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Walter: Einführung in das Strafrecht Einführung in das Strafrecht Professor Dr. Tonio Walter, Universität Regensburg[[\*]](https://beck-online.beck.de/#FN1) Wenn man die Süddeutsche Zeitung des Jahres 2011 auf Artikel hin durchmustert, die von behördlichen oder gerichtlichen Verfahren handeln, so...
Walter: Einführung in das Strafrecht Einführung in das Strafrecht Professor Dr. Tonio Walter, Universität Regensburg[[\*]](https://beck-online.beck.de/#FN1) Wenn man die Süddeutsche Zeitung des Jahres 2011 auf Artikel hin durchmustert, die von behördlichen oder gerichtlichen Verfahren handeln, so betrifft deren deutliche Mehrzahl, nämlich rund 2.000, das Strafrecht -- von Korruptionsprozessen gegen Kommunalpolitiker über Ermittlungen nach einem schweren Verkehrsunfall bis hin zu mündlichen Hauptverhandlungen wegen Vergewaltigung, Brandstiftung und Mordes. Auf die beiden anderen Rechtsgebiete, das Öffentliche Recht und das Zivilrecht, entfallen jeweils nur rund 800 Beiträge. Woher die hohe öffentliche Aufmerksamkeit kommt, was die Besonderheiten des Strafrechts sind und wie man es an den Universitäten lehrt -- damit befasst sich der folgende Beitrag. **A. Das Strafrecht in der Rechtsordnung** **I. Der „fragmentarische Charakter" des Strafrechts** Die Rechtsfolge „Strafe" ist die schärfste Rüge, die unsere Rechtsordnung aussprechen kann. Dies einmal, weil mit der Verurteilung durch ein Strafgericht ein starkes **ethisches Unwerturteil** verbunden ist. Zum zweiten kann es zu unangenehmen Folgen kommen: Der Täter muss ins Gefängnis oder -- -- -- -- eine Geldstrafe bezahlen; außerdem kann ihm für bis zu drei Monate verboten werden, ein Kraftfahrzeug zu fahren, sogenanntes Fahrverbot (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=44)StGB). Darüber hinaus sind weitere, zum Teil noch unangenehmere Folgen denkbar, wenn der Täter mit einem Blick in die Zukunft als gefährlich einzustufen ist oder als ungeeignet für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten. Zum Beispiel kann er dann in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden (Fall *Mollath*!), oder es wird ihm die Fahrerlaubnis ganz entzogen. Man nennt diese Maßnahmen „Maßregeln der Besserung und Sicherung".[](https://beck-online.beck.de/#FN2) Allerdings können solche unangenehmen Folgen auch andere rechtliche Gründe haben: Geldzahlungen kann man auch als Schadensersatz oder Schmerzensgeld schulden oder als Geldbuße nach einer Ordnungswidrigkeit, und jedenfalls beim Schadensersatz und als Geldbuße können die Summen höher sein, als es Geldstrafen gewöhnlich sind.[](https://beck-online.beck.de/#FN3) Auch die Entziehung der Fahrerlaubnis ist anders möglich als durch ein Strafurteil, und zwar durch einen Verwaltungsakt der zuständigen Behörde, wenn sich jemand als „ungeeignet oder nicht befähigt" erweist, Auto zu fahren (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STVG&p=3) des Straßenverkehrsgesetzes, StVG). Umgekehrt bleiben die unangenehmen Folgen in vielen Strafverfahren aus, weil das Verfahren nach §§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STPO&p=153) f. StPO eingestellt wird, das heißt eingestellt wird, obwohl ein Tatverdacht besteht und bestehen bleibt. Oder sie bleiben aus, weil eine Freiheitsstrafe -- genauer: ihr Vollzug -- zur Bewährung ausgesetzt wird; das gleiche ist auch bei Geldstrafen möglich (und heißt dort nur anders, nämlich „Verwarnung mit Strafvorbehalt", vergleiche §§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=56), [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=59)StGB). Trotzdem betrachtet man die Verurteilung durch ein Strafgericht als den schärfsten Tadel, den sich ein Bürger zuziehen kann, sozusagen als „Rote Karte". Daher sieht unser Recht sie nur dann vor, wenn ein Bürger besonders deutlich gegen die Regeln eines friedlichen Zusammenlebens verstößt; sei es, dass er besonders wichtige Regeln oder eine Regel besonders intensiv verletzt. Ein Beispiel ist die Verletzung gesetzlicher Unterhaltspflichten, etwa zwischen Geschiedenen oder zwischen Eltern und Kindern. Jede Verletzung einer solchen Pflicht ist rechtswidrig: Sie verletzt das Gesetz, aus dem sich die Unterhaltspflicht ergibt. Eine Straftat wird das Ganze aber erst, wenn dadurch „der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre" (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=170)StGB); wenn die Pflichtverletzung also eine besondere Intensität erreicht. Wir merken uns daher: Vieles ist rechtswidrig, aber nicht alles Rechtswidrige ist auch strafbar. Ein bekannter Strafrichter und Professor für Strafrecht, *Karl Binding*, hat das einmal den „fragmentarischen Charakter" des Strafrechts genannt.[](https://beck-online.beck.de/#FN4) **II. Das „Ultima-ratio-Prinzip" der Strafgesetzgebung** Die große Frage lautet dann natürlich, welche Regelverstöße so schwer wiegen, dass man sie zu einer Straftat hochstufen muss oder immerhin darf. Die ehrliche Antwort: Das steht nirgends und muss in einer demokratischen Gesellschaft immer wieder neu überdacht und ausgehandelt werden. Zwar gibt es in allen halbwegs zivilisierten Staaten eine Reihe von Regelverstößen, die man unstreitig als so gravierend einstuft, dass eine Kriminalstrafe droht, darunter Mord, Körperverletzung und Diebstahl. Aber schon beim Diebstahl beginnt ein Randbereich, für den sich fragen lässt, ob der Regelverstoß tatsächlich schwer genug wiege, und zwar beim Diebstahl ganz geringwertiger Sachen, etwa eines Schokoriegels, in einer besonders verführerischen Situation, etwa in einem Selbstbedienungsladen. Das deutsche Strafrecht hält dann an der Strafbarkeit fest, verlangt aber für die Strafverfolgung einen sogenannten Strafantrag des Bestohlenen, das heißt, dass der Bestohlene die Strafverfolgung ausdrücklich verlangen muss (§ [[248 a]](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=248A)StGB). Es gibt aber immer wieder Initiativen, derartige Diebstähle zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen, das heißt aus dem „richtigen" Strafrecht, dem Kriminalstrafrecht herauszunehmen.