B.Sc. VL Einf Psych, 7. Termin, Klausurvorbereitung PDF

Summary

These lecture notes cover the introduction to psychology, specifically focusing on cultural psychology and general introductory concepts, targeting undergraduate psychology students during the Winter Semester 2023/2024 at Psychologische Hochschule Berlin.

Full Transcript

Einführung in die Psychologie Wintersemester 2023/24 Prof. Dr. Timo Storck Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Überblick über die Vorlesung Termin (8-10 Uhr, c.t.)...

Einführung in die Psychologie Wintersemester 2023/24 Prof. Dr. Timo Storck Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Überblick über die Vorlesung Termin (8-10 Uhr, c.t.) Thema 23. Oktober Einleitung Psychologische Grundlagen- und Anwendungsfächer im Überblick 6. November Geschichte der Psychologie I: Vorläufer in der Geistesgeschichte 20. November Geschichte der Psychologie II: psychologische Schulen und Richtungen 4. Dezember Wissenschaftstheorie und psychologische Methoden(kritik) Replikationskrise 18. Dezember Psychologische Paradigmen Sozial- und kulturwissenschaftliche Psychologie Qualitative Forschung 15. Januar Theoretische Psychologie und Schlüsselkontroversen 29. Januar Klausurvorbereitung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologie jenseits der Naturwissenschaft Der Gegenstand der Psychologie ist bio-psycho-sozial Geisteswissenschaftliche Tradition innerhalb der Psychologie Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive – Der Mensch als soziales, kulturelles Wesen (= Erkenntnisgegenstand der Psychologie) Psychisches immer eingebettet in gesellschaftliche Zusammenhänge auch in historischer Perspektive – Methodische Zugänge zur Subjektivität Einzelfallforschung, qualitative Methodik Introspektion? – Subjektivität als Teil methodischer Zugänge: Die Psyche wird untersucht von Leuten, die selbst eine haben! Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Verstehen und Erklären W. Dilthey: Die Gegenstände der Naturwissenschaften erklären wird, die Gegenstände der Geisteswissenschaften verstehen wir – Thomas Manns „Die Buddenbrooks“ wird verstanden – Die Erderwärmung wird erklärt i.d.R. allzu strikte Trennung (Bsp. fMRT-Studie und Auswertung) Explikation von Gegenstandsverständnis und Fragestellung Komplementarität, mixed-method-Designs Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie quer zu den psychologischen Grundlagen- und Anwendungsfächern, eher bestimmte Perspektive oder Ausrichtung der Betrachtung – „culture inclusive psychology“ – nicht bloß kulturvergleichend nicht im Kern: „fremde Kulturen untersuchen“… – Gefahr Kulturalismus! Untersuchung von Bedeutungen und Praktiken, damit interpretativ Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie lebens- und alltagsweltliche Phänomene nicht elementaristisch oder individuozentrisch – = betrachtet nicht „kleinste Einheiten“ und nicht das Individuum losgelöst aus seinen Bezügen – primäre Sozialität des Menschen Praxis der „Auslegung“ von Praktiken und deren Bedeutung notwendig: Reflexion des eigenen auslegenden Standpunkts (Kulturpsychologie ist selbst bedeutungshafte, interpretationsbedürftige Praxis) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie „In der Kulturpsychologie geht man von einer ‚inneren‘ oder ‚intrinsischen‘ Beziehung zwischen Kultur und Psyche […] aus […] Man richtet sein Interesse auf die interpretative Analyse pragmatischer und semantischer Zusammenhänge.“ (Straub, 2021, S. 28) – wechseitig, aber wie…? „verinnerlicht“ das Individuum Kultur? konstituiert sich Kultur durch die Praktiken der Individuen? Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie Bestimmungen einer handlungstheoretischen, interpretativen Kulturpsychologie: – Ausgangspunkt ist der Mensch als „animal symbolicum“, Bedeutungen schaffendes Lebewesen – Pluralistische Auffassung der charakteristischen wissenschaftlicher Erklärungsform – Verfahren einer qualitativen, interpretativen, rekonstruktiven Forschung – Theorie und Methodologie einer relationalen Hermeneutik (die auf unterschiedliche nicht- nomologische Methoden zurückgreifen kann) – Erweiterung um kultursensible und kulturadäquate Methode Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Identität als Selbst-Narration Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Qualitative Forschung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Aus: Gerrig, 2018, S. 29 Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Qualitative Forschung „hat den Anspruch, Lebenswelten ‚von innen heraus‘ aus der Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben. Damit will sie zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beitragen und auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam machen“ (Flick, von Kardoff & Steinke, 2009, S. 14) berücksichtigt „die Sichtweisen der beteiligten Subjekte, die subjektiven und sozialen Konstruktionen ihrer Welt“ (a.a.O.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen qualitativer Forschung (1) „dadurch geprägt, dass es […] nicht die Methode gibt, sondern ein methodisches Spektrum unterschiedlicher Ansätze“ (a.a.O., S. 22) (2) „Gegenstandsangemessenheit von Methoden“ (oft: „taylor- made“/maßgeschneidert) -> „dass der untersuchte Gegenstand und die an ihn herangetragene Fragestellung der Bezugspunkt für die Auswahl und Bewertung von Methoden darstellen und nicht – wie dies etwa in der Psychologie mit ihrer Festlegung auf das Experiment noch weitgehend der Fall ist – das aus der Forschung ausgeschlossen bleibt, was mit bestimmten Methoden nicht untersucht werden kann“ (a.a.O., S. 22f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen qualitativer Forschung (3) „starke Orientierung am Alltagsgeschehen und/oder am Alltagswissen der Untersuchten“ („naturalistisch“) (4) dem Gedanken der Kontextualität verpflichtet (5) Berücksichtigt die „Unterschiedlichkeit der Perspektiven der Beteiligten“ (Einzelfallanalysen, Typenbildung) (6) Reflexivität des Forschers „als ein wesentlicher Teil der Erkenntnis“ statt als Störfaktor (-> Feldforschung) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen qualitativer Forschung (7) nutzt Verstehen als Erkenntnisprinzip (statt Erklärung) (8) ist dem Prinzip der Offenheit verpflichtet (Konsequenz für Form der Fragestellung und Hypothesenformulierung!) (9) setzt „an der Analyse oder Rekonstruktion von (Einzel-) Fällen“ an (erst im zweiten Schritt Vergleich, Zusammenfassung oder Gegenüberstellung) (10) Ausgangspunkt Konstruktion der Wirklichkeit (11) „Textwissenschaft“ (Interviewdaten, Forschungsnotizen etc. -> Interpretation) (12) „entdeckende Wissenschaft“ (Entdeckung von Neuem) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Erhebung und Auswertung in der qualitativen Methodik Ausgangspunkt: Art der Fragestellung! „qualitative“ Erhebungsmethoden: Interview, (teilnehmende) Beobachtung, Gruppendiskussion u.a. – -> Erzeugen eines „Protokolls“ oder anderen Texts (Transkript, Forschungsnotizen u.a.) (Idee des interpretativen Zugangs) „qualitative“ Auswertungsmethoden: (s.u.) (zunächst) einzelfallbezogen, verstehend, kontextualisierend, Rekonstruktion von Erleben Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gütekriterien in der qualitativen Forschung 1. Reformulierung herkömmlicher Kriterien – Hauptaspekt: Standards z.B. für Transkription oder Forschungsnotizen; genaue Dokumentation; Transparenz von methodischen Entscheidungen und Vollzügen -> Wie entstehen Daten und Interpretationen? (vgl. Flick, 2010, S. 398) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gütekriterien in der qualitativen Forschung 2. Kommunikative Validierung – z.B. „Forschungsprogramm subjektive Theorien“ – Wenn subjektive Theorien erforscht werden soll, warum dann nicht (vorläufige) Ergebnisse den Untersuchten vorlegen? Problem: Inwieweit ist jemanden die eigene subjektive Theorie/Wirklichkeitskonstruktion reflexiv zugänglich? (z.B. Gründe für Radikalisierung) (vgl. Flick, 