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Hamburg Institute for Vocational Education and Training
2024
HIBB
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This is a past paper for the "Social Pedagogics" course from the Hamburg Institute for Vocational Training, for the winter of 2024. The document includes preparation materials for language and communication, along with a table of contents.
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F ACHSCHULE FÜR S OZIALPÄDAGOGIK Schulübergreifende Abschlussprüfung Winter 2024 M ATERIALIEN ZUR V ORBEREITUNG für das Fach Sprache und Kommunikation: Suzanne Collins: Die Tribute von Parnem. Tödliche Spiele. Inhaltsverzeichnis...
F ACHSCHULE FÜR S OZIALPÄDAGOGIK Schulübergreifende Abschlussprüfung Winter 2024 M ATERIALIEN ZUR V ORBEREITUNG für das Fach Sprache und Kommunikation: Suzanne Collins: Die Tribute von Parnem. Tödliche Spiele. Inhaltsverzeichnis Seite Schweikart, Ralf (2012): Nur noch kurz die Welt retten. Dystopien als 3 jugendliterarisches Trendthema. In: kjl&m, 3.Vj.2012, S.3-11 Wagener, A. (Hrsg.) (2019): Ideen zur Jugendliteratur. Tribute von Panem. 12 Tödliche Spiele. Berlin. S.18f Wells, Jens (2012): Die Tribute von Panem – Bluttriefende Literatur für Kinder. 14 In: Jägers-küpper, G. (2021): Suzanne Collins. Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele. Einfach Deutsch. Unterrichtsmodell. Braunschweig. Jägersküpper, G. (2021): Suzanne Collins. Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele. Einfach Deutsch. Unterrichtsmodell. Braunschweig. S. 140,142 16 Mikota, J. (2013): Dystopie. Online unter: https:// 18 www.kinderundjugendmedien.de/begriffe-und-termini/594-dystopie? highlight=WyJkeXN0b3BpZSJd [20.12.2022], Auszüge Wenzel, T. (2011): Medienkritische Todes-Arena. Online verfügbar unter: 21 https://www.deutschlandfunkkultur.de/medienkritische-todes-arena-100.html [22.03.2023] FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 3 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 4 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 5 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 6 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 7 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 8 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 9 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 10 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 11 von 23 Wagener (2019), 18, 19 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 12 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 13 von 23 Wells (2012), 175f FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 14 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 15 von 23 Jägersküpper (2021), 140,142 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 16 von 23 FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 17 von 23 Mikota (2013), Auszüge Dystopie Jana Mikota Explikat Dystopien der aktuellen Jugendliteratur orientieren sich an klassischen Dystopien von Huxley, Orwell, Bradbury und Atwood, greifen Aspekte aus den Texten auf, verweisen auf diese Texte und ergänzen sie. Doch anders als die Klassiker der dystopischen Literatur schreiben die Autoren/innen für ein jugendliches Publikum und greifen somit auch Aspekte aus der Adoleszenzliteratur, dem Liebes-, Entwicklungs- und Abenteuerroman auf. Ein dystopischer Gesellschaftsentwurf kann dazu dienen, Gesellschaften zu kritisieren, aber er kann auch die adoleszenten Problemfelder der jugendlichen Protagonisten/innen aufgreifen. Tatsächlich bietet die Dystopie als mahnende Literatur viele Ansatzpunkte, die Probleme Heranwachsender zu thematisieren und kann somit nicht nur als eine Warngeschichte verstanden werden (vgl. Glasenapp 2003/2012), sondern auch als Adoleszenzliteratur. Im Mittelpunkt der Romane stehen Jugendliche, die sich nicht nur gegen das Regime erheben, nach