Management und Märkte 0 PDF
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Universität Siegen
Dr. Ekkehard Köhler
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These lecture notes cover management and markets. The document details various topics, including institutional economics, economic processes, and theories. It presents course structure and session plans with dates for different topics.
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auswählen und Kurzzeit- „einlesen“ und zwischenspeichern gedächtnis integrieren Vorwissen Bedeutsamkeit Lernstrategie...
auswählen und Kurzzeit- „einlesen“ und zwischenspeichern gedächtnis integrieren Vorwissen Bedeutsamkeit Lernstrategie Lernen ist ein individueller Erwartungen Emotion und selbstgesteuerter Prozess der Wissenskonstruktion Langzeit- „Umwelt“ gedächtnis Didaktische Prinzipien Aktivierung Interessen- Lernklima- ausgleich Situierung Motivierung Verankerung förderung kommunizieren abrufen Dr. Ekkehard Köhler Constructive Alignement Quelle: TU München Dr. Ekkehard Köhler 20 Kursstruktur Teil I: Institutionen und Wirtschaftssysteme ▪ Institutionen und Institutionenökonomik ▪ Märkte, Innovation und Evolution ▪ Transformationsprozess Dr. Ekkehard Köhler 28 Kursstruktur Teil II: Organisationen in Märkten ▪ Die „Betriebskosten des Wirtschaftssystems“: Transaktionen, Organisation, Institutionen ▪ Beschränkte Rationalität ▪ Psychologische Befunde: Heuristiken, Verzerrungen, Wahrnehmung Dr. Ekkehard Köhler 29 Kursstruktur Teil III: Wirtschaftliche Prozesse im Unternehmen ▪ Moral Hazard ▪ Risiko und Anreiz ▪ Vergütung und Motivation Dr. Ekkehard Köhler 30 Sitzungsplan 14.04.21: Organisation und Einstieg 21.04.21: Wirtschaftliches Handeln und beschränkte Rationalität 28.05.21: Institutionen und Institutionenökonomik 05.05.21: Märkte, Innovationen, Evolution 12.05.21: Beschränkte Rationalität und organisationales Handel 19.05.21: Grundzüge der institutionellen Unternehmenstheorie 26.06.21: Transaktionskosten und Verfügungsrechte 09.06.21: Informationsasymmetrien und Moral Hazard 16.06.21: Risiko und Anreiz 23.06.21: Vergütung und Motivation 30.06.21: Filme 07.07.21: Zukunft der Märkte und des Managements 14.07.21: Resümee und Klausurvorbereitung Dr. Ekkehard Köhler 31 Grundlagen der Neoklassischen Theorie Das (neoklassische) Verhaltensmodell Konstante Präferenzen Homo Oeconomicus Methodologischer Individualismus Variable Restriktionen Vollständige Rationalität Eigeninteresse Existenz von Alternativen Dr. Ekkehard Köhler 33 Annahme I: Konstante Präferenzen ▪ Internes Kriterium um alternative Situationen und Alternativen zu bewerten – Damit ist zu mindestens ein ordiales Ranking von Präferenzen möglich ▪ Unterscheiden sich zwischen Individuen – Sind die “Antriebskraft” von Marktaustausch ▪ Entstehen aus einem Prozess der kulturellen Evolution (lange Frist) – Rechtfertigung der Annahme von stabilen Präferenzen Dr. Ekkehard Köhler 34 Annahme II: Variable Restriktionen ▪ Limitieren individuelle Alternativen für Handlungen ▪ Änderungen im Verhalten wird auf Änderungen von Restriktionen zurückgeführt (und nicht auf Änderungen der Präferenzen) ▪ Typische neoklassische Restriktionen – Einkommen – Produktionstechnologie – Produktionskapazität Dr. Ekkehard Köhler 35 Annahme III: Vollständige Rationalität ▪ Menschliches Verhalten als Rationalwahl (rational choice) zwischen verschiedenen zur Verfügung stehenden Alternativen ▪ Menschen als “laufende Computer” – Menschen verfügen über vollständige Informationen über die Gegenwart und die Zukunft – Menschen können sich sofort und friktionslos an neue Situationen/Gegebenheiten anpassen – Menschen können unendlich viele Informationen verarbeiten ▪ Rationalität als Verknüpfung zwischen Mitteln (Restriktionen) und Zielen (Präferenzen) Dr. Ekkehard Köhler 36 Annahme IV: Eigeninteresse ▪ Individuen als eigennützige „Nutzenmaximierer“ die ausschließlich ihr eigenen Wohlergehen im Blick haben ▪ Altruistisches Verhalten resultiert aus zusätzlichen Argumenten in der Nutzenfunktion ▪ Wird durch Befunde der Verhaltensökonomik in Frage gestellt Dr. Ekkehard Köhler 37 Annahme V: Existenz von Alternativen ▪ Entscheidend für die wirtschaftliche Entscheidung ist das Abwägen gegenüber der nächstbesten Alternative ▪ Ökonomen denken in „Opportunitätskosten“ Dr. Ekkehard Köhler 38 Moral Hazard ▪ Nachvertraglicher Opportunismus, hidden action ▪ Eine Marktseite führt nach Vertragsabschluss eine ineffiziente Handlung aus, die die andere Seite nicht oder nur schlecht beobachten kann, ohne die vollen Konsequenzen dafür tragen zu müssen ▪ Beispiele: Versicherungsbetrug, Leistungszurückhaltung am Arbeitsplatz (Shirking) ▪ Lösungsansätze − Kontrolle − Leistungsabhängige Verträge − Risikoverteilung Dr. Ekkehard Köhler 5 Ex ante und ex post Moral Hazard ▪ Ex ante Moral Hazard − Weil man versichert ist, lässt man weniger Vorsicht walten und macht damit den Eintritt des Schadens- falles wahrscheinlicher (oder die Höhe des möglichen Schadens größer) − Beispiele: Feuerschäden, Diebstahl, Unfall ▪ Ex post Moral Hazard − Wenn der Versicherungsfall (Schaden) bereits eingetreten ist, setzt man keine Mühe mehr daran, die Kosten für die Beseitigung des Schadens zu begrenzen − Beispiele: Medizinische Kosten Dr. Ekkehard Köhler 6 PAT: Mehrere Perioden ▪ Minderung des Moral Hazard-Problems − Agent wird sich genau überlegen, ob er seinen diskretionären Handlungsspielraum opportunistisch ausnutzt, da er damit rechnen muss, dass seinen heutigen Handlungen in der Zukunft Konsequenzen zugerechnet werden − Prinzipal lernt mit der Zeit zwischen dem exogenen Risiko und dem Arbeitseinsatz des Agenten zu differenzieren Dr. Ekkehard Köhler 9 PAT: Mehrere Perioden ▪ Neue Probleme ▪ Ratchet effect (Sperrklinkeneffekt) ▪ Prinzipal muss ein Lohnprofil gestalten (vom Eintritt in das Unternehmen bis zur Pensionierung) ▪ Die Restlaufzeit der Verträge wird relevant (Endspieleffekte) ▪ Nachverhandlungseffekte Dr. Ekkehard Köhler 10 Career concerns (Holmström) ▪ Begriff: Karriereinteressen, Karriereanreize mit produktiver oder kontraproduktiver Wirkung ▪ Career concerns und Fehlanreize − Hidden action-Fall: Agenten treffen unbeobachtbare Entscheidungen, die ihre individuelle Karrierechancen erhöhen, jedoch zulasten der Prinzipale gehen − Hidden information-Fall: Agenten halten Informationen zurück, die der eigenen Karriere schaden könnten, für den Prinzipal aber von Wert wären Dr. Ekkehard Köhler 11 Career concerns (Holmström) ▪ Beispiele: Hidden-action-Fall − Ablehnung von vorteilhaften, innovativen Investitionsprojekten aus Reputationsgründen (zu hohes Fehlschlagsrisiko) − Bevorzugung von Investitionsprojekten, die schnell zu finanziellen Rückflüssen führen, aus Signalisierungsgründen (Vernachlässigung von Kapitalwerten) − Einflussaktivitäten − Rattenrennen Dr. Ekkehard Köhler 12 Career concerns (Holmström) ▪ Beispiele: Hidden information-Fall ▪ Escalation error-Effekt: Manager, die hohe Investitionen in eine bestimmte Technologie getätigt haben, investieren weitere Ressourcen in diese Technik, obwohl kostengünstigere Anlagen existieren ▪ Herdenverhalten: Manager ignorieren private Informationen über viel versprechende Investitionsprojekte und passen sich statt dessen den Entscheidungen vergleichbarer Manager an Dr. Ekkehard Köhler 13 Lohnpfandmodelle (Lazear) ▪ Ziel des Prinzipal − Gesucht ist ein Arbeitsvertrag, der Shirking des Agenten verhindert ▪ Lösungsidee − Delayed payment contracts (verzögerte Lohnzahlungen) − Agent