Geschichte der Medizin PDF
Document Details
Uploaded by ExuberantRuthenium8877
MSH Medical School Hamburg
Prof. Georg Lüers
Tags
Related
- Final Medical Education PDF
- Principles of Medical Laboratory Science 1 PDF
- M26 - Schmerz - Analyse & Bewertung, JG2021 PDF
- The History, the Present, and the Future of Curricula in Health Professions Education PDF
- Introduction In Medicine And History Of Medicine Lecture 7 PDF
- The History of the Cluj Medical Faculty PDF
Summary
This document is a course outline for a module titled "Historische Dimension ärztlichen Denkens und Handelns." It covers different historical periods in medicine and presents a structured lesson plan with details of the syllabus, providing an overview of the history of medicine.
Full Transcript
15.04.2024 Historische Dimension ärztlichen Denkens und Handelns Modul 5.1 Grundlagen ärztlichen Handelns Prof. Georg Lüers email: [email protected] Semesterplan, Modul 5, 5. Semester Format Lehrstunden Inhalt...
15.04.2024 Historische Dimension ärztlichen Denkens und Handelns Modul 5.1 Grundlagen ärztlichen Handelns Prof. Georg Lüers email: [email protected] Semesterplan, Modul 5, 5. Semester Format Lehrstunden Inhalt Dozent/in Die Studierenden kennen die historische Entwicklung des ärztlichen Denkens Vorlesung 1 Lüers und Handelns sowie der ärztliche Berufsethik. Die Studierenden erarbeiten grundlegende Kenntnisse zur historischen Seminar 1 2 Entwicklung des ärztlichen Denkens und Handelns sowie zum Eid des Krug Hippokrates und reflektieren diese anhand von aktuellen Fallbeispielen. Die Studierenden skizzieren Grundlagen der ärztlichen Berufsethik und Seminar 2 2 Krug bewerten diese an Fallbeispielen. Die Studierenden beschreiben die Funktion von klinischen Ethikkomitees und deren gesetzlichen Grundlagen und analysieren Entscheidungen von Seminar 3 2 Krug Ethikkommitees. Die Studierenden legen die Entwicklung und Prinzipien der modernen Medizin dar und leiten sich daraus ergebene ethische Fragen ab. Seminar 4 2 Die Studierenden kennen die Strukturen des deutschen Gesundheitswesens. Baenkler 1 15.04.2024 Ethik und Geschichte der Medizin Lernziele zu den historischen Dimensionen ärztlichen Handelns für das Modul 5.6.1 Die Studierenden … sollen die Konzepte der Medizin für die großen geschichtlichen Epochen (Frühgeschichte, Antike, Mittelalter, frühe Neuzeit und Moderne) sowie die Epochenwechsel (Renaissance und Aufklärung) darlegen und die wesentlichen Paradigmenwechsel erklären können. kennen historisch bedeutende Konzepte für die Entstehung von Krankheiten sowie die darauf bezogenen Diagnose- und Therapieformen. kennen ausgewählte Schlüsselfiguren für die Medizin in den Epochen und können deren Beiträge zur den medizinischen Vorstellungen ihrer Zeit bewerten. kennen den Eid des Hippokrates In der Vorlesung können die wichtigen Inhalte für das Erreichen der Lernziele nur fragmentarisch behandelt werden. Ein begleitendes Studium eines Lehrbuchs ist daher eine Voraussetzung für Ihren Erfolg. Ethik und Geschichte der Medizin https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-540-79216-1 Das Lehrbuch steht allen Studierenden über die Bibliothek digital zur Verfügung. In den folgenden Kapiteln dieses Lehrbuchs werden die meisten Informationen für das Erreichen ihrer Lernziele behandelt. 