Grundschulpädagogik- Zusammenfassung PDF

Summary

This document provides a summary of the fundamentals of elementary school pedagogy, including its historical context, structure, and key principles. It covers the role of the elementary school in the broader educational landscape, its various functions, and the challenges and considerations relating to teaching diverse learners, including support for children with varied needs.

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Grundschulpädagogik- Didaktik Zusammenfassung 1. Grundschule im Bildungssystem Überblick: - Grundschule als erste gemeinsame, kindgerechte, grundlegende Schule - KlassenlehrerInnen-Prinzip, Schulpflicht, Notenfreiheit (je nach Bundesland) - Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen...

Grundschulpädagogik- Didaktik Zusammenfassung 1. Grundschule im Bildungssystem Überblick: - Grundschule als erste gemeinsame, kindgerechte, grundlegende Schule - KlassenlehrerInnen-Prinzip, Schulpflicht, Notenfreiheit (je nach Bundesland) - Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen und GS - Schule = Einrichtung des Kultusbehörden, Kitas = Einrichtung der Jugendhilfe - Ministerien bringen mithilfe verschiedener Empfehlungen (JMK/KMK 2004, JFMK/KMK 2009) die Zusammenarbeit der Jugendhilfen und GS voran ➔ Übergang vom Elementarbereich zur GS ➔ Ganztagschulen und Betreuung an Schulen ➔ Unterstützung von Kindern mit heterogenen Lernvoraussetzungen Grundschule als erste Schule - GS folgt auf den Elementarbereich - Beginn der formalisierten, systematisch vermittelten Bildung (Fend 1969) Die Schule hat eine… Qualifikationsfunktion: Schule muss die SchülerInnen mit entscheidenden Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten ausstatten -> Erwerben der Lesekompetenz als Schlüsselkompetenz für eigenständiges Lernen und soziale Teilhabe Selektionsfunktion: besonders problematisch -> Schule weist Chancen und Möglichkeiten zu, GS ist bis heute sozial selektiv -> Benachteiligung von Kindern aus sozial schwächeren Herkunftsfamilien (weniger Lernanregungen von zuhause, Wahl über weiterführende Schule hängt von sozialer Herkunft ab) Legitimationsfunktion: vermittelt Werte und Normen der Gesellschaft und stabilisiert und legitimiert politisches System; Staat bildet Lehrkräfte aus, organisiert Schulsystem und Bildungspläne Schulpflicht, staatliches Schulsystem (staatliche Reglementierung) Inhalte und Schulbesuch sind vorgeschrieben und verbindlich Grundschule im deutschen Bildungssystem – Kennzeichen und Besonderheiten Überblick: - GS unterliegt Ländergesetzgebung (konkrete Ausgestaltung variiert von Bundesland zu Bundesland) - Aufgabe: Vermittlung grundlegender Bildung (Fähigkeiten in Sprache, Mathematik, Gesellschafts- und Naturwissenschaften -> fachbezogene Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten) Basisqualifikationen für Leben und Lernen, Kenntnisse, Einsichten, Lerntechniken, Haltungen Kennzeichen und Besonderheiten der GS: - GS ist Regelschule und Sprengelschule (d.h. keine freie Schulwahl, sondern bestimmte Einzugsgebiete) - Nach Stichtag (für Kinder mit 6, Datum kann Bundesland wählen, Vorzeitige Einschulung erleichtert, Rückstellung erschwert) ist die GS verpflichtend - Dauer der Grundschule: 4 Jahre (in Berlin und Brandenburg 6) - KlassenlehrerInnenprinzip: Eine Lehrkraft für nahezu alle Fächer, Bezugsperson, begleitet Entwicklungsprozesse - Verzicht auf Noten: statt Notenzeugnisse gibt es Berichtszeugnisse (in den meisten Bundesländern) - Bildungsstandards (KMK 2004): zentrale Kompetenzen in Mathe und Deutsch - GS kann als Halbtages- sowie als Ganztagsschule konzipiert sein Kooperation am Übergang vom Elementar- zum Primarbereich Zusammenarbeit der Institutionen rechtlich vorgeschrieben -> Erschwernisse durch Schweigepflicht (Kann durch die Eltern aufgehoben werden Mögliche Verbesserungen für die Anschlussfähigkeit von Kita und Grundschule (Faust 2011): - Strukturelle Reformen: Modell der Grund- und Basisstufe um Kindergarten und die erste Primarstufe stärker zu verbinden (wie in der Schweiz) -> in der Grundstufe werden zwei Kindergartenjahre mit dem ersten Primarschuljahr, bei der Basisstufe zwei Kindergartenjahre mit den ersten zwei Jahren der Primarstufe zusammengefasst - Curriculare Abstimmungen: stärkere inhaltliche Verzahnung, wenn Curricula (=Bildungspläne) gemeinsame Vorgaben und Anforderungen haben, führt das zu hoher inhaltlicher Anschlussfähigkeit - Kooperation von Kindergarten und GS: Austausch, arbeitsteilige Kooperation, Ko-Konstruktion (=intensiver Austausch über hinsichtlich einer Aufgabe) Kooperation zur Unterstützung von Kindern mit heterogenen Lernvoraussetzungen: - Unterstützung verschiedener SchülerInnen-Gruppen (heterogene, unausgelesene Schülerschaft) - Im Fokus der Aufmerksamkeit: SchülerInnen mit Förderbedarf, nichtdeutscher Erstsprache und bildungsfernen Familien - Kooperation und gemeinsame Abstimmung hier besonders wichtig 2. Geschichte der Grundschule Zeitpunkt Etappe Veränderung 1919 Weimarer Verfassung - Einigung aller Regierungen auf den „Weimarer- Schulkompromiss“ (Artikel 135-150) 28.04.1920 Reichsschulgesetz - Die Grundschule wird als undifferenzierte Elementarschule für alle Schulpflichtigen Kinder eingeführt - Aufgabe GS: Vermittlung grundlegender Bildung, die jedem Schulkind grundsätzlich jede Form weiterführender Bildung ermöglicht Bis 1919 Vor 1919 - Die Grundschule unterteilt sich in das niedere (Elementar- bzw. Volksschulwesen) - Und das teils höhere Schulwesen (Vorschule höherer Lehranstalten) - Schulische Bildung war stark von sozio-regionalen Faktoren abhängig (Herkunft, Konfession, etc.) Mitte des 19. Ideengeschichtliche - Entstehung der Einheitsschulbewegung (Grundlegend Jahrhunderts Wurzeln der und Wegbereitend, Getragen von Lehrervereinen, Grundschule Wissenschaftlern und deutscher Sozialdemokratie) - Es soll eine einheitliche Beschulung aller Kinder unabhängig ihrer Herkunft geben Wende 19./20. Reformpädagogischer - Ganzheitlicher Bildungsanspruch Jahrhundert Einfluss - Pflege spielerischer, kreativer, sozialer Aktivitäten - Auf Selbstständigkeit basierender Wissenserwerb - Anschauung - Lebensnähe - Entwicklungsgemäßheit Politische Grundschule in der - Kind im Mittelpunkt des Interesses Wende Weimarer Republik - Heimat im Mittelpunkt des Unterrichts 1919/1920 (Großes - Gewissens- und Gemütsbildung (gefühlsmäßiges Grundschulgesetz von Erleben, Erziehung zum braven Menschen) 1920) - Kreativitätsbildung (musische Bildung, schöpferisches Tun) - Schule als Schonraum - Pflege des Gemeinschaftsgedanken (Schulleben) 1933-1945 Grundschule im - Geschlechtsspezifische Differenzen (Mädchen: Nationalsozialismus Mutter-Sein) - Aufwertung und Politisierung von Schulfeiern - Körperliche Tüchtigkeit als Auslesekriterium - Weltanschaulich bedingte Eingriffe v.a. in Musik, Deutsch und Heimatkunde (Rassistische Inhalte) - Erziehung zu Nationalsozialisten Ab 1945 Rekonstruktion und - Grundschule wird als Lebensstätte des Kindes Reform angesehen - Ganzheitliche Bildung und Erziehung - Unterricht und Gespräch, Spiel, Feier als Bildungsformen - Bedeutsame Rolle der Selbsttätigkeit - Gesamtunterricht mit Heimatkunde als Zentrum - Veränderter Begabungsbegriff Zwischen Grundschule in der DDR - Achtjährige Grundschule als Pflichtschule 1946-1959 - Zehnklassige polytechnische Oberstufe - Orientierung am Marxismus-Leninismus Ca. 1957 Sputnik-Schock - Neue Begabungstheorie - Modernisierung im Bildungswesen - „deutsche Bildungskatastrophe“ (Picht 1964) 1980er/1990er Pädagogische Wende - Kritik an „geschlossenen Lehrplänen“ Jahre - Kritik an Überfrachtung der Lehrpläne - Wachsende Erziehungsaufgaben der Schule - Offene Unterrichtsformen (Freiarbeit, Projekte, etc.) Seit ca. 2000 Reformen „nach PISA“ - Stellenwert von Unterricht und Unterrichtsqualität - Nationale und internationale Leistungsvergleichsuntersuchungen - Bildungsstandards und Kompetenzen - Outputorientierung statt Inputorientierung - Reduzierung der Schulzeit (s. Gymnasien) - Frühzeitige Einschulung 3. Reform- und Alternativschulen Überblick: - Keine eindeutige Definition von „Reformpädagogik -> heterogene theoretische Fundierung der einzelnen Strömungen - Gegenentwurf zur Regelschule -> „Reform“ = etwas Bestehendes wird umgestaltet und damit verbessert - Reformpädagogik ist Ende des 19. Und Anfang des 20. Jahrhunderts angesiedelt - Statt „Drillschule“: Orientierung am Kind, Handlungsorientierung, Selbsttätigkeit - Reform der Schulorganisation und des -systems (z.B. Abkehr von Fremdbewertung durch Noten), der Didaktik, der zugrundeliegenden Bildungs- und Lerntheorie Bis heute Ideen der klassischen Reformschulen: Maria Montessori: - Italienische Ärztin, begann mit Kindern in der Psychiatrie zu arbeiten - Gründete 1899 ein heilpädagogisches Institut und entwickelte viele der bis heute bekannten Montessori-Materialien - 1901 studierte sie Anthropologie, Psychologie und Erziehungsphilosophie - 1907: Leitung eines Kinderhauses -> Entdeckung des Montessori-Phänomen (Polarisation der Aufmerksamkeit) -> Kind kann sich mit passendem Material/passender Tätigkeit in tiefer Konzentration über längere Zeit beschäftigen - Methode wurde in Italien flächendeckend übernommen, jedoch wurden die Schulen später wieder geschlossen - Entwickelte mit ihrem Sohn die „Kosmische Erziehung“ - Starb 1952 in Holland Montessori-Pädagogik: ➔ Selbsttätigkeit der Kinder in der vorbereiteten Umgebung -> Erwachsener rückt in den Hintergrund, beobachtet und bietet angemessenes didaktisches Material an (Material wird in offenen Regalen auf Augenhöhe der Kinder platziert, Kinder können selbst wählen, Materialen müssen zurückgebracht werden) ➔ Selbstkontrolle und Isolierung der Schwierigkeit im Material -> Material weist immer nur eine Eigenschaft auf (z.B. nur um Größe der Würfel), Materialen ermöglichen Selbstkontrolle um Lob und Tadel durch Erwachsenen zu vermeiden ➔ Entwicklung des Kindes in sensiblen Phasen -> (Zeiten der kindlichen Entwicklung) Kinder brauchen in dieser Zeit passende Angebote, für alle sensiblen Phasen hat Montessori Material entwickelt: Übungen des täglichen Lebens: einfache Tätigkeiten (Verschlüsse schließen, sich pflegen, usw) Sinnesmaterial: Förderung der Sinne (jeweils 1 Sinn wird gefördert z.B. nur Gehör) Sprachmaterial: führt Lesen und Schreiben ein (Sandpapierbuchstaben, bewegliches Alphabet) Mathematikmaterial: komplexe mathematische Phänomene, Wurzelziehen, etc. Kosmische Erziehung: Zusammenschau von Welt und Mensch im allumfassenden Universum Waldorf-Pädagogik: - Erste Waldorf-Schule 1919 - Konnten Kinder unabhängig von Geschlecht, Stand, Bekenntnis und Begabung besuchen - Geht auf die Prinzipien von Rudolf Steiner (1861-1925) zurück (Anthroposophie) - Vier elementare Wesensglieder des Menschen: physischer Leib, Ätherleib, Astralleib, Ich-Leib -> in jedem Lebensjahr wird neuer Leib geboren (Lebensjahrsiebten) - Wichtig: Künstlerischer Ausdruck in Waldorf-Schulen (Namen tanzen usw.) - Epochenunterricht, keine Noten, Lehrer ist pädagogischer Begleiter, Abschluss an staatl. Schule 4. Kindheit Heute Geschichte der Kindheit: Persönlichkeit des Erziehung des Kindes Bedeutung des Kindes Kindes Frühes Mittelalter Keine Unterscheidung Lehrverhältnis zwischen Kind als Fortbestand des (bis 13. Jh.) von Erwachsenen Erwachsenen und Kind Familienhaushaltes Spätes Mittelalter Anerkennung eines Aufkommen öffentliches Kind als (14.-18. Jh.) spezifischen Interesse an Erziehung und Familienmitglied und kindlichen Wesens Bildung des Kindes, Kind als soziale Objekt der Erziehung Zukunftssicherung Industrielles Anerkennung der Gezielte Bildung und Kind als zu versorgendes Zeitalter (19. Jh.) kindlichen Ausbildung, zugleich Familienmitglied Eigenständigkeit Ausbeutung der Arbeitskraft des Kindes Heutige Zeit Anerkennung der Erziehung nur noch teilweise in Emotionaler Wert des (20. und 21. Jh.) kindlichen der Familie, Schule, Kindes als Sinnerfüllung Individualität und Kindergarten als im Leben der Eltern, Subjektivität Sozialisationsinstanzen Kind als Kostenfaktor Entstehung der Kindheit in der Moderne: - Seit Wende des 18. Zum 19. Jahrhundert: Kindheit als Familienkindheit, Schulkindheit Kennzeichen der Moderne: - Mensch und Welt als Produkt eigener Praxis und nicht mehr allein mythologisch - Gelehrte und Kleriker differenzieren sich – damit auch Wissen und Glauben - Erziehung wird als eigener Mechanismus der Tradierung von Lebensformen neben Religion und Tradition ausgeprägt Aufwachsen von - Einheit „des ganzen Hauses“ von Arbeiten, Leben, Wohnen, Erziehen, Kindern in der Freizeit feudalistischen und - Vater, Mutter, Kinder, Angehörige, Mägde, Knechte, deren Kinder agrarischen - Arbeitsorganisation Gesellschaft - Keine Trennung der Lebenswelt von Kindern und Erwachsenen - Erziehung nicht intentional oder bewusst vollzogen (niemand dafür verantwortlich) Bürgertum ab Beginn - Berufstätigkeit des bürgerlichen Mannes verlagert sich nach außen des 19. Jahrhunderts - Neue Familienstruktur entwickelt sich: Kleinfamilie - Neue Definition von Geschlechterrollen Erziehung im - Literatur, bildende Kunst, Musik als Transportmedium der neuen Bürgertum – über Geschlechter- und Erziehungsideologie Jahrhunderte - Erster Erziehungsroman erscheint („Emile“ von Rousseau) wirksame ABER: Konzeption der Mädchenbildung bei Rousseau deutlich Vorstellungen unterschieden: Mädchen sind von klein auf an Zwang zu gewöhnen, da sie immer einem Mann oder der Gesellschaft unterworfen sind - Erziehungsklima: väterliche Strenge, Mütterliche Liebe (Vermittlerfunktion) - Eigener „kindgemäßer“ Lebensraum entsteht: Kinderzimmer, Spielsachen - Erziehung hat Kinder den elterlichen Normerwartungen anzupassen Beginn der Kindheit - „Leistung“ soll an Stelle ständischer Geburtsprivilegien treten als Schulkindheit - Vergabe von Zertifikaten an die Jungen des Bürgertums: Wesentliche Aufgabe der höheren Schulen - Für die Jungen des Bürgertums begann die Gymnasialbildung, Mädchen und niedrigere Stände wurden systematisch ausgeschlossen - Schulkindheit: Das, was Jungen für die späteren Berufe brauchten, konnten sie nicht mehr durch Nachahmung lernen – Lernen auf Vorrat begann Im 20. Jahrhundert: - Kindheit in Europa wird als ein dem Spielen, der Entwicklung, dem Lernen dienender und von Erwerbsarbeit befreiter Lebensraum anerkannt Bäuerliche und - Niedriges Schulwesen proletarische - Mancherorts katastrophale Verhältnisse: Unterricht nur im Winter Schulkindheit - Lange Schulwege: Manche Kinder besuchten die Schule aufgrund z.B. fehlender warmer Kleidung nicht - Kinder besuchten Schule z.T. nur 2-3 Jahre - Ziel: Integration in herrschenden Klassenstrukturen (Disziplin, religiöse Unterweisung, Rechnen, Lesen, etc.) - Zwang und Dressur Möglichkeit aus häuslicher Arbeit und Enge auszubrechen) Phillipe Aries (1975) - „Kindheit hat es nicht immer gegeben“ - Mittelalter: kannte keine eigentlichen pädagogischen Einrichtungen - Lebenssphäre der Kinder und Erwachsenen nicht getrennt - Kinder in Sorgen und Geschäfte der Erwachsenen miteinbezogen Im Laufe des 16. Und 17. Jahrhunderts: - Ausgliederung der Kinder aus dem Leben der Erwachsenen - Spezielle Kleidung und Spielzeug - Tendenz zur