bekommt zu Karrierebeginn weniger ausbezahlt, als er dem Prinzipal wert ist (Pfandaufbau) − Lässt sich der Agent während der Betriebszugehörigkeit nichts zu schulden kommen, erhält er seinen Pfand über die Lohnzahlungen zurück Dr. Ekkehard Köhler 15 Career concerns (Holmström) ▪ Personalpolitische Konsequenzen − Institutionelle Trennung von Investitionsvorschlägen, Projektauswahl und Projektrealisierung − Übertragung von Investitionsentscheidungen an ein Gremium von Managern Dr. Ekkehard Köhler 14 Lohnpfandmodell (Lazear) Lohn Lohnpfandmodell Linearer Lohn t1 t2 Zeit Dr. Ekkehard Köhler 16 Diskussion Lohnpfandmodelle (Lazear) ▪ Messbarkeit des Lohnpfandes Prinzipal muss bei jeder Einstellung den Lohnpfand des Agenten bestimmen ▪ Endpunkt eindeutig bestimmbar? Barwertrechnung erforderlich ▪ Konkursgefahr Bei Konkurs verliert Agent seinen Lohnpfand Dr. Ekkehard Köhler 17 PAT: Mehrere Stufen ▪ Modellierung von hierarchischen Beziehungen ▪ Prinzipal will sich zusätzliche Informationen über den Arbeitseinsatz des Agenten beschaffen ▪ Beschäftigung eines Supervisors, der den Einsatz des Agenten überwachen soll ▪ Prinzipal -> Supervisor -> Agent Dr. Ekkehard Köhler 19 Verdeckte Spiele (Kräkel 1995) ▪ Akteure: Prinzipal, Supervisor, 2 Agenten ▪ Problematik − Eine vakante Stelle, auf die einer der beiden Agenten befördert werden soll − Agenten können von unterschiedlicher Qualität sein − Qualitäten sind nur von den Agenten und dem Supervisor beobachtbar, nicht vom Prinzipal – Supervisor gibt Beförderungsempfehlung ab Dr. Ekkehard Köhler 20 Verdeckte Spiele (Kräkel 1995) ▪ Kollusionsgefahr zwischen Supervisor und Agent: Beförderungsempfehlung gegen Transferzahlung (verdecktes Spiel) ▪ Konsequenz: Unter Umständen ineffiziente Beförderungsentscheidung ▪ Ziel: Sicherstellen, dass der Supervisor eine korrekte Empfehlung gibt Dr. Ekkehard Köhler 21 Verdeckte Spiele (Kräkel 1995) ▪ Lösungsmöglichkeit: Prinzipal kann Supervisor am zukünftigen Erfolg des beförderten Agenten beteiligen ▪ Probleme − Erfolg einer Beförderungsentscheidung ist nur langfristig beurteilbar − Erfolg ist unter Umständen nur schwer messbar Dr. Ekkehard Köhler 22 PAT: Mehrere Agenten ▪ Trittbrettfahrerproblem: Agent reduziert seinen Arbeitseinsatz und lässt andere arbeiten ▪ Lösungsmöglichkeiten − Überwachung − Kooperative Anreizverträge Dr. Ekkehard Köhler 24 PAT: Mehrere Agenten ▪ Interne Wettbewerbseffekte als Problem ▪ Beispiel Beförderungsturnier (relativer Leistungsvergleich) ▪ Gefahren − Horizontale Kollusion − Sabotage − Einflussaktivitäten Dr. Ekkehard Köhler 25 Einflussaktivitäten ▪ Versuche, organisatorische Entscheidungen durch unproduktive Tätigkeiten zu beeinflussen ▪ Beispiele − Vorgesetzter hört nur das, was er hören will/soll, entgegen besseren Wissens des Arbeitnehmers (Ja-Sager-Effekt) Grund: Abschiebung der Verantwortung negativer Botschaften − bewusste Wahl der gleichen Freizeitaktivitäten (Eintritt in Golfclub des Chefs,...) Beeinflussung über zwischenmenschliche Beziehungen Dr. Ekkehard Köhler 26 PAT: Mehrere Aufgaben ▪ Agent soll mehrere Teilaufgaben ausführen ▪ Je nach Teilaufgabe wird eine Prämienbemessungsgrundlage benötigt, damit sich der Agent allen Teilaufgaben widmet ▪ W = w0 + a1x1 + a2x2 + a3x3 ▪ Probleme − Zeitallokation − Messbarkeit − Job design Dr. Ekkehard Köhler 27 PAT: Mehrere Prinzipale ▪ Fälle − Prinzipale haben unterschiedliche Interessen − Prinzipale haben unterschiedliche Einschätzungen der Situation ▪ Kooperationsproblem − Bei unterschiedlichen Interessenlagen der Prinzipale − Selbst bei Verfolgung eines gemeinsamen Ziels (Trittbrettfahrerproblem) ▪ Lösung − Meta-Prinzipal, Überwacher Dr. Ekkehard Köhler 28 Theorie der Verfügungsrechte Im Mittelpunkt steht die Analyse grundlegender Verfügungsrechte („property rights“), bei der es um folgende Fragen geht: − Was sind Verfügungsrechte? − Warum gibt es Verfügungsrechte? − Wie ändern sich Verfügungsrechte? − Wie lassen sich unerwünschte Externalitäten beseitigen? − Welche Funktion besitzen Wettbewerbsregeln? Dr. Ekkehard Köhler 8 Theorie der Verfügungsrechte ▪ Verfügungsrechte umfassen Rechte, die innerhalb einer Gesellschaft erlaubte von unerlaubten Handlungen abgrenzen ▪ Verfügungsrechte betreffen: − Die Nutzung − Die Veränderung − Das Recht auf Aneignung der Erträge aus der Nutzung des Gutes − Das Recht auf Veräußerung des Gutes Dr. Ekkehard Köhler 9 Theorie der Verfügungsrechte ▪ Sofern das Recht durch z.B. eine staatliche Instanz durchgesetzt wird, muss der Regelbrecher mit Sanktionen rechnen ▪ Somit werden bestimmte Handlungen mit Transaktionskosten belegt ▪ Der Wert eines Gutes hängt also maßgeblich von den Verfügungsrechten ab, die bei einer Transaktion übertragen werden Dr. Ekkehard Köhler 10 Ausgangspunkt der Theorie der Verfügungsrechte ▪ Harold Demsetz stellte 1967 die These auf, dass sich mit Hilfe der Verfügungsrechte unerwünschte externe Effekte erfolgreich internalisieren lassen ▪ Danach wird die Wahl und der Wandel der Verfügungsrechte von dem Bestreben der Individuen bestimmt, sich die Erträge ihrer Aktivitäten möglichst ungeschmälert anzueignen. Die Neigung der Übernutzung von Kollektivgütern wird damit unterbunden ▪ Demsetz illustrierte diese These am Beispiel der Indianerstämme Nordamerikas zu Beginn des 18. Jahrhunderts ▪ Diese spezialisierten sich durch die gestiegene Nachfrage nach Biberpelzen auf die Biberjagd ▪ Da es dadurch zur Überjagung kam, war die Privatisierung der Biberbestände eine effiziente Lösung Dr. Ekkehard Köhler 11 Transaktionskostenökonomik ▪ Wurde von Oliver Williamson begründet ▪ Das Erkenntnisinteresse ist dabei auf die effiziente institutionelle Abwicklung und Beherrschung arbeitsteiliger Wirtschaftsprozesse gerichtet ▪ Als grundlegende Untersuchungseinheit gilt die Transaktion eines Gutes über technisch als trennbar gedachte Schnittstellen (Gedanke einer Wertschöpfungskette) ▪ Von Bedeutung ist die nach Maßgabe der Transaktionskosten günstigste Transaktionsform ▪ Individuen sind bei der Gestaltung der institutionellen Arrangements dazu bestrebt, den Nettoertrag der Transaktionen zu maximieren Dr. Ekkehard Köhler 14 Determinanten der Transaktionskosten ▪ Williamson erweiterte die auf Coase zurückgehende Dichotomie von Markt und Unternehmung auf ein Spektrum an vertraglichen Arrangements ▪ Die Wahl der Beherrschungsformen hängt dabei maßgeblich von der Spezifität und der Häufigkeit der Transaktionen ab Dr. Ekkehard Köhler 16 Determinanten der Transaktionskosten ▪ Als Determinanten der Transaktionskosten unterscheidet Williamson: − menschliche Faktoren (beschränkte Rationalität, opportunistisches Verhalten) − umweltbezogene Faktoren (Anzahl der Vertragspartner, Wissenstand, politisch-technische Rahmenbedingungen) − transaktionsbezogene Faktoren (Häufigkeit, Unsicherheit und Ausmaß der Faktorspezifität) − Annahme: opportunistisches Verhalten Dr. Ekkehard Köhler 15 Prinzipal-Agent-Theorie ▪ Michael Jensen und William Meckling veröffentlichten 1976 „A Theory of the Firm“, der als die Grundlage der Prinzipal-Agent-Theorie gilt ▪ Die Prinzipal-Agent-Theorie ermöglicht nicht nur die Verhältnisse innerhalb eines Unternehmens zu analysieren, sondern dient ebenso dazu das Verhältnis zwischen Wählern und Politikern, zwischen Gläubigern und Schuldnern, usw. zu beschreiben ▪ Es werden also hierarchische Verhältnisse und deren vertragliche Beziehungen analysiert Dr. Ekkehard Köhler 19 Prinzipal-Agent-Theorie ▪ Die Prinzipal-Agent-Theorie beschäftigt sich mit den