Studienbrief: Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie PDF

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Hamburger Fern-Hochschule

2018

Marc Wettlaufer

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werkstofftechnik industrielle prozesse simultaneous engineering studienbrief

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This document is a study brief on industrial processes in materials technology. It covers strategies, processes, simultaneous engineering, and parallelisation. The author is Prof. Dr.-Ing. Marc Wettlaufer and the publication date is 2018.

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Studienbrief Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie Strategien und Prozesse, Simultaneou...

Studienbrief Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie Strategien und Prozesse, Simultaneous Engineering – Parallelisierung Teil 1 Prof. Dr.-Ing. Marc Wettlaufer 1IPW 01-1313-001-2 01-1313-001-2_mm_ipw_001_Titel.indd 1 26.02.2018 07:58:54 Impressum Verfasser Prof. Dr.-Ing. Marc Wettlaufer Marc Wettlaufer ist seit Oktober 2011 Professor für Werkstofftechnik der Metalle an der Hochschule Heilbronn. Von 1988 bis 1996 studierte er Physik an den Universitäten in Freiburg und Aachen. Im Anschluss promovierte er am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf. Von 1999 bis 2002 arbeitete er für die BLANCO GmbH & Co. KG und ab 2002 bis zu seiner Professur in Heilbronn für die GETRAG GmbH & Cie. KG. Lektorat Dr. Anja Günther Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hamburger Fern-Hochschule Satz/Repro Haussatz Redaktionsschluss Juli 2015 2. Auflage 2018  HFH · Hamburger Fern-Hochschule, Alter Teichweg 19, 22081 Hamburg Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbe- sondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehal- ten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Hamburger Fern-Hochschule reproduziert oder unter Verwendung elektroni- scher Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Gedruckt auf 100 % chlorfrei gebleichtem Papier. Einführung in das Teilmodul Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie Einführung in das Teilmodul Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie Werkstofftechnik ist eine Disziplin, die in vielen Fachbüchern mit einem rein tech- Werkstofftechnik in der nischen Aspekt behandelt wird. In der industriellen Praxis hingegen können werk- industriellen Praxis stofftechnische Konzepte nur dann erfolgreich realisiert werden, wenn sie in den Kontext betrieblicher Abläufe integriert sind. Größer angelegte Werkstoffprojekte betreffen in der Regel mehr als eine Abteilung Werkstoffprojekte und können ggf. sogar konzernübergreifend relevant sein. Organisatorische Struk- turen, interne Abläufe und personelle Konstellationen müssen bekannt sein und adäquat berücksichtigt werden. Dafür müssen alle Bereiche, die einen Einfluss auf den Projekterfolg haben können, involviert werden. Eine aktive Teilnahme be- stimmter Mitarbeiter aus den betroffenen Abteilungen ist dafür unverzichtbar und geht über die reine Information der geplanten Aktivitäten hinaus. In der Regel sind Mitarbeiter jedoch mit anderen, projektfremden Aufgaben beauf- tragt und können nicht ohne Weiteres an darüber hinausgehenden Aktivitäten teil- nehmen. Um ihre Mitarbeit an einem konzernübergreifenden Werkstoffprojekt zu ermöglichen, ist Überzeugungsarbeit notwendig, die nur gelingen kann, wenn die abteilungsinternen Aufgaben und Aktivitäten genau bekannt sind. Entscheidend ist zudem, dass die Abteilungs- und Unternehmensleitung vom Sinn des Projekts und vom eigenen Nutzen des Projekterfolgs überzeugt sind. Die werkstofftechnischen Entscheidungen können zum Teil sehr weitreichend und komplex in ihren Auswirkungen sein. Eine sehr gute Kenntnis der werkstoffkund- lichen Grundlagen und des im Projekt erforderlichen Spezialwissens ist deshalb von entscheidender Bedeutung. Mit fortschreitendem Projektverlauf reduzieren sich die Änderungsmöglichkeiten. Einmal gefällte Entscheidungen können unter Umständen gar nicht oder nur sehr schwer geändert werden. Fehlentscheidungen zu Projektbeginn können unter Umständen verheerende Auswirkungen haben. Das Teilmodul verfolgt im Einzelnen folgende Ziele: Studienziele des Teilmoduls Entwicklung des Konzepts einer Werkstoffstrategie, um eine ganzheitliche und strukturierte Herangehensweise an industrielle Prozesse in der Werkstofftechno- logie zu verstehen erkennen, dass Werkstofftechnik über den Rahmen primär technisch-wissen- schaftlicher Betrachtung hinaus als strategischer und prozessorientierter Themen- komplex entwickelt werden kann verstehen, welchen Einfluss die Werkstofftechnik als integraler Bestandteil mo- derner Produktentwicklungsprozesse auf den Produkterfolg hat erkennen der Schnittstellen in industriellen Prozessen, um wichtige Entschei- dungen vom Design bis zur Serienproduktion bewerten und mitgestalten zu können Darstellung industrieller Prozesse und das Aufzeigen der Wechselwirkungen mit werkstofftechnischen Fragestellungen 3 Hamburger Fern-Hochschule Einführung in das Teilmodul Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie Inhaltliche Schwerpunkte Um die Studierenden in ihrer kommenden beruflichen Praxis zu befähigen, des Moduls komplexe Projekte mit werkstoffkundlichem Hintergrund zu realisieren, behandelt die vorliegende Studienbriefreihe folgende Inhalte: Darstellung und Erläuterung der Abläufe in industriellen Projekten Aspekte des Projektmanagements und der Produktionsplanung sowie die ver- bindende Phase der Industrialisierung Zahlreiche Praxisbeispiele, um den Stoff nachvollziehbar zu gestalten und um die konkrete Anwendbarkeit des Themas aufzuzeigen Im Unterschied zu vielen Lehrbüchern wird hier der Ansatz verfolgt, die Bezie- hungen zur angewandten Werkstofftechnik zu berücksichtigen. Typische Bücher zur Fertigungstechnik, zum Projektmanagement und zur Werkstofftechnik behan- deln in aller Regel diesen verbindenden Aspekt nicht. Diese Lücke soll durch die Studienbriefreihe geschlossen werden. Strukturierung Um den Stoff nachvollziehbar zu strukturieren, wird auf das später noch ausführ- der Studienbriefe lich diskutierte Konzept des Simultaneous Engineering (SE) zurückgegriffen. In der Studienbriefreihe erfüllt dieses Konzept zwei Aufgaben: Einerseits wird an- hand von SE aufgezeigt, in welcher Weise der Produktrealisierungsprozess intern strukturiert ist, d. h. wie Prozesse zeitlich aufeinander aufbauen, welche Abhängig- keiten einzelne Aktivitäten untereinander haben und wie Schnittstellen definiert und organisiert werden können. Gleichzeitig wird das Konzept des SE verwendet, um die Studienbriefe selbst zu strukturieren. Der Aufbau des Skripts richtet sich in seiner Gliederung an den drei Kernbegriffen des Simultaneous Engineering aus: der Standardisierung der Integration der Parallelisierung (Abb. E.1) Paralleli- sierung Simultaneous Engineering (SE) Standar- Integration disierung Abb. E.1: Die drei Hauptsäulen des Simultaneous Engineering sind die Standardisierung, die Integration und vor allem die Parallelisierung Den Begriffen sind eigene Kapitel gewidmet, in denen das jeweilige Konzept ge- schildert und gleichzeitig der Brückenschlag zur angewandten Werkstofftechnik aufgezeigt wird. 4 Hamburger Fern-Hochschule Einführung in das Teilmodul Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie Im 1. Studienbrief wird auf Strategien und Prozesse, wie die Werkstoffstrategie, Studienbriefe das Prozessmanagement sowie die Prozesskette Werkstofftechnologie, einge- gangen. Dem schließen sich Ausführungen zum Konzept und den Zielen des Simultaneous Engineerings an. Der restliche Teil des Studienbriefs widmet sich der Vermittlung der Grundlagen des Projektmanagements mit dem Fokus auf werk- stofftechnische Fragestellungen. Im 2. Studienbrief wird zunächst der typische zeitliche Verlauf eines Produktreali- sierungsprozesses beschrieben. Ausgehend vom Phasenmodell werden alle in ei- nem Projekt zu durchlaufenden Phasen mit den jeweiligen Aktivitäten und Risiken eingehend erläutert. Die Struktur des zugehörigen Textes richtet sich hierbei nach dem in Abb. E.2 dargestellten Schema. Im 3. Studienbrief wird der zweite Ansatzpunkt von SE, die Integration, näher be- leuchtet. Ziel ist es, die möglichst enge Verbindung der Einzelaktivitäten der ver- schiedenen in ein Projekt involvierten Bereiche in Hinblick auf die gemeinsamen Projektziele zu erörtern. Zudem werden die wichtigsten Komponenten des Pro- duktrealisierungsprozesses und die Abhängigkeiten voneinander vor dem Hinter- grund der Werkstofftechnik diskutiert. Dem schließen sich die Ausführungen zur dritten Säule des Simultaneous Engineering, die Standardisierung, an. Die im Pro- duktrealisierungsprozess werkstofftechnisch relevanten Ansätze zu dieser Maß- nahme werden an dieser Stelle erörtert. Angebot 1. Meilenstein Anfangsphase Projektstart 2. Meilenstein Vorstudie 3. Meilenstein Grobkonzept 4. Meilenstein Projektphase Frühe Detailkonzept 5. Meilenstein Industriali- sierung 6. Meilenstein Implemen- tierung Mittlere 7. Meilenstein Phase Serien- produktion 8. Meilenstein Projektende En- de 9. Meilenstein Abb. E.2: Projektmanagement, Phasenmodell 5 Hamburger Fern-Hochschule Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Einführung in das Teilmodul Industrielle Prozesse in der Werkstofftechnologie.......................................................................................... 