IKRK HVR Zsfsg. PDF - Internationale humanitäre Regeln für Jugendliche

Summary

Dieses Dokument beleuchtet die Grundregeln des humanitären Völkerrechts (HVR) und dessen Übereinstimmung mit den Menschenrechten (MR). Es umfasst Themen wie Angriffe auf Kombattanten und militärische Ziele, Schutz von Zivilisten, Verwundeten und Gefangenen sowie die Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit im Zusammenhang mit HVR-Verstößen. Der Text ist ein Unterrichtsmaterial, das auf junge Erwachsene zugeschnitten ist und die Komplexität der humanitären Regeln verständlich vermitteln soll.

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IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. Die Grundregeln des HVR (83-84) 1. Angriffe nur gg Kombattanten und militärische Ziele  Zivilisten und zivile Objekte nicht angreifen  Zivilisten und zivile Objekte verlieren Schutz, wenn sie in Kä...

IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. Die Grundregeln des HVR (83-84) 1. Angriffe nur gg Kombattanten und militärische Ziele  Zivilisten und zivile Objekte nicht angreifen  Zivilisten und zivile Objekte verlieren Schutz, wenn sie in Kämpfe eingreifen  Im Zweifel ist eine Person als Zivilist anzusehen  Schutzschilde aus Zivilisten verboten  Kombattanten dürfen sich nicht als Zivilisten ausgeben  Aushungern von Zivilisten verboten  Zivile Infrastruktur darf nicht angegriffen werden  Staudämme, Deiche, KKWs nicht angreifen, wenn viele Zivilisten sterben würden 2. Angriffe oder Waffen, die unterschiedslos treffen, Militär oder Zivilisten, übermässig verletzen oder Leiden verursachen, sind verboten  Verboten sind: chem., biolo., blind machende Laserwaffen, Splitterwaffen, Antipersonenminen etc.  Befehl alle zu töten ist verboten 3. Zivilisten, verwundete Kombattanten und Gefangene sind zu schützen  Verbot der seel. und körperlichen Folter, der grausamen und herabwürdigenden Behandlung  Keine sex. Gewalt  Feindl. Verwundete und Kranke suchen und pflegen  Wer sich ergibt oder hors de combat ist, muss geschont werden  Gefangene respektieren und menschlich behandeln  Keine Geiselnahme  Deportation von Zivilisten und ethn. Säuberungen verboten  Gefangene dürfen mit Familie kommunizieren und erhalten humanit. Hilfe  Spezieller Schutz für schutzbedürftige Personen  Kinder unter 15 nicht rekrutierbar  Recht auf fairen Prozess, keine Kollektivstrafen 4. Medizinisches Personal und Einrichtungen, militär. und zivil, sind zu schützen, ihnen ist zu helfen.  Rotes Kreuz und Halbmond dürfen nicht angegriffen werden. Kein Missbrauch der Zeichen.  Mediz. Einheiten und Transporte dürfen Feind nicht schädigen  Keine Bevorzugung von Verwundeten und Kranken – ausser aus mediz. Gründen IKRK HVR Zsfsg.doc 1 IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. HVR und MR (S.89-91) Inhalte und Übereinstimmungen HVR und MR streben Schutz der menschlichen Würde an. MR: universell gültig, soll M vor Willkür des Staates schützen HVR im Kriegsfall gültig MR-Verträge (Intern. Pakt über bürgerl. und polit. Rechte, EMRK, USMRK) können in Todesgefahr für Staaten z.T. suspendiert werden (Derogation), z.B. Bewegungsfreiheit, Freiheit und Sicherheit, Vereinigungsfreiheit, Redefreiheit etc. Es gibt aber harten Kern von MR, die nie suspendiert werden können. HVR soll Opfer eines bewaffneten Konfliktes schützen und Verhalten im Krieg regeln. Derogation nicht erlaubt. HVR deckt sich mit hartem Kern der MR: Recht auf Leben, Verbot der Sklaverei, Verbot von Folter/unmenschlicher Behandlung, Verbot von rückwirkenden Gesetzen. Können nie aufgehoben werden. Nicht-derogierbare Rechte: durch MR und HVR gewährleistet:  Verbot von Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht oder Religion  Recht auf Leben  Verbot von Folter  Verbot grausamer Behandlung  Verobt von erniedrigender und herabwürdigender Behandlung  Verbot von Skalverei  Verbot von rückwirkender Anwendung des Rechtes MR  Beginn der MR: F Erklärung der M- und Bürgerrechte 1789 und USA Bill of Rights 1791  1948 UN: Allg. Erklärung der MR  