IMB Hefeseminar 2024 PDF
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Programm für das IMB Hefeseminar 2024. Der Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres wird behandelt. Die Veranstaltung findet am 11. und 12. April 2024 statt.
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1 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Programm Donnerstag, 11. April 2024 09:00 Begrüßung 09:20 – 10:00 Aufklärung der Gärung 10:00 – 12:30 Hefephysiologie 12:30 – 13:00 Verkostung 1 Verkostung von Bieren, die st...
1 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Programm Donnerstag, 11. April 2024 09:00 Begrüßung 09:20 – 10:00 Aufklärung der Gärung 10:00 – 12:30 Hefephysiologie 12:30 – 13:00 Verkostung 1 Verkostung von Bieren, die stark von der Hefe geprägt sind 13:00 – 14:00 Mittagessen 14:00 – 16:00 Gärführung – Bildung Gärungsnebenprodukte I 16:00 – 16:30 Hefen und Ihre Bierstile ab 18:00 gemeinsamer Seminarabend 2 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Programm Freitag, 12. April 2024 09:00 – 11:00 Gärführung – Bildung Gärungsnebenprodukte II 11:00 – 12:00 Verkostung 2 Einfluss der Hefe auf Bieraroma 12:00 – 12:30 Weißwurstessen 12:30 – 14:00 Grundlagen des Hefemanagement 14:00 – 15:00 Hefetechnologie und Stabilität des Bierflavours 15:00 Abschlussdiskussion 3 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufklärung der Gärung 4 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Das Phänomen der Gärung Verwesung, Fäulnis und Gärung waren Naturvorgänge, die den Menschen von Beginn seiner Existenz an begleitet haben Durch Beobachtung und vor allem die Erfahrungen mit spontan ablaufenden Gärungsprozessen führten frühzeitig zu praktischer Nutzanwendung. „Ein einfaches Stehenlassen einer Honigwassermischung an der Luft führte schon zu einem alkoholischen Produkt. Man kann mit Recht annehmen, dass der Honig der wilden Bienen das älteste haustechnische Substrat darstellt, dessen sich die Menschheit bedient hat.“Haehn, H.: Biochemie der Gärungen, Berlin 1952, S. 16 Met direkt nach dem Ende der letzten Eiszeit Bier etwa seit 9000 Jahren Wein seit 5500 Jahren 5 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Das Phänomen der Gärung Über Jahrtausende hinweg haben sich Bierbrauer und Winzer in der Ausnutzung empirisch gewonnener Erkenntnisse fortentwickelt Aber: die Gärung mit auffälligen äußeren Erscheinungen wie Gasentwicklung, Schaumentstehung und Geschmacksveränderungen war nicht verstanden. die Gärung wurde als Reinigungsvorgang verstanden, bei der minderwertige Substanzen aus dem Gärgut abgeschieden werden und sich absetzen. Begriff „Hefe des Volkes“ als Synonym für „menschlichen Abschaum“ findet darin seine Quelle. 6 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Entwicklung des Mikroskops Anfang 17. Jahrhundert: Erfindung des Mikroskops 1680 A. Leeuwenhoek beschreibt als erster „kugelige Gebilde“ im Gärsubstrat tiefergehende Weiterentwicklung des Lichtmikroskops um die Mitte des 19. Jahrhunderts 7 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 18. Jahrhundert Auf biologischem Gebiet gab es also trotz der Möglichkeiten, die die Nutzung des Mikroskops geboten hätte, zunächst keine Erkenntnisse zum Gärungsprozess. Auch im Bereich der chemischen Forschungen gerieten die Gärungsvorgänge zunächst aus der Sicht. Erst Ende des Jahrhunderts rückten die Fragen nach Ursachen und Verlauf der Gärung wieder ins Blickfeld. In den Jahren 1787/1788 befasste sich auch Antoine Laurent Lavoisier mit dem Gärungsvorgang, den er quantitativ zu erfassen suchte. Im Ergebnis seiner Untersuchungen gelangte er zu der Aussage, „daß Zucker restlos in Alkohol und Kohlensäure zerfällt“ 8 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufdeckung der Gärung 1799 wurde von der Akademie der Wissenschaften ein Preis vergeben zur Aufklärung des „Phänomens“ Bis Mitte des 19. Jh. bestand wenig Klarheit über den Zusammenhang Hefe und Gärung Zwischen 1834 und 1837 wurde der Zusammenhang unabhängig aber zeitgleich von unterschiedlichen Wissenschaftlern aufgeklärt Emil Christian Hansen 9 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufdeckung der Gärung ◼ Charles Cagniard-Latour untersuchte Bierhefe mikroskopisch und stellte fest, dass Hefe fähig ist, sich fortzupflanzen und folglich ein organisierter und nicht wie bisher angenommen, eine einfache organische oder chemische Substanz sei, dass Hefe ferner dem Pflanzenreich angehört. ◼ Theodor Schwann führte den Nachweis, dass sterilisierte Luft den Gärungsvorgang in Fruchtsaftlösungen nicht auslösen konnte. Nicht sterilisierte Luft dagegen führte dagegen schnell zu lebhafte Gärung und Organismenbildung. ◼ Friedrich T. Kützing kam 1834 zur Erkenntnis, daß die Hefe durch ihre „Bildung“ und ihren „Vervielfältigungstrieb“ die „weinige Gärung“ verursache, vegetabilen Ursprungs sei und nicht eine „sogenannte chemisch-organische Verbindung“. 