelles Verhalten tendenziös und inkrementell moduliert. - Der Technikphilosoph [Jaron Lanier](https://de.wikipedia.org/wiki/Jaron_Lanier) argumentiert, dass Nutzer von bestehenden Plattformen sich lösen müssen, da diese manipulative Verfahren anwenden, die zu einer Erosion des gesellschaftlichen Ausgleichs und der Manipulation von Individuen führen. - Lanier bezeichnet Unternehmen wie [Facebook](https://de.wikipedia.org/wiki/Facebook) nicht als soziale Plattformen, sondern als "Imperien zur Verhaltensänderung", da sie nicht nur Anzeigen verkaufen, sondern das Verhalten der Nutzer beeinflussen wollen. - Die Mikrotargeting-Praxis in sozialen Netzwerken widerspricht dem Prinzip der Aufklärung, das auf der Idee basiert, dass Menschen durch neue Einsichten ihre Meinungen und Überzeugungen ändern können. - Stattdessen werden in sozialen Netzwerken Nachrichten und Anzeigen eingeblendet, die die bestehenden Meinungen und Vorlieben der Nutzer verstärken, anstatt sie zu hinterfragen und zu verändern. - Dies führt zu einer Bipolarität, bei der affirmative Aktionen und aggressive Reaktionen entstehen, um den ökonomischen Wert der Plattform zu steigern. - Die Logik der sozialen Netzwerke berücksichtigt nicht die Wirkweise der autonomen Entscheidungsfindung, die auf besserer Einsicht und vertieftem Verständnis basiert. - Die Funktionsweise von sozialen Netzwerken rückt die bestehende Auffassung in den Mittelpunkt und verstärkt vorgefasste Meinungstendenzen, anstatt sie zu hinterfragen und zu verändern. - Dies stellt eine Herausforderung für das Bild eines autonom agierenden Menschen dar, der auf Basis qualifizierter Analysen und umsichtiger Informationsverarbeitung ethisch agieren kann. - Die Anzeige von Beiträgen in sozialen Netzwerken repräsentiert einen kalkulierten und berechneten Ausschnitt an verfügbaren Informationen, der darauf abzielt, konkrete Verhaltensweisen der Nutzer zu befördern. - Die sozialen Netzwerke binden Nutzerinnen an die Plattform, um im Rahmen einer digitalen und Algorithmus-basierten Aufmerksamkeitsökonomie Wertsteigerungen zu erwirken. - Dies geschieht durch die Modifizierung persönlichen Verhaltens und die gezielte Ansprache von Vorurteilen, was Geschäftsmodelle begründet und eine enorme Herausforderung für die erwirkte Freiheit darstellt. - Die ethische Herausforderung liegt darin, dass die Prinzipien reflektierter Wissensbildung der gängigen Funktionslogik von sozialen Netzwerken entgegenstehen. - Die kommunikative Routine auf den sozialen Plattformen baut auf der Deduktion vorhandener Auffassungen und der entsprechenden Verstärkung dieser durch ein Schema auf, das auf Anerkennung und radikaler Konfrontation aufbaut. - Das Setup der sozialen Netzwerke ist keine zufällige Folge der Technologie, sondern eine bewusste Entscheidung der Technologiekonzerne, die im Interesse des eigenen Marktwerts getroffen wurde. - Die rasante Verbreitung von Falschmeldungen oder ungeprüfter Gerüchte, die Ununterscheidbarkeit zwischen verifizierbaren Tatsachenberichten und haltlosen Behauptungen und die Entstehung von diskursiven Parallelgesellschaften sind fatale Folgen dieser Entscheidung. - Soziale Netzwerke, die einst die öffentlichkeitswirksame Mission für sich selbst definierten, die Menschheit zu vernetzen, zerfallen zusehends in starre Kleinverbindungen und erscheinen als die operative Grundlage für segregierte und thematisch abgekapselte Subnetze. - Ein entscheidender Aspekt ist, dass diese Eigenheit nicht als einen unumgänglichen Makel der technologischen Entwicklung betrachtet werden sollte, sondern die ökonomische Verwertungslogik reflektiert werden