[](https://beck-online.beck.de/#FN5) Vor allem gibt es jenseits der archetypischen Delikte, zu denen der Diebstahl zählt, eine Reihe von Regelverletzungen, für die man darüber diskutieren kann, ob sie zu einer Straftat gemacht werden sollten. Zum Beispiel der Fall, dass Abgeordnete Geschenke von großen Unternehmen oder Banken annehmen. Strafbar ist das derzeit nur, wenn jemand den Abgeordneten für eine ganz bestimmte Abstimmung besticht, sogenannter Stimmenkauf, § [[108 e]](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=108E)StGB. Das kommt selten vor und lässt sich jedenfalls kaum nachweisen. Straffrei bleibt es für Abgeordnete aber, wenn sie ohne eine solche präzise Verabredung Geschenke annehmen -- selbst wenn diese Geschenke sehr wertvoll sind. Für jeden, auch den kleinsten Beamten wäre das eine Straftat, eine Vorteilsannahme nach § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=331)StGB. Warum soll es ausgerechnet für die wichtigsten Würdenträger, die unsere Gesetze machen, straffrei bleiben? Auch die umgekehrte Frage muss sich eine Gesellschaft immer wieder stellen: Ist in unseren Augen noch immer all das besonders schlimm, was unsere Straftatbestände erfassen? Oder ist es an der Zeit, einen bestimmten Tatbestand zu streichen? Viele nehmen das derzeit zum Beispiel an für einen Teil des § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=173)StGB, nämlich dessen Abs. 2 S. 2. Er stellt den Geschlechtsverkehr zwischen Geschwistern unter Strafe (Geschwisterinzest), selbst wenn beide volljährig sind und Verhütungsmittel benutzen. Gegen diesen Straftatbestand hat es sogar eine Verfassungsbeschwerde gegeben. Das Verfassungsgericht hat sie aber zurückgewiesen mit der Begründung, ob es einen solchen Straftatbestand geben solle, liege noch im Ermessen des Gesetzgebers.[](https://beck-online.beck.de/#FN6) Schranken gibt es für den Gesetzgeber -- nach Ansicht des Verfassungsgerichts -- nur in zwei Richtungen. Zum einen muss ein Straftatbestand einen sinnvollen, mit dem Grundgesetz vereinbaren Zweck verfolgen, das heißt ein Verhalten verhindern wollen, von dem sich sagen lässt, dass es einem schützenswerten Interesse schadete. Dass die Latte nicht besonders hoch liegt, zeigt die Entscheidung zum Geschwisterinzest: Den § [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=173)[II](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=173&x=2)]2StGB kann man allenfalls damit begründen, dass der Geschlechtsverkehr unter erwachsenen Geschwistern tiefverwurzelte Moralempfindungen der Bevölkerung verletze und den Familienfrieden gefährde. Man kann aber auch sehr gut anderer Ansicht sein -- wie fast alle Autoren, die sich in juristischen Fachzeitschriften zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geäußert haben.[](https://beck-online.beck.de/#FN7) Ähnliches gilt für die zweite Schranke, die der Gesetzgeber nach allgemeiner Ansicht zu beachten hat und die man als -- -- -- -- **Ultima-ratio-Prinzip** bezeichnet: Eine Kriminalstrafe androhen darf der Gesetzgeber nur, wenn es keine milderen Mittel gibt, um die Bürger auf dem Pfad der Tugend zu halten. Als mildere Mittel betrachtet man vor allem zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Zwänge und Sanktionen, von einem zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch -- den der Berechtigte dann selbst durchsetzen muss -- bis hin zu einem verwaltungsrechtlichen Bußgeld, das eine Behörde verhängt und eintreibt. Mit anderen Worten darf die Strafdrohung stets nur das letzte Mittel sein, lateinisch: die „Ultima ratio". So oft das Ultima-ratio-Prinzip aber auch beschworen wird, so wackelig sind die Beine, auf denen es in der Lebenswirklichkeit steht. Denn es ist bereits zweifelhaft, in welchem Maße Strafdrohungen das Verhalten der Menschen überhaupt beeinflussen. Und noch viel zweifelhafter bleibt, wann gerade die Drohung mit Kriminalstrafe ein Verhalten der Bürger bewirken kann, das mit anderen Mitteln und Sanktionen, etwa Geldbußen, nicht zu erreichen wäre. Sicher gibt es Situationen, in denen die Aussicht auf eine negative Folge Menschen dazu veranlasst, sich an die Regeln zu halten: Die meisten halten sich an eine Geschwindigkeitsbegrenzung, wenn sie wissen, dass es an der Strecke Radarkontrollen gibt. Das Entscheidende ist dann aber, dass die Betroffenen erstens recht kühl abwägen, was sie tun, dass sie es zweitens für gut möglich halten, erwischt zu werden, dass sie für diesen Fall drittens annehmen, die negative Folge auch tatsächlich zu spüren zu bekommen, und dass sie diese Folge viertens als deutlich unangenehmer betrachten als den ideellen oder materiellen Gewinn, den sie aus ihrer Regelverletzung ziehen könnten. Wenn aber all dies der Fall ist, kommt es kaum noch darauf an, ob -- zum Beispiel -- eine Geldstrafe als Kriminalstrafe droht oder als Geldbuße. Lediglich kann dies für die Frage eine Rolle spielen, für wie unangenehm der Handelnde die drohende Sanktion hält (weil die Kriminalstrafe ein besonderes ethisches Unwerturteil ausspricht). Doch dass man gerade diesen Unterschied braucht, um eine Regel wirksam durchzusetzen: das lässt sich in der Realität nie belegen. Es wird auch nie versucht. Vielmehr braucht der Gesetzgeber nur zu sagen, dass er eine solche Wirkung annehme. Und wenn dies nicht eine geradezu abwegige Einschätzung ist, gibt sich das Verfassungsgericht mit ihr zufrieden. Außerdem fehlt es in vielen Fällen schon daran, dass die Handelnden kühl abwägen, was sie tun. Vor allem die Gewalt‑ und die Sexualdelikte werden fast immer in einem Geisteszustand begangen, der von einem kühlen Abwägen weit entfernt ist. Auch die Geschwister, die sich lieben und miteinander intim werden, stellen