Konsequenzen asymmetrischer Informationen zwischen Vertragspartnern: − Ein Prinzipal betraut einen Agenten mit der Durchführung bestimmter Aufgaben. − Dabei entsteht das Problem, dass der Prinzipal das Handeln des Agenten nicht vollständig beobachten kann. − Der Agent verfügt somit über einen Handlungsspielraum , den er zur Maximierung seines Nutzens – und nicht den des Prinzipals! – nutzen kann ▪ Das Hauptinteresse der Prinzipal-Agent-Theorie gilt somit der optimalen Vertragsgestaltung unter Annahme asymmetrischer Information Dr. Ekkehard Köhler 20 Institutionenökonomisches Verhaltensmodell Individuelles Verhalten Beschränkte Opportunismus Rationalität Dr. Ekkehard Köhler 5 Kritik am neoklassischen Modell ▪ D.h. die Konsequenzen aller möglichen Handlungsoptionen können ohne zeitliche Verzögerung und kostenlos bewertet werden ▪ Die Neue Institutionenökonomik plädiert deswegen für drei Modifikationen: − Unsicherheit − Beschränkte Rationalität − Transaktionskosten Dr. Ekkehard Köhler 6 Transaktionskosten ▪ Externe Transaktionskosten: Kosten, wenn der Markt als Koordinationsmechanismus genutzt wird ▪ Interne Transaktionskosten Kosten der Koordination im Unternehmen, Kosten der Marktvermeidung Dr. Ekkehard Köhler 8 Transaktionskosten ▪ Argumentationskette − Einsparung externer Transaktionskosten durch Unternehmensgröße − Internalisierung von Transaktionen, Transaktionskosten entstehen − Unternehmen wachsen, solange interne TAK < externer TAK Dr. Ekkehard Köhler 9 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Transaktionskosten definierte man als die Kosten für die Nutzung des Marktes ▪ Bleiben Transaktionskosten unberücksichtigt, dann ist dies gleichbedeutend mit der Annahme eines effizient und kostenlos funktionierenden Marktes ▪ Funktionieren aber Märkte kostenlos, gibt es keinen Grund für die Existenz von Firmen. Innerhalb der Firmen werden die Beziehungen nicht über Marktverhältnisse geregelt, sondern über Anweisungen Dr. Ekkehard Köhler 10 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Coase begründet die Existenz von Firmen damit, dass die Kosten für die Nutzung des Marktes für einige Aktivitäten höher sind als die Kosten der Nutzung von Hierarchien ▪ Insbesondere Such- und Informationskosten sowie Kosten der Aushandlung von Verträgen ▪ Transaktionskosten müssen neben den Produktionskosten für die Gewinnmaximierung der Unternehmen berücksichtigt werden Dr. Ekkehard Köhler 11 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Es handelt sich also um die Kosten für die Vertragsanbahnung, die Vertragsdurchführung sowie die Vertragsüberwachung ▪ Möglichen Risiken und Unsicherheiten müssen einkalkuliert werden ▪ Die Mittel, die dafür aufgewendet werden müssen, verringern den Unternehmensgewinn ▪ Je höher die Transaktionskosten sind, desto geringer ist auch die Zahl der Transaktionen Dr. Ekkehard Köhler 12 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Transaktionskosten umfassen − Such- und Informationskosten, − Verhandlungs- und Entscheidungskosten − Überwachungs- und Durchsetzungskosten ▪ Transaktionskosten sind aber nicht nur für Firmen von Bedeutung, sondern für die Wirtschaft allgemein Dr. Ekkehard Köhler 13 Typologie Transaktionskosten Vor der Transaktion ▪ Anbahnungskosten (z.B. Reise-, Kommunikations-, Beratungskosten; Kontaktaufnahme; Informationsbeschaffungskosten; Suchkosten etc.) ▪ Vereinbarungskosten (z.B. Verhandlungskosten; Rechtsberatung; Vertragsformulierung; Kosten der Abstimmung und Planung zwischen Vertrieb, Entwicklung, Fertigung und Einkauf; Vertragsgestaltung; Einigung; Verhandlungen über Gehalt oder Aufstiegschancen) Dr. Ekkehard Köhler 16 Typologie Transaktionskosten Nach der Transaktion ▪ Abwicklungskosten (z.B. Steuerung des Tauschprozesses, Managementkosten; Maklercourtage, Einarbeitungskosten) ▪ Kontrollkosten (z.B. Einhaltung von Termin-, Qualitäts-, Mengen-, Preis- und Geheimhaltungsabsprachen, Abnahme der Lieferung; Vereinbarung von Teamzielen) ▪ Anpassungskosten (z.B. Zusatzkosten durch Termin-, Qualitäts-, Mengen- und Preisänderungen; interne Versetzungen; Zwischenziel- gespräche, Anpassung von Vergütungsmodellen) Dr. Ekkehard Köhler 17 Attribute von Transaktionskosten ▪ Spezifische Investitionen − „Transformation“, Neuverhandlung ▪ Häufigkeit und Dauer − Standardverträge, Gerichte, Schiedsstellen ▪ Dauer der Beziehung − Prämien und Bestrafungen ▪ Unsicherheit und Komplexität – Unmöglichkeit vollständiger Verträge ▪ Verbundenheit von Transaktionen – Standardisierung, Pfadabhängigkeit Dr. Ekkehard Köhler 18 Vollständige Verträge Vollständige und durchsetzbare Verträge implementieren effiziente Pläne Verteilung von Kosten Sämtliche Pflichten der und Erträgen unter allen Beteiligten unter allen möglichen Bedingungen möglichen Bedingungen (inklusive Vertragsbruch) Dr. Ekkehard Köhler 27 Anforderungen an vollständige Verträge ▪ Vorhersage aller relevanten Kontingenzen ▪ Operationale Beschreibung der Kontingenzen ▪ Exakte Identifikation der Rahmenbedingungen ▪ Exakte Beschreibung der zu ergreifenden Aktionen ▪ Keine Nachverhandlungen ▪ Identifikation von Vertragsbrüchen Dr. Ekkehard Köhler 28 Problem vollständiger Verträge ▪ Nicht alle Pläne können durch einen vollständigen und durchsetzbaren Vertrag beschrieben werden ▪ Insbesondere Unternehmenskooperationen werden meistens mit Hilfe von relationalen Verträgen besiegelt ▪ Aus Perspektive der ökonomischen Vertrags- theorie sind unvollständigen Verträgen und daraus resultierende Verhaltensfreiräumen die Quelle von Organisationsproblemen Dr. Ekkehard Köhler 29 Gründe für unvollständige Verträge ▪ Beschränkte Voraussicht (bounded rationality) ▪ Sprachungenauigkeit ▪ Kalkulationskosten ▪ Planungskosten ▪ Informationsasymmetrien Gelegenheiten für opportunistisches Verhalten inklusive Nachverhandlung Dr. Ekkehard Köhler 30 Vertragliche Antworten auf beschränkte Rationalität ▪ Unflexible und pauschale Verträge (spot market contracts) ▪ Relationale Verträge (Rahmenverträge) ▪ Implizite Verträge (Corporate Culture) Dr. Ekkehard Köhler 31 Beispiel: Implizite vs. Explizite Arbeitsverträge Biele Mefubue (2013: 21) Dr. Ekkehard Köhler 32 Methodik der Neoklassik ▪ Menschliche Handlungen als rationale Wahl aus verschiedenen Alternativen ▪ Unterscheidung in Präferenzen (Wertvorstellungen) und Restriktionen (Einschränkungen der Handlungsalternativen) ▪ Eigennutzaxiom ▪ Nutzenmaximierung unter gegebenen Präferenzen. Technisch dargestellt durch eine Nutzenfunktion: U = u (x1, x2) Dr. Ekkehard Köhler 6 Optimierung unter Nebenbedingungen ▪ Die Neoklassik ist insbesondere durch das Prinzip der Optimierung unter Nebenbedingungen gekennzeichnet ▪ Es geht also darum, eine Zielfunktion (z.B. Nutzen, Gewinn, Glück, Kosten etc.) unter Beachtung von bestimmten Nebenbedingungen (z.B. Einkommen, Budgetrestriktionen, Faktorausstattung, Produktionsmenge etc.) zu optimieren, d.h. entweder den Gewinn zu maximieren oder die Kosten zu minimieren ▪ Ein solches Vorgehen erfordert eine sogenannte „Grenzwertbetrachtung“, d.h. „eine Analyse der Veränderungen der Zielgröße bei infinitesimaler Variation der zur Verfügung stehenden Aktionsparameter“ (Söllner 2001: 52) Dr. Ekkehard Köhler 7 Regeln eines Spiels ▪ Institutionen werden als das Ergebnis eines Spiels der Gesellschaft aufgefasst. Sie bilden den Rahmen menschlicher Interaktion. ▪ Institution sind „… die von Menschen erdachten Beschränkungen menschlicher Interaktion. Dementsprechend gestalten sie die Anreize im zwischenmenschlichen Tausch, sei dieser politischer, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art.