sollte, die das Setup begründete. - Die anfängliche Wachstumslogik der sozialen Medien führte dazu, Nutzer anzuhalten, möglichst viel ihrer begrenzten Zeit auf Aktivitäten in den sozialen Medien zu verbringen, und schuf Anreize wie ein Belohnungssystem in Form von Likes. - Aktuell zeigt sich ein Wachstumstrend, wenn die durchschnittliche Zeit gemessen wird, die Nutzer von sozialen Medien auf den unterschiedlichen Plattformen verbringen. - Eine der essenziellen und wunderbaren Dienstleistungen des konventionellen Internets besteht darin, Personen in flexiblen Netzwerken über globale Distanzen zu verbinden, was jedoch durch die Kommerzialisierung und politische Ökonomie der bestehenden Verhältnisse beeinflusst wird. ## Die Moral der Disruption - Das nächste Kapitel des Skriptums Ethik zeigt eine vergleichbare Vorgehensweise bei der Analyse von Geschäftspraktiken maßgeblicher Startup-Konzerne und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. - Die Darstellung von Inhalten in sozialen Netzwerken basiert auf der Kalkulation von Algorithmen, die persönlichen Erwartungshaltungen entsprechen und Muster erkennen, um plausible Vorhersagen abzuleiten. - Diese Art der Analyse wird auch in anderen Bereichen wie Big Data-Analysen und Predictive Analytics eingesetzt, um konkrete Handlungsweisen in der Zukunft vorherzusagen. - Predictive Analytics umfasst eine Vielzahl von statistischen Techniken aus den Bereichen Data Mining, Predictive Modelling und Machine Learning, um Vorhersagen über zukünftige Ereignisse zu treffen. - Diese Techniken werden verwendet, um individualisierte Angebote zu machen, politische Präferenzen zu bestimmen und sogar potenzielle Verbrechen zu verhindern durch Predictive Policing. - Predictive Policing analysiert individuelles Benehmen, kombiniert es mit modernen GPS-Daten und anderen dokumentierten Verstößen, um die Wahrscheinlichkeiten von anstehenden Gesetzesübertritten zu ermessen. - Die Anwendung von Predictive Analytics wirft jedoch ethische Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Auffassung von menschlichem Handeln und die Rolle der Autonomie und Freiheit. - Wenn sich aus aufgezeichneten Verhaltensmustern exakte Vorhersagen treffen lassen, wird das Rollenbild eines autonom agierenden Menschen herausgefordert und die Auffassung von Determinismus wird gestärkt. - Determinismus steht jedoch im Widerspruch zur Auffassung von Willensfreiheit, die die theoretische und praktizierte Voraussetzung für die Realisierung von Demokratien bildet. - Eine freie Gesellschaft baut auf dem Grundton, dass mündige Bürgerinnen autonome und vernünftige Entscheidungen treffen werden, was durch die Anwendung von Predictive Analytics in Frage gestellt wird. - Der Einsatz von Predictive Analytics kann dazu führen, dass die Freiheit des Menschen in Frage gestellt wird, wenn sie auf die Auswahl aus vorgegebenen Optionen reduziert wird. - Freiheit im essenziellen Sinne bedeutet die Fähigkeit des Menschen, sein eigenes Leben vernunftbasiert, individuell und eigenständig zu gestalten. - Predictive Analytics kann zwar dabei helfen, Konsumverhalten zu analysieren und Entscheidungsgrundlagen aufzubereiten, aber die Autonomie der Entscheidung liegt beim Menschen. - Die Verwendung von Big Data und Predictive Analytics kann zu einem Wandel in der Selbstwahrnehmung des Menschen führen, da Maschinen Aussagen über die Wirklichkeit treffen können, die dem menschlichen Verstand nicht zugänglich sind. - Der menschliche Verstand ist nicht mehr die alleinige Richtinstanz für die Analyse weltlicher Prozesse, sondern stützt sich auf computergestützte