keine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung an. Und selbst wenn jemand kühl abwägt -- und gerade wenn er dies tut --, fehlt es meist daran, dass er damit rechnet oder es wenigstens für recht wahrscheinlich hält, erwischt zu werden. Das ist zum Beispiel der Grund für den größten Teil der Steuerdelikte. **III. Exkurs: der Streit um den Strafzweck** Dass aber auch bei Steuerdelikten und vor allem bei den Gewalt‑ und den Sexualdelikten gleichwohl eine Kriminalstrafe sein muss, hat einen ganz anderen Grund als das Bemühen des Staates darum, dass sich seine Bürger an bestimmte Verhaltensregeln halten. Und zwar ist es in diesen Fällen nach allgemeinem Empfinden ein **Gebot der Gerechtigkeit***,* Unrecht mit einer angemessenen Strafe zu vergelten. In den Worten *Immanuel Kants*: Es soll einem jeden das widerfahren, „was seine Taten wert sind"[](https://beck-online.beck.de/#FN8). Umso wichtiger ist es dann, dass sich der Gesetzgeber sehr genau überlegt, welche Handlungen ihm -- und der Gesellschaft, für die er Gesetze macht -- eine Kriminalstrafe „wert sind". Dass Strafe Unrecht angemessen vergelten soll, ist allerdings umstritten. Fast alle Bürger ohne juristische Ausbildung teilen diese Ansicht, und es gibt eine Reihe psychologischer Studien, die belegen, dass Menschen, Juristen wie Nichtjuristen, wenn sie für eine konkrete Tat eine Strafe bestimmen sollen, sich ausschließlich nach den Umständen richten, die für die Schwere des Unrechts Bedeutung haben, und so zum Beispiel eine schwerere Strafe festsetzen, wenn das Opfer besonders hilflos war, und eine mildere, wenn der Täter nach Art eines *Robin Hood* den Gewinn aus der Tat verwendet, um Bedürftigen zu helfen. Auch das deutsche Strafgesetzbuch legt fest, dass die Schuld des Täters die Grundlage für die Strafzumessung ist, heißt: dass die Strafe höher sein muss, wenn das Unrecht schwerer wiegt, und milder, wenn es geringer ist (§ [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=46)[I](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=46&x=1)]StGB). Und das ergibt nur dann einen Sinn, wenn man annimmt, dass die Strafe das Unrecht angemessen vergelten soll. Die Gerichte sehen das genauso und setzen zum Beispiel bei einem Diebstahl eine umso höhere Strafe fest, je wertvoller die gestohlene Sache war. Gegenteiliger Ansicht sind indes zahlreiche Professoren und andere Denker mit besonders hohen -- und sympathischen! -- Ansprüchen an die Vernunft und Humanität staatlichen Handelns. Sie halten Gerechtigkeit in Form von Vergeltung für etwas Archaisches und Verfassungswidriges: Vergeltung blicke nur in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft, und könne daher auch keinen Nutzen für die Zukunft bringen. Eingriffe in Grundrechte -- das sind Kriminalstrafen -- erlaube das Grundgesetz aber nur zur Verfolgung legitimer Zwecke, und wo ein Nutzen für die Zukunft fehle, fehle auch ein solcher Zweck. Richtigerweise verfolgten Strafen allerdings derartige Zwecke; die hätten bloß nichts mit Vergeltung zu tun. Und zwar sollten Strafen andere davon abschrecken, gleichartige Taten zu begehen („negative Generalprävention"), sollten den Bürgern verdeutlichen, dass die verletzten Gesetze weiterhin Beachtung verlangten („positive Generalprävention"), und sollten den Täter zurückbringen auf den Pfad der Tugend („Spezialprävention"). Allerdings ist es möglich, eine Brücke zwischen den beiden Ansichten zu schlagen, indem man zeigt, dass auch eine angemessene Vergeltung Nutzen für die gesellschaftliche Zukunft hat, indem sie ein natürliches und empirisch belegbares Gerechtigkeitsbedürfnis der Menschen stillt und so verhindert, dass die Bürger das Recht in die eigenen Hände nehmen, Selbstjustiz üben und damit den Bestand eines geordneten Gemeinwesens gefährden.[](https://beck-online.beck.de/#FN9) **IV. Das Strafrecht als Kristallisationspunkt der Rechtsordnung** Bringen wir noch einmal auf den Punkt, was oben unter I. und II. ausgeführt ist: Strafbar darf ein Fehlverhalten nur sein, wenn es eine besondere Qualität hat, nämlich eine rechtliche Verhaltensregel verletzt -- nicht nur eine sittliche --, und wenn diese Regel zudem eine besonders wichtige, grundlegende ist oder besonders intensiv verletzt wird. Das führt dazu, dass sich im Strafrecht ablesen lässt, was einer Gesellschaft wichtig ist. Denn die Rechtsordnung hebt aus den zahllosen moralischen und sittlichen Verhaltensregeln diejenigen heraus, die man für ein gedeihliches Leben für nötig erachtet -- das Recht -- -- -- -- verbürgt ein „ethisches Minimum" --, und innerhalb der Rechtsordnung unterstreicht das Strafrecht die allerwichtigsten Regeln gewissermaßen noch einmal mit einem roten Stift; es ist daher der Kristallisationspunkt einer Rechtsordnung. Wenn man also wissen will, was einer Gesellschaft besonders am Herzen liegt, muss man in ihr Strafgesetzbuch schauen. In weiten Teilen gleichen sich die Strafgesetzbücher dieser Welt: In allen ist Mord ebenso ein Verbrechen wie Brandstiftung, ist Diebstahl ebenso strafbar wie Freiheitsberaubung. Es gibt über kulturelle, geografische und zeitliche Grenzen hinweg einen Kanon von Regeln, die in jeder menschlichen Gemeinschaft gelten.