10 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Chemie – Biologie → Biochemie Der Chemiker Justus Liebig: aus „Ueber die Erscheinungen der Gährung, Fäulniß und Verwesung und ihre Ursachen“, Annalen der Pharmacie 30 (1839), S. 285 f. „Mit Wasser zerteilte Bier– und Weinhefe unter einem guten Vergrößerungsglas betrachtet stellt durchscheinende plattgedrückte Kügelchen dar....Die Naturforscher wurden durch diese Form verleitet, das Ferment für belebte organische Wesen, für Pflanzen oder Thiere zu erklären.„ Liebig und Wöhler machen sich 1839 in einer Veröffentlichung noch über die Theorie der Biologie der Gärung lustig: „…diese Infusorien fressen Zucker, entleeren aus dem Darmkanal Weingeist und aus dem Harnorgan Kohlensäure.Die Urinblase besitzt in gefülltem Zustand die Form einer Ghampagnerbouteille, im leeren Zustand ist sie ein kleiner Knopf…“ 11 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufdeckung der Gärung Zwischen 1857 und 1860 hat L. Pasteur viele Zusammenhänge erkannt und deutlich gemacht: „Keine Gärung ohne Organismen. Jede Gärung durch eine spezifische Art von Organismus“ Emil Christian Hansen 12 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufdeckung der Gärung diese Erkenntnisse haben sich aber damals nicht so schnell verbreitet wie heute Zitat aus einem Braufachbuch von 1859: „Die gewöhnliche Hefe ist bekanntlich die von gährendem Biere abgesonderte breiartige gelb-bräunliche, meist auf der Oberfläche sich sammelnde, zum Theil aber auch zu Boden fallende aus Kleber, Wasser Kohlen- Essig- und Aepfelsäure, Extractivstoff, Schleim und Zucker bestehende Substanz, welche vornehmlich dazu benutzt wird, um in anderen dazu fähigen Flüssigkeiten eine neue Gärung einzuleiten.“ 13 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufdeckung der Gärung ▪ Am 12.11.1883 führte Emil Christian Hansen erstmals eine Reinzüchtung einer Hefe durch. ▪ 1893 führte Paul Lindner diese Methode fort und vereinzelte erstmals einzelne Brauereihefen Typ Frohburg (hochvergärend) Typ Saaz (niedervergärend) ▪ 1907 Nobelpreis für Eduard Buchner für den Emil Christian Hansen Nachweis, dass es eine Gärung auch ohne lebende Hefezelle gibt. → Start in die Enzymforschung 14 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Einteilung der Hefe ◼ Der Brauer unterscheidet grundsätzlich zwischen ober- und untergärigen Heferassen. ◼ Obergärige Hefen (Saccharomyces cerevisiae) schwimmen bei der offenen Gärung am Ende des Gärprozesses an der Oberfläche des Jungbieres, untergärige Hefen (Saccharomyces carlsbergensis) setzen sich am Boden der Gärgefäße ab. 15 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Wachstumsbedingungen ◼ Obergärige Hefen vermehren sich schneller als untergärige Hefen ◼ Untergärige Hefen können sich dagegen auch bei kalten Temperaturen vermehren ◼ Obergärige Hefen vermehren sich erst oberhalb von 15°C untergärige Hefen dagegen sogar noch bei 5°C → Obergärige Hefe hat einen Selektionsvorteil bei warmen Temperaturen → Untergärige Hefe hat einen Selektionsvorteil bei kalten Temperaturen → Die Aussage, dass untergärige Hefen kalte Temperaturen benötigen ist falsch! Untergärige Hefen vergären sehr wohl auch bei höheren Temperaturen 16 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Obergärig - Untergärig ◼ Obergärige Hefen sind seit min. 9000 Jahren in der Anwendung ◼ Ursprung der Entstehung der untergärigen Hefe ist sowohl zeitlich unklar ◼ eventuell bereits zu Beginn der Bierbereitung in Mesopotamien vorhanden. ◼ Das Brauen in Bayern war nur von Michaeli bis Georgi - vom 29. September bis 23. April erlaubt. ◼ Durch die konsequente kalte Gärführung wurden bereits ab dem 16. Jh überwiegend