3 Abkürzungsverzeichnis....................................................................................... 8 Einleitung............................................................................................................. 9 1 Strategien und Prozesse................................................................................. 10 1.1 Die Begriffe Strategie und Prozess.......................................................... 10 1.2 Werkstoffstrategie..................................................................................... 11 1.3 Prozessmanagement.................................................................................. 12 1.4 Prozesskette Werkstofftechnologie.......................................................... 14 Kontrollfragen und Übungsaufgaben............................................................... 15 2 Simultaneous Engineering............................................................................. 16 2.1 Definition des Simultaneous Engineering................................................ 16 2.2 Ziele des Simultaneous Engineering......................................................... 16 Kontrollfragen.................................................................................................. 17 3 Parallelisierung............................................................................................... 18 3.1 Allgemeiner Ablauf eines industriellen Projektes.................................... 18 3.2 Projektmanagement.................................................................................. 20 3.2.1 Projektmanagement vs. Line Management.................................... 21 3.2.2 Aspekte des Projektmanagements.................................................. 21 3.2.3 Erfolgsfaktoren im Projektmanagement......................................... 22 3.2.3.1 Topmanagement-Support.................................................. 22 3.2.3.2 Risikomanagement, FMEA............................................... 23 3.2.3.3 Stakeholder-Analyse, Umfeldanalyse................................ 23 3.2.3.4 Struktur, Transparenz........................................................ 24 3.2.3.5 Wissensmanagement......................................................... 24 3.3 Projektmanagement in werkstofftechnischen Projekten........................... 25 3.3.1 Arten von werkstofftechnischen Projekten.................................... 26 3.3.2 Erfolgsfaktoren in werkstofftechnischen Projekten....................... 27 3.3.3 Projektleitung................................................................................. 28 Kontrollfragen und Übungsaufgaben............................................................... 29 Zusammenfassung............................................................................................... 30 Glossar.................................................................................................................. 31 Antworten und Lösungen zu den Kontrollfragen und Übungsaufgaben....... 33 Literaturverzeichnis............................................................................................ 38 7 Hamburger Fern-Hochschule Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis SE Simultaneous Engineering SOP Start of Production EOP End of Production et al. et alii (und andere) FMEA Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse RPZ Risiko-Prioritätszahl LOP Liste offener Punkte 8 Hamburger Fern-Hochschule Einleitung Einleitung Denken und Handeln in Prozessen statt in isolierten Einzelaktivitäten ermöglicht Studieninhalte eine ganzheitliche Organisation und Optimierung von Vorgängen. Die Herausfor- derung besteht in einer geeigneten Strukturierung der hierfür notwendigen Aktivi- täten. Die Strukturierung ist notwendig, da Prozesse im Sinne aufeinander ein- wirkender und miteinander verbundener Vorgänge innerhalb eines Systems eine höhere Komplexität als der jeweils einzelne Vorgang aufweisen. Ein Weg, diese Strukturierung zu erreichen, besteht in der Anwendung der Instrumente des Prozessmanagements. So ist es möglich, auch die höhere Komplexität von Prozes- sen zu beherrschen. Die Weiterführung des Prozessgedankens führt zum Denken in Strategien, d. h. der Ausrichtung von Handlungen und Handlungssträngen in Bezug auf langfristige Ziele. In diesem Sinne kann eine weitreichende und ganzheitliche Umsetzung werkstofftechnischer Aspekte in Bezug auf industrielle Prozesse und Unterneh- mensabläufe nur gelingen, wenn eine geeignete Werkstoffstrategie vorliegt. Die hierfür notwendigen Kenntnisse werden im vorliegenden Studienbrief umrissen. Eine konkrete Umsetzung einer solchen Strategie im speziellen Anwendungsfall setzt eine weitere Auseinandersetzung mit der Thematik voraus, für die das ge- dankliche Fundament im Text gebildet wird. Die konkrete Umsetzung von Prozessen und Strategien kann ebenfalls nicht ohne eine adäquate Strukturierung der hierfür notwendigen Aktivitäten erfolgen. Hier helfen die Instrumente des Projektmanagements. Im vorliegenden Studienbrief wird die im Rahmen des Projektmanagements wichtige Parallelisierung von Vor- gängen beschrieben. Dem Leser wird es so möglich, zu verstehen, wie Projekte in sinnvolle Einheiten gegliedert werden können und wie diese Projektphasen zeitlich und inhaltlich verzahnt abgearbeitet und in Bezug auf ihren Erfüllungsgrad bewer- tet werden. Die Vorgehensweise, wie Prozesse und Strategien entwickelt werden und wie die Umsetzung dieser Vorgaben mit den Methoden des Projektmanagements erfolgt, stellt einen wichtigen Aspekt industrieller Abläufe dar. Diese Kenntnisse sind un- verzichtbar, um eigene Ideen umzusetzen und Optimierungspotenziale zu erkennen und zu realisieren. Die folgenden Kapitel sollen hierzu einen positiven Beitrag leis- ten. In diesem Studienbrief lernen Sie, wie komplexe Aufgaben durch Strukturierung Studienziele handhabbar gemacht werden. Um diese Aufgabe leisten zu können, wird der Be- griff des Prozesses eingeführt und erläutert. In diesem Zusammenhang wird aufge- zeigt, wie Prozesse aufgebaut und gesteuert werden können – Sie lernen die Grund- lagen des Prozessmanagements. Diese Lernziele werden nicht abstrakt eingeführt und behandelt, sondern konkret vor dem Hintergrund werkstofftechnischer Frage- stellungen entwickelt und werden so verständlich und anwendbar. Dem zentralen Begriff der Werkstoffstrategie, der unmittelbar mit dem Prozessgedanken verbun- den ist, wird hierbei breiter Raum eingeräumt. Das bewährte Konzept des Simulta- neous Engineering (SE) wird in diesem Studienbrief vermittelt. Sie lernen, welche Bedeutung die drei Säulen der SE – die Parallelisierung, die Integration und die Standardisierung – haben und wie Sie diese für Ihre Berufspraxis verwenden kön- nen. In diesem Studienbrief liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Parallelisierung. Sie lernen die Grundlagen des Projektmanagements sowohl in allgemeiner Ab- handlung als auch mit dem Fokus auf werkstofftechnisch motivierte Prozesse. 9 Hamburger Fern-Hochschule 1 Strategien und Prozesse 1 Strategien und Prozesse Studienziele und -inhalte In diesem Kapitel lernen Sie, welche Bedeutung die Begriffe Strategie und Prozess haben. Sie lernen die Grundbegriffe des Projektmanagements kennen und können diese auf die spezielle „Werkstoffkette Werkstofftechnologie“ anwenden. In diesem Kapitel wird gezeigt, dass die Berücksichtigung des Prozessgedankens und die strategische Betrachtung der Werkstofftechnologie einem werkstofftech- nisch orientierten Projekt zugrunde liegen sollten. Startend von der Projektidee, über die Entwicklung und Produktion bis zur finalen Projektabwicklung ist nur eine übergeordnete Betrachtung aller Teilaspekte eines Projektes zielführend. Ein- zeloptimierungen können für sich betrachtet zu singulären Einsparungen oder sons- tigen Verbesserungen führen (z. B. für einzelne Personen, die bestimmte Entwick- lungen gezielt unterstützen). Diese Partikularlösungen sind als kontraproduktiv einzustufen und abzulehnen, wenn der Gesamtprozess dadurch nicht optimiert wird. Primär sind die Entscheidungen zu den strategischen Zielen und übergeord- neten Prozessen vom Management eines Unternehmens vorzugeben. In jedem Teil- schritt sollte die Werkstofftechnologie ein integraler Bestandteil aller Konzepte sein. 1.1 Die Begriffe Strategie und Prozess Definition der Strategie Strategie ist ein aus dem Griechischen stammender Begriff, der ursprünglich Hee- resführung („Strategos“) bedeutet. In der modernen Definition steht Strategie für ein ganzheitlich bewertetes und zielgerichtetes Vorgehen, das mit einem langfristig orientierten Plan verbunden ist. Kurzfristige Vorgehensweisen und Aktivitäten hingegen sind beispielweise die Bewältigung des täglich anfallenden Arbeitsvolu- mens. Strategische Management- Im Zusammenhang mit Strategien ist die Auseinandersetzung mit Konzepten zum entscheidungen strategischen Management sinnvoll. Managemententscheidungen können als „strate- gisch“ angesehen werden, wenn sie folgende Ziele anstreben (vgl. Hungenberg 2012): Änderung der Richtung der Unternehmensentwicklung Sicherung des langfristigen Erfolgs eines Unternehmens Bestimmung der internen und externen Ausrichtung eines Unternehmens Schaffung von Erfolgspotenzialen Berücksichtigung einer übergreifenden Perspektive. Damit eine Werkstoffstrategie entwickelt werden kann sind diese Aspekte auf die Werkstofftechnologie zu übertragen (s. Kapitel 1.2 und SB 3 Kapitel 1.2.2). Definition eines Prozesses Gemäß Duden ist ein Prozess ein „sich über eine gewisse Zeit erstreckender Vor- gang, bei dem etwas (allmählich) entsteht und sich herausbildet“. Gewisse Abläufe können die Tendenz aufweisen, sich im Sinn von Gewohnheiten „von selbst“ als Prozess zu etablieren. In der betrieblichen Praxis eines Unterneh- mens ist jedoch die Beeinflussung und aktive Gestaltung von Prozessen in Form von Konzepten zu bevorzugen (s. Kapitel 1.3 und Kapitel 1.4). 