[](https://beck-online.beck.de/#FN10) Neben den zahlreichen Gemeinsamkeiten der Strafgesetzbücher gibt es aber auch charakteristische Unterschiede. So ist es eine Besonderheit des deutschen Strafgesetzbuches, dass es den Straftatbestand der sogenannten Auschwitzlüge enthält, § [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=130)[III](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=130&x=3)]StGB. Auch gesellschaftlicher Wandel macht sich im Strafgesetzbuch besonders pointiert bemerkbar. So waren bei uns früher die Homosexualität von Männern, Ehebruch sowie „Kuppelei" strafbar, so nannte man es, wenn jemand Unverheirateten Gelegenheit zu sexuellem Kontakt verschaffte. Dass sie nicht mehr strafbar sind, belegt eine Liberalisierung von Verhaltensregeln auf dem Gebiet der Sexualität. Umgekehrt waren früher beispielsweise straflos: die Vergewaltigung in der Ehe (noch bis 1998!), Tierquälerei und Umweltverschmutzung (solange sie nicht zugleich das Grundstück eines anderen beschädigte oder Gesundheitsschäden hervorrief). Dass es dafür heute Straftatbestände gibt, zeigt einen Wandel der gesellschaftlichen Stellung der Frau und eine völlig andere Einstellung gegenüber der Natur. **B. Das Strafgesetz -- und wie man es anwendet** **I. Das Gesetzlichkeitsprinzip** Weil die Rechtsfolge der Kriminalstrafe so unangenehm sein kann und mit einem so scharfen Tadel verbunden ist, darf sie nur nach besonders strengen Regeln verhängt werden. Das beginnt schon bei der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten einen Straftatbestand erfülle. Für jene Frage hat ein berühmter Jurist vor über 200 Jahren eine Regel auf Latein formuliert: *Nullum crimen, nulla poena sine lege* (oft nur „nulla poena sine lege"). Das heißt übersetzt: „kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz". Und die Regel besagt dann weiter, dass eine Strafe nur verhängt werden dürfe, wenn das Gesetz präzise formuliert sei, sogenannter Bestimmtheitsgrundsatz, und wenn es schon zur Tatzeit gegolten habe, sogenanntes Rückwirkungsverbot. Außerdem müsse das Gesetz in Schriftform vorliegen (Schriftlichkeitsgebot) und dürfe nicht auf Fälle angewendet werden, die nur so ähnlich seien wie der, den das Gesetz ausdrücklich erfasse -- selbst wenn klar sei, dass der Gesetzgeber den ähnlichen Fall nur aus Versehen vergessen habe. Das nennt man „Analogieverbot" (denn dadurch wird eine analoge, das heißt entsprechende Anwendung des Gesetzes auf Fälle verboten, die sein Wortlaut nicht erfasst). Der Jurist hieß *Paul Johann Anselm Feuerbach*. Er hat den Nulla-poena-Satz formuliert, weil er eine ganz bestimmte Theorie zum Strafzweck vertrat, vergleiche oben A.III.: Er meinte, Strafdrohungen hätten allein den Zweck, die Menschen abzuschrecken (negative Generalprävention). Hierzu sei es erforderlich, in ihnen eine ganz genaue Vorstellung von der Strafdrohung zu erzeugen, die dann automatisch, kraft eines psychologischen Zwanges die Triebe in Richtung Straftat unter dem Deckel halten werde („Theorie des psychologischen Zwanges"). Dass dieses Konzept von falschen geistig-seelischen Voraussetzungen ausgeht und, wenn man es konsequent umsetzte, haarsträubende Folgen hätte, war eigentlich schon damals klar. Zum Beispiel müsste die Strafdrohung dann umso höher sein, je stärker die Willensfreiheit des Handelnden eingeschränkt wäre, etwa aufgrund der Nebenwirkungen eines Medikaments. Denn weniger Willensfreiheit hieße mehr Trieb, und mehr Trieb verlangte dann nach einer höheren Strafdrohung, um ihn zu unterdrücken. Obwohl aber *Feuerbachs* Theorie Unsinn gewesen ist, hat sein Nulla-poena-Satz bis heute überlebt und gehört zu den rechtsstaatlichen Fundamenten des Strafrechts. Er ist so wichtig, dass eine deutsche Variante von ihm sowohl im Grundgesetz steht, in Art. [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=GG&a=103)[II](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=GG&a=103&x=2)], als auch an der Spitze des Strafgesetzbuches (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=1)): „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde." Das nennt man auch den Gesetzlichkeitsgrundsatz oder das **Gesetzlichkeitsprinzip***.* Seine deutsche Formulierung enthält ohne Weiteres zwei der vier erwähnten Regeln: den Bestimmtheitsgrundsatz und das Rückwirkungsverbot. Man ist sich indes einig, dass sie auch die beiden anderen Regeln verbürgt, also das Schriftlichkeitsgebot und das Analogieverbot. Lassen Sie uns noch einmal einen Blick auf diese Regeln werfen: Das Schriftlichkeitsgebot ist zunächst eine Selbstverständlichkeit; natürlich werden Strafgesetze in Schriftform erlassen und nicht etwa von einem Herold nur mündlich verkündet. Das Schriftlichkeitsgebot heißt aber noch etwas mehr, und zwar dass es im Strafrecht kein Gewohnheitsrecht zum Nachteil der Bürger geben darf und, wichtiger, auch kein Richterrecht zum Nachteil der Bürger. Es dürften also zum Beispiel die Gerichte nicht auf die Idee kommen, einen Abgeordneten zu bestrafen, der ohne Bezug auf eine konkrete Abstimmung Geschenke annimmt, nur weil sie, die Gerichte, meinten, das sei doch genauso verwerflich wie die Vorteilsannahme eines Beamten (vgl. oben A.II.). Zugunsten der Bürger dürfen die Richter aber sehr wohl entlastende Normen selbst formulieren, wenn sie dafür nur in den Gesetzen Anknüpfungspunkte finden. Hauptbeispiel dürfte die Einwilligung des Betroffenen sein, die eine Handlung rechtfertigt und damit straffrei macht, etwa wenn jemand sein Haus abreißen lässt (keine Strafbarkeit des Abrissunternehmers wegen Sachbeschädigung). Die Einwilligung wird im Strafgesetzbuch nur ganz am Rande und nur für die Körperverletzung erwähnt (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=228)StGB). Trotzdem entlastet sie den Handelnden nach Überzeugung aller Gerichte und allgemeiner Ansicht auch in anderen Fällen (Ausnahme: die Tötung des Einwilligenden, siehe § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=216)StGB; ein Sonderfall, der hier auf sich beruhen muss). Ebenfalls zulässig ist trotz des Schriftlichkeitsgebots, dass die Richter die Straftatbestände auslegen und dass sich eine solche Auslegung dann als Richterrecht verfestigt; „ständige Rechtsprechung" sagt man zu einer solchen verfestigten Auslegung, zum Beispiel der, dass ein Schuh mit Stahlkappe bei einem Tritt ins Gesicht als „gefährliches Werkzeug" gilt im Sinne des § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=224)StGB (Gefährliche Körperverletzung). Dass die Richter Straftatbestände auslegen, ist auch gar nicht anders möglich und heißt nicht mehr, als dass sie entscheiden müssen, ob der Wortlaut der Norm einen Fall erfasst oder nicht. Weitgehend