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Summary

This document provides a summary of the methodological and theoretical foundations of psychology. It covers topics such as the research methods in Psychology, the differences between qualitative and quantitative research, and the concept of induction and deduction. The document aims to familiarize readers with scientific approaches to gain knowledge about the human mind and behavior.

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Methodische und wissenschaftstheoretische Grundlagen der Psychologie Inhalte der Psychologie  Forschungsgegenstand  Mensch o Psychologie = Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen o Forscher sind zugleich auch Forschungsgegenstand  Psychologi...

Methodische und wissenschaftstheoretische Grundlagen der Psychologie Inhalte der Psychologie  Forschungsgegenstand  Mensch o Psychologie = Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen o Forscher sind zugleich auch Forschungsgegenstand  Psychologie = Humanwissenschaft (alle geistes-, sozial-, natur- und technikwissenschaftliche Disziplinen, die sich mit dem Menschen befassen; weitere Bsp. Humanmedizin) (Literatur) o Kooperationen unter den verschiedenen Disziplinen  Multidisziplinarität  Parallele Bearbeitung einer Fragestellung von mehreren Disziplinen; Auswertung durch Ergebniszusammenfassung  Interdisziplinarität  Bearbeitung einer Fragestellung von mehreren Disziplinen; Austausch zwischen den Disziplinen, um immer genauere Forschung zu betreiben  Transdisziplinarität  Gleich Interdisziplinarität; jedoch Fokus auf Wissenstransfer und Kooperation mit Praxisvertretern  Wissenschaftliche Psychologie grenzt sich zur Intuition, zur alltäglichen Meinung, zur Alltagspsychologie ab (folk psychology) o Alltagssprache  stark Kontextabhängig o Fehler der Alltagssprache  Sprache oft mehrdeutig und ungenau/logisch nicht wohldefiniert  Fehler beim Wahrnehmen, Erinnern und Denken (z.B. Primacy-Recency Effekt)  Fehler beim alltagspsychologischen Umgang mit Wahrscheinlichkeiten  Unzureichende Prüfung alltagspsychologischer Vermutungen (z.B. Einzelfall ausreichend, um Phänomen zu erklären)  Präzision der Sprache  wissenschaftliche Fachsprache o Logik/Sprache der Mathematik o Fachvokabular  Ziel von Fachausdrücken  Mehrdeutigkeit und Verwechslung minimieren  Präzision ist wichtig, aber kein Begriffsnebel erzeugen (nicht mit Fachwörtern übertreiben – verständlich schreiben!)  Eindeutige Fachkommunikation ermöglichen Ziele der Psychologie Beschreiben  präzises und systematisches Erfassen von Informationen/empirischen Daten bzgl. Erleben und Verhalten  Methoden: Beobachtung, Befragung, Experimente, Text-/Inhaltsanalysen, Simulationen, …  Gütekriterien berücksichtigen!  zur verfälschungsfreien Erfassung der Daten o Objektivität  Ergebnisse sind unabhängig von der untersuchenden Person o Reliabilität (Zuverlässigkeit)  Genauigkeit des Tests (möglichst wenig Erhebungsfehler) o Validität (Gültigkeit)  Misst ein Verfahren, dass was es zu messen vorgibt? Erklären  Interpretation der erhobenen Daten anhand von Hypothesen, Theorien  2 verschiedene Verfahren o Explorative Verfahren Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 1  Unbekannte Zusammenhänge aus einen Pool gewonnener Daten finden (z.B. Clustering zur Gruppierung von Messdaten; Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen; Data-Mining) o Hypothesen-/Modell-/Theoriegeleitete Verfahren  Formulierung einer übergeordneten Theorie  daraus postulierte Zusammenhänge ableiten (Hypothesen)  Hypothese mit Beobachtung/Resultat von Teste inhaltlich/statistisch Vergleichen  Hypothese verifizieren (H stimmt) oder falsifizieren (H stimmt nicht) Vorhersagen  aus belegten Modellen/Theorien Vorhersagen über Verhalten ableiten  Prognosen (= Rückschlüsse auf weitere nicht bekannte Merkmale des Sachverhalts) über o Struktur von psychischen Phänomenen (z.B. Intelligenzstruktur, Persönlichkeitsstruktur, Einstellungsprofil) o deren Dynamik (z.B. Reifungsprozesse, geistige Entwicklung, Entstehung psychischer Störungen)  Erfolg der Vorhersagen hängt wesentlich von der Güte der verwendeten Theorien ab Verändern  Erleben und Verhalten aufgrund der Erkenntnisse gezielt beeinflussen  Interventionen: Beobachtung/Befragung, Beratung, Training, Aufklärung/Bildung, Therapie, … Grundlagen der Wissenschaftstheorie  Unser Wissen kommt von o Autoritätspersonen, Religion, Tradition, gesunder Menschenverstand, Intuition, anekdotische Evidenz (= Lebenserfahrung), Logik  Dieses Wissen kann im Alltag zutreffen und im Einzelfall nützlich sein, jedoch ist nicht-wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn auch problematisch o Es Variiert und kann widersprüchlich sein o Basis für Behauptungen unklar o Von Interessen abhängig  Wissenschaftliche Vorsicht und Zurückhaltung (Literatur) o Wissenschaftsgläubigkeit  Aussagen einzelner bekannter Wissenschaftler/Befunde einzelner spektakulärer Studien werden hervorgehoben und von Laien als richtig empfunden – jedoch Aussagekraft einzelne Studien sehr gering o Wissenschaftsfeindseligkeit  Glaubwürdigkeitsprobleme von Laien bei Studien durch Vorwurf trivialer Forschung (Ergebnis von vornherein klar), fehlerhafter Forschung (Ergebnis ≠ Alltagsverständnis) und nutzloser Forschung (Ergebnisse zu komplex und differenziert)  Notwendig ist daher die Abgrenzung des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns (Sammlung, Aufarbeitung und Analyse empirischer Daten) von nicht-wissenschaftlicher Wissensproduktion Wissenschaftstheorien  Voraussetzungen und Möglichkeiten wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns werden beschrieben und normativ festgelegt  Empirisches-wissenschaftliches Arbeiten o Grundlagen- und Anwendungsforschung (Literatur)  Grundlagenforschung  Ziel: Erweiterung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes  Anwendungsforschung  Ziel: Beantwortung praxisorientierter Fragestellungen (Auftragsstudien)  Anwendungsforschung baut auf Grundlagenforschung auf  Unterscheidungskriterium zwischen quantitativem (hypothesenprüfendem) und qualitativem (theoriegenerierendem) Paradigma o nicht auf Ebene der Daten (Datenerhebung, Datenauswertung) o sondern auf Ebene der Forschungslogik/wissenschaftstheoretischen Begründung („Methodologie“) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 2 Logischer Empirismus (Induktion)  Induktion = Schlussfolgerung vom Speziellen (einzelne beobachtete Fälle/Daten) auf das Allgemeine (verallgemeinerbare Theorie) o Also Beobachten, was passiert und versuchen eine Erklärung dafür zu finden o Erkenntnisprozess: Daten gewinnen  Muster herausarbeiten  Theorie entwickeln  Induktionsproblem o Mensch als Gewohnheitstier: „es hat sich bewährt“  heißt nicht, dass es beim nächsten Mal auch stimmt o Aus wiederholten Erfahrungen können keine Schlussfolgerungen über künftige Ereignisse abgeleitet werden (auch nicht über erhöhte Wahrscheinlichkeiten)  Theorien können nicht bewiesen werden! (z.B. 1000 weiße Schwäne gesehen  1001. Schwan muss nicht auch weiß sein) o Induktion eignet sich nur um neue Ideen für Gesetzmäßigkeiten zu generieren Deduktion  Deduktion = Schlussfolgerung vom Allgemeinen (Theorien) auf das Spezielle (Beobachtungen/Daten) o Erkenntnisprozess: Theorie  Vorhersagen (Hypothesen) ableiten  durch Beobachtung/Daten prüfen, ob Vorhersage zutrifft (ob sie zur Theorie passen)  Theorie wiederlegen (Daten ≠ Vorhersage) oder vorläufig bestätigen (Daten = Vorhersage) Kritischer Rationalismus  Karl Popper (1902-1994)  „Logik der Forschung“ (1934/1989) o wissenschaftliche Theorien sollten als All-Aussagen (d.h. als Aussagen über potentiell unendlich viele Vorkommnisse) formuliert werden o Über Induktion abgeleitete Theorie hätte nur vorläufigen Charakter o Kritischer Rationalismus als Gegenmodell zum Empirismus entwickelt o Theorien/Hypothesen müssen so formuliert sein, dass sie einer empirischen Prüfung zugänglich und prinzipiell widerlegbar sind  Falsifikationsprinzip o Es kann nie eine endgültige Bestätigung (Verifikation) einer Theorie geben o Theorien = Vermutungen/Vorschläge (können falsch sein) o Theorie  Hypothesen ableiten  Hypothese durch Beobachtung/Daten überprüfen  Nicht hypothesenkonform  Theorie ist widerlegt  neue angepasste Theorie  Hypothesenkonform  Theorie vorläufig bestätigt  weitere Studien/Experimente (es gibt keinen endgültigen Beweis) o Wahrscheinlichkeitstheoretisches Falsifikationskriterium  hypothesenkonträre Einzelfälle sind explizit zugelassen  hypothesenkonforme Einzelfälle verifizieren nichts  auch ein extrem hohes Maß an Sicherheit ist kein Beweis  Probleme des kritischen Rationalismus (Literatur) o Basissatzproblem  empirische Daten können verzerrt und falsch sein (damit würde die Realität nicht richtig wiedergegeben werden; Beobachtung ≠ Wirklichkeit) o Korrespondenzproblem  empirische Indikatoren geben nicht genau das wieder, was man bei seinem theoretischen Konzept untersuchen wollte Empirische Forschung  Auf Erfahrung beruhend (Erfahrungswirklichkeit)  Erleben und Verhalten aufgrund von Erfahrungen beschreiben, erklären, vorhersagen, verändern, …  methodisch angeleitet Daten über die Erfahrungswirklichkeit sammeln (Datenerhebung) und analysieren (Datenauswertung) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 3 Quantitative oder qualitative Forschung Deduktive Definition und Messung theoretischer Konzepte in der quantitativen Forschung 1. Theoretische Ebene o Präzise Definition der theoretischen Konzepte (Konzeptspezifikation) und Angaben zu ihren Relationen untereinander in Form von theoretisch abgeleiteten Hypothesen als Ausgangspunkt einer quantitativen Studie 2. Operationalisierung o Auswahl vorhandener und/oder Entwicklung eigener standardisierter Messinstrumente (z.B. Einzelindikatoren, Skalen, …), um die theoretischen Konzepte in messbare Variablen zu überführen 3. Empirische Ebene o Erhebung von Messwerten für alle Objekte in der Stichprobe und statistische Datenanalyse zu den Relationen der Variablen, auf dieser Basis Rückschlüsse auf die Gültigkeit der Hypothesen als Ergebnis der quantitativen Studie Induktive Bildung theoretischer Konzepte in der qualitativen Forschung 1. Empirische Ebene o Datenerhebung mithilfe nicht-standardisierter Erhebungsinstrumente anhand von Forschungsfragen 2. Operationalisierung o Interpretation und Verdichtung des reichhaltigen nicht-numerischen Datenmaterials im Rahmen der qualitativen Datenanalyse 3. Theoretische Ebene o Detaillierte Darstellung der theoretischen Konzepte (Konzeptspezifikation) und ihrer Relationen untereinander (Theoriebildung) als Ergebnis einer quantitativen Studie Quantitative Forschung Schritte im Forschungsprozess  Schritt 1: Entstehung eines Erkenntnisinteresses (Welches Thema, welches Merkmal interessiert mich?)  