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Bürgerliches Recht - Skriptum WU.docx

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Bürgerliches Recht -- Skriptum Aufnahmeverfahren WU 24 ====================================================== Einführung in das Privatrecht ----------------------------- Rechtsbeziehung zwischen den Bürgern zum Gegenstand. Was ist Privatrecht? -------------------- ### Recht Rechtswissenschaft b...

Bürgerliches Recht -- Skriptum Aufnahmeverfahren WU 24 ====================================================== Einführung in das Privatrecht ----------------------------- Rechtsbeziehung zwischen den Bürgern zum Gegenstand. Was ist Privatrecht? -------------------- ### Recht Rechtswissenschaft beschäftigt sich mit Rechtsnormen, also Anordnungen des Staates, wie man sich verhalten soll. Quer über alle Gesetze hinweg lassen sich gewisse Strukturen erkennen. Eine besonders wichtige Unterscheidung ist jene zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht. ### Privatrecht und öffentliches Recht PR ist jener Teil der Rechtsordnung, der Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern (Privatrechtssubjekten) zum Gegenstand hat. Diese Rechtsbeziehungen können vielfältig sein. Das PR wir d vom ÖR abgegrenzt. Die Abgrenzung erfolgt danach, ob mit Hoheitsgewalt (imperium) staatliche Befugnisse ausgeübt werden. Dann liegt eine öffentlich-rechtliche Beziehung vor, für die ein Über- und Unterordnungsverhältnis der Beteiligten typisch ist, während im PR grundsätzlich Gleichrangigkeit herrscht. - Lea will ein Haus bauen. Das GS, das sie dafür benötigt muss sie ihrem Nachbarn Gustavv abkaufen.- Gleichrangig - Wenn Lea das GS gekauft hat benötigt sie eine Baubewilligung -- Hoheitsgewalt Ein und derselbe Vorgang kann sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Rechtswirkungen auslösen. - Maria verletzt bei einer Schlägerei Reinhard -- strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung (ÖR) -- Schadenersatzansprüche (PR) ### Einteilung des Privatrechts -- Privatrecht = Zivilrecht (Bürgerliches Recht) + Sonderprivatrehte Innerhalb der Privatrechte unterscheidet man das allg. Privatrecht von den Sonderprivatrechten. Das allgemeine Privatrecht wird als „Zivilrecht" oder „Bürgerliches Recht" bezeichnet. - Wichtigste Rechtsquelle ist das ABGB aus dem Jahr 1811 Sonderprivatrechte haben sich im Laufe der Zeit vom allgemeinen PR emanzipiert, sie enthalten besondere Vorschriften für einen bestimmten Personenkreis oder spezielle Sachgebiete, wo spezielle Regelungen sinnvoll erscheinen. - Arbeitsrecht - Arbeitnehmer ist vom Arbeitgeber abhängig und braucht mehr Schutz als der „normale" Vertragspartner - Konsumentenschutz Das Bürgerliche Recht ist Grundlage der Sonderprivatrechte. Wie unterscheidet man öffentliches Recht und Privatrecht voneinander? Inwiefern unterscheiden sich die Begriffe „Bürgerliches Recht" und „Privatrecht"? Welche Sonderprivatrechte kennen Sie? Warum gibt es solche Sonderprivatrechte? Welches Anliegen verfolgt das Unternehmensrecht? Warum gibt es ein Konsumentenschutzrecht? Privatrechtssubjekte -------------------- ### Begriffe Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Von der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, ist die Handlungsfähigkeit zu unterscheiden. Wer rechtsfähig ist, kann Rechte und Pflichten haben. Aber nur, wer auch handlungsfähig ist, kann Rechte und Pflichten selbst begründen.\ Rechtsfähigkeit ist die Vorlage für die Handlungsfähigkeit: Nur bei Rechtsfähigen stellt sich die Frage der Handlungsfähigkeit. ### Natürliche Personen (Menschen) Alle Menschen sind rechtsfähig -- sie sind natürliche Personen. Rechtsfähigkeit beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod jedes Menschen. - Alle Menschen sind gleich rechtsfähig (jung, alt, gesund, krank, geistig eingeschränkt) ABGB §16 -- „Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten". = Bekenntnis zur unteilbaren und unveräußerlichen Menschenwürde ### Juristische Personen Personen gründen ein Unternehmen. Könnten nur Menschen Rechte und Pflichten erwerben, wäre besonders bei großen Unternehmen die Teilnahme am Geschäftsverkehr sehr unpraktisch. Deswegen erkennt das Gesetz die Rechtsfähigkeit von Gebilden an -- die sich vom Menschen unterscheiden. - Juristische Person -- umgangssprachlich auch Firma Im Privatrecht ist zB an: - Aktiengesellschaten AG - Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH - Vereine Die jP ist dann selbst Träger des UN -- die dahinterstehenden natürlichen Personen sind an der jP beteiligt. - Mit solchen jP des Privatrechts beschäftigt sich ein eigenes Sonderprivatrecht -- Gesellschaftsrecht Noch deutlicher ist der Sinn der Zuerkennung von Rechtsfähigkeit an Gebilde, die nicht primär dazu da sind, um Privatrechtsverkehr teilzunehmen, sondern mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind (Land, Gemeinde) - Es kann nicht die Privatperson „Bürgermeister" als solche Hoheitsgewalt haben, sondern nur der Staat in Gestalt einer Gemeinde, für die der Bürgermeister handelt. jP müssen grundsätzlich nur mit ihrem eigenen Vermögen für ihre Schulden einstehen. Hat die jP kein Vermögen mehr, ist sie insolvent. Gläubiger kann seine Forderung grundsätzlich nicht gegen Mitglieder der jP durchsetzen. - Vermögen der jP ist von dem ihrer Mitglieder getrennt - =**Trennungsprinzip** Bei manchen Gesellschaftsformen gibt es diese Trennung nicht, sodass die Gesellschafter auch persönlich haften. - Frage der Schuldenhaftung ist eine zentrale Überlegung. Erklären Sie den Begriff Rechtsfähigkeit. Wie verhalten sich Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit zueinander? Was ist das Trennungsprinzip? Geben Sie ein Beispiel dafür wie es sich auswirkt! Geschäftsfähigkeit ------------------ ### Begriff Jedes Rechtssubjekt kann Träger von Rechten und Pflichten sein. Das heißt aber nicht, dass man Rechte und Pflichten auch durch eigenes Verhalten begründen kann. **[zB juristische Person:]** Ist zwar Trägerin von Rechten und Pflichten, kann aber natürlich nicht selbst ausdrücken oder handeln, sondern braucht immer einen Menschen, der für sie Rechtswirkungen erzeugt. **[Neugeborene:]** Können noch kein rationales Verhalten setzen und dementsprechend selbst auch keine Rechtswirkungen begründen. Welche Voraussetzungen braucht es für das Begründen von Rechtswirkungen durch eigenes Verhalten? Gesetz löst diese Wertungsfrage mit einem **zweistufiges Modell** -- tatsächliche Entscheidungsfähigkeit und rechtliche Handlungsfähigkeit spielen eine Rolle. ### Entscheidungsfähigkeit Die Entscheidungsfähigkeit ist die Fähigkeit eines bestimmten Menschen: - Die Bedeutung und Folgen seines Handelns zu verstehen - Seinen Willen danach zu bestimmen - Und sich entsprechend zu verhalten - Die Entscheidungsfähigkeit kann immer nur für einen **konkreten Menschen** in einem **konkreten Zusammenhang** geprüft werden. Die eigenen Angelegenheiten selbst rechtswirksam regeln zu können und damit die rechtliche Verantwortung für das eigene Handeln zu tragen, ist Kehrseite der Autonomie.