unproblematisch ist auch das Rückwirkungsverbot. Es wird noch einmal in § [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=2)[I](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=2&x=1)]StGB ausgesprochen: -- -- -- -- Bestraft wird „nach dem Gesetz, das zur Tatzeit gilt". Wird es danach aufgehoben oder gemildert, kann nicht mehr beziehungsweise nur milder bestraft werden, § [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=2)[III](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=2&x=3)]StGB. Das Wichtigste ist aber, dass der Gesetzgeber nicht heute einen Straftatbestand schaffen oder eine Strafdrohung erhöhen darf für eine Handlung, die schon gestern vollzogen worden ist. In Staaten, die keine Rechtsstaaten sind, macht man das durchaus. So ist *Marinus van der Lubbe*, der 1933 den Reichstag in Brand gesetzt hat, im nationalsozialistischen Deutschland zum Tode verurteilt worden, obwohl die Todesstrafe erst nach seiner Tat auch für Brandstiftungen eingeführt worden ist (auf Drängen *Hitlers*, der *van der Lubbe* unbedingt hinrichten lassen wollte). Problematischer ist der Bestimmtheitsgrundsatz. Der Idee nach ist er etwas Gutes: die Forderung, dass jedes Strafgesetz ganz genau und präzise abgefasst sein müsse, damit nicht mehr viel Raum für eine Auslegung bleibe. Denn je größer dieser Raum ist, desto größer ist zunächst die Rechtsunsicherheit -- bis es eine gefestigte Rechtsprechung gibt -- und desto stärker liegt die Entscheidung über die Grenzen des Strafbaren in den Händen der Richter statt in denen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Und so liest man denn auch immer wieder in der Kritik einzelner Tatbestände, sie seien zu unbestimmt. Vor allem in der rechtspolitischen Diskussion vor Einführung neuer Tatbestände spielt das eine Rolle, und manchmal wird eine Formulierung tatsächlich geändert, um sie präziser zu machen. Die Wahrheit ist aber auch, dass schon im geltenden Recht zahlreiche Formulierungen stehen, die sich gar nicht unbestimmter denken ließen. Da ist etwa von einer „angemessenen" Wartefrist die Rede (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=142)StGB -- Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort = Fahrerflucht), von einem „verwerflichen" Mittel-Zweck-Verhältnis (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=240)StGB -- Nötigung) und von „niedrigen Beweggründen", die einen Totschlag zum Mord machen (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=211)StGB). Das Verfassungsgericht hat das bislang alles akzeptiert. Und es ist wohl nicht möglich, ganz ohne solche wenig bestimmten Begriffe auszukommen. Ob sie allerdings *so* zahlreich sein müssen und *so* unbestimmt wie im geltenden Recht, bezweifle ich. Abschließend zum Analogieverbot. Es hat auch etwas mit dem Bestimmtheitsgrundsatz zu tun, denn es verbietet, ein Strafgesetz über seinen Wortlaut hinaus anzuwenden -- und ob eine solche Anwendung droht, lässt sich umso leichter beurteilen, je präziser dieser Wortlaut ausfällt. Leider ist die Grenze des Wortlauts aber selbst bei präzisen Begriffen nicht immer leicht zu bestimmen, und damit sind wir bei unserem nächsten Thema: **II. Wie man das Strafgesetz anwendet** **1. Die Grenze des Wortlauts** Stets ist die erste Frage: Lässt sich der Fall, das heißt sein Sachverhalt, noch mit dem Wortlaut des Tatbestands erfassen? Die letzte Frage ist dies aber nicht. Selbst wenn sich ein Fall noch mit dem Wortlaut des Tatbestandes erfassen lässt, heißt dies nicht, dass man ihn auch tatsächlich erfassen müsste. Vielmehr ist das eine zweite Frage, nämlich die nach der Auslegung des Wortlauts. Mit anderen Worten kann es gut sein, dass der Wortlaut einen Sachverhalt zwar noch erfassen könnte, dass man den Tatbestand aber trotzdem nicht anwendet, sondern das Gesetz einschränkend (restriktiv) auslegt. Die Grenze des Wortlauts darf also im Strafrecht nie zum Nachteil der Bürger überstiegen werden, auch wenn dies noch so sinnvoll wäre, weil der Gesetzgeber einen Fall schlicht übersehen hat oder, wenn das Gesetz schon alt ist, überhaupt nicht bedenken konnte, weil es ihn seinerzeit gar nicht gegeben hatte. So lag es etwa in einem Fall, den das Reichsgericht 1896 zu entscheiden hatte.[](https://beck-online.beck.de/#FN12) In ihm hatte jemand eine fremde Stromleitung angezapft, um ohne Bezahlung elektrische Energie zu bekommen. Die Frage war, ob man einen solchen Stromdiebstahl nach § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=242)StGB bestrafen konnte, dem Diebstahlsparagrafen (denn ein anderer kam nicht in Betracht). Er verlangt jedoch, dass der Täter eine bewegliche *Sache* wegnimmt. Ist Strom eine Sache? Nein, sagten die Richter: Eine Sache ist ein körperlicher Gegenstand, etwas mit räumlicher Ausdehnung und einem wenn auch geringen Gewicht. Beides fehlt elektrischem Strom; man kann ihn nicht sehen, nicht wiegen und nicht anfassen. Und daher blieb der Stromdieb straffrei -- obwohl seine Tat wertungsmäßig nichts anderes war als ein Diebstahl und der Gesetzgeber 1871, als er das Strafgesetzbuch geschaffen hat, auch den Diebstahl von Strom unter Strafe gestellt haben würde, wenn man damals nur gewusst hätte, was Elektrizität ist und wozu man sie nutzen kann. Der Gesetzgeber hat dann aber sofort reagiert und einen Straftatbestand geschaffen, der heute in § [[248 c]](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=248C)StGB zu finden ist (Entziehung elektrischer Energie). Doch diesen Tatbestand konnte man für unseren Stromdieb natürlich nicht mehr heranziehen: Rückwirkungsverbot! Man mag die Entscheidung des Reichsgerichts heute in Zweifel ziehen, weil wir wissen, dass Strom aus sich bewegenden Elektronen besteht und dass Elektronen eine Masse haben und daher vielleicht auch als „körperliche Gegenstände" bezeichnet werden können. Aber so eindeutig ist das nicht, und wie auch immer dem heute sei, gilt es an dieser Stelle nur