Übergabe der Kinder in spezifische Institutionen ➔ „Entdeckung der Kindheit“ DeMause (1977) 17. Jahrhundert: Beginn moderner Erziehungslehre - Beobachtung von Kindern - Verständnis für die Art des Aufwachsens - Zusammenhang von Kindheit und späterer Persönlichkeit - Pädagogen wie Comenius und Rousseau Neil Postman (1982) - Zunächst (bis Mittelalter) kein großer Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen - Erfindung des Buchdrucks: Kinder müssen lesen erst lernen ➔ Kindheit als Raum ohne Zugang zu den Geheimnissen der Erwachsenen - Erziehung und Bildung werden notwendig und definieren Kindheit - Fernsehen: steht Kindern zur Verfügung (nicht durch Erziehung und Bildung) - Bedingt gesellschaftliche Veränderungen, die zur Auflösung der Kindheit beitragen Die fünf Generationen der Nachkriegszeit: - Nachkriegsgeneration (1925 – 1940) - 1968er Generation (1940 – 1955) - Babyboomer (1955 – 1970) - Generation X (Generation Golf) (1970 – 1985) - Generation Y (1985 – 2000) - Generation Z (2000 – …) Kindheit im Wohlfahrtsstaat: - Institutionalisierte Altershierarchie - Pädagogisierung - Scholarisierung (= Prozess, in dem Bildung zunehmend institutionalisiert wird) - Familiarisierung 6. Umgang mit Heterogenität Reaktionsformen auf Heterogenität: ➔ Grundschule als gemeinsame Schule für alle Kinder Bildungswesen gleichermaßen von homogenisierenden Disziplinierungstendenzen (Jahrgangsklassen, Förderschulen, Wiederholen und Überspringen, etc.) wie von heterogenisierenden Befreiungstendenzen geprägt (Jahrgangsmischung, neue Schuleingangsstufe, Inklusion, etc.) 4 Reaktionsmöglichkeiten nach Weinert (1997) 1. passive Reaktionsform -> Ignorieren der Lern- und Leistungsunterschiede 2. substitutive Reaktionsform -> Anpassung der SchülerInnen an die Anforderungen des Unterrichts 3. aktive Reaktionsform -> Anpassung des Unterrichts an lernrelevante Unterschiede der SchülerInnen 4. proaktive Reaktionsform -> gezielte Forderung der einzelnen SchülerInnen durch adaptive Unterrichtsgestaltung Umgang mit Heterogenität – verwandte Konzepte Differenzierung in der Grundschule: Differenzierung bezeichnet alle Maßnahmen schul- und unterrichtsorganisatorischer Art, die zur Förderung von SchülerInnen oder aufgrund unterschiedlicher Neigungen, Begabungen, Interessen, Schwächen und Stärken unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes ergriffen werden, was zu einer Individualisierung des Unterrichts beiträgt. (Saalfrank 2012) Dabei Unterscheidet Saalfrank in: Interschulische Dimension Unterrichtsorganisatorische Dimension Differenzierung nach: Zielen, Inhalten, Methoden Intraschulische Dimension und Medien, Sozialformen, Lernvoraussetzungen, Organisation und Zufall Profilbildungsdimension Didaktische Dimension Differenzierung nach: Lerninteresse, Lernbereitschaft, Lerntempo, Lernstilen Unterrichtsdimension Individualisierter Unterricht (z.B. Freiarbeit, Wochenplan), Kooperativer Unterricht (z.B. Projektarbeit, Gruppenunterricht), Gemeinsamer Unterricht (z.B. Klassenunterricht), Blended Learning Kompetenzdimension Entscheidungskompetenzen, Fachkompetenzen, Sozialkompetenzen, Selbstkompetenzen, Handlungskompetenzen Qualitative Differenzierung Zone der nächsten Entwicklung (Wygotski) Individualisierung in der GS „ein tatsächlich auf den Einzelnen zugeschnittenes bzw. von ihm selbst gewähltes Lernangebot, das (…) von dem der anderen SchülerInnen abweicht“ (Kunze 2009) ➔ Verschiedenheit von SchülerInnen einer Lerngruppe wird berücksichtigt, um allen Lernenden optimale Fortschritte zu ermöglichen. Indikatoren: - Individuelle Betrachtung der Lernstände, der Leistungsfähigkeit, der Interessen, Neigungen und Persönlichkeiten von SchülerInnen - Unterricht, der z.B. unterschiedliche Aufgaben und Lernmaterialen anbietet, der SchülerInnen zur Reflexion des Arbeitsfortschritts, auch mithilfe von Selbsteinschätzungsbögen, anregt und der Impulse setzt, damit SchülerInnen ihr Lernen selbst steigern und verantworten sowie eigene Schwerpunkte bearbeiten - Ergänzende Hilfen für leistungsschwache SchülerInnen oder solche mit gesundheitlichen Problemen ebenso wie zusätzliche Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten für besonders leistungsstarke Lernende Adaptiver Unterricht ➔ „Immer dann, wenn Unterricht (…) an die individuellen Lernvoraussetzungen der Lernenden angepasst wird, sprechen wir von adaptivem Unterricht.“ (Wember 2001) _______________________________________________________________________________________ Organisation adaptiver Lerngelegenheiten in der GS - Unterschiedliche Aufgabenblätter für unterschiedliche Schülergruppen - Variation der Lernzeit - Kooperatives Arbeiten in heterogenen Gruppen: Peer Learning, Gruppenpuzzle - Abgestufte Verständnishilfen Offener oder geöffneter Unterricht - Schulische Alltagspraxis - Reformpädagogisches Konzept zur individuellen Förderung - Den Lernenden wird eine Vielfalt von Lernangeboten, Lernwegen und Methoden angeboten - Selbstständigkeit als zentrales Prinzip: Freiarbeit, Projektarbeit, Lernen nach Jahres- und Wochenplan, Lernen in Stationen - Kann adaptiv sein, da Auswahl, zeitliche Anordnung, Dauer der Lerntätigkeiten durch die Lernenden selbst – ergänzt durch Beratung und Unterstützung durch die Lehrkräfte – gesteuert werden kann Dimensionen der Öffnung Kritisch zu sehen ist: - Grad der Öffnung häufig unterschätzt - Öffnung beinhaltet nicht zwangsläufig Förderung - Fachliches Verständnis wird nicht zwangsläufig gefördert Churer Modell - Der Raum als „3. Pädagoge“: Offene Lernformen unterstützen primär die Motivation der Lernenden. Relevant für den Aufbau „intelligenten Wissens“(Weinert) sind sie nur, wenn sie mit klarer Strukturierung und herausfordernden, kognitiv aktivierenden Inhalten einhergehen. -> z.B. Gute, offene Aufgabe, die verschiedene Möglichkeiten der Lösung auf verschiedenen Niveaus ermöglicht (z.B. Rechendreiecke) Fazit: Offene Unterrichtssituationen und offene Aufgaben können differenziert und lernwirksam sein, aber müssen sehr gut strukturiert werden. Gerade SchülerInnen mit schwächeren Lernausgangslagen profitieren von strukturiertem und lehrerzentriertem Unterricht. Forschung zu Binnendifferenzierung, Individualisierung und offenem Unterricht (Inckemann 2024) Verbreitungsgrad: IGLU 2001 – 2021: Immer noch viel zu wenig Differenzierung in Deutsch, v.a. zu wenig Förderung der Kinder mit Förderbedarf TIMMS 2019: Verbreitung von Differenzierung im Mathematikunterricht stimmt optimistisch Wirkung: Hattie (2009): Direkte Instruktion ist sehr effektiv, Differenzierung zeigt keine Effekte, daher „active, guided instructions is much more effective than unguided, facilitative instruction“ Für die GS (z.B. Roßbach und Wellenreuther): Kombination von Differenzierung und direkter Instruktion. Gut sind sowohl leistungshomogene Gruppen als auch leistungsheterogene Gruppen. Positive Auswirkungen der Differenzierung auf das Selbstkonzept der Kinder Herausforderungen für die Praxis: Berücksichtigung der Basisdimensionen von Unterricht: Klassenführung, konstruktive Unterstützung, kognitive Aktivierung Projekt Ada*Q „Adaptivität und Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht“ -> Bedeutsam sind lernbegleitende Diagnostik, selbstreguliertes Lernen, kooperatives Lernen, Flexibilität von Lerngruppen, räumliche und zeitliche Flexibilität, fachübergreifender Unterricht oder Team-Teaching 7. Entwicklung und Lernen Allgemeine Definition von Lernen: - Lernen ist ein Prozess, der überdauernde Änderungen im Verhaltenspotenzial durch Erfahrung bewirkt (Hasselhorn und Gold 2006) - Unterschied zu anderen Prozessen