10 Hamburger Fern-Hochschule Strategien und Prozesse 1 1.2 Werkstoffstrategie Allgemein wird die Werkstofftechnik im klassischen Sinne primär mit technischen Fragestellungen assoziiert. Darunter fallen materialbezogene Aspekte, wie bei- spielsweise Legierungskonzepte und Wärmebehandlungsverfahren, oder produk- tionsbezogene Themen, wie der Aufbau und Betrieb von Wärmebehandlungsan- lagen. In der Regel wird die Werkstofftechnik selten als strategisches Konzept aufgefasst, Werkstofftechnik als mit dessen Hilfe betriebliche Abläufe und Prozesse ganzheitlich und langfristig op- strategisches Konzept timiert werden können. Eine Werkstoffstrategie kann für verantwortliche Personen in Organisationsstrukturen als Anregung dienen, um werkstofftechnische Fragestel- lungen als Managementtool zu begreifen und die Integration in Unternehmenspro- zesse zu verbessern. Nachteilig gestaltet sich die Durchführung von Aktivitäten als zusammenhanglose Nutzung von Synergieeffekten Einzelhandlungen, da Synergieeffekte nicht systematisch genutzt werden. Syner- gieeffekte bezeichnen Optimierungsmöglichkeiten, die sich vom Produktdesign über die Produktion bis zu Verkaufsvorteilen gegenüber dem Kunden in Form bes- serer Produkte aufeinander aufbauend hindurchziehen. Beispielsweise kann es die Vorgabe geben, einen Werkstoff mit einem auf die Umsetzung eines Kostenvorteils Tonnage bezogenen geringeren Preis durch einen teureren zu substituieren. Hin- bei einer Werkstoffsubstitution sichtlich der Einkaufskosten erscheint diese Vorgehensweise zunächst nachteilig und wird seitens des Controllings oder Managements vermutlich abgelehnt. Der vermeintliche Kostennachteil kann jedoch aufgrund eines geringeren Bauteilege- wichts (z. B. als Folge einer höheren Festigkeit des teureren Werkstoffs) und folg- lich geringerem Rohmaterialverbrauch überkompensiert werden. Zur Umsetzung eines Kostenvorteils muss zunächst die Konstruktion ein werkstoffoptimiertes neu- es Design mit geringerem Gewicht bei mindestens gleichen Produkteigenschaften gestalten. Nachfolgend können in der Produktion eventuell weitere Einsparmög- lichkeiten erzielt werden (z. B. höhere Chargierdichten in der Wärmebehandlung) und letztlich kann der Verkauf mit einem geringeren Produktgewicht werben. Die durchgängige Abstimmung zwischen diesen beteiligten Bereichen ist nur bei Organisatorische Strukturen Vorliegen organisatorischer Strukturen möglich. An dieser Stelle setzt das Konzept ermögliche die Abstimmung zur Verankerung einer Werkstoffstrategie in den Unternehmensprozessen an. Die Werkstoffstrategie beinhaltet folgende Aspekte (Abb. 1.1): Aspekte der Werkstoffstrategie Standardisierung: Normierung und Vorgabe Einsatz und Aufbau von Fachkenntnis und Kompetenz in der Werkstofftechnik Charakterisierung und Optimierung von Werkstoffeigenschaften Qualitätsmanagement Ein Konzept für eine Werkstofftechnikstrategie muss mindestens diejenigen Punkte enthalten, nach denen auch allgemein die Organisation des Unternehmens und die Projektabwicklung erfolgen. In Anlehnung an die drei Säulen des Simultaneous Engineering sind dies die Standardisierung, die Parallelisierung und die Integration. Die Werkstofftechnik kann einen relevanten Beitrag für die Standardisierung leis- Beitrag der Werkstofftechnik ten (Abb. 1.1). Durch die Vorgabe von Standardwerkstoffen und die Definition ei- zur Standardisierung nes Werkstoffauswahlprozesses können beispielsweise in Bezug auf Anwendungs- und Bearbeitungseigenschaften geeignete Materialien identifiziert und spezifiziert werden. Dadurch ergeben sich Kosten- und Qualitätsvorteile sowohl im Produktde- sign als auch in der Produktion. 11 Hamburger Fern-Hochschule 1 Strategien und Prozesse Standardi- Optimie- sierung: rung von Normierung, Werkstoffeigen- Vorgabe schaften Werkstoff- strategie Fach- kenntnis Qualitäts- und Kompetenz management Abb. 1.1: Komponenten der Werkstoffstrategie Integration der Die Integration einer Werkstoffstrategie in die Unternehmensabläufe unterstützt die Werkstoffstrategie in die zeitparallele Abarbeitung von Aufgaben, wenn kritische werkstoffbezogene Frage- Unternehmensabläufe stellungen frühzeitig identifiziert und abgearbeitet werden. Die Festlegung von Werkstoffen und zugehörigen Wärmebehandlungsprozessen im frühen Projektsta- dium sind dabei von entscheidender Relevanz. Know-how durch Experten Der Aspekt Wärmebehandlung und Werkstofftechnik beinhaltet das Vorhanden- sein eines entsprechenden Know-how zu diesen Themenkomplexen. Dieses Wissen kann durch Werkstoffexperten, die als Mitarbeiter im Unternehmen tätig sind, oder durch das Einholen externer Expertise vorliegen. Ohne fundierte Kenntnisse kön- nen relevante Fragen zur Werkstofftechnik nicht identifiziert und folglich auch nicht optimiert werden. Fachkenntnis und Wissensaufbau sind deshalb Komponen- ten einer strategischen Vorgehensweise, die auf nachhaltigen Erfolg setzt. Ein Modell zur Umsetzung einer konkreten Werkstoffstrategie als Teil der Unter- nehmensstrategie in einem Unternehmen ist im SB 3 Kapitel 1.2.2 beschrieben. 1.3 Prozessmanagement Die Berücksichtigung von Prozessketten und Abhängigkeiten ist in der Praxis schwierig umzusetzen. Eine ganzheitliche Planung und Realisierung von Prozessen ist daher nur durch ein gezieltes Prozessmanagement zu erreichen. Einführung eines Prozessmanagement wird immer dann angewendet, wenn mehrere Personen mit Prozessmanagements verschiedenen Aktivitäten an einem gemeinsamen Ziel arbeiten (vgl. Feldbrügge, Brecht-Hadrashek 2008). In diesem Zusammenhang stellen sich folgende relevan- ten Fragen: Sind alle für die Zielerreichung des Prozesses notwendigen Aufgaben berück- sichtigt? Werden diese Aufgaben in der richtigen Reihenfolge bearbeitet? Sind die Aufgabenpakete optimal allen Personen bzw. Abteilungen zugeordnet? Sind geeignete Kommunikationsstrukturen vorhanden und werden diese auch genutzt? Ein Prozess kann definiert werden als eine Kette von zusammenhängenden Aktivi- täten, die gemeinsam einen Kundennutzen schaffen. 12 Hamburger Fern-Hochschule Strategien und Prozesse 1 Die Erwartungen, die an das Prozessmanagement gestellt werden, sind (vgl. Aufgaben des Feldbrügge, Brecht-Hadrashek 2008): Prozessmanagements Effizienz Die Effizienz eines Prozesses lässt sich an der optimalen Nutzung von Res- Effiziente Ressourcennutzung sourcen wie Material, Maschinen, Personal und Arbeitszeit sowie Finanzen be- werten. Ziel ist, ein optimales Ergebnis bei minimalem Ressourceneinsatz zu generieren. Flexibilität Wechselnde Kundenerwartungen und sich kontinuierlich verbessernde tech- Fortwährende Anpassung nische Möglichkeiten erfordern Prozesse, die eine Anpassung von Abläufen an von Abläufen die veränderlichen Randbedingungen ermöglichen. Ferner muss eine Reaktion auf nicht eingeplante Ausnahmen und Unwägbarkeiten möglich sein. Schnelligkeit, Pünktlichkeit Neben der Wirtschaftlichkeit ist die Termineinhaltung eine grundsätzliche For- Einführung eines derung, die an alle Projekte gestellt wird. Die Basis ist ein optimales Zeitma- Zeitmanagements nagement für die in einem Projekt bzw. allgemein der Organisationsform zu- grunde liegenden Prozesse. Wartezeiten und administrative Aufwendungen sollten reduziert werden. Aufgrund der Vielzahl von Anforderungen, die aus Kundenwünschen, Firmen- Aspekte zur Gestaltung und strukturen und rechtlichen Randbedingungen resultieren, gibt es keine allgemeine Optimierung von Prozessen Formel zur Gestaltung optimaler Prozesse in Projekten und Unternehmensabläufen. Die folgenden Aspekte können jedoch als typisches Gestaltungs- und Verbesse- rungsmuster von Prozessen angesehen werden (vgl. Feldbrügge, Brecht-Hadrashek 2008): Motivation Zielfestlegung und Erwartungen Zu Beginn eines Projekts (oder allgemein einer Aktivität) sind die Ziele und an das Projektziel Erwartungen an den Verlauf festzulegen. Die Ziele können zu Beginn der Akti- vitäten noch allgemein formuliert sein, müssen aber rechtzeitig konkretisiert und verbindlich definiert werden. Bestandsaufnahme der Prozesse Identifizierung der vorhandenen Die Kenntnis der vorhandenen Abläufe und der interpersonalen Beziehungen Abläufe und der personellen („Wer macht was – und wie gut?