untergärige Hefen in bayerischen Brauereien vermehrt (keine Reinzucht!!!). ◼ Je nach Kultivierung wurde aus dem Hefesatz dann aber auch wieder überwiegend obergärige Hefe. 17 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Der „neue“ Bierstil ◼ Vor der Erfindung der Kältemaschine durch Carl von Linde im Jahr 1873 standen kalte Temperaturen nur in nördlichen Gebieten zur Verfügung. ◼ Es war also nur dort eine Selektionsvorteil für untergärige Hefe realisierbar. ◼ In allen anderen Gebieten waren alle Biere automatisch obergärig ◼ Aber bis zur Entwicklung der Hefereinzucht im Jahr 1883 war jede Gärung mehr oder weniger eine Mischgärung aus ober- und untergärigen und wilden Hefen und Bakterien. ◼ Mit der Erfindung der Kältemaschine und der Hefereinzucht begann dann der weltweite Siegeszug des „neuen“ untergärigen Bieres. 18 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Einteilung der Hefen (aus Brauersicht) 19 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Hefephysiologie 20 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Unterschiedliches Aussehen der Hefe 21 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Chemische Zusammensetzung der Hefe Chemische Verbindung Prozent Proteine 45-60% Kohlenhydrate 2-12% Fette 6-12% Mineralstoffe < 1% Vitamine Spuren 22 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufbau der Hefezelle Zytoplasma Lysosom Mikrobodies Zentriolen Nucleulus Nucleus Mitochondrien Ribosomen ER Golgi Apparat Mikrotubuli glattes ER 23 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Funktionen der Hefezellbestandteile Zellbestandteil Funktion Zellwand Schutz- und Stützfunktion, Kompensation des osmotischen Drucks Zellmembran Abgrenzung der Zelle und Stofftransport Cytoplasma (>50%) Stoffwechsel (Reaktionsraum) Zellkern Replikation; RNA-Synthese, Kernteilung; Erbgut Ribosomen Proteinsynthese Mitochondrien Atmung, Energiestoffwechsel Vakuolen hydrolytische Stoffabspaltung, AS- und P-Pool 24 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufbau der Hefezellwand ▪ Die Schichtdicke der gesamten Hefezellwand ist 100 – 300 nm ▪ Die Zellwand hat einen mehrschichtig strukturierten Aufbau ▪ Der Anteil an der Hefe Trockensubstanz beträgt 15 – 30 % 25 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufbau der äußeren Hefezellwand Zwischen der Mannan und Glucan- Schicht befinden sich eine Reihe von Strukturproteinen und Enzymen. Der Raum zwischen der äußeren Zellwand und der Zellmembran ist der periplasmatische Raum (3-4 nm). Die Proteine im periplasmatischen Raum sind über Disulfidbrücken an die Mannan und/oder Glucan-Schicht gebunden. Die Enzyme im periplasmatischen Raum sind an die Mannan-Schicht gebunden. Sie können nicht durch die Zellwand diffundieren. Man spricht bei diesen Enzymen von externen Enzymen der Hefe. Die externen Enzyme hydrolisieren (spalten) Kohlenhydrate (Saccharose) und organisch gebundenes Phospat 26 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Prinzip einer biologischen Membran (hydrophob / hydrophil) 27 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufbau der Zellmembran 28 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aufbau der Zellmembran verantwortlich für: ▪ Permeabilität der Zelle ▪ Regulation des osmotischen Drucks ▪ Nicht frei permeabel für die meisten Stoffwechselprodukte ▪ Aktiver Transport ▪ Aufnahme von Nährstoffen ▪ Ausscheidung von Abbauprodukten ▪ Ort der oxidativen Phosphorylierung ▪ Zellteilung und Sporenbildung 29 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Stoffaustauschmöglichkeiten A: Freie Diffusion O2 und CO2 B: Diffusion durch ein Tunnelmolekül H2O C und D : Aktiver Transport (ATP) Glucose, Fructose (Saccharose) E: erleichterte Diffusion Maltose, Maltotriose 30 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Extraktzusammensetzung 31 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Die vergärbaren Zucker 32 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Zuckerverwertung durch die Hefe 33 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologische Konsequenzen ◼ Maltose und Maltotriose werden erst aufgenommen wenn Glucose weitestgehend verstoffwechselt ist ◼ Hefe muss sich erst an die Aufnahme und danach den Abbau von Maltose und Maltotriose gewöhnen ◼ Sequentielle Zuckeraufnahme