wie Reifung: Lernen erfordert Erfahrungen - Gedächtnis spielt zentrale Rolle, um Lernergebnisse zu konservieren Neurobiologische Grundlagen: - Hippocampus (befindet sich im Neocortex/Großhirnrinde): zentral für Aufmerksamkeit, Bewertung und Speicherung neuer Informationen - Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis: Grundlage sind synaptische Verbindungen und neuronale Netzwerke - Langzeit-Potenzierung: Wiederholtes Üben verstärkt synaptische Verbindungen Lerntheorien: Behaviorismus - Vertreter: Pawlow, Watson, Skinner - Fokus: Lernen durch Bilden von Assoziationen durch Reize und Verstärkung - Lernende/r: Passiv, reagiert auf Belohnung/Bestrafung - LehrerIn: gibt Wissen vor - Bedeutung: Nützlich für kleinschrittiges Faktenlernen (z.B. Vokabeln) - Kritik: Vernachlässigt individuelle Faktoren und höhere kognitive Prozesse Kognitivismus - Vertreter: Piaget, Bandura, Gagne - Fokus: Lernen als aktiver Prozess der Informationsverarbeitung (z.B. Wahrnehmen, Denken, Problemlösen) - Lernende/r: Aktiv, Verbindet neues Wissen mit Vorwissen - Bedeutung: LehrerIn fungiert als „didactic leader“, welche/r Lernstoff strukturiert und Vorkenntnisse nutzt - Biologische Grundlage: Entwicklung neuronaler Netzwerke Konstruktivismus - Vertreter: Piaget, Wygotski, Glasersfeld - Fokus: Individuelle Konstruktion von Wissen durch aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt - Lernende/r: Selbstständig und zielgerichtet, konstruiert Wissen subjektiv - LehrerIn: ModeratorIn/Coach, der/die Lernumgebungen und Lernmöglichkeiten schafft - Bedeutung: Grundlage für offene, selbstgesteuerte Lernmethoden Didaktische und Methodische Implikationen: - Lehrmethoden sollten an Lernzielen ausgerichtet sein (z.B. Faktenwissen vs. Problemlösungskompetenz) - Moderne Ansätze kombinieren behavioristische, kognitivistische und konstruktivistische Elemente Beispiele: ➔ Behaviorismus: kleinschrittige Übungen ➔ Kognitivismus: Verknüpfung neuen Wissens mit Vorwissen ➔ Konstruktivismus: situiertes Lernen, projektorientierter Unterricht ➔ Lehrpläne: Kompetenzorientierung, Individualisierung, realitätsnahe Aufgaben 8. Leistung und Leistungsbeurteilung Definition von Leistung: - Ergebnis einer zielgerichteten Tätigkeit, verbunden mit Anstrengung und ggf. Selbstüberwindung, für die Gütemaßstäbe anerkannt werden, die also beurteilt wird (Klafki 1985) - Physik: Arbeit pro Zeit - Andere Gütemaßstäbe: Grad der Übereinstimmung mit Vorbild, Exaktheit und Präzision, Kreativität, Richtigkeit ➔ Gütemaßstäbe: fremd- oder selbstbestimmt? Verteilungsprinzipien: Grundlage der Verteilung von (materiellen) Gütern, Positionen, Einkommen: - Leistungsprinzip (nach Leistung) - Bedarfsprinzip (nach Bedarf) - Egalitätsprinzips (jedem/r das Gleiche) Leistungsprinzip als Verteilungsprinzip: zunächst emanzipatorische Funktion ➔ „Als demokratische Gesellschaft ihre Privilegien, Berufe, etc. aus der ererbten Verfassung feudaler Strukturen heraus zu lösen begann, erfanden sie ein möglichst für alle BürgerInnen zugängliches Kriterium: das der Leistung Ehe man Schulnoten verteufelt: Wegen Individuell erbrachter Leistungen gerechter als über Geburt und Geld“ (Schattner 1997) Andere Verteilungsprinzipien: - Vorrecht der Geburt - Loyalitätsprinzip (z.B. man ist lange in einer Firma -> besseres Gehalt als andere) - Bekanntheits- oder Beliebtheitsprinzip - Sozialprinzip (verschuldet oder unverschuldet in z.B. einer finanziellen Krise) Phasen der Leistungsbeurteilung in der Schule 1. Die Grundlage der Bewertung (Auf welchem Weg gelange ich zur Feststellung der Leistung?) ➔ Leistungsfeststellung 2. Die Wahl des Maßstabes (An welchen Kriterien orientiere ich mich bei der Bewertung?) ➔ Leistungsbeurteilung 3. Die Darstellungsform der Leistungsrückmeldung (Wähle ich Ziffern/Anzahl richtiger Lösungen/etc.?) ➔ Darstellungsform der Leistungsrückmeldung Leistungsfeststellung - In der Schule: schriftliche, mündliche, praktische Prüfverfahren/Formen der Beobachtung - Setzen sich aus großer Anzahl spezifischer Indikatoren zusammen, die Lehrinhalt repräsentieren sollen - Voraussetzung für Messung schulischer Leistungen: Manifestieren beobachtbaren Verhaltens (z.B. sprachliche Äußerungen) Schulische Leistungen werden aus bestimmten „Tätigkeiten“ bzw. Verhaltensweisen von Schülern erschlossen, die im Unterricht festgestellt werden, z.B.: - Mündliche Nennen oder Aufschreiben von Lösungen - Benutzung von Adjektiven - Beschriften eines Bildes - Mündliche Aussprache - Einhalten von ausgewählten Gesprächsregeln - Befolgen von festgelegten Anweisungen Gütekriterien und Prinzipien bei der Leistungsmessung: Trennung von Leistungsfeststellung und -beurteilung: o Zunächst: Erfassung von Schulleistungen in einem möglichst wertfreien Vorgang o Erst anschließend: Bewertung der Schulleistungen Was wir beurteilt? o Zu erfassender Aspekt muss klar festgelegt sein o Aus didaktischer Sicht: Schulleistungen das Ergebnis planmäßig intendierter Lehr- bzw. Lernprozesse o Korrespondenz schulischer Leistungsbeurteilung mit den Curricula bzw. deren Umsetzung in Form von Lernzielen Leistungserfassung o Schriftliche, mündliche, praktische Prüfverfahren/Formen der Beobachtung zur Feststellung SchülerInnen-Leistungen o Setzen sich aus großer Anzahl spezifischer Indikatoren zusammen, die einen bestimmten Lehrinhalt oder Kompetenz repräsentieren sollen Wichtige Grundsätze: 1. Grundsatz der proportionalen Abbildung: ➔ Indikatoren sollen repräsentativ für jeweils erteilten Unterricht sein 2. Grundsatz der Variabilität: ➔ Prüfungen müssen aufgrund unterschiedlicher Schüler abwechslungsreich gestaltet sein Testgütekriterien Objektiv Zuverlässig/Reliabel Valide Vom Lehrer unabhängig, Die Beurteilung kann Wenn das Urteil die Leistung mehrere Lehrkräfte gelangen reproduziert werden, d.h. eines Schülers inhaltlich korrekt voneinander unabhängig zum Lehrkräfte kommen in wiedergibt. Der Test misst, was er selben Urteil vergleichbaren Situationen zu messen soll (und z.B. nicht die gleichen Urteilen Lese- oder Stressbewältigungskompetenz) Formen von Leistungserhebungen Mündliche Leistungserhebungen, z.B. Praktische Leistungserhebungen, z.B. Vortrag Darstellungen, Konstruktionen Buchvorstellung Darstellendes Spiel, Rollenspiel Argumentationen Schülerversuche Präsentationen Schriftliche Leistungserhebungen, z.B. Mehrdimensionale Schülerprodukte, Probearbeiten Leistungserhebungen, z.B. Texte (erzählend, informierend, Lernplakat argumentieren) Portfolio Sachkarteien Lapbook Grafiken, Zeichnungen Schriftliche Arbeiten Mündliche Leistungen Beobachtungen Unmissverständliche (Mangel an empirischen Untersuchungen Erforderlich z.B. im Bereich Formulierungen zur Erfassung mündlicher Leistungen) der sozialen Kompetenzen Begründete Aufgabenform Nur sprachabhängige Leistungen Systematische, inhaltlich Aufgabenumfang sollten mündlich erfasst werden begründete Reihenfolge (Ingekamp & Lissmann) Zusammenstellung von Schwierigkeitsgrad Kriterien: Stellt Problem dar, weil: Testgütekriterien: Flüchtigkeit der Situation Aufgabenschwierigkeit, Keine Möglichkeit der Wiederholung Trennschärfe Zeitlicher abstand vom Geschehen Informelle zur Dokumentation Testverfahren Frage, ob Wird beeinflusst durch: Klassenarbeiten den Schülerpersönlichkeit Gütekriterien der Persönlichkeit der Lehrkraft klassischen (Aufrufverhalten, Anzahl und Testtheorie genügen Schwierigkeit der Fragen) Situative Gegebenheiten (z.B. Sitzordnung) Es melden sich v.a. leistungsstarke SchülerInnen. Zweifache Selektion: Lernende mit höherem Vorwissen und ohne Migrationshintergrund beteiligen sich (Schülergesteuerte