\ Notwendige Voraussetzungen dafür ist aber, dass man verstehen kann, worauf man sich einlässt und sich auch dementsprechend verhalten kann. - Gesetz stellt die lebensnahe Vermutung, dass Volljährige (ab 18) entscheidungsfähig sind. - Es kommt nicht auf juristisches Detailverständnis an, sondern darauf, den rechtlichen Kern der Handlung zu erfassen. **Keine Rechtsfolgen ohne Entscheidungsfähigkeit!** - Koma , schwerer Beeinträchtigung, Rauschzustand = die Bedeutung seiner Handlung nicht bewusst und daher nicht entscheidungsfähig! - Die Vermutung des §24 Abs 2 wird durch den Beweis des Gegenteils entkräftet. ### ### Handlungsfähigkeit Die faktische Entscheidungsfähigkeit reicht nicht aus, um Rechtswirkungen zu begründen. Um Rechtswirkungen herbeizuführen, muss zusätzlich zur Entscheidungsfähigkeit auch noch die nötige rechtliche Handlungsfähigkeit vorliegen. Im Interesse des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit werden daher **Typisierungen** vorgesehen, also generelle Regeln in Gestalt der rechtlichen Handlungsfähigkeit, die auf der faktischen Entscheidungsfähigkeit aufbaut. Bei der Handlungsfähigkeit geht es um die Fähigkeit, sich durch eigenes Handeln zu berechtigen und zu verpflichten. Abhängig vom jeweiligen Zusammenhang unterteilt man die Handlungsfähigkeit vor allem in - **Geschäftsfähigkeit** (§865): Fähigkeit, sich durch eigenes Verhalten rechtsgeschäftlich zu berechtigen und zu verpflichten - **Deliktsfähigkeit** (§176): Fähigkeit, aus eigenem rechtswidrigen Verhalten schadenersatzpflichtig zu werden. Es gibt auch noch zahlreiche spezielle Ausprägungen der Handlungsfähigkeit. Dazu gehört die Testierfähigkeit (§566), die Ehefähigkeit (§1 EheG), aber auch die Fähigkeit, in medizinische Heilbehandlungen einzuwilligen (§173) **Entscheidungsfähigkeit ist also eine Vorfrage der Handlungsfähigkeit**. Wer nicht entscheidungsfähig ist, ist grundsätzlich auch nicht handlungsfähig. Aber nicht jeder, der entscheidungsfähig ist, ist deshalb für eine bestimmte Rechtshandlung auch schon handlungsfähig. Die Handlungsfähigkeit kann insb. aufgrund mangelnden Alters fehlen. ### Geschäftsfähigkeit Die Regeln der Geschäftsfähigkeit bieten einen sehr wirksamen Schutz des Geschäftsunfähigen. Wer nicht die nötige Geschäftsfähigkeit hat, soll sich nicht selbst verpflichten können. GF ist abhängig von Alter und Entscheidungsfähigkeit: - Voll geschäftsfähig: geistig gesunde Volljährige Gesetz normiert ein abstraktes Alter und eine konkrete Entscheidungsfähigkeit Schranke. Wer Verträge nicht selbst abschließen kann braucht die Hilfe von anderen Personen: - Gesetz sieht vor, wer rechtsgeschäftlich für Geschäftsunfähige tätig werden kann. **Minderjährige:** - Eltern, die die Obsorge für das Kind haben **Volljähriger:** - Personen, die der Betroffene entweder selbst ausgesucht hat - Nahe Angehörige können als Erwachsenenvertreter fungieren - Im Notfall bestellt das Gericht einen solchen ### Geschäftsfähigkeit Minderjähriger (§170 ff) Das Gesetz unterscheidet drei Gruppen Minderjähriger Personen **Kinder**: 0-7 **Unmündige Minderjährige:** 8-14 **Mündige Minderjährige**: 15-18 Geburtstag Grundsätzlich ist der Minderjährige geschäftsunfähig (§170 Abs1), wobei gilt: je älter desto näher an der vollen Geschäftsfähigkeit: **Kinder** sind völlig geschäftsunfähig und können sich daher selbst weder berechtigen noch verpflichten (§ 865 Abs 4). Von ihnen getätigte Rechtsgeschäfte sind absolut nichtig, also rechtlich gar nicht existent. Es bestehen nur zwei Ausnahmen, einerseits der **Taschengeldparagraph** (§ 170 Abs 3): Schließt eine Person unter sieben Jahren ein Geschäft, - das von Kindern ihres Alters üblicherweise geschlossen wird und - eine geringfügige Angelegenheit - des täglichen Lebens betrifft, - so wird dieses Geschäft mit der Erfüllung der das Kind treffenden Pflichten rückwirkend wirksam. Dass der Taschengeldparagraph oft auch als **Wurstsemmelparagraph** bezeichnet wird, zeigt, um welche Geschäfte es hier primär geht. Andererseits ist die **Annahme von Versprechen** möglich, die **bloß zum Vorteil** des Kindes sind (§865 Abs 2). - „günstige Geschäfte" sind davon aber nicht davon erfasst -- Geschäft darf NUR Vorteile bringen - zB kauf eines Handys um 400 anstatt 800 Euro -- durch die Zahlungspflicht ist es nicht bloß zum Vorteil des Kindes - die Schenkung dieses Handys wäre stattdessen in Ordnung **Unmündige Minderjährige** können wie Kinder im Rahmen des Taschengeldparagraphen tätig werden, wobei sich Alterstypizität und Geringfügigkeit natürlich an das Lebensalter anpassen. Darüberhinausgehende Geschäfte (zB Kauf eines Fahrrades) sind aber anders als bei Kindern nicht absolut nichtig, sondern bloß **schwebend unwirksam**:\ Bis zur Entscheidung des gesetzlichen Vertreters bleibt der Geschäftspartner gebunden (§ 865 Abs 4). Stimmt der gesetzliche Vertreter zu, ist das Geschäft wirksam. So kann ein für den Minderjährigen vorteilhaftes Geschäft „gerettet" werden. Der Geschäftspartner kann dabei eine Frist für diese Entscheidung setzen. Beachte: Auch die Genehmigung führt zur **vertraglichen Berechtigung und Verpflichtung** des Minderjährigen. Durch die Genehmigung der gesetzlichen Vertreter wird also der Minderjährige **Vertragspartei** und kann -- vertreten durch die Eltern -- klagen oder geklagt werden. Die Eltern können ihre Zustimmung auch vorweg erteilen. **Mündige Minderjährige** können jedenfalls das, was unmündige Minderjährige können. Darüber hinaus kann ein Mündiger über Einkommen aus eigenem Erwerb und über Sachen, die ihm zur freien Verfügung überlassen worden sind, soweit verfügen, als dadurch die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse nicht gefährdet wird (§ 170 Abs 2). Freie Verfügung: - Taschengeld - Sobald die Zuwendung eines Vermögen wertes entweder dauerhaft oder der Vermögenswert zu einem bestimmten Zweck eingesetzt werden soll, besteht keine freie Verfügung Mündige Minderjährige können sich auch vertraglich zu **Dienstleistungen** verpflichten (§ 171 Satz 1). Die Eltern haben allerdings ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 171 Satz 2), der jedenfalls bei Gefährdung des Kindeswohls vorliegen wird. Sie können sich aber nicht selbständig zu Lehr- und Ausbildungsverträgen verpflichten, weil es sich dabei um besonders folgenschwere Entscheidungen handelt (§ 171). Die Wünsche des Kindes sind jedoch -- notfalls vom Gericht -- zu berücksichtigen (§ 172). ### Geschäftsfähigkeit Volljähriger Mit 18 wird man volljährig und ist grundsätzlich unbeschränkt geschäftsfähig. Das gilt nicht bei geistig Beeinträchtigung. Geschäftsunfähig ist wegen fehlender Entscheidungsfähigkeit sowohl der **dauerhaft Geisteskranke**, der seine Angelegenheiten nicht wahrzunehmen vermag, als auch, wer sich nur **vorübergehend nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte** befindet. - Auch aufgrund exzessiven Konsums von Alkohol/Drogen -- kann geschäftsunfähig sein Ist man psychisch Krank, oder hat eine vergleichbare Beeinträchtigung, die verhindert, dass man für sich selbst Entscheidungen trifft, braucht man -- wie der Minderjährige einen Vertreter, der rechtliche Angelegenheiten wahrnimmt: - Wer als Gesunder mit voller Entscheidungsfähigkeit vorsorgen will, kann eine Vorsorgevollmacht errichten (§§ 260 ff) - Wer schon im Zustand der Beeinträchtigung einen Vertreter aussuchen will, kann mit einem gewählten Erwachsenenvertreter eine Vereinbarung abschließen (§§ 264 ff), wenn er zumindest noch über die dafür nötige geminderte Entscheidungsfähigkeit verfügt. - Ist es für eine privatautonome Entscheidung zu spät, kommt es zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung, bei der die nächsten Angehörigen zum Zug kommen (§§ 268 ff). - Kommt eine gesetzliche Erwachsenenvertretung nicht in Betracht, hat das Gericht einen Vertreter zu bestellen und auch dabei auf die Wünsche des Betroffenen Rücksicht zu nehmen (§§ 271 ff). Geschäftsunfähige Volljährige sollen so viel Autonomie behalten wie möglich. - Alltagsgeschäfte selbst abschließen - Alle Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens - Alltagsgeschäft iSd §242 Abs 3 -- deutlich weiter als §170 Abs 3 ![](media/image2.png) Gültigkeit des Rechtsgeschäfts hängt neben der Qualifizierung als Alltagsgeschäfts, das die Lebensverhältnisse der volljährigen Person nicht übersteigt, aber wie beim Taschengeldparagraph auch davon ab, ob die volljährige Person ihre **Pflichten vollständig erfüllt** hat, also vor allem den KP bezahlt hat. - Vertreter muss dafür sorgen, dass die vertretene Person die Mittel für die Bewältigung des Alltags hat - §258 Abs 2 - Die betroffene Person soll ihre Alltagsgeschäfte so weit wie möglich selbstständig meistern können. ### Schutzniveau Um das Ziel des Schutzes desjenigen, der seine Interessen nicht selbst wahrnehmen kann, wirksam zu erreichen, muss der Geschäftsunfähige auch gegenüber dem Gutgläubigen geschützt werden. Es kommt daher nie darauf an, ob die Geschäftsunfähigkeit dem Vertragspartner erkennbar war -- Geschäftsunfähigenschutz geht vor Vertrauensschutz! Erklären Sie die Begriffe Geschäftsfähigkeit und Deliktsfähigkeit! Welche rechtlich relevanten Altersstufen kennen Sie? Wann kann das Gericht einen Erwachsenenvertreter bestellen? Warum kann jeder -- egal wie alt oder geistesschwach -- Geschäfte im Rahmen des Taschengeldparagraphen abschließen? Welche Bedeutung hat das Konzept schwebend unwirksamer Rechtsgeschäfte? Wie wird bei Geschäftsunfähigkeit das Vertrauen des Vertragspartners geschützt? Was versteht man unter den „vier Säulen" des Erwachsenenschutzrechts? Inwiefern ist der Begriff des Alltagsgeschäfts bei Erwachsenen (nach §242 Abs 3) weiter als die geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens bei Minderjährigen (nach §170 Abs 3)? Das Schuldverhältnis -------------------- ### Definition Schuldverhältnisse sind rechtliche Beziehungen, durch die eine Person gegenüber einer anderen Person verpflichtet wird, etwas zu tun oder zu unterlassen.\ Idealtypus des Schuldverhältnisses kann daher am besten als **Rechtsband** zwischen zwei Personen begriffen werden. Beteiligten eines Schuldverhältnisses werden **Schuldner** und **Gläubiger** genannt: - Schuldner hat eine Schuld zu leisten - Gläubiger hat einen Anspruch auf die geschuldete Leistung Leistet der Schuldner nicht, kann der Gläubiger sein Recht grundsätzlich vor Gericht durchsetzen und den **Schuldner zur Leistung zwingen**. ### Entstehung -- aus Rechtsgeschäft oder Gesetz Rechtsgeschäfte: - **Verträge** -- zweiseitige Rechtsgeschäfte, bei denen sich beide Parteien einigen müssen - Einigung zweier Parteien Rechte und Pflichten zu begründen - Einigung kann formfrei passieren - **Einseitige Rechtsgeschäfte** -- Testament Bei besonders risikoreichen Verträgen -- Bürgschaft -- verlangt das Gesetz die Schriftlichkeit. Zu den gesetzlichen Schuldverhältnissen gehört vor allem das **Schadenersatzrecht**. - Autounfallverursacher schuldet dem beschädigten schon kraft Gesetzes Schadenersatz Es hat sich gezeigt, dass die sachlich zusammengehörigen Rechte und Pflichten sehr oft miteinander verknüpft sind: - Leistung wurde nur versprochen, weil im Gegenzug eine andere versprochen wird - Verkäufer leistet den Gegenstand nur, weil der Käufer sich zur Zahlung verpflichtet Die Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung bei zweiseitig verpflichtenden Verträgen wird **Synallagma** genannt. - In einem **synallagmatischen** Vertrag ist jede Partei Schuldner und Gläubiger Nicht jeder Vertrag ist allerdings zweiseitig verpflichtend: - Schenkung -- es verpflichtet sich nur der Geschenkgeber Das Verfahren zur Durchsetzung der Pflicht heißt **Exekutionsverfahren** (Zwangsvollstreckung) und ist in der Exekutionsordnung (EO) detailliert geregelt. Grundsätzlich kann der Gläubiger dabei mit Hilfe des Staates auf das gesamte Vermögen des Schuldners greifen, um seinen Anspruch zu befriedigen. Was ist das Synallagma? Worauf kann ein Schuldverhältnis basieren? Was ist gemeint, wenn es heißt, der Schuldner hafte für die Erfüllung der Verbindlichkeit? Was ist der Unterschied zwischen einem zweiseitigen Rechtsgeschäft und einem zweiseitig verpflichtenden Rechtsgeschäft? Gewährleistung -------------- ### Ausgangspunkt Am Beispiel Kaufvertrag sieht man sehr gut, dass es im Vertragsrecht verschiedene Stadien gibt: 1. **Vertragsanbahnung** -- plus den dazugehörigen Vertragsverhandlungen. a. A legt B ein Angebot für Dachdecken zu 2. **Vertragsabschluss** -- passiert wenn sich die Parteien einig sind. b. B stimmt dem Angebot des A zu 3. **Erfüllung** c. A deckt das Dach des B und B bezahlt den A für die