BSP 4.1_2. Vorlesung_WS_Soziales Handeln und Sinn PDF

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This document appears to be lecture notes or study materials focusing on social action and its meaning. It covers various concepts related to social action, including different types and perspectives from different theorists. It might be part of a course in social sciences, possibly sociology or social work.

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Bachelor-Studiengang „Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit“ SP-4.1 Vorlesung Sozialwissenschaftliche Grundlagen Prof. Dr. Felix Hörisch 2. Vorlesung Soziales Handeln und der sinnhafte Aufbau der...

Bachelor-Studiengang „Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit“ SP-4.1 Vorlesung Sozialwissenschaftliche Grundlagen Prof. Dr. Felix Hörisch 2. Vorlesung Soziales Handeln und der sinnhafte Aufbau der Welt © Prof. Dr. Dieter Filsinger 1 Literatur Verbindliche einführende Literatur Schäfers, Bernhard (1998; 4. Aufl.). Lektion II: Die Grundlagen des Handelns: Sinn, Normen, Werte. In: Schäfers, Bernhard/Korte, Hermann (Hrsg.). Einführung in die Hauptbegriffe der Soziologie. Opladen: Leske+Budrich, S. 17-34. (ggf. bitte neuere/neueste Auflage benutzen!) Amann, Anton (1996; 4. Aufl.). Soziologie. Theorien, Geschichte, Denkweisen. Wien: Böhlau, S. 198-204; S. 249-262; S. 283-299. Vertiefende Literatur (sehr empfohlen für die Vorlesung und grundlegend für das gesamte Studium!) Abels, Heinz (2007). Einführung in die Soziologie. Band 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. (S. 184-241; Kapitel 5: Interaktion) Weitere Vertiefende Literatur Weber, Max (1995). Schriften zur Soziologie. Stuttgart: Reclam (Herausgegeben und eingeleitet von Michael Sukale), S. 79-135; S. 303-312. 2 zur Erinnerung: Zweckrationales Handeln: Rational Choice-Theorie Akteure handeln zielorientiert. Sie können zwischen Alternativen wählen, deren Menge durch die verfügbaren Ressourcen oder Handlungsrestriktionen eingeschränkt ist. Auswahl erfolgt so, dass Ziele/Präferenzen unter den gegebenen Bedingungen möglichst gut erfüllt werden (d.h. zielorientiert). Soziale Prozesse / Ereignisse auf der Makroebene werden durch Handlungen individueller Akteure im sozialen Kontext und durch institutionelle Gegebenheiten erklärbar. (vgl. Diekmann 2008 in: Farzin/Jordan 2008, S. 228-231) 3 Soziales Handeln (Max Weber) Erweiterung um Sinn-Dimension (siehe schon Schütz) Soziales Handeln soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist (Max Weber). Der Begriff Sinn beinhaltet: die planende Absicht, die jemand in einer konkreten Situation verfolgt; die antizipatorischen Vorstellungen (Erwartungen), die ein Handelnder gegenüber einem anderen hat; die normativen Erwartungen gegenüber anderen Handelnden; alltagstheoretische Auffassungen und Orientierungen, die in einer Situation als verbindlich angenommen werden; Vorstellungen über Regeln und Ordnungen. 4 Soziales Handeln (Max Weber) Soziologie […] soll heißen: eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. „Handeln“ soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden. „Soziales“ Handeln aber soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist. Weber, Max (1972): Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie (Studienausgabe). 5. rev. Aufl. bes. v. Johannes Winckelmann. Tübingen: Mohr, S. 1. 5 Soziales Handeln: Sinn Unterschiedliche Sinnbegriffe bei Weber, Mead, Schütz. Sinn ist das Ergebnis der Interpretation/Rekonstruktion eines sozialen Sachverhalts, einer Handlung oder Äußerung in ihrem sozialen und kulturellen Kontext. Unterscheidung zwischen subjektiv gemeintem Sinn und sozialem Sinn (bezieht das Gegenüber mit ein) (Max Weber). Doppelpoligkeit des Sinns: Sinnbezug der Handlung und die Erzeugung von Sinn durch Handlung („Erzeugen und Erzeugnis“). Nur über Intersubjektivität ist „der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt“ (Schütz) möglich. 6 George Herbert Mead Leitgedanke: Mensch erschließt sich seine Welt über symbolische Bedeutungen (symbolischer Interaktionismus) Role Taking (Rollenübernahme; „sich in andere hinein versetzen“) vs. role making (siehe soziale Rolle) Mead unterscheidet zwischen zwei sozialen Phasen, in denen das Kind lernt, sich an einem größeren System zu orientieren und sich gleichzeitig seiner Identität (self) mehr und mehr bewusst wird Kind gewinnt Identität im Spiel Play: Rollenspiel des Kindes; Nachahmen von Repräsentanten der Gesellschaft (strafende Mutter, nervöser Vater, helfende Ärztin etc.); wichtige Bezugspersonen – „signifikante Andere“ 7 George Herbert Mead II Game: organisiertes Spiel, geregeltes Gruppenspiel, organisierte