Selektion) -> Lehrkraft nimmt eher Lernende mit besserem Sprachverständnis dran (lehrergesteuerte Selektion) Produktorientiert Prozessorientiert ➔ Traditionelle Praxis der Erhebung von ➔ Nimmt Bezug auf Lern- bzw. Schulleistungen (z.B. Klassenarbeit) Leistungsentwicklung eines/r SchülerIn Ausschnitthafte Momentaufnahme (summativ) Sequenz temporärer Zwischenergebnisse(formativ) Subjektiv Objektiv - Klassenarbeiten Standardisierte Schulleistungstests, die entweder - Mündl. Prüfungen zur normorientierten oder zur kriterienorientierten - Verschiedene Verfahren der Leistungsbewertung eingesetzt werden können. Verhaltensbeobachtung Leistungsbeurteilung Kompetenzorientierter Blick auf die Schülerleistungen: Berücksichtigung sowohl von fachspezifischen als auch von überfachlichen Kompetenzen - Verknüpfung von Wissen und Können - Reflexionsfähigkeit - Argumentationsfähigkeit - Urteilsfähigkeit - Problemlösefähigkeit - Motivationale Aspekte Gezielte Erhebung des Lernstandes, die sich auf den vorhergehenden Unterricht beziehen Eine systematische und nachvollziehbare Bewertung festgestellter Schulleistungen setzt die genaue Festlegung eines Vergleichsmaßstabes bzw. einer Bezugsnorm voraus. Erst durch die Bezugsnorm wird es möglich, die ermittelten Leistungen zu bewerten, ihnen formal einen Wert zuzuordnen, der eine spez. Bedeutung repräsentiert. Es werden in der Regel drei Arten von Vergleichsnormen unterschieden, die jeweils bestimmte, einander ergänzende Bewertungen zulassen. - Soziale, Bezugsgruppenorientierte bzw. interindividuelle Bezugsnormen - Sachliche, ideale, kriteriale bzw. kriterienorientierte Bezugsnormen - Individuelle, intraindividuelle bzw. prozessorientierte Bezugsnormen Bei der sozialen Bezugsnorm wird die individuelle Leistung eines/r SchülerIn mit den Leistungen einer ausgewählten „sozialen“ Referenzgruppe verglichen: - Mit den Leistungen einer bestimmten Klasse (Klassennorm) - Oder einer bestimmten Klassenstufe (Jahrgangsnorm) - Oder einer Gruppe von Gleichaltrigen (Altersnorm) Klassennormen sind für Lehrkräfte einfach festzulegen und werden daher häufig im Unterricht eingesetzt. Problem: - Leistungsbewertungen sind in versch. Gruppen und Klassen nicht vergleichbar (Mittelmäßiger Schüler in guter Klasse schlechter beurteilt als in einer schlechten) ➔ Auf Noten basierende Selektionsentscheidungen, auf Grundlage der sozialen Norm, ungerecht Essenziell für: - Diagnostik von sonderpädagogischem Förderbedarf ABER: Bezugsnormeffekte („Big-Fish-Little-Pond-Effekt“) bzgl. Selbstkonzept Individuelle Leistungen eines/r SchülerIn werden nach einem sachlichen Anforderungskriterium bewertet. Idealnorm: Kriterium in Form einer fixierten prozentualen Mindestanzahl (richtige Aufgaben) anzugeben Bei individuellen Normen werden temporäre Leistungsänderungen eines/r SchülerIn bewertet. Die Leistung zu einem früheren Zeitpunkt ist der Maßstab für seine aktuelle Leistung. Anwendung individueller Normen pädagogisch sinnvoll, weil auf individuelle Lernentwicklung eingegangen wird. -> schon kleine Lernfortschritte können berücksichtigt werden, motivationssteigernd Kleine Beurteilungsaufgabe von Rheinberg (1980) Ablauf: - Schulklasse macht monatlich Leistungstests - Neun Schüler mit individuellen Testergebnissen über drei Monate werden beurteilt - Lehrkräfte bewerten das letzte Ergebnis mit Plus- oder Minuspunkten (Skala von ++ bis --) - Beurteilung basiert auf einem Unterrichtsfach und subjektiven Einschätzungen Erkenntnisse: - Orientierung der Lehrkräfte an Bezugsnormen zeigt verschiedene Beurteilungsmuster Lehrertypen: - Reine Typen: Beurteilen strikt nach einer Bezugsnorm - Mischtypen ohne Dominanz: Keine klare Präferenz für eine Norm - Mischtypen mit Dominanz: Bevorzugen einer bestimmten Norm Untersuchungsergebnisse: - Lehrkräfte mit sozialer Bezugsnorm legen weniger Wert aus Selbstständigkeitserziehung - Situativer Kontext beeinflusst Beurteilung ➔ Hohe individuelle Bezugsnorm bei Gesprächen mit SchülerInnen allein ➔ Geringe individuelle Bezugsnorm bei Übergangsentscheidungen oder Zeugnissen Bezugsnorm Transparente Bewertungskriterien, die den SchülerInnen bekannt sind, sind Grundlage für alle Bewertungen. Eine kriterienorientierte Bezugsnorm ist ausschlaggebend für alle Bewertungen. Die Bewertung der Leistung muss mit oder ohne Ziffernnotenvergabe den Vorgaben entsprechen, wie sie im Art. 52 des Bayrischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) dargestellt sind (ISB): Sehr gut 1 Leistung entspricht den Anforderungen in besonderem Maße Gut 2 Leistung entspricht voll den Anforderungen Befriedigend 3 Leistung entspricht im Allgemeinen den Anforderungen Ausreichend 4 Leistung weist zwar Mängel auf, entspricht aber im Ganzen noch den Anforderungen Mangelhaft 5 Leistung entspricht nicht den Anforderungen, lässt jedoch erkennen, dass trotz deutlicher Verständnislücken die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind Ungenügend 6 Leistung entspricht nicht den Anforderungen und lässt selbst die notwendigen Grundkenntnisse nicht erkennen Anforderungsbereiche I Reprodozieren II Zusammenhänge herstellen III Verallgemeinern und Reflektieren Beurteilungsfehler Pygmalion-Effekt Rosenthal und Jacobsen (1968) Bezeichnet sich-selbst-erfüllende Prophezeiungen im Unterricht 1974 Ergänzung der Theorie durch Brophy und Good Für den Pygmalion-Effekt müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein: Kausalattribuierung und starre Leistungserwartung Zeitintervall, über welches sich eine Erwartung erstreckt, ist wichtig Flexible und kurzfristige oder starre und langfristige Erwartung Erwartungen hängen von der Erklärung des Ergebnisses ab Individuelle Unterschiede in der Erwartungsbildung Unterschiedliche Ursachenzuschreibung je nach Bezugsnorm – Orientierung Lehrer mit soz. BNO sehen Schulleistungen abhängig von zeitstabilen Faktoren, Lehrer mit individueller BNO nicht Lässt sich hauptsächlich an Lehrern mit soz. BNO nachweisen Halo-Effekt Von einem hervorstechenden Merkmal wird auf andere Persönlichkeitsmerkmale geschlossen. In der Schule: …Mitarbeit, Sprachfertigkeit, Handschrift, Höflichkeit, Ordentlichkeit… …beeinflussen Notengebung Logischer Fehler Aus Beobachtungen werden Erkenntnisse abgeleitet, die zwar logisch erscheinen, aber trotzdem falsch sind Gut in Mathe -> Gut in Physik Unordentlich -> Nicht fleißig Spielt gerne alleine -> Schüchtern, Unglücklich Ähnlichkeitsfehler – Kontrastfehler Reihungsfehler In einer Reihe von schlechten Noten werden die Arbeiten zunehmend besser bewertet und umgekehrt. Einfluss von Vor- und Positive oder negative Zusatzinformationen über einzelne SchülerInnen Zusatzinformationen können Korrektur und Benotungen durch die Lehrkraft beeinflussen. Wem gehört das Heft? (z.B. Spitzenschüler oder Sitzenbleiber) Auch Außerschulische Informationen Stabile Milde-Effekt A, BeurteilerInnen beurteilen Personen, die sie gut Beurteilungstendenzen kennen bzw. die auf sie als positive Verstärker wirken, besser als andere. (Bsp. Beliebte SchülerInnen erhalten leicht überhöhte Noten) B, Die Lehrkraft ist gutmütig und beurteilt mild Strenge-Effekt A, BeurteilerInnen beurteilen Personen, die sie nicht kennen bzw. die auf sie negativ wirken, schlechter als andere B, Die Lehrkraft erwartet grundsätzlich eine überdurchschnittliche Leistung und bewertet streng. Tendenz zur Beurteiler meiden Extremwerte und tendieren zur Mitte. Mitte Darstellungsform der Leistungsrückmeldung Schulgesetzgebung sieht für GS die Bewertung anhand von Schulnoten oder Verbalbeurteilungen vor. Traditionelle Notengebung: - Gründet auf der Annahme der Sachgerechten