Summary

This document provides an overview of opioids, including their types, receptors, effects, and treatment. It also covers the topic of opioid-related issues. The document explores different aspects of opioid use and its impact on the body and mind.

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## 2. Opioide ### Terminologie - **Opium:** alkaloidhaltiges Extrakt aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum) - Stoffe, die im Opium drin sind - **Opiate:** Oberbegriff für die natürlich vorkommenden Alkaloide des Opiums; v.a. Morphin, Codein - = synthetisch - **Opio...

## 2. Opioide ### Terminologie - **Opium:** alkaloidhaltiges Extrakt aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum) - Stoffe, die im Opium drin sind - **Opiate:** Oberbegriff für die natürlich vorkommenden Alkaloide des Opiums; v.a. Morphin, Codein - = synthetisch - **Opioide:** Oberbegriff für an Opioidrezeptoren bindende Substanzen - Opiate = auch Opioide - Fentanyl - Heroin - **Opioidpeptide:** endogene Substanzen, die die natürlichen Liganden der Opioid-Rezeptoren sind - bspw. Schmerzweiterleitung - auch für Belohnung zuständig - hemmen Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn & Rückenmark - wenn ich von außen Substanzen zufüge, bedienen die sich auch den Opiod-Rezeptoren und behindern die natürlichen im Körper befindlichen Stoffe ### Opioid-Rezeptoren - Rezeptoren für Opioidpeptide, die auch durch Opioide beeinflusst werden können - befinden sich zahlreich im Nervensystem (v.a. zentral, aber peripher), jedoch auch in anderen Organen - **drei Haupttypen von Rezeptoren mit individueller Gewebeverteilung:** - **µ-Rezeptor (MOR)** mit drei Subtypen (µ1/2/3) - **δ-Rezeptor (DOR)** mit zwei Subtypen (δ1/2) - **к-Rezeptor (KOR)** mit drei Subtypen (к1/2/3) - Opioide können die Opioid-Rezeptoren aktivieren oder hemmen ### Wirkungen an Opioid-Rezeptoren (Auswahl) - **µ:** - supraspinale Analgesie - spinale Analgesie - antitussive Wirkung - anxiolytische Wirkung - Kontraktion glatter Muskeln - Sedierung - Euphorie - Dysphorie - Atemdepression - **δ:** - erwünschte Wirkung der Antitussiva - **к:** - psychische Abhängigkeit? - Obstipation, Harnretention, Miosis - Sturzgefahr, reduzierte Fahrtauglichkeit - psychische Abhängigkeit - bei Überdosierung Lebensgefahr durch ersticken - **alle 3 Rezeptoren wirksam bei Schmerzhemmung & Atemdepression.** ### Zerebrale Distribution von Opioid-Rezeptoren - **OPRM1 (μ)** - FL: Frontallappen - PL: Parietallappen - TL: Temporallappen - OL: Okzipitallappen - alle 3 im Hirnstamm - **OPRD1 (δ)** - FL: Frontallappen - PL: Parietallappen - TL: Temporallappen - OL: Okzipitallappen - alle 3 im Hirnstamm - **OPRK1 (κ)** - FL: Frontallappen - PL: Parietallappen - TL: Temporallappen - OL: Okzipitallappen - alle 3 im Hirnstamm - Bild: Valentino, RJ & Volkow, ND (2018), Neuropsychopharmacology ### Psychotrope Effekte von Opioiden - **Bild nach Valentino, RJ & Volkow, ND (2018), Neuropsychopharmacology** - **Blockade von Opioid-Rezeptoren mindert Belohnungseffekte auch anderer Suchmittel.** - **Aktivierung durch Opioide hat starken Belohnungseffekt.** - **MOR:** - Euphorie, stress-coping - agonistische Wirkung (blockieren) - steuert Freudeempfinden - Starke Mor, bin ich glücklich. - Starke Kappa, bin ich dysphorisch. - **DOR:** - anxiolysis, positive affect - agonistische Wirkung (aktivieren) - **KOR:** - dysphoria, stress, negative affect - **reduziert Belohnungseffekt von Alkohol & verringert Vollagen & Reduktion des Alkoholkonsums.