“ (North 1992) Dr. Ekkehard Köhler 19 Regeln eines Spiels ▪ In Analogie zu materiellen Werkzeugen können Institutionen als eine Art Werkzeug zur Lösung wiederkehrender Probleme verstanden werden. Sie ermöglichen es dem Menschen, sich in seiner Umgebung zurecht zu finden. ▪ „Diese Werkzeuge, die der Mensch entwickelt hat und die einen so wichtigen Teil seiner Anpassung an die Umgebung darstellen, schließen viel mehr ein als materielle Arbeitsgegenstände. Sie bestehen weitgehend in Verhaltensformen, die er gewohnheitsmäßig einhält, ohne zu wissen, warum; sie bestehen in den sogenannten ‚Traditionen‘ und ‚Institutionen‘, die er gebraucht, weil sie ihm als Ergebnis eines kumulativen Wachstums zur Verfügung stehen, ohne dass sie je von einem einzelnen Verstand erdacht worden sind.“ (Hayek 1960) Dr. Ekkehard Köhler 20 Formelle und informelle Regeln ▪ Formelle Regeln ▪ geplante, rechtlich kodifizierte Regeln ▪ Bsp.: Gesetz zum Rauchverbot ▪ Informelle Regeln ▪ normative Verhaltensmuster ▪ Bsp. Händeschütteln zur Begrüßung → Keine strikte Abgrenzung zwischen formellen und informellen Regeln Dr. Ekkehard Köhler 21 Wirtschaftliche Entscheidungen finden unter Unsicherheit statt ▪ Echte Unsicherheit bezeichnet einen Zustand, in dem die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses bestenfalls subjektiv geschätzt werden kann. Dies entspricht dem deutschen Begriff der Ungewissheit ▪ Risiko bedeutet demgegenüber die Fähigkeit, die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses empirisch oder logisch bestimmen zu können. Unter Risiko sind die Akteure in der Lage, einen bestimmten Erwartungsnutzen zu errechnen, da sie einer endlichen Zahl von möglichen Zuständen verschiedene Wahrscheinlichkeiten zuordnen können Dr. Ekkehard Köhler 23 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Transaktionskosten definierte er als die Kosten für die Nutzung des Marktes ▪ Bleiben Transaktionskosten unberücksichtigt, dann ist dies gleichbedeutend mit der Annahme eines effizient und kostenlos funktionierenden Marktes ▪ Funktionieren aber Märkte kostenlos, gibt es keinen Grund für die Existenz von Firmen. Innerhalb der Firmen werden die Beziehungen nicht über Marktverhältnisse geregelt, sondern über Anweisungen ▪ Coase begründet die Existenz von Firmen damit, dass die Kosten für die Nutzung des Marktes für einige Aktivitäten höher sind als die Kosten der Nutzung von Hierarchien Dr. Ekkehard Köhler 25 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Transaktionskosten müssen neben den Produktionskosten für die Gewinnmaximierung der Unternehmen berücksichtigt werden ▪ Um Transaktionen durchführen zu können, müssen die Akteure Kosten einkalkulieren, um herauszufinden, wie und wo sich Transaktionsmöglichkeiten ergeben. Es handelt sich um die Kosten für die Vertragsanbahnung, die Vertragsdurchführung sowie die Vertragsüberwachung. Es müssen dabei die möglichen Risiken und Unsicherheiten mit einkalkuliert werden ▪ Die Mittel, die dafür abgewendet werden müssen, verringern den Unternehmensgewinn. ▪ Je höher die Transaktionskosten sind, desto geringer ist auch die Zahl der Transaktionen Dr. Ekkehard Köhler 26 Wirtschaftliches Handeln erzeugt Transaktionskosten ▪ Transaktionskosten sind aber nicht nur für Firmen von Bedeutung, sondern für die Wirtschaft allgemein ▪ Transaktionskosten umfassen − Such- und Informationskosten, − Verhandlungs- und Entscheidungskosten − Überwachungs- und Durchsetzungskosten Dr. Ekkehard Köhler 27 Institutionen strukturieren wirtschaftliches Handeln ▪ Unter Unsicherheit kann es sinnvoll sein, Regeln als Entscheidungshilfe darüber zu nutzen bzw. festzulegen, welches Verhalten in einer bestimmten Situation angebracht sein könnte. ▪ Sie grenzen den Bereich möglicher Handlungsalternativen ein bzw. strukturieren den Erfahrungsraum und ermöglichen somit Entscheidungen in einer Welt der Unsicherheit. ▪ Überdies reduzieren Regeln Transaktionskosten, insbesondere bei wiederholten Ereignissen Dr. Ekkehard Köhler 28 Institutionen reduzieren Unsicherheit ▪ In einer Welt ohne Unsicherheit und Transaktionskosten gibt es keine Existenz- berechtigung für Regeln und Institutionen, da die Akteure jeden möglichen Zustand ohne Aufwand der Nutzung von Ressourcen bewerten können ▪ Regeln können zwei unterschiedliche Formen annehmen: Gebote und Verbote. Gebote schreiben spezifische Handlungen oder einen Korridor erlaubter Handlungen vor. Verbote untersagen eine oder mehrere Handlungsweisen Dr. Ekkehard Köhler 29 Institutionenökonomik ▪ Institutionenökonomik ist der Teil der Ökonomik, der sich mit der Analyse von Institutionen beschäftigt ▪ Erkenntnisinteresse − Ein Instrumentarium zur Beschreibung und Klassifikation von Institutionen bereitstellen − Die Wirkungen von Institutionen auf wirtschaftliche Entwicklungen und Ergebnisse analysieren − Die Entstehung und den Wandel von Institutionen erklären − Wissen für die Gestaltung der Institutionen gemäß politischer Ziele generieren Dr. Ekkehard Köhler 31 Institutionenökonomik Das Erkenntnisinteresse der Institutionenökonomik fokussiert auf zwei grundsätzliche Problemstellungen: ▪ Zum einen geht es in der positiven bzw. erklärenden Analyse darum zu verstehen, welche Institutionen bei welcher Art von Koordinations- und Motivationsproblem mit welchen Auswirkungen auf Effizienz und Verhalten auftreten ▪ Zum anderen stehen in der gestaltenden bzw. normativen Analyse Handlungsempfehlungen bezüglich Design und Wandel von Institutionen im Mittelpunkt der Betrachtung Dr. Ekkehard Köhler 32 Theorie der Managerentlohnung ▪ Unternehmenskontrolle − Kontrollmechanismen − Überwachungsaktivitäten ▪ Vertragstheorie − Unternehmensgröße − Langfristigkeit − Mehr-Aufgaben-Charakter Dr. Ekkehard Köhler 11 Unternehmenskontrolle ▪ Trennung von Eigentum und Kontrolle ▪ Bsp: Aktiengesellschaften ▪ Manager haben Entscheidungsspielraum jenseits der Kontrolle der Eigentümer ▪ Kontrollinstrumente: Kleinaktionäre, starke Eigentümer, Banken, Aufsichtsrat etc. ▪ Entlohnung als Ergänzung zu den verschiedenen Kontrollinstrumenten Dr. Ekkehard Köhler 12 Unternehmensgröße ▪ Entscheidungen von Managern auf höheren Ebenen beeinflussen Managerentscheidungen auf unteren Hierarchieebenen ▪ Einfluss verstärkt sich überproportional ▪ Bei effizienten Beförderungssystemen findet man besser qualifizierte Manager auf höheren Hierarchieebenen Dr. Ekkehard Köhler 13 Unternehmensgröße ▪ Große Unternehmen − Haben einen stärkeren Anreiz, qualifizierte Manager zu suchen − Können aus einer größeren Grundgesamtheit wählen − Induzieren mehr Wettbewerb unter ihren Managern ▪ Folgen − Managergehälter steigen mit der Unternehmensgröße − Steigende Einkommenszuwächse − Managergehälter sind nicht unabhängig von den Gehältern anderer Manager Dr. Ekkehard Köhler 14 Lernmodelle ▪ Lernmodelle implizieren steigende Lohnprofile mit abnehmenden Zuwachsraten ▪ Abnehmende Zuwachsraten, weil der Informationsgehalt von Beobachtungen im Zeitablauf geringer wird ▪ Erweiterung: Einbezug des Managermarktes Dr. Ekkehard Köhler 15 Lernmodelle ▪ Unterscheidung ▪ Jüngere Manager haben Karriereinteressen, sodass hier verstärkt implizite Anreize wirken (Aussicht auf (über)betriebliche Karriere ▪ Bei älteren Managern verlieren implizite Anreize ihre Wirkung und müssen durch explizite Anreize (leistungsabhängige Verträge) ersetzt werden. Grund: sinkender Optionswert der Beförderung ▪ Career Concern-Debatte spricht