“) in einem Unternehmen ist die Grundvoraus- Beziehungen setzung zur Verbesserung von Prozessen. Nicht jede Veränderung muss eine Verbesserung darstellen, insbesondere wenn die Mitarbeiter von der Verände- rung nicht überzeugt sind. Der neue Prozess wird folglich nicht gelebt und exis- tiert ausschließlich auf dem Papier. Diagnose Identifizierung der relevanten Im Rahmen einer Prozessverbesserung können nicht alle vorhandenen Prozesse Kernprozesse verändert werden. Beim Aufstellen neuer Prozesse ist zu bedenken, ob auf be- kannte und bewährte Konzepte zurückgegriffen werden kann, die den Mitarbei- tern in dieser oder einer ähnlichen Form bereits bekannt sind. Für eine optimale Gestaltung und Verbesserungen von Prozessen sind deshalb Kernprozesse mit einer besonderen Relevanz zu identifizieren. 13 Hamburger Fern-Hochschule 1 Strategien und Prozesse Ursachen-Wirkungs-Analyse Analyse der Abweichungen von Zielwerten Aus Diagnoseergebnissen können relevante Prozesse, welche die Anforderun- gen des Projekts bzw. des Unternehmens erfüllen, abgeleitet werden. Eine Ur- sachen-Wirkungs-Analyse hilft Schwachstellen zu finden und abzustellen. Je besser die Effizienz eines Prozesses quantifiziert wird, desto gezielter kann eine Verbesserung erfolgen. Einführung eines verbesserten Entwurf eines verbesserten Prozessablaufs Prozesses Nach der Identifizierung von Schwachstellen ist ein verbesserter Prozess zu entwickeln, der an die Stelle des alten gesetzt wird. Gleichzeitig ist auf eine sinnvolle Gestaltung der gesamten Prozesslandschaft zu achten, d. h., Prozesse müssen effektiv aufeinander abgestimmt sein und ineinandergreifen. Als kontra- produktiv sind in jedem Fall singuläre Lösungen einzustufen. Je nach Komple- xität der Aufgabe kann die Einführung eines Stufenplans, der mit Methoden des Projektmanagements begleitet wird, für die Neuerungen sinnvoll sein. Überwachung und Anpassung Kontrolle von Prozessen Durch Kontrollen ist eine messbare Verbesserung anzustreben, indem die Pro- zesseffizienz quantifiziert oder zumindest eindeutig bewertet wird. Um die Pro- zesse „lebendig“ zu gestalten, ist eine ständige Überwachung und Anpassung erforderlich. 1.4 Prozesskette Werkstofftechnologie Funktion der Prozesskette Da werkstofftechnische Fragestellungen im industriellen Kontext selten singulär Werkstofftechnologie bearbeitbar und beantwortbar sind, müssen ihre Wechselwirkungen mit den umge- benden Prozessen berücksichtigt werden (Abb. 1.2). Die Prozesskette Werkstoff- technologie ist als Querschnittsfunktion Teil aller umgebenden Prozesse. Sie be- wirkt eine Unterstützung der Teilprozesse und erhält Rückkopplungen aus diesen. Für eine effektive Wirkung der Werkstofftechnologie sind die Regeln des Pro- zessmanagements anzuwenden. Wichtige industrielle Prozesse sind der kommerzielle Prozess (SB 3 Kapitel 1.3 und SB 3 Kapitel 1.6), der Entwicklungsprozess (SB 3 Kapitel 1.4), der Produktionsprozess (SB 3 Kapitel 1.5) und der Qualitätsprozess (SB 3 Kapitel 1.5.4). 14 Hamburger Fern-Hochschule Strategien und Prozesse 1 Abb. 1.2: Prozesskette Werkstofftechnologie Kontrollfragen und Übungsaufgaben 1.1) Erklären Sie die Bedeutung des Begriffs Strategie. 1.2) Erklären Sie die Bedeutung des Begriffs Prozess. 1.3) Aus welchen Komponenten setzt sich die Werkstoffstrategie zusammen? 1.4) Welche Erwartungen werden an das Prozessmanagement gestellt? 1.5) Nach welchen Mustern werden typischerweise Prozesse gestaltet und verbessert? 1.6) Welche vier Prozesse werden in der Prozesskette Werkstofftechnologie betrachtet? 15 Hamburger Fern-Hochschule 2 Simultaneous Engineering 2 Simultaneous Engineering Studienziele und -inhalte Die Lernziele dieses Kapitels sind:  Definition des Simultaneous Engineering  Ziele des Simultaneous Engineering Sie lernen die Grundbegriffe und die Bedeutung dieses Konzeptes in Bezug auf die Optimierung von Prozessen und Projekten. 2.1 Definition des Simultaneous Engineering Bedeutung des Simultaneous Simultaneous Engineering (SE) ist die parallele Entwicklung und Implementierung Engineering von Produkten und Prozessen in bereichs- und unternehmensübergreifenden Teams. Als Folge sollen die Entwicklungszeiten deutlich reduziert sowie Quali- tätsverbesserungen und die Senkung von Investitionskosten realisiert werden (vgl. Seibert 1998). Zeitliche Entwicklung Synonym zum Begriff „Simultaneous Engineering“ werden auch die Begriffe des Konzepts „Concurrent Engineering“, „Simultaneous bzw. Concurrent Design“, „Simultane- ous bzw. Concurrent Development“, „Just-in-time-Produktentwicklung“ sowie „In- tegrierte Produkt- und Prozessentwicklung“ gebraucht. Erste Konzepte zum Simul- taneous Engineering entstanden Anfang der 60er-Jahre in den Vereinigten Staaten (Total-Quality-Control-Konzept von Feigenbaum 1961) und sind in der Luft- und Raumfahrtindustrie ein gängiges Arbeitsprinzip. In Japan wurden die Simultaneous Engineering Prinzipien in den 70er- und 80er-Jahren mit großem Erfolg auf Pro- duktentwicklungsvorhaben für Serienprodukte in der Elektrotechnik, Elektronik und im Automobilbau übertragen (vgl. Seibert 1998). 2.2 Ziele des Simultaneous Engineering Das „Magische Dreieck“ In industriellen Projekten hängen die Größen Zeit, Qualität und Kosten voneinan- der ab. Bei Entwicklungsprojekten besteht häufig die Forderung, die Frist von der Produkt- idee bis zur Markteinführung des Produktes so kurz wie möglich zu gestalten. Dadurch werden Vorteile, wie eine frühe Produktplatzierung und ein früherer Rückfluss von Investitionen, erreicht. Gleichzeitig bewirken kurze Entwicklungs- zeiten häufig einen weiteren gewünschten Effekt: eine Kostenreduktion. Die Größe Qualität zeigt in der Regel eine nachteilige Abhängigkeit von den Fak- toren Kosten und Zeit: Kurze Entwicklungszeiten und reduzierte finanzielle Auf- wendungen beeinflussen die Qualität meistens negativ. Ziel des Simultaneous Ziel des Simultaneous Engineering ist einerseits das Aufbrechen der unerwünsch- Engineering ten Kopplung zwischen den Parametern Qualität, Zeit und Kosten sowie die Steige- rung der Qualität bei gleichzeitiger Verkürzung von Zeit und Kosten (Abb. 2.1). 16 Hamburger Fern-Hochschule Simultaneous Engineering 2 Abb. 2.1: Aufbrechen des „Magischen Dreiecks“. Die in Projekten in der Regel voneinander abhängigen Faktoren Zeit, Kosten und Qualität sollen durch Simultaneous Engineering voneinander entkoppelt werden. Kontrollfragen 2.1) Was versteht man unter dem Begriff Simultaneous Engineering? 2.2) Was sind die Ziele des Simultaneous Engineering? 2.3) Was verstehen Sie unter dem Magischen Dreieck? In welchem Zusammenhang steht Simulta- neous Engineering hierzu? 17 Hamburger Fern-Hochschule 3 Parallelisierung 3 Parallelisierung Studienziele und -inhalte Nach dem Studium dieses Kapitels sollten Sie wissen: welche Bedeutung die zeitparallele Ausführung von Teilprojekten im Rahmen eines Großprojektes hat, wie typische industrielle Projekte ablaufen, was Projektmanagement ist, wie Projekte erfolgreich durchgeführt werden können und welche Besonderheiten werkstofftechnische Projekte aufweisen. Parallelisierung bedeutet die teilweise zeitparallele und miteinander verzahnte Ab- arbeitung von Teilprojekten. Die Aufteilung eines komplexen Projektes in ver- schiedene Teilprojekte wird durch das Projektmanagement durchgeführt. Hierzu gehört das Nachverfolgen, ob Teilprojekte im Zeitplan liegen und erfolgreich ab- geschlossen werden. Somit ist die Parallelisierung ebenfalls eine Aufgabe des Pro- jektmanagements. 3.1 Allgemeiner Ablauf eines industriellen Projektes Rahmenbedingungen für die In modernen Projekten gehören die Entwicklungszeit sowie die Einhaltung vorge- Projektdurchführung gebener Termine zu den wichtigsten Randbedingungen für die erfolgreiche Durch- führung eines Projekts. Gleichzeitig werden die Produkte immer vielfältiger und komplexer. Die Kundenanforderungen steigen: In vielen Bereichen hat sich der Markt von einem Anbieter- zu einem Käufermarkt verändert. Die Herstellung von Produkten ist zudem in der Regel dezentral über verschiedene Hersteller und Liefe- ranten verteilt, die teils global ausgerichtet sind, sodass dem Transport und den Lieferbedingungen ebenfalls eine wichtige Rolle beigemessen werden muss. Die Koordination dieser Randbedingungen kann nicht zufällig erfolgen, sondern erfordert ein geeignetes System, in dem die Abläufe zeitlich und inhaltlich koordi- niert werden. Gleichzeitig sind Schnittstellen zu definieren, damit auch über Unter- nehmensgrenzen hinaus alle Aktivitäten aufeinander abgestimmt werden. Charakteristika eines Der typische Ablauf eines industriellen Projekts ist durch eine zeitliche Kopplung Prozessablaufs der untereinander abhängigen Aktivitäten, die aufeinander aufbauen, charakterisiert (Abb. 3.1). Aktivitäten in der Anfangsphase Die Aktivitäten in der Anfangsphase eines Projekts bestimmen grundlegend den Projektverlauf. Mit dem Angebot zum Projektstart tritt das herstellende Unterneh- men in Kontakt mit einem Abnehmer (oder umgekehrt) und verhandelt die Rand- bedingungen, unter denen ein