Rolle; Bsp.: Fussballspiel: Gründe und Konsequenzen des Handelns vieler anderer müssen antizipiert werden (eigene Mannschaft vs. gegnerische Mannschaft, Verteidigung uns Angriff etc.); die voraussichtlichen Handlungen der Anderen müssen antizipiert werden Unterscheidung play/game: Play: Rollen werden nacheinander übernommen Game: Kind muss sich mit Gruppenziel identifizieren; Konfrontation mit mehreren anderen Rollen gleichzeitig, diese müssen antizipiert werden „generalisierte Andere“ (Gesellschaft, Werten und Normen) Drei „Ich“-Begriffe: I: impulsives Ich, vorsozial und unbewußt Me: reflektiertes Ich; meine Vorstellung von dem Bild, das andere von mir haben; Ich, das spiegelt, wie andere mich selbst sehen Self: Identität, „Summe“ der verschiedenen reflektierten Ichs aus 8 Soziales Handeln: Typen Typen (Max Weber) Zweckrationales Handeln Wertrationales Handeln Affektuelles Handeln Traditionales Handeln Typen (Jürgen Habermas) (siehe auch später „Gesellschaft als System und Lebenswelt“) Zweckrationales Handeln vs. kommunikatives/verständigungsorientiertes Handeln 9 Soziales Handeln: Typen Affektuell durch Gefühle geleitet Traditional orientiert an gesellschaftlichen Überlieferungen Wertrational auf Verwirklichung von Werten ausgerichtet rationales Kalkül, mit welchen Zweckrational Mitteln jeweilige Zwecke erreicht werden können 1 0 Exkurs: Idealtypus „In der Methodologie und verstehenden Soziologie Max Webers eine ge- dankliche Konstruktion, die im Hinblick auf einen bestimmten Ausschnitt der gesellschaftlich-soziokulturellen Wirklichkeit durch einseitige Steige- rung eines oder einiger Gesichtspunkte und durch gedanklichen Zu- sammenschluss einer Fülle von zugehörigen Einzelerscheinungen gebildet wird. In seiner begrifflichen Reinheit ist dieses Gedanken- bzw. Idealbild kein empirisch gegebener Realtyp, in der Wirklichkeit nicht vorfindbar und insofern eine Utopie. Je schärfer und eindeutiger ein Idealtypus kon- struiert ist, je >weltfremder< er ist, um so besser leistet er seinen Dienst. Der Idealtypus ist von dem Gedanken des Seinsollenden, des Vorbildlichen fernzuhalten (…)“ (Hillmann, Karl-Heinz (Hrsg.) (1994; 4. Aufl.). Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart: Kröner, S.348 (Idealtyp) Idealtypen - Realtypen 1 1 Warum gehen Bürgerinnen und Bürger wählen? Affektuell Traditional Wertrational Zweckrational Abnehmende Wahlbeteiligung Zunehmende Windschiefe in der politischen Partizipation 13 Soziale Lage und Wahlbeteiligung Quelle: Schäfer Quelle: Schäfer (2012). (2013). 14 Responsivität politischer Entscheidungen am Beispiel des Bundestages Geringere politische Partizipation geht mit geringerer Responsivität einher Studie von Elsässer, Hense und Schäfer (2017): Ungleiche Responsivität politischer Entscheidungen des Bundestags für Präferenzen unterschiedlicher Einkommensgruppen Abgleich von 252 Deutschland-Trend- Quelle: Elsässer Sachfragen nach Einkommensgruppen mit et al. 2017. tatsächlichen Politikänderungen in den folgenden vier Jahren Zeitraum 1998-2013 Soziales Handeln: Talcott Parsons Allgemeines Handlungssystem Organismisches Biologische Verfassung des Menschen System Personales Psychische und motivationale Verfassung System des Individuums Konkrete und symbolische Interaktionen Soziales System von Individuen Werte und Verpflichtungen einer Kulturelles System Gesellschaft (normative Funktion) Vgl. Abels 2007, S. 148 10 Soziales Handeln: Orientierungsmuster (Pattern variables) (1) Affektivität versus affektive Neutralität unmittelbare Bedürfnisbefriedigung vs. Befriedigung eines langfristigen Bedürfnisses; bzw. eher gefühlsbestimmtes vs. eher sachlichem soziales Handeln (2) Universalismus versus Partikularismus Akzeptieren allgemeiner und besonderer Gruppennormen vs. stärker an den individuellen Bedürfnissen ausgerichtete Handlungsmöglichkeit; Orientierung an unpersönlich-allgemeinen bzw. persönlich-einmaligen Beziehungen (3) Zuschreibung versus Leistung Alternative zwischen zugeschriebenen Eigenschaften /Qualitäten (dauerhaft) und erworbenen Leistungen (4) Diffusität versus Spezifität Handlungen, die auf die ganze Person bezogen (unspezifische-vielschichtige Interessen) sind vs. Handlungen, die auf spezielle Segmente (z.B. Rollen des Individuums) bezogen sind (5) Selbstorientierung versus Kollektivorientierung Vorrangige Orientierung an Eigeninteressen (Eigennutz, privat-individualistisch) vs. kollektiv-gruppenhafter Interessen (Gemeinnutz) (vgl. Gukenbiehl/Scherr 2008) 11 Steuerungsmedien moderner Gesellschaften Steuerungsmedien moderner Gesellschaften Hierarchie (Staat) Markt Netzwerke (vgl. Mayntz 1984) 12

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