festzuhalten, dass der Wortlaut eines Straftatbestandes seine Anwendung zwingend begrenzt -- so sinnvoll es auch in einzelnen Fällen wäre, sie zu überschreiten. Das wirft die Frage auf, wer die Grenze des Wortlauts bestimmt? Wer kann verbindlich sagen, welche Fälle ein Wort noch erfassen könnte und welche nicht? Eine Möglichkeit wäre, Umfragen zu machen, um zu ermitteln, wie die Leute tatsächlich sprechen. Ein solches erfahrungswissenschaftliches (Fremdwort: empirisches) Vorgehen wäre eine Art basisdemokratischer Entscheidung über die Begriffsgrenzen unserer Sprache. Ich gestehe, dass mir dieser Ansatz sympathisch ist und dass für ihn auch staatstheoretische Überlegungen sprechen. Denn wenn das Recht für die Bürger gelten will, sollte es deren Sprache sprechen und nicht (Extremfall) in einer Geheimsprache abgefasst sein, die der -- -- -- -- Einzelne nur mit einem besonderen Wörterbuch entschlüsseln kann. Auch wäre es heute möglich, mit Umfragen belastbare Ergebnisse zum realen Sprachgebrauch der Menschen zu bekommen.[](https://beck-online.beck.de/#FN13) Doch fast allen Juristen und jedenfalls den Gerichten sind solche Überlegungen fremd. Sie suchen zunächst einmal nach Begriffsdefinitionen im Gesetz (was übrigens auch dann richtig ist, wenn man die Grenzen des Wortlauts empirisch ermitteln will: Das Gesetz kann sich seine eigenen Begriffe machen, solange es dies nur offen und ausdrücklich tut). Das hat das Reichsgericht auch in dem Fall des Stromdiebstahls getan, denn seine Definition der Sache als „körperlicher Gegenstand" stammt aus dem § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=BGB&p=90) des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): „Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände." Oft fehlt es aber an solchen Definitionen im Gesetz (man nennt sie „Legaldefinitionen"). Dann schauen die Richter tatsächlich in Wörterbücher: in den DUDEN, den WAHRIG, ins Grimmsche Wörterbuch oder in eine Enzyklopädie. Ganz zweifelsfrei ist das nicht, denn dort kann man nur lesen, was der Autor X für die Wortlautgrenze hält, und dafür kann er sich nur auf die Sprach‑ und Leseerlebnisse stützen, die er selbst gehabt oder von denen er Kenntnis erlangt hat; eine methodengerechte Umfrage wäre aktueller und repräsentativer. Für das Strafrecht ergibt sich auf diesem Weg zum Beispiel, dass Tiere noch „Sachen" sind im Sinne des § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=242)StGB (Diebstahl) und des § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=303)StGB (Sachbeschädigung). Das bedeutet nicht, dass man Tiere wie Sachen (schlecht) behandeln dürfte. Aber wenn jemand den Hund eines anderen stiehlt oder bei einem Rassepudel das kunstvoll frisierte Fell abrasiert, dann macht er sich wegen Diebstahls beziehungsweise Sachbeschädigung strafbar. Und nur wenn er dem Hund Schmerzen zufügt, macht er sich außerdem auch noch nach § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=TIERSCHG&p=17) des Tierschutzgesetzes strafbar (Tierquälerei). **2. Die Auslegung** Ist man zu der Überzeugung gelangt, dass der Wortlaut noch in der Lage ist, einen Fall zu erfassen, gilt es, die zweite Frage zu beantworten: Soll man das Gesetz auch tatsächlich anwenden, seine Rechtsfolge also auch tatsächlich eintreten lassen, im Strafrecht: den Handelnden bestrafen? Anhand des § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=212)StGB (Totschlag) und des Selbsttötungsversuches hatten wir schon gesehen, dass die Antwort nicht immer ein Ja ist. Aber wie kommt man zu solchen Antworten? Manchmal ist es einfach. Denn so, wie einige Fälle klar außerhalb der Grenzen des Wortlautes liegen -- ein Tisch ist kein Mensch --, so werden andere Fälle ebenso klar vom Wortlaut erfasst: Ein Tisch ist eine Sache, wie man es (oder ihn) auch dreht und wendet. Man sagt dann, diese Fälle lägen im „Begriffskern" eines Wortes. Andere sprechen von „positiven Kandidaten" (im Gegensatz zu den neutralen Kandidaten, über die man diskutieren kann, und den negativen Kandidaten, die das Wort klar nicht erfasst). Selbst für Fälle aus dem Begriffskern darf man zwar ausnahmsweise überlegen, ob man die Norm trotzdem unangewendet lassen will. Mit diesem methodischen Spezialfall -- er heißt „teleologische Reduktion" -- können wir uns hier aber nicht mehr befassen.[](https://beck-online.beck.de/#FN14) Die meisten Fälle liegen aber nicht im Begriffskern eines Wortes, sondern zwischen diesem Kern und der Wortlautgrenze im sogenannten Begriffshof. Ein Beispiel bietet eine Entscheidung des (jetzt aufgelösten) Bayerischen Obersten Landesgerichts aus dem Jahr 1980:[](https://beck-online.beck.de/#FN15) Es waren die Beschuldigten mit Pferden über eine Langlaufloipe geritten und hatten dort die Spur zerstört. War das eine Sachbeschädigung nach § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=303)StGB? Und dann sogar eine solche nach § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=304)StGB (Gemeinschädliche Sachbeschädigung), denn die Loipe war öffentlich zugänglich? Dazu musste die Loipe eine „Sache" sein (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=303)StGB) beziehungsweise ein „Gegenstand" (§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=304)StGB). Was jeweils nicht nötig war: dass eine bewegliche Sache Schaden genommen hatte. Strafbar ist unstreitig auch die Beschädigung unbeweglicher Sachen, also von Grundstücken und Häusern. Etwa kann man eine saftige Wiese beschädigen, indem man sie von einer Schafherde abgrasen und zertrampeln lässt.