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Pädagogische Hochschule Karlsruhe
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Entwicklungsdiagnostik: **Warum brauchen Kindheitspädagog:innen Kenntnisse im Bereich des Kinderschutzes?\ ** - Hoher Kontakt zwischen Kindheitspädagog:innen und Kindern/Jugendlichen - Wahrnehmung von Signalen von Kindeswohlgefährdungen durch Kindheitspädagog:innen - Kindheitspädag...
Entwicklungsdiagnostik: **Warum brauchen Kindheitspädagog:innen Kenntnisse im Bereich des Kinderschutzes?\ ** - Hoher Kontakt zwischen Kindheitspädagog:innen und Kindern/Jugendlichen - Wahrnehmung von Signalen von Kindeswohlgefährdungen durch Kindheitspädagog:innen - Kindheitspädagog:innen als Vertrauensperson - Gesetzliche Vorgaben (z.B. 58a SGB VIII): Kindheitspädagog:innen sollen beim Schutz von Kindern und Jugendlichen mitwirken und helfen, diese vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen **Rechtliche Grundlagen** 1. **Verfassungs(-rechtliche) Grundlagen** - **Elterngrundrechte (Art. 6 GG)** - Ehe und Familie stehen unter besonderem Schutz. - Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern, aber der Staat überwacht diese Betätigung. - **Staatliches Wächteramt** - Der Staat hat die Pflicht, Kinder vor ihren Eltern zu schützen, wenn nötig. - Dieses Wächteramt wird durch Familiengerichte und Jugendämter wahrgenommen. - **Grundrechte des Kindes (Art. 1 GG und Art. 2 GG)** - Anspruch auf Pflege, Erziehung, Schutz vor ungerechtfertigter Trennung von den Eltern und das Wissen um seine Abstammung. - Kein Anspruch auf optimales Wohlbefinden oder ideale Eltern. - **Verhältnis zwischen Eltern- und Kinderrechten** - Das Elternrecht hat Vorrang nur gegenüber dem Staat, nicht gegenüber den Kinderrechten. - Entscheidungen müssen sich am Kindeswohl orientieren. 2. **Familienrecht** - **§1626 BGB Elterliche Sorge** - Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen. - Pflege und Erziehung sollen die wachsende Fähigkeit und das Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem Handeln berücksichtigen. - **§1631 BGB Inhalt und Grenzen der Personensorge** - Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. - **Entwicklung des §1631 BGB** - 1900: Väterliches Züchtigungsrecht erlaubt körperliche Zuchtmittel. - 1992: Ratifikation der UN-Kinderrechtskonvention. - 2000: Klarstellung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung. **Begriffliche Grundlagen - Kindeswohl** 1. **Definition und Bedeutung** - Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der im Einzelfall spezifiziert werden muss. - Kinder haben Rechte auf Menschenwürde, körperliche Unversehrtheit und Entfaltung der Persönlichkeit. - **Juristischer Grundgedanke** - Recht auf Förderung der Entwicklung und Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen Persönlichkeit. - „Eine günstige Relation zwischen der Bedürfnislage des Kindes und seinen Lebensbedingungen." 2. **Bedürfnisse der Kinder** - Pyramide der Bedürfnisse: Physiologische Bedürfnisse, Schutz und Sicherheit, Verständnis und soziale Bindung, Wertschätzung, Anregung und Leistung, Selbstverwirklichung. - Diese Bedürfnisse sind alters- und kulturabhängig. **Kindeswohlgefährdung** 1. **Definition und rechtliche Grundlagen** - Kindeswohlgefährdung ist ebenfalls ein unbestimmter Rechtsbegriff. - **§1666 BGB** - Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls. - Eingriffe sind möglich, wenn Eltern die Gefahr nicht abwenden können oder wollen. - Gerichtliche Maßnahmen umfassen Gebote, Verbote, und eventuell die Entziehung der elterlichen Sorge. - **BGH FamRZ 1956** - Eine Gefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des Kindeswohls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. 