Schritt 2: Sammlung verfügbaren Wissens; Entwicklung einer Fragestellung/Hypothese  Schritt 3-5: Planung einer Untersuchung  Schritt 6: Durchführung einer Untersuchung (= Erhebung der Daten)  Schritt 7-8: Auswertung der Daten  Schritt 9: Interpretation/Schlussfolgerung aus der Untersuchung; Mitteilung der Untersuchung Schritt 1: Forschungsthema und Forschungsproblem (Literatur)  Forschungsthema  Benennung eines Untersuchungsgegenstandes  Forschungsproblem  entspricht der zentralen Fragestellung o Welche Erkenntnisse zu welchen Aspekten sollen auf theoretischer, empirischer und methodischer Basis gewonnen werden? o Wird in mehreren Forschungshypothesen (Richtung des Effekts bekannt)/Forschungsfragen (Richtung des Effekts unbekannt) ausdifferenziert  Welche Entscheidungen sollen berücksichtigt werden, um ein Forschungsthema in ein Forschungsproblem zu überführen? o Inhaltliche Eingrenzung des Gegenstandes  Was genau soll untersucht werden? Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 4 o Bezug zum empirischen Forschungsgegenstand  Aufmerksamkeit auf frühere Studien zu dem Forschungsgegenstand legen – empirische Forschungslücke finden und untersuchen o Wahl der Theorie  Verschiedene Theorien legen andere Aspekte in den Fokus oder vernachlässigen andere Aspekte o Wahl der Methode  Passende Wahl eines qualitativen/quantitativen Untersuchungsdesigns bzw. einer passendenden Datenerhebungs- und Datenauswertungsmethode für das Forschungsproblem Schritt 2: Forschungsgegenstand und theoretischer Hintergrund Hypothesen  Hypothese (griech.) = Unterstellung, Vermutung  Eine Vermutung/Annahme ist dann als wissenschaftliche Hypothese zu verstehen, wenn sie folgende Kriterien erfüllt o Sie beziehen sich auf empirisch untersuchbare Sachverhalte (Empirie  realer Sachverhalt) o Sie sind allgemein gültig und gehen über den Einzelfall bzw. ein singuläres Ereignis hinaus (All-Satz) o Sie sind widerspruchsfrei und präzise (zumindest implizit die Form eines Konditionalsatzes annehmen können) (wenn-dann, je-desto) o Sie können durch Erfahrungen potenziell widerlegt (falsifiziert) werden (Falsifizierbarkeit) o Sie sind theoriegeleitete Behauptung, die VOR der Datenerhebung formuliert wurde  Wenn eine der Kriterien nicht erfüllt ist  Aussage nicht falsifizierbar o Kann-Sätze sind auch nicht falsifizierbar Verifikation und Falsifikation  Wissenschaftliche Hypothesen sind Wahrscheinlichkeitsaussagen!  Wissenschaftliche Hypothesen in der Psychologie (generell in den Sozialwissenschaften) können nicht vollständig geprüft (verifiziert) werden o Untersuchung aller Fälle (Population)  nicht möglich o Untersuchung anhand Stichprobe  daraus kann auf Population geschlossen werden  Wissenschaftliche Hypothesen können nicht durch Einzelfälle/Gegenbeispiele, die der Hypothese widersprechen, widerlegt werden (falsifiziert)  Der auf dem Falsifikationsprinzip basierende Erkenntnisfortschritt besteht in der Eliminierung falscher bzw. schlecht bewährter Hypothesen (Theorien) o Nicht falsifizierte Hypothesen (Theorien) sind nicht wahr, sondern gelten nur als vorläufig angenommen o Konträre Einzelfälle sind explizit zugelassen! Hypothesenarten  Ausgangspunkt: Voruntersuchung, Beobachtung, theoretische Überlegungen, Theorie Forschungshypothese  Formulieren mit Hilfe klar definierter theoretischer Konstrukte Annahmen über … o Unterschiede: Zwei (oder mehr) Populationen unterscheiden sich hinsichtlich eines (oder mehrerer) Merkmale (Variablen) o Zusammenhänge: Zwischen zwei oder mehr Merkmalen besteht ein Zusammenhang o Veränderungen: Die Ausprägungen eines (oder mehrerer) Merkmale verändert sich im Laufe der Zeit Operationale Hypothese  Angaben über Operationalisierung der Konstrukte ( messbar machen der Konstrukte zur Untersuchungsplanung) (Wie geht man beim Erheben der Daten vor? z.B. Fragebogen, …) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 5 Statistische Hypothese  Beziehen sich wieder auf Populationen und deren Parameter!  Zweck o prognostiziert das Ergebnis einer empirischen Untersuchung o erklärt (durch theoretischen Hintergrund) den untersuchten Effekt  Bestehen aus einem komplementären Hypothesenpaar o Nullhypothese (H0)  Ist das Gegenteil der H1  Durch Widerlegen der H0, beweisen wir H1  Dennoch wird anfangs davon ausgegangen, dass H0 stimmt  Bis man eben H0 widerlegt/falsifiziert hat  Wir setzen also H0 voraus, suchen jedoch Beweise gegen H0 (Status Quo)  H0 ist eine Art Basislinie mit deren Hilfe wird die Plausibilität der H1 abschätzen können  Falsifikation ≙ Unschuldsvermutung vor Gericht ≙ H0  Beweise müssen über einen berechtigten Zweifel hinaus überzeugend sein, um die Unschuldsvermutung abzulehnen o Alternativhypothese (H1)  Ist die Idee, die man beweisen will  Ungerichtete vs. gerichtete Hypothese o Je nach Erkenntnisstand kann eine ungerichtete oder gerichtete Hypothese formuliert werden  Wichtig: H1 und H0 müssen einander gegenseitig ausschließen (d.h. alle möglichen Ergebnisse abdecken!)  Ungerichtete Hypothese  eher wenig theoretisches Vorwissen  postuliert nur einen Unterschied, ohne die Richtung zu spezifizieren  braucht weniger Vorwissen  Zweiseitige Fragestellung: sowohl positivere als auch negativere Ergebnisse sprechen gegen die H0  (z.B. H1: X unterscheidet sich von Y.; H0: X unterscheidet sich nicht von Y.)  Gerichtete Hypothese  postuliert eine Richtung des Unterschieds  spezifiziert aufgrund inhaltlicher Überlegungen die Richtung des Unterschieds  Achtung!  H1 nur dann gestützt, wenn der Effekt in vorhergesagter Richtung auftritt  (z.B. H1: X ist besser als Y.; H0: X ist schlechter als oder gleich gut wie Y.)  Unspezifische vs. spezifische Hypothese o Spezifische Hypothesen sind informationsreicher als unspezifische Hypothesen o Unspezifische Hypothese „Studierende der Naturwissenschaften haben eine schlechtere Arbeitshaltung im Studium als Studierende der Sozialwissenschaften.“ o Spezifische Hypothese  „Studierende der Naturwissenschaften erreichen im Test XY um mindestens 10 Punkte weniger (= schlechtere Arbeitshaltung im Studium) als Studierende der Sozialwissenschaften.“ Hypothesenprüfung Wissenschaftstheoretische Hintergrund  Wissenschaftliche Hypothesen sind Wahrscheinlichkeitsaussagen! o D.h.: In der Psychologie können wir die H0 oder H1 eigentlich niemals zu 100% beweisen oder widerlegen  Statistische Hypothesen bzw. Wahrscheinlichkeitsaussagen sind nicht falsifizierbar o Eine Wahrscheinlichkeitsaussage lässt grundsätzlich alle Ereignisse zu o Es werden nur unterschiedliche Auftretenshäufigkeiten zugeschrieben  Statistische Hypothesen sind aber auch nicht verifizierbar o Es lassen sich nicht alle Elemente der Population untersuchen o Festlegung eines Signifikanzniveaus = Vereinbarung eines Falsifikationskriteriums Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 6 Signifikanztest  Vier Schritte 1. Formulierung von Null- und Alternativhypothese 2. Auswahl der statistischen Prüfgröße (Teststatistik; spezifischer Signifikanztest)  abhängig von Fragestellung (Unterschiede, Zusammenhange, …) 3. Festlegung des Signifikanzniveaus und (damit) des Ablehnungsbereiches 4. Berechnung der Teststatistik und Entscheidung über Akzeptanz oder Ablehnung der Nullhypothese  Der Signifikanztest ermittelt die Wahrscheinlichkeit, mit der das gefundene empirische Ergebnis sowie noch extremere Ergebnisse auftreten können, wenn die Populationsverhältnisse der Nullhypothese entsprechen = Irrtumswahrscheinlichkeit!  Ist die Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als das festgelegte Signifikanzniveau α (per Konvention p =.05 = 5% oder p =.01 = 1%), dann bezeichnet man das Stichprobenergebnis als (statistisch) signifikant  Nicht signifikantes Ergebnis o Alternativhypothese wird nicht angenommen o Nullhypothese wird beibehalten  Achtung: Das heißt nicht, dass die H0 bewiesen wurde  Signifikantes Ergebnis o Nullhypothese wird abgelehnt o Alternativhypothese wird (vorläufig) angenommen  Achtung: Das heißt nicht, dass die H1 bewiesen wurde Festlegen der Größe von α  Je schwerwiegender die Folgen eines Fehlers, desto kleiner soll das α-Niveau sein! o Warum: Je kleiner α ist, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sich „irrt“ und in der Stichprobe H1 angenommen wird, obwohl in der Population H0 gilt Wichtig!  