beeinflusst die Gärgeschwindigkeit ◼ Problem der Diauxie ◼ Evtl. problematisch bei Verwendung alternativer Kohlehydratquellen High-Gravity Brewing Trockenhefen (!) ◼ Im Extremfall: Verlust der Maltaseexpression 34 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Stickstoff - Aufnahme ◼ Hefen benötigen Stickstoffverbindungen (hauptsächlich aus Protein) zum Stoffwechsel und Zellaufbau ◼ Hefen können nur kleine Peptide und die Einzelbausteine Aminosäuren aufnehmen → Abbau von Protein während der Mälzung und des Maischens → Kennzahl FAN → 180-200 mg/l FAN in der Würze ( = 1100 -1300 mg/l Aminosäuren) ◼ 40-70 % aller Aminosäuren der Würze werden durch die Hefe bei konventioneller Gärung entnommen ◼ Neben der Aufnahme werden AS von der Hefe auch synthetisiert → Synthese von Aminosäuren können aus Ketosäuren (Citratzyklus) → Ausgangspunkt für Gärungsnebenprodukte ◼ Während der Lagerung werden AS teilweise wieder abgegeben 35 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Aminosäuren 36 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Grundlagen der Hefevermehrung 37 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Hefevermehrung ◼ Es dominiert in der Brauerei die vegetative (ungeschlechtliche) Vermehrung der Hefezell durch multilaterale Sprossung mit Zellkernteilung. ◼ Die Erbanlagen der Mutterzelle werden auf die Tochterzelle übertragen. ◼ An der Mutterzelle bleiben Sprossungsnarben zurück (ca. 2% der Zelloberfläche), die den Stoffaustausch mit dem Außenmedium behindern. ◼ Größe der Hefe nimmt mit dem Alter zu ◼ Größere Hefezellen sind weniger aktiv und anfälliger für Autolyse 38 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Chitinanhäufung an der Sprossungsnarbe 39 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Altersverteilung einer sich vermehrenden Hefepopulation 1. Generation 2. Generation 3. Generation Sprossnarben 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 % Anteil 50 25 12,5 6,25 3,12 1,56 0,78 0,39 0,19 0,1 40 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Altersverteilung einer Hefepopulation 41 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Die Aufklärung des genetischen Codes ▪ Die Sequenzierung des Hefegenoms war die erste Komplettsequenzierung eines eukaryotischen Organismus (1988-1996) ▪ Das Hefegenom (= alle Gene und die dazwischen liegenden DANN- Abschnitte) hat über 12 Mio. Basen, die 6340 Gene codieren und auf 16 Chromosomen verteilt sind. ▪ Das kleinste Chromosom hat 230.000 Basen, das größte 2,2 Mio. Basen. ▪ Von den 6340 Genen ist erst bei 1/3 deren Funktion bekannt. 42 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Die Mitochondrien ▪ In aeroben Hefekulturen wurden 4- 24 Mitochondrien pro Zelle festgestellt. ▪ Sie sind frei beweglich im Cytoplasma und haben lang-oval bis fadenförmige Struktur ▪ Mitochondrien bestehen aus RNA, Protein, Lipiden (25%), Phospholipiden (13%), Sterinen und geringen Mengen DNA (von der Kern DNA unabhängiges Erbmaterial) ▪ Sie sind von einer Doppelmembran vom Plasma getrennt. ▪ Mitochondrien sind der Wirkungsort der Atmungsenzyme der Zelle (=Kraftwerk der Zelle)und dienen der ATP Gewinnung 43 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Die Vakuolen ▪ Die Vakuolen einer Hefezelle haben abhängig vom Alter eine variable Größe. Mit dem Alter nimmt die Größe zu ▪ Der Durchmesser liegt zwischen 0,3-3 µm ▪ Die Vakuolen umgibt eine Grenzmembran ▪ Die Vakuolen enthalten den Aminosäurepool und hydrolytische Enzyme (Proteasen, Lipasen) ▪ Durch schlechte Lebensbedingungen oder Stress können Inhaltstoffe aus den Vakuolen freigesetzt werden ▪ Dies kann besonders bei großen (alten) Vakuolen auftreten Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 44 Proteinase A ◼ Proteinase A befindet sich in den Vakuolen ◼ Proteinase A ist eine Endopeptidase ◼ Intrazellulärer Stoffwechsel → Aktivierung, Inaktivierung und Modifikation von Enzymen ◼ Proteolyse von Zellprotein (bei AS Mangel) ◼ Ausscheidung bei Stress (osmotischer Druck, Ethanol, Temperatur, mechanisch) ◼ Ausscheidung abhängig vom Hefestamm ◼ Abbau von LTP 1 (schaumpositives Protein) ◼ Thermolabil (65°C) → Inaktivierung bei 30 PE 45 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Das Cytoplasma ▪ Das Cytoplasma bildet mehr als 50% des Zellvolumens. ▪ Es ist nur scheinbar (lichtmikroskopisch) eine homogene strukturlose Substanz. Sie ist aber gitter- und lamellenförmig strukturiert. ▪ Bestandteile sind: Wasser 65%, Proteine, Stoffwechselprodukte, Enzyme, RNA und Polysaccharide, Saccharide, AS, Nucleotide und anorganische Ionen. ▪ Das Cytoplasma ist der zentrale Reaktionsraum der Zelle (Abbau Nahrungsstoffe, Aufbau zelleigener Bausteine, Glycolyse, Fettsäuresynthese, Biosynthese von Proteinen...) 