2. **Leitfragen zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung** - Welche Schäden drohen dem Kind und wie schwerwiegend sind diese? - Welche Risiko- und Schutzfaktoren bestehen? - Besteht die Gefahr bereits jetzt oder erst in der Zukunft? Meilensteine der Entwicklung: **Emotionale Entwicklung:** 1. **Säuglingsalter bis Adoleszenz**: - **0-2 Monate**: Reaktionen auf angenehme (z.B. Lächeln bei Berührung) und unangenehme Zustände (Stressreaktionen). - **3-4 Monate**: Erstes Lachen bei Reizen wie Gesichtern oder Kitzeln. - **6-8 Monate**: Zeigen von Wut und Freude. - **Ab 9 Monaten**: Zeigen von Trauer, z.B. bei Verlust eines Spielzeugs. - **18-24 Monate**: Entwicklung von selbstbezogenen Emotionen wie Scham und Verlegenheit. - **Ab 2 Jahren**: Erleben von Wut, Ärger und Stolz, z.B. bei Lob. - **3-4 Jahre**: Zunahme selbstbezogener Emotionen wie Scham, Stolz und Schuld. - **5-6 Jahre**: Zunahme des verbalen Gefühlsausdrucks. - **11-14 Jahre**: Stimmungsumschwünge treten häufiger auf. **Soziale Entwicklung:** 1. **Säuglingsalter bis Adoleszenz**: - **1 Monat**: Emotionale Regulation durch Anwesenheit der primären Bezugsperson. - **2 Jahre**: Beginn der Entwicklung von Kooperationsfähigkeit und instrumentalisierter Aggression. - **3-4 Jahre**: Abnahme der instrumentellen Aggression, Zunahme feindseliger Aggression. - **7-8 Jahre**: Übernahme von persönlicher Verantwortung mit Gefühlen wie Stolz und Schuld. - **15-20 Jahre**: Fähigkeit, einen gesellschaftlichen Standpunkt einzunehmen; Entwicklung eigener moralischer Werte. **Sexuelle Entwicklung:** 1. **Säuglingsalter bis Adoleszenz**: - **Pränatal**: Reflexhafte sexuelle Reaktionen. - **2-3 Jahre**: Beginn des Spielens mit eigenen Genitalien. - **4-6 Jahre**: \"Doktorspiele\" und Entdecken des Körpers anderer Kinder. - **11-14 Jahre**: Erste Masturbationserfahrungen und sexuelle Phantasien. - **15-20 Jahre**: Erste Liebesbeziehungen und sexuelle Erfahrungen. **Sprachentwicklung:** 1. **Säuglingsalter bis Adoleszenz**: - **2 Monate**: Gurren und Bilden angenehmer Vokallaute. - **Ab 4 Monaten**: Lallen, Wiederholen von Silben. - **10-15 Monate**: Erste erkennbare Wörter. - **2-3 Jahre**: Verwendung von Dreiwortsätzen, Sprechen in der Ich-Form, ca. 1000 Wörter. - **6 Jahre**: Wortschatz umfasst etwa 10.000 Wörter. - **10 Jahre**: Wortschatz umfasst etwa 40.000 Wörter. **Kognitive Entwicklung:** 1. **Säuglingsalter bis Adoleszenz**: - **3 Monate**: Erinnerung an Funktionsweisen nach 24 Stunden. - **0-3 Jahre**: Frühkindliche Amnesie. - **12 Monate**: Erinnerung an versteckte Gegenstände. - **6-8 Jahre**: Entwicklung von Gedächtnisstrategien wie Wiederholen. - **9-11 Jahre**: Verbesserte Nutzung von Gedächtnisstrategien und Organisation des Langzeitgedächtnisses. - **7-11 Jahre**: Entwicklung logischen und schlussfolgernden Denkens, Problemlösungsfähigkeit und räumliches Denken. **Elterliche Erziehung** **Definition und Konzept:** Erziehungsfähigkeit bezieht sich auf die Fähigkeit, Erziehungsziele und -einstellungen zu entwickeln, die an den Bedürfnissen und Fähigkeiten eines Kindes orientiert sind, und diese in kindeswohldienliches Verhalten umzusetzen. Es ist ein dyadisches Konstrukt, das nur in Beziehung zu einem spezifischen Kind verstanden werden kann und keine feste Persönlichkeitseigenschaft ist. **Erziehungsfähigkeit als