Grundlagen Marketing Teil 1-3 PDF
Document Details
2025
Dagmar Kaspar
Tags
Summary
These lecture notes from a Bachelor's course detail marketing principles, definitions, development, and trends, focusing on different aspects of marketing like its evolution from product- to network-orientation. It also outlines the roles of micro and macro environments in marketing.
Full Transcript
Grundlagen Marketing Vorlesung im Bachelor-Lehrgang Technical Sales and Marketing WS 2024/2025 Mag.a Dagmar Kaspar MA MBA Was Menschen wollen: Lösungen "People don’t want to buy a quarter-inch drill. They want a quarter-inch hole.“ Thomas Levitt Grundlagen Marketing | Kaspar 2...
Grundlagen Marketing Vorlesung im Bachelor-Lehrgang Technical Sales and Marketing WS 2024/2025 Mag.a Dagmar Kaspar MA MBA Was Menschen wollen: Lösungen "People don’t want to buy a quarter-inch drill. They want a quarter-inch hole.“ Thomas Levitt Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 2 Kapitel 1 DIE ENTWICKLUNG VON MARKETING Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 3 Definitionen „Marketing ist ein Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen.” Kotler et al. (2011), S. 39. „Im weiteren Sinne ist Marketing ein sozialer und unternehmerischer Prozess, bei dem Individuen und Organisationen etwas für sie Werthaltiges schaffen bzw. miteinander tauschen; in einem engeren unternehmerischen Begriffsverständnis bedeutet Marketing, eine profitable und für beide Seiten wertsteigernde Kundenbeziehung auf- und auszubauen.“ Kotler et al. (2022) S. 43. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 4 Definitionen „Im Wesentlichen beschäftigt sich Marketing mit der effizienten und bedürfnisgerechten Gestaltung von Austauschprozessen.“ Meffert et all (2011), S. 3. „Marketing als Führungsphilosophie kann umschrieben werden als die bewusste Führung des gesamten Unternehmens vom Absatzmarkt her, d.h. der Kunde und seine Nutzenansprüche sowie ihre konsequente Erfüllung stehen im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns, um so unter Käufermarkt-Bedingungen Erfolg und Existenz des Unternehmens dauerhaft zu sichern.“ Becker (2019), S.3. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 5 Unternehmensexterne und –interne Perspektive des Marketing Unternehmensextern In unternehmensexterner Hinsicht umfasst Marketing die Konzeption und Durchführung marktbezogener Aktivitäten eines anbietenden Unternehmens gegenüber (potenziellen) Nachfrager:innen. Diese Aktivitäten umfassen die systematische Informationsgewinnung über Marktgegebenheiten sowie die Definition und Ausgestaltung von Produkt, Preis, Kommunikation und Vertrieb. Unternehmensintern Unter unternehmensinterner Perspektive bedeutet Marketing die Schaffung der Voraussetzungen im Unternehmen, damit die genannten marktbezogenen Aktivitäten zur Durchführung kommen können. Auch die Führung des Unternehmens soll von der Grundidee der Marktorientierung getragen sein. Vgl. Homburg/Krohmer (2011), S. 10. 6 Selling vs. marketing “The difference between marketing and sales is more than semantic. Selling is preoccupied with the seller’s need to convert his product into cash; marketing with the idea of satisfying the needs of the customer by means of the product and the cluster of things associated with creating, delivering, and finally consuming it.” Levitt (1960) “The aim of marketing is to know and understand the customer so well the product or service fits him and sells itself. The aim of marketing is to make selling superfluous.” Peter Drucker (1974) S. 47. “Business has only two functions: Marketing and innovation.“ Peter Drucker Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 7 Modernes Marketingverständnis Marketing = marktorientierte Unternehmensführung Marketing ist mehr als Werbung. Eine Marketing-Abteilung bedeutet noch nicht marktorientiertes Planen und Agieren. Marketing bedeutet das Führen eines Unternehmens vom Absatzmarkt her. Marketing ist die umfassende und konsequente Ausrichtung aller Aktivitäten eines Unternehmens auf die Erfordernisse des Marktes. Gelungenes strategisches und operatives Marketing sichern langfristige Alleinstellungsmerkmale und wirtschaftlichen Erfolg. Marketing liefert Input für strategische Entscheidungen. Marketing unterstützt die Zielerreichung der strategischen Geschäftseinheiten (SGE) mit konkreten Strategien. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 9 Entwicklung des Marketing Ergebnis des jeweiligen Reifegrads von modernen Volkswirtschaften Veränderung vom Verkäufer- zum Käufermarkt bedeutet andere unternehmerische Notwendigkeiten Entwicklungsphasen sind schwerpunktmäßig zu sehen und werden auch von branchen- und firmenspezifischen Inhalten gekennzeichnet Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 10 Entwicklung des Marketing 1950er Jahre: Produktorientierung Nachfrageüberhang in den Nachkriegsjahren, Herausforderung lag in der Rationalisierung von Produktion und Beschaffung 1960er Jahre: Verkaufsorientierung Zunehmende Sättigung der Märkte, Substitutionskonkurrenz, bereits existierende Produkte sollen durch Erhöhung des Verkaufsdrucks verkauft werden, wenig Rücksichtnahme auf tatsächliche Bedürfnisse, begrenzter ökonomischer Erfolg Angebot übersteigt Nachfrage, Absatz wird zum Engpass des Unternehmens 1970er Jahre: Marktorientierung Fokus auf Schaffung von Nachfrage, Orientierung an den Erfordernissen des Absatzmarktes Erweiterung der Zielgruppen auf alle Stakeholder:innen des Unternehmens, Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innen, Kapitalgeber:innen oder Lieferant:innen sind zu berücksichtigen Wachsende Macht des Handels Vgl. Bruhn (2022), S. 4ff. 11 Entwicklung des Marketing 1980er Jahre: Wettbewerbsorientierung Stärkere Beschäftigung mit Wettbewerbsvorteilen und Positionierung 1990er Jahre: Umfeldorientierung Erweiterung des Marketing-Spektrums um rechtliche, gesellschaftliche und ökologische Aspekte 2000er Jahre: Dialogorientierung Entwicklungen von IKT, Wachstum sozialer Netzwerke, Entstehen neuer Kommunikationsformen, neue Machtposition der Konsument:innen 2010er Jahre: Netzwerkorientierung Community based Marketing Kund:innen-Orientierung, Empfehlungsmarketing, e-commerce Vgl. Bruhn (2022), S. 4ff. 12 Entwicklungsstufen des Marketing Vgl. Meffert (2000), S. 5. 13 Entwicklung des Marketing Marketing 1.0 Marketing 2.0 Marketing 3.0 Marketing 4.0 Ausrichtung Produkt Kund:innen Werte Verhalten Treiber Industrialisierung Informationstechno- Neue Medien Digitalisierung logie Sicht auf die Massenkäufer:innen Menschen Ganzheitliches Kund:innen- Kundschaft Menschenbild zentriert Fokus Produkt Differenzierung Kund:innenbindung Vernetzung Orientierung Spezifikation Positionierung Mission, Vision Kollaboration Nutzen/Wert- Funktional Funktional, emotional Emotional, mental Sozial angebot Ziele Produktwerbung Kund:innen gewinnen Beziehungsaufbau Engagement Vgl. Kotler (2024). 14 Marketing 5.0 wie Technologie Marketing vorantreibt „informed decisions“ aufgrund von Big Data AI-basierte Analysen für bessere Ergebnisvorhersagen Kontextuelles digitales Erleben ergänzend zur physischen Welt Kombination von digitaler Unterstützung und optimierter persönlicher Ansprache Beschleunigung durch agiles Handeln Data-driven Marketing Agiles Marketing: – Predictive Analytics – Contextual Targeting – Augmented Reality Marketing Vgl. Kotler (2022). 15 Marketing 6.0 – Immersives Marketing Enabler – Technologien, die Marketing 6.0 möglich machen The Internet of Things Artificial Intelligence Spatial Computing Augmented Reality und Virtual Reality Blockchain Umgebung Extended Reality Metaverse Experience Multisensorielles Marketing Spatial Marketing Metaverse Marketing Vgl. Kotler (2024). 16 Marketing Evolution https://www.sem-deutschland.de/blog/evolution-marketings-von/ 17 Push-Marketing und Pull-Marketing Push-Marketing: Beim Push-Marketing wird das Produkt aktiv in den Markt „gedrückt“, indem es über verschiedene Vertriebskanäle direkt zu den Verbraucher:innen gebracht wird. Ziel ist es, das Produkt den Kund:innen so gut wie möglich zu präsentieren, indem Verfügbarkeit und Sichtbarkeit erhöht werden. Beispiele: Platzierung von Produkten in Geschäften durch Verkaufsregale oder Displays TV-Werbung Pull-Marketing: Pull-Marketing zielt darauf ab,, eine Nachfrage zu erzeugen, sodass die Kund:innen das Produkt von sich aus nachfragen. Die Strategie besteht darin, das Bewusstsein und das Interesse für das Produkt zu steigern, sodass Kund:innen es aktiv nachfragen. Beispiele: Content-Marketing, das den Nutzen eines Produkts erklären Suchmaschinenoptimierung (SEO) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 18 Above-the-line und Below-the-line Marketing ATL (Above the Line) und BTL (Below the Line) sind Kategorien von Werbe- und Marketingmaßnahmen, die sich vor allem in ihrer Zielsetzung und Reichweite unterscheiden. Above-the-line Ziel: Erreichen einer breiten Zielgruppe, Sichtbarkeit, Markenaufbau Beispiele: Anzeigen und Bewerbung über „klassische“ Medien wie Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften. Below-the-line Ziel: Erreichen einer spezifischen Zielgruppen durch persönlichere Ansprache. Dabei ist den Adressat:innen oft nicht bewusst, dass es sich um Werbemaßnahmen handelt. Beispiele: indirekte Bewerbung über Events, Sponsoring, Public Relations, Influencer-Marketing Beide Arten können wichtig sein, um eine Marke erfolgreich zu positionieren. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 19 Aktuelle Entwicklungen und Trends im Marketing Digitales Zeitalter Onlinemarketing Mobiles Marketing Social Media Marketing Ökonomisches Umfeld Weniger Konsumfreude, mehr Achtsamkeit Non-Profit-Marketing Globalisierung Internationale Konkurrenz Nachhaltigkeit Stärkere Verantwortung für Umwelt und Soziales Vgl. Kotler (2024), S. 74 ff. 20 Kapitel 2 MARKETING IM KONTEXT: MIKRO- UND MAKRO-UMFELD Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 21 Mikroumfeld des Marketing Andere Abteilungen des Unternehmens (Unternehmensleitung, Finanzen, F&E, Beschaffung, Produktion, Rechnungswesen) Lieferant:innen von notwendigen Waren und Dienstleistungen: relevant hinsichtlich Qualität, Menge, Lieferterminen; wichtige Partner:innen bei der Schaffung von Wert für Kund:innen Marketing-Mittler:innen: Handel (mit zunehmender Marktmacht und Einflussmöglichkeit), Logistikunternehmen (beeinflussen zunehmend die Wahrnehmung der Kund:innen über die Produkte selbst), Dienstleistungsunternehmen (Marktforschung, Werbeagenturen, etc.), Finanzinstitutionen (Banken, Finanzgesellschaften, Versicherungen) Kund:innen und Märkte (Industriegütermärkte, Handelsmärkte, Märkte öffentlicher Institutionen, Staatliche Nachfragemärkte, internationale Märkte) Konkurrent:innen (Teilbereiche) der Öffentlichkeit (Medien, Staat, lokale Interessensgruppen, allgemeine Öffentlichkeit, Finanzsektor) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 22 Strategisches Dreieck Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 23 Strategiepyramide Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 24 Vision = die Formulierung eines in der Zukunft liegenden Zustands Kurz, einprägsam und inspirierend Amazon: Our vision is to be earth's most customer centric company; to build a place where people can come to find and discover anything they might want to buy online. Instagram: Capture and Share the World’s Moments. Tesla: To accelerate the world’s transition to sustainable energy. IKEA: Einen besseren Alltag für die vielen Menschen schaffen. TED: Spread ideas. Sony: To be a company that inspires and fulfills your curiosity. Airbnb: Tapping into the universal human yearning to belong—the desire to feel welcomed, respected, and appreciated for who you are, no matter where you might be. Disney: To make people happy. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 25 Mission und strategische Ziele Definition des Unternehmenszwecks: In welcher Branche sind wir tätig? Wer sind unsere Kund:innen? Was ist der Zweck unserer Tätigkeit? Welche Art von Unternehmen sind wir? Leitbilder müssen mit Blick auf die Bedürfnisse der Kund:innen entwickelt werden und sich am Markt orientieren. Die Unternehmensmission muss realistisch sein unternehmensspezifisch sein auf besonderen Kompetenzen des Unternehmens beruhen Begeisterung hervorrufen Kotler et al. (2022), S. 98ff. 26 Beispiele Vision: To create the most compelling car company of the 21st century by driving the world’s transition to electric vehicles. Mission: To accelerate the world’s transition to sustainable energy. Vision: To provide access to the world’s information in one click. Mission: To organize the world’s information and make it universally accessible and useful. Vision: To bring inspiration and innovation to every athlete* in the world. (*If you have a body, you are an athlete.) Mission: To do everything possible to expand. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 27 Produkt- vs. marktorientierte Bestimmung Unternehmen produktorientiert marktorientiert Michelin Wir machen Reifen. Wir bieten Service für Menschen und deren Transporte. Shell Wir finden, extrahieren, verarbeiten und Wir liefern Energielösungen auf eine nachhaltige verkaufen Öl. Art und Weise. Nestlé Wir stellen der Verbrauchern Nahrungs- Als weltweit größtes Nahrungs-, Gesundheits- und und Gesundheitsprodukte zur Verfügung. Wellness-Unternehmen setzen wir uns dafür ein, den gesundheitlichen Wert und den Geschmack unserer Produkte zu steigern und unsere Kunden zufriedenzustellen. eBay Wir veranstalten Onlineauktionen. Wir bieten einen globalen Marktplatz an, auf welchem praktisch jeder alles anbieten kann. Revlon Wir produzieren Kosmetik. Wir verkaufen Lifestyle und Selbstausdruck – Erinnerungen, Hoffnungen und Träume. Vgl. Kotler et al. (2022), S. 100. 28 Makroumfeld des Marketing: PESTEL-Analyse Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 29 PESTEL-Analyse Politische Faktoren (P): politische Bedingungen und Stabilität in einem Land oder einer Region, Regierungsrichtlinien, Handelspolitik, Steuergesetze, Zölle und Regulierungen. Ökonomische Faktoren (E): wirtschaftliche Situation und wirtschaftliche Trends, die sich auf ein Unternehmen auswirken: Zinssätze, Inflationsraten, Wechselkurse, Arbeitslosenquoten, Wirtschaftswachstum, Verbrauchervertrauen; Kaufkraft Soziale Faktoren (S): demografische und kulturelle Aspekte der Umwelt: Bevölkerungswachstum, Altersstruktur, Bildung, Religion, soziale Normen, Lebensstiländerungen und Einkommensverteilung. Diese Faktoren können die Nachfrage nach bestimmten Produkten und Dienstleistungen beeinflussen. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 30 PESTEL-Analyse Technologische Faktoren (T): technologischer Fortschritt und Innovationen, die sich auf ein Unternehmen auswirken könnten: Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, Automatisierung, Technologieanpassung, Patente und allgemeiner technologischer Fortschritt in einer Branche Ökologische Faktoren (E): ökologische und umweltbezogene Aspekte: Klimawandel, Umweltgesetze, Nachhaltigkeit, Recyclingpraktiken und das Bewusstsein der Verbraucher:innen für ökologische Themen. Rechtliche Faktoren (L): rechtliches Umfeld, das ein Unternehmen reguliert: Arbeitsrecht, Verbraucherrecht, Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften, Antidiskriminierungsgesetze und Wettbewerbsrecht. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 31 Megatrends https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/die-megatrend-map 32 Megatrends – gekommen um (lange) zu bleiben Individualisierung Neo Ökologie Gender Shift Konnektivität Silver Society Globalisierung Wissenskultur Urbanisierung New Work Mobilität Gesundheit Sicherheit https://www.braintrust-group.de/impuls-des-tages/12-megatrends-kommende-jahrzehnte/ 33 Kapitel 3 MARKTFORMEN Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 34 Märkte physischer Ort des Austauschs digitaler Ort des Austauschs die Summe aller tatsächlichen und potenziellen Käufer:innen und Anbieter:innen eines Produkts; oft bezogen auf ein bestimmtes Kund:innensegment ein Sammelbegriff für eine angebotene Güterkategorie Unterschieden werden: private Märkte (Consumer Markets) gewerbliche Märkte (Business Markets) „relevanter Markt“: - Sachliche Abgrenzung (welche Produkte oder Leistungen) - Räumliche Abgrenzung (regional, national, international) - Zeitliche Abgrenzung Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 35 Marktteilnehmer:innen Anbieter:innenseite Hersteller:innen von Produkten, Anbieter:innen von Dienstleistungen Händler:innen Intermediäre als Vermittler von Leistungen (z.B. Anbieter:innen von Internet-Plattformen) Nachfrager:innenseite private Kosument:innen Wiederverkäufer:innen (Händler:innen) industrielle Abnehmer:innen (Unternehmen) öffentliche Abnehmer:innen (staatliche Institutionen) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 36 Einfaches Anbieter:in/Nachfrager:in-Modell Vgl. Meffert (2024), S. 3. 37 Marktformen Anbieter Nachfrager viele kleine wenig mittlere ein großer :innen :innen viele kleine Vollständige Nachfrageoligopol Nachfragemonopol Konkurrenz (Polypol) (Oligopson) (Monopson) wenig mittlere Angebotsoligopol Zweiseitiges Oligopol Beschränktes (Oligopol) Nachfragemonopol ein großer Angebotsmonopol Beschränktes Zweiseitiges Monopol (Monopol) Angebotsmonopol Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 38 Polypol viele Anbieter:innen und viele Nachfrager:innen Geringe Marktmacht und harter Wettbewerb Beispiel: Lebensmittelindustrie Vorteile Niedrige Preise für die Kundschaft Anreiz für Forschung und Entwicklung Vielfalt an Angeboten Nachteile Niedrige Gewinne Häufiger Preisverfall Möglicher Verlust von Anbietenden aufgrund des harten Wettbewerbs Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 39 Oligopol wenige Anbieter:innen und viele Nachfrager:innen Mittlere Marktmacht und stabile Preise Beispiel: Automobilindustrie Vorteile Stabilisierung der Gewinne Stabilisierung der Marktmacht Möglichkeit für kooperatives Verhalten Nachteile Wenig Anreiz für Forschung und Entwicklung Mögliche Vermeidung von Konkurrenz Mögliche Regulierung durch die Regierung Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 40 Monopol Eine Anbieter:in Hohe Marktmacht aufgrund fehlender Konkurrenz Beispiel: Müllabfuhr, Bahnnetz Vorteile Höhere Gewinne Keine Konkurrenz Möglichkeit, den Preis auf einem hohen Niveau zu halten Nachteile Kein Anreiz für Entwicklung und Forschung, weil Bedrohung durch Konkurrenz fehlt Keine Preissenkungen für die Kund:innen Mögliche Regulierung durch die Regierung Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 41 Kenngrößen von Märkten Marktvolumen: tatsächlich abgesetzte Menge eines Produkts oder einer Dienstleistung innerhalb eines bestimmten Zeitraums und Marktes. Marktanteil: prozentualer Anteil eines Unternehmens am gesamten Marktvolumen. Zeigt an, wie viel ein bestimmtes Unternehmen im Vergleich zu seinen Wettbewerbern verkauft. Marktpotenzial: maximale mögliche Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung auf einem Markt (unter Berücksichtigung aller potenziellen Kund:innen und idealer Marktbedingungen) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 42 Marktpotenzial, Marktvolumen, Absatzvolumen © https://www.bwl-lexikon.de/wiki/marktvolumen/ 43 Weitere relevante Faktoren Absoluter Marktanteil: Struktur, Art und Intensität des Wettbewerbs Umsatz oder Absatz des eigenen Strategien der Marktteilnehmer (auf Qualität Geschäftsfelds mal 100 im Verhältnis zum oder auf Preis ausgerichtet? Differenzierung Marktvolumen. Der absolute Marktanteil oder Nischenstrategie?) hängt vor allem vom Marktvolumen und den Ein- und Austrittsmöglichkeiten in einen bzw. eigenen Marketing-Anstrengungen ab. aus einem Markt Art des Markts (Käufer- oder Verkäufermarkt aktuelle und potenzielle Kunden Relativer Marktanteil (RMA): Lieferant:innenstruktur Marktanteil des eigenen Geschäftsfelds im „Spielregeln“ des Markts Verhältnis zum Marktanteil des größten Ersatzprodukte (Substitute) (stärksten) Konkurrenten Preisentwicklung (Einkaufs- und Verkaufspreise) übliche Zahlungsziele, Rabattpolitik Rentabilität der Branche Kundenstruktur und Kundenwünsche Differenzierungsmöglichkeiten Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 44 Marktformen C2C: direkter Vertrieb Konsument:in Konsument:in B2C: direkter Vertrieb Anbieter:in Konsument:in B2B: direkter Vertrieb Anbieter:in Firmenkund:in G2C: direkter Vertrieb Staat Bürger:in B2B2C: indirekter Vertrieb Anbieter:in Handel/Handelwerk Konsument:in B2B2B: indirekter Vertrieb Anbieter:in Handel/Handwerk Geschäftliche Endverbraucher:in B2G2C: Anbieter:in auf öffentlichen Märkten Öffentliche Hand Bürger:in Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 45 Kennzeichen von b2c-Märkten Käufer:innenverhalten: häufiger emotionale oder impulsive Entscheidungen, Beeinflussung durch persönliche Vorlieben oder kurzfristige Bedürfnisse Marketing und Werbung: direkte Zielgruppenansprache durch Massenmedien oder Social Media; Marketingstrategien zielen oft auf Markenbekanntheit und –loyalität ab Produktzyklen: kürzere Lebenszyklen, häufigere Aktualisierungen oder Ersatz von Produkten Preise: sind meist transparent, werden oft beworben. Preisaktion, Rabatte oder Sonderaktionen sind gängige Strategien Vertriebswege: vielfältig: Einzelhandel, E-Commerce, Direktvertrieb, mobile Plattformen Marktforschung: oft hohe Investments, um Präferenzen und Trends zu verstehen. Regulierung: oft strenge Verbraucherschutzgesetze Wettbewerb: oft sehr intensiv; Differenzierung durch Markenimage, Qualität, Preis oder Erlebnis Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 46 Kennzeichen von b2b-Märkten Marktstruktur: starke Segmentierung, oft oligopolistische Marktsituation: weniger potenzielle Kund:innen für ein bestimmtes Produkt Produkte: oft technisch kompliziert, erklärungsbedürftig; hohe Erwartungen der Kund:innen and die Erfüllung bestimmter technischer Eigenschaften; häufig Sonderanfertigungen und/oder Zusammenarbeit bei Weiterentwicklung von Produkten zwischen Anbieter:innen und Kund:innen Käufer:innenverhalten: Buyer-Center; (verstärkt) rationales Beschaffungsverhalten, Beschaffungen sind oft von hoher strategischer und finanzieller Relevanz für die einkaufenden Unternehmen Bedarf: von den Zielen der Organisation abgeleitet, d.h. nur in engen Grenzen beeinflussbar Vertriebswege: tendenziell kürzer als auf Konsumgütermärkten; vielfach Direktvertrieb; selten mehr als eine Vertriebsstufe Preise und Konditionen: sehr differenzierte Gestaltung (aufgrund der relativen Stärke der Kund:innen und der Intransparenz der Märkte) Kommunikation: persönliche Beratung und persönlicher Verkauf dominant, unpersönliche Kommunikationsformen wenig bedeutsam Vgl. Hiemeyer, Stumpp (2020), S. 11f. 47 Lessons moving from b2c to b2b marketing 1. Soft skills are king. 2. Few short-term results. 3. GTM strategy > Channel 4. High product complexity 5. Data quality is non-negotiable. 6. Efforts compound through time. 7. Buyer committee > Buyer persona. 8. Marketing and sales alignment is a must. 9. Buyer journey is a mess. Dark social is real. 10. Everything is about personal selling, content marketing, and relationship-driven actions. © Tania Saez (LinkedIn) 48 Kapitel 4 MARKETINGPROZESS UND MARKETINGPLAN Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 49 Modell des Marketingprozesses Kotler et al. (2022), S. 84. 50 Marketingprozess Vgl. Meffert (2000), S. 12. 51 Management von Marketing-Strategien und Marketing-Mix Vgl. Kotler et al. (2022), S. 117. 52 Entwicklung eines integrierten Marketing-Mix Der Marketing-Mix ist „[….] die Gesamtheit steuerbarer taktischer Werkzeuge, welche man kombiniert und einsetzt, um auf dem Zielmarkt bestimmte erwünschte Reaktionen hervorzurufen. Zum Marketing-Mix gehört alles, was man tun kann, um die Nachfrage nach seinen Produkten zu beeinflussen.“ Vgl. Meffert 2024, S. 3. 53 Marketingziele ökonomische Ziele psychologische Ziele Absatz Bekanntheitsgrad Umsatz Imagefaktoren Deckungsbeitrag Kund:innenzufriedenheit Rentabilität Kund:innenbindung Marktanteil Markentreue Gewinn Kaufintensität etc. etc. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 54 Bestandteile eines Marketingplans Executive Summary Aktuelle Marketing-Situation (Marktbeschreibung, Produktbewertungen, Wettbewerbsanalyse, Analyse der Distributionskanäle) Analyse von Chancen und Risiken Ziele Marketingstrategie Aktionsprogramme Budget Controlling Zentral: Vollständigkeit Frühzeitigkeit (Vorlaufzeiten!, oft revolvierender Prozess mit fixen Planungszyklen) Verbindlichkeit Verantwortlichkeiten Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 55 Von den 4Ps zu den 3 Rs Recruitement Retention Recovery Kundenacquisition mit Fokus Kundenbindung mit Fokus Kundenrückgewinnung mit Kundenbindung Kundenzufriedenheit Fokus Wechselbarrieren Product Verpackungsgestaltung Produktdifferenzierung Produktinnovation Produktzusatznutzen Servicestandards Value Added Services Markierung Sortimentstiefe Produktverbesserung Produktverbesserung Garantien Individuelle Leistungen Price Niedrigpreis Optimales Preis/Leistungs- Rabatte/Boni Sondierungsangebote Verhältnis Einmalige Zahlung bei Boni/Skonti Preisgarantien Wiederaufnahme Finanzierungsangebote Preisbündelung Sonderkonditionen Promotion Direct Mailing Kundenzeitschriften Direct Mail Massenkommunikation mit Direct Mail Telefonmarketing Dialogfunktion Sponsoring Persönliches Gespräch Verkaufsförderung Kundenclubs Einladung/Events Place Produktsampling Direct Marketing Exklusivvertrieb Aktionen am POS Direktvertrieb Außendiensteinsatz Direktvertrieb Regelmäßige Außendienstbesuche Key Account Management Verkaufsgespräche Lieferantenservice Online-Vertrieb Vgl. Bruhn (2022), S. 21. 56 Aufgaben des Marketing-Managements Produktbezogen Produktverbesserung – Produktdifferenzierung – Produktinnovation Marktbezogen Marktdurchdringung – Markterschließung – Sortimentserweiterung – Diversifikation Kund:innenbezogen Kund:innenbearbeitung – Kund:innenbeziehung – Kund:innenstruktur – neue Kund:innensegmente Absatzmittler:innenbezogen Beziehungen zum Handel – Erschließung neuer Vertriebskanäle Konkurrenzbezogen Wettbewerbsvorteile – Absicherung der Marktstellung – Aufbau von Markteintrittsbarrieren Lieferant:innenbezogen Beschaffungsmarketing – Abhängigkeit von Lieferant:innen Unternehmensbezogen Koordination und Integration der internen Prozesse – Optimierung der externen Prozesse – Motivation der Mitarbeitenden Vgl. Bruhn (2022), S. 10ff. 57 Kapitel 5 ANALYSE UND STRATEGIEENTWICKLUNG Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 58 Strategische Analysen (extern) Branchenstrukturanalyse (Five Forces) Portfolioanalyse (Marktanteil / Marktwachstum) Umweltanalyse Stakeholder-Analyse Substitutions-Analyse Zielgruppen-Analyse Konkurrenzanalyse Szenario-Analyse Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 59 Branchenstrukturanalyse: Five Forces nach Porter © https://www.business-to-you.com/porters-five-forces/ 60 Branchenstrukturanalyse: Five Forces nach Michael E. Porter Modell zur Analyse der Wettbewerbssituation innerhalb einer Branche. Es beschreibt fünf zentrale Kräfte, die den Wettbewerb und die Rentabilität in einer Branche bestimmen. Diese Kräfte helfen Unternehmen, ihre Position im Markt zu verstehen und Strategien zu entwickeln. 1. Bedrohung durch neue Wettbewerber:innen Die Gefahr, dass neue Unternehmen in den Markt eintreten, erhöht den Wettbewerb und verringert die Profitabilität der bestehenden Unternehmen. Einflussfaktoren z.B.: Markteintrittsbarrieren (z. B. hohe Kosten, Regulierungen, starke Markenloyalität) Skaleneffekte (wirtschaftliche Vorteile großer Unternehmen) Zugang zu Vertriebskanälen 2. Verhandlungsmacht der Lieferant:innen Lieferant:innen können Einfluss auf die Preise und Qualität der Ressourcen nehmen, die sie den Unternehmen zur Verfügung stellen. Einflussfaktoren z.B.: Anzahl und Größe der Lieferant:innen Einzigartigkeit der angebotenen Produkte (z. B. seltene Rohstoffe) Wechselkosten Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 61 Branchenstrukturanalyse: Five Forces nach Michael E. Porter 3. Verhandlungsmacht der Kund:innen Kund:innen können niedrigere Preise verlangen, bessere Qualität fordern oder bessere Dienstleistungen verlangen. Einflussfaktoren z.B.: Anzahl der Kund:innen Verfügbarkeit alternativer Produkte oder Dienstleistungen Preissensibilität der Kund:innen 4. Bedrohung durch Ersatzprodukte Einflussfaktoren z.B.: Verfügbarkeit und Attraktivität von Ersatzprodukten Kosten-Nutzen-Verhältnis von Ersatzprodukten im Vergleich zu den bestehenden Angeboten Innovationsdruck durch technologische Entwicklungen 5. Rivalität unter bestehenden Wettbewerbern Der direkte Wettbewerb zwischen den bereits im Markt etablierten Unternehmen kann durch Preiswettbewerb, Werbekampagnen oder Produktinnovationen intensiviert werden. Einflussfaktoren z.B.: Anzahl der Wettbewerber:innen und deren Größe Wachstumsrate des Marktes Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 62 Portfolioanalyse (Boston Consulting Group – BCG-Matrix © https://blog.afterbuy.de/allgemein/portfolioanalyse/ 63 Portfolioanalyse (Boston Consulting Group – BCG-Matrix Methode zur Ressourcenallokation basierend auf Marktpotenzial und Marktposition einzelner Geschäftsbereiche oder Produkte Stars (Hoher relativer Marktanteil, hohes Marktwachstum) Strategie: Investieren und Wachstum fördern. Stars benötigen oft signifikante Investitionen, um ihren Marktanteil zu halten und weiter auszubauen. Die Strategie besteht darin, diese Investitionen fortzuführen, um die Marktführerschaft zu sichern, da sie potenziell die zukünftigen Cash Cows des Unternehmens sind. Cash Cows (Hoher relativer Marktanteil, niedriges Marktwachstum) Strategie: Ernten und Gewinn abschöpfen. Cash Cows sind etablierte Geschäftsbereiche oder Produkte in einem stagnierenden oder langsam wachsenden Markt. Da sie wenig Investitionen erfordern, können Unternehmen die Gewinne, die sie generieren, abschöpfen und in andere Bereiche (wie Stars oder Question Marks) reinvestieren. Ziel ist es, die Marktführerschaft zu halten, aber Investitionen zu minimieren. Question Marks (Niedriger relativer Marktanteil, hohes Marktwachstum) Strategie: Selektive Investitionen oder Desinvestitionen. Question Marks befinden sich in einem wachsenden Markt, haben aber einen geringen Marktanteil. Unternehmen müssen entscheiden, ob sie in diese Geschäftsbereiche investieren, um ihren Marktanteil zu erhöhen und sie möglicherweise zu Stars zu entwickeln, oder ob sie aus diesen Bereichen aussteigen. Poor Dogs (Niedriger relativer Marktanteil, niedriges Marktwachstum) Strategie: Desinvestition oder Kostensenkung. Poor Dogs haben weder einen signifikanten Marktanteil noch befinden sie sich in einem Wachstumsmarkt. Sie binden oft Ressourcen, ohne viel Gewinn zu generieren. Die Strategie besteht in der Regel darin, diese Geschäftsbereiche zu verkaufen, abzuwickeln oder stark zu rationalisieren, um Kosten zu senken und die Ressourcen effizienter einzusetzen. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 64 Strategische Analysen (intern) Wertkettenanalyse (nach Porter) Benchmarking Stakeholderanalyse Erfahrungskurve Lebenszyklusanalyse Kundenzufriedenheitsanalyse Kernkompentenzanalyse Unternehmenskulturanalyse Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 65 Wertkettenanalyse nach Porter Grundlage für Kostenanalyse Unternehmen als Kette wertschöpfender Prozesse Überblick, welche Bereiche welche Kosten und welche Erträge erwirtschaften © https://digisociety.ngo/unternehmen/agility/prozesse/ 66 Benchmarking Vergleich von Unternehmenskennzahlen zur Feststellung von Möglichkeiten zur Effizienzverbesserung Prozess: – Auswahl des zu vergleichenden Prozesses – Beschreibung des Prozesses – Auswahl von Benchmarking-Partner – Vergleich der Prozesse – Festhalten und Kommunizieren der Ergebnisse, Festlegung von Zielen – Planung der Umsetzung und Messung der Ergebnisse Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 67 Stakeholder-Analyse Stakeholder werden nach Höhe des Einflusses und nach Höhe des Interesses kategorisiert. Eigentümer:innen Interesse an einer Bewahrung der Vermögenswerte, Gewinnmaximierung etc. Manager:innen /Mitarbeiter:innen Interesse an einer gesicherten Arbeit inkl. gesichertem Lohn/ Gehalt, Selbstverwirklichung im Beruf etc. Lieferant:innen Interesse an einer lang anhaltenden, fairen Geschäftsbeziehung, Interesse an termingerechten Zahlungen etc. Gesellschaft/Staat Interesse an einer sauberen Umwelt, an Steuergeldern, an sicheren Arbeitsplätzen in der Region etc. Gläubiger:innen Interesse von z. B. Banken oder anderen Kapitalgeber:innen an fristgerechten Zahlungen Kund:innen Einhaltung der zugesagten/gekauften Qualität, auf Service etc Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 68 Stakeholder-Matrix Welche Gruppen haben einen wesentlichen Einfluss auf das Geschäft? Wie bedeutend ist der Einfluss der einzelnen Stakeholder? Welche Erwartungen stellen diese Gruppen an das Unternehmen /an die Strategie? Welche Konsequenzen ergeben sich dadurch für die Strategie? Welche Kommunikationsstrategie soll gewählt werden? Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 69 Zielgruppenanalyse Klassische Gruppierungsmerkmale im B2C Bereich: Demografische Merkmale (Alter oder Geschlecht) Sozioökonomische Merkmale (Bildung, Beruf, Gehalt) Psychografische Merkmale (Motivation, Meinung, Wünsche) und Kaufverhalten (Preissensibilität) Im B2B Bereich sind andere Gruppierungsmerkmale erforderlich: organisatorische Merkmale (Unternehmensgröße, Standort, Marktanteil etc.) ökonomische Merkmale (Finanzen, Vorratshaltung etc.) Kaufverhalten des Unternehmens (Kaufzeitpunkt, Logistik, Beständigkeit etc.) und personenbezogene Merkmale der Entscheidungsträger:innen (offen für Neuerungen aufgeschlossen, konservativ etc.) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 70 Eine Generationenfrage (pauschalisiert!) Babyboomer (*1946-1964): Viertel der deutschen Bevölkerung, hohe Kaufkraft; Nachrichten und Einkaufsinformationen werden vielfach noch über traditionelle Medien bezogen Generation X (*1965-1980): in Social Media aktiv; Vertrauen in Unternehmen und Marken ist beschädigt; sind Marken treu, die versuchen auf ihre Bedürfnisse einzugehen Generation Y (*1981-1996): Konsument:innen mit wachsender Kaufkraft; versiert im digitalen Bereich; wollen Marken kaufen, die ihren Werten ähnlich sind; nutzen viele digitale Kanäle und Geräte; leicht zu erreichen Generation Z (*1997-2012): möchte sich ebenfalls mit Marken identifizieren und interessiert sich für die soziale Verantwortung von Unternehmen; verwenden Werbeblocker und Apps, um nicht getrackt zu werden. Nutzen soziale Medien und Plattformen Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 71 Eine Generationenfrage © Pia Lücke Coaching / Stock - https://www.pialuecke-coaching.de/generationen-management-wer-ist-wer/ 72 Sinus-Milieus https://www.sinus-institut.de/media-center/presse/sinus-milieus-oesterreich-update-2022 73 Sinus-Milieus https://www.youtube.com/watch?v=5ZMK0-u8HsY&t=3s 74 Zwei häufige Fehler…. Davon auszugehen, dass die Zielgruppen gut informierte, rationale, unabhängige und langfristig orientierte Entscheidungsträger:innen sind Anzunehmen, dass alle so sind wie ich, dass sie wissen, was ich weiß, und dass sie wollen, was ich will Vgl. Godin (2018), S. 24. 75 Marktsegmentierung und Zielgruppenbildung S-T-P Segmentierung Segmentierungskriterien festlegen Teilmärkte abgrenzen Profile für Kund:innen in den Segmenten entwickeln Targeting Maßstäbe zur Segmentierung bestimmen Attraktivität der Marktsegmente bewerten Zielsegmente / Zielgruppen auswählen Positionierung Positionierungskonzept entwickeln Aufwand, Ergebnisse, Risiken einschätzen Endgültige Positionierung abschätzen Marketingmaßnahmen für Zielsegmente entwickeln Vertriebsmaßnahmen für Zielkund:innen festlegen Vgl. Meffert (2024), S. 3. 76 Segmentierung Differenzierung der Kund:innen nach relevanten Merkmalen als Grundlage der Marktsegmentierung Segmentierungskriterien: - Räumlich (lokal, regional, national, international) - Geschäftskund:innen b2b oder Endkund:innen b2c - Soziodemografische Kriterien (Geschlecht, Alter, Familienstand, Haushaltsgröße, Zahl der Kinder) - Sozio-ökonomische Kriterien (Beruf, Ausbildung und Einkommen) - psychografische Kriterien (Lebensstil, soziale Orientierung, Risikoneigung, mögliche Kaufmotive, Nutzenvorstellungen, Einschätzung von Kaufabsichten) Marktsegmente sind - Produktgruppen (z. B. Bürotechnik, Büroeinrichtung) - Preisgruppen (z. B. Produkte des unteren, mittleren und gehobenen Niveaus) - Abnehmer:innengruppen (z. B. öffentlich-rechtliche Abnehmer, wie Behörden und Private) - regionale Gruppen (In- und Auslandskund:innen) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 77 Anforderung an Marktsegmentierung Verhaltensrelevanz Messbarkeit Zeitliche Stabilität Bezug zur Marktbearbeitung Ausreichende Segmentgröße Ansprechbarkeit und Zugänglichkeit Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 78 Positionierungsmatrix © https://gruenderplattform.de/unternehmen-gruenden/positionierung 79 Positionierung: Welches Problem löse ich? Was macht mein Unternehmen weshalb, für wen und wie und warum sollten Kund:innen kaufen? Zweck Zielgruppe Alleinstellung Nutzen für Kund:innen Positionierungsstrategie: gezieltes, planmäßiges Schaffen und Herausstellen von Stärken und Qualitäten, durch die sich ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung in der Einschätzung der Zielgruppe klar und positiv von anderen unterscheidet Klare Positionierung bringt Klarheit für Mitarbeiter:innen und Kund:innen, stellt ein konkretes Werteversprechen dar und hilft bei der Entscheidungsfindung. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 80 Personas Personas = fiktive Personen, die stellvertretend für eine Gruppe von Menschen mit ähnlichen Merkmalen und Verhaltensweisen stehen prototypische Anwenderprofile, die Nutzergruppen und ihre unterschiedlichen Ziele, Eigenschaften, Verhaltensweisen und Motive genau beschreiben Schwierigkeiten: - Formulierung der Merkmale (Alter, Geschlecht, Einkommen, Internetaffinität, Verhaltensweisen,….) - Kombination und Verdichtung von Merkmalen und Verhaltensweisen: Balance zwischen Vereinfachung und Verallgemeinerung - oft zu sehr aus der Unternehmensperspektive formuliert https://blogs.oregonstate.edu/another/2019/11/27/personas/ 81 SWOT-Analyse als Ergebnis der vorangegangenen Analysen © https://corporatefinanceinstitute.com/resources/management/swot-analysis/ 82 SWOT - Beispiel Stärken Innovatives Produktportfolio: breites Spektrum an Produkten, die aktuelle Markttrends adressieren Starkes Forschungsteam: Erfahrenes und qualifiziertes Forschungsteam, das kontinuierlich neue Technologien entwickelt Markenbekanntheit: Hohe Markenbekanntheit und positives Image in der Tech-Branche Finanzielle Stabilität: Solide finanzielle Basis mit starken Einnahmequellen und geringen Schulden Strategische Partnerschaften: mit führenden Technologieunternehmen und Universitäten Schwächen Abhängigkeit von Kernprodukten: Starke Abhängigkeit von einigen wenigen Hauptprodukten Hohes Kostenniveau: Hohe Betriebskosten, insbesondere in Forschung und Entwicklung Markteintrittsbarrieren: Schwierigkeit, in neue internationale Märkte einzutreten Geringe Diversifizierung: Wenig Diversifizierung außerhalb der Kerntechnologiebranche Kundensupport: Verbesserungsbedarfe im Bereich Kundensupport und -service Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 83 SWOT - Beispiel Chancen Wachsende Märkte: Expansion in schnell wachsende Märkte wie IoT, KI und Blockchain Technologische Fortschritte: Nutzung neuer Technologien zur Produktentwicklung Nachhaltigkeitstrend: Entwicklung umweltfreundlicher Technologien und nachhaltiger Produkte Zunehmende Digitalisierung: Steigende Nachfrage nach digitalen Lösungen und Dienstleistungen Strategische Akquisitionen: Übernahme von Startups und kleinen Unternehmen zur Erweiterung des Produktportfolios Risiken Intensiver Wettbewerb: durch etablierte Unternehmen und neue Marktteilnehmer:innen Schnelle Technologieänderungen: Schnelle Veränderungen und Entwicklungen in der Technologiebranche können Produkte obsolet machen Regulatorische Risiken: Strengere Regulierungen und Compliance-Anforderungen Datenschutzbedenken: im Bereich Datenschutz und Datensicherheit Fachkräftemangel: Schwierigkeiten, qualifizierte Fachkräfte zu rekrutieren und zu halten Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 84 Markteintrittsstrategien Ansoff-Matrix Die Ansoff-Matrix beschreibt vier Markteintrittsstrategien, die Unternehmen für Wachstum nutzen können: 1. Marktdurchdringung / Marktpenetration: Erhöhung des Marktanteils mit bestehenden Produkten auf bestehenden Märkten, z.B. durch verstärkte Werbung oder Preissenkungen. 2. Marktentwicklung: Erschließung neuer Märkte (z.B. geografische Regionen oder neue Zielgruppen) mit bestehenden Produkten 3. Produktentwicklung: Einführung neuer Produkte auf bestehenden Märkten, um den Kundenstamm zu erweitern 4. Diversifikation: Entwicklung neuer Produkte für neue Märkte, oft die risikoreichste Strategie, da sowohl Markt als auch Produkt neu sind https://smartmarketingbreaks.eu/ansoff-matrix/ 85 Markteintrittsstrategien Ansoff-Matrix © https://de.deltamodel.com/bdm/die-ansoff-matrix 86 Erweiterte Ansoff-Matrix https://smartmarketingbreaks.eu/ansoff-matrix/ 87 Arten der Diversifikation 1. Horizontale Diversifikation Erweiterung des Produkt- oder Dienstleistungsportfolios durch neue Produkte, die eng mit den bestehenden Produkten verwandt sind, aber nicht identisch. Diese Produkte oder Dienstleistungen befinden sich oft auf der gleichen Wertschöpfungsstufe und bedienen ähnliche Märkte. Beispiel: Ein Unternehmen, das Smartphones herstellt, beginnt zusätzlich Tablets zu produzieren. Beide Produkte richten sich an ähnliche Kund:innen und basieren auf verwandter Technologie. 2. Vertikale Diversifikation Erweiterung eines Unternehmens entlang der Wertschöpfungskette. Dies kann entweder durch Rückwärtsintegration (Richtung Lieferant:innen) oder Vorwärtsintegration (Richtung Endverbraucher:innen) geschehen. Rückwärtsintegration: Das Unternehmen erweitert sich in Richtung seiner Lieferant:innen, um mehr Kontrolle über die Rohstoffproduktion oder -beschaffung zu haben. Vorwärtsintegration: Das Unternehmen expandiert in Richtung seiner Kund:innen, indem es den Vertrieb oder den Endverkauf selbst übernimmt. Beispiel: Eine Bäckereikette kauft einen Weizenbauernhof (Rückwärtsintegration) oder eröffnet eigene Cafés, um ihre Produkte direkt an Endverbraucher:innen zu verkaufen (Vorwärtsintegration). Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 88 Arten der Diversifikation 3. Laterale oder Konglomerate Diversifikation Bei der lateralen Diversifikation tritt ein Unternehmen in völlig neue Märkte ein, die keinerlei direkte Verbindung zum bisherigen Kerngeschäft haben. Es handelt sich dabei um Produkte oder Dienstleistungen, die in keiner Beziehung zu den bisherigen Produkten oder Dienstleistungen stehen. Beispiel: Ein Automobilhersteller beginnt, sich im Immobiliensektor zu engagieren. Diese Märkte und Produkte haben keine offensichtliche Verbindung, aber das Unternehmen kann auf diese Weise sein Risiko streuen und von verschiedenen Branchen profitieren. 4. Konzentrische Diversifikation Bei der konzentrischen Diversifikation nutzt ein Unternehmen seine bestehenden technologischen, produktspezifischen oder marketingbezogenen Fähigkeiten, um in verwandte Bereiche zu expandieren. Dies betrifft häufig Märkte oder Produkte, die eine starke Verbindung zu den bestehenden Produkten aufweisen, aber dennoch unterschiedlich sind. Beispiel: Ein Unternehmen, das Fahrräder herstellt, erweitert sein Angebot um Fitnessgeräte wie Heimtrainer. Die Produkte teilen ähnliche Technologien und Zielgruppen, erweitern jedoch das Angebot. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 89 Wettbewerbsstrategien nach Porter Porter identifiziert drei grundlegende Strategien, die Unternehmen wählen können, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen: Kostenführerschaft Differenzierung Fokussierung (Nischenstrategie) © https://studyflix.de/wirtschaft/wettbewerbsstrategie-porter-1555 90 Kapitel 6 INFORMATIONSBESCHAFFUNG UND MARKTFORSCHUNG Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 91 Grundsatzfragen der Informationsbeschaffung Vgl. Purle et al, 2023, S. 50. 92 Marktforschungsunternehmen © Statista 93 Unternehmensinterne Informationen aus Marketing-Abteilung, Finanzabteilung, Produktion, Außendienst: Kund:innenstruktur Käufer:innenverhalten Website- und Social-Media-Analysen Umsätze, Bestellungen, Kosten Fertigungsplanung, Lagerbestände Konkurrenzaktivitäten Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 94 (Competitive) Marketing Intelligence Marketing Intelligence: die systematische Auswertung öffentlicher Daten über Kund:innen, Wettbewerb und Marktveränderungen Competitive Marketing-Intelligence: Beobachtung des Mitbewerbs und Datensammlung Quellen: - Kommunikation und Information vom Mitbewerb selbst (Geschäftsberichte, Presseaussendungen, Werbung, etc.) - Analyse von Wettbewerbsprodukten - Geschäftspartner:innen des Wettbewerbs - Bewerber:innen und Mitarbeiter:innen der Konkurrenz Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 95 Marktforschung systematischer Prozess der Gewinnung und Analyse von Daten für Marketing-Entscheidungen Systematisch: nicht zufällig Prozesshaft: ausgehend von spezifischer Fragestellung Ziel: Analyse des Käufer:innenverhaltens Käufer:innenverhalten: Verhalten von privaten Haushalten im Zusammenhang mit dem Kauf sowie dem Ge- und Verbrauch von stofflichen Gütern und Dienstleistungen sowie das Beschaffungsverhalten gewerblicher und öffentlicher Abnehmer:innen Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 96 Tätigkeitsgebiete der Marktforschung Grundlagenstudien, Motivanalysen Marktsegmentierung, Zielgruppenanalysen Marktpotenzialanalysen Image- und Markenanalysen Produktentwicklung, Konzept- und Produkttests Werbewirkungsforschung, Werbemitteltests Website-Tests, Usability-Forschung Kundenbindung und Kundenzufriedenheit Mystery Shopping und Mystery Calls Schulung und Beratung Data Mining Datenmanagement, Recherchedienste Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 97 Prozess der Marktforschung Erkennung des Problems: Analyse des Ist- und Soll-Zustands Definition des Problems: Fragestellung und Hypothesen Methodenwahl: Aktivität, Strategie und Ort, Stichprobe, Material und Durchführung Datengewinnung Datenanalyse: Auswertung, Interpretation, Diskussion Dokumentation: Berichte (Verständlichkeit und Übersichtlichkeit!) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 98 Methoden der Marktforschung Sekundärforschung vs. Primärforschung Quantitative Methoden vs. Qualitative Methoden Befragung vs. Beobachtung Es gibt keine schlechten oder guten Methoden, es gibt nur Methoden, die bezüglich der Beantwortung der Fragestellung besser oder schlechter geeignet sind! Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 99 Primärforschung Qualitative Erhebungsmethoden Nicht- oder teil-standardisierte Instrumente Qualitative Befragungen, Beobachtungen und non-reaktive Verfahren Daten werden verbalisiert beschrieben und interpretativ verwendet Gütekriterien nur tlw. gegeben (Bortz & Döring, 2005) – Reliabilität durch Messwiederholung – Konsenskriterium (Validität und Objektivität) Quantitative Erhebungsmethoden standardisiert Zählen, urteilen, testen, befragen, beobachten, physiologische Messungen Numerisches Datenmaterial Ziel: Merkmale zu quantifizieren Gütekriterien gegeben – Objektivität durch Standardisierung – Reliabilität und Validität unterschiedlich in Bezug auf Messinstrument Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 100 Messen Messen ist die nach bestimmten Regeln vorzunehmende eindeutige Zuordnung von Symbolen (Zahlen oder Zeichen) zu Objekten. Objekte = Elemente Sammelbegriff für Personen, Objekte, Ereignisse Elemente sind durch Merkmale gekennzeichnet, welche mindestens 2 Ausprägungen haben können z. B. Geschlecht (männlich, weiblich), Wetter (sonnig, bewölkt, bedeckt, regnerisch) Merkmale oder Variablen: quantitativ (Zahlen) qualitativ (Symbole, Bezeichnungen) Ziel der Messung ist die Datengewinnung. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 101 Skalenniveaus Skalenniveau Eigenschaften Beispiele Nominalskala Keine logische Reihenfolge, Ausprägungen, keine Wohnsitz, Haarfarbe, Bewertung Ernährungsvorlieben Ordinalskala Logische Rangfolge, Abstände nicht interpretierbar Schulnoten, Kundenzufriedenheit Kardinalskala / Logische Rangfolge, Abstände interpretierbar, Produktpreise, Geburtsjahrgänge, metrische Skala Berechnungen möglich Körpergrößen Intervallskala Logische Rangfolge, Abstände interpretierbar und Temperatur, IQ gleich groß, Berechnungen möglich, natürlicher oder willkürlicher Nullpunkt Ratio-/ Logische Rangfolge, Abstände interpretierbar und Geschwindigkeit, Gehalt Verhältnisskala gleich groß, Berechnungen möglich, natürlicher oder willkürlicher Nullpunkt Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 102 Gütekriterien Objektivität (= Personenunabhängigkeit) bedeutet, dass die Methode von den beteiligten Personen unabhängig ist. Wenn ein Forscher einen Meter abmisst und ein anderer Forscher einen Meter abmisst, dann muss das Ergebnis dasselbe sein. Reliabilität (= Verlässlichkeit) bedeutet, dass die Methode genau misst. Gibt an, wie gut der Test das Merkmal misst, unabhängig davon, ob er das Merkmal misst, das er vorgibt zu messen. Beispiel: Wenn ich die Breite eines Tisches mehrfach mit einem Metermaß messe, dann sollte ich jedesmal dasselbe Messergebnis erhalten. Validität (= Gültigkeit) bedeutet, dass die Methode tatsächlich das misst, was sie messen soll. Ein Metermaß sollte die räumliche Fläche der Gegenstände messen und nicht deren Gewicht. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 103 Stichprobe Teil einer Grundgesamtheit Vollerhebung vs. Teilerhebung Teilerhebung: Auswahl einer Stichprobe Zufallsstichproben: Einfache Zufallsstichprobe (vg. Lotterie) Systematische Stichprobe (regelmäßige Abstände) Stratifizierte Stichprobe (homogene Untergruppen) Cluster-Stichprobe (Einteilung in Cluster nach geografischen oder persönlichen Merkmalen) Nicht zufällige Stichproben: Willkürliche Stichproben (nach Verfügbarkeit) Quotenstichproben (z.B. Altersklasse) Zielgerichtete Stichproben (Auswahl durch Forscher:in) Schneeballverfahren (Weiterverweis durch Befragte) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 104 Beurteilungsfehler Irradiationsphänomen Wahrnehmung eines Reizes strahlt auf andere Reize über, modifizierte Wahrnehmung Bsp.: Einstellung zum Herkunftsland strahlt über auf Einstellung zu Qualität Halo-Effekt einzelne Eigenschaften eines Produktes erzeugen einen Gesamteindruck, der die weitere Wahrnehmung des Produktes „überstrahlt“ Sind bei Marktforschung kritisch miteinzubeziehen. Werden bei Produktgestaltung und –präsentation genützt Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 105 Explorativ vs. deskriptiv vs. Ursachenforschung Unterschieden werden: Explorative Studie: zur Sammlung vorbereitender Informationen, Definition von Problemen, Hypothesenbildung Deskriptive Studie: zur Beschreibung bestimmter Fragestellungen, z.B. Marktpotenzial, Einstellungen, etc. Ursachenforschung: Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 106 Beispiele für explorative Fragestellungen Softwareentwicklung "Welche zukünftigen Trends und Technologien könnten die Entwicklung und Nutzung von Projektmanagement- Software in den nächsten fünf Jahren prägen?" Telekommunikation "Welche neuen Geschäftsmodelle könnten sich aus der zunehmenden Verbreitung von 5G-Netzwerken ergeben?" Erneuerbare Energien "Welche innovativen Geschäftsmodelle könnten dazu beitragen, die Akzeptanz von Solarenergie bei Privatkunden zu erhöhen?" Automobilindustrie (insbesondere Elektromobilität) "Welche neuen Technologien könnten die Effizienz und Benutzerfreundlichkeit von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge in den nächsten Jahren verbessern?" Medizintechnik "Welche zukünftigen Entwicklungen könnten die Nutzung von tragbaren medizinischen Geräten in der häuslichen Pflege revolutionieren?" Internet of Things (IoT) "Wie könnten sich zukünftige Sicherheits- und Datenschutzanforderungen auf die Akzeptanz und Verbreitung von Smart-Home-Geräten auswirken?" Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 107 Beispiele für deskriptive Fragestellungen Softwareentwicklung "Welche Funktionen und Merkmale einer Projektmanagement-Software werden von KMU (kleine und mittlere Unternehmen) am häufigsten genutzt und geschätzt?" Telekommunikation "Wie beeinflusst die Netzabdeckung die Kundenzufriedenheit bei Mobilfunkanbietern in städtischen und ländlichen Gebieten?" Erneuerbare Energien "Welche Aspekte von Solarenergieanlagen sind für Privatkunden am attraktivsten?" Automobilindustrie (insbesondere Elektromobilität) "Welche Ladeinfrastruktur wird von Fahrern von Elektrofahrzeugen bevorzugt und warum?" Medizintechnik "Welche Eigenschaften eines tragbaren medizinischen Geräts (z.B. eines Blutzuckermessgeräts) werden von den Nutzern als besonders benutzerfreundlich wahrgenommen?" Internet of Things (IoT) "Wie zufrieden sind Kunden mit der Benutzerfreundlichkeit und Integration von Smart-Home-Geräten in ihren Alltag?" Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 108 Beispiele für Hypothesen in der Ursachenforschung Softwareentwicklung "Die Kundenbindung bei der Nutzung von Projektmanagement-Software wird maßgeblich durch die Benutzerfreundlichkeit und den technischen Support beeinflusst." Telekommunikation "Eine bessere Netzabdeckung reduziert signifikant die Kündigungsrate von Mobilfunkkunden." Erneuerbare Energien "Der Umstieg von Privatkunden von traditionellen Energiequellen auf Solarenergie wird hauptsächlich durch die langfristigen Kosteneinsparungen und die Umweltfreundlichkeit motiviert." Automobilindustrie (insbesondere Elektromobilität) "Die Entscheidung von Autofahrern, von herkömmlichen Fahrzeugen auf Elektrofahrzeuge umzusteigen, wird hauptsächlich durch die Reichweite der Fahrzeuge und die Verfügbarkeit von Ladestationen beeinflusst." Medizintechnik "Die Akzeptanz tragbarer medizinischer Geräte bei Patienten wird signifikant durch deren Benutzerfreundlichkeit und technische Zuverlässigkeit bestimmt.“ Internet of Things (IoT) "Die Zufriedenheit der Kunden mit Smart-Home-Geräten wird maßgeblich durch deren einfache Integration und die Datensicherheit beeinflusst." Cloud Computing "Mittelständische Unternehmen bevorzugen bestimmte Cloud-Dienste aufgrund ihrer Skalierbarkeit und der angebotenen Sicherheitsmerkmale." Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 109 Fragen, was die Kund:innen antreibt…. Welchen funktionalen oder emotionalen Nutzen haben Kund:innen gesucht, als sie das Produkt gekauft haben? Wie fühlten sich Kund:innen nach dem Kauf? Was waren die wichtigsten Gründe, um bei einem bestimmten Unternehmen (und nicht bei der Konkurrenz) zu kaufen? Was mögen die Kund:innen an der Marke? Wie zufrieden sind die Kund:innen mit dem Kauferlebnis? Zu beachten: Stellen Sie nur Fragen, die tatsächlich relevant sind! Fragen Sie nur nach einem Aspekt! Stellen Sie keine persönlichen Fragen! Stellen Sie Fragen, bei denen Handlungsmöglichkeiten bestehen! Verwenden Sie auch offene Fragen (aktives Zuhören)! Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 110 Social Listening Prozess, bei dem Unternehmen und Marken soziale Medien und Online-Plattformen überwachen, um Konversationen, Erwähnungen und Trends rund um ihre Marke, Produkte, Mitbewerb oder bestimmte Themen zu verfolgen Überwachung Keywords und Hashtags: Beobachten von spezifischen Schlagwörtern, Hashtags und Themen, die für das Unternehmen, die Branche oder bestimmte Kampagnen relevant sind. Markennamen und Wettbewerber: Verfolgen von Erwähnungen der eigenen Marke, Produkte sowie der Wettbewerber. Analyse Sentiment-Analyse: Bewertung der Stimmung oder Tonalität der Erwähnungen (positiv, negativ, neutral). Trend-Identifikation: Erkennen von aufkommenden Trends, Themen und Diskussionen, die für das Unternehmen relevant sein könnten. Influencer-Identifikation: Ermitteln von Meinungsführer:innen und Influencern, die über die Marke oder verwandte Themen sprechen. Handlung Kund:innenbindung: Direktes Eingreifen und Reagieren auf Kund:innenfeedback und -anfragen, um die Kund:innenbindung zu stärken. Krisenmanagement: Früherkennung von potenziellen PR-Krisen und proaktives Handeln zur Schadensbegrenzung.Strategische Entscheidungen: Nutzen der gewonnenen Erkenntnisse zur Optimierung von Marketingstrategien, Produktentwicklungen und Kundenservice. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 111 Analysetools Customer Relationship Management (CRM) Systeme sammeln und analysieren Daten über Kundeninteraktionen und -beziehungen, um bessere Marketing- und Vertriebsstrategien zu entwickeln. Salesforce: bietet umfassende Einblicke in Kundenbeziehungen und -verhalten HubSpot: beliebtes CRM-System mit integriertem Marketing-Automatisierungstool Sentiment Analysis Tools analysieren die Stimmung und Tonalität von Texten in sozialen Medien, Blogs und anderen Online-Quellen. Brandwatch: Nutzt KI-gestützte Analysen, um die Stimmung und Wahrnehmung von Marken in sozialen Medien zu überwachen. Lexalytics: Ein Tool zur Analyse von Texten und zur Bestimmung der Stimmung und Meinungen in großen Datenmengen. Email Marketing Tools analysieren die Leistung von E-Mail-Kampagnen und bieten Einblicke in Öffnungsraten, Klickraten und andere Metriken. Mailchimp Constant Contact Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 113 Analysetools Web Analytics Tools überwachen und analysieren das Verhalten von Nutzer:innen auf Websites (Besucherzahlen, Verweildauer, Conversion-Raten und mehr. Google Analytics: lange das am weitesten verbreitete Web-Analytics-Tool Matomo: vielfach als Nachfolger von Google Analytics aufgrund von Datenschutzbestimmungen Business Intelligence (BI) Tools sammeln, verarbeiten und visualisieren Daten aus verschiedenen Quellen, um Unternehmen bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Tableau: leistungsfähiges Datenvisualisierungstool, das es ermöglicht, komplexe Daten leicht verständlich darzustellen Power BI: Microsofts BI-Tool zur Analyse und Visualisierung von Geschäftsdaten# Competitive Intelligence Tools überwachen die Aktivitäten und Strategien von Wettbewerbern, um Wettbewerbsvorteile zu identifizieren und zu nutzen. SimilarWeb: Bietet Einblicke in die Web-Traffic-Quellen und das Nutzerverhalten von Wettbewerbern. SEMrush: Ein umfassendes SEO- und Marketing-Tool, das auch Wettbewerbsanalysen und Markttrends liefert. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 114 Man kann sich auch irren…. „Ich denke, es gibt einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer.“ (Thomas Watson, Vorsitzender von IBM, 1943) „640KB ought to be enough for anybody.” (Bill Gates, 1981) „ There is no reason anyone would want a computer in their home.” (Ken Olsen, Präsident und Gründer von Digital Equipment Corporation (DEC), 1977) „The horse is here to stay but the automobile is only a novelty—a fad.” (Präsident der Michigan Savings Bank, Beratung des Anwalts von Henry Ford, 1903) „Television won’t be able to hold on to any market it captures after the first six months. People will soon get tired of staring at a plywood box every night.” (Darryl Zanuck, Filmproduzent bei 20th Century Fox, 1946) „There’s no chance that the iPhone is going to get any significant market share.“ Steve Ballmer, CEO von Microsoft, 2007 Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 115 Grundlagen Marketing Vorlesung im Bachelor-Lehrgang Technical Sales and Marketing WS 2024/2025 Mag.a Dagmar Kaspar MA MBA Kapitel 8 KAUFENTSCHEIDUNGEN UND KÄUFER:INNENVERHALTEN Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 2 Bedürfnis, Bedarf, Wunsch und Nachfrage Bedürfnis: Empfinden eines Mangels Bedarf: konkretes, durch Kaufkraft unterstütztes Bedürfnis. Der Bedarf ist spezifischer als ein Bedürfnis und bezieht sich auf tatsächlich vorhandene Mittel, um das Bedürfnis zu befriedigen. Wunsch: spezifisches, oft subjektives Verlangen nach bestimmten Gütern oder Dienstleistungen, das über die Grundbedürfnisse hinausgeht Nachfrage: tatsächliche Bereitschaft und Fähigkeit der Konsument:innen, ein bestimmtes Gut oder eine Dienstleistung zu einem bestimmten Preis zu erwerben. Nachfrage entsteht, wenn Bedarf durch Kaufkraft unterstützt wird. https://www.eudaimonic.at/blog/beduerfnispyramide-maslow-reloaded/ 3 Nachfrage Negative Nachfrage Marktteilnehmer:innen mögen das Produkt nicht; sie zahlen ev. dafür, es nicht in Anspruch nehmen zu müssen (Impfungen, Zahnarztbesuche, etc.) Keine Nachfrage Zielgruppe ist uninteressiert (neue landwirtschaftliche Anbaumethode, etc.) Latente Nachfrage vorhandener Wunsch wird derzeit durch kein existierendes Produkt befriedigt Zurückgehende Nachfrage Volle Nachfrage genau jene Nachfrage, die sich ein Anbieter wünscht und die er bewältigen kann Übernachfrage Nachfrage ist höher als sie vom Unternehmen bewältigt werden kann Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 4 Verwechslungen Menschen verwechseln Wünsche und Bedürfnisse. Was wir brauchen, sind Luft, Wasser, Gesundheit und ein Dach über dem Kopf. So gut wie alles andere ist ein Wunsch. Und wenn wir privilegiert sind, entscheiden wir, dass die anderen Dinge, die wir wollen, eigentlich Bedürfnisse sind. Menschen sind sich ihrer Wünsche (die sie für Bedürfnisse halten) sehr wohl bewusst, aber sie sind schlecht darin, neue Wege zu finden, diese Wünsche zu erfüllen. Sie ziehen es oft vor, eine vertraute Lösung zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu verwenden, selbst wenn diese nicht sehr gut funktioniert. Es ist ein Irrglaube, dass alle Menschen dasselbe wollen. In Wirklichkeit ist das nicht der Fall. Die Early Adopters wollen etwas Neues, die Nachzügler:innen wollen, dass sich nichts ändert. Innovative Vermarkter:innen erfinden neue Lösungen, die mit alten Emotionen arbeiten. Vgl. Godin (2018), S. 78f. 5 Zitat “If I had asked my customers what they wanted, they would have said a faster horse.” Henry Ford Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 6 Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow https://www.eudaimonic.at/blog/beduerfnispyramide-maslow-reloaded/ 7 Beispielhafte Übersetzung Maslows in Kaufverhalten bzw. Marketing Homburg (2017), S. 33 8 Konsumgütermärkte: Low and High Involvement Käufe Low Involvement: variety seeking oder habitualisiert Komplexes Kaufverhalten: dissonanzreduzierend Begrenzte und passive Suche nach Aktive Suche nach Produktinformationen Produktinformationen Starker Bezug des Produkts zum eigenen Lifestyle Produkte für das Leben der Käufer:innen eher Auseinandersetzung mit Werbung zu den unwichtig Produkten Zufällige Informationsaufnahme Starker Einfluss von Familie und Freund:innen auf Geringer Einfluss des sozialen Umfelds auf die Kaufentscheidung Kaufentscheidung Lange Dauer der Kaufentscheidung Kurze Entscheidungszeiträume Kognitive Dissonanzen nach der Entscheidung Nachkaufbewertung erst nach Nutzung des möglich (Reue) Produkts Beispiele: Salz (habitualisiert) Beispiele: Notebook, Parkettboden Kekse (variety seeking) Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 9 Arten von Kaufentscheidungen Rationale Kaufentscheidungen (hohes kognitives Involvement) Intensive Informationssuche und –verarbeitung, langsamer Entscheidungsprozess, hohe Wahrnehmung von Risiko und Unsicherheit; Beispiele: Kauf eines Autos, Hauskauf, Investitionen Impulsive Kaufentscheidungen (niedriges kognitives, hohes emotionales Involvement) Spontan und ohne viel Nachdenken, starke emotionale Reaktion, wenig bis keine Informationssuche Beispiele: Süßigkeiten an der Kasse, modische Accessoires Habitualisierte Kaufentscheidungen (niedriges kognitives und emotionales Involvement) Routine und Gewohnheit, wenig bis keine Informationssuche, geringes emotionales Engagement Beispiele: Tägliche Lebensmittel, Haushaltsartikel Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 10 Arten von Kaufentscheidungen Limitierte Kaufentscheidungen (mittleres kognitives und emotionales Involvement) Begrenzte Informationssuche, Kombination aus emotionalen und rationalen Faktoren, mittlerer Aufwand und Zeitaufwand; Beispiele: Kleidung, kleine Elektronikgeräte Heuristische Kaufentscheidungen (hohes kognitives, mittleres emotionales Involvement) Verwendung von Faustregeln oder Heuristiken, mittlerer bis hoher kognitiver Aufwand, emotionale Einflüsse durch Markenimage oder Empfehlungen, Beispiele: Wahl eines Smartphones basierend auf Markenimage und Nutzerbewertungen Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 11 S-O-R Modell Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 | © https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten-38232 12 Typen von Anwender:innen nach Everett Rogers Vgl. Salomon, 2016, 2. Kapitel 12. 13 Risikominimierung für Konsument:innen Maßnahmen auf Verkäufer:innenseite Gefühle ansprechen (z.B. wenn es offensichtliche Vorbehalte gegen ein Produkt gibt) Angst reduzieren (z.B. Verzicht auf lange Bindung, kostenlose Testversion, Rückgaberecht) Belohnungen (Mehrwertvorteile, Preisnachlässe, etc.) Transparenz Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 14 B2B Buying Center Ein Buying Center ist eine Gruppe von Personen in einer Organisation, die gemeinsam an Entscheidungen zum Kauf von Produkten oder Dienstleistungen beteiligt ist. Der Grad der Institutionalisierung variiert nach Unternehmensgröße, Komplexität der Kaufentscheidung, branchenspezifischen Anforderungen und Firmenkultur. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 15 Kapitel 10 CUSTOMER JOURNEY Grundlagen Marketing, Kaspar 2024. 16 Customer Journey (c) https://five8.de/online-marketing/die-wichtigsten-bestandteile-der-customer-journey/ 17 Phasen der Customer Journey Phasen Weitere Bezeichnungen Beschreibungen Pre-Awareness Latenz Noch kein konkretes Bedürfnis vorhanden; Angebote werden passiv wahrgenommen, sind noch nicht relevant Awareness Attention, Problemerkennung, Bedürfnis wird geweckt, relevante Angebote werden Impuls/Trigger wahrgenommen und erhalten Aufmerksamkeit. Interest Consideration, Research, Review, Durch gestiegenes Interesse beginnt Informationssuche. Exploration, Informationssuche Alternativen werden berücksichtigt (Consideration Set). Desire Preference, Alternativen- Alternativen werden bewertet und gerankt bewertung, Evaluation, Decision (Relevant Set). Action Purchase, Kauf, Kaufmöglichkeiten werden evaluiert. Kauf erfolgt. Acquisition, Conversion After-Sales Service, Retention, Inbetriebnahme bzw. Nutzung des Produkts, Nutzung, Use Inanspruchnahme der Leistung Loyalty Advocacy, Relationship, Reaktion nach längerer Nutzung: im besten Fall Zufrie- Referral, Share denheit und Weiterempfehlung, Up- und Cross-Selling ist möglich, Kundenbindung entsteht. Vgl. Kempe (2022), S. 89. 18 Customer Touchpoints: Moments of truth Offline-Berührungspunkte (Beispiele): Nutzung bzw. Anwendung eines Produktes Gespräche mit Familienangehörigen, Freunden & Bekannten klassische Werbeanzeigen (in Zeitungen, im Radio, im TV) Anruf bei der Service-Hotline eines Unternehmens Beratungsgespräche „vor Ort“ mit Verkäufer:innen Artikel in Zeitungen und Zeitschriften Online-Berührungspunkte (Beispiele): Website Facebook-Fanseite, Twitter-Profil Produkt- und Preisvergleichsportale Kommentare und Diskussionen auf Fanseiten Online-Werbebanner (z.B. bei Facebook oder Twitter) E-Mail-Newsletter elektronische Kontaktformulare Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 19 Digital Marketing Funnel © https://zoodesign.co.uk/how-to-get-the-best-from-your-marketing-funnel/ 20 Single Channel bis Omni Channel Single-Channel ein einziger Kommunikations- und Vertriebskanal (z. B. ein stationäres Ladengeschäft) Multi Channel: Kommunikation und Vertrieb über mehrere, nicht miteinander verbundene Kanäle (z. B. über ein stationäres Ladengeschäft und einen Onlineshop); Kommunikations- und Vertriebskanäle sind klar voneinander getrennt. Cross Channel: Kommunikation sowie Vertrieb über mehrere, nun miteinander verbundene Kanäle Omni Channel: Kommunikation und Vertrieb über eine Vielzahl von miteinander verbundenen Kanälen und Bedeutung eines kanalübergreifenden, einheitlichen Markenauftritts sowie intelligente, plattform-übergreifende Verknüpfung von Kundendaten Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 21 Kapitel 11 DIE VIELEN P DES MARKETING - DER INTEGRIERTE MARKETING-MIX Grundlagen Marketing, Kaspar 2024. 22 Die klassischen 4 P des Marketing https://bow-now.com/media/column/4ps 23 Die 7 P des (Dienstleistungs-)Marketing © https://www.skillsyouneed.com/lead/7-marketing-ps.html 24 Beispiel: Die 7 P in der Tourismusbranche Produkt (Product): Beispiel: Ein All-Inclusive-Urlaubspaket, das Flug, Unterkunft, Verpflegung und Freizeitaktivitäten beinhaltet. Erklärung: Das Produkt in der Tourismusbranche umfasst alle Aspekte des Reiseangebots, einschließlich der Erlebnisqualität und der verschiedenen Dienstleistungen, die den Kunden angeboten werden. Preis (Price): Beispiel: Frühbucherrabatte, Last-Minute-Angebote oder unterschiedliche Preisstufen für Economy-, Premium- und Luxusreisen. Erklärung: Die Preisgestaltung kann stark variieren und beinhaltet verschiedene Strategien, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und die Auslastung zu optimieren. Platzierung (Place): Beispiel: Der Vertrieb von Reisen über Reisebüros, Online-Buchungsplattformen oder direkt über die Website des Reiseveranstalters. Erklärung: Der Vertriebskanal ist entscheidend, um die Dienstleistung dem Kunden zugänglich zu machen. Dies umfasst auch die geografische Lage und die Verfügbarkeit der Dienstleistung. Promotion (Promotion): Beispiel: Werbekampagnen in sozialen Medien, Influencer-Marketing, Messeauftritte oder Kooperationen mit Reisebloggern. Erklärung: Die Kommunikationsstrategie soll potenzielle Kunden auf das Angebot aufmerksam machen und sie zum Kauf motivieren. Personen (People): Beispiel: Gut geschultes Personal in Hotels, Reiseleiter:innen, Flugbegleiter:innen und Kundenservice-Mitarbeiter:innen. Erklärung: Menschen sind ein zentraler Bestandteil der Dienstleistungserbringung in der Tourismusbranche. Ihre Kompetenz und Freundlichkeit beeinflussen maßgeblich das Kundenerlebnis. Prozesse (Process): Beispiel: Effiziente Check-In- und Check-Out-Prozesse in Hotels, reibungslose Buchungsvorgänge online und vor Ort. Erklärung: Prozesse müssen so gestaltet sein, dass sie dem Kunden eine nahtlose und angenehme Erfahrung bieten. Dies umfasst alle Schritte vom ersten Kontakt bis zur Nachbetreuung. Physisches Umfeld (Physical Evidence): Beispiel: Ansprechende Hotelzimmer, saubere und gut ausgestattete Flughäfen, stilvolle Reisebüros. Erklärung: Das physische Umfeld trägt zur Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität bei. Es schafft Vertrauen und beeinflusst die Zufriedenheit der Kunden. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 25 Beispiel: Die 7 P in der IT-Dienstleistungsbranche Produkt (Product): Beispiel: Ein Cloud-Computing-Dienst, der Datenspeicherung, Backup-Lösungen und Datenanalyse-Tools umfasst. Erklärung: Das Produkt besteht aus den angebotenen, spezifischen Dienstleistungen und Lösungen, einschließlich Software, Support und technischer Infrastruktur. Preis (Price): Beispiel: Abonnementmodelle mit verschiedenen Preisstufen, basierend auf der Nutzung und den benötigten Ressourcen (z.B. Basis-, Standard- und Premium) Erklärung: Die Preisgestaltung kann flexibel und an die Bedürfnisse unterschiedlicher Kundensegmente angepasst werden, Platzierung (Place): Beispiel: Vertrieb der Dienstleistungen über direkte Verkäufe, Online-Marktplätze für Software oder durch Partner und Wiederverkäufer. Erklärung: Es geht um die Zugänglichkeit der Dienstleistungen für die Kund:innen und umfasst die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit der Dienstleistungen. Promotion (Promotion): Beispiel: Webinare, Fachmessen, Online-Werbung, Whitepapers und Content-Marketing. Erklärung: Promotion umfasst alle Kommunikationsmaßnahmen, um potenzielle Kunden auf die Dienstleistungen aufmerksam zu machen und sie zu überzeugen. Personen (People): Beispiel: IT-Support-Spezialist:innen, Kundenbetreuer:innen, technische Berater:innen und Entwickler:innen Erklärung: Die Qualifikation und das Know-how der Mitarbeiter:innen sind entscheidend für den Erfolg in der technischen Branche. Gut geschultes Personal kann einen erheblichen Unterschied in der Kundenzufriedenheit und -bindung ausmachen. Prozesse (Process): Beispiel: Ein effektiver Onboarding-Prozess für neue Kund:innen, reibungslose Implementierungs- und Integrationsprozesse für neue Softwarelösungen. Erklärung: Effiziente und gut strukturierte Prozesse sorgen für eine nahtlose Dienstleistungserbringung und verbessern das Kundenerlebnis. Sie umfassen alle Schritte von der Anfrage bis zur Bereitstellung und Nachbetreuung. Physisches Umfeld (Physical Evidence): Beispiel: Moderne, gut ausgestattete Büros, sichere und benutzerfreundliche Online-Portale, professionelle Präsentations- und Schulungsunterlagen. Erklärung: Das physische Umfeld schafft Vertrauen und beeinflusst die Wahrnehmung der Dienstleistungsqualität. In der technischen Branche ist dies besonders wichtig, um Professionalität und Kompetenz zu demonstrieren. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 26 Kapitel 11 DAS PRODUKT Grundlagen Marketing, Kaspar 2024. 27 Marketinginstrumente / -entscheidungen Leistungsprogrammpolitik Produktpolitik Produktprogramm Spezifikation, Rezeptur || Qualität, Haltbarkeit || Programmbreite Funktionalität, Bedienbarkeit || Design, äußere Programmtiefe Gestaltung || Name, Logo, Claim || Auszeichnungen, Imprints || Verpackung || Recyclierbarkeit || Entsorgung Umweltfreundlichkeit, Energiebilanz Dienstleistungen und Services Innovationspolitik Pre-Sales Dienste, - services || After-Sales-Dienste und - Materialinnovation services || Help Desk, Hotline || Technischer Produktinnovation Kundendienst || Garantie, Umtauschrecht || Prozessinnovation Rücknahmeservice || Added Value, Mehrwerte Vgl. Winkelmann (2023), S. 91. 28 Produkt und Produktpolitik “Ein Produkt ist jedes Objekt, das auf einem Markt zur Beachtung oder Wahl, zum Kauf, zur Benutzung oder zum Verbrauch oder Verzehr angeboten wird und geeignet ist, damit Wünsche oder Bedürfnisse zu befriedigen.“ Kotler et al. (2011), S. 587. Daher auch: Organisationen (Wirtschaftsunternehmen, NGOs, etc.), Ideen (gesellschaftliche Ziele, Klimaschutz, etc.), Orte (Destinationsmarketing) oder Personen (Politiker:innen, Selbständige, Prominente, etc.) Unter Produktpolitik versteht man die art- und mengenmäßige Gestaltung des Absatzprogramms eines Unternehmens sowie der angebotenen Zusatzleistungen (z. B. Wartungs- oder Finanzierungspaket). Der Produktpolitik werden Instrumente zugeordnet, in der Produktkriterien, wie Qualität, Zusatzoptionen, Stil, Markennamen, Verpackung, Größen, Service oder Garantien, festgelegt werden. Vgl. Meffert et al. (2012), S. 386 f. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 30 Produktbegriff Diversifizierung: Anbieten mehrere Produkte oder Dienstleistungen ist meist notwendig, um die vielfältigen Bedürfnisse der heute typischen „multioptionalen“ Abnehmer:innen zu befriedigen. Die Gestaltung der Produktpolitik und der übrigen Marketing-Instrumente hängt entscheidend von der Art des Produkts ab. Die Attribute eines Produktes lassen sich einteilen in: physische Attribute: Größe, Farbe, Gestaltung, Material, Eigenschaften, Verpackung, Etikettierung, spezielle Merkmale und Serviceleistungen, psychologische Attribute: Marke, Prestige/Image, Garantie, zusätzliche Dienstleistungen (Zustellung etc.). Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 31 Materielle Güter physische, greifbare Gegenstände, die man anfassen und lagern kann. Sie können folgendermaßen unterschieden werden: 1. Nach dem Verwendungszweck: Konsumgüter: Güter, die von Endverbraucher:innen genutzt werden, um ihre unmittelbaren Bedürfnisse zu befriedigen. – Verbrauchsgüter: Diese Güter werden bei der Nutzung aufgebraucht oder verbraucht, z. B. Lebensmittel, Zahnpasta, Reinigungsmittel. – Gebrauchsgüter: Diese Güter werden über einen längeren Zeitraum genutzt, ohne sofort verbraucht zu werden, z. B. Möbel, Autos, Kleidung. Produktionsgüter: Güter, die von Unternehmen in der Produktion eingesetzt werden, um andere Güter oder Dienstleistungen herzustellen. – Investitionsgüter: Langlebige Güter, die in Produktionsprozessen verwendet werden, z. B. Maschinen, Werkzeuge, Gebäude. – Werkstoffe: Rohstoffe oder Zwischenprodukte, die in der Produktion verbraucht oder weiterverarbeitet werden, z. B. Holz, Metall, Kunststoff. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 32 Materielle Güter 2. Nach der Lebensdauer: Langlebige Güter (auch dauerhafte Güter): Güter, die über einen längeren Zeitraum genutzt werden können, ohne schnell zu verschleißen oder verbraucht zu werden, z. B. Fahrzeuge, Möbel, elektronische Geräte. Kurzlebige Güter: Güter, die relativ schnell verbraucht oder ersetzt werden müssen, z. B. Lebensmittel, Batterien, Papierprodukte. 3. Nach dem Produktionsstadium: Rohstoffe: Natürliche Materialien, die in der Produktion weiterverarbeitet werden, z. B. Öl, Holz, Eisenerz. Halbfertigprodukte (Halbzeuge): Güter, die noch nicht fertiggestellt sind und in weiteren Produktionsschritten weiterverarbeitet werden, z. B. Stahlplatten, Textilstoffe. Fertigprodukte: Endprodukte, die für den Verkauf oder die Nutzung bereit sind, z. B. Autos, Kleidung, Haushaltsgeräte. 4. Nach dem Eigentum oder der Verwendung: Private Güter: Güter, die für den privaten Konsum bestimmt sind und einem bestimmten Eigentümer gehören, z. B. persönliche Elektronik, Privatfahrzeuge. Öffentliche Güter: Güter, die von der Allgemeinheit genutzt werden und nicht exklusiv für einzelne Personen bestimmt sind, z. B. öffentliche Straßen, Parks. Grundlagen Marketing | Kaspar 2024 33 Konsumgüter nach Kaufgewohnheiten Güterkategorie Güter des täglichen Suchgüter Specialty Güter Unberücksichtigte Bedarfs Güter Englischer Begriff Convencience goods Shopping goods Specialty goods Unsought goods Käufer:innenverhalten Häufiger Kauf, wenig Kauf weniger häufig, Markenpräferenz und Käufer:innen kennen Planung, kaum mehr Planung und Markentreue, bewusst das Angebot und die Preisvergleich, geringes Überlegung, Vergleich getätigter Kauf, wenig Alternativen kaum, Engagement von Alternativen Preisempfindlichkeit wenig Interesse Preisgestaltung Niedriger Preis Höherer Preis Hoher Preis unterschiedlich Distribution Verbreitete Selektiver Vertrieb, Exklusivvertrieb durch unterschiedlich Einkaufsmöglichkeiten ausgewählte einen oder wenige Händler:innen Handelspartner:innen pro Vertriebsregion Werbung und Massenmarketing Werbung und Verkauf Sorgfältig abgestimmte Aggressives Marketing Verkaufsförderung durch Produzent:innen Werbung durch und Werbung und Handel Produzent:innen und Handel Beispiele Tageszeitung, Möbel, Markenkleidung, Luxusgüter (Rolex- Lebensversicherungen, Zahnpaste Fernseher Uhren, Armani-Anzüge) Blutspende Vgl. Kotler et al. (2022), S. 405. 34 Immaterielle Güter (Dienstleistungen und Services) (kostenpflichtige) Dienstleistungen – Private, gewerbliche oder öffentliche Dienstleistungen an Sachen – Private, gewerbliche oder öffentliche Dienstleistungen an Menschen (meist kostenfreie) Serviceleistungen Vgl. Kotler et al. (2022), S. 422. 35 Produkt-Begriffe Produktfamilie Alle Produkte, die geeignet sind, ein bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen z. B. Körperpflege (Zahnpasta, Haarspray, WC-Papier) Produktlinie Gruppen von Produkten, die durch ähnliche Funktion, Kund:innengruppen, Vertriebswege oder ein ähnliches Preisniveau eng miteinander verbunden sind z. B. Gesichtspflege-Linie (Tonic, Creme, Milch), ähnliche Käufer:innen (z. B. Jugend-Linie), ähnliche Vertriebswege (z. B. Toilettenartikel im Automaten), ähnliche Preiskategorie (z. B. Billig-Linie). Produktportfolio Produkt-Mix aus mehreren Produktlinien Breite des Portfolios: Anzahl der Produktlinien Länge des Produktportfolios: Anzahl an Produkten innerhalb der Produktlinien Tiefe des Produktportfolios: Zahl der Varianten eines Produkts Produktklasse: Jene Produkte innerhalb einer Produktfamilie, die gleiche oder ähnliche funktionelle Eigenschaften aufweisen (z. B. Kosmetika) Vgl. Meffert et al. (2012), S. 391. 36 Die drei Produktdimensionen Vgl. Kotler et al. (2022),