Operationen. - Die digitale Transformation und der Klimawandel führen zu einem Übergang in ein neues Zeitalter, in dem dem Menschen neue Rollen zugeschrieben werden. - Die digitale Transformation bewirkt, dass Gegenstände intelligenter agieren können als der Mensch selbst, und [Künstliche Intelligenz](https://de.wikipedia.org/wiki/Künstliche_Intelligenz) trainiert sich selbst und wird eigentätig schlauer. - Der Klimawandel redefiniert das Verhältnis zwischen Menschen und Natur und stellt die menschliche Existenz in Frage. - Der Klimawandel führt zu nachhaltigen Veränderungen in den thermischen und klimatischen Bedingungen des natürlichen Lebensraums des Menschen. - Der Begriff Disruption bezeichnet den Zusammenbruch, die Störung oder Diskontinuität bestehender Strukturen, insbesondere im Rahmen der digitalen Transformation. - In der digitalen Transformation meint Disruption den Umbruch und die Erneuerung von konventionellen Geschäftsmodellen durch den Einsatz neuer Technologien. - Ein Beispiel für Disruption ist die Verlagsbranche, in der neue Mechanismen der Informationsbeschaffung die Relevanz der gedruckten Tageszeitung oder konventioneller Nachrichtensendungen gesenkt haben. - Soziale Medien und Suchmaschinen wie [Facebook](https://de.wikipedia.org/wiki/Facebook) und [Google](https://de.wikipedia.org/wiki/Google) verdienen an den Umbrüchen und Abstürzen der anderen, ohne selbst Inhalte zu produzieren, sondern lediglich als Plattformen zu agieren. - Einige Denkerinnen argumentieren, dass die Nutzer, die Inhalte kostenlos produzieren und zur Verfügung stellen, für ihre Aktivitäten entlohnt werden sollten, beispielsweise durch ein bedingungsloses Grundeinkommen. - Die Musikindustrie ist ein weiteres Beispiel für einen Markt, der durch die Logik der Disruption essenziell erneuert wurde, wie das Beispiel des New Yorker Musikers [A Boogie wit da Hoodie](https://de.wikipedia.org/wiki/A_Boogie_wit_da_Hoodie) zeigt. - Disruption wird wirksam, wenn sich innovative Technologien mit neuen Geschäftsmodellen so verbinden, dass bestehende Prozesse und Absatzwege nahezu schlagartig obsolet werden. - Ein Unternehmen, das als Inbegriff disruptiver Geschäftspraktiken gilt, ist Uber, dessen Erfolgsgeschichte auch die Moral der Disruption beleuchtet. - Die Gründer von Uber waren bereits vermögend, als sie aufgrund eines Konferenzabends keine Taxis finden konnten, um ins Stadtzentrum zurückzukehren, was sie dazu veranlasste, über eine App nachzudenken, die Fahrten mit Limousinenservices teilt. - Die ursprüngliche Geschäftsidee von Uber bestand darin, Fahrten an Fahrer von schwarzen, eleganten Personenwagen zu vermitteln, die normalerweise Flugpassagiere von Flughäfen in ein Stadtzentrum bringen, um höhere Effizienz zu erzielen und Leerläufe zu verkürzen. - Das Geschäftsmodell von Uber sah vor, Limousinenfahrern weitere Fahrgäste zu vermitteln, um die Wartezeiten zu reduzieren, und wurde präsentiert, um Investoren zu gewinnen. - Gleichzeitig begann ein anderes Startup namens Lyft, eine Idee zu vermarkten, die Personen ermöglichte, eine Fahrt bei anderen Personen zu buchen, was den Mobilitätssektor erneuerte. - Lyft ermöglichte es jedem, sich als Kunde oder Fahrer zu registrieren, und sah vor, dass Fahrten einfach geteilt werden können, wobei jeder unkompliziert sowohl Anbieter als auch Nutzer solcher Dienste sein kann. - Das Geschäftsmodell von Lyft basierte auf der Nutzung bestehender Hardware (Autos) durch vernetzende Software, was die operative Auslastung der vorhandenen Bestände umgestaltete. - Das Problem von Lyft bestand jedoch darin, dass es sich um einen Rechtsbruch