1966: Intern. Pakt über bürgerliche und politische Rechte (MR der 1. Generation)  1966: Intern. Pakt über wirtsch., soziale und kulturelle Rechte (MR der 2. Generation)  1. Abkommen in vielen Ländern in Gesetze aufgenommen  2. Abkommen nur begrenzt wirksam  MR der 3.Generation: Recht auf Entwicklung, auf Frieden, auf gesunde Umwelt: umstritten MR auch durch regionale Organisationen anerkannt: EMRK 1950, Europarat AMRK, 1969, OAS Afr. Charta der MR und Rechte der Völker 1981, Org. für afrik. Einheit MR-Erklärung von Kairo, 1990, Org. d. islam. Konferenz Mechanismen der Implementierung: Europ. Gerichtshof für MR Inter-Amerikan. Gerichtshof für MR IKRK HVR Zsfsg.doc 2 IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. HVR HVR = Kriegsrecht oder Recht der bewaffneten Konflikte Soll Verhalten während der Feindseligkeiten regulieren Soll Personen schützen, die nicht (mehr) an den Feindseligkeiten teilnehmen, z.B. Zivilisten Instrumente: 1949 Genfer Abkommen 1998 Statut für einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof (Statut von Rom) 2002 Inkrafttreten des Status von Rom Drei Zugänge zur Gerechtigkeit (245-249) HVR muss von Staaten oder auf internationaler Ebene durchgesetzt werden: Täter müssen als Individuen bestraft werden. 1. Durchsetzung durch nationales Recht und Gerichte Genfer Abkommen verpflichten Staaten, Strafgesetze zu erlassen, um Täter abzuurteilen. Weltrechtsprinzip: HVR verlangt, dass alle Staaten Täter verfolgen und aburteilen oder in andere Länder überweisen, egal woher er stammt und wo Tat geschah. Viele Staaten haben Strafgesetzbücher so überarbeitet, z.B. CH., und können Verbrechen aus 2. WK oder Ruanda oder Yu ahnden. Nationale Durchsetzung: Staaten urteilen eigene Bürger ab, weil Fairer Prozess eher gewährleistet Angeklagte könne ihre Sprache sprechen Staaten zeigen, dass sie Verantwortung für eigene Leute übernehmen. Staaten urteilen fremde Bürger ab sie anderen Ländern nicht recht trauen sich Regierung so stark zeigt und für eigenes Volk sich einsetzt dies ein positives Bild hinterlässt Probleme bei nationaler Durchsetzung: Leute im Ausland fassen schwierig Urteile können zu hart sein, Gerichte unter Druck stehen Regierungen lassen ausländ. Täter in Ruhe, um Probleme mit anderen Ländern zu umgehen Richter vielleicht nicht unbefangen bei inneren Konflikten Regierungen wollen oft eigene Leute nicht verurteilen, weil hohe Militärs und Politiker involviert sein könnten Eigene Soldaten ja gg Feinde vorgegangen sind Rekrutierung schwierig werden könnte, wenn Soldaten Angst vor Gericht IKRK HVR Zsfsg.doc 3 IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. Wichtig im HVR:  Staatsoberhäupter in Bezug auf Kriegsverbrechen nicht immun  Ausführen von Befehlen ist keine Entschuldigung  Vorgesetzte für Untergeordnete verantwortlich  Keine Verjährungsfrist 2. Durchsetzung durch internationale Strafgerichte Staaten wären verpflichtet, Täter gg das HVR zu verfolgen, doch man hat es auch international geregelt: Spezialtribunal: Erstes intern. Straftribunal: Nach 2.WK:  IMT: Internationales Miltärtribunal, getragen von GB, F, USA, SU. Gg Nazis, Prozesse wurden Nürnberger Prozesse genannt.  Dasselbe geschah in Tokio, IMT für Fernen Osten, 11 Länder vertreten, gg jap. Angeklagte. SR der Uno richtete 40 Jahre später zwei intern. Straftribunale ein:  1993: Verbrechen auf Gebiet des ehem. Jugoslawiens seit 1991  1994: Verbrechen in Ruanda Aufwendig, deshalb gründete Weltgemeinschaft einen ständigen internationalen Strafgerichtshof: 1998 Rom: Statut des IStGH, Intern. Strafgerichtshof für 4 Kategorien von Verbrechen:  Völkermord,  Verbrechen gg die Menschlichkeit,  Kriegsverbrechen,  Verbrechen der Aggression. 