Kontinuum:** Erziehungsfähigkeit reicht von optimal bis hin zu völliger Erziehungsunfähigkeit. **Erziehungsziele:** Erziehungsziele beinhalten die Erwartungen und Anforderungen des Erziehenden an das Kind und sollten die alters- und entwicklungsspezifischen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen. Zu diesen Bedürfnissen zählen Selbstverwirklichung, Anregung, Spiel, Leistung, seelische und körperliche Wertschätzung, Verständnis, soziale Bindung, Schutz und Sicherheit. **Erziehungseinstellungen:** Erziehungseinstellungen beeinflussen das erzieherische Handeln und beinhalten Interesse am Kind, Engagement, Akzeptanz der Persönlichkeit des Kindes und Einstellungen zu Emotionalität, Permissivität, und Strafe. **Erziehungswissen:** Erziehungswissen ist wichtig und umfasst allgemeines Wissen über Erziehungsinhalte, -methoden und -mittel sowie entwicklungspsychologische Kenntnisse und spezifisches Wissen über das Kind. **Erziehungskompetenzen:** Diese umfassen kognitive, emotionale und soziale Fähigkeiten, wie Selbstkontrolle, Stressmanagement und Problemlösefähigkeiten. Eine Schlüsselkomponente ist die Feinfühligkeit, die nach Ainsworth (1977) vier Aspekte umfasst: Wahrnehmung kindlicher Signale, richtige Deutung der Signale, angemessene Reaktion und rechtzeitige Reaktion. **Erziehungsverhalten und Erziehungsstile:** Erziehungsverhalten umfasst alle Handlungen, die die Entwicklung eines Kindes beeinflussen. Es gibt verschiedene Erziehungsstile: - **Permissiver Stil:** Geringe Kontrolle, hohe Akzeptanz. - **Vernachlässigender Stil:** Geringe Kontrolle und Akzeptanz. - **Autoritativer Stil:** Hohe Kontrolle, hohe Akzeptanz. - **Autoritärer Stil:** Hohe Kontrolle, geringe Akzeptanz. **Einfluss der Erziehungsstile auf die kindliche Entwicklung:** Autoritativer Erziehungsstil wird mit höheren psychosozialen Kompetenzen und schulischem Erfolg verbunden, während autoritärer Stil mit Problemverhalten korreliert. Eine gute Erziehung passt zu den Bedürfnissen des Kindes. **Elterliche Feinfühligkeit:** Feinfühligkeit beschreibt die Fähigkeit, die Bedürfnisse und Signale des Kindes wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren. Sie variiert von sehr feinfühlig bis überhaupt nicht feinfühlig, wobei feinfühlige Eltern positive Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben **Formen und Folgen von Kindesmusshandlung** **Definition und Formen der Kindesmisshandlung** - **Definition**: Kindesmisshandlung ist eine nicht zufällige, gewaltsame psychische und/oder physische Beeinträchtigung oder Vernachlässigung des Kindes durch Eltern, Erziehungsberechtigte oder Dritte, die das Kind schädigt, verletzt, in seiner Entwicklung hemmt oder zu Tode bringt (Blum-Maurice et al., 2000). - **Misshandlungsformen**: Vernachlässigung, psychische Misshandlung, körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch. **Häufigkeit von Kindesmisshandlungen** - **Statistiken 2019 (Deutschland)**: - 173.029 Gefährdungseinschätzungen gemäß §58a SGB VIII. - 36.138 Fälle akuter Kindeswohlgefährdung. - Vernachlässigung: 44,4% der Fälle. - Körperliche Misshandlung: 25,1% der Fälle. - Psychische Misshandlung: 25,4% der Fälle. - Sexuelle Gewalt: 8,1% der Fälle. - 32.184 Fälle latente Kindeswohlgefährdung. - **USA (2007)**: - Vernachlässigung am häufigsten bei Kindern unter 7 Jahren. - Körperliche und psychische Misshandlung konstant bei 20-25%, Abnahme ab 16 Jahren. - Sexueller Missbrauch gipfelt bei 12-15-Jährigen (ca. 36%). - **Deutschland (2017, repräsentative Befragung)**: - Mindestens eine Form der