alternativen Gesellschaftsformen streben, sondern auch eine eigene Identität entwickeln, sich gegen ihre Familien stellen und letztendlich im Laufe der Handlung erwachsen werden. Somit erhalten Dystopien als Lektüre unterschiedliche Bedeutungen: Einerseits lassen sie sich trotz aller Kritik (vgl. Schweikart 2012) als gesellschaftskritische Texte lesen, andererseits ermöglichen solche literarischen Texte "ihren Lesern Erfahrungen, die für seine persönliche Entwicklung und seine Interaktion mit der Gesellschaft von hoher Bedeutung sein können"(Leubner/Saupe 2010, S. 28). [...] Die ökologische Dystopie greift den ökologischen Diskurs auf, zeigt, welche Folgen atomare oder Umweltkatastrophen haben, benennt teilweise klar Schuldige und spielt in einer nahen Zukunft. Die zweite Gruppe steht in der Tradition der Dystopien von Wells, Huxley, Bradbury und Atwood, entwirft eine düstere Zukunft, bleibt jedoch hinsichtlich bestimmter Fragestellungen auch der Zeitdiagnostik verpflichtet. Dystopien oder auch Anti-Utopien zählen, so Schweikart in seinem Aufsatz Nur noch kurz die Welt retten. Dystopien als jugendliterarisches Trendthema (2012), "zu einer Subgattung der literarischen Utopie" (Schweikart 2012, S. 4). Utopien zeichnen bekanntlich ein positives Zusammenleben und entwerfen harmonische Gesellschaftsformen. Anti-Utopien bzw. Dystopien zeichnen dagegen ein anderes Bild: "Anders als in der Utopie wird hier die Zukunftsvorstellung in ein Bild des Schreckens gekleidet, welches erst durch die konsequente Weiterentwicklung der gegenwärtigen Missstände entstehen kann." (Kirchner 2009, hier zit. nach Schweikart 2012, S. 4) Dystopien, so Gabriele von Glasenapp, "dienen im erheblichem Maße […] dazu, Missstände, Ängste und Übel der jeweiligen Gegenwart zu spiegeln" (Glasenapp 2003, S. 14). Daher verwundert es nicht, dass die Anti-Utopie innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur entstanden ist, als sich der problemorientierte Jugendroman als realistisch-kritisches Genre durchsetzen konnte, d. h. in den 1970er Jahren. Ähnlich wie im problemorientierten Jugendroman werden auch in Dystopien die jugendlichen Leser/in mit Gesellschaftskritik konfrontiert, wobei sich die Themen im Laufe der letzten vierzig Jahre gewandelt haben. Im Mittelpunkt der Dystopien steht ein Einzelschicksal: Waren es in den klassischen Dystopien wie Brave New World oder 1984 männliche Helden, so sind es in aktuellen (jugendliterarischen) Dystopien vor allem junge Frauen, die sich gegen autoritäre Gesellschaftsmodelle erheben und überleben. Die Hauptfigur fühlt sich bereits zu Beginn der Handlung anders – und zwar sowohl in der 'anerkannten' Gesellschaftsform, aber auch innerhalb der Gruppe der Außenseiter – und findet außerhalb beider Gesellschaftsmodelle Verbündete. Die aktuellen Dystopien wollen eine tradierte Schwarz-Weiß-Malerei verlassen und zeigen, dass selbst jene Lebensmodelle, die außerhalb der Gesellschaft existieren, diese kritisieren und hinterfragen, mit hierarchischen Strukturen arbeiten und es ebenfalls um Macht und Herrschaft geht. Daher sind, wie etwa in der Panem-Trilogie, es die FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 18 von 23 Jugendlichen selbst, die einen anderen, und damit einen dritten gesellschaftlichen Entwurf finden. In der Rolle der Jugendlichen spiegelt sich jedoch ein utopische Charakter der Texte wider und die entworfenen Helden bieten sich nicht nur als Identifikationsfiguren an, sondern besitzen Mut, der die Leser zum Nachahmen animieren soll. Geschichte der Dystopie in der Jugendliteratur Dystopien sind seit den 1970er Jahren fester Bestandteil der modernen Jugendliteratur. Bereits in Michael Endes Momo (1973) finden sich Aspekte jener Entindividualisierung, die auch heutige Dystopien charakterisiert und sich auch in der Kleidung widerspiegelt. Die Gefahren der atomaren Energie