Hypothese VOR Durchführung der Untersuchung aufstellen  Signifikanzniveau VOR der Durchführung der Untersuchung festlegen  Entscheidung für Größe von α ist abhängig davon, wie gravierend die fälschliche Ablehnung der H0 ist  Ein signifikantes Ergebnis sagt NICHTS über die Wahrscheinlichkeit der Hypothese aus, sondern „nur“ etwas über die Wahrscheinlichkeit des statistischen Kennwerts bei Gültigkeit der Nullhypothese (= Irrtumswahrscheinlichkeit)  Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% bedeutet NICHT, dass die Alternativhypothese mit 95%iger Wahrscheinlichkeit zutrifft Probleme des Signifikanztests  Wenn wir aufgrund der statistischen Auswertung eine Entscheidung für oder gegen H0 treffen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass wir falsch liegen  Vielleicht haben andere Umstände zu dem Ergebnis geführt und es ist rein zufällig dazu gekommen o z.B. H1: Neue Lernmethode besser als alte Lernmethode  H0 wird verworfen und H1 angenommen  ABER es kann sein: Stichprobe der NEU-Schüler*innen bestand zufällig aus besonders leistungsstarken Schüler*innen (d.h. Unterschied hat nichts mit der neuen Lernmethode zu tun!)  Man kann nie zu 100% ausschließen, dass ein Ergebnis nur zufällig zustande gekommen ist, ABER es lässt sich abschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass die gemessenen Ergebnisse nur aufgrund eines Zufalls auftreten  α-Fehler (Fehler 1. Art) o Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des α-Fehlers unter der Annahme/Bedingung, dass die Nullhypothese richtig ist = Irrtumswahrscheinlichkeit Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 7 o Zufälliger Fehler = Fehler 1. Art = α-Fehler o wir schließen fälschlicherweise, dass es einen Effekt gibt (dass H1 gilt), obwohl dieser in Wirklichkeit nicht vorhanden ist  β-Fehler (Fehler 2. Art) o Der β-Fehler ist jener Fehler, der entsteht, wenn aufgrund eines empirischen Ergebnisses (Stichprobe!) die H0 beibehalten wird, obwohl in der Population die H1 gilt o Bessere Entscheidungsgrundlage, wenn nicht nur geprüft wird, wie gut die Daten zur Nullhypothese passen (Berücksichtigung des α-Fehlers), sondern auch wie gut sich die Daten mit den Populationsverhältnissen vereinbaren lassen, die in der Alternativhypothese formuliert werden (Berücksichtigung des β-Fehlers) o Für die Festlegung der kritischen Größe des β-Fehlers (β-Fehler Niveau) haben sich bisher keine eindeutigen Konventionen durchgesetzt (i.a. Verhältnis β:α = 4:1, d.h..05 = 5% wenn α =.01 = 1% oder.20 = 20% wenn α =.05 = 5%). o Entscheidung für das kritische β-Fehler Niveau ist abhängig davon, wie gravierend die fälschliche Ablehnung einer richtigen H1 ist (und damit indirekt auch die fälschliche Annahme der H0)!  Fehler 1. Art und Fehler 2. Art o Psychophysik  hit (korrekt)  false positive/alarm (Fehler 1. Art)  miss (Fehler 2. Art) o Grundproblem: Wir wissen nicht, ob H0 zutrifft oder nicht (sonst müssten wir keine Tests durchführen) o Es ist unklar, ob ein Fehler 1. oder 2. Art passiert ist oder eine richtige Entscheidung getroffen wurde o keine vollkommene Sicherheit  können die Fehlerwahrscheinlichkeiten bestimmen o Meist ist Fehler 2. Art nicht so schwerwiegend wie Fehler 1. Art (Es hängt aber vom jeweiligen Untersuchungsgegenstand ab) Schritt 3: Untersuchungsdesign  bedingen Aussagekraft der wissenschaftlichen Befunde (Erkenntniswert)  Vielfalt an Designs, aber keine Klassifikation  Zu beachten o Passung (Vor-/Nachteile) o Forschungsökonomischer Aufwand o Umsetzbarkeit o Forschungsethik Externe Validität  Verallgemeinerbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse (z.B. Wirkung einer Maßnahme) auf andere Orte, Zeiten, Bedingungen, Personen, …  hängt von Stichprobenziehung ab o steigt mit zunehmender Repräsentativität der Versuchspersonen (zufällige & repräsentative Stichprobe) o steigt mit Nachweis des Effekts in unterschiedlichen Stichproben und Kontexten (systematische Replikationsstudien)  hängt von Qualität des Untersuchungsdesigns ab o steigt mit wachsender Natürlichkeit der Versuchsbedingungen Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 8 Laborbedingungen alltagsnah gestalten bzw. Feldforschung durchführen  hohe externe Validität (aber geringe interne Validität)  Beispiel: Befunde zur Methodenkompetenz von Wiener Psychologiestudierenden des 1. Semesters lassen sich nicht auf andere Kulturen, Altersgruppen, Bildungsschichten etc. verallgemeinern Interne Validität  wie zweifelsfrei ist der Effekt kausal auf die experimentelle Manipulation zurückzuführen (Interpretation der kausalen Ursache-Wirkungs-Relationen)  hängt von Stichprobenziehung ab o homogene Versuchspersonengruppe (weniger personenbezogene Störeinflüsse; z.B. kulturelle Unterschiede) o zufällige Zuordnung zu Gruppen (Randomisierung)  hängt vor allem von der Qualität des Untersuchungsdesigns ab o Ausschaltung von Störvariablen (z.B. standardisierter Ablauf, Verblindung von Versuchspersonen und Versuchsleitenden - Doppelblindversuch)  kontrollierte Laborbedingungen  hohe interne Validität (aber geringe externe Validität) Wie untersucht man eine Hypothese?  Quantitative vs. qualitative oder mixed-methods Herangehensweise  Labor- vs. Feldforschung (Unterscheidung nach Untersuchungsort)  Experiment, Quasi-Experiment  Nicht-Experiment (auch als korrelative Studie bezeichnet)  Querschnittlicher - längsschnittlicher Ansatz  Primär-, Sekundär- und Metaanalysen Quantitative, qualitativ oder mixed-methods  Quantitativ  Merkmalsausprägungen werden Zahlen zugeordnet, Menge aller Merkmalsausprägungen sind (quantitative) Daten (z.B. Score in einem Leistungstest)  Qualitativ  Merkmalsausprägungen werden verbal beschrieben (z.B. inhaltliche Interesse der Psychologiestudierenden) o Wichtig  unterschiedliche wissenschaftstheoretische Ansätze o Unterschiedlicher Ablauf im Forschungsprozess  Quantitativ  theoretisch abgeleitete Hypothesen werden mit strukturierten Datenerhebungsmethoden statistisch untersucht, linearer Prozess  Qualitativ  zirkulärer und bewusst wenig strukturierter Forschungsprozess, Entdeckungszusammenhang  neue Theorien/Hypothesen Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 9  Mixed-Methods-Ansatz o kombiniert qualitative und quantitative Erhebungsmethoden im Rahmen einer einzigen Studie o nacheinander oder gleichzeitig qualitative und quantitative Teilstudien, die nicht unabhängig nebeneinander, sondern direkt aufeinander bezogen sind o Vorstudienmodell  qualitative Vorstudie  Hypothesen generieren (z.B. Durchführung ausführlicher Leitfadeninterviews mit wenigen Personen)  anschließend quantitative Studie  Hypothesen überprüfen (z.B. Verteilung eines standardisierten Fragebogens an eine große Stichprobe; Fragebogenkonstruktion durch qualitative Vorstudie informiert) o Vertiefungsmodell  zuerst quantitative Studie (z.B. standardisierte Fragebogenerhebung mit großer Stichprobe)  dann qualitative Studie (z.B. ausführliche Befragung ausgewählter Teilnehmer*innen mit Leitfadeninterviews)  qualitative und quantitative Befunde können direkt aufeinander bezogen werden Laborstudie  künstliche Untersuchungssituation, Bedingungen können gut variiert, repliziert und manipuliert werden; Störvariablen gut kontrollierbar  Vorteile o gezielt Manipulationen durchführen, so dass Unterschiede in abhängiger Variable auf diese Veränderungen zurückzuführen sind o Einfluss umwelt- bzw. untersuchungsbedingter Störvariablen minimieren (z.B. Raumtemperatur, Möblierung, anwesende Personen, Geräuschpegel, …)  Nachteile o Künstlichkeit des Untersuchungsortes  erschwert Übertragbarkeit der Befunde auf den Alltag (z.B. Flirtverhalten im Labor vs. in einer Bar) o Aufwand für die Proband*innen (z.B. muss um 9 Uhr in der Liebiggasse 5 sein) o Aufwand für die Forschenden (z.B. Laborraum, Laborpersonal, …)  Beispiele o Lernprozesse beim Lesen von Texten am Computer mit Hilfe einer Blickbewegungskamera o Bildgebungsexperiment zur emotionalen Verarbeitung von Gesichtern Feldstudie  Daten werden im natürlichen Umfeld erhoben  Vorteil o Untersuchungsbedingungen sind den Alltagsbedingungen ähnlich  Verhalten/Ergebnisse gut auf diese übertragbar (Generalisierbarkeit)  Nachteile o wenig kontrollierte Umgebung  Störvariablen weniger kontrollierbar  wenig standardisiert  Beispiel o Spielverhalten von Kindern am Spielplatz beobachten Experiment  In Studien wollen wir oft Kausalhypothesen prüfen (welche Ursache führt zu welcher Wirkung), aber aus empirischen Zusammenhang folgt kein Kausalzusammenhang  Kausale Zusammenhänge können geprüft werden, indem die vermutete Ursache (UV) manipuliert wird (und nur diese) und ihre Auswirkung auf das Ergebnis (AV) registriert wird  dazu müssen mindestens 2 Untersuchungsgruppen gebildet, unterschiedlich behandelt und verglichen werden (Experimentalgruppe vs. Kontrollgruppe/n) = Experiment Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 10 o exakt vergleichbare Gruppen durch zufällige Zuordnung der Teilnehmer*innen zu den Gruppen  Randomisierung o Gruppen werden systematisch unterschiedlich behandelt, d.h. künstliche Herstellung der Variation der Untersuchungsbedingung  experimentelle Variation o Messen und Vergleichen der daraus folgenden Effekte in allen Gruppen  Beispiel o Forschungsfrage: Wie lang ist die Reaktionszeit von Personen bei unterschiedlichen Lärmbedingungen? o Hypothese: Je stärker der Lärm, desto länger die Reaktionszeit