Leistung. Es stellt sich nun die Frage, was passiert, wenn der Vertrag zwar erfüllt wurde, die Erfüllung aber schlecht erfolgt -- die Leistung ist also mangelhaft. ### Grundlagen Mit der Schlechterfüllung eines Vertrages beschäftigt sich das Gewährleistungsrecht. Die Gewährleistung ordnet eine **verschuldensunabhängige** Haftung des Schuldners für **Mängel** an, die seine Leistung bei der **Erbringung** aufweist. - Zweck ist die Wiederherstellung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Bei entgeltlichen Geschäften verfolgen die Parteien gegenläufige Interessen: - Verkäufer will möglichst teuer Verkaufen und der Käufer billig kaufen. - Vertrag bietet einen beidseitig tragbaren Kompromiss - subjektive Äquivalenz der Leistung Die objektive Richtigkeit (tatsächlicher Wert der Sachen) spielt nur in Extremfällen eine Rolle (Wucher - §879 Abs 2 Z4). Die Rechtsordnung begnügt sich allgemein damit, dass die Parteien subjektiv mit Leistung und Gegenleistung einverstanden waren. Ist die Leistung des Schuldners nun aber mangelhaft, wird die **subjektive Äquivalenz gestört**. Aufgabe des Gewährleistungsrechts ist es, die ursprüngliche gewollte Äquivalenz wiederherzustellen. - Reparatur -- Mangel wird beseitigt - Preisminderung -- Gegenleistung wird angepasst - Vertragsauflösung -- gänzliche Beseitigung des Vertrages Ein Verschulden des Übergebers, also die persönliche Vorwerfbarkeit, ist dafür keine Voraussetzung, Gewährleistung greift auch dann ein, wenn die subjektive Äquivalenz aufgrund eines zufälligen Ereignisses gestört ist, der Übergeber also „nichts dafür kann". **Gewährleistungsansprüche stehen immer gegenüber dem Vertragspartner zu.** Aus dem Grundgedanken der Wahrung der subjektiven Äquivalenz folgt, dass es bei unentgeltlichen Geschäfte keine Gewährleistung gibt.\ **Es gibt ohne Gegenleistung keine Äquivalenz, die wiederhergestellt werden könnt.** Das ABGB kennt ein allgemeines Gewährleistungsrecht für entgeltliche Geschäfte (§§ 922 ff.). Besonderheiten für Verbraucherverträge -- Konsumentenschutzgesetz (KSchG) Auf bestimmte Verbraucherverträge die ab 1.1.22 geschlossen werden, ist auch Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) anzuwenden. - Verträge zwischen Unternehmen (B2B) und Verträge zwischen Verbrauchern (C2C) richten sich nach dem ABGB - Verbraucherverträge (B2C) über den Warenkauf oder über digitale Leistungen richten sich nach dem VGG sowie nach dem ABGB und KSchG; - Verbraucherverträge, die nicht unter das VGG fallen, richten sich nach dem KSchG sowie nach dem ABGB Das ABGB ist also allgemein anwendbar und das KSchG kommt bei Verbraucherverträgen zur Anwendung.\ Der Anwendungsbereich des VGG ist näher zu erläutern: - Sieht für bestimmte Verträge zw. UN und Verbrauchern umfangreiche Sonderbestimmungen vor. - regelt KV über Waren - die Bereitstellung digitaler Leistungen gegen Zahlung oder Hingabe personenbezogener Daten (§ 1 Abs 1 VGG) Die Regelungstechnik ist kompliziert: - VGG enthält keine abschließende, komplette Regelung - VGG regelt nur einzelne wichtige Aspekte der Gewährleistung - Daneben gilt das ABGB und KSchG - Nur wo das VGG Regelungen trifft, gehen diese vor - Speziellere Regelung vor allgemeiner Regelung ### Mangel Grundtatbestand ist das Vorliegen eines Mangels. Ob ein Mangel vorliegt, kann nur zwischen zwei Vertragsparteien beurteilt werden. Es gibt keine „absolut" mangelhafte Sache, weil Maßstab immer der konkrete Vertrag ist:\ Ein Mangel ist eine Abweichung vom vertraglich Geschuldeten (§922) Die Prüfung der Mangelhaftigkeit geht daher stets die Ermittlung des Vertragsinhalts voraus.\ Es spielen: - Eigene **bedungene Eigenschaften** genauso eine Rolle wie - Gewöhnlich **vorausgesetzte Eigenschaften** Was eigenes ausgemacht wird, wird genauso zum Vertragsinhalt wie das, womit vernünftige Parteien auch ohne besondere Vereinbarung rechnen. Das VGG unterscheidet in ähnlicher Form zwischen vertraglich vereinbarten (§5 VGG) und objektiv erforderlichen Eigenschaften (§6 VGG). - Gewöhnlich vorausgesetzt und „objektiv erforderlich" ist, dass die Bindung eines Buches sich nicht nach dreimaligem Aufschlage auflöst - Dass das Auto über ein Schiebedach verfügen soll, muss hingegen eigens vereinbart werden. Ob eine Sache mangelfrei oder mangelhaft ist, ist auch danach zu beurteilen, was der Übernehmer auf Grund der öffentlichen Äußerung des Übergebers oder Herstellers erwarten kann (§922 Abs 2) Körperliche Mängel = Sachmangel Der Übergeber erfüllt den Vertrag auch dadurch schlecht, wenn er die richtige Sache übergibt, aber dem Erwerber nicht die geschuldete Rechtsposition verschafft. =Rechtsmangel. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn die übergebene Sache gar nicht dem Verkäufer gehört und der Käufer nie ET wird. -\> also die geschuldete Rechtsposition wird nicht geschaffen ### Maßgebender Zeitpunkt „Der Übergeber leistet Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind" (§ 924 Satz 1). Das **Gewährleistungsrecht** beschäftigt sich daher nur mit Mängeln, die **im Zeitpunkt der Übergabe** zumindest schon angelegt waren.\ **[Nicht nötig ist, dass sie schon erkennbar waren.]** **Keine Haftung** besteht hingegen für Mängel, [die erst später eingetreten] sind.\ Ein Mangel, der erst nach Übergabe entsteht, ist Risiko des Übernehmers. - Gewährleistung liegt vor, wenn ein krankes Pferd übergeben wird. - Keine Gewährleistung, wenn das Pferd sich beim Übernehmer ansteckt. Oft macht sich ein Mangel erst später bemerkbar. War er im Zeitpunkt der Übergabe schon angelegt, liegt ein Gewährleistungsfall vor.\ Gewährleistung steht daher zu, wenn ein Fernseher mehrere Monate nach Übergabe seine Dienste versagt, weil ein Bauteil schlecht verlötet wurde. Grundsätzlich ist es Sache des Übernehmers, zu beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dass der Mangel schon im ZP der Übergabe vorhanden war. Kommt der Mangel in den **ersten sechs Monaten** ab Übergabe hervor, muss aber der **Übergeber** beweisen, dass der **Mangel [nicht] schon im ZP der Übergabe** vorhanden war. (§ 924 Satz 2). - Im **VGG** beträgt diese Frist ein Jahr (§§ 11, 19 VGG) Vermutung der Mangelhaftigkeit hat große praktische Bedeutung, weil es oft schwerfällt, den Beweis zu führen. Innerhalb der Vermutungsfrist muss der Übernehmer deshalb nur nachweisen, dass die Leistung jetzt nicht dem Vertrag entspricht.