schildern neben Robert C. O’Briens Z wie Zacharias (1977) insbesondere die Romane von Gudrun Pausewang: Die letzten Kinder von Schewenborn (1983) und Die Wolke (1987) gehören mittlerweile zu Klassikern der dystopischen (Jugend-)Literatur. Aber auch Überwachung und totalitäre Gesellschaftsformen sind keine (literarische) Erfindung der aktuellen Dystopien, sondern werden bereits in Reinhold Zieglers Version 5 Punkt 12 (1997) oder in Lois Lowrys Hüter der Erinnerung (1994) geschildert. Weitere Themen in den 1990er Jahren waren dann Klonen und gentechnische Experimente, von denen u.a. Romane wie Geboren 1999 (1989) oder Blueprint – Blaupause (1999) von Charlotte Kerner erzählen. Die ökologische Dystopie nach 2000 Beispielhaft werden hier die Moon-Reihe mit den Werken Die Welt, wie wir sie kannten, Die Verlorenen von New York und Das Leben, das uns bleibt von Susan Beth Pfeffer sowie Euer schönes Leben kotzt mich an vorgestellt: Beide lassen sich als Vertreter bestimmter Erklärungsmuster der Umweltzerstörung lesen: [...] Die Welt Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte nach der Katastrophe Dystopien dieser Gruppierungen thematisieren nicht die unmittelbare Katastrophe, sondern entwerfen ein Leben, dass in der Zukunft verortet ist und neue Gesellschaftsmodelle vorstellt. Ihnen gemeinsam ist die Entidividualisierung des Einzelnen, denn erst der Einzelne, so das Credo der Machthaber der neuen Gesellschaftsform, ist für die vergangenen Katastrophen verantwortlich. Eine Gleichheit bzw. Gleichförmigkeit schafft dagegen längerfristigen Frieden und Sicherheit. In allen hier vorgestellten Dystopien basieren die Gesellschaftsmodelle auf Macht einzelner Gruppen, die bewusst der Bevölkerung Wissen vorenthalten, Literatur und Musik verbieten. Die Vielzahl der Romane lässt sich in drei Gruppen einteilen: 1) Totalitarismus (u.a. Dark Canopy, Godspeed, Panem-Trilogie, Amor-Trilogie) 2) "Schöne neue Welt" (u.a. Ugly-Tetralogie, Cassia & Ky-Trilogie) 3) Vormoderne Gesellschaftsformen (u.a. Ashes-Trilogie, Eden-Trilogie) Weitere in den Romanen behandelten Themen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Pervertierung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts; außer Kontrolle geratene Technik; völlige Manipulation des Individuums sowie totale Überwachung. Hinzu kommt auch eine kulturökologische Sicht auf die Natur, die in den Büchern sowohl als kultivierter (Natur-)Raum entworfen ist, der für den angepassten Menschen Sicherheit samt gleichzeitiger Überwachung bedeutet, als auch als wilde Natur, in der die Menschen fernab der Zivilisation leben und in der sie mit zahlreichen Gefahren konfrontiert werden. Insbesondere dieser Lebensraum wird von den Rebellen besetzt, deren Wildheit, die ihnen von der herrschenden Masse attestiert wird, mit der Wildheit der Natur korrespondiert. Während in den klassischen Dystopien von Huxley, Bradbury und Orwell der männliche Held die Gesellschaft hinterfragte und letztendlich scheiterte, sind es in den jugendliterarischen Dystopien Heldinnen, die die Gesellschaft hinterfragen und tatsächlich auch Veränderungen schaffen. Eines der wichtigsten Charakteristika der Hauptfiguren der Dystopien ist somit: Die Hauptfiguren sind weiblich, fühlen ihre Andersartigkeit und stellen das System in Frage. Zugleich fällt ihr Gefühl der Andersartigkeit auch in den Bereich der Pubertät, denn alle hier vorgestellten Mädchenfiguren sind FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 19 von 23 mitten in der Pubertät. Die Geschichte wird zudem mit einem "love interest" ausgestattet, so dass das Mädchen oftmals von einer männlichen Figur aufgeklärt und so zur Gegnerin der Gesellschaft wird. Gesellschaftsformen Totalitarismus Die Gesellschaft, so deuten es zumindest Dystopien wie die Amor- und Panem-Trilogie, aber auch Godspeed oder Dark Canopy an, funktioniert nur dann, wenn alle