der Personen o UV: Lärmpegel (unterschiedliche Abstufungen) o AV: Reaktionszeit o Störvariablen: Hörvermögen, Umgebungsgeräusche, Reaktionsgeschwindigkeit o Design: Versuchsleiter*in manipuliert den Lärm, misst wie schnell jemand nach einem Signal einen Knopf drückt, Umgebungsgeräusche werden ausgeschaltet, Hörvermögen und Reaktionsgeschwindigkeit der Personen vorher getestet  Vorteile o höchste interne Validität (Interpretation der Ursache-Wirkungs-Relationen) o „Königsweg der Erkenntnis“/„Goldstandard“ wissenschaftlicher Designs zur Prüfung von Kausalhypothesen (postulierte Ursache-Wirkungs-Relation wird unter Ausschaltung von Störeinflüssen aktiv hergestellt)  Nachteil o Mangel an externer Validität  wenn die aus ihr gewonnenen Erkenntnisse nicht auf andere Situationen, Orte, Personen, Zeitpunkte generalisiert werden können Quasi-Experiment  keine zufällige Gruppeneinteilung zu den Untersuchungsbedingungen (Randomisierung) möglich  Auch hier Manipulation der UV und Beobachtung der Folgen für AV  Zuteilung erfolgt nach anderem Prinzip (z.B. Wunsch der TN, natürliche Gruppen)  Auswahlverzerrungen müssen in Kauf genommen werden (z.B. Lehrer*innen-/Klasseneffekt, wenn sich nur besonders motivierte Personen/Klassen beteiligen)  interne Validität ist beim Quasi-Experiment reduziert o Maximale Erfassung von möglichen Störvariablen und explizites Berücksichtigen von Alternativerklärungen  Beispiele o Hypothese: Das neue Therapiemodul steigert in einer Rehaklinik den Therapieerfolg  Man kann nicht zur Therapie gezwungen werden  Selbstselektion  „Verweigerung“ = Kontrollgruppe  Mehr Erfolg in Experimentalgruppe kann z.B. auch an mehr Therapiemotivation liegen  Ausgangsunterschiede kontrollieren! o Hypothese: Einsatz eines Handy-Lernprogramms im Unterricht verbessert den Lernerfolg  Man stattet einige Schulklassen mit Handy aus, damit angepasster Unterricht möglich ist; andere Schulklassen bleibe ohne Handy-Lernprogramm  Vergleich der Leistungen von Schulklassen mit/ohne Handy-Lernprogramm  Möglichkeiten zur Kontrolle von Störvariablen o Einbezug eines Vortests - Messwiederholung o Aggregation über mehrere Beobachtungseinheiten o statistische Kontrolle (Auspartialisieren) o Techniken zur Kontrolle personenbezogener Störvariablen  personengebundene Störvariable wird in allen Gruppen vergleichbar konstant gehalten (z.B. gleichaltrige Schüler*innen, gleiche Klassengrößen)  Parallelisierung: Gruppen werden so gewählt, dass Ausprägungen der Störvariablen vergleichbar sind (z.B. gleiche mittlere Handynutzung) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 11  Matching: gepaarte Stichproben (z.B. für jede*n Schüler*in in der Experimentalgruppe eine möglichst ähnliche*n Schüler*in in der Kontrollgruppe) Experiment vs. Quasiexperiment Experiment Quasi-Experiment  exakt vergleichbare Gruppen durch zufällige  dient auch der Prüfung einer Kausalhypothese Zuordnung der Teilnehmer*innen zu den  ebenfalls: experimentelle Gruppen: Randomisierung Variation/Manipulation  Gruppen werden systematisch unterschiedlich  ebenfalls: messen der Effekte in allen behandelt, d.h. aktive Variation der Gruppen Untersuchungsbedingung: experimentelle  aber: Randomisierung kann nicht umgesetzt Variation werden (vorgefundene Gruppen)  interne  Messen der daraus folgenden Effekte in allen Validität ist reduziert  Störeinflüsse müssen Gruppen umfassend kontrolliert/erfasst werden Nicht-Experiment (Korrelative Studie)  Keine Randomisierung  Keine experimentelle Variation  vorgefundene Unterschiede vorgefundener Gruppen werden verglichen = Ex-Post-Facto Studie  forschungsökonomische und forschungsethische Gründe  oft als einzige Option möglich o Vergleiche zwischen Nicht-/Raucher*innen, Nicht-/Vegetarier*innen, Singles/Verheiratete, Links- /Rechtshänder*innen, Einzel-/Geschwisterkinder, … o umweltgebundenen Faktoren, die nicht künstlich hergestellt werden können (z.B. gesellschaftliche Auswirkungen eines Jahrhundertsommers, Wirtschaftsaufschwungs)  Vorteile o Prüfen von Unterschieds-, Zusammenhangs- oder Veränderungshypothesen möglich (nicht Kausalität; z.B. Unterschiede in länderspezifischer Pünktlichkeitskultur, Verhaltensweisen besonders erfolgreicher Psychologie-Studierenden, …) o statt weniger Kausalfaktoren und kleiner/homogener Untersuchungsgruppen kann ein breites Spektrum an Variablen berücksichtigt werden  Nachteile o interne Validität ist sehr gering/nicht zur Prüfung von Kausalhypothesen geeignet o oft überinterpretiert, Zusammenhänge als Kausalrelation ausgelegt (z.B. Ego-shooter Spieler*innen unterscheiden sich evtl. in weiteren aggressionsrelevanten Faktoren wie sozioökonomischer Status, Schulnoten, sozial isolierter, …) Korrelative Studie ≠ Korrelationsstudie  Andere Bezeichnung für nicht-experimentelle Studie ist öfters korrelative Studie o Korrelative Studie also nicht zwingend gleich Korrelationsstudie Korrelationsstudie  ermittelt Zusammenhänge zwischen zwei Variablen (keine Differenzierung nach UV und AV; z.B. Korrelation Intelligenz und Kreativität)  Gefahr von Scheinzusammenhängen immer berücksichtigen (z.B. Intelligenz – Kreativität) o Einfluss könnte vermittelt sein über Sozialisation in der Familie  Störvariablen miterheben und kontrollieren o WICHTIG: Aus empirischem Zusammenhang folgt kein Kausalzusammenhang! Kombinationen verschiedener Untersuchungsdesigns  Untersuchungsdesigns o quantitativ, qualitativ, mixed-methods o Experiment, Quasi-Experiment, Nicht-Experiment o Labor-, Feldforschung Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 12  nicht-experimentelle qualitative Feldforschung o Interviews im häuslichen Umfeld  nicht-experimentelle quantitative Feldforschung o standardisierte Fragebögen im Feld (z.B. Interviewer*innen von Meinungsforschungsinstituten) o Befragung per Online-Fragebogen zu Hause  quasi-experimentelle Feldforschung o unterschiedliche Behandlung natürlicher Gruppen (z.B. Schulklassen) Querschnittsuntersuchung  Querschnitt = eine oder mehrere Stichproben werden zum gleichen Zeitpunkt untersucht  Vorteil o geringer forschungsökonomischer Aufwand  sehr verbreitet  Nachteile o Konfundierung von Alters- und Kohorteneffekten  Momentaufnahme o Geringere interne Validität  Beispiel o Vergleich unterschiedlicher Altersgruppen hinsichtlich ihrer Internetnutzung Längsschnittuntersuchung  Längsschnitt = Messwiederholung(en) derselben Stichprobe  Veränderungen  oft prä- und post-Messung bei Intervention (inkl. follow-up Messungen; z.B. Wirksamkeit einer Depressionstherapie: vor der Therapie, nachher, nach 1 Jahr, nach 5 Jahren)  Nachteil o Testübung/-müdigkeit, Reifung (z.B. Spontanheilung), äußere Einflüsse (Wirtschaftsaufschwung) Primärstudie, Sekundärstudie, Metaanalyse  Primärstudie = erstmalige Auswertung eines selbst erhobenen Datensatzes o Vorteil  Forschungsdesign, Stichprobe, Datenerhebungsmethode werden selbst festgelegt und können auf das Forschungsproblem zugeschnitten werden o Nachteil  Forschungsökonomie (aufwändig & teuer)  Sekundärstudie = erneute Analyse bereits vorhandener Daten (z.B. mit verbesserten Analysemethoden/neue Fragestellungen) o Vorteile  geringer Aufwand  umfassende Datensätze (Datenbanken, open science)  Konzentration auf die Analyse o Nachteile  Verfügbarkeit und Zugang zu Originaldatensätzen  Datensätze sind nicht maßgeschneidert (z.B. nicht alle Störvariablen kontrolliert)  Metaanalyse = statistische Ergebnisse mehrerer vergleichbarer Studien zum selben Sachverhalt werden ausgelesen und zusammenfassend analysiert  Gesamtschätzung des untersuchten Effekts o Vorteil  hohe externe Validität (Verallgemeinerbarkeit), da Ergebnisse mehrerer Studien zum Thema statistisch zu einem Gesamteffekt aggregiert werden o Nachteile  benötigt viele hochwertige und vergleichbare Studien  ist methodisch komplex Zusammenfassung Untersuchungsdesigns  Quantitative vs. qualitative oder mixed-methods Herangehensweise Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 13 o unterschiedliche wissenschaftstheoretische Ansätze o Theorieprüfung vs. Entdeckungszusammenhang oder integrative Kombination  Labor- vs. Feldforschung (Unterscheidung nach Untersuchungsort) o Interne Validität (Kausalzusammenhang) vs. externe Validität (Verallgemeinerbarkeit)  Experiment vs. Quasi-Experiment o Randomisierung ja vs. nein, experimentelle Variation, Gruppenvergleich  Nicht-Experiment (öfters auch als korrelative Studie bezeichnet)  Querschnittlicher - längsschnittlicher Ansatz o Eine oder mehrere Stichproben zum gleichen Zeitpunkt vs. Messwiederholungen derselben Stichprobe  Primär-, Sekundär- und Metaanalysen o erstmalige Auswertung & Daten selbst erhoben o erneute Analyse & vorhandene Daten o Aggregation vorhandener Ergebnisse Schritt 4: Operationalisierung  Human- und Sozialwissenschaften untersuchen häufig Konstrukte (= latente Merkmale = latente Variablen) o Psychische oder soziale Phänomene, die nicht unmittelbar beobachtbar (manifest) sind o Müssen aus (manifesten) Indikatoren erschlossen werden (z.B. Gesichtsausdruck, um Emotion zu erfassen) o Operationalisierung muss auf Basis theoretischer Überlegungen (Theorien, Modellen) erfolgen  Operationalisierung = das „messbar machen“ von Merkmalen o Überführen von theoretischen Konzepten in messbare Variablen o Übersetzen der Hypothesenbestandteile in messbare Größen  Grundsätzlich kann jedes interessierende Merkmal auf ganz unterschiedliche Weise operationalisiert werden o Auswahl vorhandener und/oder Entwicklung neuer standardisierter Messinstrumente  Wichtig o Messinstrumente müssen theoretisch begründet sein und Gütekriterien entsprechen (Objektivität, Reliabilität, Validität) o Testtheorie: Grundlage für die Konstruktion und Bewertung von Messinstrumenten o oft muss auf Indikatoren zurückgegriffen werden, die das theoretische Konzept nur ungenau abbilden (forschungspraktische/-ökonomische Gründe) Variablen  Ziel empirischer Forschung ist es, registrierte Merkmalsunterschiede (= Variabilität) zu analysieren und zu erklären o Es wird nicht der „ganze Mensch“ untersucht, sondern einzelne Merkmale  Variable = Bezeichnung für interessierendes Merkmal, das unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann o Geschlecht, Lieblingsfarbe, Länge, Leistung, Intelligenz,...  