Misshandlung bei 31% der Befragten. - Moderat-severe Misshandlung: 6,5% emotionaler Missbrauch, 6,7% physischer Missbrauch, 7,6% sexueller Missbrauch, 13,3% emotionale Vernachlässigung, 22,5% physische Vernachlässigung. **Vernachlässigung** - **Definition**: Unzureichende Erfüllung der körperlichen, emotionalen, gesundheitlichen oder bildungsbezogenen Bedürfnisse des Kindes durch die Bezugsperson und/oder mangelnde kindliche Sicherheit (Leeb et al., 2008). - **Formen**: Körperliche Vernachlässigung, erzieherische Vernachlässigung, Vernachlässigung der Aufsichtspflicht, emotionale Vernachlässigung, gesundheitliche Vernachlässigung, kognitive Vernachlässigung. - **Unterscheidung**: Passive (nicht intendierte) vs. aktive (intendierte) Vernachlässigung. **Psychische Misshandlung** - **Definition**: Wiederholendes Verhaltensmuster oder extreme Vorkommnisse, die die psychologischen Grundbedürfnisse des Kindes nicht erfüllen und ihm vermitteln, dass es wertlos, ungeliebt oder entbehrlich ist (APSAC, Brassard et al., 2019). - **Formen**: Feindselige Ablehnung, Ausnutzen oder Korrumpieren, Terrorisieren, Isolieren, Verweigerung emotionaler Responsivität. **Physische Misshandlung** - **Definition**: Handlungen von Eltern oder Bezugspersonen, die durch körperlichen Zwang oder Gewalt zu erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen des Kindes führen (Kindler et al., 2006). - **Formen**: Leichte körperliche Gewalt (z.B. Ohrfeigen) bis schwere körperliche Misshandlung (z.B. Prügeln, Würgen, Verbrennungen zufügen). **Folgen von Kindesmisshandlungen** - **Allgemein**: Entwicklungsstörungen, psychische und physische Gesundheitsprobleme, Suizidalität, soziale Isolation, Schulschwierigkeiten, Vergehen gegen das Gesetz. - **Speziell**: - **Vorschulalter**: Entwicklungsrückstand, Ess- und Schlafstörungen, ängstliches Verhalten, depressive Symptome, aggressives Verhalten. - **Schulalter und Adoleszenz**: Essstörungen, Angststörungen, depressive Symptome, Aggression, Prostitution, Substanzmissbrauch, Persönlichkeitsstörungen. - **Physische Misshandlung**: Oberflächliche Verletzungen, Skelettverletzungen, innere Verletzungen, Vergiftungen. - **Vernachlässigung**: Kurzfristige (Mangelernährung, gesundheitliche Beeinträchtigungen) und langfristige Folgen (irreversible Gesundheitsschäden). - **Definition:** Sexueller Missbrauch umfasst strafrechtlich relevante sexuelle Handlungen an, mit oder vor einem Kind, bei denen eine deutlich ältere Person ungleiche Machtverhältnisse, Abhängigkeit, Vertrauen und die eingeschränkte Fähigkeit des Kindes zur Zustimmung ausnutzt. - **Arten von sexuellen Handlungen:** Es gibt \"hands-on\" Handlungen mit direktem Körperkontakt (z.B. Penetration) und \"hands-off\" Handlungen ohne direkten Körperkontakt (z.B. Zeigen pornographischen Materials). - **Prävalenz und Tatdynamik:** Sexueller Missbrauch findet oft im sozialen Nahraum oder der Familie statt. Die Täter nutzen typischerweise Vertrauen und schrittweise Zugeständnisse aus, drohen oder nutzen Gewalt, um Stillschweigen zu erzwingen. - **Folgen des Missbrauchs:** Die Folgen für Opfer sind abhängig von Schwere, Häufigkeit und Dauer des Missbrauchs sowie individuellen Faktoren. Sie reichen von physischen Verletzungen bis zu langfristigen psychischen Problemen wie Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen. - **Risikofaktoren und Prävalenz innerfamiliärer Missbrauch:** Risikofaktoren für Täter sind oft atypische sexuelle Interessen, antisoziales Verhalten und zwischenmenschliche Schwierigkeiten. Innerfamiliärer Missbrauch ist verbreitet, mit besonders schwerwiegenden Auswirkungen und früherem Beginn. - **Ursachen für Missbrauchsvorwürfe und deren Validität:** Missbrauchsvorwürfe können auf vielfältige Weise zustande kommen, oft durch suggestive Befragungen oder falsche Interpretationen von Verhaltensauffälligkeiten. Eine genaue Einschätzung der Validität solcher Vorwürfe ist herausfordernd. **Ursachen von Kindeswohlgefährdung** 1. **Multikausales Geschehen**: Kindeswohlgefährdungen haben in der Regel mehrere Ursachen. 