für steigende Lohnzuwächse der Beförderung Dr. Ekkehard Köhler 16 Turnierlohnmodelle ▪ Eigenschaft von Turnieren: Wettbewerbsintensität nimmt mit der Anzahl der Beförderungen zu – Qualität der Bewerber steigt – Anzahl der weiterhin in Frage kommenden Positionen sinkt ▪ Turnierlohnmodelle implizieren eine Lohnstruktur mit steigenden Zuwachsraten Dr. Ekkehard Köhler 17 Gütermarkt ▪ Idee – Selektions- und Sanktionswirkungen des Wettbewerbs: Ineffizient geführte Unternehmen verlieren ggf. ihre Existenz; Manager verlieren ihren Job ▪ Einschätzung − Effizienz des Gütermarkts als Kontrollinstrument hängt von der Wettbewerbsintensität ab − Rückschlussproblem: Eine ungünstige Unternehmenssituation muss nicht zwangsläufig auf Fehlverhalten des Managers zurückzuführen sein − Disziplinierungswirkung sinkt, wenn Großunternehmen in der Krise subventioniert werden, um zu verhindern, dass der regionale Arbeitsmarkt durch Entlassungen belastet wird Dr. Ekkehard Köhler 24 Managermarkt ▪ Idee – Fehlschläge des Managers werden dem Managermarkt bekannt – Negative Auswirkung auf Reputation und zukünftige Karriereaussichten ▪ Einschätzung − Career concerns-Debatte: Manager können gerade aus Reputationsgründen eher an kurzfristigen Ergebnissen interessiert sein, was nicht im Interesse der Anteilseigner sein muss − Schnelle Erfolge beeinflussen die Markterwartungen über das Talent eines Managers und steigern dessen Karriereaussichten Dr. Ekkehard Köhler 25 Attributionstheorie ▪ Wenn wir das Verhalten einer Person beobachten versuchen wir festzustellen, ob das Verhalten interne oder externe Ursachen hat ▪ Interne Ursachen − Verhalten, von dem angenommen wird das es unter der persönlichen Kontrolle von Individuen steht ▪ Externe Ursachen − Verhalten, dass durch externe Gründe verursacht wird Dr. Ekkehard Köhler 8 Attributionstheorie ▪ Ob wir glauben dass ein Verhalten interne oder externe Ursachen hat hängt hauptsächlich von drei Faktoren ab 1. Unterscheidbarkeit – Zeigt der Mensch unterschiedliche Verhaltens- weisen in unterschiedlichen Situationen? 2. Übereinstimmung – Wie verhalten sich andere Menschen in derselben Situation? 3. Beständigkeit – Zeigt der Mensch dasselbe Verhalten über die Zeit hinweg? Dr. Ekkehard Köhler 9 Attributionstheorie ▪ Fehler und Vorurteile verzerren die Wahrnehmung ▪ Fundamentaler Attributionsfehler – Wir unterschätzen den Einfluss von externen Faktoren und überschätzen den Einfluss von internen Faktoren wen wir das Verhalten anderer bewerten ▪ Selbstwertdienliche Verzerrung – Wir schreiben eigenen Erfolg internen Faktoren und eigenes Versagen externen Faktoren zu Dr. Ekkehard Köhler 10 Häufige Verzerrungen bei der Beurteilung anderer ▪ Selektive Wahrnehmung – Es ist wahrscheinlicher, dass wir eine Peron oder eine Sache wahr- nehmen, die heraussticht – Wir nehmen Dinge in Abhängigkeit zu unseren Interessen, Hintergrund, Erfahrungen und Einstellungen wahr − Wir mögen es unsere Erwartungen und Erfahrungen zu bestätigen Dr. Ekkehard Köhler 13 Häufige Verzerrungen bei der Beurteilung anderer ▪ Halo-Effekt – Tendenz von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte Eigenschaften zu schließen ▪ Kontrast-Effekt – Bewertung des Charakters und Verhaltens einer Person wird durch den Vergleich mit anderen Personen beeinflusst Dr. Ekkehard Köhler 16 Häufige Verzerrungen bei der Beurteilung anderer ▪ Stereotypisierung – Bewertung einer Person auf Basis von Gruppenzugehörigkeit – Problem: Diese Generalisierung muss nicht stimmen → Wir müssen unser Verhalten kontrollieren um nicht unfairerweise Stereotype in unseren Einschätzungen und Bewertungen einfließen zu lassen Dr. Ekkehard Köhler 17 Häufige Verzerrungen in Organisationen ▪ Einstellungsgespräch – Interviewers Wahrnehmungsurteile sind häufig ungenau – Erster Eindruck wird zu stark gewichtet und nicht adäquat angepasst ▪ Performance Erwartungen – Menschen versuchen ihre Wahrnehmungen gültig werden zu lassen, selbst wenn diese falsch sind – Selbsterfüllende Prophezeiung (self-fulfilling prophecy): Erwartungen von anderen beeinflussen unser Verhalten Dr. Ekkehard Köhler 18 Häufige Verzerrungen in Organisationen ▪ Performance Erwartungen – Die Karriere von Angestellten hängt stark von der Leistungsbeurteilung ab – Viele Jobs werden subjektiv evaluiert – Beurteilungsfehler durch selektive Wahrnehmung, Kontrast-Effekte, Halo- Effekte und Stereotypisierung Dr. Ekkehard Köhler 19 Wahrnehmung und Entscheidungen ▪ Entscheidungen sind Wahlen zwischen zwei oder mehr Alternativen ▪ Unsere Wahrnehmung bestimmt – Welche Informationen wir als relevant erachten – Wie wir diese Informationen interpretieren – Welche Alternativen es gibt und wie wir diese bewerten – Wie wir die Situation bewerten in der die Entscheidung getroffen werden muss Dr. Ekkehard Köhler 21 Rationale Entscheidungen ▪ Konsistente, wertmaximierende Entscheidungen unter bestimmten Restriktionen ▪ Annahmen – Vollständige Information – Fähigkeit alle relevanten Optionen nicht bzw. unverzerrt identifizieren zu können – Wahl der Option mit dem größten Nutzen Dr. Ekkehard Köhler 22 Gebundene Rationalität ▪ Wir haben aber lediglich beschränkte Informationsverarbeitungskapazität ▪ Menschen optimieren nicht, sie stellen sich zufrieden – Komplexe Probleme werden auf einen Level reduziert der einfach erfasst werden kann – Wahl einer Lösung die “gut genug” ist statt optimal – Wesentlich günstiger mit Blick auf Zeit, Energie und Geld (vgl. Transaktionskostenansatz) Dr. Ekkehard Köhler 23 Intuition ▪ Unbewusster Prozess auf Grundlage früherer Erfahrungen ▪ Basiert auf Assoziationen, der Verknüpfung von verschiedenen Informationen und Emotionen ▪ Sehr, sehr schnell ▪ Hilfreich um Urteile zu treffen in Kombination mit empirischen Belegen und einem guten Urteils- vermögen Dr. Ekkehard Köhler 24 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Überbewertungsschwäche – Überbewertung unserer Fähigkeiten im Vergleich zu den Fähigkeiten anderer – Am höchsten bei Personen mit niedrigen intellektuellen und interpersonalen Fähigkeiten – Beispiele 93% aller Amerikanischer Autofahrer bewerten sich besser als der Median Circa 90% aller Unternehmensgründer glauben sie werden erfolgreich sein, nur ungefähr 10% sind es Dr. Ekkehard Köhler 26 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Ankereffekt und unzureichende Korrektur – Die Tendenz an anfänglichen Informationen festzuhalten und diese angemessen durch spätere Informationen zu ergänzen – Das Gehirn berücksichtigt die erste Information überproportional stark – Beispiele in Organisationen ▪ Verhandlungen ▪ Einstellungsgespräche ▪ Gerichtsverfahren ▪ Werbung… Dr. Ekkehard Köhler 28 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Bestätigungsfehler – Tendenz Informationen auszuwählen die unsere vergangenen Entscheidungen bestätigen und Informationen abzuwerten, die unseren damaligen Entscheidungen widersprechen – Tendenz Informationen zu akzeptieren die unsere bestehenden Sichtweisen bestätigen – Eine Form des Selektionseffekts Dr. Ekkehard Köhler 29 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Verfügbarkeitsfehler – Tendenz sein Urteil auf bereits zur Verfügung stehenden Informationen zu treffen – Führt häufig zu einer Verzerrung der Risikowahrnehmung Menschen haben mehr Angst vor einem Flugzeugabsturz als in einem Autounfall zu sterben Menschen fürchten einen Haiangriff mehr als von einem Teil aus einem Flugzeug getroffen zu werden Menschen spielen Lotto – Wir überbewerten neuere Informationen