46 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Kohlenhydratstoffwechsel Die Hefe kann Zucker auf zwei unterschiedlichen Stoffwechselwegen verarbeiten: 1. aerob: Atmung Baustoffwechsel (viel Energiegewinnung) Synthese von vielen essentiellen Bausteinen (Fettsäuren, Glykogen, Trehalose….) Aber daher auch viele Zwischenprodukte für Gärungsnebenprodukte ⚫ Glykolyse ⚫ Citratzyklus ⚫ Atmungskette 2. anaerob: Gärung ⚫ Glykolyse ⚫ Alkoholische Gärung 47 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Anaerober Zuckerstoffwechsel (Glykolyse und Gärung) 48 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Schlüsselstellen der Atmung und Gärung 2 ATP 38 ATP 49 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Trehalose ▪ Disaccharid aus zwei Glucosemolekülen ▪ Nur geringer Anteil an Trockensubstanz der Hefe ▪ Bildung in Stress-Situation (Hitze, Austrocknung, Oxidation, osmotischer Druck) → entscheidend für Trocknung ▪ Schützende Funktion für Hefezelle (Zellwandstabilisierung) ▪ Wird fast ausschließlich von obergärigen Hefen gebildet 50 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Gärungsnebenprodukte I 51 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Definition von Gärungsnebenprodukten ▪ GNP´s sind sekundäre Zwischen- oder Endprodukte des Hefestoffwechsels, hauptsächlich des Eiweißstoffwechsels ▪ Können positiven oder negativen Einfluss auf den Geruch und Geschmack des Bieres haben ▪ Negative Geschmackskomponenten müssen während der Reifung abgebaut bzw. ausgetrieben werden 52 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres GNP im Überblick 53 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Geruch und Geschmack einiger typischer GNP´s GNP Sensorik Acetaldehyd Jungbier, grüner Apfel, sauer Ethyl-acetat Klebstoff, Lösungsmittel iso-amyl-acetat fruchtig, Banane n-Propanol Ethanol iso-Butanol Apothekengeschmack iso-amyl-alkohol bitter Phenylethanol Rosen Diacetyl Butter, Honig Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 54 Gärungsnebenprodukte ◼ Jungbukettstoffe (Diacetyl, Aldehyde und Schwefelverbindungen) verleihen dem Bier nach der Hauptgärung einen unreinen, jungen, unreifen, unharmonischen Geschmack und Geruch. Ziel bei der Reifung ist die Entfernung dieser Produkte. ◼ Bukettstoffe (höhere Alkohole und Ester) Bestimmen wesentlich das Aroma des Bieres und sind in bestimmten Konzentrationsbereichen Voraussetzung für ein Qualitätsbier. Diese können auf technologischem Wege nicht wieder aus dem Bier entfernt werden. 55 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Gärungsnebenprodukte Jungbieraroma Bieraroma ◼ Diacetyl ◼ höhere Alkohole ◼ Aldehyde ◼ Ester ◼ Schwefelverbindungen 56 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres GNP`s (mg/l) in Lagerbieren und Weizenbieren Lagerbier Weizenbier Schwellenwerte n-Propanol 5-17 10 17-35 22 50-600 (!) i-Butanol 5-20 12 20-60 40 50-175 i-Amylalkohol 34-73 55 65-92 78 50-70 Phenylethanol 10-30 18 15-45 31 50-75 Ethylacetat 5-20 10 10-50 35 20-70 i-Amylacetat 0,5-2,5 1,4 2-8 4,4 2,0-2,3 Acetaldehyd 2-19 9 1-13 7 25-50 Diacetyl 0,01-0,5 0,08 0,02-0,19 0,09 0,1 Pentandion 0,01-0,4 0,04 0,01-0,04 0,02 1,0 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 57 Zeitlicher Ablauf der GNP-Bildung Extrakt höhere Alkohole 60-90 mg/l Konzentration Ester 12-20 mg/l Gesamtdiacetyl < 0,1 mg/l Acetaldehyd < 8 mg/l Gärdauer [d] 58 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Überblick Gärungsnebenprodukte Höher Alkohole: Carbonylverbindungen: a) aliphatische Alkohole a) Aldehyde b) aromatische Alkohole b) Ketone c) Diketone Ester: Schwefelverbindungen a) Essigsäurester b) Fettsäurester Organische Säuren Fettsäuren (C4-C12) Phenolische Substanzen 59 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Höhere Alkohole ▪ Längere C- Kette als Ethanol ▪ Unmittelbare Bildung mit