Vertrag zustande kommen kann. Dabei werden bei- spielsweise die Menge, der Verkaufspreis und die Details zu Design und Funktion des betreffenden Produkts erörtert. Bezüglich des Projektverlaufs ist zu unterschei- den, ob es sich um ein bereits entwickeltes Produkt handelt oder ob im Auftrag des Kunden ein neues Produkt zunächst entwickelt und nachfolgend hergestellt wird. Ermittlung der Entwicklungs- Für ein noch nicht vorhandenes Produkt muss frühzeitig der Bereich Entwicklung und Herstellungskosten eingebunden werden, um zunächst einen groben Designentwurf zu erstellen. Zu- gleich kommt der Ermittlung der Entwicklungs- und Herstellungskosten eine be- sondere Bedeutung zu. Obwohl die Randbedingungen zum Projektbeginn oft noch weitgehend unbekannt sind, muss ein möglichst genauer Angebotspreis kalkuliert 18 Hamburger Fern-Hochschule Parallelisierung 3 werden. Bereits kleine Abweichungen können, insbesondere bei großen Stückzah- len, zu einem wirtschaftlichen Schaden führen. Darüber hinaus sind die Aufwen- dungen und Verfahren für die Fertigung bislang nicht bekannt, weshalb bereits in dieser frühen Projektphase der Bereich Produktion zu integrieren ist. Die Wech- selwirkungen zwischen Kundenanforderungen, Entwicklung, Produktion / Produk- tionsplanung und Kalkulation sind sehr komplex. Wechselseitige Rückkopplungen müssen rechtzeitig erkannt werden und sukzessiv in einen verfeinerten Angebots- preis einfließen. Angebot Akquise, Verkauf Grobplanung / -kalkulation Entwicklung Industrialisierung Aktivitäten Produktions- Vor-, Null- planung serie Produktion SOP EOP Projekt - Phasen Anfangsphase frühe Phase mittlere Projektphase Projektende Möglichkeit von Änderungen Zeit Abb. 3.1: Typischer Ablauf eines industriellen Projekts Im Abschnitt der frühen Phase (Abb. 3.1) befindet sich das Projekt im Übergang Aktivitäten in der frühen Phase zwischen erfolgtem Auftrag und bereits fortgeschrittener Entwicklung, jedoch noch vor dem Produktionsbeginn (SOP: Start of Production). Die Kundenwünsche sind an dieser Stelle bereits in das Design eingeflossen. In dieser Phase steht die Umset- zung in die Fertigung noch aus, wofür in der Konstruktion zahlreiche Anpassungen zu erfolgen haben. Die Abstimmung zwischen der Produktion und Entwicklung wird vom Bereich Industrialisierung durchgeführt. Zu den Aufgaben in der frühen Phase gehört zugleich das Anlaufmanagement. Während der mittleren Projektphase finden die fertigungstechnischen Opti- Aktivitäten in der mittleren mierungen und die eigentliche serienfallende Herstellung des Produkts statt (s. SB 2 Phase Kapitel 4). In dieser Phase zeigt sich, ob die in der Anfangsphase getroffenen werkstoffkundlichen Entscheidungen korrekt waren. Die Eignung eines Werkstoffs für ein Produkt bestätigt sich nicht nur durch die Erfüllung aller anwendungsbezo- genen Forderungen (Funktion, Haltbarkeit etc.), sondern auch durch eine optimale Realisierung der fertigungstechnischen Belange (Reproduzierbarkeit, Qualität, Stückkosten etc.). Das industrielle Projekt endet mit dem Auslaufen der Serienproduktion (EOP = Aktivitäten zum Projektende End of Production1). Während der Phase Projektende (s. SB 2 Kapitel 5) finden die Dokumentation der Aktivitäten, „Lessons Learned“ (s. Kapitel 3.2.3.5) und ein eventueller Rück- oder Umbau der Fertigungs- und Montageanlagen statt. –––––––––– 1 Das Projektende mit dem EOP gilt nicht zwingend für jedes Produkt. Massen- und Normteile wie z. B. Schrauben werden ohne einen eigentlichen EOP gefertigt. Ein typisches Beispiel für Projekte mit EOP ist die Entwicklung eines Pkw, die mit einem neuen Modell starten. Nach Ende des Pro- duktionszeitraums läuft die Serienproduktion mit dem EOP aus. 19 Hamburger Fern-Hochschule 3 Parallelisierung In vielen Büchern zum Thema Projektmanagement wird eine andere Darstellung eines typischen Projektverlaufs gewählt: Meist werden Projekte als reine Entwick- lungsprojekte dargestellt, bei denen das Projektende und der SOP zusammenfallen. Diese Darstellung bietet sich für viele Projekte mit werkstoffkundlichem Hinter- grund nicht an, da fertigungstechnische Aspekte immer als integraler Bestandteil werkstoffbezogener Fragestellungen anzusehen sind. Aufgrund dessen werden an dieser Stelle Projektstrukturen betrachtet, bei denen die Produktion als mittlere Projektphase angesehen wird und das Projekt mit dem EOP endet. Die nachfolgenden Erläuterungen zum Projektmanagement orientieren sich am ty- pischen Ablauf eines industriellen Projekts (Abb. 3.1). Da aber jedes Projekt indi- viduell ist und per Definition ein neues Produkt erarbeitet wird, sind die Ausfüh- rungen als ein mögliches Ablaufszenario zu verstehen. Bei einem realen Projekt wird es abhängig vom Projektziel und von den Randbedingungen (Finanzrahmen, Unternehmensvorgaben etc.) stets Unterschiede geben. Der dargestellte Projektab- lauf ist deshalb ein Orientierungsrahmen für die Strukturierung von Projekten mit werkstofftechnischen Fragestellungen. 3.2 Projektmanagement Projektmanagement: Planung Projektmanagement ist der übergeordnete Begriff für alle Aktivitäten, die erforder- Überwachung und Koordination lich sind, um Systeme und Prozesse zu planen, zu überwachen und zu koordinie- von Systemen und Prozessen ren. Die Abläufe werden inhaltlich und zeitlich strukturiert und erforderliche Schnittstellen werden koordiniert. Zu unterscheiden ist zwischen der organisatori- schen Ebene (Projektmanagement) und der operativen Ebene (Abarbeiten von Pro- jektaufgaben entsprechend der Phasen und Abschnitte) (Abb. 3.2). Einteilung in Phasen mit In der Praxis zeichnet sich Projektmanagement durch die Einteilung in zeitliche Meilensteinen (Projekt-) Phasen aus, an deren Ende jeweils Meilensteine stehen. Meilensteine sind charakterisiert durch Forderungen, die zum Ende jeder einzelnen Projektphase erfüllt sein müssen, bevor die nächste Projektphase starten kann. Die ständige Überwachung des anteiligen Erfüllungsgrads der Meilensteine während der einzel- nen Projektphasen sowie die abschließende Bewertung des (möglichst vollständi- gen) Erfüllungsgrads zum Ende einer Projektphase sind Aufgabe des aktiven Pro- jektmanagements. Festlegung von Entscheidungs- Neben diesen administrativen Aspekten des Projektmanagements gehört zu einer kompetenzen erfolgreichen Projektabwicklung auch die Berücksichtigung sozialer Komponen- ten: Eine geeignete personelle Besetzung des Projektteams und ggf. Subteams so- wie die klare Zuordnung von Entscheidungskompetenzen sind Grundbedingungen für einen Projekterfolg. managen Planen, Steuern, Überwachen Projekt- management ausführen Anfangsphase Frühe Mittlere Projektende Projektphase Projektphase Phasen, Abschnitte Abb. 3.2: Steuerung und Ausführung von Projekten 20 Hamburger Fern-Hochschule Parallelisierung 3 3.2.1 Projektmanagement vs. Line Management Line Management bezeichnet in diesem Studienbrief diejenigen Aktivitäten, die Line Management: Aktivitäten zur Organisation der laufenden Fertigung erforderlich sind. Zur Produktion gehört in der Fertigung dabei, sicherzustellen, dass sowohl Produktionsmittel als auch personelle Ressour- cen zur vorgesehenen Zeit und in der richtigen Menge verfügbar sind. In der Praxis erfolgt die Organisation von Produktionseinrichtungen in Form von Erstellung von Arbeitsplänen Arbeitsplänen, in denen u. a. Fertigungszeiten, erforderliche Maschinen und die Maschinenbelegung hinterlegt sind. Der gesamte Fertigungsablauf wird oftmals computergestützt (z. B. durch SAP-Systeme) auf Basis dieser Arbeitspläne koordi- niert. Schicht- und Urlaubspläne, die die Basis der Personalplanung bilden, werden aus der Arbeitsplanung abgeleitet, um ein möglichst optimales Verhältnis zwischen Personal- und Maschinenressourcen sicherzustellen. Zur Überwachung werden häufig Kennzahlensysteme verwendet (s. SB 2 Kapitel 4.2.3). Die Bereitstellung von Produktionsmaterialien erfolgt in Abstimmung mit dem Einkauf. Anhand der übergeordneten Arbeitsplanung können ebenfalls die Art und Menge der benötigten Materialien bestimmt werden. Durch eine optimale Abstim- mung zwischen Einkauf und Fertigung werden die Materialmengen für die Produk- tion weder zu groß noch zu klein bestimmt (s. SB 3 Kapitel 1.5). Im Unterschied zum Line Management, welches primär die Belange der laufenden Charakteristika des Fertigung berücksichtigt (daily business), ist Projektmanagement durch folgende Projektmanagements Punkte charakterisiert (vgl. Büsch 2011): definierte Ziele zeitliche Abgeschlossenheit zu Arbeitspaketen zugehörige, einmalige Budgets eine spezifische Projektorganisation 3.2.2 Aspekte des Projektmanagements Die Berücksichtigung folgender Faktoren sind für eine erfolgreiche Durchführung von Projekten wichtig (vgl. Kuster et al. 2011): Funktionaler Aspekt Initialisierung und Durchführung In einem Projekt müssen die bestehenden Aufgaben und deren Bearbeitung klar von Projekten geregelt sein. Der funktionale Aspekt beinhaltet demnach die Initialisierung von Projekten (Projektstart) und deren Durchführung. Zudem muss vermieden wer- den, dass Projekte während der Bearbeitung einfach „versanden“, sodass zu den notwendigen Aktivitäten in einem Projekt auch ein sinnvoller