\ Die Vermutungsregel nimmt dann an, dass dieser Zustand schon bei der Übergabe vorgelegen ist. Tritt der Defekt des Laptops erst nach sieben Monaten ein, hängt es davon ab: Bei einem B2C-Geschäft greift die Vermutung der Mangelhaftigkeit dann immer noch (§ 11 VGG), bei einem B2B-Geschäft hingegen nicht mehr (§ 924). Ohne Vermutung liegt es am Übernehmer zu beweisen, dass der Mangel schon im Zeitpunkt der Übergabe vorlag (zB ein bekannter Produktionsfehler), sonst wird er nicht obsiegen. Die Vermutung der Mangelhaftigkeit gilt nicht, soweit sie mit der **Art der Sache** oder des Mangels nicht vereinbar wäre (§ 924 Satz 3). Wer sich nach drei Wochen beschwert, dass die gekaufte Milch sauer ist oder die gekaufte Batterie leer, kann sich nicht auf die Vermutung stützen. Dasselbe gilt bei Abnützung durch Gebrauch oder üblichem und damit nicht übermäßigem Verschleiß: Kratzer in einer Pfanne und abgenützte Reifenprofile sind ebenso wenig ein Fall für die Vermutungsregel wie Kalkablagerungen im Wasserkocher. ### Rechtsfolgen Liegt der Mangel bei Übergabe schon vor, steht Gewährleistung zu. Die Rechtsfolgen ordnet das Gesetz in zwei Gruppen: Verbesserung und Austausch einerseits, Preisminderung und Auflösung des Vertrages andererseits (§932; §§ 12, 20 VGG). Dabei gilt ein Vorrang von Verbesserung oder Austausch (Nacherfüllung). Der Übergeber soll dadurch eine zweite Chance erhalten, den Vertrag zu erfüllen und damit seinen Entgeltanspruch behalten zu können. Nur subsidiär stehen dem Übernehmer die Gewährleistungsbehelfe der Preisminderung oder Auflösung des Vertrages zur Verfügung. Der Vorrang der Nacherfüllungsansprüche gilt (überblicksweise) **nicht** bei - **Unmöglichkeit** der primären Behelfe - **Unverhältnismäßigkeit** für den Übergeber - **Verzug** mit der Nacherfüllung oder gar **Verweigerung** der Nacherfüllung durch den Übergeber - erheblichen **Unannehmlichkeiten** für den Übernehmer - Unzumutbarkeit für den Übernehmer wegen **triftiger Gründe in der Person des Übergebers**. ### Primär: Verbesserung, Austausch Bei der **Verbesserung** (§ 932 Abs 2; § 13 VGG) stellt der Übergeber den vertragskonformen Zustand her, indem er den Mangel behebt (Neustreichen der Wand, Anziehen der lockeren Schraube, Austausch des kaputten Mobiltelefondisplays) oder Fehlendes nachträgt (Lieferung der fehlenden Weinflaschen). Beim **Austausch** (§ 932 Abs 2; § 13 VGG) wird der fehlerhafte Leistungsgegenstand durch einen anderen (mangelfreien) ersetzt. Der Austausch ist daher nur bei sogenannten Gattungsschulden möglich. Bei solchen Gattungsschulden wird die geschuldete Sache nur nach **generellen Merkmalen** umschrieben.\ Wird die Geschuldete Sache hingegen individuell beschrieben, liegt eine Stückschuld vor, bei der es keinen Austausch geben kann, weil die Sache nur einmal gibt. Kommen sowohl Verbesserung als auch Austausch in Betracht, hat der Übernehmer das Wahlrecht zwischen den beiden Behelfen. Ist einer der beiden Behelfe unmöglich oder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für den Übergeber verbunden, bleibt nur der andere (§932 Abs 2 Satz 1) Verbesserung und Austausch sind grundsätzlich auf Kosten des Übergebers durchzuführen. Der Übernehmer muss für die Behebung des Mangels nichts zahlen. ### Umstieg auf die sekundären Behelfe Ist Verbesserung und Austausch unmöglich, ist auf primärer Ebene der jeweils andere Behelf geschuldet. Sind aber **Verbesserung und Austausch** unmöglich bleiben nur die Behelfe zweiter Ebene. Sind primäre Behelfe möglich, bekommt der Übergeber wie erwähnt eine zweite Chance, den vertragskonformen Zustand herzustellen. Dabei hat er allerdings Vorgaben zu beachten (§932 Abs 4 Satz 2): - Die Nacherfüllung ist in einer angemessenen Frist für den Übernehmer zu bewirken - Solange das nicht passiert, muss der Übernehmer die Gegenleistung nicht erbringen und kann seinen Anspruch auch gerichtlich durchsetzen. - Er kann auch auf die sekundären Behelfe umsteigen, wenn der Übergeber mit der Nacherfüllung in **Verzug gerät oder sich weigert**. - Die Nacherfüllung ist zwar meist mit gewissen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer verbunden; diese sollen aber geringgehalten werden. - Sind die Unannehmlichkeiten für den Übernehmer nicht zumutbar, kann er ebenfalls auf die sekundären Behelfe umsteigen. - Der Übernehmer ist außerdem nicht an die primären Behelfe gebunden, wenn **triftige Gründe in der Person des Übergebers** vorliegen, die die Nacherfüllung unzumutbar machen (§932 Abs 4 Satz 2). - Auch dadurch berücksichtigt der Gesetzgeber die Interessen des Übernehmers in angemessener Weise. Die Unzumutbarkeitsklausel ist allerdings zurückhaltend anzuwenden, weil ansonsten der Vorrang der Nacherfüllung unterlaufen würde. Für den Verbraucherkauf nach VGG sehen §12 Abs 4, §20 Abs 4 VGG detaillierte Gründe vor, aus denen der Verbraucher sofort die sekundären Behelfe geltend machen kann. Dazu gehört neben den nach dem ABGB bestehenden Gründen vor allem die besondere Schwere des Mangels (§ 12 Abs 4 Z1 VGG), die eine sofortige Preisminderung oder Auflösung des Vertrags rechtfertigt. Manchmal kann allerdings auch der Übergeber (gegen den Willen des Übernehmers!) umsteigen. Dies ist der Fall, wenn die Nacherfüllung für den Übergeber mit einem **unverhältnismäßig hohen Aufwand** verbunden wäre (§922 Abs 4 Satz 1; § 12 Abs 3; §29 Abs 3 VGG). Bei der Prüfung der Frage, ob die primären Behelfe (Verbesserung oder Austausch) für den Unternehmer mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden sind, kann auch berücksichtigt werden, ob der Verbraucher bereit ist, für die Nacherfüllung einen angemessenen Kostenbeitrag zu leisten. So kann eine an sich unverhältnismäßige Verbesserung verhältnismäßig werden. ### Sekundär: Preisminderung, Auflösung des Vertrages Preisminderung ist die **Herabsetzung** des für eine mangelfreie Leistung versprochenen Entgelts auf Grund der Mangelhaftigkeit. Die Preisminderung ist nach der relativen Berechnungsmethode zu ermitteln. Ziel ist, das vereinbarte Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wiederherzustellen. Der für die mangelfreie Sache vereinbarte Preis (P) muss sich zum Preis der mangelhaften Sache (p) so verhalten, wie der Wert der mangelfreien Sache (W) zum Wert der mangelhaften Sache (w). Dies ist in § 14 Abs 2, § 22 Abs 2 VGG ausdrücklich geregelt, gilt aber auch für das ABGB. **P:p=W:w** Mit der Auflösung des Vertrages, die oft auch Wandlung genannt wird, wird der **Vertrag aufgehoben**. Nach erfolgreicher Auflösung des Vertrages gibt es keinen Rechtsgrund für Leistungen (zB Kaufpreisraten). Was schon geleistet wurde, ist zurückzustellen, es kommt daher zur Rückabwicklung des Vertrages. Der Übernehmer kann grundsätzlich wählen, ob er auf Ebene der sekundären Behelfe die Preisminderung oder die Vertragsauflösung will. Allerdings gibt es eine bedeutende **Einschränkung**. Ist der Mangel bloß geringfügig, kann der Übernehmer nur die Preisminderung verlangen (§ 932 Abs 4; § 12 Abs 5, § 20 Abs 6 VGG). **Als Begründung für diese Einschränkung wird oft angeführt, dass die Möglichkeit zur Auflösung des Vertrages bei bloß geringfügigen Mängeln nicht gerechtfertigt wäre.