Bei Leistungsbewertungen wird mehr Gewicht auf das kürzliche Angestelltenverhalten gegeben Dr. Ekkehard Köhler 30 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Eskalierender Kommitmentfehler – Tendenz, sich gegenüber einer früher getroffenen Entscheidung verpflichtet zu fühlen und diese über die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen zu stützen, obwohl sich diese Entscheidung bisher als ineffektiv erwiesen hat – Am wahrscheinlichsten wenn sich Menschen verantwortlich für das Ergebnis fühlen – Ähnlich dem sunk cost-Ansatz Alte Kosten die nicht zurückgeholt werden können werden als relevante Kosten behandelt Unternehmen investieren weiter in ruinöse Projekte Dr. Ekkehard Köhler 31 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Risiko Aversion – Tendenz einen sicheren moderaten Gewinn einem risikoreicherem höheren zu bevorzugen – Folgen ▪ Wir bleiben bei bekannten Strategien die das Risiko minimieren anstatt innovative Methoden auszuprobieren ▪ Ambitionierte Menschen mit temporärer Macht sind sehr risikoavers, z.B. bei langfristigen Investitionen – Aber: Riskantes Verhalten steigt stark an, wenn man versucht Verluste zu verhindern Dr. Ekkehard Köhler 32 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Verlustaversion – Asymmetrische Nutzen- funktion (Prospect Theory) ▪ Verlustaversion → Nutzenfunktion ist steiler für Verluste ▪ Beispiel: Bronzegewinner sind glücklicher als Silbermedalliengewinner Dr. Ekkehard Köhler 33 Häufige Fehler bei Entscheidungen ▪ Status Quo-Fehler – Bevorzugung der gegenwärtigen Situation – Tendenz bei alten Lösungen zu bleiben – Behindert Innovationen – Eng verwandt mit der Anker- und Verlustheuristik https://science.sciencemag.org/content/302/5649/1338/tab-pdf Dr. Ekkehard Köhler 34 Prinzipal-Agent-Theorie ▪ Die Prinzipal-Agent-Theorie beschäftigt sich mit den Konsequenzen asymmetrischer Informationen zwischen Vertragspartnern: − Ein Prinzipal betraut einen Agenten mit der Durchführung bestimmter Aufgaben. − Dabei entsteht das Problem, dass der Prinzipal das Handeln des Agenten nicht vollständig beobachten kann. − Der Agent verfügt somit über einen Handlungsspielraum , den er zur Maximierung seines Nutzens – und nicht den des Prinzipals! – nutzen kann ▪ Das Hauptinteresse der Prinzipal-Agent-Theorie gilt somit der optimalen Vertragsgestaltung unter Annahme asymmetrischer Information Dr. Ekkehard Köhler 6 Signaling ▪ Signale als Lösungsmöglichkeiten für Adverse selection-Probleme ▪ Die besser informierte Marktseite: − Akteure unterscheiden sich im Hinblick auf ein bestimmtes Qualitätsmerkmal − Anreize zur Informationsaufdeckung haben nur die Anbieter hoher Qualitäten − Problem: Die andere Marktseite ist misstrauisch Dr. Ekkehard Köhler 11 Signaling ▪ Lösung: Die Anbieter hoher Qualitäten müssen etwas kostenintensives und überprüfbares tun, um ihre Qualität glaubhaft zu signalisieren ▪ Separierendes Gleichgewicht: Die Anbieter hoher (niedriger) Qualitäten setzen das Signal (nicht) ▪ Beispiele: Bildungszertifikate, Garantieleistungen, Zertifikate über die Warenqualität Dr. Ekkehard Köhler 12 Screening ▪ Prüfen als Lösungsmöglichkeit für Adverse selection-Probleme ▪ Die schlechter informierte Marktseite will ihr Informationsdefizit verringern − Tests − Self-selection ▪ Die besser Informierten müssen dazu gebracht werden, private Informationen aufzudecken Dr. Ekkehard Köhler 13 Self-Selection (Salop/Salop 1976) ▪ Unternehmen möchte eine Stelle besetzen; es bewerben sich viele Kandidaten ▪ Ziel: Der neue Mitarbeiter soll möglichst lange im Betrieb verweilen ▪ Problem: Asymmetrische Informationsverteilung im Hinblick auf das Bindungsinteresse des Bewerbers Dr. Ekkehard Köhler 14 Moral Hazard ▪ Nachvertraglicher Opportunismus, hidden action ▪ Eine Marktseite führt nach Vertragsabschluss eine ineffiziente Handlung aus, die die andere Seite nicht oder nur schlecht beobachten kann, ohne die vollen Konsequenzen dafür tragen zu müssen ▪ Beispiele: Versicherungsbetrug, Leistungszurückhaltung am Arbeitsplatz (Shirking) ▪ Lösungsansätze − Kontrolle − Leistungsabhängige Verträge Dr. Ekkehard Köhler 16 Asymmetrische Information ▪ Agent besitzt Informationsvorsprung, da er eigene Qualität besser kennt und eigenes Verhalten selbst festlegen kann ▪ Agent wird diese Informationsasymmetrie ggf. zu Ungunsten des Prinzipals ausnutzen, wenn dies seinen eigenen Zwecken dienlich ist (Moral Hazard und Drückebergerei) Dr. Ekkehard Köhler 18 Typologie von Informationsasymmetrien 1. Hidden Characteristics (ex-ante) Problem: ”Adverse Selection” (Negativauslese) 2. Hidden Action / Hidden Information (ex-post) Problem: ”Moral Hazard” (moralische Versuchung) 3. Hidden Intention (ex-post) Problem: ”Hold Up” Dr. Ekkehard Köhler 20 Hidden Characteristics ▪ Der Prinzipal kennt bestimmte, unveränderliche (bzw. nicht mehr kostenlos veränderbare) Eigenschaften des Agenten (oder der von ihm angebotenen Güter und Dienstleistungen) vor Vertragsabschluss nicht, er kann also die Qualität der angebotenen Leistung vor Vertragserfüllung (ex ante) nicht beurteilen ▪ Daher besteht die Gefahr, dass es zu adverser Selektion (nachteiliger Auswahl) kommt, dass also systematisch unerwünschte Vertragspartner ausgewählt werden Dr. Ekkehard Köhler 21 Hidden Action / Hidden Information ▪ Hidden action bedeutet, dass der Agent diskretionäre Spielräume hat, der Prinzipal seine Handlungen nicht (vollständig) beobachten kann ▪ Beispiele für hidden action: Arbeitsverhältnisse, Werkstattaufenthalt eines Autos, Versicherungsverhältnisse ▪ Hidden information liegt vor, wenn der Prinzipal zwar die Handlungen beobachten kann, deren Qualität aber (z.B. aufgrund mangelnder Fachkenntnis) nicht einschätzen kann ▪ Beispiele für hidden information: Patient-Arzt-Beziehung Dr. Ekkehard Köhler 22 Hidden Action / Hidden Information ▪ In beiden Fällen ist das Problem, dass der Prinzipal auch nach Vertragserfüllung (ex post) nicht beurteilen kann, ob das Ergebnis durch qualifizierte Anstrengungen des Agenten erreicht wurde, oder ob (bzw. wie sehr) die Umweltzustände das Ergebnis beeinflusst haben ▪ Dieses Unwissen kann der Agent opportunistisch ausnutzen, ohne nachträglich entlarvt zu werden, was als Moral Hazard bezeichnet wird Dr. Ekkehard Köhler 23 Hidden Intention (verborgene Absicht) ▪ Selbst ohne Hidden-Action- oder Hidden-Information- Probleme kann es in bestimmten Fällen immer noch zu Problemen dadurch kommen, dass der Prinzipal ex-ante die Absichten des Agenten nicht kennt ▪ Tätigt der Prinzipal Investitionen, die er nicht rückgängig machen kann (sunk costs), kommt er in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Agenten. Er hat nach Vertragsschluss keine Möglichkeit mehr, den Agenten zu einem erwünschten Verhalten zu bewegen (kein glaubwürdiges Drohpotenzial) ▪ In diesem Zusammenhang spricht man von der Hold-up- Gefahr, wenn der Agent dies ausnutzen kann, um sich selbst einen Vorteil auf Kosten des Prinzipals zu verschaffen Dr. Ekkehard Köhler 24 F. A. Hayek zur Ordnungsfrage Hayek versteht unter einer Ordnung einen Zustand „in dem verschiedenartige Elemente in großer Anzahl so aufeinander bezogen sind, dass die Kenntnis eines räumlichen oder zeitlichen Teiles des Ganzen uns erlaubt, richtige Erwartungen hinsichtlich des Übrigen zu bilden oder zumindest Erwartungen, die sich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit als richtig herausstellen“. Friedrich von Hayek (1960) Dr. Ekkehard Köhler 7 Zwei Arten von Ordnungen Ordnungen in der