Derma Notfälle PDF
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JYU - Institut für Allgemeinmedizin
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This document contains information about skin emergencies. It describes different skin conditions like erysipel, urticaria, and herpes zoster. The document outlines definitions, epidemiology, pathophysiology, clinical presentations, diagnosis, and treatment options for various skin conditions.
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1. Erysipel 1.1 Definition und Ätiologie Das Erysipel (Wundrose) ist eine akute, oberflächliche bakterielle Infektion der Haut, meist durch beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) hervorgerufen. Seltener können auch andere Bakterien wie Staphylococcus aureus beteili...
1. Erysipel 1.1 Definition und Ätiologie Das Erysipel (Wundrose) ist eine akute, oberflächliche bakterielle Infektion der Haut, meist durch beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) hervorgerufen. Seltener können auch andere Bakterien wie Staphylococcus aureus beteiligt sein. 1.2 Epidemiologie Erysipele treten weltweit auf und betreffen vor allem ältere Menschen, immungeschwächte Patienten sowie Personen mit chronischen Hautläsionen oder Lymphabflussstörungen. Typische Prädilektionsstellen sind Gesicht und untere Extremitäten. 1.3 Pathophysiologie Die Erreger dringen über kleinste Hautläsionen (Risse, Ulzera, Fußpilzläsionen) in die Dermis ein und breiten sich entlang der Lymphgefäße aus. Die Infektion führt zu einer starken Entzündungsreaktion mit Erythem, Schwellung und Schmerzen. 1.4 Klinisches Bild Typisch ist ein scharf begrenztes, flammenförmiges, gerötetes, warmes und druckdolentes Erythem. Häufig treten Fieber, Schüttelfrost, Krankheitsgefühl sowie regionale Lymphknotenschwellungen auf. 1.5 Diagnostik Die Diagnose ist meist klinisch. Laborparameter können eine Leukozytose, CRP- und BSG-Erhöhung zeigen. Bei unklaren Fällen kann eine mikrobiologische Abstrichuntersuchung oder Blutkultur hilfreich sein. 1.6 Differenzialdiagnosen Phlegmone (weniger scharf begrenzt) Allergische Kontaktdermatitis Thrombophlebitis Erythema migrans (bei Lyme-Borreliose) 1.7 Therapie Die Therapie besteht in der systemischen Antibiotikagabe, in der Regel Penicillin V oder G. Bei Penicillinallergie können alternative Antibiotika wie Makrolide verwendet werden. Zusätzlich: Ruhigstellung, Hochlagerung der betroffenen Extremität, symptomatische Maßnahmen (kühle Umschläge). 1.8 Komplikationen und Prognose Unbehandelt kann es zu Komplikationen wie Abszessbildung, Lymphödem, Nekrosen, Sepsis oder Endokarditis kommen. Unter adäquater Therapie ist die Prognose in der Regel gut. 1.9 Prävention Die Vorbeugung umfasst eine konsequente Pflege der Haut, Behandlung von Fußpilz sowie das Vermeiden von Hautläsionen. Bei wiederholten Erysipelen kann eine prophylaktische Antibiotikagabe erwogen werden. 2. Urtikaria 2.1 Definition und Klassifikation Urtikaria (Nesselsucht) ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch das Auftreten von flüchtigen, stark juckenden Quaddeln und/oder Angioödemen gekennzeichnet ist. Man unterscheidet akute (6 Wochen) Urtikaria, sowie physikalische Formen (z. B. Dermographismus, Kälteurtikaria). 2.2 Epidemiologie Etwa 20 % der Bevölkerung erleiden im Laufe ihres Lebens mindestens einmal eine Urtikaria. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer, akute Formen treten in allen Altersgruppen auf. 2.3 Pathophysiologie Zentrale Rolle spielt die Degranulation von Mastzellen mit Freisetzung von Histamin und anderen Mediatoren, die zu Vasodilatation, erhöhter Gefäßpermeabilität und Quaddelbildung führen. Auslöser können immunologische (IgE-vermittelte Allergien), aber auch nicht-immunologische Mechanismen sein. 2.4 Auslöser und Risikofaktoren Nahrungsmittelallergene (Erdnüsse, Schalentiere) Medikamente (Penicillin, NSAIDs) Infektionen (z. B. Helicobacter pylori, virale Infekte) Physikalische Reize (Druck, Kälte, Wärme, Licht) Idiopathische Formen 2.5 Klinisches Bild Typisch sind rasch auftretende, stark juckende Quaddeln, die innerhalb von Stunden bis maximal 24 Stunden wieder verschwinden. Häufiges Begleitsymptom ist Angioödem (Schwellung der tiefen Dermis/Subkutis). 2.6 Diagnostik Die Diagnose ist meist klinisch. Bei chronischen Formen werden Laboruntersuchungen (Blutbild, CRP, IgE), Haut-Prick-Tests, Auslassdiäten oder Provokationstests durchgeführt, um Auslöser zu identifizieren. 