Abbildung von Leistungsveränderungen durch vorgegebenen Klassifikationsschemas - Zusammenfassende Bewertung von komplexen Leistungsformen - Tranparenz fehlt! Auswahl-, Gewichtungs-, Bewertungsfaktoren nicht erschließbar Verbalbeurteilung: - Pädagogisch effektiver - Es kann auf den Entwicklungsprozess und Lernstand eines einzelnen Kindes eingegangen werden - Transparenter als Noten - Stärken und Schwächen können beschrieben werden - Verringerung von Chancenungleichheit - Verringerung von Leistungsdruck - Erhöhung von Motivation ABER: - Standardisierte, missverständliche, notenähnliche Formulierungen, Beschönigungen - Eltern bevorzugen häufig Noten ➔ Jedoch will Mehrheit der Kinder keine Notenzeugnisse Der pädagogische Leistungsbegriff Gesellschaftlicher Leistungsbegriff Pädagogischer Leistungsbegriff Leistungsgesellschaft „neue Lernkultur“ - Noten - Individueller Maßstab - Ausleseorientierung - Frage nach Anstrengung, - Vergleich der Leistung mit den Widerspruch Fortschritten, Lernwegen KlassenkameradInnen - Keine Defizitorientierung und Auslese, sondern Förderung und Selektionswirksame Leistungskontrolle Ermutigung Ausleseorientierung - Gilt v.a. für GS als wichtig ➔ ABER: Ungleichheit der Bildungschancen, der Lernende sollen aktivere Rolle Voraussetzungen und übernehmen. Unterricht = Unterstützen Möglichkeiten 9. Inhalte des Grundschulunterrichts Grundschule als Grundlegende Schule - Gezieltes Vorarbeiten im Hinblick auf nächste (Schul-) Stufen - Vorbereiten auf Schule (Schulpropädeutik) und dabei selbst Schule sein Grundschule als Basis des Bildungssystems - Verknüpfung mit vorangehenden und anschließenden Bildungsinstitutionen ➔ Systemtheoretisch: „Leistungsaustausch“ der Teilsysteme Grundschule als Bildungsinstitution - Verknüpfung mit Vorschulbereich: Vollständig getrennte Institutionen (in Deutschland) - Verknüpfung mit dem Sekundarbereich: Selektion im Hinblick auf ein schulartendifferenziertes weiterführendes Schulsystem (in Deutschland) Nicht so sehr die Funktion als „Bindeglied“ zwischen den Bereichen steht im Vordergrund, sondern eher das Anliegen einer geschlossenen Einheit, die sozusagen notgedrungen Kontakt zu den angrenzenden Systemen aufnehmen muss Ursachen: - Kurze GS-Dauer von nur 4 Jahren (in Berlin und Brandenburg 6 Jahre) - Relativ starres Jahrgangsstufensystem - Relativ große Klassenstärke ➔ Diese Vorgaben erzwingen Konzentration auf das Wesentliche ➔ Übergangsprobleme und geringer Integrationsgrad Aufgabe der GS: - Alle geistigen und körperlichen Kräfte der Kinder wecken und schulen - Kinder mit Kenntnissen und Fähigkeiten ausrüsten, die als Grundlage für weiterführende Bildung wichtig sind - Hilfe bei der Bewältigung von Lebensaufgaben der Kinder Der Auftrag „Grundlegender Bildung“ - Aufbau persönlichen Wissens und Könnens - Akzeptanz von Standards und Niveaus - Fokus auf Einsicht, Werte und lebenspraktische Kompetenzen Grundlegende Bildungsinhalte Schwerpunkte: - Grundlegende Lerntechniken - Fachbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten - Haltungen, wie Verantwortung, Toleranz und Hilfsbereitschaft Fächer und Lernbereiche: - Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Kunst, Musik, Sport, Religion - Zusätzlich: Medienerziehung, Umwelt, Gesundheit, Fremdsprachen ➔ Gefahr der Überfrachtung: Stoffliche Beschränkung notwendig Grundlegende Bildung als „kategoriale Bildung“ - Fokussierung auf exemplarisches Lernen - Einführung in grundlegende Denkweisen ➔ Strukturierte Welterschließung ➔ Verbinden von Besonderem und Allgemeinen Einführung in die „Kulturtechniken“ Kernaufgaben: Lesen, Schreiben, Rechnen Schriftkultur: Ermöglicht Wissenserwerb, Individualisierung und Selbstbildung Herausforderungen: Konkurrenz durch moderne Medien, Sicherung grundlegender Kompetenzen Kerncurriculum und Bildungsstandards Lehrplanentwicklung - Einfluss internationaler Vergleichsstudien (TIMSS, PISA) - Ständige Diskussion über Kerncurricula und Bildungsstandards Basiskompetenzen: - Beherrschung der Verkehrssprache - Mathematische Mitteilungsfähigkeit - Selbstregulierung des Wissenserwerb - Beherrschung moderner Informationstechniken - Fremdsprachenkenntnisse Kritik: - Ungleichheiten zwischen Schulen und SchülerInnen 10. Übergänge in die Grundschule Schulfähigkeit Altes Konzept Neues Konzept Einseitig – denn nur am Kind festgemacht Interaktionistisch Schulfähigkeit als Status eines Kindes zu Ökosystematische Perspektive einem bestimmten Zeitpunkt ➔ Gesamte Umwelt des Kindes wird Selektionskriterium einbezogen Schulfähigkeit als Anschlussfähigkeit „Konstrukt, das von allen Beteiligten in einem kokonstruktiven, sinnstiftenden Prozess inhaltlich zu füllen ist“ Ziel pädagogischer Arbeit und Aufgabe aller Beteiligten Kann erst nach einer gewissen Schulerfahrung des Kindes entstehen Kontinuität vs. Diskontinuität Alt: Neu: Kontinuitätsdoktorin Stimulus für Entwicklung „Kontinuität ist immer gut, Übergangsanforderungen als Diskontinuität ist immer schlecht Entwicklungsaufgabe Strategie des gleitenden Übergangs Strategie der Übergangsbewältigung Transitionsmodell (Griebel & Niesel) Definition: Transition (Syn. Übergang) „Mit Transition werden komplexe ineinander übergehende und sich überblendende Wandlungsprozesse bezeichnet, die sozial prozessierte, verdichtete und beschleunigte Phasen eines Lebenslaufes in sich verändernden Kontexten darstellen. (Welzer 1993) Funktion des Transitionsmodells: detaillierte Beschreibung des spezifischen Anforderungsprofils des Übergangs zum Schulkind, bzw. zu Eltern eines Schulkindes - Übergreifendes theoretisches Konzept für Transitionen: Thematisiert Bewältigung von Diskontinuität - Theoretischer Hintergrund: Ökopsychologie und Systemtheorie, Stressforschung, Theorie der kritischen Lebensereignisse, Transitionsansatz Die Anforderungen im Transitionsprozess lassen sich lokalisieren… Auf der individuellen Ebene Veränderung der Identität, Bewältigung starker Emotionen, Kompetenzerwerb Auf der interaktionalen Ebene Aufnahme neuer Beziehungen, Veränderung bzw. Verlust bestehender Beziehungen, Rollenzuwachs Auf der kontextuellen Ebene Integration zweier Lebensbereiche, Curriculum, evtl. weitere familiale Übergänge ➔ Es handelt sich jeweils um Diskontinuitäten in den Erfahrungen des Kindes. Reaktionen werden als Bewältigungsstrategien erkennbar. Der Prozesscharakter und die Chancen eines Übergangs werden betont. Kritische Lebensereignisse (Filip 1995) - Raumzeitliche, punktuelle Verdichtung eines Geschehensablaufs (Zeitraum, Ereignis) innerhalb und außerhalb einer Person - Relatives Ungleichgewicht in dem bis dato aufgebauten Passungsgefüge zwischen Person und Umwelt Erlebens- und Verhaltensprobleme im Vorschulalter sind stabil – die Kinder mit Übergangsproblemen haben meist schon vorher Probleme. Individuelle Faktoren: - Vorkenntnisse sind positiv - Mädchen sind ggü. Jungen im Vorteil - Ältere sind ggü. Jüngeren im Vorteil Familiale Faktoren - Bildungshintergrund (anregungsreiche Umwelt) positiv - Kompetenznachteile und Verhaltensprobleme von Kindern aus Familien mit niedrigen sozioökonomischen Status und Vätern, die nicht Vollzeit beschäftigt waren Institutionelle Faktoren - Vorschulprogramme und Austausch von Lehrkräften und ErzieherInnen zeigen keine Bedeutung für Bewältigung des Schuleintritts (bisher zumindest keine Befunde) ➔ Müsste genauer untersucht werden 11. Übergänge in den Sekundarbereich Seit Einrichtungen der GS in der Weimarer Republik beginnt die Schullaufbahn mit einer vierjährigen Schulstufe, an die sich die Schulformen des Sekundarbereichs anschließen („Gabelungsprinzip“) Der Übergang