** - **Einsatz von Nalmefen und Naltrexon zur Entwöhnung von Alkohol.** - nach erfolgreicher Abstinenz, bei einem Rückfall, keinen Belohnungseffekt zu empfinden und somit nicht wieder abhängig zu werden - -> Suchtverhalten wird nicht neu gelernt - Rezeptoren merken, dass was nicht stimmt, werden dadurch empfindlicher - Setzt Patient Nalmefen ab und konsumiert wieder, überschätzen sie die Menge, da Rezeptoren empfindlicher sind. - **hedonic tone:** Stimmung ausgeglichen? stabil, labil? ### Heroin (Diamorphin) - i.d.R. illegales Opioid; nur in Ausnahmefällen auch ärztlich verordnet - halbsynthetisch; Herstellung aus Morphin - hohe Lipophilie; schnelles Anfluten im Gehirn - **aktiver Metabolit mit hoher Affinität am µ-Rezeptor:** entsteht, wenn ein Medikament vom Körper in eine modifizierte Form verstoffwechselt wird, die Wirkungen im Körper hervorruft - Konsum: intravenös, intranasal, inhalativ - therapeutische Anwendung in spezialisierten Praxen (2 in Berlin) bei mindestens fünfjähriger Dauer der Heroinabhängigkeit und massiven körperlichen und psychiatrischen Folgeschäden - **Bild: Wikimedia Commons** ### Weitere Opioid-Rezeptoragonisten (Auswahl) - **Buprenorphin:** Partialagonist am µ-Rezeptor, dadurch geringere maximal erreichbare Effekte (inkl. Nebenwirkungen); daher auch Einsatz zur Substitution; jedoch sehr hohe Affinität und starke Bindung an Opioid-Rezeptoren, dadurch bei Vergiftungen kaum antagonisierbar - lässt sich bei Vergiftung nicht gut verdrängen, da es am Rezeptor sehr eng/fest klebt - **Fentanyl:** sehr hohe Lipophilie und starke Affinität zu Opioid-Rezeptoren, Wirkung in kleinsten Dosierungen; auch als Pflaster applizierbar - **Loperamid:** sehr starke Affinität zu Opioidrezeptoren, jedoch normalerweise keine systemischen Effekte; daher nur Einsatz bei Durchfall (Ausnutzung der Nebenwirkung Verstopfung) - **Methadon:** Opioid mit besonders langer intrinsischer Halbwertszeit; gut geeignet zur Substitution; wirksames Enantiomer Levomethadon ebenfalls zur Substitution erhältlich ### Opioid-Krise - **Overdose Death Rates Involving Opioids, by Type, United States, 1999-2019:** - Any Opioid  - Other Synthetic Opioids (e.g., fentanyl, tramadol) - Heroin - Commonly Prescribed Opioids (Natural & Semi-Synthetic Opioids and Methadone) - **eher medizinische Opioide als Heroin!** - **SOURCE: CDC/NCHS, National Vital Statistics System, Mortality. CDC WONDER,** - **Atlanta, GA: US Department of Health and Human Services, CDC; 2020.** - **https://wonder.cdc.gov/.** - **www.cdc.gov** - **USA 2018 ca. 50.000 Tote (bei 330 Millionen Einwohner), in Deutschland im gleichen Zeitraum 1300 Tote, meist durch Intoxikation mit Heroin.** - **Bilder: (1) Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, (2) Wikimedia Commons** ### Therapie der akuten Intoxikation - Notfallmaßnahmen, intensivmedizinische Überwachung - keine Magenspülung, keine Flüssigkeit; ggf. Aktivkohle und Natriumsulfat als Laxans bei oraler Aufnahme - Freihalten der Atemwege (Überstrecken des Kopfes, assistierte Beatmung) - bei Verdacht auf Vergiftung durch Opioide - **Antagonisierung mit Naloxon:** (bei Abhängigkeit langsame Titration zur Vermeidung eines akuten Entzugssyndroms), danach mehrstündige Überwachung aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit - wirkt nur kurz, daher nach Wegfall Naloxon, kann der Patient wieder eintrüben - Naloxon wirkt kaum bei Buprenorphin-Intoxikation - Naloxon kann intravenös und nasal verabreicht werden - **µ:** - **Buprenorphin:** je röter, desto