Merkmalsausprägung = konkrete Erscheinungsform einer Variable o weiblich, männlich, divers (Geschlecht) o rot, gelb, grün, blau (Lieblingsfarbe) o 1 Meter, 1.5 Meter, 2 Meter,... (Länge) Arten von Variablen  Nach Art der Merkmalsausprägungen o stetig (kontinuierlich)  Jedes Intervall besitzt unendlich viele Merkmalsausprägungen, Werte können beliebig genau sein (z.B. Länge, Zeit, Masse) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 14 o diskret (diskontinuierlich)  Intervall mit endlich vielen Merkmalsausprägungen (z.B. Geschlecht, Lieblingsfarbe); Ergebnisse werden gezählt/kategorisiert  dichotom (binär) = zwei Abstufungen (0, 1)  polytom = mehrfach gestuft o Wenn nur 1 Merkmalsausprägung vorliegt, sprechen wir von einer Konstanten  Nach empirischer Zugänglichkeit o manifest  die Ausprägungen sind direkt beobachtbar bzw. leicht feststellbar, theoretische Bedeutung gilt als eindeutig und bekannt (z.B. Raucher*in sein, Alter, Wohnort, Haarfarbe) o latent  nicht direkt beobachtbar, theoretische Bedeutung erklärungsbedürftig = hypothetisches Konstrukt (z.B. Intelligenz, Eifersucht, Aggressivität, Ehrgeiz)  Beispiel latente Variable Intelligenz o verschiedene Theorien zur Struktur der Intelligenz  Gardner: Theorie der multiplen Intelligenzen (Sprachlich-linguistische, Logisch- mathematische, Musikalisch-rhythmische, Bildlich-räumliche, Körperlich-kinästhetische, Naturalistische, Interpersonale, Intrapersonale Intelligenz)  Thurstone: Multiple-Faktoren-Theorie mit sieben Einzelfaktoren (Räumliches Vorstellungsvermögen, Rechenfähigkeit, Sprachverständnis, Wortflüssigkeit, Gedächtnis, Wahrnehmungsgeschwindigkeit, Logisches Denken) o verschiedene Tests mit unterschiedlichen Konzepten (Teilaufgaben), die Intelligenz messen; bilden Struktur des Intelligenzmodells ab  Anzahl korrekt gelöster Aufgaben in Intelligenztest schließt auf Intelligenz (z.B. Hamburg- Wechsler-Intelligenztest, Raven´s Matrizen-Test, AID 3 (Adaptives Intelligenz Diagnostikum)) theoretisches Konstrukt „Intelligenz“ kann mit unterschiedlichen Messinstrumenten  (Intelligenztests) operationalisiert werden  theoretisches Konstrukt muss durch theoretische Überlegungen spezifiziert werden  Auswahl einer passenden Operationalisierung (d.h. Testauswahl)  Funktionale Bedeutungen von Variablen nach Stellenwert im empirischen Forschungskontext o abhängige und unabhängige Variablen o Die Veränderung einer (abhängigen) Variable soll durch den Einfluss einer anderen (unabhängigen) Variable erklärt werden  Häufiges Ziel: Überprüfung von Kausalhypothesen, also des kausalen Einflusses einer Ursache auf die Wirkung ( Experiment, Quasi-Experiment) o Unabhängige Variable (UV) = Ursache: systematisch experimentell variiert o Abhängige Variable (AV) = Wirkung: gemessener Effekt (Gruppenvergleich)  Beispiele: Abhängige und unabhängige Variablen o UV gehört zum „Wenn-Teil“ bzw. dem „Je-Teil“ einer Hypothese; AV gehört zum „Dann-Teil“ bzw. „Desto-Teil“ o „Je mehr man gelobt wird, desto häufiger zeigt man das gewünschte Verhalten.“  Menge von Lob (UV) → Häufigkeit eines bes mmten Verhaltens (AV) o Dauer der Therapie (UV) → Gesundung (AV) o Verschiedene Lernmethoden (UV) oder Lernaufwand (UV) → Lernerfolg (AV)  Weitere Bedeutende Variablen im empirischen Forschungskontext o Störvariable  alle Einflussgrößen auf die AV, die in einer empirischen Untersuchung nicht erfasst werden (egal ob nicht bekannt oder vergessen) o Moderatorvariable  verändert den Einfluss der UV auf die AV  z.B. Schlafmitteldosis (UV) erhöht die Schlafdauer (AV); Straßenlärm (Moderatorvariable) wirkt zusätzlich auf die AV o Kontrollvariable  Störvariable, deren Ausprägungen erhoben (registriert) und deren Einfluss kontrolliert wird (z.B. mittels statistischer Methoden) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 15 Schritt 5: Stichprobenziehung  Population = Gesamtheit aller Fälle, über die in einer Studie wissenschaftlich etwas ausgesagt werden soll  Vollerhebung oft nicht möglich o Population unendlich groß o Population nur teilweise bekannt o Zu aufwändig  Untersuchungen erfolgen anhand eines Ausschnitts = Stichprobe, von dem aus auf die Population geschlossen wird  Ziel ist eine repräsentative Stichprobe (d.h. die Stichprobe sollte ein gutes Spiegelbild der Population darstellen)  Stichprobenart o Zufallsgesteuerte (probabilistische) Auswahl o Nicht-zufallsgesteuerte (nicht-probabilistische) Auswahl  Bewusste Auswahl (z.B. Quotenstichprobe)  Willkürliche Auswahl (z.B. Gelegenheitsstichprobe)  Stichprobenumfang o idealerweise im Vorfeld festgelegt, welche Effektgrößen im statistischen Signifikanztest noch nachweisbar sein sollen (hypothesenprüfende Studien)  optimaler Stichprobenumfang ( Poweranalyse)  Repräsentativität der Stichprobe (Literatur) o Gibt an, wie gut die Merkmalszusammensetzung der Stichprobe die Merkmalszusammensetzung der Population wieder gibt o Merkmalsspezifisch-repräsentative Stichprobe  Stichprobe entspricht der Populationszusammensetzung hinsichtlich einiger relevanter Merkmale (Quotenverfahren) o Global-repräsentative Stichprobe  Stichprobe entspricht in allen Merkmalen der Populationszusammensetzung Stichprobenziehung in der Forschungspraxis  Bei quantitativen Studien (mehrere) 100 bis (mehrere) 1.000 Personen  Sehr häufig nicht-probabilistisch (also willkürliche oder bewusste Auswahl), da nicht so aufwändig  Gelegenheitsstichprobe (= Convenience Sampling, Ad-Hoc Stichprobe) o Allgemeiner Teilnahmeaufruf (z.B. für Online-Befragung; Selbstselektion durch Motivation) o Persönliche Einladung (mehr Aufforderungscharakter) o Access-Panel (v.a. Marktforschung) o Gelegenheitsstichprobe  eingeschränkte Repräsentativität  eingeschränkte Generalisierbarkeit  Auswahlrahmen bzw. Auswahlprozess konkretisieren, sich der Zielpopulation besser annähern  Quotenstichprobe (= merkmalsspezifisch-repräsentative Stichprobe) o anhand besonders wichtiger soziodemographischer Merkmale auswählen (z.B. auf Alters-, Bildungsverteilung achten)  Beliebte Stichprobe sind Studierende o Teilnahme an Studien für Versuchspersonenstunden als Studierende*r Schritt 6: Datenerhebung  Verfahren des Beobachtens, Zählens und Messens (z.B. Beobachtung)  Verfahren des Selbstberichts (z.B. Interview, Fragebogen)  Psychologischer Test (z.B. Leistungstest, Persönlichkeitstest)  Biopsychologische und neurowissenschaftliche Messungen (z.B. Eyetracking, EEG, MRT) o Genaueres zu den jeweils „typischen“ Erhebungsmethoden in den jeweiligen fachspezifischen Vorlesungen (z.B. Sozialpsychologie, Entwicklungspsychologie) Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 16 Schritt 7 + 8: Datenauswertung (Datenaufarbeitung und Datenanalyse) Deskriptive Statistik (= beschreibende Statistik)  Ziel: Beschreibung und Darstellung der empirischen Daten o beschreibt eine Stichprobe von Daten, so wie sie ist o bezieht sich auf die konkret untersuchte Stichprobe  Anstatt alle Daten im Einzelnen darzustellen, werden statistische Kennwerte bestimmt, die stellvertretend alle Datenpunkte und deren Verteilung (möglichst genau) beschreiben sollen (z.B. Häufigkeiten, Mittelwert, Standardabweichung)  Weitere Formen der Darstellung: Tabellen und Diagramme  Wichtige Kennwerte und Charakteristika für einzelne Variablen (univariate Statistik) betreffen o Zentrale Tendenz (= Lage; Modalwert, Median, Mittelwert) o Dispersion (= Streuung; Quartile, Standardabweichung) o Verteilung und Verteilungsform  Deskriptive Statistik dient auch der Beschreibung von Zusammenhängen mehrerer Variablen (z.B. bivariate Statistik)  Verteilung der Daten kann dargestellt werden mittels o Häufigkeitstabelle o Balken-/Tortendiagramm o Histogramm und Box-Plot o Statistische Parameter wie Min/Max, Range, Schiefe, Kurtosis (= Wölbung), …  Zusammenhänge zweier Variablen können dargestellt werden mittels o Kontingenztafeln (Kreuztabellen) o Streudiagrammen o Assoziationsmaßen wie Produkt-Moment-Korrelation, Rangkorrelation Inferenzstatistik (= schleißende Statistik)  Inferenzstatistik ist nicht an der Stichprobe per se interessiert, sondern daran, welche Schlüsse die Stichprobe auf die Population zulässt, aus der diese Stichprobe stammt ( Inferenz) o Überlegung zentral, dass die Stichprobe aus einer übergeordneten Population stammt (diese wird meist als unendlich groß angenommen) o Anhand der Stichprobe möchte ich eine Aussage über die Population treffen o d.h. anhand der Stichprobenparameter möchte ich Aussagen über die Populationsparameter treffen (z.B. anhand M Aussage zu μ [= Mittelwert der Population])  Entscheidungsbaum zur Auswahl des statistischen Tests  Beispiel  Ablauf einer Untersuchung Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 17 Signifikanztests  Statistische Signifikanz ist abhängig vom Umfang der Stichprobe! o Ob ein statistischer Test signifikant ausfällt oder nicht, hängt neben dem Signifikanzniveau (Irrtumswahrscheinlichkeit) vor allem von der Größe der Stichprobe ab o Optimaler Stichprobenumfang: idealerweise im Vorfeld festgelegt, welche Effektgrößen im statistischen Signifikanztest noch nachweisbar sein sollen o Mit zunehmender Größe lassen sich auch kleine und unbedeutende Zusammenhänge oder Unterschiede als signifikant absichern o Ein signifikantes (Test-)Ergebnis kann daher nicht ohne nähere Prüfung mit einem wichtigen (Forschungs-)Ergebnis gleichgesetzt werden  Signifikanz ≠ Relevanz!  