2 - Die Medizin der griechischen und römischen Antike 4 - Medizin im Mittelalter 5 - Die Medizin der Renaissance 6 - Von der Überwindung der alten Autoritäten zur experimentellen Medizin – die Medizin des 17. Jahrhunderts 7 - Die Medizin im Jahrhundert der Aufklärung 8 - Aufbruch in die Moderne – die Medizin des 19. Jahrhunderts Modulprüfung: MC-Klausur mit 20 Fragen 2 15.04.2024 Ethik und Geschichte der Medizin Fragmente zur Geschichte der Medizin Paradigmen und -wechsel Gesundheits- und Krankheitskonzepte Ärztliches Handeln im Wandel Frühgeschichte Keine gesicherten Quellen zur Urgeschichte Erfahrungen um Ernährung, jahreszeitliche Veränderungen, Geburten, Krankheiten, Verletzungen und etc. führen ohne rationale Begründung zur Etablierung von bewährten und tradierbaren “therapeutischen Interventionen“. Beispiel: Shanidar-Höhle: ca. 120.000 J, 50 J , von Geburt an schwere Skelettdeformität, verheilte Schädelverletzung, verheilte Unterarmamputation, Grabbeilagen Offensichtliche Indizien für Unterstützung, Pflege, Schätzung, evtl. Respekt 3 15.04.2024 Frühgeschichte Krankheit als Phänomen (Quellen: teilweise Ethnologie isolierter Menschengruppen) Krankheit: Einschränkung der körperlichen oder seelischen Arbeits- und Genußfähigkeit Bedrohung des Lebens Zeichen: Erbrechen, Schwindel, Fieber, Schwäche, Schmerzen, Angst und unkontrollierte Affekte Ursachen: „schadenzaubernde Menschen“, persönliche Feindschaft oder Gruppenzughörigkeit Rache von Tieren, sonstigen Wesen oder Gestirnen Konsequenzen: Tabus, religiöse Riten, Ernährungsregeln Medizinmann/Schamane, erste Ausdifferenzierung von Professionen Therapie: Träume, Meisterung der Trance, Verbindung zu numinosen/übernatürlichen Wesen, „machtvolle“ Gegenstände, Kräuterkunde, physikalische- und chirurgische Verfahren Antike Hippokrates (über die Natur des Menschen) Der Körper des Menschen enthält in sich Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle; sie stellen die Natur seines Körpers dar. Gesund ist er Hippokrates nun besonders dann, wenn diese Substanzen in ihrer wechselseitigen ca. 460-370 Kos, Begründer der Wirkung und in ihrer Menge das richtige Verhältnis aufweisen und am Humoralpathologie besten gemischt sind. 4 15.04.2024 Antike Humoralpathologie: Vier-Säfte-Lehre Balance der Körpersäfte: warm Luft feucht Eukrasie und Dyskrasie Blut Gesundheit und Krankheit Wasser gelbe Feuer Galle Schleim schwarze Galle Therapeutische Optionen: trocken Erde kalt Regelung der Lebensweise (Diätetik) Intervention mit Heilmitteln (Pharmakotherapie) Manuelle Intervention (Chirurgie) Eid des Hippokrates Ich schwöre bei Appollon dem Arzt und Asklepios und Hygieia und Panakeia und allen Göttern und Göttinnen, indem ich sie zu Zeugen rufe, daß ich nach meinem Vermögen und Urteil diesen Eid und diese Vereinbarung erfüllen werde: Den, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleichzuachten meinen Eltern und ihm an dem Lebensunterhalt Gemeinschaft zu geben und ihn Anteil nehmen zu lassen an dem Lebensnotwendigen, wenn er dessen bedarf, und das Geschlecht, das von ihm stammt, meinen männlichen Geschwistern gleichzustellen und sie diese Kunst zu lehren, wenn es ihr Wunsch ist, sie zu erlernen ohne Entgelt und Vereinbarung und an Rat und Vortrag und jeder sonstigen Belehrung teilnehmen zu lassen meine und meines Lehrers Söhne sowie diejenigen Schüler, die durch Vereinbarung gebunden und vereidigt sind nach ärztlichem Brauch, jedoch keinen anderen. Die Verordnungen werde ich treffen zum Nutzen der Kranken nach meinem Vermögen und Urteil, mich davon fernhalten, Verordnungen zu treffen zu verderblichem Schaden und Unrecht. Ich werde niemandem, auch auf eine Bitte nicht, ein tödlich wirkendes Gift geben und auch keinen Rat dazu erteilen; gleicherweise werde ich keiner Frau ein fruchtabtreibendes Zäpfchen geben: Heilig und fromm werde ich mein Leben