mehr Gegengift benötigt man, da die Substanz bei rot ganz eng am Rezeptor klebt. - **δ:** - **Naloxon:** je röter, desto mehr Gegengift benötigt man, da die Substanz bei rot ganz eng am Rezeptor klebt. - **к:** - **Naloxon:** je röter, desto mehr Gegengift benötigt man, da die Substanz bei rot ganz eng am Rezeptor klebt. ### Opioid-Abhängigkeit - **Querschnittsprävalenz:** ca. 160.000 Personen in Deutschland - opiatabhängige Patienten in Substitution: ca. 80.000 - **Komplikationen der Abhängigkeit:** - Intoxikation als Suizidversuch - akzidentielle Überdosierung - Spritzeninfektionen - sittlicher Verfall / Beschaffungskriminalität - **Bild: Wikimedia Commons** - Heath Ledger verstarb an einer Mischintoxikation verschiedener Opioide ### Opioid-Entzug - Schwere des Entzugs abhängig von Substanz und Konzentration/Reinheit - Dauer 14 d, Maximum nach 1–2 d - Provokation von Entzugssymptomen durch Opioidantagonisten (Naloxon, Naltrexon) - neonatales Absetzsyndrom bei Neugeborenen opioidabhängiger Mütter ### Therapie des Opioid-Entzugssyndroms - Durchführung: i.d.R. stationäre qualifizierte Entzugsbehandlung - teils mit Substitution, z.B. Methadon initial 10–40 mg/d für 3 d, dann Reduktion - Begleitmedikation zur Abmilderung von Entzugssymptomen; Zulassung für das Antidepressivum Doxepin (starke sedierende, anticholinerge und antiemetische Wirkung) - Diagnostik und Therapie komorbider Erkrankungen - **Prognose günstig bei:** - jungem Patientenalter - kurzdauernder Abhängigkeit - geringen sozialen und gesundheitlichen Folgeschäden - guter Compliance ### Langfristige Therapie - Entwöhnung: i.d.R. mehrmonatige stationäre Aufenthalte in spezialisierten Suchtkliniken - **weitere Therapieformen:** - Langzeitpsycho- und Soziotherapie - Substitutionstherapie - Dauertherapie mit Naltrexon - Selbsthilfegruppen - drogenfreies Wohnen - Drogenkonsumräume (Hygiene) - Entkriminalisierung ### Substitution - bei langer Abhängigkeit mit geringer Chance auf Abstinenz; bei Schwangerschaft - Ziele: kontrollierter Konsum und Reduktion des illegalen und intravenösen Konsums, dadurch Reduktion der Beschaffungskriminalität und der körperlichen Komplikationen - Prinzip: Einsatz von Substanzen mit langsamem Wirkeintritt, längerer Wirkdauer; Rezeptoren besetzt, dadurch kein Kick bei zusätzlicher Einnahme bei oralem Gebrauch - Zulassung für Buprenorphin, Levomethadon, Methadon und Morphin - Ablauf: Verordnung des Substitutionsmittels durch Arzt mit suchtmedizinischer Qualifikation; i.d.R. Ausgabe direkt in der Praxis, ausnahmsweise auch Rezeptierung; Kontrolle des Therapieverlaufs mit Drogenscreening; Behandlung komorbider Erkrankungen; Substitution = unbefristete Dauertherapie - 27% erfolgreich entzogen, 40% gebessert (DARP-Studie) nach 5–7J Behandlung ### Dauertherapie mit Naltrexon - oral verabreichbarer Opioid-Rezeptoragonist blockiert Rezeptoren - führt nach erfolgreichem Entzug bei konsequenter Einnahme zu einem Ausbleiben der Opioid-Wirkung bei einem Konsumereignis, reduziert aber nicht das Verlangen nach Opioiden - Anwendung als zusätzliche Behandlung innerhalb eines umfassenden Therapieprogramms einschließlich psychologischer Begleitung für entwöhnte Patient*innen - **Gefahren:** - bei noch konsumierenden / nicht entzogenen Patient*innen kann ein akutes Entzugssyndrom ausgelöst werden - bei Anwendung werden erworbene Opioid-Toleranzeffekte beschleunigt abgebaut; bei Absetzen und erneutem Konsum hohe Gefahr einer Intoxikation

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