[](https://beck-online.beck.de/#FN16) Hier geht es aber lediglich um den Schnee, der auf dem Grundstück liegt und durch das Spuren der Loipe in besonderer Art und Weise geformt und gepresst worden ist. Solche Zweifelsfälle im Begriffshof hat man im Wege der **Auslegung** zu entscheiden. Das gilt nicht nur für das Strafrecht, sondern für alle Rechtsgebiete. Für die Auslegung gibt es vier klassische Kriterien:[](https://beck-online.beck.de/#FN17) Erstens noch einmal den Wortlaut, sogenannte grammatische Auslegung -- weist er eher in die eine oder eher in die andere Richtung? Zweitens die historische Auslegung mit zwei Unterpunkten: dem Wortlaut von Vorgängernormen und (wichtiger) den Materialien der Gesetzgebung (Begründungen von Entwürfen, Protokolle von Ausschusssitzungen und dergleichen). Drittes Kriterium ist die Gesetzessystematik: Lässt sich aus anderen Normen etwas ableiten oder aus der Stellung der auszulegenden Norm im Gesetz (in einem bestimmten Abschnitt, vor oder nach bestimmten anderen Vorschriften)? Viertes Kriterium ist der Normzweck, sogenannte teleologische Auslegung -- was hat der Gesetzgeber gewollt, und würde es besser zu seinen Plänen passen, die Norm auf den in Rede stehenden Fall anzuwenden oder nicht? Heute kommen zu diesen klassischen Kriterien noch weitere Regeln hinzu, die Stichworte sind verfassungskonforme Auslegung, europarechtskonforme Auslegung (insbesondere: richtlinienkonforme Auslegung) und schließlich völkerrechtskonforme oder immerhin völkerrechtsfreundliche Auslegung. Alles weitere gehört in die Lehrbücher zur Methodik und kann ich hier aus Platzmangel nicht näher erörtern. Festzuhalten ist aber eine große Schwäche schon der klassischen Auslegungsarten, dass nämlich weitgehend Unklarheit darüber herrscht, in welchem Verhältnis die einzelnen Kriterien zueinander stehen: Ist der Wortlaut wichtiger als die Fassung von Vorgängernormen? Schlägt die Systematik den Normzweck aus dem Feld -- oder umgekehrt? Und so nimmt es nicht wunder, dass man mit jenen vier Kriterien auch gegenläufige Ergebnisse begründen kann. So war es in dem Fall unserer Langlaufloipe: Die erste Instanz, ein Amtsgericht, hatte die Sacheigenschaft der Loipe bejaht. Die zweite (und letzte) Instanz, das Bayerische Oberste Landesgericht, hat sie dann verneint. Und es fällt schwer, die eine Entscheidung als „richtig" zu betiteln und die andere als „falsch". Sie sind nach jenen methodischen Maßstäben, die man allgemein anerkennt, beide *vertretbar.* Und das ist dann auch in den Klausuren der Jura-Studenten die wichtigste Eigenschaft eines Ergebnisses: dass es (jedenfalls noch) vertretbar ist. Ich meine, dass man in die Auslegungsarten sehr wohl eine Ordnung bringen kann und dass sie auch in einem klaren Verhältnis stehen zur verfassungs‑, europarechts‑ und völker -- -- -- -- rechtskonformen Auslegung. Das kann ich hier aber aus Platzmangel wieder nicht näher ausführen.[](https://beck-online.beck.de/#FN18) Außerdem schafft auch diese Ordnung nicht alle Zweifelsfälle aus der Welt, für die man sich plausibel (vertretbar) so oder so entscheiden kann. Weil es diese zahlreichen Unsicherheiten gibt, ist das Recht -- auch das Strafrecht -- in der Praxis in weitem Umfang Richterrecht. Und auch aus diesem Grund gibt es detaillierte Regeln für das Strafverfahren; Regeln für Polizisten, Staatsanwälte und Richter, die sie auf dem Weg zum Urteil beachten müssen. Das wichtigste Gesetz zu ihnen ist die Strafprozessordnung (StPO). Auch sie ist Gegenstand der universitären Ausbildung. Allerdings spielt sie dort eine deutlich geringere Rolle als die Straftatbestände und die anderen Normen, aus denen sich ergibt, ob sich jemand strafbar gemacht hat, etwa Normen zu Rechtfertigungsgründen oder zur Schuldfähigkeit. Man nennt die Gesamtheit dieser Normen das **materielle Strafrecht**. Gegenstück ist das **Strafprozessrecht***,* auch Strafverfahrensrecht genannt. Das leitet zu unserem nächsten Punkt über: **C. Das Strafrecht an der Universität** **I. Das kleinste Fach -- quantitativ** In der Juristenausbildung an der Universität ist das Strafrecht das kleinste Fach. Es hat die wenigsten Professoren, den geringsten Anteil an den Vorlesungsstunden, und auch im Examen schreibt man in den meisten Bundesländern im Strafrecht die wenigsten Klausuren, oft nur eine einzige (während es dann -- etwa in Bayern -- im Öffentlichen Recht zwei und im Zivilrecht drei Klausuren sind). Das hat auch seine Berechtigung, denn zum einen ergreifen die weitaus meisten Absolventen Berufe, in denen es in erster Linie um Öffentliches und/oder Zivilrecht geht. Zum anderen sind die Themenkreise im Strafrecht enger und sind viele Fragen, die ein Strafrechtler beantworten muss, zivil‑ oder öffentlich-rechtliche Fragen, weil sich das Strafrecht oft auf vorstrafrechtliche Normen und Regelungen bezieht. Allerdings heißt das nicht, dass es leicht wäre, alles zu wissen, was es im Strafrecht zu wissen gibt. Denn die Strafrechtler mögen insgesamt weniger Rechtsfiguren und Rechtsfragen kennen als ihre Kollegen in den anderen Fächern -- doch es sind noch immer mehr als genug, um Lehrbücher und Vorlesungen zu füllen. Und vor allem sehen sich die Strafrechtler die einzelnen Bausteine ihrer Gedankengebäude gründlicher an, als man das im Zivil‑ und im Öffentlichen Recht müsste. Was der Vorsatz eines Handelnden ist, dazu findet sich im Zivilrecht nicht viel. Man beschränkt sich dort mehr oder weniger auf die Formel, Vorsatz sei das „Wissen und Wollen" eines Geschehens. Im strafrechtlichen Schrifttum gibt es dazu ganze Bücher, die etwa die Fragen behandeln, wie ein Affekt oder Trunkenheit den Vorsatz beeinflussen und ab wann das Für-möglich-Halten eines Ereignisses Vorsatz begründet. **II. Der Pflichtstoff** Pflichtstoff ist stets der Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches. Er enthält die Regeln, die für alle Delikte gelten, zum Beispiel zur Schuldfähigkeit, und das Sanktionenrecht, also alles zu den möglichen Rechtsfolgen einer Straftat. Pflichtstoff sind ferner einige Abschnitte des Besonderen Teils, der hauptsächlich Straftatbestände enthält. Unter diesen Abschnitten sind jedenfalls die gängigsten Delikte, von der Sachbeschädigung bis zum Mord, aber längst nicht alle. Der Katalog variiert von Bundesland zu Bundesland. Pflichtstoff sind schließlich auch