bewahren und meine Kunst. Ich werde niemals Kranke schneiden, die an Blasenstein leiden, sondern dies den Männern überlassen, die dies Gewerbe versehen. In welches Haus immer ich eintrete, eintreten werde ich zum Nutzen des Kranken, frei von jedem willkürlichen Unrecht und jeder Schädigung und den Werken der Lust an den Leibern von Frauen und Männern, Freien und Sklaven. Was immer ich sehe und höre, bei der Behandlung oder außerhalb der Behandlung, im Leben der Menschen, so werde ich von dem, was niemals nach draußen ausgeplaudert werden soll, schweigen, indem ich alles Derartige als solches betrachte, das nicht ausgesprochen werden darf. Wenn ich nun diesen Eid erfülle und nicht breche, so möge mir im Leben und in der Kunst Erfolg beschieden sein, dazu Ruhm unter allen Menschen für alle Zeit; wenn ich ihn übertrete und meineidig werde, dessen Gegenteil. 5 15.04.2024 Antike Eid des Hippokrates Schwur bei Apollon sowie bei Asklepios, Hygieia und Panakeia Verpflichtung für zukünftige Ärzte seine Lehrer und Eltern zu achten und zu versorgen medizinisches Wissen an Zunftgenossen weiterzugeben nützen und nicht schaden wollen niemandem tödliches Gift verabreichen und sich von bestimmten Operationen fern halten die Integrität seiner Patienten achten sowie strenge Verschwiegenheit einzuhalten Antike Feuer Die Entsprechung zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos: in der Mitte Welt (mundus), Jahr (annus) und Mensch (homo), außen die Elemente (Feuer, Luft, Erde Luft Wasser, Erde; ignis, aer, aqua, terra) die Qualitäten, die Säfte, die Jahreszeiten und die Temperamente. Wasser Darstellung von 1472 nach Isidor von Sevilla (560– 636). 6 15.04.2024 Antike Mikrokosmos und Makrokosmos Feuer Erde Luft 4 Kardinalsäfte Wasser 4 Kardinalorgane Korrespondenz in Makrokosmos und Grundqualität Antike Humoralpathologie Ratio et experimentum Theorie und Praxis Res naturales Physiologie Chirurgie Res contra naturales Pathologie Pharmakologie Hygiene Diätetik Res non naturales Aer (Licht und Luft) Cibus et potus (Essen und Trinken) Galen (von Pergamon) ca. 128- ca. 200 Motus et quies (Bewegung und Ruhe) Rom, Weiterentwicklung Somnus et vigilia (Schlafen und Wachen) der Humoralpathologie Excreta et secreta (Ausscheidungen) Affectus animi (Gemütsbewegungen) 7 15.04.2024 Mittelalter Humoralpathologie „Kräuter- und Klostermedizin“ Gesundheit wird auf das Maß bezogen und Krankheit und Verfallserscheinungen auf das Unmaß “Alle Krankheiten und schon die Krisen und Risiken, sind letzten Endes nichts als Maßlosigkeiten. Denn die Natur kränkt sich an den Überflüssen, während sie sich an dem Gleichmaß erfreut.“ (I. v. Sevilla) Was sich indiskret verhält, wird Krank; was der Diskretion entbehrt, muß sterben. Die Diskretion gibt für alles das Maß. (H. v. Bingen) Weiterführung der Humoralpathologie in der arabischen Medizin Mittelalter Weiterführung der Humoralpathologie in der arabischen Medizin Avicenna (Abū Alī al-Husain ibn Abd Allāh ibn Sīnā, 890-1037) Canon medicinae Rhazes (Abū Bakr Muḥammad bin Zakaryā ar-Rāzī, 865-925) Liber medicinalis (1175 ins Lateinische übersetzt durch Gerhard von Cremona) 8 15.04.2024 Mittelalter Diagnose und Therapie Uroskopie Pulsdiagnostik Phytotherapie Schröpfen Blutegelbehandlung Aderlass Spätes Mittelalter Sektion von Leichen Mondino de Luzzi (1316), Anatomia Mundini 9 15.04.2024 Renaissance Andreas Vesalius (1514-1564) De corporis humani fabrica libri septem (1543) 10 15.04.2024 Leonardo da Vinci (1500-1510) 11 15.04.2024 Charles Estienne (1545) De dissectione partium corporis humani libri tres. 12 15.04.2024 