1. Juli 2002 Beginn der Arbeit (60 Staaten hatten ratifiziert) Bedenken von ablehnenden Staaten:  zu viel Macht,  polit. missbrauchbar,  eigene Praktiken könnten vor IStGH kommen,  Angst, dass eigene Soldaten dort verurteilt würden. Weiterhin bleiben nationale Gerichte aber am wichtigsten zum Schutz des HVR!! 3. Streben nach Gerechtigkeit durch Wahrheitskommissionen 1983 Argentinien: errichtet erste Wahrheitskommission: Hunderte von Zeugen dokumentierten geheime Gefangenenlager und 8900 verschwundene Personen. Anträge für Strafverfolgung eingereicht 1984: „Nunca Mas“ „Nie wieder“, Schlussbericht, Klassiker unter Menschenrechtsberichten IKRK HVR Zsfsg.doc 4 IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. WK sind keine Gerichte, von privater oder öffentl. Seite eingerichtet, stellen Verletzungen des HVR zusammen. Wahrheits- und Versöhnungskommissionen Südafrika ging einen Schritt weiter: schuf Truth and Reconciliation Commissions TRC:  Verbrechen des Apartheid-Regimes und Einzelpersonen untersucht, aber auch des ANC.  TRC ist Teil des Rechtssystems: Ziele sind aber persönliche und politische Versöhnung. Wer Wahrheit aussagt, kann Amnestie erlangen. Wer nicht volle Wahrheit aussagt, kann strafrechtlich belangt werden.  Bis Ende 1999 ca 600 Personen amnestiert, aber 5300 nicht.  Gründe für Amnestie: vollständige Offenheit und Beweis, dass Tat aus politischen und nicht persönlichen Motiven (Gewinn, Groll) geschah. Auch Schwere der Tat in Betracht gezogen.  Wichtig auch: Opfer sollen Geschichte erzählen können und Hilfe bekommen, über 20'000 haben dies in Anspruch genommen. Probleme:  Nur Zeugenaussagen behandelt, Verbrechen ohne Zeugenaussagen können nicht aufgedeckt werden.  Sollen Mörder frei kommen, bloss weil sie gestehen?  Sind Reparationszahlungen an die Opfer hoch genug? Die Hintergründe der Nürnberger Prozesse (271) Bis 1945 haben nur nationale Gerichte Kriegsverbrechen abgeurteilt, z.B. die USA Soldaten für Kriegsverbrechen auf den Philippinen. 1945-1950: 10'000 Kriegsverbrecher des 2. WK in diversen Ländern verurteilt. IMT: Internationales Militärtribunal, getragen von GB, F, USA, SU. Gg Nazis, Prozesse wurden Nürnberger Prozesse genannt. Dasselbe geschah in Tokio, IMT für Fernen Osten, 11 Länder vertreten, gg jap. Angeklagte. Wichtig: Einzelpersonen können strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, auch wenn sie nach einheimischem Recht unschuldig wären. Tokio: Verbrechen gg den Frieden geahndet, d.h. Planung und Ausführung eines Aggressionskrieges Nürnberg: dito und Kriegsverbrechen und Verbrechen gg die Menschlichkeit: bilden Nürnberger Prinzipien. Anwälte der Angeklagten plädierten auf Freispruch mit folgenden Argumenten:  Hitler allein schuldig, Untergebene mussten Befehle ausführen  Verbrechen, z.B. Völkermord, damals kein Verbrechen nach intern. Recht  Urteilende hätten z.T. dieselben Verbrechen begangen IKRK HVR Zsfsg.doc 5 IKRK: Entdecke das humanitäre Völkerrecht. Unterrichtsmodule für Jugendlich. Genf 2002. Nürnberger Prinzipien, 1946, paraphrasiert (S.277) I. Jede Person, die Völkerrecht bricht, wird persönlich bestraft II. Lückenhaftes nationales Recht schützt Völkerrechtsbrecher nicht III. Auch Regierungschefs sind persönlich verantwortlich IV. Befehle heben eigene Verantwortung nicht auf (bei freier Entscheidung) V. Angeklagte haben Recht auf fairen Prozess VI. Strafbare Verbrechen nach dem VR sind:  a) Verbrechen gg den Frieden: Planen, Vorbereiten oder Beginnen eines Krieges und Teilnahme daran  b) Kriegsverbrechen: Mord, Grausamkeiten oder Deportation der Zivilbevölkerung, Mord oder Grausamkeiten gg Gefangene, Töten von Geiseln, mutwillige Zerstörung von Grossstädten, militär. nicht gerechtfertigte Verwüstungen  Verbrechen gg die Menschlichkeit: Mord, Ausrottung, Versklavung, Verschleppung etc. gg Zivilbevölkerung, Verfolgung aus polit., rassischen oder religiösen Gründen, wenn Taten mit a und b zusammenhängen VII: Mittäterschaft bei Verbrechen von Prinzip VI ist ein Verbrechen nach dem Völkerrecht Ethik humanitärer Arbeit (S.359) 3 Grundsätze humanitärer Arbeit:  Neutralität = nicht Stellung beziehen in Feindseligkeiten oder Streitigkeiten  Unparteilichkeit = Vorrang nach Bedürfnissen der Einzelpersonen und Dringlichkeit  Unabhängigkeit = dem Druck durch Aussenstehende standhalten IKRK HVR Zsfsg.doc 6

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