2. **Zusammenspiel und Wechselwirkungen**: Die Gefährdungen entstehen durch das Zusammenspiel und die Interaktion verschiedener Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen. 3. **Ebenen des Modells**: - **Soziokultureller Kontext**: Einfluss gesellschaftlicher Strukturen und Wertvorstellungen auf die Familie und das Individuum. Dies umfasst sozioökonomische Bedingungen (wie Einkommen und Bildungschancen) sowie Erziehungsvorstellungen und Haltungen zu Gewalt und Machtverhältnissen. - **Familialer Kontext**: Strukturelle Aspekte der Familie (z.B. Familiengröße, Lebensformen wie Eheschließungen und -trennungen), räumliche und berufliche Mobilität sowie familiäre Rollen und Beziehungsdynamiken wie Emotionen, Erwartungen, Konflikte und soziale Unterstützung innerhalb der Familie. - **Individueller Kontext**: Die individuellen Voraussetzungen von Eltern und Kindern, einschließlich biographischer Erfahrungen, Gesundheitszustand, Selbstregulation, Problemlösungskompetenzen und Temperament. Diese drei Ebenen zusammen ergeben das systemische Erklärungsmodell von Kindeswohlgefährdungen, das die Komplexität und Vielschichtigkeit der Ursachen und Bedingungen, die zu Gefährdungen führen können, veranschaulicht. **Partnerschaftsgewalt** **Definition von Partnerschaftsgewalt:** Partnerschaftsgewalt umfasst alle Formen von körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts zwischen aktuellen oder früheren Ehepartnern oder Partnern auftreten, unabhängig davon, ob sie zusammenleben oder nicht. **Häufigkeit von Partnerschaftsgewalt:** Männer und Frauen in heterosexuellen Beziehungen sind etwa gleich häufig von Partnerschaftsgewalt betroffen. Frauen erleben jedoch häufiger schwerwiegendere Folgen wie Verletzungen, Angst und posttraumatische Belastungsstörungen. **Ursachen von Partnerschaftsgewalt:** - **Kulturelle Faktoren:** Gesellschaftliche Normen und Rollenerwartungen, die männliche Dominanz fördern und weibliche Unterordnung abwerten. - **Transgenerationale Effekte:** Erfahrungen mit Gewalt in der Kindheit erhöhen das Risiko sowohl für Täter als auch für Opfer von Partnerschaftsgewalt. - **Psychische Störungen und Suchtmittelgebrauch:** Ein signifikanter Anteil der gewalttätigen Partner zeigt psychiatrische Störungen oder ist von Suchtmittelmissbrauch betroffen. **Folgen von Partnerschaftsgewalt:** Partnerschaftsgewalt beeinflusst Kinder auf verschiedene Weisen: - Sie erleben Gewalt als traumatisches Ereignis. - Die Erziehungsfähigkeit der gewalttätigen Elternteile kann beeinträchtigt sein, was zu unsicheren Bindungsmustern führen kann. - Kinder, die Gewalt miterleben, zeigen häufig externalisierende und internalisierende Verhaltensauffälligkeiten und haben ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen, Delinquenz und Suchtmittelgebrauch. **Zusammenfassung:** Partnerschaftsgewalt ist ein weit verbreitetes Problem, das ernsthafte Auswirkungen auf Opfer und deren Kinder hat. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von kulturellen Normen bis hin zu individuellen psychischen Belastungen. Die Folgen für die Betroffenen, insbesondere Kinder, können weitreichend sein und sich negativ auf ihre Entwicklung und Lebensqualität auswirken. **Entwicklungsdiagnostik** **Definition und Ziele der Entwicklungsdiagnostik:** Entwicklungsdiagnostik zielt darauf ab, den Entwicklungsstatus eines Merkmals festzustellen, Veränderungen in diesem Status zu ermitteln, die Geschwindigkeit und Richtung der Veränderungen zu bestimmen sowie Muster der Veränderung zu beschreiben. **Gründe für den Einsatz von Entwicklungsdiagnostik:** Die Diagnostik wird eingesetzt, um Entwicklungsrückstände, -defizite oder beschleunigte Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. **Methoden der Entwicklungsdiagnostik:** - **Verhaltensbeobachtungen:** Beobachtung des Kindes beim Spiel oder in Interaktionen. - **Befragungen:** Selbst- und Fremdberichte über das Verhalten und die Entwicklung. - **Entwicklungstests:** Einsatz von Leistungstests zur quantitativen Erfassung der Entwicklung. - **Screening-Verfahren:** Kurze Tests zur Identifikation von Risikokindern für weiterführende Diagnostik. **Gütekriterien diagnostischer Verfahren:** - **Objektivität:** Messungen sollten unabhängig vom Untersucher sein. - **Reliabilität:** Zuverlässigkeit und Konsistenz der Ergebnisse. - **Validität:** Gültigkeit und Genauigkeit der Messung. - **Normierung:** Vergleich der Ergebnisse mit einer Referenzgruppe. **Entwicklungstests:** - **Allgemeine Entwicklungstests:** Erfassen mehrere Entwicklungsbereiche wie Motorik, Wahrnehmung, kognitive Entwicklung, Sprache, sozial-emotionale Entwicklung und lebenspraktische Fertigkeiten. - **Spezielle Entwicklungstests:** Detaillierte Erfassung spezifischer Merkmale wie visuelle Aufmerksamkeit oder schulische Fertigkeiten. **Aussagemöglichkeiten und Interpretation von Entwicklungstests:** - **Normorientierte Interpretation:** Vergleich der Testergebnisse mit einer Referenzgruppe. - **Kriterienorientierte Interpretation:** Analyse der Testergebnisse im Hinblick auf festgelegte Kriterien. - **Entwicklungsprognose:** Einschätzung zukünftiger Entwicklung basierend auf mehrfachen Testungen und Berücksichtigung von Risiko- und Schutzfaktoren. **Rahmenbedingungen entwicklungspsychologischer Tests:** - **Anforderungen an den Untersucher:** Hohe Kompetenz im Umgang mit Kindern, einfühlsame und kindgerechte Kommunikation. - **Räumliche Bedingungen:** Angenehme und kindgerechte Umgebung ohne störende Einflüsse. - **Anwesenheit der Eltern:** Kann je nach Alter des Kindes und Testsituation förderlich oder störend sein. - **Vorbereitung und Ablauf der Untersuchung:** Geeigneter Zeitpunkt, angemessene Dauer und Auswahl der Testitems entsprechend dem Entwicklungsstand des Kindes. - Ist ein wichtiges Instrument , um frühzeitig auf Entwicklungsauffälligkeiten zu reagieren und gezielte Unterstützungsmaßnahmen einzuleiten, um das Wohl und die Entwicklungschancen von Kindern zu fördern. **Was tun bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung** - **Gesetzliche Grundlagen (58a SGB VIII):** - Sicherstellung von Gefährdungseinschätzungen bei bekanntwerden von Anhaltspunkten für Kindeswohlgefährdung - Beratende Hinzuziehung einer insoweit erfahrenen Fachkraft - Einbezug der Erziehungsberechtigten und des Kindes/Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung, wenn der Kinderschutz dadurch nicht gefährdet wird - Regelung der Qualifikationskriterien für die insoweit erfahrene Fachkraft, besonders im Kontext von Kindern mit Behinderungen - Verpflichtung der Fachkräfte zur Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Hilfen durch Erziehungsberechtigte und zur Information des Jugendamts, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann - **Vorgehen bei Kindeswohlgefährdungen:** - Wahrnehmung von Anhaltspunkten durch Erzieher - Ersteinschätzung - Information an die Leitung - Klärung der nächsten Schritte - Bewertung der Gewichtigkeit der Anhaltspunkte durch Erzieher/Team/Leitung und ggf. insoweit erfahrene Fachkraft - Dokumentation der gesamten Vorgänge - **Gespräch mit dem Kind:** - Einfühlsamer Gesprächseinstieg auf Augenhöhe - Schaffung einer geschützten Atmosphäre - Offene Fragen ohne Druck, um den Sachverhalt zu klären - Klarstellung der nächsten Schritte und Verabschiedung mit positivem Fokus - **Gespräch mit den Eltern:** - Klärung eigener Haltung und Perspektiven gegenüber den Eltern - Vorbereitung auf das strukturierte Gespräch mit Sammeln von Informationen - Phasen des Gesprächs: Eröffnung, Klärung des Sachverhalts, Lösungsversuche, Vereinbarungen - SMART-Ziele für gemeinsame Vereinbarungen festlegen 1. Was bezeichnet das staatliche Wächteramt? 2. Was bezeichnet der Begriff Kindeswohl? 3. Was bezeichnet eine Kindeswohlgefährdung? 4. In welchem Verhältnis stehen Eltern- zu den Kinderrechten? 5. Welche Komponenten der elterlichen Erziehungsfähigkeit werden unterschieden? 6. Warum ist es bei der Diagnostik der elterlichen Erziehungsfähigkeit bedeutsam, die unterschiedlichen Komponenten zu erfassen? 7. Welche Aspekte definieren die elterliche Feinfühligkeit nach Ainsworth? 8. Nennen Sie vier Feinzeichen von selbstregulativen Handlungen beim Kind. 9. Welche Misshandlungsformen werden unterschieden? 10. Was meint der Begriff \"Komorbidität\" im Bereich von Kindesmisshandlungen? 11. Was meinen die Begriffe Äquifinalität und Multifinalität bezüglich der Folgen von Kindesmisshandlungen? 12. Was bedeuten die Begriffe \"hands-on\" und \"hands-off\" Delikte im Kontext des sexuellen Kindesmissbrauchs? 13. Welche Evidenz gibt es zum Zusammenhang zwischen der Nutzung von Missbrauchsabbildungen und sexuellen Kindesmissbrauch? 14. Welche Rollen spielen konfirmatorische Prozesse und positves Hypothesentesten beim Verdacht auf sexuellen Kindesmissbrauch? 15. Wie wird Partnerschaftsgewalt definiert? 16. Welche Befunde kennen Sie zur Häufigkeit von Partnerschaftsgewalt in Deutschland? 17. Welche Ursachen für Partnerschaftsgewalt werden diskutiert? 18. Wie und über welche Wege kann sich Partnerschaftsgewalt auf das familiäre System auswirken? 19. Welche Annahme macht das Diathese-Stress-Modell für die Entwicklung psychischer Störungen? 20. Richtig oder falsch: Bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter handelt es sich in der Regel im transiente Phänomene. 21. Nennen Sie charakteristische Belastungen für Kinder psychisch kranker Eltern. 22. Was sind die Ziele der Entwicklungsdiagnostik? 23. Was versteht man unter den Hauptgütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität)? 24. Was versteht man unter der Sensitivität und unter der Spezifizität eines Tests? 25. Welches Ziel verfolgen Screeningverfahren, allgemeine Entwicklungstests und spezielle Entwicklungstests im Bereich der Entwicklungsdiagnostik? 26. Was meint eine normorientierte Testwerteinterpretation? 27. Erläutern Sie das Vorgehen bei einem Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung. 28. Was ist eine \"insoweit erfahrene Fachkraft\"? 29. Nennen Sie min. 5 mögliche gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung.