Sedativa PDF - Medical School Berlin
Document Details
Uploaded by AdaptableOak1405
MSB Medical School Berlin
null
null
Tags
Summary
This document is a presentation or lecture about sedatives, GABA receptors, and benzodiazepines. It explains the mechanisms of action of these drugs in the central nervous system and their clinical applications. The document also discusses the risks associated with the use of these drugs and their implications.
Full Transcript
# 4. Sedativa ## Was sind Sedativa? - **Sedativa (Beruhigungsmittel)**: bewirken allgemeine Dämpfung zentralnervöser Funktionen, wirken entspannend - fließender Übergang zu Begriffen; Unterscheidung nach dem Ausmaß des Effekts auf das Bewusstsein (quantitativ), Wirkung jedoch meist dosisabhä...
# 4. Sedativa ## Was sind Sedativa? - **Sedativa (Beruhigungsmittel)**: bewirken allgemeine Dämpfung zentralnervöser Funktionen, wirken entspannend - fließender Übergang zu Begriffen; Unterscheidung nach dem Ausmaß des Effekts auf das Bewusstsein (quantitativ), Wirkung jedoch meist dosisabhängig: - **Hypnotika (Schlafmittel)**: wirken in üblicher Dosierung schlafanstoßend und/oder schlaferhaltend - **Narkotika (Betäubungsmittel)**: führen eine kontrollierte Bewusst- und Empfindungslosigkeit herbei Benzos können je nach Dosis alle Zustände hervorrufen ## GABA<sub>A</sub>-Rezeptor Hier soll GABA anbinden - **wichtigster inhibitorischer Rezeptor im Nervensystem** - geht durch die Membran durch - transmembranäres Protein, welches aus fünf Untereinheiten besteht - **ligandengesteuerter lonenkanal** geht auf, wenn ein Ligand (GABA) in den Rezeptor geht: - **endogener Ligand:** GABA - **Kanalaktivität:** Chlorideinstrom - **außer GABA können viele andere Substanzen am Rezeptor anbinden, aber an allosterischen Bindungsstellen** ## GABA<sub>A</sub>-Rezeptor - fünf verschiedene Untereinheiten, meist zwei α-, zwei β- und eine γ-Untereinheit: - **γ = gamma** - **GABA-Bindungsstelle (GB) zwischen α- und β-Untereinheit** - wenig GABA, Untereinheit kann zweimal anbinden, dann öffnet sich der Kanal - Benzos verstärken Öffnung des Kanals - viel GABA, Benzos keinen Einfluss, da Kanal eh ständig geöffnet - **Bindungsstelle für Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine (BZ) zwischen α- und γ-Untereinheit** - Kanal geht besser auf, wenn GABA UND Benzos anbinden - → verstärken das körpereigene GABA - **Bindungsstelle für Barbiturate und Clomethiazol (BR) innerhalb der α-Untereinheit** - Substanz, die bei Alk.-entzug eingesetzt wird - können den Rezeptor ohne GABA öffnen und somit große Wirkung auf das ZNS ## Benzodiazepin-Bindungsstelle - früher: Benzodiazepin-Rezeptor, Omega-Rezeptor - Bindungsstelle für Benzodiazepine und Non-Benzodiazepine; Anbinden dieser Substanzen fördert die Bindung von GABA an den GABAA-Rezeptor - **Effekt**: erhöhte Öffnungswahrscheinlichkeit des Chloridkanals; Hyperpolarisation der Nervenzellen - Komplex von Rezeptor und Substrat hat keine intrinsische Aktivität → kann den Chloridkanal ohne GABA nicht öffnen - **Folgen**: Substanzen sind auch bei Überdosierung eher ungefährlich (**hohe therapeutische Breite**); Effizienz der Substanzen ist invers korreliert mit der GABA-Aktivität (Dosis-/Konzentrationsbereich groß) ## Benzodiazepin-Bindungsstelle - GABAA-Rezeptoren in verschiedenen Regionen des Nervensystems bestehen aus unterschiedlichen Untereinheiten - α1-α6, β1-β3, γ1-γ3, weitere (δ, ρ, θ, π) - bedeutsam sind vor allem vier verschiedene α-Untereinheiten: | UE | Lokalisation | Wirkung | |:---|:------------------------------------------------------------------|:-------------------------------------------------------------------| | α1 | ubiquitär im Gehirn | v.a. sedierend, hypnotisch | | α2 | Striatum, Amygdala, Hypothalamus | anxiolytisch und muskelrelaxierend (angstlösend) | | α3 | Neocortex, Claustrum | anxiolytisch (und muskelrelaxierend?) | | α5 | Hippocampus (Lerngedächtnis beeinträchtigt bei Benzos) | amnestisch (anterograd) | ## Mesolimbische Wirkung von Benzodiazepinagonisten binden am mesolimbischen System (Schlafstörungen, Angststörungen, Phobien, Epilepsie) - Bindung an Benzodiazepin-Bindungsstellen im ventralen Tegmentum mesencephali - **unmittelbare Folge**: Aktivierung dopaminerger Neurone, vermutlich vermittelt durch eine Hemmung inhibitorischer Neurone (Disinhibition) → doppelte Hemmung = Aktivierung - **langfristige Folge**: bei fortwährendem Gebrauch → Bildung langlebiger (irreversibler?) synaptischer Verschaltungen im Belohnungssystem - Gefahr der Entwicklung einer **Benzodiazepinabhängigkeit** - unklar, welche Benzodiazepin-Bindungsstellen relevant sind; postuliert wurde, dass vornehmlich α1-haltige Bindungsstellen beteiligt sind, aber mesolimbische Wirkung ist nicht korreliert mit sedierendem Effekt ## Benzodiazepine - Agonismus an α1-, α2-, α3- und α5-haltigen GABAA-Rezeptoren; wirken daher (substanzabhängig) anxiolytisch, sedativ-hypnotisch, antikonvulsiv, muskelrelaxierend, amnestisch | | α1 | α2, 3 | α5 | α2, 3 | |-------------|:--------|:--------|:--------|:--------| | Patient mit | Einschlafstörung | Schlafstörung (Durchschlafen)| | | | Benzo | kurz wirkendes | mit 8h Wirkdauer | | | **Einteilung nach der Wirkdauer in vier Gruppen**: Wirkdauer ergibt sich aus der Halbwertszeit sowie eventuellen aktiven Metaboliten | Gruppe (Cut-Off) | Beispielsubstanzen | |:-----------------------------------------------------------|:---------------------------------------------------| | ultrakurz wirkende Benzodiazepine (bis 6 Stunden) | Triazolam, Midazolam | | kurz wirkende Benzodiazepine (bis ca. 20 Stunden) | Temazepam, Lorazepam | | mittellang wirkende Benzodiazepine (bis ca. 40 Stunden) | Alprazolam, Flunitrazepam | | lang wirkende Benzodiazepine (über 40 Stunden) | Diazepam, Flurazepam | ## Non-Benzodiazepine *andre, chem. Substanzgruppe als die Benzos* - keine chemisch einheitliche Substanzgruppe; enthält drei Untergruppen (s. Bild), die nicht mit den Benzodiazepinen verwandt sind - auch bezeichnet als „Z-Substanzen": - Hauptvertreter: Zopiclon, Zolpidem, Eszopiclon (Einschlaf-/Durchschlafhilfen = kurz wirksam) - wirken vor allem an GABAA-Rezeptoren mit α1-Untereinheiten, dadurch vor allem sedativ-hypnotische Wirkung - weniger amnestisch, kaum anxiolytisch, antikonvulsiv oder muskelrelaxierend - eventuell geringeres Abhängigkeitspotential ## (Non)-Benzodiazepine – Einteilung nach der Potenz Wieviel Dosis wird benötigt, um einen Effekt zu erzielen? - Potenz der (Non)-Benzodiazepine gibt Information über wirkungsäquivalente Dosen - Äquivalenzdosen werden in unterschiedlichen Quellen teils verschieden angegeben, dies beruht auf unterschiedlichen Zieleffekten ("z.B. hypnotische | anxiolytische Potenz") - Darstellung nach http://www.benzo.org.uk | Klasse | Substanz | Potenz | |:----------------|:----------------|:-------| | hochpotente | Alprazolam | 20 | | Benzodiazepine | Clonazepam | 20 | | | Flunitrazepam | 10 | | | Lorazepam | 10 | | | Lormetazepam | 6,7 | | mittelpotente | Eszopiclon | 3,3 | | (Non)- | Bromazepam | 2 | | Benzodiazepine | Diazepam | 1 | | | Medazepam | 1 | | | Zopiclon | 0,7 | | niedrigpotente | Oxazepam | 0,5 | | (Non)- | Temazepam | 0,5 | | Benzodiazepine | Zaleplon | 0,5 | | | Zolpidem | 0,5 | | | Chlordiazepoxid | 0,4 | ## Nebenwirkungen von (Non)-Benzodiazepinen - **Schlaf**: Beeinträchtigung der Schlafarchitektur, dadurch unter Umständen wenig erholsamer Schlaf trotz langer Schlafdauer - **Überhang**: Hang-Over mit Tagesmüdigkeit und Schläfrigkeit, insbesondere bei Substanzen mit langer Wirkdauer; Sturzgefahr (wegen Muskelrelaxion) - **neuropsychologische Defizite**: Beeinträchtigung von Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen (Verlangsamung) und anterograde Amnesie - **Muskulatur**: Muskelschwäche (Kraft und Ausdauer); Sturzgefahr - **Atmung**: Atemdepression (vor allem relevant bei i.v.-Gabe), orale Überdosierung fast nicht möglich - **Abhängigkeit**: physisch und psychisch; schweres Entzugssyndrom beim Absetzen - *regelmäßige Einnahme von Benzo -> Gaba wird runtergefahren, Glutamat (Gegenspieler) wird hochgefahren, weil ich von außern indirekte Gaba Input habe - abruptes Absetzen = Ungleichgewicht zw. Gaba und Glutamat, deshalb Entzugssymptome -> epileptische Anfälle, durch starke Glutamataktivität (Hirn gereizt), Delir* ## Flumazenil - **Antagonist an der Benzodiazepin-Bindungsstelle → Antidot bei Vergiftung mit Benzodiazepinen oder Non-Benzodiazepinen** - **keine Wirkung bei einer Vergiftung mit Barbituraten** *da andere Bindungsstellen* - **Pharmakokinetik**: geringe orale Bioverfügbarkeit, daher nur intravenöse Gabe; rasche (2 Minuten) aber kurze (2-3 Stunden) Wirkung - bei länger wirkenden Benzodiazepinen ist eine Mehrfachgabe nötig, da sonst ein erneutes Auftreten der Symptomatik wahrscheinlich ist - **Nebenwirkungen**: Übelkeit, Kopfschmerzen, typische Absetzsymptome der (Non)-Benzodiazepine ## Abhängigkeit von Benzodiazepinen - **Prävalenz in Deutschland ca. 1.2 Millionen** *auch durch Verschreibung von Benzos, low dose Abhängigkeit Einnahme über Jahre* - **Auftreten wenige Wochen nach Einnahme** - **Risikofaktoren** - psychiatrische Vorerkrankungen, insbesondere Abhängigkeit - **Geschlecht**: fraglich, ob wegen dem Fakt des Geschlechts, oder weil Frauen öfter Benzos verschrieben werden? - höheres Alter ## Entzugsbehandlung bei Benzodiazepinen **Hochdosispatienten**: ≥ 20 mg Diazepamäquivalent; stationäre Therapie; Beginn mit 2/3 der vorherigen Dosis (aber höchstens 60 mg); wenn keine Entzugssymptome, dann Reduktion um 10–25%; wenn Entzugssymptome, dann halten bis diese verschwunden und anschließend reduzieren **Niedrigdosispatienten**: < 20 mg Diazepamäquivalent; ambulanter Entzug meist möglich; Reduktion analog **Umstellung der vorherigen Benzodiazepine i.d.R. auf Diazepam (Umrechnungstabellen)** - ggf. Krampfschutz, hier a.e. Carbamazepin - ggf. niedrigpotente Antipsychotika, bei Unruhe - weiterhin: supportive Psychotherapie **nach Entzugsbehandlung**: Langzeitentwöhnung, langfristige Anbindung an Institutsambulanzen, Behandlung komorbider Erkrankungen, Selbsthilfegruppen ## Barbiturat-Bindungsstelle und Barbiturate - befindet sich in der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors - Bindungsstelle für Barbiturate und Clomethiazol; Anbinden erhöht den Chlorideinstrom durch drei Mechanismen: - Erhöhung der Affinität des GABAĀ-Rezeptors für GABA - Verlängerung der Öffnungszeit des aktivierten Kanals - Öffnung unabhängig von GABA (erfordert höhere Konzentrationen) = gefährlich, Gefahr der Atemdepression - **Folge**: tödliche Überdosierung möglich, daher werden Barbiturate i.d.R. medizinisch nur unter kontrollierten Bedingungen eingesetzt - Einsatz zur Narkoseeinleitung und bei Epilepsie, weiterhin genutzt zum Einschläfern von Tieren - kaum relevant in der Suchtmedizin