Menschen ihrer Individualität beraubt, kontrolliert werden und ein fremdbestimmtes Leben führen. In der Regel werden den Menschen Nahrungsmittel zugeteilt, die medizinische Vorsorge ist ebenso gewährleistet wie die Berufs- und Partnerwahl. [...] Schöne neue Welt "Noch nie zuvor ist eine Gesellschaft der Perfektion so nahe gekommen." (Condie 2011, Band 1, S. 143): Dieses Zitat charakterisiert eine mögliche Gesellschaftsform, die den Aspekt der schönen neuen Welt, wie sie bereits Huxley in seinem Roman Brave New World (dt. Schöne neue Welt) aufgenommen hat. Entworfen wird eine perfekte Welt, die zwar totalitäre Züge trägt, diese jedoch hinter einer Ordnung und auch einer Unterhaltungsindustrie versteckt werden. Vormoderne Gesellschaftsentwürfe Nach der Katastrophe können sich gesellschaftliche Modelle entwickeln, die sich zwar totalitärer Muster bedienen, die jedoch auch Strukturen aus früheren Epochen aufgreifen. Insbesondere das Geschlechterverhältnis verändert sich in diesen Romanen, denn während sowohl die Dystopien mit totalitären Systemen als auch jene mit "schönen" Welten eine Gleichberechtigung der Geschlechter praktiziert wird, so greifen die Romane, die zu dieser Gruppierung zugerechnet werden können, patriarchale, aber auch matriarchale Muster auf und zeigen, wie ein 'gendertrouble' in der Zukunft entworfen werden könnte. In seiner Trilogie Das verbotene Eden zeigt Thomas Thiemeyer eine radikale Veränderung der Gesellschaftsordnung: […] Fazit Die Dystopie boomt und da die meisten Bände als Mehrteiler konzipiert sind, ist ein Ende noch lange nicht in Sicht. Die hier vorgestellten Dystopien stehen in der literarischen Tradition eines Orwells oder Huxleys. Die Dystopien, das zeigt die Auswahl, thematisieren neben Problemen des Aufwachsens und damit gängige jugendliterarische Themen, auch das Thema der Andersartigkeit und des Umgangs mit Andersartigkeit. Wichtig erscheint mir zudem, dass nach einer phantastischen Kinder- und Jugendliteratur mit Vampiren, Hexen und anderen fantastischen Wesen, der Überspitzung der romantischen Liebe, jetzt erneut eine gesellschaftskritische und problemorientierte Jugendliteratur den Markt erobert, die in der Tradition der Aufklärung steht. Bibliografie Primärliteratur Forschungsliteratur siehe Originaltext: https://www.kinderundjugendmedien.de/begriffe-und-termini/594-dystopie? highlight=WyJkeXN0b3BpZSJd [19.12.22] FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 20 von 23 Von Tobias Wenzel · 19.01.2011 https://www.deutschlandfunkkultur.de/medienkritische-todes-arena-100.html Medienkritische Todes-Arena Ein großer Raum im New Yorker Hauptsitz von Scholastic, dem Verlag von Suzanne Collins. Während die Klimaanlage rauschend und mit voller Kraft warme Luft produziert, blättert die 48-jährige Autorin – lange blonde Haare, weit geöffnete, aufmerksame graue Augen – behutsam in einem alten Buch, das so aussieht, als fiele es bald auseinander. „Das hier war mein erstes Buch mit griechischen Sagen. Es gehörte meiner Mutter, als sie klein war. Und sie hat es mir gegeben, als ich klein war. Mehr als Märchen haben mich die Sagen interessiert. Diese hier zum Beispiel: Die Zauberin Kyrke verwandelt die Männer von Odysseus in Schweine. Diese Abbildung hier, dieser Mann, der sich in ein Schwein verwandelt, sein Gesicht anzusehen, hat mir als Kind eine unbeschreibliche Angst eingejagt.