** Um festzustellen, ob ein Mangel geringfügig ist, werden oft objektive und subjektive Merkmale kombiniert:\ Je höher die objektive Wertminderung, desto eher ist der Mangel ebenfalls nicht geringfügig sein. Ist der Mangel im Übergabezeitpunkt bloß angelegt und tritt er erst später hervor (**Weiterfressermangel**), kommt es für die Frage der Geringfügigkeit auf den Zustand im Zeitpunkt des Hervorkommens an. ### Geltendmachung und Fristen Die Gewährleistungsfrist beträgt 2 Jahre bei **beweglichen** Sachen und 3 Jahre bei **unbeweglichen** Sachen. Die längere Frist gilt nicht nur für die Veräußerung unbeweglicher Sachen, sondern auch für Arbeiten daran (Anstreichen, Verputzen, Installationen). Gewährleistung gibt es nur für Mängel, die innerhalb der Gewährleistungsfrist hervorkommen. Für die Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte aus solchen Mängeln hat der Übernehmer jedoch länger Zeit: Die Frist für die Geltendmachung beträgt bei Sachmängeln nach §933 Abs 3 bzw §28 Abs 1 VGG drei Monate ab Ende der Gewährleistungsfrist (**also nicht ab Erkennen des Mangels**) Nach § 933 Abs 4 können sowohl die Gewährleistungsfrist als auch die Geltendmachungsfrist durch Vereinbarung verkürzt oder verlängert werden. Liegt allerdings ein Verbrauchergeschäft vor, können keine kürzeren und damit für den Verbraucher schlechteren Fristen vereinbart werden (§ 9 KSchG; § 3 VGG). Man spricht dabei von einseitig zwingendem Recht. Die Frist beginnt grundsätzlich mit der **Übergabe**, weil ab dann die Sache überprüft werden kann und der Mangel dem Übernehmer zumindest abstrakt erkennbar ist. Besonderes gilt für **Rechtsmängel**, bei denen die Frist erst mit Kenntnis des Mangels beginnt. Hier besteht nicht eine Gewährleistungsfrist und eine separate Geldendmachungsfrist, sondern eine einheitliche Verjährungsfrist von zwei Jahren bzw. bei unbeweglichen Sachen drei Jahren ab Kenntnis des Übernehmers von Mangel (§933 Abs 3; §28 Abs 2 VGG). Hat der Übergeber den Mangel verbessert oder den Austausch vorgenommen, so beginnt die Frist mit erfolgter Verbesserung (Austausch) von neuem zu laufen (Problem der misslungenen Verbesserung/des misslungenen Austausches). ### Ausschluss Nach § 929 hat derjenige keinen Anspruch auf Gewährleistung, der darauf verzichtet hat. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Gewährleistungsrechte des Verbrauchers gegenüber einem Unternehmer vertraglich nicht im Vorhinein ausgeschlossen oder beschränkt werden können. Nicht nur die Gewährleistungsfristen, sondern das gesamte Gewährleistungsrecht ist im **Verbrauchergeschäft** daher zugunsten des Verbrauchers **zwingend** (§ 9 KSchG; § 3 VGG). ### Ersatz für Mangelfolgeschäden Oft werden dem Übergeber durch eine mangelhafte Leistung noch weitere Schäden zugefügt. In all diesen Fällen kommt zum Gewährleistungsfall für die mangelhaft erbrachte Leistung (Montage, Reparatur, Verpflegung) noch eine Folgewirkung dazu, nämlich ein aus dem Mangel resultierender Schaden an sonstigen Rechtsgütern des Übernehmers, den man Mangelfolgeschaden nennt. Solche Mangelfolgeschäden werden nur bei **Verschulden** ersetzt, also wenn sich der Übergeber vorwerfbar verhalten hat. ![](media/image4.png) Während ein Mangelfolgeschaden also andere Rechtsgüter als die übergebene Sache betrifft, ist der Weiterfressermangel eine Verschlimmerung des Mangels an der Sache und damit ein Gewährleistungsfall, für den verschuldensunabhängig einzustehen ist. ![](media/image6.png) ### Gewährleistung und Garantie Unter **Garantie** versteht man die vertragliche Übernahme der Haftung für die Mangelfreiheit der Leistung. Wird die Garantie vom **Verkäufer** gegeben, überschneidet sie sich mit der gesetzlich angeordneten Gewährleistung und ist nur sinnvoll, wenn sie darüber hinausgeht. Weil gegen den Vertragspartner (Verkäufer) ohnehin Gewährleistung zusteht, hat praktisch vor allem die Garantie des Herstellers Bedeutung. Dabei verspricht der Hersteller dem Endabnehmer, dass sein Produkt mangelfrei ist.\ Übernimmt der Hersteller eine Garantie, geht er diese Verpflichtung anders als der Übergeber bei der Gewährleistung freiwillig ein.\ Inhalt und Ausgestaltung hängen vom Garantieversprechen ab. Der Hersteller kann die Mangelfreiheit bei der Übergabe garantieren, aber auch das Funktionieren des Produktes während einer bestimmten Zeit. Der Hersteller kann die Rechte des Begünstigten (meist Verbesserung oder Austausch) von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen (Registrierung auf der Website, Garantie nur für den Erstkäufer, nicht aber bei Weiterverkauf etc). Garantieerklärungen (des Verkäufers oder des Herstellers) können freilich unbedarfte Verbraucher verwirren.\ Insb besteht die Befürchtung, dass der Verbraucher glaubt, neben der Garantie keine weiteren Rechte -- also vor allem keine Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer -- zu haben. Daher muss ein Unternehmer einen Verbraucher nach § 9 a Abs 3 KSchG ausdrücklich auf die gesetzliche Gewährleistungspflicht des Übergebers hinweisen sowie darauf, dass diese durch die Garantie des Herstellers nicht eingeschränkt wird. Welche Aufgabe hat das Gewährleistungsrecht? Warum gibt es bei einer Schenkung keine Gewährleistung? Grenzen Sie die Anwendungsbereiche von VGG und KSchG ab! Welche Arten von Mängeln kennen Sie? Erläutern Sie die Vermutung der Mangelhaftigkeit des § 924! Wofür gilt sie? Welche Besonderheiten gelten im VGG? In welchem Verhältnis stehen primäre und sekundäre Behelfe zueinander? Kann der Übernehmer Verbesserung verlangen, wenn sich der Übergeber weigert, sie vorzunehmen? Kann der Übernehmer zwischen Preisminderung und Auflösung des Vertrages wählen? Ab welchem Zeitpunkt laufen die Gewährleistungsfristen, wie lange dauern sie? Können Modifikationen der Gewährleistung mit einem Verbraucher wirksam vereinbart werden? Was ist ein Mangelfolgeschaden? Wann wird er ersetzt? Erbrecht ======== ### Gegenstand des Erbrechts Erbrecht beschäftigt sich mit der **Rechtsnachfolge** nach einer natürlichen Person, dem **Verstorbenen**. Auch der ältere Begriff des **Erblassers** ist noch sehr gebräuchlich und wird synonym mit den modernen Begriffen des „Verstorbenen" oder „letztwillig Verfügenden" verwendet. Juristische Personen können niemals „Erblasser" sein, da sie nicht sterben können und ihre Beendigung nach gesellschaftsrechtlichen oder insolvenzrechtlichen Regeln erfolgt. Sehr wohl kann eine jP aber Erbe sein. Das Erbrecht verteilt die vermögenswerten Rechte (Aktiva) und Pflichten (Passiva) des Verstorbenen, die zusammen die **Verlassenschaft** bilden, die man oft auch Nachlass nennt. Öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten sind grundsätzlich nicht Gegenstand des Erbrechts und daher unvererblich (Wahlrecht, akademischer Grad, Gewerbeberechtigung, Führerschein).