handelte, da das Beförderungswesen komplexen legalistischen Regelungen unterliegt, die den Schutz von Passagieren gewährleisten. - Uber erkannte, dass das eigene Geschäftsmodell nicht erfolgreich konkurrieren konnte, und folgte daher der Praxis von Lyft, obwohl diese einen bewussten Rechtsbruch darstellte. - Der Hauptunterschied zwischen Uber und Lyft lag darin, dass Uber aggressiver und konsequenter im Aufbau seines Geschäftsmodells vorging, auch wenn dies bedeutete, gegen rechtliche Regelungen zu verstoßen. - Benjamin Edelman, ein Jurist und Ökonom von [Harvard University](https://de.wikipedia.org/wiki/Harvard_University), belegte in seiner Arbeit, dass Uber sich der Illegalität seines eigenen Handelns bewusst war und diese sogar als Vorteil verstand, um im Preiskampf mit bestehenden Unternehmen zu bestehen. - Durch die Ignoranz gegenüber verbindlichen Standards konnte Uber aufwändige Prüfungen, gesonderte Registrierungen, Unternehmensversicherungen und verschärfte Inspektionen für Fahrzeuge umgehen, was zu strategischen Vorteilen im Wettbewerb führte. - Der US-amerikanische Ökonom [Peter Drucker](https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Drucker) betonte, dass die Kultur in einem Unternehmen die entscheidende Richtgröße ist, um Verhaltensnormen zu definieren, und dass Strategien, die im Gegensatz zur Kultur stehen, wenig Erfolg haben werden. - Bei Uber war die Kultur von Anfang an davon geprägt, dass die eigene Geschäftstätigkeit sich in der Illegalität bewegt, was die Verständnisgrundlage des eigenen Tuns darstellt. - Uber baute Personal, Verfahren und Softwaresysteme auf, um Passagiere und Fahrer zu befähigen und zu mobilisieren, Regulatoren und Gesetzgeber zu beeinflussen, und präsentierte sich als Inbegriff von Innovation, während Kritiker als etablierte Marionetten stilisiert wurden. - Die Geschäftsstrategie von Uber basiert auf einer stringenten Logik, die den Rechtsbruch als vernachlässigenswert ansieht, solange eine geballte und erprobte Verteidigung gegenüber Regulatoren und öffentlichen Autoritäten existiert. - Durch die Popularität der Dienste bei den Kunden wird die illegale oder dubiose Geschäftspraxis von Uber weiter verstärkt, da eine wachsende Anzahl an Personen die Services nutzt. - Unternehmen wie Uber sehen sich nicht nur als Konzerne, sondern auch als Teil einer partikularen Öffentlichkeit, die sich an ihre Dienstleistungen gewöhnt hat und diese in Zukunft nicht mehr missen möchte. - Durch ihre populäre Stärke agieren diese Unternehmen gegen öffentliche Regulatoren, die wiederum dafür angegriffen werden, dass sie bestehendem Recht Geltung verschaffen. - Disruption bedeutet in diesem Fall, ein Geschäftsmodell zu initiieren, das faktisch bewusst gegen Gesetze verstößt und diesen Unternehmensgeist als disruptive Avantgarde darstellt. - Je größer der Erfolg von Unternehmen wie Uber, desto unwahrscheinlicher wird es, dass Regulatoren ihre Geschäftstätigkeiten einschränken oder einstellen würden. - Disruption wird oft als Synonym für kreatives, gewagtes, innovatives und vielversprechendes Unternehmertum verstanden, aber der Fall Uber zeigt, wie verwegen die faktischen Hintergründe sein können. - Wenn das Prinzip von Disruption zur Ideologie verkommt, können selbst zweifelhafte und illegale Maßnahmen legitimiert und die Effektivität vernünftiger Regulierungen unterminiert werden. - Uber ist ein defizitäres Unternehmen, das nur in einigen wenigen Städten einen operativen Profit erwirtschaften konnte und dessen Geschäftstätigkeit nur dann Gewinn erzielen könnte, wenn sich d

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