“ Nun dürfte Suzanne Collins einigen Kindern und Jugendlichen Angst machen: mit ihrer Science-Fiction-Trilogie „Die Tribute von Panem“. Nichts für schwache Nerven: Brot ist so kostbar, dass viele Menschen verhungern. Kinder müssen, gezwungen vom diktatorischen Kapitol und live übertragen im Fernsehen, in einer Arena so lange gegeneinander kämpfen, bis nur eines am Leben bleibt. Tödliches Big Brother, Gladiatoren-Kampf der Zukunft – und mitten drin die 16-jährige Katniss, ein Mädchen, das nicht nur seine lethargische Mutter und seine Schwester versorgen muss, sondern auch noch zur Rebellin und Anführerin einer unterdrückten Gemeinschaft wird. Millionen Jugendliche und Erwachsene hat diese Geschichte in den Bann gezogen. An deren Anfang stand eine Nacht und der Fernseher von Suzanne Collins: „Ich lag auf meinem Bett, war müde und zappte hin und her zwischen einer Reality-TV-Sendung und einem Bericht über den Irakkrieg. Und diese beiden Programme vermischten sich unerwartet in meinem Kopf. So kam mir die Idee zu Trilogie. Gleichzeitig dachte ich: ‚Das ist ja die Legende von Theseus.‘“ Die Faszination für die alten Mythen, für Spartakus und die FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 21 von 23 Gladiatorenkämpfe, all das führte dazu, dass Suzanne Collins diese actionreiche, medienkritische Trilogie schrieb. Aber es gab auch noch einen anderen Hintergrund: „Mein Vater war beim Militär, bei der Luftwaffe, ein Vietnam-Veteran. Ein sehr gebildeter Mann, Doktor der Politikwissenschaften. Er spürte die Verantwortung, seine Kinder über den Krieg aufzuklären. Seit frühester Kindheit war ich also der ziemlich detaillierten Schilderung von Schlachten, Kriegen und Konflikten ausgesetzt. Wohl im Gegensatz zu den meisten anderen Kindern.“ Freund oder Feind, wem kann man im Krieg, in der Unfreiheit vertrauen? Den von den Machthabern vereinnahmten, allgegenwärtigen Medien jedenfalls nicht, lernt man in „Die Tribute von Panem“. Ob Suzanne Collins, die mit ihrer Familie in Connecticut lebt und selbst seit vielen Jahren als Autorin für das Kinderfernsehen arbeitet, auch deshalb so vorsichtig mit den Medien umgeht, geradezu ängstlich? Fragen von Journalisten lässt sie sich eine Woche vor dem Interview schicken und lacht dann während des Gesprächs als Reaktion auf eine humorvolle Frage derart schauspielerisch gekonnt, dass man meinen könnte, sie sei von der Frage wirklich überrascht worden, obwohl eben diese Frage ausgedruckt vor ihr liegt. Genauso wie diese: „Kommen Sie sich hinsichtlich der Medien manchmal wie Ihre Romanheldin vor?“ „Es gab Zeiten, in denen ich das Gefühl hatte, zu sehr der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein. Es ist jetzt nicht irgendetwas Schlimmes vorgefallen. Aber ich bin eher ein privater Mensch. Ich möchte nicht auf der Straße von Fremden erkannt werden. Was ich mit ihnen teilen möchte, bringe ich in meine Bücher ein. Und so fühle ich mich am Wohlsten.“ In den drei Bänden von „Die Tribute von Panem“ gibt es viele Tote; und auch die jugendliche Heldin Katniss tötet, allerdings nicht jenen Präsidenten, den sie ursprünglich umbringen wollte. Denn wer Feind und wer Freund ist, bleibt lange unklar. Auch, welchen von zwei jungen Männern Katniss liebt. Beides klärt der dritte Band. Ein doch sehr amerikanisch wirkender Epilog soll den jungen Leser nach dem Gemetzel mit einem Happyend beruhigen. Die Sprache von Suzanne Collins ist gewöhnlich, ohne besonderen literarischen Wert. Die Trilogie ist aber kein Trash, sondern clever inszenierte, hochspannende Unterhaltung, die gleichzeitig die Perversion degenerierter Medien und des Krieges anhand der Science-Fiction-Welt Panem aufzeigt. Einer möglichen Welt? FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 22 von 23 „Für mich ist diese Geschichte eine Kriegsallegorie. In der Trilogie ist die Gladiator-Arena ein Modell für einen Krieg. Insofern gibt es die ‚Tribute von Panem‘ heute schon, an jedem Tag. Wenn Sie nun aber meinen, ob es jemals ein Reality-TV-Progamm geben wird, in dem sich die Menschen zur Unterhaltung töten, dann würde ich sagen: Das ist nicht unmöglich. Die Geschichte hat gezeigt, dass es zu einem Zeitpunkt tatsächlich Menschen gab, die das zur Unterhaltung gemacht haben. Da können wir nur hoffen, dass wir nicht wieder ins Römische Reich zurückfallen.“ FS Soz Material SpuK 1 Winter 2024 Seite 23 von 23