2.7 Therapie H1-Antihistaminika (Cetirizin, Loratadin) Bei schwerer Urtikaria: Omalizumab, Ciclosporin A, systemische Kortikosteroide (kurzfristig) Meiden bekannter Auslöser 2.8 Prognose und Verlauf Akute Urtikaria klingt meist spontan nach einigen Tagen bis Wochen ab. Chronische Urtikaria kann Monate bis Jahre persistieren, spricht jedoch oft auf moderne Therapien gut an. 3. Herpes Zoster 3.1 Definition und Erreger Herpes Zoster (Gürtelrose) ist eine reaktivierte Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), dem Erreger der Windpocken. Nach Erstinfektion persistiert das Virus in den Spinalganglien und kann im Alter oder bei Immunschwäche reaktiviert werden. 3.2 Epidemiologie Etwa 20-30 % der Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens einen Herpes Zoster. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter und bei immunsupprimierten Patienten. 3.3 Pathophysiologie und Pathogenese VZV verbleibt nach Erstinfektion in sensorischen Ganglien und wird bei nachlassender zellulärer Immunität (z. B. im Alter, bei HIV, nach Organtransplantation) reaktiviert. Das Virus wandert entlang sensorischer Nervenbahnen in die Haut und verursacht dort schmerzhafte Bläschen. 3.4 Klinisches Bild Initial treten häufig Prodromalsymptome wie Brennen, Schmerzen und Parästhesien im betroffenen Dermatom auf. Anschließend entstehen gruppierte, schmerzhafte, clear- flüssigkeitsgefüllte Bläschen auf gerötetem Grund, meist unilateral. Typisch ist die Begrenzung auf ein oder wenige Dermatome. Bei Befall des N. ophthalmicus drohen Augenbeteiligungen. 3.5 Diagnostik Die Diagnose ist meist klinisch. Virologische Nachweise (PCR, Direktnachweis aus Bläscheninhalt) sind möglich. Serologische Tests (IgM, IgG) können ergänzend eingesetzt werden. 3.6 Therapie Frühzeitige antivirale Therapie (innerhalb von 72 Stunden nach Bläschenauftreten) mit Aciclovir, Valaciclovir oder Famciclovir verkürzt den Krankheitsverlauf und senkt das Risiko von Post-Zoster-Neuralgien. Analgetika und lokale Maßnahmen (kühlende Umschläge, antiseptische Lotionen) lindern Symptome. 3.7 Komplikationen Post-Zoster-Neuralgie (anhaltende Schmerzen nach Abheilen der Bläschen) Augenbeteiligung (Keratitis, Iritis, Glaukom) bei Zoster ophthalmicus Selten: Enzephalitis, Meningitis, Myelitis 3.8 Prävention (Impfung) Für Personen über 50 Jahre und Risikogruppen wird eine Impfung mit dem adjuvantierten Totimpfstoff gegen Herpes Zoster empfohlen, um das Erkrankungsrisiko und die Schwere der Erkrankung zu reduzieren. 4. Ekzema herpeticatum 4.1 Definition und Erreger Das Ekzema herpeticatum (Kaposi-Varicelliforme Eruption) ist eine schwere, disseminierte Infektion der Haut mit Herpes-simplex-Viren (HSV) bei Patienten mit vorbestehender Hauterkrankung (meist atopische Dermatitis). 4.2 Epidemiologie und Risikogruppen Ekzema herpeticatum tritt vorrangig bei Kleinkindern oder Patienten mit atopischer Dermatitis auf, deren Hautbarriere gestört ist. Die Inzidenz ist gering, das Krankheitsbild jedoch potenziell schwerwiegend. 4.3 Pathophysiologie HSV (häufig Typ 1) breitet sich in vorgeschädigter Haut aus und führt zu einer Vielzahl an herpetiformen Läsionen. Eine geschwächte Hautbarriere und ein beeinträchtigtes lokales Immunsystem begünstigen die Ausbreitung der Viren. 4.4 Klinisches Bild Typisch sind zahlreiche, gruppierte, monomorphe, schmerzhafte oder juckende Bläschen auf erythematösem Grund, die oft schnell krusten. Betroffen sind v. a. Gesicht, Hals und Rumpf. Allgemeinsymptome wie Fieber, Krankheitsgefühl und Lymphadenopathie treten häufig auf. 4.5 Diagnostik Klinische Diagnose anhand der typischen Hautveränderungen in Kombination mit einer bestehenden atopischen Dermatitis. Virologische Tests (Abstrich, PCR) können die Diagnose bestätigen. 4.6 Therapie Systemische antivirale Therapie mit Aciclovir ist essenziell und sollte frühzeitig begonnen werden. Zusätzlich können antiseptische Lokaltherapien, Analgetika und supportive Maßnahmen (Flüssigkeitszufuhr, Fiebersenkung) notwendig sein. 4.7 Prognose und Komplikationen Unbehandelt kann das Ekzema herpeticatum schwer verlaufen, mit Superinfektionen, Sepsis oder Befall innerer Organe. Unter rechtzeitiger antiviraler Therapie ist die Prognose meist gut. Wichtig ist eine engmaschige Überwachung, insbesondere bei Kindern und Immundefizienten.