Gärbeginn ▪ Hauptanteil flüchtiger Verbindungen im Bier ▪ Beteiligung an Esterbildung ▪ Erhöhtes Hefewachstum → erhöhte Bildung von höheren Alkoholen ▪ Alkoholische, blumige bis lösungsmittelartige und bittere Aromaeindrücke ▪ Aber: meist unter Geschmacksschwellenwert 60 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Höhere Alkohole (Fuselalkohole) Höhere Alkohole Aliphatische Alkohole Aromatische Alkohole Mehrwertige Alkohole n-Propanol (5–20 mg/l) 2-Phenylethanol (8 – 40 mg/l) 2,3-Butandiol (2 – 8 mg/l) i-Butanol (5-20 mg/l) Tyrosol Glycerin (1400 – 2000 mg/l) 2-Methyl-Butanol (10-20 mg/l) Tryptophol 2,3-Pentandiol 3-Methyl-Butanol (35-70 mg/l) ug Biere ca. 60-90 mg/l og Biere > 100 mg/l Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 61 Physiologische Wirkung der höheren Alkohole Giftigkeit verschiedener Alkohole Ethanol: 1,0 Ethanol: 40.000 mg/l ISO-Butanol: 3,6 ISO-Butanol: 15 mg/l Propanol-1: 3,9 Propanol-1: 10 mg/l ISO-Amylalkohol: 52 ISO-Amylalkohol: 60 mg/l aus: Paracelsus Magazin, Volmar Gerlach Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 62 Bildung höherer Alkohole ▪ Höhere Alkohole werden von der Hefe durch ihren Kohlenhydrat- und Aminosäurestoffwechsel gebildet ▪ Vorläufer der höheren Alkohole sind die Ketosäuren. ▪ Ketosäuren entstehen beim aeroben Kohlenhydratstoffwechsel im Citratzyklus und beim Ab- und Aufbau von Aminosäuren. → Entscheidend für die Bildung ist die aerobe Phase und die Ausstattung der Würze mit FAN Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 63 Bildung höherer Alkohole (Kohlenhydratstoffwechsel) typisches Gärdiagramm: Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 64 Bildung höherer Alkohole (Kohlenhydratstoffwechsel) Am Beginn der meisten Gärdiagramme sind bereits 80% aller Geschmacks- und Qualitätsbestimmenden höheren Alkohole gebildet! Die Hefe betreibt zwei völlig unterschiedliche Stoffwechselwege: 1. Nach dem Anstellen aerober Stoffwechsel → Citratzyklus 2. Danach ohne Sauerstoff → Gärung Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 65 Bildung höherer Alkohole 1. Die Bildung während der aeroben Phase ▪ Während der Anstellphase entscheidet die Anstelltemperatur und die Ausstattung der Würze mit FAN über die Bildung von höheren Alkoholen: ▪ Wenn genügend Aminosäuren vorhanden sind (zu Beginn der Gärung und in der aeroben Phase) werden die höheren Alkohole über den kataboloischen Weg (Ehrlich-Weg) gebildet. ▪ In dieser Phase wird der Hauptteil der höheren Alkohole gebildet. ▪ Die Aufnahme und der Abbau (katabolisch) der Aminosäuren setzt viele Ketosäuren frei, die Vorläufer für höhere Alkohole sind. ▪ Ein Überangebot von Aminosäuren führt zu mehr höheren Alkoholen Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 66 Die Bildung höherer Alkohole (Ehrlich-Weg) Valin Isoleucin Leucin NH3 1.Oxidative Desaminierung Ketosäure 2. Decarboxilierung COOH Aldehyd 3. Reduzierung 2 H+ Iso-Butanol 3-Methyl-Butanol 2-Methyl-Butanol 67 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Bildung höherer Alkohole 2. Die Bildung während der anaeroben Phase (Gärung) ▪ Während der Gärphase entscheidet die Gärführung und die Ausstattung der Würze mit FAN über die weitere Bildung von höheren Alkoholen: ▪ Wenn nicht ausreichend FAN (mind. 180 mg/l) zur Verfügung steht, synthetisiert die Hefe Aminosäuren. ▪ Auf dem Syntheseweg zu Aminosäuren entstehen ebenfalls Ketosäuren aus denen höhere Alkohole entstehen 68 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Bildung von Gärungsnebenprodukten Folgen einer späten Zweitbelüftung: ▪ Wird während der Gärphase belüftet, so wird die Zellvermehrung der Hefe angeregt Folge: Bei bereits geringer Aminosäureaustattung des Jungbieres würde die Hefe eigentlich viel Aminosäuren benötigen für einen weiteren Zellaufbau → Die Hefe synthetisiert Aminosäuren → Vermehrte Bildung von Ketosäuren → Vermehrte Bildung von höheren Alkoholen 69 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Extrembeispiel: Rührgärung 70 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologische Einflüsse auf die Bildung höherer Alkohole 1. Einfluss des Hefestamms Hefestamm RH E HB HA N- Propanol 5,2 5,0 5,2 6,0 2 Methylpropanol 9,2 10,3 8,9 6,2 2 Metylbutanol 14,5 11,4 11,5 10,9 3 Methylbutanol 47,5 42,3 43,6 25,1 Summe höhere 77 69 69 