in die Sekundarstufe gilt als bedeutendste Selektionsentscheidung im deutschen Bildungswesen Weltweit dauert in den meisten anderen Ländern die gemeinsame Grundbildung länger (In Deutschland kürzeste GS-Zeit -> 4 Jahre) Diskussion über den Übergang in den Sekundarbereich nach der 4. Klasse Position 1: Position 2: Verteidiger verweisen auf das Recht der begabtenKritiker wollen SchülerInnen länger gemeinsam Kinder auf eine für sie zugeschnittene schulische lernen lassen und dadurch alle fördern. Umwelt und auf die mögliche Überforderung Prognosewert der Schullaufempfehlung schwächerer Kinder in heterogenen umstritten Leistungsgruppen Aus entwicklungs-psychologischer Sicht zu früh Sprachentwicklung (v.a. der Bildungssprache) bei Kindern mit DAZ (=Deutsch als Zweitsprache) Frage der soz. Gerechtigkeit Zwei Grundprobleme bei Übergängen im Bildungswesen: - Voraussetzungen der SchülerInnen und die Anforderung an die SchülerInnen müssen zueinander passen - Über die Stufen und Übergänge hinweg ist die „Anschlussfähigkeit“ der Bildungsprozesse zu sichern Der Übertritt als zentrale Selektionsschwelle Eltern und GS wirken bei der Übergangsentscheidung zusammen Den Eltern (in Vertretung für ihr Kind) steht das Wahlrecht zu Schule spricht nach den Kriterien der Eignung und Leistung eine Schullaufbahnempfehlung aus Für die Schullaufbahnempfehlung wird gesamtes Lern- und Leistungsverhalten und Arbeitshaltung der SchülerInnen herangezogen (in einzelnen Ländern durch Notendurchschnitte ergänzt) Internationale Grundschulvergleichsstudie (IGLU) konstatierte, dass keine engen Zusammenhänge zwischen den Kompetenzen in der GS und der voraussichtlichen Übergangsempfehlungen besteht Der überwiegende Teil der Die Übergangsentscheidung Im Zuge der Bildungsexpansion SchülerInnen bleibt in der einmal verfestigt sich also und ist weiten sich seit ca. 1960 die gewählten Schulform (egal ob zunehmend weniger revidierbar Schulbesuchs- und berechtigt oder nicht) Abschlussquoten der weiterführenden Schulen kontinuierlich aus Problem der prognostischen Zuverlässigkeit und soz. Gerechtigkeit der Übergangsempfehlung ➔ Hoher Einfluss der sozialen Kontextvariablen: Tochter einer türkischen Putzfrau hat es trotz guter Leistungen schwerer eine Gymnasialempfehlung zu erhalten als der Sohn eines Chefarztes trotz nur mittlerer Schulleistungen (Bos) Kriterien zur Beurteilung von Leistungsgerechtigkeit: 1. Primäre (soziale) Disparitäten (=Verschiedenheit), Kompetenz- und Notenunterschiede im bisherigen Bildungsverlauf (Klasse 1-4) 2. Sekundäre (soziale) Disparitäten, Folgen der Übergangsentscheidungen Grundschulempfehlung wirkt sozial korrigierend. Bildungsaspiration der Eltern viel eher an soziale Herkunft gekoppelt Ergebnisse der IGLU-Studie 2021 - Untersucht alle 5 Jahre die Lesekompetenz von SchülerInnen am Ende der 4. Jahrgangsstufe - Ziel: Leseleistungen von GS-Kindern weltweit erfassen und vergleichen - Dient als Grundlage für bildungspolitische Entscheidungen und Maßnahmen zu Verbesserung der Leseförderung Zentrale Befunde: ➔ Schullaufbahnpräferenzen der Lehrkräfte während der vergangenen zehn Jahre relativ stabil geblieben ➔ Bei Erziehungsberechtigten gesteigerte Schullaufbahnpräferenz zugunsten des Gymnasiums ➔ Gymnasialpräferenzen der Lehrkräfte hängen eng mit leistungsrelevanten Merkmalen (Noten, Lesekompetenz, etc.) zusammen ➔ Gymnasialpräferenz der Lehrkräfte und Erziehungsberechtigten hängen auch bei gleichen kognitiven Fähigkeiten substanziell mit der soz. Herkunft zusammen Regelungen beim Übergang (Bayern) Der Wechsel in die Sekundarstufe als biographischer Übergang ➔ Die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben wird durch persönliche und soziale Ausgangsbedingungen beeinflusst: Persönliche Ressourcen Soziale Ressourcen Physische und körperliche Gesundheit Sozioökonomischer Status der Familie: Fähigkeiten im Bereich des Denkens und Bildungsniveau und Berufstätigkeit der Problemlösens Eltern, Einkommen Motivation und Persönlichkeit des Beziehungen innerhalb der Familie Jugendlichen ➔ Unterschiedliche Alltags- und Entwicklungsaufgaben stellen unterschiedliche Anforderungen an die Kinder, z.B.: Persönliche Ziele Informell-soziale Anforderungen (gut im Sport) (bei Freunden beliebt sein) Formell-soziale Aufgabe Unerwartete (kritische) Lebensereignisse (Klassenarbeit schaffen) (Arbeitslosigkeit der Eltern) Schulisches Selbstkonzept ➔ „Generalisierte selbstbezogene Fähigkeitskognitionen, die sich auf die erbrachten Leistungen in den verschiedenen Schulfächern beziehen“ Basierend auf Erfahrungen in Leistungssituationen Und auf den Interpretationen dieser Erfahrungen (beispielweise mit Hilfe von Ursachenzuschreibung) Gilt als wichtigstes Persönlichkeitsmerkmal, das Lern- und Leistungsverhalten von SchülerInnen erklären und vorhersagen kann Fachspezifisch Gesteuert durch Vergleich mit MitschülerInnen Durch internale Vergleiche der SchülerInnen selbst Durch temporäre Vergleiche Big-Fish-Little-Pond-Effect (Marsh & Parker 1984) Big-Fish-Little-Pond-Effect im Übergang in die Sekundarstufe Ungerechtigkeit: In leistungsstarken Grundschulklassen sind bessere Leistungen als in leistungsschwächeren Grundschulklassen notwendig, um eine Gymnasialempfehlung zu bekommen Kinder im unteren Leistungsbereich profitieren beim Wechsel an die Hauptschule im psychosozialen Bereich – Leistungsstarke SchülerInnen im Gymnasium erleben gegenteiligen Effekt „basking-in-reflected-glory“ - Zuweisung leistungsstarker SchülerInnen zu einer besonderen Schule haben neben negativen Effekten auch positive Effekte auf Selbstkonzepte ➔ Bewusstsein über Zugehörigkeit zu Gymnasium wirkt selbstkonzeptsteigernd Der Wechsel in die Sekundarstufe als biographischer Übergang Aus Sicht der Kinder bereiten v.a. 5 Brüche Probleme: - Beziehungsbrüche - Brüche im Sozialgefüge - Brüche in den Lernformen - Brüche in der Verhaltensregulierung - Brüche im Erwartungshorizont ➔ In der 5. Klasse kommt es zu einer Notenverschlechterung um etwa eine halbe Note, im weiteren Verlauf der Schulzeit nochmal eine halbe Note 12. Jahrgangsmischung Aktuell: Beides ist wichtig und relevant Jahrgangsmischung um kleine Schulen zu erhalten Jahrgangsmischung um Vielfalt produktiv zu nutzen (pragmatische Gründe) (pädagogische Gründe) ➔ Historisch eher zurückgegangen ➔ Historisch bedeutsamer geworden Welche Gründe gibt es für die Einführung der Jahrgangsmischung? 1. Schulorganisatorische Erleichterungen (günstigere Klassengrößen, Erhalt kleiner Schulen) 2. Besseres soziales Lernen (Förderung von Helferkompetenz, Unterstützung ohne soz. Abwertung) 3. Besseres Lernen der Kinder (Lernen am Modell, Angebote auf verschiedenem Niveau) 4. Innovationsschub für Schule (Schulentwicklung voranbringen, mehr Individualisierung) Wirkungseffekte auf die Leistungsentwicklung Uneinheitliche Ergebnisse: Keine signifikanten Unterschiede Studien zeigen keine einheitlichen Befunde zur Positive Effekte (leistungshomogene kognitiven Entwicklung Gruppen) Negative Effekte (starke Individualisierung) Gleichwertigkeit von jahrgangsreinen und jahrgangsgemischten Klassen hinsichtlich der kognitiven Leistungen Leichte Überlegenheit der SchülerInnen aus jahrgangsgemischten Lerngruppen bei der Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen Sozial-emotionale Entwicklung: Mehrheitlich positive Effekte auf Lernfreude, Selbstkonzept, und soziale Integration. Uneinheitliche Befunde: Ergebnisse zeigen nicht durchgängig Vorteile. Unterricht: Anpassung an Heterogenität: Lehrkräfte setzen verstärkt Differenzierung und Individualisierung um. Hoher anfänglicher Aufwand, langfristig