\ In Sonderfällen ist die Vererblichkeit aber gesetzlich angeordnet. Das Erbrecht beschäftigt sich also vor allem mit dem **Übergang von Privatrechten**. Dazu gehören dingliche Rechte (Eigentum), Gesellschafterrechte (Aktien), schuldrechtliche Forderungen, aber auch Verbindlichkeiten des Erblassers (Schadenersatz, Kreditrückzahlung offener Mietzins). ### Berufung zum Erben Wer Rechtsnachfolger des Verstorbenen werden soll, hat ein Erbrecht und heißt Erbe (§ 532). Als Erbe wird man Universalsukzessor (Gesamtrechtsnachfolger) des Erblassers und tritt in alle vererblichen Rechte und Pflichten ein.\ Gibt es nur einen Rechtsnachfolger, ist dieser Alleinerbe; gibt es mehrere, liegt eine Erbengemeinschaft vor (§ 550); die Miterben müssen sich die Verlassenschaft teilen. Der Erbe übernimmt also alle Rechte und Pflichten des Erblassers. Wem der Verstorbene hingegen nur einzelne Stücke aus der Verlassenschaft, zB ein Fotoalbum als Erinnerung oder eine Uhr, hinterlässt, der wird nicht Erbe, sondern nur Einzelrechtsnachfolger. Seine Begünstigung nennt man Vermächtnis. Wer Erbe wird, richtet sich im österreichischen Recht nach zwei Grundsätzen, der Testierfreiheit und der Familienerbfolge. Die Testierfreiheit ist die erbrechtliche Seite der **Privatautonomie** und bedeutet, dass man sich grundsätzlich seinen Erben (durch Testament oder Erbvertrag) aussuchen kann.\ Wer zu Lebzeiten entscheiden kann, wem er seine Sachen zu welchen Bedingungen zuwendet, soll das auch von Todes wegen tun können. Schranken werden der Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht gesetzt. Doch auch wenn der Erblasser von der Testierfreiheit keinen Gebrauch gemacht und kein Testament aufgesetzt hat, muss sein Vermögen verteilt werden. Das Gesetz geht dazu nach der Familienerbfolge vor: Zum Zug kommen die **Verwandten** und der **Ehegatte**. Auch wer an sich gültig (durch Testament oder Gesetz) berufen wäre, kann nur Erbe werden, wenn er den Erblasser, und sei es auch nur kurz, überlebt hat. Da das Erbrecht erst mit dem Tod des Erblassers (**Erbfall**) entsteht, muss der Erbe in diesem Zeitpunkt leben und damit rechtsfähig sein. Vorher besteht höchstens eine Hoffnung, einmal etwas zu erben; über diese Erbaussicht kann man nicht einmal verfügen (§ 879 Abs 2 Z 3). Die Entstehung des Erbrechts wird **Erbanfall** genannt (§ 536). Stirbt ein möglicher Erbe davor, erwirbt er kein Erbrecht (§ 536 Abs 2). ### Einantwortungsprinzip Nicht jeder, der behauptet, Erbe zu sein, kann die Erbschaft einfach in Besitz nehmen. Vielmehr wird in einem **gerichtlichen Verfahren** („Verlassenschaftsverfahren") festgestellt, wem das Erbe zusteht. Dieser Person ist die Verlassenschaft mit Gerichtsbeschluss einzuantworten. Erst damit wird der Erbe Eigentümer der Verlassenschaftssachen, Gläubiger der Forderungen des Erblassers und Schuldner seiner Verbindlichkeiten.\ Mit der Einantwortung kommt es zur **Universalsukzession**, der Erbe tritt vermögensrechtlich an die Stelle des Erblassers. ### Gesetzliche Erbfolge Die gesetzliche Erbfolge (§§ 727 ff) kommt **subsidiär** zur gewillkürten Erbfolge zur Anwendung, nämlich dann, wenn der Erblasser - Nicht - Nicht gültig - Nicht über die gesamte Verlassenschaft letztwillig verfügt hat - Oder wenn die von ihm eingesetzten Erben nicht zur Erbschaft gelangen. Die gesetzliche Erbfolge ist praktisch sehr häufig. Das zeigen bereits die genannten Fälle; vor allem aber treffen die meisten Personen keine letztwillige Vorsorge. Das Vermögen soll in diesen Fällen nicht dem Staat zufallen. ### Prinzipien der gesetzlichen Erbfolge Die gesetzliche Erbfolge ist der gesetzlich **positivierte, hypothetische Wille** eines typischen Erblassers. Sie ist daher nicht geeignet, im Einzelfall abweichende Verhältnisse zu berücksichtigen. - Hat der Erblasser 3 Kinder, wird davon ausgegangen, dass alle gleich viel erhalten sollen. Entspricht dies nicht dem wahren Willen des Erblassers, muss er ein Testament errichten und eine andere Verteilung anordnen. - Wer verheiratet ist, will sein Vermögen typischerweise eher seiner Frau als seiner Cousine hinterlassen. Soll dennoch die Cousine erben, muss der Erblasser das verfügen; die Erbfolge nimmt hier keine Rücksicht. Die gesetzliche Erbfolge ist **Familienerbfolge**, da von ihr einerseits die Verwandten profitieren (**Verwandtenerbfolge** nach dem Parentelensystem), andererseits der **Ehegatte** (§ 730). **Eingetragene Partner sind stets wie Ehegatten zu behandeln**. Der leichteren Lesbarkeit wegen ist, wenn vom Ehegatten die Rede ist, auch der Partner aus einer eP gemeint. ### Parentelsystem In der gesetzlichen Erbfolge kommen die Verwandten und der Ehegatte zum Zug. In der Verwandtenerbfolge gilt der Grundsatz, dass die nächsten Verwandten des Erblassers die Verlassenschaft erhalten sollen.\ Um nähere von entfernteren Verwandten zu unterscheiden, teilt das Gesetz die Verwandten des Erblassers in vier Gruppen ein. Das ABGB nennt diese Gruppen Linien, gebräuchlich spricht man von Parentelen. - Die [erste Parentel] besteht aus den **Kindern** und Kindeskindern (Enkel, Urenkel, Ururenkel etc) des Erblassers. Diese Abkömmlinge des Verstorbenen nennt man auch Deszendenten. - Die [zweite Parentel] besteht aus den **Eltern** des Erblassers (seinen Aszendenten) und deren Nachkommen (Geschwister des Erblassers, Neffen und Nichten etc.) - Die [dritte Parentel] besteht aus den **Großeltern** des Erblassers und deren Nachkommen (Onkel und Tanten des Erblassers, Cousins und Cousinen etc.) - Die [vierte Parentel] besteht aus den **Urgroßeltern**. Deren Nachfahren haben kein Erbrecht mehr, hier verläuft die Erbrechtsgrenze (§§ 741, 743). Der Ehegatte ist nicht Teil des Parentelensystems, da durch die Eheschließung keine Verwandtschaft entsteht. Er wäre nur dann ausnahmsweise auch im Parentelensystem zu berücksichtigen, wenn zugleich eine Verwandtschaft besteht (zB Cousin heiratet Cousine). Zuerst ist es immer zweckmäßig festzustellen, **in welchen Parentelen Verwandte des Erblassers vorhanden sind.