Gesellschaft Oikonomia Catallaxia Unternehmen / Firma Märkte Militär Straßenverkehr Fußballverein Fußballspiel Regierung Gesellschaft Dr. Ekkehard Köhler 8 Spontane Ordnung ▪ Spontane Ordnungen sind das nicht-intendierte Ergebnis menschlichen Zusammenlebens: “results of human action but not of human design” (Hayek 1966) ▪ Individuen verfolgen ihre eigenen Ziele und versuchen diese über soziale und wirtschaftliche Prozesse zu erreichen (vgl. Prinzip der unsichtbaren Hand) ▪ Beispiele: Markt, Recht und Sprache ▪ Sie setzen die Existenz von Regeln voraus, die die Verfolgung der eigenen Ziele und die Nutzung eigener Fähigkeiten erlauben: abstrakte Regeln ▪ Abstrakte Regeln verbieten lediglich unerlaubtes Verhalten Dr. Ekkehard Köhler 9 Organisation ▪ Auch: gesetzte Ordnung oder konstruierte Ordnung ▪ Sie ist das Ergebnis einer Anordnung, also eines bewussten Entwurfs ▪ In einer Organisation werden die Handlungen von einer zentralen Instanz auf die Realisierung eines gemeinsamen Zielsystems hin angeordnet und kontrolliert. ▪ Beispiele: Staaten, Militär und Unternehmen ▪ Organisationen verlangen die Existenz konkreter Regeln, die das Verhalten der Organisationsmitglieder vorgeben („Gebote“) Dr. Ekkehard Köhler 10 Spontane Ordnung Organisation Ergebnis menschlichen Handels, Bewusster Entwurf aber nicht menschlichen Entwurfs Abstrakte Regeln Konkrete Regeln ▪ Regeln, die die Verfolgung ▪ Verhalten wird vorgeschrieben individueller Ziele erlauben oder geboten ▪ Verbieten die Formen ▪ Verfolgung individueller Ziele unerlaubten Verhaltens eingeschränkt Alle Gesellschaften machen von beiden Arten von Ordnungen und Regeln Gebrauch, die Gewichte sind jedoch unterschiedlich Dr. Ekkehard Köhler 11 3 Versuch und Irrtum ▪ Hayek erklärte in seiner Theorie der kulturellen Evolution die Entstehung abstrakter Regeln und spontaner Ordnungen ▪ Er sieht abstrakte Regeln als das Ergebnis eines langen Siebungsprozesses ▪ In den Regeln ist damit das Wissen vergangener Generationen über vorteiliges oder nachteiliges Handeln gespeichert (Akkumulation von Wissen) ▪ Durch die Befolgung tradierter Regeln können Menschen Wissen nutzen, das das Ergebnis des Experimentierens vieler Generationen verkörpert Dr. Ekkehard Köhler 16 Kultur und Vernunft ▪ Die Entwicklung der modernen Zivilisation kann damit nach Hayek nicht als das Konstrukt der Vernunft aufgefasst werden. Vernunft und Kultur haben sich vielmehr im Zuge der kulturellen Evolution parallel entwickelt ▪ Schichten der Verhaltensregeln: − Genetisch verankerte Regeln − Konkrete Regeln der Stammesgesellschaften − Abstrakte Regeln als Basis der Zivilisation Dr. Ekkehard Köhler 18 Lock-In-Effekte ▪ Gewöhnung an bestimmte Produkte, Dienstleistungen, Anbieter oder Technologien die es dem Konsumenten wegen entstehender Wechselkosten und sonstiger Hürden erschweren, das Produkt oder den Anbieter zu wechseln ▪ Häufigste Ursachen ▪ Vertragliche Bindung ▪ Training und Lerneffekte ▪ Suchkosten ▪ Gewöhnungseffekte Dr. Ekkehard Köhler 25 Mentale Modelle ▪ In der „kulturellen Evolution“ (Hayek) entwickelten sich Verstand und Kultur gleichzeitig ▪ Bedeutung „mentaler Modelle“ (North) als Klassifikationen, um die Welt zu erklären und interpretieren ▪ Historische Prozesse, Pfadabhängigkeiten, institutionelle Arrangements und mentale Modelle sind unerlässlich für die Erklärung institutionellen Wandels und wirtschaftlicher Prozesse Dr. Ekkehard Köhler 27 Kultur ▪ Damit wird deutlich, dass Kultur ein menschliches Phänomen darstellt ▪ Kultur, menschliche Evolution und wirtschaftliche Entwicklung sind eng miteinander verknüpft ▪ Dadurch wird Kultur für das Verständnis menschlichen Handelns - und damit auch wirtschaftlichen Handelns – unerlässlich ▪ Ökonomische Phänomene müssen in ihrer kulturellen Bedingtheit verstanden werden Dr. Ekkehard Köhler 29 Individuum und Gesellschaft ▪ Die historischen Erfahrungen einer Gesellschaft werden kollektiv von einer Generation zur nächsten weitergegeben. ▪ Das „Erlernen“ der Kultur erfolgt jedoch auf individuellem Niveau. ▪ Damit rückt die Entstehung individueller Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata sowie die Präferenzbildung in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses Dr. Ekkehard Köhler 30 Evolution of Kooperation: Tit for Tat Warum ist Tit-for-Tat so erfolgreich? (Axelrod 1987: 18) ▪ Freundlichkeit: Kooperation, solange der Mitspieler kooperiert ▪ Nicht ausbeutbar: Eine Defektion wird unmittelbar vergolten ▪ Nachsichtigkeit: Eine Defektion wird nur einmal vergolten, Tit-for-Tat ist nicht nachtragend ▪ Verständlichkeit und Einfachheit des Verhaltens, dadurch Verlässlichkeit Zwei strukturelle Komponenten ▪ Schatten der Vergangenheit (Defektion wird mit Defektion erwidert) ▪ Schatten der Zukunft (Reputation und Verlässlichkeit) Dr. Ekkehard Köhler 44 Fazit ▪ Zwei Formen der Ordnung: Unternehmen sind Organisationen in spontanen Ordnungen (Märkten) ▪ Geschichte und Kultur sind wichtig für die Erklärung ökonomischer und betriebswirtschaftlicher Prozesse ▪ Kooperation ist ohne zentrale Organisationsgewalt möglich Dr. Ekkehard Köhler 46 Subjektive Wert- und Preistheorie ▪ Der relative Tauschwert der Güter wird aus den Gebrauchswerten, und zwar jeweils aus der letzten verbrauchten Gütereinheit (aus dem Grenznutzen) hergeleitet ▪ Wichtiger Vorreiter: Hermann Heinrich Gossen ▪ „Die Größe ein und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitung des Genusses ununter- brochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt.“ (Erstes Gossen‘sches Gesetz) ▪ „Der Mensch erlangt... ein Größtes von Lebens- genuss, wenn er sein ganz erarbeitetes Geld... der Art auf die verschiedenen Genüsse vertheilt,... Dass bei jedem einzelnen Genuss das letzte darauf verwendete Geldatom den gleich großen Genuss gewährt.“ (Zweites Gossen‘sches Gesetz) Dr. Ekkehard Köhler 11 Grenznutzenschule ▪ Unterschiedliche Terminologie, aber gleicher Grundgedanke ▪ Alle Autoren sehen in den Nutzeneinschätzungen der Verbraucher (subjektiv!) Ursache und Bestimmungsgrund für den Wert und den Tauschwert eines Gutes ▪ Erstens: Der Nutzen der zuletzt verbrauchten Gütereinheit (Grenznutzen), der mit zunehmender Verbrauchsmenge abnimmt, ist entscheidend auch für den Wert der übrigen verbrauchten Gütereinheit ▪ Zweitens: Ein Nutzenmaximum wird erreicht, wenn alle Bedürfnisse so weit befriedigt sind, dass der durch den Güterpreis dividierte Grenznutzen eines jeden Gutes (der Grenznutzen des Gelds) gleich ist Dr. Ekkehard Köhler 14 Grenznutzenschule ▪ Lösung des Wertparadoxons: Wasser, das reichlich vorhanden ist, hat zwar einen hohen Gesamtnutzen, doch ist der Nutzen der letzten Einheit klein und damit auch der Wert gering. Ein Gut wie Diamanten, das in nur kleiner Menge vorhanden und auch nicht vermehrbar ist, hat zwar einen geringen Gesamtnutzen, doch ist der Nutzen der letzten Einheit und damit sein Wert hoch ▪ Preise werden nicht anhand einzelner Bestandteile (insb. Lohn und Profit) abgeleitet, sondern die Kostenbestandteile folgen einem einheitlichen Prinzip, dem Grenznutzenprinzip. ▪ Nutzen ist kardinal messbar (Pareto zeigt später, dass ordinale Messung ausreicht) Dr. Ekkehard Köhler 15 Grenznutzenschule ▪ Walras gelingt es, eine Totalanalyse wirtschaftlicher Prozesse vorzulegen und damit erstmals eine formal- analytische Begründung der Konkurrenzwirtschaft zu geben: ▪ Ein Haushalt maximiert seine Nutzenfunktion als Mengenanpasser unter der Nebenbedingung, dass seine als dem Verkauf produktiven Diensten resultierenden