48 Alkohole VLB Berlin 2005 71 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologische Einflüsse auf die Bildung höherer Alkohole 2. Einfluss der Belüftung Belüftung in ppm 0 8 12 wiederholte Belüftung N- Propanol 5,9 8,2 10,5 22 2 Methylpropanol 10 12 10,9 15,2 2 Metylbutanol 7,9 15,5 16,7 17,6 3 Methylbutanol 33,7 54,9 57,1 88,2 Summe höhere 57,5 90,6 95,2 143 Alkohole VLB Berlin 2005 72 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologische Einflüsse auf die Bildung höherer Alkohole 3. Einfluss der Gärtemperatur Gärtemperatur 8°C 15°C 20°C N- Propanol 4,4 5,4 13,6 2 Methylpropanol 8,2 14,3 23,7 2 Metylbutanol 15,5 20 24,8 3 Methylbutanol 43,8 59,2 61,6 Summe höhere 72 99 124 Alkohole VLB Berlin 2005 73 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologische Einflüsse auf die Bildung höherer Alkohole 4. Einfluss des Drucks Druck 0 bar 1 bar 2 bar N- Propanol 4,5 3,6 3,0 2 Methylpropanol 10,0 5,0 4,0 2 Metylbutanol 20,6 10,4 7,5 3 Methylbutanol 49,2 37,0 31,1 Summe höhere 84 56 46 Alkohole VLB Berlin 2005 74 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Einflussfaktoren auf die Bildung höherer Alkohole ◼ Bildung wird gefördert durch: ◼ Bildung wird vermindert durch: ▪ Höhere Gärtemperaturen ▪ Kalte Anstell- / Gärtemperaturen ▪ Höhere Anstelltemperaturen ▪ Druck (Ausnahme: 2-Phenylethanol) ▪ Konvektion ▪ Vermeidung von Sauerstoffeintrag ▪ Niedrige AS-Konzentration in ▪ Ausreichender AS-Ausstattung der der Würze Würze ▪ Intensive Belüftung ▪ Intensives Drauflassen ▪ Würzekonzentrationen > 13 % Allgemein: ▪ Bedingungen, die das Hefewachstum anregen, steigern die Produktion höherer Alkohole ▪ 80 % der höheren Alkohole werdenzu Beginn der Hautgärung gebildet ▪ Kaum Veränderung während der Reifung 75 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Hefen und ihre Bierstile 76 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Deutsche untergärige Bierstile (hell) Hell (Oktober) Doppel Leichtbier Helles Pils Export Märzen Bock Eisbock Rauchbier Festbier bock 77 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Deutsche untergärige Bierstile (dunkel) Dunkel Münchner Dunkler Dunkler Märzen Schwarzbier Porter Dunkel Bock Doppelbock 78 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres internationale untergärige Bierstile Hell/Dunkel Imperial Wiener Bohemian American European Amber Regular American Icebeer Super Dry Pilsner Lager Pilsner light Lager mild Lager Lager Lager Malt Liquor 79 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Deutsche obergärige Bierstile (hell) Hell Leichtes Weizen Weizen Alternative Weißbier Kölsch Dampfbier Grätzer Weißbier Bock Doppelbock Cerealien 80 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Deutsche obergärige Bierstile (dunkel) Dunkel Weizen Weizen Doppel Rauch Weißbier Doppelbock Alt Sticke Porter Bock sticke weizen 81 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Internationale obergärige Bierstile (hell) Hell Imperial Biere de Barley Wit Pale Ale IPA Triple Bitter Saison Old Ale IPA Garde Wine Extra English Scottish Belgian American Ordinary Best Special 82 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Internationale obergärige Bierstile (dunkel) Dunkel Scotch Ale Dark strong Brown Ale Porter Dubbel Quadrupel Stout Ale Sweet Robust Sweet Oatmeal Smoked Imperial Dry Oatmeal Imperial Milk 83 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Brettanomyces Brettanomyces bruxellensis wurde 1904 von N. Hjelte Claussen, einem Mitarbeiter der Carlsberg Brauerei, bei der Suche nach Geschmacksfehlern in britischem Ale entdeckt. „Brett“ Bier Typen Hell Dunkel Sauer Trappisten Farmhouse Berliner Flanders Saison Wild Ale Porter Lambic Gueuze Gose Bier (Orval) Ale Weisse Red Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 84 Brettanomyces Aromen Typische sensorische Beschreibungen ▪ Verbranntes Plastik ▪ Heftpflaster ▪ schweißig ▪ Pferdedecke ▪ bitter ▪ rauchig, Teer, phenolisch ▪ Leder ▪ nasses Fell ▪ „mäuseln“ ▪ floral ▪ Citrus ▪ Apfel ▪ tropische Früchte → Ananas Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 85 Herkunft der phenolischen Aromen Die Hydroxyzimtsäuren sind eine Gruppe von Polyphenolen, die von Enzymen der Brettanomyces Hefen verstoffwechselt werden. Beispiele: Coumarsäure → 4-Vinyl phenol (animalisch) → 4-Ethylphenol (Heftpflaster) Ferulasäure → 4-Vinylguaiacol (Nelke) → 4-Ethylguaiacol (rauchig) Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 86 Hopfenstopfen und Brettanomyces…. Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres 87 Bildung von Gärungsnebenprodukten II 88 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Ester ◼ Allg.: Ester gehen aus der Reaktion eines Alkohols mit einer Säure hervor Ug Biere 15 - 40 mg/l Og Biere 40 - 80 mg/l ◼ Insgesamt sind bisher 90 verschiedene Ester in Bier gefunden worden ◼ Die wichtigsten (mit Schwellenwert): Ethylacetat (UHU) 25- 30 mg/l Isoamylacetat (Banane) 1 – 1,6 mg/l Phenylacetat (Rosen) 3 mg/l ◼ Esterbildung zeitlich verzögert nach der Hefevermehrung ◼ Hefestamm hat großen Einfluss ◼ fruchtige Aromaeindrücke ◼ die Estersynthese ist eng mit dem Aufbau von Acetyl-CoA und Lipidsynthese verbunden 89 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Esterbildung allgemein Säure + Alkohol Ester Beispiele Essigsäure- und Fettsäure- Ester: AcetylCoA + Ethanol → Ethylacetat AcetylCoA + Isoamylalkohol → Isoamylacetat AcylCoA + Alkohol → Fettsäureseter 90 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Esterbildung durch Ehrlich-Weg und weiter zum Ester 91 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Zucker und Aminosäuren als Vorläufer von GNP`s Quelle: Dr. Schrader Symposium Biokonversion 2005 92 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Beispiel für das Zusammenwirken von Estern und Hopfenölkomponenten Hopfenöl Zusatz Geschmacksschwelle Linalool 0 27 µg/l 10 mg/l Ethylacetat 96 µg/l 2 mg/l Isoamylacetat 67 µg/l Geraniol 0 90 µg/l 10 mg/l Ethylacetat 149 µg/l 2 mg/l Isoamylacetat 77µg/l Hanke S. EBC 2009 93 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologischer Einfluss auf die Esterbildung 2. Einfluss der Stammwürze 94 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologischer Einfluss auf die Esterbildung 2. Einfluss der Stammwürze Stammwürze 12% Veränderung der Esterkonzentration 18 % + 82,1 % rückverdünnt auf 12% + 21,4 % VLB Berlin 2005 95 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologischer Einfluss auf die Esterbildung 3. Einfluss der Zellzahl beim Anstellen der Würze Hefegabe 10 Mio./ml Veränderung der Esterkonzentration 30 Mio /ml - 7,4 % 7 Mio/ml + 20,9 % VLB Berlin 2005 96 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologischer Einfluss auf die Esterbildung 4. Einfluss der Gärtemperatur Gärtemperatur 15°C Veränderung der Esterkonzentration 23°C - 26,9 % 6°C + 16,4 % VLB Berlin 2005 97 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Technologischer Einfluss auf die Esterbildung 4. Einfluss der Gärtemperatur Gärtemperatur 15°C Veränderung der Esterkonzentration 23°C - 26,9 % 6°C + 16,4 % VLB Berlin 2005 98 Technologische Einflüsse auf die Esterbildung Förderung der Esterbildung durch: ▪ Erhöhung der Stammwürzekonzentration (high gravity → Ethylacetat!) ▪ Erhöhung des EVG ▪ Verhältnis Glucose/Fructose zu Maltose erhöhen ▪ Lange Nachgärung ▪ Niedrige Gärgefäße ▪ Druck (dämpft Hefewachstum bei forcierten Gärverfahren) Dämpfung der Esterbildung durch: ▪ Alle Maßnahmen, die die Hefevermehrung intensivieren ▪ Ausgeprägte Proteolyse → mehr AS (Einmaischtempereatur, Maische- Säuerung) ▪ Steigender Sauerstoffeintrag ▪ Bewegung während der Gärung (aktiv und passiv) Entscheidender Einfluss des Hefestamms !!! 99 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Einfluss der Gärtemperatur / Hefestamm auf Esterbildung 100 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres Schwefelverbindungen ▪ Aus der Würze (Sulfat und S-haltige Aminosäuren) ▪ SO2-Gehalt steigt während der Gärung an ▪ leicht flüchtige Substanzen (DMS), die durch CO2 ausgewaschen werden können ▪ H2S von angenehm schwefelig bis aufdringlich faulig ▪ Mercaptane → leicht flüchtig ▪ Methanthiol Siedepunkt 6°C ▪ Ethanthiol Siedepunkt 35°C 101 Einfluss der Hefe auf die Sensorik des Bieres SO2 - Bildung ▪ SO2 hat eine stark antioxidative Wirkung und ist daher für die Alterungsstabilität des Bieres von großer Bedeutung. ▪ Allerdings sind Werte über 10 mg/l kennzeichnungspflichtig. ▪ Die SO2 – Bildung ist stark vom Hefestamm abhängig ▪ u.g. Hefen erreichen deutlich höhere Werte ▪ o.g. Hefen erreichen nur sehr geringe Werte (