**\ Dann ist die **niedrigste Parentel zu ermitteln**. Nur diese niedrigste Parentel erbt. Es können niemals mehrere Parentelen nebeneinander erben. Steht fest, welche Parentel erbt, ist innerhalb dieser Parentel das Vermögen zu verteilen. Dabei stehen den einzelnen Erben keine bestimmten Vermögensstücke (zB das Bild, die Eigentumswohnung) zu, sondern nur ein Anteil (zB 1/4) an der gesamten Verlassenschaft. Wie die Verlassenschaft in den einzelnen Parentelen zu verteilen ist, wird anschaulich vom Gesetz beschrieben.\ Als allgemeine Regel kann festgehalten werden, dass innerhalb einer Parentel primär die Vorfahren (Stammhäupter) erben und die Anteile nach Köpfen auf sie aufgeteilt werden. Nur wenn diese nicht zum Zug kommen (weil sie zB vorverstorben sind), treten ihre Nachkommen in ihre Rechtsposition ein (Eintrittsrecht, Repräsentationsrecht). ### Erste Parentel In der ersten Parentel erben also primär die Kinder des Erblassers nach Köpfen. **Enkel von noch lebenden Kindern haben daher kein Erbrecht.** ![](media/image8.png) Fällt hingegen einem Kind die Erbschaft nicht an, zB weil es vorverstorben ist, erhalten dessen Nachkommen seinen Anteil; sie repräsentieren das vorverstorbene Kind (§ 733).\ Dabei können die Repräsentanten zusammen nie mehr erhalten als derjenige, den sie repräsentieren (Erbrecht nach Stämmen, § 734 letzter Satz). Kann ein vorverstorbenes Kind nicht repräsentiert werden, kommt es zur Anwachsung. Seine Portion gebührt den übrigen Erben. ![](media/image10.png) ### Zweites Parentel In der zweiten Parentel erben **Vater** und **Mutter** des Erblassers je die Hälfte des Vermögens. Ist ein Elternteil weggefallen, treten seine Nachkommen ein (Repräsentation, §§ 735 f). Geschwister haben also kein eigenes gesetzliches Erbrecht, sondern können nur als Repräsentanten zum Zug kommen. Nur wenn es nicht zur Repräsentation kommt, weil es keine erbberechtigten Nachkommen gibt, tritt Anwachsung des freien Anteils an den anderen Elternteil ein (§ 737). „Repräsentation vor Anwachsung" ist ein allgemeines Prinzip (siehe gleich S 36). Man beginnt mit den Stammhäuptern (Kinder, Eltern, Großeltern). Sind sie am Leben, erben sie. Sind sie vorverstorben, kommt es zur Repräsentation. Gibt es keine Repräsentanten, kommt es zur Anwachsung. Sind beide Eltern verstorben, werden sie von ihren Nachkommen repräsentiert (§ 736). Haben sie nicht nur gemeinsame Nachkommen, treten die Nachkommen des Vaters an seine Stelle und die Nachkommen der Mutter an ihre. Die Portionen von Vater und Mutter werden also nach Köpfen auf ihre jeweiligen Nachkommen verteilt. Gemeinsame Nachkommen repräsentieren doppelt (Vater und Mutter), Nachkommen nur eines Elternteils nur einmal (Vater oder Mutter). ![](media/image12.png) ### Dritte Parentel In der dritten Parentel wird die Verlassenschaft auf die vier Großelternteile aufgeteilt (Großeltern mütterlicherseits und Großeltern väterlicherseits). Ist ein Großelternteil vorverstorben, wird er von seinen Nachkommen repräsentiert. Ist das nicht möglich, wächst sein Anteil dem anderen Großelternteil zu. Wiederum gilt also: Zuerst die Stammhäupter, dann Repräsentation, dann Anwachsung. Ist auf einer Seite das Großelternpaar ohne Nachkommen verstorben, fällt seine Hälfte dem anderen Großelternpaar zu (Anwachsung, § 740) und wird dort nach den allgemeinen Regeln verteilt. ### Vierte Parentel In der vierten Parentel gibt es die vier **Urgroßelternpaare**. Jeder Urgroßelternteil erhält somit 1/8. Ist ein Teil vorverstorben, gibt es keine Repräsentation (Erbrechtsgrenze), sondern nur Anwachsung an den verbundenen Urgroßelternteil (§ 741). Fehlt ein Urgroßelternpaar, wächst sein Anteil dem Urgroßelternpaar desselben Elternteils des Erblassers an (der Anteil bleibt also auf der väterlichen oder mütterlichen Seite). Erst wenn beide Urgroßelternpaare auf einer Seite fehlen, wächst die freie Hälfte den Urgroßelternpaaren des anderen Elternteils an. Die vierte Parentel kommt aber kaum je zum Zug. Nicht nur, dass Urgroßeltern des Verstorbenen meist selbst nicht mehr am Leben sind, gehen ihnen ja Angehörige in niedrigeren Parentelen vor. ![](media/image14.png) ### Prüfschema für die gesetzliche Erbfolge Azs dem bisher Gesagten kann man ein allgemeines Prinzip erkennen: Zuerst ist die richtige Parentel zu bestimmen, wobei gilt: **jung vor alt**. In einer Parentel sind die Vorfahren (zB Eltern des Erblassers) vor ihren Nachfahren (zB Geschwistern des Erblassers) gesetzliche Erben: **alt vor jung**.\ Kommt ein Vorfahre nicht zur Erbschaft, wird er von seinen Nachkommen repräsentiert.\ Ist Repräsentation nicht möglich, kommt es zur Anwachsung, bei der, wenn ein Miterbe ausfällt, dessen Erbteil den übrigen Miterben zufällt. Es gilt also: **Repräsentation vor Anwachsung**. ### Ehegattenerbrecht Der Ehegatte des Erblassers (der Partner in einer eP) hat ein gesetzliches Erbrecht. Seine Erbportion hängt davon ab, mit wem aus dem Parentelensystem er konkurriert. Es ist daher zuerst zu ermitteln, welche Verwandten vorhanden sind. Daraus ergibt sich die Erbquote des Ehegatten.\ **Nur was übrig bleibt, kann nach der Parentelenordnung verteilt werden (§ 744).** **Neben** der **ersten** Parentel erbt der Ehegatte ein Drittel. **Neben** den **Eltern** des Erblassers erbt der Ehegatte zwei Drittel, jeder Elternteil je ein Sechstel. Ist ein Elternteil vorverstorben, erhält der Ehegatte des Erblassers auch dessen Teil.\ Der Ehegatte **verhindert** also die **Repräsentation** durch die Geschwister und die **Anwachsung** von einem Elternteil zum anderen. Neben der dritten und vierten Parentel erbt der Ehegatte alles (§ 744). ![](media/image16.png) Durch das Ehegattenerbrecht soll gerade der Ehegatte bedacht werden. Es hängt daher an seiner Person und an der aufrechten Ehe. Deshalb gibt es im Ehegattenerbrecht einerseits keine Repräsentation, andererseits steht dem Geschiedenen kein gesetzliches Erbrecht mehr zu (§ 746 Abs 1). Welche beiden Grundsätze beherrschen das österreichische Erbrecht? Was befindet sich in der Verlassenschaft, was nicht? Was ist die Einantwortung? Wann kommt es zur gesetzlichen Erbfolge? Nennen Sie das tragende Prinzip der gesetzlichen Erbfolge! Wer wird dadurch begünstigt? Was versteht man unter „Erbrecht nach Köpfen"? In welchem Verhältnis stehen Anwachsung und Repräsentation? Was ist die Erbrechtsgrenze? In welchen Schritten ermitteln Sie gesetzliche Erben? Wie hoch ist die Erbportion des Ehegatten?

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