Abschluss gehört. Institutioneller Aspekt Organisation des Projektteams Der institutionelle Aspekt von Projekten beinhaltet vor allem die interdisziplinä- re Projektorganisation. Für die Bearbeitung von Problemen oder Teilproblemen sind Gruppen oder Teilgruppen zu bilden, deren Mitglieder aus verschiedenen Unternehmensbereichen kommen oder unternehmensübergreifend rekrutiert werden. Die Arbeit der Gruppen muss durch geeignete Gremien koordiniert und bewertet werden, wofür geeignete Funktionen und Rollen im Projektteam zu de- finieren sind. Im Projekt sind die Mitarbeiter entsprechend ihrer speziellen Kompetenzen gezielt einzusetzen, um Kompetenzstreitigkeiten durch eine sinn- volle Verantwortungsregelung zu vermeiden. Die Mitarbeiter sollten sich einer- 21 Hamburger Fern-Hochschule 3 Parallelisierung seits nicht „wegducken“ können und andererseits sollten zu große Verantwor- tungen nicht Personen übertragen werden, die dieser Rolle nicht gerecht werden. Effektiver Einsatz von Projekt- Instrumenteller Aspekt managementtools Entscheidend für den Projekterfolg ist der sinnvolle Einsatz von Projektmanage- menttools. Primär gehören hierzu die Kenntnis über die formale Organisation und Durchführung von Projekten und die Anwendung geeigneter Hilfsmittel wie Formulare, Vorlagen oder Computerunterstützung. Am Markt gibt es hier- für zahlreiche Programme, um Projektabläufe zu organisieren, optisch darzu- stellen und Aktivitäten nachhalten zu können. Interessenkonflikte in einem Sozialer Aspekt Projektteam Ein entscheidender Faktor im Projektmanagement ist das Gespür für Personal- einsatz und Gruppendynamik. Insbesondere in Teams, die aus Personen zu- sammengesetzt sind, die außerhalb des Projekts in anderen Bereichen arbeiten und verschiedenen Zuständigkeiten angehören, sind Anweisungen durch die Projektleitung oft schwierig umzusetzen. Interessenkonflikte können zwischen den verschiedenen Hierarchiebereichen innerhalb und außerhalb des Projekts entstehen. Neben einem diplomatischen Gespür ist ein nicht zu vernachlässi- gender Zeit- und Arbeitsaufwand für die Vermittlung von Projektzielen gegen- über außenstehenden Bereichen und deren Leitung gefragt. Gleichermaßen sind innerhalb des Projektteams die Mitarbeiter ggf. zu qualifi- zieren und zu motivieren. Konflikte innerhalb des Teams oder gegenüber der Projektleitung müssen frühzeitig erkannt und gelöst werden. 3.2.3 Erfolgsfaktoren im Projektmanagement Um ein Projekt erfolgreich durchzuführen, sind verschiedene Faktoren zu berück- sichtigen. Primär sind die bereits genannten funktionalen, institutionellen, instru- mentellen und sozialen Aspekte zu berücksichtigen. Weitere Faktoren, die erfah- rungsgemäß eine hohe Relevanz besitzen, werden nachfolgend betrachtet. 3.2.3.1 Topmanagement-Support Moderation bei hierarchie- In jedem Projekt gibt es Situationen, wie Zeitverzug, Budget- und / oder Ressour- übergreifenden Konflikten cenprobleme, Probleme mit Zulieferern (extern oder unternehmensintern) oder so- zial motivierte Schwierigkeiten, die als kritisch für den Projekterfolg zu bewerten sind. Nicht immer sind diese Probleme auf der Hierarchiestufe des Projekts lösbar. Ist der Status des Projektleiters unterhalb derjenigen Person angesiedelt, mit der der Konflikt besteht, ist die Moderation von einer übergeordneten Stufe erforderlich. Einführung regelmäßiger Es ist sinnvoll, regelmäßige Standardsitzungen mit dem Management einzuführen, Sitzungen bei denen über den Projektstand berichtet wird auch wenn keine aktuellen Schwie- rigkeiten vorliegen. Das Topmanagement ist dadurch jederzeit über den aktuellen Stand informiert und die Hemmschwelle, bei tatsächlichen Problemen das Ma- nagement einzubinden, verringert sich. 22 Hamburger Fern-Hochschule Parallelisierung 3 3.2.3.2 Risikomanagement, FMEA Risiken bezeichnen allgemein das mögliche Eintreten von Ereignissen oder Situa- Aufgaben des tionen, die für ein Projekt nachteilige Folgen haben, und betreffen beispielsweise Risikomanagements die Terminsituation, die technische Machbarkeit oder Budgetfragen. Das Risiko- management hat mögliche Fehler und Probleme bereits vor ihrem Eintreten zu identifizieren, ihre Eintrittswahrscheinlichkeit zu quantifizieren und ihre möglichen Folgen zu bewerten. Präventive (schadensverhindernde) Maßnahmen zum Umgang mit Risiken sind stets sinnvoller als korrektive (schadensmindernde) Maßnahmen. Um kein Krisenmanagement einzusetzen zu müssen, ist ein gutes Risikomanage- ment frühzeitig zu beginnen und sukzessive zu wiederholen. Mögliche Risikopotenziale sind (vgl. Marquardt-Schmidt 2013): Risikopotenziale unklare Aufgabenstellungen falsche Planung Zeitverzug, Budgetüberschreitung, mangelnde Ressourcen technische Fehler, keine technische Machbarkeit gegeben Umfeldaspekte (gesetzliche Auflagen, politische Widerstände etc.) Zulieferungen (Termine, Qualität etc.) Verträge (Vertragsbruch, schlechte / unklare Formulierungen etc.) soziale Probleme (fehlende Motivation, Sabotage etc.) Eine in der Praxis bewährte Methode, Fehler aufzuspüren und Möglichkeiten, die- Lokalisierung der Fehler und sen entgegenzuwirken, bietet die Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA). Ermittlung der Fehlerursache – Um von einem möglichst breiten Spektrum an Fachwissen und Erfahrung profitie- FMEA und RPZ ren zu können, ist bei der praktischen Durchführung einer FMEA ein interdiszipli- näres Team einzusetzen. Bei der Fehleranalyse wird zunächst der Fehlerort loka- lisiert, die mögliche Fehlerart und Fehlerfolge beschrieben und schließlich die Fehlerursache ermittelt. Dabei kann eine Risiko-Prioritätszahl (RPZ) erstellt wer- den, die sich aus den Größen „Bedeutung der Fehlerfolge“, „Auftrittswahrschein- lichkeit der Fehlerursache“ und „Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers“ ergibt (vgl. Werdich 2011). Die Durchführung einer FMEA sollte ein erfahrener Moderator, der Experte auf diesem Gebiet ist, übernehmen. 3.2.3.3 Stakeholder-Analyse, Umfeldanalyse Bei Projekten, die sich über mehrere Bereichsgrenzen erstrecken, spielt es eine Ermittlung des Projektumfeldes besondere Rolle, alle am Projekt beteiligten Personen für die Aufgaben und Ziele des Projekts zu motivieren. Je besser das Projektumfeld bekannt ist, desto effekti- ver können die Randumstände positiv beeinflusst werden. Je nach Art des Projekts sind unter „Umfeld“ nicht nur Personen und Bedingungen des eigenen Unterneh- mens oder die von Zulieferern und Kunden zu verstehen. Gesellschaftliche Frage- stellungen können gleichfalls eine Rolle spielen, speziell beim Bau eines Atom- kraftwerks, von Autobahnen, Bahnhöfen, Flughäfen oder bei Projekten im Rüstungsbereich. Generell hat die Akzeptanz eines Projekts im Unternehmen und ggf. im größeren Umfeld einen erheblichen Einfluss auf den Projekterfolg. Negati- ve Stimmungen können sich in Form von Kooperationsverweigerung oder destruk- tivem Verhalten ausdrücken. 23 Hamburger Fern-Hochschule 3 Parallelisierung Eine Analyse des Umfelds (Umfeldmonitoring) und die Identifikation von Mög- lichkeiten, das Umfeld durch aktive Steuerung positiv zu beeinflussen, kann durch das Projektmanagementtool Stakeholder-Analyse unterstützt werden. Stakeholder bezeichnet nach DIN ISO 10006 Personen, die ein Interesse am Projekt haben oder von diesem in irgendeiner Form betroffen sind. Kernfragen der Stakeholder- Die Kernfragen der Stakeholder-Analyse sind (vgl. Marquardt-Schmidt 2013): Analyse: Wer? Was? Wie? Wer: Welche Personen bzw. Personengruppen und Institutionen müssen als potentielle Stakeholder des Projekts betrachtet werden? Was: Welchen Einfluss haben die Stakeholder in Bezug auf die Projektziele? Welche Befugnisse stehen ihnen zur Verfügung? Wie: Wie werden sich die relevanten Stakeholder in Bezug auf das Projekt verhalten? 3.2.3.4 Struktur, Transparenz Ursachen für Einem Projekt können durch geheim gehaltenes Spezialwissen, nicht kommunizier- Projektschwierigkeiten te Absprachen zwischen einzelnen Personen oder Personengruppen, Unklarheiten in Bezug auf Bearbeitungsstände und Termine schwere Schäden zugefügt werden. Das rechtzeitige Erkennen von Schwierigkeiten, die oft Folge ungelöster sozialer Probleme sind, und das Unterbinden dieser Entwicklungen ist die Aufgabe der Pro- jektleitung (s. Kapitel 3.2.2, s. Punkt Sozialer Aspekt). Diskussion von Problemen in Eine Möglichkeit, Struktur und Transparenz im Projekt zu verbessern, ist eine Dis- regelmäßigen Projektsitzungen kussion aller offenen Punkte (auch sozialer Art) in regelmäßig einberufenden Pro- jektsitzungen. In den Meetings sollten alle wichtigen Projektmitarbeiter anwesend sein und die Projektleitung bestrebt sein, Aufgaben im Konsens zu definieren und zu verabschieden, anstatt durch „Befehl von oben“ zu führen. Standardwerkzeuge des Projektmanagements zur Dokumentation der Sitzungen sind Terminpläne und die „Liste offener Punkte“ (LOP), in der zu bearbeitende Aufgaben, zugehörige Arbeitsstände, Termine und klare Verantwortungen aufgeführt sind. Parallel zum Terminplan wird die Liste während des kompletten Projektverlaufs regelmäßig ge- führt und erleichtert neben der aktuellen Projektorganisation gleichzeitig die ab- schließende Projektdokumentation. Setzen von Prioritäten In der Praxis sollten Aufgaben mit Prioritäten versehen werden, um den Projekt- mitarbeitern die Möglichkeit zu geben Schwerpunkte zu setzen und dementspre- chend Ihre Arbeitszeit einzuteilen. Diese Prioritäten sind sinnvoll zu wählen, um keine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Auch die Frage der Priorisierung sollte mög- lichst im Konsens geklärt werden. 