Beispiele o Eine Untersuchung hat signifikante Unterschiede in Leistungen zwischen Mittelschule und Gymnasium in einer Stichprobe von 10.000 Schüler*innen gefunden  Ergebnis ist signifikant! o Der Leistungsunterschied besteht in 0,5 Punkten in einem Mathetest mit maximal 100 Punkten  keine Relevanz = praktische Bedeutsamkeit ist nicht gegeben  Hypothesenprüfende Untersuchungen sollten so geplant werden, dass statistisch signifikante Ergebnisse auch praktisch bedeutsam sind und dass praktisch bedeutsame Ergebnisse auch statistisch signifikant werden können  Signifikantes Ergebnis  vorläufige (!) Annahme der Alternativhypothese (bzw. Theorie) o Aussagen über die Tendenz von Gruppen (z.B. Gruppenmittelwerten); NICHT über jeden Einzelfall o Auch wenn die Nullhypothese verworfen wurde, können sich in der Stichprobe durchaus mehrere der Alternativhypothese widersprechende Einzelereignisse befinden  Ein signifikantes Ergebnis alleine sagt nichts über die Qualität oder Bedeutsamkeit des Forschungsergebnisses aus  Diese ist abhängig von o der theoretischen Fundierung o der Formulierung der Hypothese (Genauigkeit!) o der praktischen Bedeutsamkeit (Größe des Effekts, d.h. z.B. Größe des Unterschieds)  Die Entwicklung einer Wissenschaft darf also nicht nur von signifikanten Ergebnissen abhängig gemacht werden! Qualitative Forschung Grundlagen Begriffsbestimmung: Was sind qualitative Forschungsmethoden?  Methoden der Datengewinnung o Befragung  Unterschiedliche Formen von Interviews  Gruppendiskussion, Fokusgruppe o Beobachtung  Teilnehmende Beobachtung  Nicht-teilnehmende Beobachtung o Sammlung „natürlicher Daten“  Methoden der Datenanalyse o Dokumentarische Methode o Objektive Hermeneutik Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 18 o Narrationsanalyse o Konversationsanalyse uund diskursive Psychologie o Biografische Fallrekonstruktion o Grounded-Theory-Methodologie o Diskursanalyse o Methaphernanalyse o Tiefenhermeneutik o Qualitative Inhaltsanalyse o Artefaktanalyse  Begriffsbestimmung (erste Annäherung) o Qualitative Methoden erzeugen und arbeiten mit empirischem Material, das im analytischen Prozess auf seine qualitativen Momente in Betracht gezogen wird und sich mit quantifizierenden Auswertungen nicht angemessen erschließen lässt  „qualitativ“ bezieht sich auf die Art und den methodischen Status von Daten  Empirisches Material (Daten) o Empirisches Material (z.B. Zeitungsartikel) wird erst dann zu Daten, wenn man sich über das Material eine gewisse Frage stellt o Entstehung des Materials  Zu Forschungszwecken generierte Daten (z.B. Interviewdaten, Beobachtungsdaten, …)  „natürliche“ (nonreaktive) Daten (Alltagsgespräche, alltägliche Interaktionen, Social-Media- Daten, Akten, Stellenanzeigen, …) o Form des Materials  Textförmig (z.B. Transkripte, Protokolle, Zeitungsartikel, Tagebucheinträge, …)  Visuell (Bilder, Fotos, Videos, Skizzen, …)  Artefakte (physische, digitale) o Eigenschaften des empirischen Materials/der Daten  Kontextfülle  Detailliertheit  Spezifität  Tiefe  Begriffsbestimmung o Das Besondere qualitativer Forschung liegt nicht in deren Methoden, sondern deren Ziele: menschliches Handeln verstehend zu erklären  Wissenschaftstheoretische Grundlagen: Methodologie o Verhältnis von Methodologie und Methode Prämissen: Wovon geht qualitative Forschung aus? Ontologische Prämissen  Menschliches Handeln, Erleben und Denken sind sinnstrukturiert Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 19 o Menschen handeln und erleben auf der Grundlage der Bedeutungen, die die Dinge für sie haben; sie erfahren diese, durch ihre Deutungen strukturierte Welt, als Wirklichkeit  „Unausweichliche Vagheit“ menschlicher Sprache  „Indexikalität“  Gesten, sprachliche Äußerungen, … sind nur Hinweise auf Bedeutungsgehalte (Harold Garfinkel) o Sinn (Bedeutung) ist immer an einen spezifischen Kontext gebunden o Alltägliches Deuten vollzieht sich weitgehend implizit und vorreflexiv o Sinn (Bedeutung) wird interaktiv hergestellt o Soziale Wirklichkeit wird handlungspraktisch und interaktiv erzeugt.  „Sozialkonstruktivismus“, „Interpretatives Paradigma“, „Pragmatismus“  Kulturpsychologie Epistemologische Prämissen  Ausgangspunkt: „Konstruktionen“ der Beforschten  Zugang: Methodisch kontrolliertes Fremdverstehen o = spezifischer Zugang zu den empirischen Daten und spezifische Form der Kommunikation mit den Beforschten  Fremdverstehen: die Bedeutung sprachlicher oder nicht-sprachlicher Äußerungen muss erst erschlossen werden  methodisch kontrolliert: Differenz zw. Perspektive der Forschenden und Perspektive der Beforschten wird systematisch Rechnung getragen  Bedingungen, unter denen die „Beforschten“ ihr Relevanzsystem inhaltlich und formal eigenständig entfalten können (= Offenheit) o Konstruktionen ersten Grades …  … liegen vorwiegend in atheoretischer Form vor (= implizites, habitualisiertes, inkorporiertes Wissen) … sind weder Beforschten noch Forschenden unmittelbar zugänglich  … realisieren sich in der Handlungspraxis u. Erfahrungslogik sowie in kommunikativen  Darstellungen dieser Praxis und Erfahrungen bzw. in daraus hervorgegangenen Artefakten (Texte, Bilder, Objekte, …) o Empirisches Material (Daten)/kommunikative Akte…  … stehen nicht für sich selbst, sondern für etwas anderes  … sind Zeichen für etwas  sie bedeuten etwas  … sind also interpretationsbedürftig  Interpretieren = wissenschaftlich-methodische (regelgeleitete und erfahrungsbasierte) Rekonstruktion von Sinn (Bedeutung)  „Interpretative Sozialforschung“/„Rekonstruktive Sozialforschung“ o Notwenige Eigenschaften des empirischen Materials/der Daten  Kontextfülle  Detailliertheit  Spezifität  Tiefe  Rolle der Forschenden und Bedeutung der Subjektivität von Forschenden o Wissensgenese als sozialer Konstruktionsprozess  Dekonstruktion des Bildes des „neutralen“, „objektiven Forschers“ o Forscher*innensubjektivität  als Unvermeidbarkeit  als Notwendigkeit („Der Weg zur Subjektivität des anderen kann immer nur über die eigene führen“)  als Ressource  Reflexive Subjektivität Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 20 o Standortgebundenheit des Denkens (Mannheim 1980) Ziele und Erkenntnispotentiale: Was will und kann qualitative Forschung?  Sinnverstehender Zugang zur interaktiv „hergestellt“ und in sprachlichen wie nicht-sprachlichen Symbolen repräsentiert gedachten sozialen Wirklichkeit (von Kardoff 1995, S.4) o Lebenswelten und Perspektiven der Beforschten in ihrer Eigenlogik verstehen o Erfassen der impliziten Deutungsleistungen und Situationsdefinitionen, auf deren Grundlage sich alltägliches Handeln und Erleben vollzieht  Ziel  Menschliches Handeln und Erleben verstehend erklären o Kein Verzicht auf Bestimmung kausaler Zusammenhänge o aber Verzicht auf das Postulieren quasi-mechanischer Zusammenhänge o Kontingenz und Komplexität menschlichen Handelns wird berücksichtigt o Verstehen und Erklären sind keine Gegensätze, sondern  Verstehen ist Voraussetzung für Erklären  Wichtig: Durch qualitatives Forschungsziel neues Wissen generieren  Theoriebildung o Keine Überprüfung von Hypothesen!  Umgang mit der Sinnstrukturiertheit und Indexikalität menschlicher Kommunikation Forschungsbeispiel  Studie zu reproduktiven Biografien von Frauen (Helfferich & Kandt 1996)  Untersuchungsteile o Standardisierter Untersuchungsteil (Fragebogen) (z.B.: „Haben Sie diese Schwangerschaft geplant?“; Antwortmöglichkeiten: Ja, Nein, keine klare Entscheidung/offen) o Qualitativer Untersuchungsteil (narrative Interviews) (z.B. „Wie kam es denn zu der Schwangerschaft, erzählen Sie mal.“  Antworten = Schwangerschaftsgeschichten, die rekonstruktiv ausgewertet wurden  Erkenntnis = Breites Bedeutungsspektrum von „Planung“)  Bedeutungsspektrum von „Planung“ o zahlreiche Abgrenzungen von „richtiger“ Planung o der relevantere Begriff ist die „Gewolltheit“ („gewollt ja, geplant nein“; „weder geplant, noch ungeplant“)  Intention („state of mind“)  keine Planung; „Es ist so wie es ist.“  Bedeutungsspektrum von „Nicht-Planung“ o „Unfall“, Intention, …  Bedeutung von „ungeplant“ o In Situationen der Nicht-Entscheidbarkeit  Besondere Variante der „Nicht-Planung“ o Kollektives Deutungsmuster  „Wenn‘s einschlägt, schlägt‘s ein, wenn nicht, ist es auch egal.“ o im Kontext spezifischer situativer Bedingungen  Situation der Nicht-Entscheidbarkeit  Differenzen beim Paar bzgl. des Kinderwunsches  Im Kontext religiöser Orientierungen  Bei langer Wartezeit auf ein Kind  Erkenntnisse aus der qualitativen Teilstudie o Vielfalt von subjektiven Planungsbegriffen und Handlungsorientierungen im Kontext reproduktiver Biografien o Unterschiedliche Varianten der „Nicht-Planung“ und ihre Kontexte o Begriff der „Planung“ geht an der reproduktiven Handlungs- und Erfahrungslogik vieler Frauen und Paare vorbei o Einstellung zu einer künftigen Schwangerschaft u. Entscheidung zur (Nicht-)Elternschaft sind nicht von rationalen Planungsstandards geprägt Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 21 o Eine zentrale Rolle spielen: lebensgeschichtliche Vorerfahrungen, soziokulturelle Orientierungsmuster, spezifische normative Kontexte o „Nicht-Planung“ ist keine Abweichung, sondern reflektiert die „normale Widersprüchlichkeit des Kinderhabens in dieser Gesellschaft“ Allgemeine Prinzipien qualitativen Forschens: Wie setzt qualitative Forschung ihre Ziele um?  