Rennaisance Theophrastus Bombast von Hohenheim Ausgedehnte Wanderungen durch ganz Europa (ca. 1517-1527) Ablehnung der dogmatisch-scholastischen Humoralpathologie An Alchemie angelehntes Konzept, bei dem Krankheiten als Störungen alchemistisch-chemischer Prozesse im Organismus verstanden werden „Denn ihr sollt wissen, daß anfänglich die Theorica vorgeht, in der Gestalt aber, daß die Theorica aus der Experienz gehet und nicht aus Paracelsus (1493-1541) der bloßen Mutmaßung“ Versuch, den Menschen mit einer auf 5 Daseinsaspekten (Entien) beruhenden Theorie umfassend abzubilden. Frühe Neuzeit 17. Jahrhundert: Systemzusammenhänge Harvey (1628) Beschreibung des Blutkreislaufs Exercitatio Anatomica de Motu Cordis et Sanguinis in Animalibus oder kurz De Motu Cordis (Anatomische Studien über die Bewegung des Herzens und des Blutes) William Harvey (1578-1657) 13 15.04.2024 Frühe Neuzeit Antoni van Leeuwenhoek (1632 - 1723) Frühe Neuzeit Marcello Malphigi (1628-1694) 14 15.04.2024 Neuzeit Morgagni: Ursache von Krankheitssymptomen liegt in den Organen „De sedibus et causis morborum per anatomen indagatis“ (1761, „Von dem Sitz und den Ursachen der Krankheiten, welche Giovanni Battista Morgagni durch die Anatomie erforscht worden sind“) (1682 – 1771), Padua Erklärung von Krankheitsursachen und - verläufen aus anatomischer Sicht Morgagni „De sedibus et causis morborum per anatomen indagatis“ (1761) 15 15.04.2024 Krankheiten basieren auf Störungen der Körperzellen Rudolf Virchow vereinte in seiner Person universalen Forscherdrang, soziales Bewusstsein und politisches Engagement. Als Pathologe festigte er mit seinem Zellenmodell das naturwissenschaftliche Denken in der Medizin. Auf politischer Bühne stritt er für bessere Lebensbedingungen in Stadt und Staat, wie beispielsweise eine effektive Kanalisation, einen zentralen Schlacht- und Viehhof sowie öffentliche Krankenhäuser und moderne Schulen. Virchows Theorie der Zellularpathologie besagt, dass Krankheiten auf Rudolf Virchow Störungen der Körperzellen basieren. Dies leitete er vor allem aus seinen (1821 – 1902), Berlin Untersuchungen ab, die ergaben, dass alle Zellen aus Zellen und nicht, wie zuvor angenommen, aus einem unförmigen Urschleim (Blastem) entstehen („Omnis cellula e cellula“, übersetzt „Jede Zelle [entsteht] aus einer Zelle“). Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre (1858). 16 15.04.2024 Naturwissenschaftliche Medizin 19. Jahrhundert Entwicklung einer wissenschaftlichen Medizin mit einer anerkannten Krankheitstheorie („Zellularpathologie“) Bekämpfung des Kindbettfiebers durch Hygienemaßnahmen Entwicklung der Bakteriologie bzw. Mikrobiologie. (Milzbrand, Diphtherie, Tuberkulose, Lepra, Pest, Syphilis, Gonorrhö) Anwendung bakteriologischer Erkenntnisse in der Chirurgie (Antisepsis) Narkose Entdeckung der Röntgenstrahlen (1895) und der Radioaktivität (1898) mit ersten diagnostischen und therapeutischen Anwendungen (Radiologie) Begründung der Psychologie, ab 1896 verwendete Sigmund Freud zum ersten Mal den Begriff Psychoanalyse vermehrte Spezialisierung der medizinischen Teildisziplinen Naturwissenschaftliche Medizin 20. Jahrhundert Siegeszug der naturwissenschaftliche Medizin mit Entwicklung zahlreicher Spezialdisziplinen und entsprechender Spezialisierung der Mediziner Mit dem spezialisierten Fokus verringert sich für einzelne Mediziner der Überblick “Es werden Krankheiten behandelt und nicht Patienten“ Medizin als Reparaturbetrieb Medizin in Bewegung Paramedizin Revision im Rollenverständnis Interprofessional collaboration and networking 17 15.04.2024 18