3.2.3.5 Wissensmanagement Mit fortschreitendem Projektverlauf nimmt der anfangs geringe Wissensstand bis zum Projektende hin stetig zu (s. SB 2 Kapitel 2.6 Abb. 2.3). Die wertvolle Res- source Wissen kann in Projekten nur adäquat genutzt werden, wenn sie systema- tisch gemanagt wird. 24 Hamburger Fern-Hochschule Parallelisierung 3 Zwei bekannte Ansätze des Wissensmanagements sind (vgl. Lehner 2012): Lessons Learned Lessons Learned: Gezieltes Lessons Learned steht für die systematische Dokumentation und Aufbereitung Einsetzen von Erfahrungen von Erfahrungen in einer Organisation, um aus vorangegangenen Erfahrungen gezielt zu lernen. Bei einer breiteren Nutzung von Wissen kann Mehrarbeit ver- hindert und die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter reduziert werden. Gleichzei- tig erfordert dieses Vorgehen einen zusätzlichen zeitlichen Aufwand und Feh- lertoleranzen, die den Mitarbeitern zugestanden werden müssen sowie sollten sie keine negativen Sanktionen zu befürchten haben. Neben der Fixierung von Erfahrungen muss die Anwendung des Erfahrungsschatzes gefördert und gefor- dert werden. Best Practice Best Practice: Einsatz eines Best Practice zielt ebenfalls auf die Verbesserung der organisatorischen Effizi- effektiveren und effizienteren enz ab. Für eine bestimmte Problemstellung wird eine Lösung erarbeitet, wel- Vorgehens che die bestmögliche Variante darstellt, d. h., diese Lösung wird mit anderen verglichen und im Sinne von Effektivität bzw. Effizienz als sehr gut erkannt. Das Ziel von Best Practice ist dementsprechend, einen bestehenden Handlungs- ablauf durch eine neue, bessere Vorgehensweise zu ersetzen. Weitere Möglichkeiten der Wissensverwaltung bestehen in Form der Erstellung von Handbüchern und Verfahrensanweisungen. Nicht zuletzt stellen Standardisie- rung und Normung (s. SB 3 Kapitel 2) eine besondere Form der Wissensverwaltung dar, die den Vorteil einer regulativen und verbindlichen Vorgabewirkung haben. Wissensmanagement bzw. die Weitergabe von Wissen kann nur mit der Bereit- Randbedingungen im schaft der Mitarbeiter erfolgen. Besteht in einem Unternehmen nicht die Kultur, Unternehmen zur Anwendung einen gemeinsamen Wissensaufbau zu fördern, kann auch unter Bereitstellung aller des Wissensmanagements organisatorischen Randbedingungen kein Erfolg erzielt werden. Die größten Wis- sensverluste erfolgen, wenn es das Unternehmen nicht schafft, seine Leistungs- träger zu halten. Im ungünstigsten Fall wechseln diese Mitarbeiter zur Konkurrenz und setzen ihr Know-how gezielt gegen ihr früheres Unternehmen ein. Die Verlus- te kann kein Controllinginstrument erfassen und sind deshalb nicht unmittelbar in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu erfassen. Das Management ist demnach aufgefordert, die Personalentwicklungen zu erkennen und gezielt dem Verlust von Leistungsträgern entgegenzusteuern. 3.3 Projektmanagement in werkstofftechnischen Projekten Projekte mit werkstofftechnischem Hintergrund unterscheiden sich in ihrem Ablauf und in ihrer Organisation prinzipiell nicht von anderen Projekten. Die Definition konkreter Ziele, klarer Verantwortungen und personeller Zuordnungen, zeitlicher Abläufe und die Unterteilung in Arbeitspakete und Meilensteine sind ebenfalls Teile des Projektmanagements. Auf einige Besonderheiten werkstofftechnischer Projekte wird im Folgenden eingegangen. 25 Hamburger Fern-Hochschule 3 Parallelisierung 3.3.1 Arten von werkstofftechnischen Projekten Themen werkstofftechnischer Ein Projekt mit einem werkstofftechnischen Hintergrund kann z. B. folgende The- Projekte men beinhalten: Neuentwicklung oder Substitution eines vorhandenen Werkstoffs Änderung des Wärmebehandlungsprogramms (neues Gefüge) modifizieren der Oberfläche (Nitrieren, Beschichten etc.) Entwicklung eines Fügeverfahrens (z. B. Schweißen mit Vor- und Nacherwär- mung) Initialisierung eines Projekts Die Initialisierung eines Projekts kann im Prinzip aus jedem Bereich eines Unter- von jedem Unternehmens- nehmens erfolgen. Beispielsweise kann der Einkauf die Identifizierung eines Mate- bereich rials mit niedrigerem Tonnagepreis, aber gleich guten Werkstoffeigenschaften for- dern oder die Entwicklung möchte zur Realisierung des Leichtbaupotenzials einen Werkstoff mit geringerer Dichte und hoher Festigkeit verwenden. Ein Werkstoff- projekt kann dabei eigenständig organisiert sein, d. h. über eine eigene Planung, Leitung und ein Projektteam verfügen oder in andere Projekte eingebunden werden (z. B. ein größeres Entwicklungsprojekt mit mehreren Subteams, von denen eines speziell die werkstofftechnischen Themen bearbeitet). Werkstoffspezifische Aufgaben Die Aufgaben in einem Werkstoffprojekt sind beispielsweise: im Projekt Inhalt: – Werkstoffauswahl und -festlegung, Werkstoffprüfung, Anpassung von Wärmebehandlungs- und Fertigungsverfahren, Sicherstellung der Werkstoff- qualität, Identifikation und Festlegung von Lieferanten Personal: – Werkstoffexperten, Fachleute für Wärmebehandlung, Projektleitung, Projekt- planung, Projektcontrolling Arbeitspakete: – Ordern von Testmaterial, Durchführung von Werkstoffprüfungen, Abstim- mung mit der Konstruktion (Sicherstellen der funktionellen Eigenschaften), Abstimmung mit der Serienfertigung (Sicherstellen der Fertigbarkeit) Schnittstellen: – Management, Projekt- und Serieneinkauf, Maschinenlieferanten (z. B. für Wärmebehandlungsanlagen), Konstruktion und Produktion, Rohmaterialher- steller (z. B. Stahl- oder Aluminiumwerke), Halbzeughersteller (z. B. Schmieden, Gießer, Dreher) Ressourcen: – Finanzen, Prüfeinrichtungen, Personal Überwachung: – Zeitmanagement, Kosten, Ergebnisse, Nachhaltigkeit, Koordination, Wis- senstransfer 26 Hamburger Fern-Hochschule Parallelisierung 3 3.3.2 Erfolgsfaktoren in werkstofftechnischen Projekten Neben den in Kapitel 3.2.3 erwähnten Aspekten, die einen Projekterfolg positiv beeinflussen, gibt es für eine erfolgreiche Projektdurchführung besondere Erfolgs- faktoren: Soziales, Psychologie Vermittlung der Projektinhalte Werkstofftechnik ist ein Spezialgebiet, das oft nicht durchgängig bei allen Pro- und -ziele jektmitgliedern als bekannt vorausgesetzt werden kann. Die Projektleitung muss deshalb in der Lage sein, Nichtfachleuten sowie generell allen Mitarbeitern, die einen fachlichen Mangel zeigen (auch Personen mit unmittelbarem Werkstoff- bezug z. B. aus der Konstruktion, dem Versuch und der Produktion), in ver- ständlicher Form das Ziel und die Vorteile des Projekts zu vermitteln, damit ein erfolgreicher Abschluss erreicht werden kann. Neben der Möglichkeit einer ablehnenden Haltung kann in einem sehr großen Keine Haltung zu werkstoff- Unternehmen mit enormen werkstofftechnischen Potenzialen gar keine Haltung technischen Fragestellungen zu werkstofftechnischen Fragestellungen vorliegen. Identifiziert kein Unter- nehmensbereich oder Mitarbeiter einen Handlungsbedarf, kann nur das Top- management gegensteuern, in dem es sich mit dem Konzept einer Werk- stoffstrategie auseinandersetzt (s. Kapitel 1.2 und SB 3 Kapitel 1.2.2). Netzwerke Zusammenschluss zu einer Vor dem Hintergrund der sozialen Komponente sollten sich innerhalb eines Interessengruppe Konzerns alle mit werkstofftechnischen Themen befassten Personen zu einer In- teressengruppe zusammenfinden. Dadurch kann die Position der Werkstoff- technik gefestigt werden und gleichzeitig Synergie-Effekte optimal genutzt werden. Schulung, Ausbildung Fachkompetenz durch geschulte Mangelnde Sachkenntnis verursacht Fehler und birgt ein großes Risikopotenzi- Mitarbeiter oder externe Berater al, insbesondere bei den vielfältigen Wechselwirkungen in werkstofftechni- schen Projekten. Fachliche Defizite bei Projektmitarbeitern müssen identifiziert und durch gezielte Schulungen oder ggf. durch externe Expertise (z. B. durch Berater) kompensiert werden. Management-Support Positives Unternehmensklima Werkstoffkundliche Fragestellungen betreffen häufig viele Unternehmensberei- durch die Unterstützung der che. Insofern bedeuten Änderungen, wie beispielsweise eine Werkstoffsubstitu- Projektidee tion, für viele Personen ggf. unangenehme Neuerungen und bergen ein gewisses Risikopotenzial, ohne dass die betroffenen Personen einen unmittelbaren eige- nen Profit durch die Neuerung erzielen. Daraus entstehende Widerstände kön- nen von der Projektleitung oft nicht selbstständig überwunden werden. Das Topmanagement muss von der Projektidee überzeugt sein und die Aktivitäten entsprechend unterstützen, um ein positives Klima im Unternehmen zu erzeugen. Risikomanagement Risiken und ihre Ursachen in werkstofftechnischen Projekten Mögliche Risiken in werkstofftechnischen Projekten sind etwa: – Der neue Werkstoff erfüllt nicht die geforderten Erwartungen (z. B. aufgrund von mangelnden Festigkeitseigenschaften, zu geringer Korrosionsbeständig- keit, zu geringe Temperaturbeständigkeit, zu großer Sprödigkeit). 