Prinzip der Gegenstandsangemessenheit o Anpassung des Forschungsdesigns und der Erhebungs- und Analysemethoden an das Forschungsfeld vor dem Hintergrund der jeweiligen Forschungsfrage o Ausgangspunkt sind die interessierenden Problemstellungen bzw. Phänomen, nicht die zur Verfügung stehenden Methoden o Bereitschaft zur Modifikation und neuen Entwicklung von Methoden  Prinzip der reflektierten theoretischen Offenheit o „dass die theoretische Strukturierung des Forschungsgegenstandes zurückgestellt wird, bis sich die Strukturierung des Forschungsgegenstandes durch die Forschungssubjekte herausgebildet hat.“ (Hoffmann-Riem 1980, S.343) o Differenz zwischen Relevanzsystem der Forschenden und der Beforschten  Relevanzsystem der Forschenden wird „zurückgestellt“ o gilt in allen Phasen des Forschungsprozesses  Prinzip von Forschung als Kommunikation o „Datengewinnung ist eine kommunikative Leistung“ (Hoffmann-Riem 1980) o Kontakt mit dem Forschungsfeld = sozialer Prozess der Kommunikation und Interaktion o Konsequenz: Ausrichtung der Datenerhebung an den Strukturen des Alltagshandelns und der alltäglichen Verständigung o relevant in allen Phasen des Forschungsprozesses  Prinzip der Prozesshaftigkeit o Gewinnung der Daten als kontinuierlicher Interaktionsprozess mit den Akteur*innen im Feld o Forschungsgegenstand wird als prozessual hergestellter verstanden  daher Interesse an den Prozessen, in denen soziale Wirklichkeit hervorgebracht wird  Prinzip der Reflexivität o Relevanz von reziproken Verweisungszusammenhängen  Objekt/Äußerung ↔ Kontext („Indexikalität“)  Forschungsfrage ↔ Forschungsgegenstand  Forschende ↔ Forschungsfeld Zusammenfassung: Allgemeine Prinzipien qualitativen Forschens Prinzip Bedeutung Gegenstands- Anpassung des Forschungsdesigns und der Methoden der Datengewinnung und -analyse angemessenheit an die spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Forschungsfelds vor dem Hintergrund der jeweils interessierenden Forschungsfrage Offenheit Grundsätzliche Öffnung des Forschungsprozesses gegenüber dem im empirischen Feld vorhandenen Wissens und bewusster Verzicht auf definitive Vorannahmen Kommunikation Ausschöpfung des spezifischen Informationspotenzials in der Datengewinnungssituation gelingt nur, wenn wir unseren Kontakt mit dem Forschungsfeld konsequent als sozialen Prozess der Kommunikation und Interaktion und unsere Informanten als deutungsmächtige Akteure auffassen Prozesshaftigkeit Empirisches Feld, gegenstandsbezogene Theorien und empirische Forschung stellen aufeinander verweisende handelnd realisierte Prozesse dar Reflexivität Bedeutung entsteht aus reziprokem Verweisungszusammenhang von Objekt, Äußerung und Kontext; Forschungsfrage und Forschungsgegenstand formen sich wechselseitig; sozialwissenschaftliches Wissen schlägt sich in gesellschaftlichem Wissensvorrat nieder und trifft uns in den Daten wieder entgegen Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 22 Methodologische Orientierung im Feld qualitativer Forschung Großfragestellungen im Feld qualitativer Forschung  Frage nach den subjektiven Sinnwelten von Handlungen  Deskription sozialen Handelns und sozialer Milieus  Rekonstruktion deutungs- und handlungsgenerierender Strukturen  Rekonstruktion historisch und sozial vortypisierter Deutungsarbeit  Rekonstruktion des sozialen Sinns, welcher Praktiken inhärent ist Analyseeinstellungen im Feld qualitativer Methoden Subjektiver Sinn Sozialer Sinn Subjektive Sinnzuschreibung Prozessstrukturen der Praxis Theoretisches/reflexiv verfügbares Wissen Implizites/atheoretisches Wissen Fokus auf den Inhalt/manifesten Unterscheiden von manifestem und latentem Sinngehalt (Was?) Sinn (Wie? ↔ Was?) Deskriptiv Interpretativ/Rekonstruktiv „Qualitative Forschung“ „Rekonstruktive Sozialforschung „Interpretative Sozialforschung“ Arten von Forschungsfragen Subjektiver Sinn Sozialer Sinn Wie sehen...? Wie gehen... mit...um? Wie schätzen... ein? Wie vollzieht sich...? Wie wird.... wahrgenommen? Wie entsteht...? Welche Einstellungen...? Welche Strategien...? Was denken...? Welche Bedeutung...? Welche Wünsche...? Unter welchen Bedingungen...? Welche Motive...? Wie wird... für...relevant? Welche subjektiven Theorien...? Wie kommt es zu...? Wie erleben/ Wie empfinden...?  Welchen Sinn schreiben Menschen einem  Welcher Bedeutungsgehalt, welche Handlungs- Phänomen explizit zu? und Erfahrungslogik kommt jenseits reflexiver Sinnzuschreibungen zum Ausdruck?  Beispiele o Welche gesellschaftlichen und umweltbedingten Hindernisse erschweren aus Sicht von Eltern und Kindern eine gesunde Ernährung und körperliche Aktivität?  Subjektiver Sinn o Wie kommen spontane Bildungsprozesse in unterschiedlichen Lebensaltern zustande und über welche Phasen vollziehen sie sich jeweils?  Sozialer Sinn o Welche Einstellungen haben Grundschullehrer*innen zu inklusiver Pädagogik?  Subjektiver Sinn o Welche Motive geben Psychotherapiepatient*innen für den Beginn einer Psychotherapie an?  Subjektiver Sinn Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 23 o Welche Formen von ehrenamtlichem sozialem Engagement gibt es und welche Handlungsorientierungen liegen ihnen zugrunde?  Sozialer Sinn o Vor dem Hintergrund welcher biografischen Bedingungskonstellationen und Prozesse entwickeln Frauen eine Essstörung? Welche Bewältigungsformen finden sich und welche biografischen Ressourcen spielen dabei eine Rolle?  Sozialer Sinn Elaborierte und ad-hoc-Methoden Ad-hoc-Methoden Elaborierte Methoden Keine Theorie über den Gegenstand Grundlagentheorie über den Gegenstand und das Erkennen und Erkennen Keine systematische Selbstreflexion Systematische Selbstreflexion Kriterium für die Auswahl: situative Offenlegen der eigenen Prämissen Erwägungen Kriterium für die Auswahl: Forschungsfrage  „Wer über die Akte der Deutung nichts weiß und sich über ihre Prämissen und Ablaufstrukturen keine Rechenschaftspflicht auferlegt, interpretiert – aus der Sicht wissenschaftlicher Überprüfungspflicht – einfältig, d.h. auf der Grundlage impliziter alltäglicher Deutungsroutinen und Plausibilitätskriterien.“ (Soeffner 1989, S. 53)  Elaborierte Methoden o Grounded Theory o Narratives Interview + Narrationsanalyse o Gruppendiskussionsverfahren + Dokumentarische Methode o Objektive Hermeneutik o Ethnographie o Konversations- und Gattungsanalyse o Diskursanalyse o Wissenssoziologie Big Q vs. small q qualitative research “Big Q Qualitative Research” “Small q qualitative research” Explizite und systematische Ausrichtung Verwendung nichtstandardisierter des methodischen Vorgehens am Verfahren innerhalb einer qualitativen Forschungsparadigma hypothesenprüfenden Forschungslogik  „Small q qualitative research“  Beispiele o Wenn der Forschungsprozess vorwiegend einem linearen Modell folgt o Ad-hoc Interviews ohne theoretisch-methodologische Fundierung zu explorativen Zwecken im Vorfeld einer hypothesenprüfenden Untersuchung o wenn im Rahmen von Mixed-Methods-Studien der qualitative Untersuchungsteil der hypothesenprüfenden Gesamtlogik untergeordnet wird o Auswertung von Interviews entlang vorab definierter Kategorien Forschungsbeispiel: small q/ad-hoc-Methode  Initiale Therapiemotivation von Psychotherapie- PatientInnen o Fragestellung: Subjektive Therapiemotivationen von PT- Patient*innen? o Ziel: Entwicklung eines interrater- reliablen Kategorienschemas o Gewinnung der Daten: Schriftliche Befragung, offenes Format Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 24 o Empirisches Material/Daten: 202 Texte o Analyse der Daten: Qualitative Inhaltsanalyse o Ergebnis: 16 Kategorien subjektiver Therapiemotivation  Kappa-Wert = Grad der Übereinstimmung zwischen zwei Kodierer*innen Forschungsbeispiel: Big Q/elaborierte Methode  Konversion zum Islam in Deutschland und den USA o Forschungsfragen  Welche Funktion erfüllt die Konversion zum Islam im Rahmen von Biografien?  Auf welches Problem ist die Konversion bezogen?  Was ist das für eine Art der Problemlösung, die sich mit der Konversion verbindet?  Welche Elemente dieser Religion werden in welchen typischen biografischen Problemlagen rezipiert?  Warum suchen westlich sozialisierte Personen Problemlösungen in einer „fremden“ Religion und Kultur? o Methodische Herangehensweise  Biografisch-narrative Interviews  Auswertung: Objektive Hermeneutik  Differenz: Konversionserzählung vs. biografische Erzählung  „Nachdem ich meine Berufsausbildung abgeschlossen hatte, veranlasste mich meine immer stärker werdende Sehnsucht nach moralischem Handeln und nach dem Sinn des Lebens, mich mit der Frage nach der Existenz Gottes auseinanderzusetzen.“ o Ergebnisse  Form der Problemlösung: symbolische Transformation konflikthafter Erfahrungen  3 Typen der Konversion zum Islam  Implementation von Geschlechtsehre  Methodisierung von Lebensführung  Symbolische Emigration und symbolischer Kampf Forschungsprozess  Grounded Theory  Was kann man darunter verstehen? o Forschungsstil bzw. Methodologie  Grounded Theory Methodologie (GTM) o Ansatz zur Auswertung von empirischem Material  „Grounded“: Verankerung der Theoriebildung in der Empirie  „Theory“: Methode zur Theoriebildung + selbst eine (Meta)Theorie  Verhältnis von Theorie und Empirie/Gegenstand o „Das Prinzip der Offenheit besagt, dass die theoretische Strukturierung des Forschungsgegenstandes zurückgestellt wird, bis sich die Strukturierung des Forschungsgegenstandes durch die Forschungssubjekte herausgebildet hat.