teils erfolgreich. Unterricht bleibt teilweise jahrgangshomogen organisiert = Abteilungsunterricht Abhängige Variable: Unterricht - Weniger Frontalunterricht/mehr Freiarbeit - Unterschiedliche Individualisierungsmethoden in einzelnen Fächern - In vielen Klassen regelmäßig „Abteilungsunterricht“ Jahrgangsmischung zieht in der Regel Unterrichtsöffnung nach sich – wenn auch weniger, als die Lehrkräfte selbst einschätzen Mehrarbeit der Lehrkräfte bis ins dritte Jahr – wird sich wahrscheinlich mit zunehmender Erfahrung verringern Aufgaben der Lehrkräfte Die Lernumgebungen binnendifferenziert gestalten Lernprozesse der SchülerInnen individuums-, kompetenz-, und bedürfnisbezogen begleiten Arbeitsprozesse kooperationsförderlich gestalten Gelingensbedingungen Regional: z.B. Regionale Unterstützungssysteme, Vernetzung Schulindividuelle Unterstützung durch spezielle SchulentwicklungsberaterInnen („Tandems“) Schulintern: z.B. Mobiliar- und Materialausstattung Aktive Loslösung von Schulbüchern Fallbesprechungen im multiprofessionellen Team Funktionsgerechte Leistungsdokumentation Mitbestimmung durch die SchülerInnen ➔ Weder Vor- noch Nachteile für Leistungs- und Kompetenzentwicklung ➔ Sozialemotionale Entwicklung in den heterogenen Klassen tendenziell besser ➔ Unterrichtsgestaltung nicht so innovativ wie erwartet Jahrgangsmischung – Umsetzung Die neue Schuleingangsstufe Die alte Schuleingangsstufe Die neue Schuleingangsstufe Terminus „Schuleingangsstufe“ stammt aus Reforminitiativen seit Mitte der 1990er dem westdeutschen Bildungsreform- Jahre zur Optimierung der Einschulung programm Ende der 1960er Jahre Auf neue Erkenntnisse aus der Einführung einer Schulstufe für Fünf- und Grundschulpädagogik und gewandelte Sechsjährige, die als Eingangsstufe bildungspolitische Interessen bezeichnet und einheitlich konzipiert wurde zurückzuführen Hat die Dauer von zwei Jahren und wird a) Motivlagen dem Primarbereich (Grundschule) b) Kennzeichen zugeordnet c) Hoffnungen Vorverlegung des Einschulungsalters auf d) Forschungsergebnisse das 5. Lebensjahr e) Der bayrische Schulversuch Setzte sich nicht durch a) Motivlagen für die Reform Bildungspolitisch: Ziel: Reduktion des faktischen Schuleintrittsalters (nicht generelle Absenkung auf 5 Jahre) Europäischer Vergleich zeigt Nachteile eines späten Berufseintrittsalters Gesellschaftlich: Umgang mit Heterogenität im Schuleintritt: Fokus auf individuelle Förderung statt Homogenisierung Anerkennung der Vielfalt und flexible Gestaltung des Schulbeginns Hinterfragung des traditionellen Konzepts der „Schulfähigkeit“ Politische Legitimation Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) 1993 und 1997: Schulfähigkeit soll durch Förderung entwickelt werden; Zurückstellungen auf Ausnahmefälle beschränkt Flexibilisierung der Verweildauer in der Eingangsstufe (1-3 Jahre) Option auf mehrmalige Einschulungstermine pro Schuljahr Förderung jahrgangsübergreifender Klassen Zurückstellung nur noch in Ausnahmefällen möglich b) Eigenschaften der „neuen Schuleingangsstufe“ Zusammenführung der Jahrgangsstufen 1 und 2 in eine pädagogische Einheit Diagnose und Förderung statt Selektion Verweildauer wird individuell nach Lernfortschritten festgelegt (1-3 Jahre) Hochdifferenzierter Unterricht aufgrund der Heterogenität der Schülergruppen c) Erwartete Chancen Kinder mit Schulerfahrung können neue Kinder einführen und soziale Rollen reflektieren Jahrgangsübergreifende Gruppen ermöglichen neue soziale Erfahrungen und Rollenwechsel Keine automatische Stigmatisierung bei längerem Verweilen in der Eingangsstufe Förderung von Selbstkonzept und sozialem Miteinander d) Schulversuche Seit 1992 wurden bundesweit verschiedene Typen der Schuleingangsstufe erprobt: Typ I: Jahrgangsübergreifender Unterricht mit Sozialpädagogen (z. B. Berlin, Hessen) Typ II: Nur jahrgangsübergreifend (z. B. Bayern, Baden-Württemberg) Typ III: Sozialpädagogen in Jahrgangsklassen (z. B. Rheinland-Pfalz) Typ IV: Keine signifikanten Unterschiede zum bisherigen System (z. B. Sachsen) In 10 Bundesländern mittlerweile regulär eingeführt Forschungsergebnisse Positive Effekte: Bessere Leistungen in Lesen und Mathematik, vor allem bei Risikokindern Höhere Übertrittsquote aufs Gymnasium Herausforderungen: Pädagogische Qualität hängt stark von Lehrerfortbildungen und Erfahrung ab In jahrgangsübergreifenden Klassen teils ineffektiver „Abteilungsunterricht“ Internationale Vergleiche (Schweiz, Liechtenstein): Verbesserte Leistungen in Sprache und Mathematik, aber kein Vorteil bei Risikokindern e) Umsetzung in Bayern Seit 2010 zunehmende Verbreitung der neuen Schuleingangsstufe Aktuell 290 Grundschulen in Bayern mit flexibler Schuleingangsstufe 13. Ganztagsschule Zusammenfassung: Aufgrund gewandelter Bildungsanforderungen erfolgte in Deutschland in neuerer Zeit ein umfänglicher Ausbau von Ganztagsschulen. Nach einer Einführung zu theoretisch-konzeptionellen Aspekten wird ein Überblick über vorliegende Forschungsbefunde geliefert. Allgemeines und Definition - Orientierung an den lernbezogenen und sozialisatorischen Bedarfen von Kindern und Jugendlichen und an gesellschaftlichen Bildungsanforderungen Ganztagsschule als… Beitrag zur soziokulturellen Infrastruktur im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben und der Versorgung mit Lern- und Freizeitmöglichkeiten Erweiterter Sozialisationsraum angesichts des Wandels außerschulischer Sozialisationsbedingungen, vor allem bezüglich sozialer Integrationsleistungen und Lernvoraussetzungen Reflex auf höhere formale Qualifikations- und inhaltliche Bildungsanforderungen (z.B. Schlüsselkompetenzen) durch erweiterte Lernzugänge und -gelegenheiten Reaktion auf Entwicklungsbedarfe der Schulen und des Schulsystems (z.B. Risikogruppen, Schulversagen, soziale Chancenungleichheit) durch differenzierte Lernkultur und Förderung Organisationsformen des Ganztagsbetriebs ➔ Seit der Gesamtschulversuche der 1970er Jahre haben sich in der BRD verschiedene Organisationsformen von Ganztagsschule entwickelt. Definition: Mit der Kultusministeriumskonferenz-Definition (KMK 2004) wurde die Begrifflichkeit für ganztägige Schulen relativ weit gefasst. Für alle Formen gilt, dass die am Ganztagsbetrieb teilnehmenden SchülerInnen an mindestens drei Wochentagen täglich mindestens sieben Zeitstunden beschult werden, die Angebote unter der Leitung der Schule stattfinden und in Verbindung mit dem Unterricht stehen. Organisationsformen der Ganztagsschulen: Voll gebundene Form mit obligatorischer SchülerInnen-Teilnahme Teilweise gebundene Form mit obligatorischer SchülerInnen-Teilnahme für bestimmte Jahrgänge oder Klassen Offene Form mit freiwilliger SchülerInnen-Teilnahme mindestens für ein Schulhalbjahr verbindlich ➔ In der Praxis sind Mischformen entstanden Pädagogische Gestaltungsexperimente als Ausdruck des Bildungskonzepts Intensivierung von Förderung (Optimierung von Lernchancen, Ausschöpfung von Talenten) Entwicklung der Lernkultur (zugunsten variabler Lehr-Lern-Formen) Vielfältiges Wahlangebot von erweiterten Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten (z.B. Projekte) Freizeitbereich (mit offen-selbstbestimmten Formen von Erholung, Spiel, Bewegung, etc.) Entwicklung von Gemeinschaftserleben mit Gelegenheiten und Erfahrungsfeldern für soziales und interkulturelles Lernen (zugunsten einer stärkeren Identifikation mit der Schule) Praxis von Partizipation und Demokratielernen (im Schulleben als Feld für Schüler-, Elternmitwirkung, Übernahme sozialer Verantwortung, demokratische Gestaltungskompetenz)

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