27 Hamburger Fern-Hochschule 3 Parallelisierung – Die Bearbeitungseigenschaften des Werkstoffs sind für die vorhandene An- lagentechnik nicht geeignet (z. B. aufgrund einer schlechten Schweißbarkeit, zu geringer Umformbarkeit, keiner Möglichkeit für eine Wärmebehandlung). – Der Werkstoff ist zu teuer und die Verfügbarkeit ist schlecht (z. B. aufgrund zu enger Toleranzen in den Werkstoffnormen, keiner globalen Verfügbarkeit des Werkstoffs, gestiegener Rohstoffpreise). – Die vorgesehene Wärmebehandlung ist nicht seriensicher (z. B. aufgrund ei- ner schlechten Prozesssteuerung, veralteter Anlagen, falschem Qualitätsma- nagement, nicht qualifizierten Bedienungspersonals). – Die Halbzeuge erfüllen nicht die werkstofftechnischen Erwartungen (z. B. aufgrund zu geringer Qualifikation des Schmiedelieferanten, schwankender Qualität bei der Lieferung aus dem Stahlwerk, schlechter Oberflächenquali- tät aufgrund nicht werkstoffgerechter Prozessparameter der Gussteile). Identifizierung der Probleme durch eine Risikoanalyse bzw. Die genannten Probleme sollten bereits zu Projektbeginn in einer Risikoanalyse einer FMEA bzw. in einer FMEA identifiziert und bewertet werden. 3.3.3 Projektleitung Anforderungen an die Jedes Spezialgebiet, so auch die Werkstofftechnik, erfordert spezielle Anforderun- Projektleitung gen an Personen, die in Projekten Verantwortung übernehmen. Ein Projektleiter sollte möglichst viele der folgenden Eigenschaften aufweisen: Fachwissen im Expertise: Schwerpunktgebiet – profundes Fachwissen in der Werkstofftechnik mit dem Schwerpunkt im speziellen Anwendungsfeld (z. B. der Wärmebehandlung oder der Schweiß- metallurgie) – gute Kenntnisse verwandter Fachgebiete (z. B. der Fertigungstechnik und / oder der Konstruktion) Generelle Produktkenntnisse Übergreifende Kenntnisse: und Kenntnis über Struktur und – gute Kenntnisse der generellen Produkteigenschaften (Funktion, Design, Aufbau des Unternehmens Komponenten, Materialien, Herstellung, Kosten etc.) – Struktur und Aufbau des eigenen Unternehmens (Verantwortlichkeiten, in- terne Abläufe, Verträge, Lieferantenbeziehungen etc.) Wissensvermittlung Interdisziplinarität: – Fähigkeit wie ein Einkäufer, Verkäufer, Konstrukteur, Controller etc. zu denken – Fähigkeit, das eigene Fachwissen auch an Nichtexperten adäquat zu vermit- teln Soft Skills Andere Anforderungen: – Methodenkenntnis, Führungsqualität, Teamfähigkeit, Vermittlung von Wis- sen, Überzeugungskraft, Motivation 28 Hamburger Fern-Hochschule Parallelisierung 3 Kontrollfragen und Übungsaufgaben 3.1) Beschreiben Sie den Begriff Parallelisierung im Rahmen des Konzepts Simultaneous Engi- neering. 3.2) Skizzieren Sie den typischen Ablauf eines industriellen Projekts. 3.3) Erläutern Sie, warum die Möglichkeit von Änderungen mit fortschreitendem Projektverlauf immer schwieriger wird. 3.4) Beschreiben Sie, was unter einem Meilenstein zu verstehen ist. 3.5) Wodurch kann ein Projekterfolg befördert werden? 3.6) Beschreiben Sie die Aufgaben des Line Management. 3.7) Wodurch ist Projektmanagement charakterisiert? 3.8) Beschreiben Sie in kurzer Form die vier Aspekte des Projektmanagements. 3.9) Welche Erfolgsfaktoren gibt es im Projektmanagement? 3.10) Was ist eine FMEA? Wie wird eine FMEA praktisch durchgeführt? 3.11) Welche Aussagekraft hat die Risiko‐Prioritätszahl in einer FMEA? 3.12) Nennen Sie die Risikopotenziale, die in einem Projekt auftreten können. 3.13) Was ist ein Stakeholder? 3.14) Welche sozialen Aspekte gibt es in einem Projekt? 3.15) Welche bekannten Ansätze des Wissensmanagements gibt es? Beschreiben Sie diese Ansätze. 3.16) Welche Arten werkstofftechnischer Projekte gibt es? Nennen Sie Beispiele. 3.17) Welche Erfolgsfaktoren gibt es in werkstofftechnischen Projekten? Beschreiben Sie diese Faktoren in kurzer Form. 3.18) Welche Risikofaktoren gibt es in werkstofftechnischen Projekten? Beschreiben Sie diese Fak- toren in kurzer Form. 3.19) Welche Anforderungen werden an die Projektleitung werkstofftechnischer Projekte gestellt? 29 Hamburger Fern-Hochschule Zusammenfassung Zusammenfassung Im vorliegenden Studienbrief wird aufgezeigt, welche strategische Bedeutung der Werkstofftechnik in industriellen Abläufen und Strukturen zukommt. Um dies zu verdeutlichen, werden die Begriffe Strategie und Prozess erläutert und die Zusam- menhänge zu werkstoffkundlichen Fragestellungen dargelegt. In den Ausführungen wird das innovative Konzept einer Werkstoffstrategie entwickelt. Hierbei handelt es sich um einen Ansatz, Werkstofftechnik als strategisches Konzept aufzufassen, um so betriebliche Abläufe und Prozesse ganzheitlich und langfristig optimieren zu können. Hintergrund des Konzepts ist, werkstofftechnische Themen einerseits über die gesamte Fertigungsprozesskette hinaus zu verfolgen und zu optimieren und an- dererseits als Managementthema zu begreifen. Dies ist wichtig, um grundlegende Fragestellungen unternehmensweit zu beantworten und so die Möglichkeit zu schaffen, weitreichende positive Synergieeffekte zu sichern. Die Überlegungen zu Strategien und Prozessen, die zuvor entwickelt wurden, fließen in diese Überle- gungen ein und können durch die Anwendung in einem konkreten Fall besser ver- standen und verinnerlicht werden. Des Weiteren wird das Konzept des Simultaneous Engineerings angesprochen: hierbei handelt es sich um ein Konzept zur Optimierung von Entwicklungsprozes- sen. Ein besonderer Fokus wird hierbei auf die parallele Initiierung von Aktivitäten gelegt. Diese als Parallelisierung bezeichnete Vorgehensweise ist Teil der Ausfüh- rungen des Studienbriefs und wird in Form des Phasenmodells im zweiten Studi- enbrief weiter vertieft. Die zeitparallele und ineinander verzahnte Bearbeitung von Teilprojekten hat das Ziel, die Projektlaufzeiten zu reduzieren, wobei gleichzeitig die Qualität verbessert sowie die Kosten verringert werden sollen. Projektmanagement ist ein wichtiges Instrument zur strukturierten und effizienten Umsetzung von Entwicklungsvorgaben. Projektmanagement kann aber auch – so wie in diesem Teilmodul beschrieben – den kompletten Produktentstehungsprozess von der Akquise über die Entwicklung und Produktion bis zum Rückbau der Ferti- gungseinrichtungen und ggf. dem Produktrecycling angewendet werden. Die not- wendigen Randbedingungen für eine erfolgreiche Projektdurchführung werden in diesem Studienbrief im Kapitel Projektmanagement aufgezeigt. Hierbei werden die Faktoren für eine erfolgreiche Projektorganisation beschrieben. Besonderer Fokus der Ausführungen wird auf das Projektmanagement in werkstofftechnischen Pro- jekten gelegt. Durch Beispiele aus der Praxis werden die Ausführungen nachvoll- ziehbar und es wird ein Brückenschlag zur eigenen Berufswelt geschlagen. Aber auch „weiche“ Erfolgsfaktoren wie die Berücksichtigung psychologischer und so- zialer Randbedingungen, Schulung, Ausbildung, Management-Support etc. werden erläutert. 30 Hamburger Fern-Hochschule Glossar Glossar Best Practice: Bezeichnet eine für eine bestimmte Problemstellung erarbeitete Lö- sung, welche die dafür bestmögliche Variante darstellt, d. h., dass diese Lösung mit anderen verglichen und als die Beste (im Sinne von Effektivität bzw. Effizi- enz) erkannt wurde. Diese Lösung soll möglichst häufig auch an anderer Stelle übernommen werden. Ein Weg dies zu erreichen ist über Standardisierung ge- geben. FMEA: dt.: Fehlermöglichkeits- und Einfluss-Analyse, engl.: Failure Mode and Effects Analysis. FMEA wird eingesetzt, um systematisch Fehler- und Schwach- stellen in einem System aufzudecken. Industrialisierung: Schnittstelle zwischen Entwicklung und Produktion. Integration: Säule des Simultaneous Engineering. Einbindung aller relevanten Un- ternehmensbereiche und ggf. Zulieferer in die Projektaktivitäten. Lessons Learned: steht für die systematische Dokumentation und Aufbereitung von Erfahrungen in einer Organisation und stellt ein Mittel dar, um aus voran- gegangenen Erfahrungen zu lernen. Line Management: Aktivitäten, die zur Organisation der laufenden Fertigung er- forderlich sind. Hierzu gehört etwa, sicherzustellen, dass zur rechten Zeit und in der richtigen Menge sowohl Produktionsmittel als auch personelle Ressourcen verfügbar sind. Material: Sammelbegriff für Roh- und Werkstoffe, Halbzeuge, Hilfs- und Be- triebsstoffe sowie Bauteile und Baugruppen. Materialien werden zur Herstel- lung eines bestimmten Zwischen- oder Endprodukts verwendet. Meilenstein: Projektphasen (→ Phasenmodell) enden mit der Meilensteinfreigabe. Am Phasenende wird kontrolliert, ob die für die Phase geplanten Aktivitäten in Bezug auf ihre Zielvorgaben (Ergebnisse, Kosten, Termine) erledigt worden sind. Organisation: Organisationen bzw. Organisationsstrukturen dienen der Koordina- tion arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung. Die Organisation von Arbeit ist immer dann notwendig, wenn Aufgaben zu bewältigen sind, die nicht von einer Person in einem Schritt erledigt werden können. Parallelisierung: Säule des Simultaneous Engineering: zeitliche Koordinierung

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