“ (Hoffmann-Riem 1980, S.343; wichtig: Entstehung eines zirkulären Forschungsprozesses)  Prinzip der Gegenstandsangemessenheit Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 25  Zirkuläre Struktur des Forschungsprozesses o “In such qualitative analysis, there tends to be a blurring and intertwining of coding, data collection and data analysis, from the beginning of the investigation until near its end.” (Glaser & Strauss 1965, S. 288) Schritt 1: Forschungsthema und Forschungsproblem Formulierung einer Forschungsfrage  Funktion der Forschungsfrage o Bezugspunkt für alle methodischen Entscheidungen: bei der Entwicklung des Forschungsdesigns und im weiteren Forschungsprozess  Kriterien für Forschungsfragen o Präzise  Benennung des Phänomens ≠ Forschungsfragestellung! o Angemessene Verbindung von Offenheit und Spezifik o Kontinuierliche Reflexion, Überprüfung + ggf. Modifikation o Dokumentation von Modifikationen  Erkenntnisgewinn  Ablauf Forschungsfragengenerierung (Literatur) o Bestimmung eines Phänomenbereiches - vorläufige Definition eines Phänomens  Womit will man sich beschäftigen? o Aus Phänomen präzise Forschungsfrage generieren  Richtige Verbindung von Spezifik und Offenheit o Während Forschung Forschungsfrage, Konzepte und Instrumente immer wieder überprüfen/anpassen  alles dokumentieren  Beispiel (aus Studie: “Awareness of dying” (Glaser & Strauss, 1965)) o Handeln und Interaktion relevanter Akteur*innen  Wie handeln Ärzt*innen und Pflegepersonal und wie gehen sie mit Sterbenden um?  Welche vorübergehenden oder permanenten Arten sozialer Interaktion ergeben sich aus dem Umgang mit Sterbenden?  Welche Strategien werden von den beteiligten Akteur*innen verfolgt? o Kontextbedingungen  Unter welchen Voraussetzungen treten bestimmte Formen der Interaktion auf? Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 26 Inwieweit wird der Sterbeprozess von den strukturellen Bedingungen der Organisation Krankenhaus berücksichtigt? o Konsequenzen  Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Interaktionsmechanismen und strukturellen Bedingungen für Patient*innen, Angehörige, Personal und Krankenhaus? Schritt 2: Forschungsstand und theoretischer Hintergrund  Forschungsstand o Empirische Studien o Veröffentlichungen zum Stand der Forschung  Theorie o Metatheorie (in Verbindung mit methodologischer Positionierung) o Gegenstandsbezogene Theorie  Metatheorie o formale Theorien, Grundbegrifflichkeiten, analytische Begriffe, die den Ansprüchen von Konstruktionen 2. Grades gerecht werden o verankert in geistes- und sozialwissenschaftlichen Theorietraditionen o verknüpfe mit spezifischen Methodologien o präzise Fundierung im Bereich der Meta-Theorien ist wesentlich für Qualität qualitativer Forschung  Beispiele für metatheoretische Begrifflichkeiten in qualitativen Studien o Nohl (2001): „Migration und Differenzerfahrung“  Kommunikatives u. konjunktives Wissen (Mannheim) Gruppendiskussionen  Habitus (als generatives Schema sozialer Praxis) (Bourdieu) Dokumentarische  Milieu (als Ort sozialer Konjunktion) (Mannheim) Methode  Konjunktiver Erfahrungsraum (Mannheim) o Nohl (2006): „Bildung und Spontaneität“  Bildung (als Transformation von Lebensorientierungen) (Marotzki) Biografisch-  Wandlungsprozess (Schütze) narrative  Handeln (pragmatistische Handlungstheorie) (Pierce, Dewey, Mead) Interviews Dok. Meth. Schritt 3: Untersuchungsdesign  Forschungsdesign als Ergebnis von o Auseinandersetzung mit dem eigenen Erkenntnisinteresse und Formulieren einer Forschungsfragestellung o einer entsprechenden methodologischen Positionierung o der Bestimmung des Forschungsfeldes o einer Wahl der Erhebungs- und Auswertungsverfahren o Entscheidungen über das Sampling o Bestimmung der Richtung der Generalisierung oder Theoriebildung  Felderschließung und Feldzugang o Qualitative Forschung ist Feldforschung o Forschungsfeld = ein natürliches soziales Handlungsfeld o Daher: Felderschließung  Bedingungen des Forschungsfeldes?  Ausdehnung des Forschungsfeldes?  Wer und was gehört zum Feld? o Integraler Bestandteil des gesamten Forschungsprozesses o Felderschließung als kommunikativer Prozess o Zentrale Aspekte der Felderschließung Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 27 Ausdehnung und Grenzen des Feldes klären und reflektieren: Wer oder was gehört zum  Feld?  Strategien des Feldzugangs und der Gewinnung von Teilnehmer*innen  Analyse imaginierter und realer Zugangsschwierigkeiten  Kommunikation beim Feldkontakt  Darlegung des Forschungsinteresses  Reflexion der eigenen Rolle im Feld und des eigenen Standorts  Generelle Untersuchungsdesigns ( siehe quantitative Forschung) o Quantitative vs. qualitative oder mixed-methods Herangehensweise o Labor- vs. Feldforschung (Unterscheidung nach Untersuchungsort) o Experiment, Quasi-Experiment o Nicht-Experiment (auch als korrelative Studie bezeichnet) o Querschnittlicher - längsschnittlicher Ansatz o Primär-, Sekundär- und Metaanalysen Basisdesigns qualitativer Forschung  Fallstudien – Vergleichsstudien  Momentaufnahmen – Längsschnittstudien  Feldstudien  Evaluationsstudien  Qualitatives Experiment  Qualitative Online-Forschung  Sekundäranalysen  Triangulationsdesign  Mixed Methods-Designs Triangulation  Kombination verschiedener theoretischer Perspektiven, Daten, Methoden etc., um Einseitigkeiten und Verkürzungen zu kompensieren  Möglichkeiten dazu o Daten-Triangulation o Forscher*innen-Triangulation o Theorien-Triangulation o Methoden-Triangulation  Mögliche Resultate/Funktionen o Konvergenz o Komplementarität o Divergenz (Initiierung)  Methoden-Triangulation o within method  Verwendung mehrerer Instrumente innerhalb einer Methode (z.B. verschiedene Subskalen in einem Fragebogen) o between method (oder across method)  Kombination verschiedener Methoden (verschiedene qualitativer Methoden oder qualitative mit quantitativen Methoden)  Mixed Methods Mixed Methods  Begriffsbestimmung o Mixed Method-Studien  Kombination von Elementen eines qualitativen und eines quantitativen Forschungsansatzes innerhalb einer Untersuchung oder mehrerer aufeinander bezogener Untersuchungen o Monomethod-Studien  ausschließlich in einem Paradigma verankert; nur eine Methode der Datenerhebung und der Datenauswertung Einführung in wissenschaftliche Konzepte und Methoden der Psychologie 28 o Multiple Method-Studien  in einem Paradigma verankert; mehrere Methoden der Datenerhebung (und -auswertung)  Unterschied zw. Triangulation und Mixed Methods o In Mixed Methods-Studien werden immer „quantitative“ und “qualitative Elemente“ kombiniert, in Triangulationsstudien nicht o Triangulationsstudien können Multiple Methods- oder Mixed-Methods-Designs haben o Nicht alle Mixed Methods-Studien verfolgen Ziele ausgehend vom Triangulationskonzept o Triangulationsstudien sind daher nicht notwendig Mixed Methods-Studien und umgekehrt  Funktion o Konvergenz o Komplementarität Funktionen ausgehend vom Triangulationskonzept o Initiierung o Entwicklung (development)  Eine Methode dient dazu, eine Untersuchung mittels einer anderen Methode überhaupt erst zu ermöglichen o Erweiterung (expansion)  Die verschiedenen Design-Komponenten beziehen sich von vorneherein auf unterschiedliche Bereiche des Gegenstandes  Grundformen (Wie kombinieren?) o Triangulationsdesign: Erhebung qual. u. quant. Daten  Ziel: umfassenderes Bild des Gegenstandes o Eingebettetes Design (embedded): es dominiert entweder der quant. o. der qual. Ansatz  Daten aus dem jeweils anderen Ansatz haben nur ergänzende Funktion o Sequenziell-erklärendes Design (explanatory; Vertiefungsmodell): zweiphasig; zuerst quantitative, dann qualitative Untersuchungskomponente  Ziel: ausgewählte Aspekte aus dem quant. Teil differenzierter erfassen o Sequenziell-erkundendes Design (exploratory; Vorstudienmodell): zweiphasig; zuerst qualitativer, dann quant. Untersuchungsteil  qual. Teil hat eher „Hilfsfunktion“ o Transformatives Design (transformative): emanzipatorische und wertende Perspektive, die explizit in method(olog)ische Entscheidungen einbezogen wird (z.B. Partizipative Forschung, Disability Studies, …) o Mehrphasiges Design (multiphase): komplexeste Variante von MM-Designs  mehr als zwei aufeinander aufbauende Untersuchungsphasen (z.B. in Evaluationsstudien)  Aber: Konkrete Vielfalt an MM-Realisationen übersteigt die Design-Typologien bei weitem!  Mixed Methods-Designs in der Psychologie o Seit ca. 15 Jahren viel beachtetes Thema in den Sozialwissenschaften o Kombination quantitativer und qualitativer Elemente seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts (z.B. Die Arbeitslosen von Marienthal) o Phase der Dominanz des quantitativen Paradigmas o Annäherung der Positionen o In der Psychologie MM kaum etabliert; eher in manchen Teilbereichen der angewandten Psychologie als in den Grundlagenfächern o Dominierende Untersuchungsanlagen in der Psychologie  Experimentelle Designs  Inhaltsanalytische Untersuchungen Schritt 4: Stichprobenziehung  Sampling  Sample = Auswahl einer Gruppe von Fällen, die etwas repräsentiert

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