Einnahmen seine Güterausgeben decken => allgemeine Angebotsfunktion für jeden produktiven Dienst und allgemeine Nachfragefunktion für jedes Gut ▪ Unternehmen maximieren ihren Gewinn unter den Nebendingung einer gegebenen Produktionsfunktion => allgemeine Nachfragefunktion für produktive Dienste und allgemeine Angebotsfunktion für Güter ▪ Modell vollständiger Konkurrenz, anhand dessen sich mittels Grenznutzenprinzips alle Preise und Mengen bestimmen lassen Dr. Ekkehard Köhler 16 Neoklassik: Prinzip der Nutzenmaximierung Viele Soziologen*innen und Verhaltens- ökonomen*innen lehnen folgende Annahmen Gut 1 der traditionellen Neoklassik ab: 1. Vollständigkeit: Wir beziehen alle Optionen in unseren optimalen Verhaltensplan ein, und Zunehmender alle Güter lassen sich miteinander vergleichen Nutzen 2. Transitivität: Unsere Präferenzen C widersprechen sich nicht, z.B. wenn C > B und B > A, dann C >A A B 3. Mehr ist besser: Esist immer besser, mehr Optionen zu haben, und es ist immer besser (oder zumindest nie schlechter), mehr von einem Gut zu haben (ceteris paribus) 4. Exogenität: Unsere Präferenzen sind „unsere Sache“ und hängen nicht vom Verhalten anderer Gut 2 ab („De gustibus non est disputandum“) Dr. Ekkehard Köhler 18 Allgemeine Form der Nutzenfunktion ▪ Einer zweidimensionalen Indifferenzkurvenschar (vorige Folie) liegt die Nutzenfunktion U = U(x1, x2) zu Grunde (Bilden Sie das totale Differenzial, setzen Sie gleich Null, und lösen Sie nach dx2/dx1 auf, um die Steigung der Indifferenzkurve zu erhalten) ▪ Die allgemeine Form der Nutzenfunktion ist U = U(x1, x2,…, xN), wobei N die Anzahl aller denkbaren Güter ist. Statt der zweidimensionalen Indifferenzkurve ergibt sich hieraus eine N-dimensionale Indifferenzhyperoberfläche. Im optimalen Konsumpunkt tangiert die Budgethyperfläche das N-dimensionale Pendant der Budgetgeraden (Hyperebene) ▪ Die für die optimale Haushaltsentscheidung relevanten Güter sind alle Konsumgüter und Freizeitaktivitäten in der Gegenwart und in der Zukunft Dr. Ekkehard Köhler 19 Das Problem der Vergleichbarkeit von Optionen (Vollständigkeit der Präferenzordnung) ▪ Vollständigkeit bedeutet, dass wir alle Optionen miteinander vergleichen können ▪ Laut neoklassischer Mikroökonomik müssen wir nur die nächstbeste Alternative betrachten, wenn wir die Opportunitätskosten einer Aktivität bestimmen wollen ▪ Problem: Ein Film ist in einer anderen Dimension die nächstbeste Alternative zu einem gemütlichen Abendessen im Restaurant als auf eine Party gehen. Musik im Jazz-Club ist in einer anderen Dimension die nächstbeste Alternative, und Tanzen-Gehen wieder in einer anderen Dimension ▪ Was tun? Dr. Ekkehard Köhler 22 Die Transitivitätsannahme ▪ Transitivität: Wenn Sie A gegenüber B bevorzugen (A>B), und B gegenüber C (B>C), dann bevorzugen Sie A gegenüber C (A>C) ▪ Triviales Beispiel: Ich mag Cola lieber als Cola light, und ich mag Cola light lieber als Orangenlimo, also mag ich Cola lieber als Orangenlimo ▪ Aber was passiert, wenn es sehr viele Alternativen gibt, die viele verschiedene und komplexe Dimensionen haben? ▪ Und: Wenn ich mich einmal für etwas entschieden habe, verändert das meine Präferenzen? Dr. Ekkehard Köhler 24 Das Easterlin-Paradox Easterlin-Paradox: Wenn sich die Einkommen aller erhöhen, erhöht sich nicht die Zufriedenheit aller! Ab einem bestimmten durchschnittlichen Pro-Kopf- Einkommen besteht kein Zusammenhang mehr zwischen dem durchschnittlichem Pro- Kopf-Einkommen und der Lebenszufriedenheit der Menschen Dr. Ekkehard Köhler 35 Das Paradox der Wahlfreiheit ▪ Laut neoklassischer Mikroökonomik müssen wir nur die nächstbeste Alternative betrachten, wenn wir die Opportunitätskosten einer Aktivität bestimmen wollen ▪ Problem: Wir können mit wachsender Produktvielfalt zwischen immer mehr Optionen wählen ▪ Öffentliche Güter und die sozialen Sicherungssysteme werden privatisiert, und wir können zwischen verschiedenen Modellen wählen ▪ Rente: Hohes oder geringes Risiko? Riestern oder selbst mit Aktien handeln? ▪ Krankheit: Höhere Eigenbeteiligung oder höhere Prämie? ▪ Pflege: Auf Familie setzen, gesetzliche Pflegeversicherung, private Zusatzvorsorge? ▪ Bildung: Staatliche oder private Schule bzw. Universität? Dr. Ekkehard Köhler 36 Ungewisse Zukunft ▪ Sollten Sie sich heute nicht stärker verschulden, gegeben Ihr zu erwartendes Einkommen in der Zukunft? ▪ Wissen Sie, wie viel sie in den nächsten Jahren/Jahrzehnten sparen müssen, damit Sie im Alter Ihren Lebensstandard halten können? ▪ Setzen Sie bei Ihrer privaten Altersvorsorge auf Aktien, Staatsanleihen, Unternehmens- anleihen, verbriefte Konsumentenkredite aus den USA, Immobilien, Gold? Dr. Ekkehard Köhler 37 Sozialer Status ▪ Aber: Es geht um mehr als um das Haus: Wenn Sie in einem relativ großen Haus wohnen, leben Sie i.d.R. − in einer „guten“ Wohngegend, − in der es weniger Kriminalität gibt, − in der die Schulen besser sind. − Kurzum: Ihr sozialer Status ist höher. ▪ Wenn sich im Laufe der Zeit die Größe jedes einzelnen Hauses verdoppelt, besteht die Korrelation zwischen relativer Größe des Hauses und sozialem Status immer noch Dr. Ekkehard Köhler 41 Die Grenzen des menschlichen Verstandes ▪ Viele Kritiker halten den Homo oeconomicus für ein artifizielles Konstrukt, dessen Fähigkeit, sich stets für die optimale Lösung zu entscheiden, nichts mit dem menschlichen Entscheidungsverhalten in der realen Welt zu tun hat ▪ Menschen sind nicht in der Lage: − Alle denkbaren Alternativen wahrzunehmen − Alle Konsequenzen denkbarer Alternativen abzuschätzen − Eine vollständige und konsistente Bewertung möglicher Ergebnisse vorzunehmen Dr. Ekkehard Köhler 43 Satisfizieren ▪ Herbert Simon erkannte 1955, dass die Annahme vollständiger Rationalität in einer von Unsicherheit geprägten Welt schwierig ist ▪ Die Grenzen des Intellekts subsumiert Simon unter dem Begriff der „beschränkten Rationalität“ („bounded rationality“). ▪ Die Annahme der individuellen Nutzenmaximierung wurde von ihm durch das so genannte „Satisfizieren“ ersetzt: − Die Individuen bilden realistisch erscheinende Anspruchsniveaus aus − Erst wenn ein Anspruchsniveau unterschritten wird, beginnen die Individuen nach alternativen Handlungsmöglichkeiten zu suchen, die von den routinemäßig gewählten Handlungen abweichen Dr. Ekkehard Köhler 44 Regelrationalität ▪ Der Mensch ist also nicht fähig zu optimieren ▪ Er ist vielmehr ein regel- und routinegesteuerter Organismus, der sich mit zufriedenstellenden Ergebnissen begnügt ▪ Unter Unsicherheit kann es deswegen rational sein, Regeln als Entscheidungshilfen zu nutzen ▪ Ronald Heiner griff diese Idee 1983 auf und entwickelte sie weiter. Er verweist insbesondere auf die Lücke zwischen der Schwierigkeit des zu lösenden Problems und der geistigen Kompetenz des Akteurs, das Problem zu lösen Dr. Ekkehard Köhler 45 Fazit ▪ Ökonomik als subjektive Wertlehre und Marginalitätsbetrachtung ▪ Vier fragwürdige Annahmen der neoklassischen Nutzenmaximierungstheorie –Vollständigkeit der Nutzenfunktion –Transitivität der Präferenzen 5 –„Mehr ist besser“ –Exogene Präferenzen Dr. Ekkehard Köhler 47 Fazit ▪ „Irrationales“ Verhalten im engeren Sinne beruht i.d.R. auf Verstößen gegen Annahmen 1-3 − Individuen, die gegen diese Annahmen verstoßen, bereuen dies i.d.R. im Nachhinein ▪ Verstöße gegen Annahme 4 sind nicht wirklich „irrational“ 5 − Sie werden i.d.R. nicht bereut und lassen sich nicht durch ökonomische Bildung „ausmerzen“ − Sie haben vielmehr systemischen Charakter Dr. Ekkehard Köhler 48