die Grundzüge des Strafverfahrensrechts. **III. Wie man den Pflichtstoff lehrt: die Dogmatik des Strafrechts** Sowohl das materielle Strafrecht als auch das Strafprozessrecht wird an den Universitäten dogmatisch behandelt: Wie weit reicht der Wortlaut einer Norm? Wie muss man sie auslegen? Vergleiche oben B. Dabei versucht die Dogmatik in erster Linie, System in die Auslegung zu bringen und eine sinnvolle Reihenfolge von Fragen für die Falllösung zu entwickeln, die dann jeweils wie Weichen auf einer Zugfahrt wirken. Man nennt solche Fragenkataloge auch „Prüfungsschemata". Im Strafrecht hat dieses **Schema** im Grundfall folgende Stationen: **IV. Was den Pflichtstoff ergänzen kann: der Schwerpunktbereich** Die Dogmatik des materiellen Strafrechts ist zwar wichtig, aber in der strafrechtlichen Praxis längst nicht so wichtig wie an der Universität. Außerdem gibt es strafrechtliche Materien, die nicht zum Pflichtstoff gehören, die man aber ebenfalls dogmatisch durchdringen muss. Daher gibt es zusätzliche strafrechtliche Ausbildungsangebote in sogenannten Schwerpunktbereichen. Dort geht es dann namentlich um das Wirtschaftsstrafrecht, die europarechtlichen Einflüsse auf das Strafrecht (Europäisches Strafrecht), das Völkerstrafrecht, das Jugendstrafrecht (mit einem besonderen Sanktionenrecht), die Strafrechtsphilosophie, Vertiefungen zum Strafverfahrensrecht, besonders zur Strafverteidigung, und um die Kriminologie, das ist die rechtstatsächliche Seite des Strafrechts. **D. Schluss** Mag das Strafrecht auch in der Ausbildung der Juristen nur eine Nebenrolle spielen: in der Rechtsordnung wie in der öffentlichen Aufmerksamkeit hat es eine herausgehobene Stellung. Mit seinen Grundprinzipien reicht es in das Verfassungsrecht und bis in die Rechtsphilosophie. Seine Dogmatik ist anspruchsvoll, und seine jüngeren Disziplinen des Europäischen Strafrechts und des Völkerstrafrechts haben zu einer Internationalisierung geführt. Gemeinsam ist allen Sparten des Strafrechts, dass man die Dinge sehr genau nimmt -- eben weil Kriminalstrafe die schärfste Rüge ist, die der Staat aussprechen kann. Das ist anstrengend, aber auch reizvoll. [\*] Der *Verfasser* ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Europäisches Strafrecht an der Universität Regensburg sowie Richter am Oberlandesgericht Nürnberg. §§ [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=61) ff. StGB. Zur Einweisung in die Psychiatrie § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=63)StGB. Zum Unterschied von Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis vergleiche § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=44) und § [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=69)StGB! Die höchstmögliche Geldstrafe sind derzeit 10,8 Millionen EUR, siehe § [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=40)[I](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=40&x=1)] und [[II]](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=STGB&p=40&x=2)StGB; im Durchschnitt betrugen im Jahr 2009 die Geldstrafen 946 EUR (*Brings*, Statistisches Bundesamt \[Hrsg.\], Justiz auf einen Blick, Ausgabe 2011, 27). Ein Schadensersatz kann so hoch sein wie der Schaden, also auch deutlich mehr als 10,8 Millionen EUR. Ebenso können Geldbußen im Wirtschaftsrecht, etwa im Kartellrecht, über 10,8 Millionen liegen und sogar mehrere hundert Millionen EUR betragen, weil durch sie auch der Gewinn abgeschöpft wird, den jemand aus seiner Ordnungswidrigkeit gezogen hat, siehe § [(https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=OWIG&p=17)[IV](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=OWIG&p=17&x=4)]OWiG. *Binding*, Lehrbuch des Gemeinen Deutschen Strafrechts, Besonderer Teil, Band 1, 2. Aufl. 1902, 20. Vgl. Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht Allgemeiner Teil, 11. Aufl. 2003, § 4 Rn. 17, 26mwN. BVerfGE120, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BVERFGE&b=120&s=224) ([](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BVERFGE&b=120&sx=236) ff.). Stellvertretend *Hörnle*NJW2008, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NJW&b=2008&s=2085); *Kubiciel* ZIS 2012, 282; *Roxin*StV2009, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=STV&b=2009&s=544); *Ziethen*NStZ2008, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NSTZ&b=2008&s=617). In der Metaphysik der Sitten von 1797, hier zitiert nach der von *Karl Vorländer* herausgegebenen Ausgabe, 4. Aufl. 1922 (unveränderter Nachdruck 1966), 161. Siehe dazu *T. Walter* ZIS 2011, 636 ff. Küng/*Küng*, Dokumentation zum Weltethos, 2002, 37 (47, 61 f.); Parlament der Weltreligionen am angegebenen Ort, 151 (157); Vereinte Nationen am angegebenen Ort, 225 (227). BGHSt46, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHST&b=46&s=279) ([](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHST&b=46&sx=285)) unter Verweis auf BGHSt6, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHST&b=6&s=147) ([](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHST&b=6&sx=153)). RGSt29, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=RGST&b=29&s=111). Vgl. *Lorenz/Pietzcker/Pietzcker*NStZ2005, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NSTZ&b=2005&s=429) ([](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NSTZ&b=2005&sx=430)). Näher zum Beispiel *Zippelius*, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, § 11 II b, und *T. Walter*, Kleine Rhetorikschule für Juristen, 2009, 237. BayObLG NJW1980, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NJW&b=1980&s=132). Siehe LG Karlsruhe NStZ1993, [](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NSTZ&b=1993&s=543) ([](https://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NSTZ&b=1993&sx=544)). Näher *Zippelius* (Fn. 13) § 8, und *T. Walter* (Fn. 13) 210 ff. Dazu *T. Walter* (Fn. 13) 213 f. [[© Verlag C.H.BECK oHG 2024]](https://beck-online.beck.de/Impressum#urhg)