2010, S. 398f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gütekriterien in der qualitativen Forschung 3. Formulierung methodenangemessener Kriterien – Stärker prozessorientierte Prüfung in der Bewertung von Forschung – Fragen „richten sich auf die Begründetheit der Erkenntnisse in den Daten und der Schlüsse, die Angemessenheit der Kategorienstruktur“ und „sollen prüfen, ob Forschungsentscheidungen gerechtfertigt waren und ob Strategien zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit angewendet wurden“ Z.B. über member checks (kommunikative Validierung) oder peer debriefing – Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Übertragbarkeit, Zuverlässigkeit, Bestätigbarkeit (Lincoln & Guba, 1985) (vgl. Flick, 2010, S. 400f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Überblick über die Vorlesung Termin (8-10 Uhr, c.t.) Thema 23. Oktober Einleitung Psychologische Grundlagen- und Anwendungsfächer im Überblick 6. November Geschichte der Psychologie I: Vorläufer in der Geistesgeschichte 20. November Geschichte der Psychologie II: psychologische Schulen und Richtungen 4. Dezember Wissenschaftstheorie und psychologische Methoden(kritik) Replikationskrise 18. Dezember Psychologische Paradigmen Sozial- und kulturwissenschaftliche Psychologie Qualitative Forschung 15. Januar Theoretische Psychologie und Schlüsselkontroversen 29. Januar Gegenwart und Zukunft der Psychologie / „Futures Literacy“ Klausurvorbereitung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Darstellungsformen konzeptueller Forschung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Metaanalyse Metaanalyse – „Form der Übersichtsarbeit (Forschungssynthese, Literaturreview), die darauf ausgerichtet ist, die Erkenntnisse und Forschungsergebnisse aus unterschiedlichen (Primär- )Studien zu einem best. Thema unter Verwendung stat. Verfahren zu integrieren“ (Dorsch, online) – ist allerdings rechnerisches Verfahren -> Transfer auf andere Formen von Studienergebnissen und andere Fragestellungen? – baut auf Systematischem Review auf Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Systematisches Review Arbeitsschritte laut Cochrane Handbook for Systematic Reviews (2011): – Definition der Fragestellung und Entwicklung von Kriterien, nach denen Studien einbezogen werden sollen – Suche nach Studien – Auswahl der Studien und Sammlung der Daten – Einschätzung des bias-Risikos bei den einbezogenen Studien – Analyse der Daten und Durchführen einer Meta-Analyse – Auseinandersetzung mit einem möglichen reporting bias – Darstellung der Ergebnisse und Erstellen von Übersichtstabellen über die Ergebnisse – Interpretation der Ergebnisse sowie Ziehen von Schlussfolgerungen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de „Nicht-rechnerische“ Reviews Ziel: „Aggregierung“ und Weiterführung qualitativ gewonnener bzw. konzeptbildender Daten Metasynthese narratives Review Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Metasynthesis of Qualitative Research Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de (qualitative) Metasynthese „form of scientific inquiry in which research findings about a target event, process, experience, or other phenomenon contained in written reports of completed qualitative studies are summed up, integrated or otherwise assembled“ (Sandelowski, 2012, S. 19) -> spezifisches Feld/Thema -> Veröffentlichungen dazu als Basis -> Vorgehen einer Zusammenfassung, Integration o.ä. Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de (qualitative) Metasynthese Untersuchung der Publikationen (verwendete Daten, daraus gezogene Schlüsse), nicht Re-Analyse von Datensätzen Ziel: neue interpretative Synthesen: „Qualitative metasyntheses are composed of reviewers‘ interpretations of researchers‘ interpretations of their data, not of those data themselves“ (a.a.O., S. 20) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review Unklare Abgrenzung gegenüber der Metasynthese, in der Tendenz explorativer, weniger mit dem Ziel einer vereinheitlichten (synthetisierten) Theorie Hauptanwendungsgebiete (lt. Baumeister & Leary, 1997): (1) Entwicklung einer neuen Theorie (2) Bewertung einer bestehenden Theorie (3) Überblick über vorhandene Literatur zu einem Thema (4) Aufdecken von Problemen, Schwächen, Widersprüchen und Kontroversen in einem Themengebiet (5) Erstellung eines historischen Überblicks über die Entwicklung eines Themenfeldes Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review Fehlerquellen (Baumeister & Leary, 1997): Unzureichende Einführung der Perspektive auf ein Themenfeld Mangelnde Integration der berichteten Ergebnisse in den theoretischen Rahmen Mangelnde kritische Bewertung von Quellen (mit dem – verdeckten – Ziel, für eine bestimmte Interpretation zu votieren) Verwischen des Unterschieds zwischen Behauptung und Argumentation/Beleg Unausgewogene Quellenauswahl (interessengeleitet) Logik eines name dropping Fehlen von Ausblick und neuer Forschungsperspektiven Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review: Gütekriterien Gütekriterien (Steinke, 2007): – Nutzen der Studie – Angemessenheit der Methodenwahl – Dokumentation des methodischen Vorgehens – Kritische Prüfung der im Forschungsprozess generierten Theorie (Falsifizierbarkeit) – Absicherung der (externen) Validität – Ethisches Vorgehen Besondere Bewertung der Subjektivität der Forschenden Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review 1. Formulieren von Forschungsinteresse, Forschungsthema und Forschungsfrage(stellung) 2. Auswahl und Beschreibung der methodischen Vorgehensweise – Art der Literatursuche Welche Datenbanken? Backward/forward snowballing bzw. chaining Bücher/Artikel/Abschlussarbeiten, Kongressbeiträge – Veröffentlichungszeitraum der einbezogenen Quellen – Sprache (Original/Übersetzung) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review 3. Bearbeitung und Darstellung von Forschungsergebnissen – Welche Art von Quelle bzw. Studienergebnis liegt vor? 4. Analyse – Zerlegen einer Argumentation in: Daten, Schlussfolgerung, Schlussregel und Stützung der Schlussregel (Hart, 1998) 5. Synthese/Aggregation – Vergleich verschiedener theoretischer Positionen – Schaffen eines „Mehrwerts“ (Galvan & Galvan, 2017): Auflösen von Konflikten zwischen Studien(ergebnissen) Aufzeigen von alternativen Möglichkeiten, Ergebnisse zu interpretieren Aufzeigen von neuen Forschungsperspektiven und -ansätzen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Forschungsethik Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gerrig, 2018, S. 656 Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de https://www.youtube.com/ watch?v=F4txhN13y6A Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Aussagen von Beteiligten: Ein „Gefangener“ berichtet, er habe die Rolle eines Mannes gespielt, der zusammenbricht; ein „Wärter“ berichtet, die Rolle eines Sadisten gespielt zu haben – um dem Experiment zu helfen Instruktionen der Durchführenden an die „Wärter“, psychologische Gewalt anzuwenden Unklare Situation, ob Probanden ihre Teilnahme vorzeitig beenden konnten Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de “Twenty-one boys (OK, young men) are asked to play a game of prisoners and guards. It’s 1971. There have recently been many news reports about prison riots and the brutality of guards. So, in this game, what are these young men supposed to do? Are they supposed to sit around talking pleasantly with one another about sports, girlfriends, movies, and such? No, of course not. This is a study of prisoners and guards, so their job clearly is to act like prisoners and guards—or, more accurately, to act out their stereotyped views of what prisoners and guards do. Surely, Professor Zimbardo, who is right there watching them (as the Prison Superintendent) would be disappointed if, instead, they had just sat around chatting pleasantly and having tea. Much research has shown that participants in psychological experiments are highly motivated to do what they believe the researchers want them to do. Any characteristics of an experiment that let research participants guess how the experimenters expect or want them to behave are referred to as demand characteristics. In any valid experiment it is essential to eliminate or at least minimize demand characteristics. In this experiment, the demands were everywhere.” Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Ethik des SPE (vgl. DGPs, 2018) Einerseits: Positives Votum einer Ethikkommission! (nach dem Vorgehen von 1971) Keine Täuschung oder Irreführung der TN -> Einwilligung nach Aufklärung Andererseits: Gewalt/Erniedrigung in Kauf genommen bzw. gefördert (Verletzung der Würde) Möglichkeit, Einwilligung zurückzuziehen? Fraglich, ob in Einwilligung die Reichweite überblick werden konnte -> Schaden-Nutzen-Verhältnis schwach Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Forschungsethik Vier Grundprinzipien (Beauchamp & Childress, 2001): Respekt vor der Selbstbestimmung – Freiwilligkeit, Teilnehmerinformation, Täuschung?, Einwilligung (informed written consent) Nichtschädigung – Vermeidung/Minderung von Risiken, Vertraulichkeit und Datenschutz, Anonymisierung/Pseudonymisierung Fürsorge – Nutzen (gesellschaftlich, u.U. persönlich) Gerechtigkeit – Gleichbehandlung (auch in Probandenauswahl), u.U. Entschädigung, Umgang mit Wartebedingungen, Randomisierung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Täuschung in psychologischen Untersuchungen Laut APA zu beachten (Gerrig, 2018, S. 52): 1.) Die Untersuchung muss von hinreichendem wissenschaftlichem, pädagogischem oder praktischem Erkenntnisgewinn sein, um die Täuschung zu rechtfertigen 2.) Forschende dürfen Personen nicht täuschen, wenn es sich um Studien handelt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Belastung verursachen 3.) Die Forschenden müssen nachweisen, dass kein gleichwertiges Verfahren existiert, das ohne Täuschung auskommt 4.) Die Täuschung muss so früh wie möglich, spätestens am Ende der Untersuchung offengelegt werden 5.) Die Versuchspersonen müssen die Möglichkeit haben, nach Offenlegung der Täuschung der Verwendung ihrer Daten zu widersprechen. Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Definition Psychologie Psychologie ist „die wissenschaftliche Untersuchung des Verhaltens von Individuen und ihren geistigen bzw. kognitiven Prozessen.“ (Gerrig, 2018, S. 2) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Ziele der Psychologie 1.) Beschreiben, was geschieht – Daten erheben und (deskriptiv) analysieren – Objektivität 2.) Erklären, was geschieht – Finden von regelhaften Mustern oder Faktoren in Verhalten und in mentalen Prozessen – Verschiedene mögliche Erklärungen – Finden der „genauesten“ Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Ziele der Psychologie 3.) Vorhersagen, was geschehen wird – „Aussagen über die Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Verhalten auftreten wird oder ein bestimmter Zusammenhang nachgewiesen werden kann“ (a.a.O., S. 6) – Zutreffende Erklärung erlaubt meist zutreffende Vorhersage – müssen getestet, bestätigt oder zurückgewiesen werden können 4.) Einfluss nehmen auf das, was geschieht – „Verhalten auftreten oder auch nicht auftreten [..] lassen“ (a.a.O., S. 7) – beginnen, aufrechterhalten, beenden, Form, Stärke und Auftretenswahrscheinlichkeit beeinflussen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Grundlagenbereiche der Psychologie Biologische und evolutionäre Grundlagen des Verhaltens Sensorische Prozesse und Wahrnehmung Gedanken, Bewusstsein und Bewusstseinsveränderungen Lernen Gedächtnis Kognitive Prozesse Emotionen und Motivationen (psychische) Entwicklung Persönlichkeit Soziale Prozesse und Kultur/Gesellschaft Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Methodik und Methodenanwendung Forschungsmethoden/Statistik Experimentelle Psychologie Diagnostik/Testpsychologie Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Anwendungsbereiche der Psychologie Psychische Störungen, Prävention und Intervention Gesundheit Psychologie in Organisationen Bildung, Erziehung, Familie Glaubhaftigkeit, Schuld(fähigkeit) (Leistungs-) Sport Psychologie der (neuen) Medien Der Menschen als „Kulturwesen“ u.v.m. Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Entwicklungspsychologie: Beispiel „Moral“ (Gerrig, 2018, S. 429) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Entwicklungspsychologie: Beispiel „Moral“ Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Persönlichkeitspsychologie, Beispiel „Big Five“ (Gerrig, 2018, S. 511) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Philosophische Wurzeln der akademischen Psychologie Psycho - logie = Lehre der Psyche (Seele, Geist) – psychisch und psychologisch: auf das Psychische bezogen oder auf die Lehre vom Psychischen bezogen nicht sinnvoll: „psychologische Störung“ (das wäre eine Störung in der oder durch die Psychologie!) sinnvoll: „psychologische Forschung“ „Die Psychologie hat eine lange Vergangenheit, doch nur eine kurze Geschichte.“ (Ebbinghaus, 1908, S. 1) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kritische Wissenschaftsgeschichte Wie verläuft die Entwicklung von Kultur und Wissen? – von wenig Wissen zu viel Wissen? – von „primitiv“ zu „aufgeklärt“? Wem sind Forschung und Forschungsergebnisse zugänglich? – ziemlicher Männer-Club! Auf wen bezieht sich Forschung und Wissen? – W.E.I.R.D. people – Problem in der Psychologie Was ist die Struktur von Wissen? – Objektivität? Relevanz? Nützlichkeit? Wer schreibt die Wissenschaftsgeschichte? – „Kultur“-Bias etc. Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Der Blick der Antike auf das Seelenleben: Platon Platon (427-347 v. Chr.) Vom Dialog zur (niedergeschriebenen) Lehre, „Akademie“ – Möglichkeit der Auslegung! Erscheinung und Wesen, „Ideen“ hinter den Gegebenheiten Dualismus zwischen Natur und Idee Höhlengleichnis: – Menschen in Höhle angekettet – Lichtquelle hinter ihnen, so dass Schatten an Höhenwand sichtbar – Gleichnis dafür, dass wir nicht die Dinge selbst sehen/wahrnehmen/erleben, sondern das, wie sie (uns) in Erscheinung treten Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Rationalismus vs. Empirismus R. Descartes (1596-1650) – (französischer) Rationalismus – Übergang zur Wissenschaft der Neuzeit – Zweifel als Ausgangspunkt (Kritik an festen Ordnungen: Tradition, Gott…) – Geist selbst als Fixpunkt: Ich denke (zweifle), also bin ich (Gewissheit aus sich selbst heraus begründet) – Gegenüberstellung von res cogitans und res extensa, Zwei-Substanzen- Lehre (Dualismus!); relevant für die Trennung in Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften – Wo steht die Psychologie? Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Rationalismus vs. Empirismus David Hume (1711-1776): – Erkenntnis nur durch Erfahrung (statt durch Nachdenken/Introspektion) möglich – (britischer) Empirismus – Geist selbst ist durch Sinneseindrücke abgeleitet (nicht nur seine Produkte); Seele ohne eigene Substanz – Grundlage für Assoziations- und Kognitionspsychologie – Ursachen und Kausalität als „Idee unseres Geistes“ nicht als Eigenschaft der Dinge (Kritik einer essenzialistischen Auffassung von Kausalität) Verknüpfung durch Ähnlichkeit, raum-zeitliche Berührung oder Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge – Bezüge zum Positivismus im 20. Jahrhundert Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Rationalismus vs. Empirismus Kant (1724-1804): – Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Sätzen/Urteilen – analytische Urteile sind Begriffsexplikationen (Die Rose ist eine Blume) – synthetische Urteile fügen neue Erkenntnisse/Annahmen ein (Die Rose ist gelb) → Kann es synthetische Urteile a priori geben? Für Walach (2013, S. 184) „Geburtsstunde der modernen Psychologie“: Welches erfahrungsunabhängige Wissen kann ich haben? Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Auf dem Weg zur akademischen Psychologie Franz Brentano (1838-1917) – Priester, Theologe - dann Philosophieprofessor (einer der wichtigsten akademischen Lehrer Sigmund Freuds!) – in Habilitationsschrift: „Die Methode der Philosophie ist keine andere als die der Naturwissenschaft“ – eigene Richtung der Psychologie, als getrennt von der Philosophie – Forderung nach einer naturwissenschaftlichen Psychologie – „deskriptive Psychologie“ als Erfahrungswissenschaft, Beschreibung innerer Prozesse (Introspektion und Evidenzerleben) – Intentionalität: Bewusstsein ist Bewusstsein von etwas (Gerichtetheit) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Auf dem Weg zur akademischen Psychologie H. von Helmholtz (1821-1894) – (Sinnes-) Physiologie, „Manifest“ der Helmholtz-Schule (Du Bois- Reymond) (1847): Psychische Prozesse nach dem Vorbild chemisch- physikalischer beschreiben G.T. Fechner (1801-1887): – Lichtallergie, drei Jahre im dunklen Zimmer… – Fechnersches Gesetz: Zur Verdopplung der Intensität einer Empfindung ist eine Vervierfachung der physikalischen Reizintensität erforderlich – Psychophysik (Verhältnis von physikalischen Größen zu psychischen Empfindungen) – „Bewusstseinsschwelle“ (implizit: Konzeption eines Unbewussten) – Konstanzprinzip Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Geschichte der Psychologie „Geburt“ der akademischen Psychologie gegen Ende des 19. Jahrhunderts Gründung des ersten Instituts für experimentelle Psychologie durch W. Wundt 1879 in Leipzig W. Wundt (1832-1920) – empirisch-experimentelle Forschung im Labor (Wahrnehmung, Denken, Gedächtnis); Ziel der Beschreibung „psychischer Atome“ (einfachste Grundgesetzmäßigkeiten des Psychischen) – auch Psychologie des Sozialen und Völkerpsychologie – mit eigenen Methoden! Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologiegeschichte: …wie? Geschichte großer Männer (!) …? – Wundt, James, Lewin, Watson… Ideengeschichte/Kulturgeschichte – leitende Paradigmen, Schulen, Strömungen – z.B. Theorien des Lernens Problemgeschichte – Wiederkehrende Schlüsselkontroversen (Leib-Seele, trait oder state) – Kernprobleme (Psychologie des Unbewussten) Sozialgeschichte – Wissenschaftspolitik, Institutionalisierung u.a. Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Leipziger Schule Untersuchung der „Tatsachen des Bewußtseins, ihre[r] Verbindungen und Beziehungen […], um schließlich Gesetze aufzufinden, von denen diese Beziehungen beherrscht werden“ (Wundt, 1911, S. 1) → Suche nach allgemeinen Gesetzen Kein Zugang zum Psychischen über Metaphysik, sondern über messbare Sinneseindrücke, Psychologie als „empirische Geisteswissenschaft“ Beschreibung als Zerlegung: Suche nach Elemente des Bewusstseins (Grundlagenforschung), „Elementenpsychologie“ – Apperzeption als Eintreten eines Bewusstseinsinhalts in das Aufmerksamkeitsfeld; Prototyp aller psychischen Prozesse – Voluntarismus: Apperzeptionen als Willenshandlungen – Kritik einer Ausweitung de experimentellen Forschung über die Grundlagen/Elemente hinaus! (keine experimentelle Sozialpsychologie oder experimentelle Psychologie höherer Bewusstseinsprozesse) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Würzburger Schule Oswald Külpe (1862-1915) (auch: Ach, Bühler, Marbe), ehemaliger Assistent Wundts – Anhänger der Aktpsychologie Brentanos Denkpsychologie – Psychologische Grundbegriffe: Seele, Ich, Subjekt, Bewusstsein, Seelenvermögen – und Unbewusstes Einheit des Seelenlebens (statt Untersuchung der Elemente) Selbstbeobachtung (bei Denkprozessen) als Grundmethode der beschreibenden Psychologie (subjektiver als bei Wundt) – Versuchspersonen sollten so genau wie möglich beschreiben, was sie beim Denkversuch erleben Assoziationsversuche, Urteilen unanschauliche Bewusstseinsinhalte (Gedanken/Bewusstheiten) Karl Bühler: Aha-Erlebnis (1908) Wichtiger Einfluss auf Gestalt- und Kognitionspsychologie Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gestaltpsychologie Kurt Koffka, Wolfgang Köhler, Max Wertheimer (1880-1943; Promotion bei Külpe!)) u.a. ab 1910, Höhepunkt 1920er Jahre, erst Frankfurt, später Berlin – Berliner Schule aber auch: Gestaltpsychologie der Grazer Schule (A. Meinong), Produktionstheorie, Attributionstheorie Auch: Ganzheitspsychologie – Gegenbewegung zum elementaristischen Denken (Vorläufer in der Antike) – Das Ganze ist mehr (bzw. etwas anderes) als die Summer der Teile: Übersummativität (Emergenz-Phänomene) – Strukturierungsgesetze/Gestaltgesetze der (optischen) Wahrnehmung (aktive Rolle der Wahrnehmung beim Denken) – Gestalten als ursprüngliche Grundeinheiten des Seelenlebens, Gestaltprinzipien – z.B. Gesetz der guten Gestalt (Unfertiges wird „geschlossen“) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gestaltpsychologie Wertheimer – Phi-Phänomen: wahrgenommene Bewegungsgestalt zwischen zwei in rascher Abfolge präsentierten Bildern einer Linie – produktives Denken (auch: Karl Duncker) Koffka – Unableitbarkeit der Gestalt – Bezug zur Entwicklungspsychologie Köhler – Problemlösendes Verhalten bei Menschenaffen (Kombination von Hilfsmitteln) – Einsicht statt Versuch-und-Irrtum – Annahme, dass auch Hirntätigkeit durch Gestalten organisiert ist Flucht aus NS-Deutschland – In den USA andere Auseinandersetzungen (nicht Wundtsche Bewusstseinspsychologie, sondern Behaviorismus) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Feldtheorie Sechs grundsätzliche Charakteristika der Feldtheorie – Konstruktive Methode Statt klassifizierend – Dynamischer Ansatz Zugrundeliegende Kräfte – Psychologischer Ansatz Nicht in physikalischen Begriffen beschreiben, sondern über die Art und Weise der Existenz des Individuums zu einem gegebenen Zeitpunkt – Ausgang von der Analyse der Gesamtsituation – Verhalten als eine Funktion des Feldes Nur mittelbar über die Vergangenheit – Mathematische Darstellung psychologischer Situationen Topologische Begriffe, Vektoren Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychoanalyse / Tiefenpsychologie Sigmund Freud (1856-1939) Behandlungsverfahren bei psychischen Störungen, allgemeine Lehre des Psychischen, Methode zur Untersuchung Konflikttheorie, dynamisch Unbewusstes Psychische Repräsentanzen von Selbst und „Objekten“ Motivationstheorie: Trieb, Affekte Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Behaviorismus John B. Watson (1878-1958) Starke Traditionslinie in den USA Kritik der introspektiven Methode, Forderung nach Objektivität, bezogen auf Verhalten hohe Relevanz für die Vorrangstellung von „Verhalten“ als Ausgangspunkt psychologischer Forschung und Theoriebildung! Der kleine Albert und seine konditionierte Furchtreaktion (1920) – Hintergrund: klassische Konditionierung I.P. Pawlow (1849-1936): Verbindung von Glockenton mit Speichelfluss beim Hund Entstehung eines bedingter Reflex Reizgeneralisierung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Behaviorismus Burrhus F. Skinner (1904-1990): Einbezug der operanten Konditionierung – „Skinner Box“ – Verstärkerprogramme gegenüber Verhalten: positive Verstärkung: es folgt eine positive Konsequenz negative Verstärkung: es folgt das Ausbleiben einer negativen Konsequenz direkte Bestrafung: es folgt eine negative Konsequenz indirekte Bestrafung: es werden positive Bedingungen entfernt Soziales Lernen, Lernen am Modell: Albert Bandura (1925-2021) – Sozial-kognitive Lerntheorie – Selbstwirksamkeitserwartung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Humanistische Psychologie U.a. Abraham Maslow (1908-1970, Bedürfnispyramide), Charlotte Bühler (1893-1974), Carl Rogers (1902-1987), Fritz Perls (1893-1970) Kritik des Behaviorismus: Mensch mehr als schnelle größere Ratte oder langsamer Computer Aktives Streben des Menschen nach Selbstverwirklichung, Kreativität, Wertsetzung; Streben nach Glück und einem erfüllten Leben Mögliche Hemmung natürlichen Wachstums Theoretische Erklärungen und Beobachtungen im Hintergrund: erlebende Person im Fokus Bezüge Reformpädagogik, geisteswissenschaftliche Psychologie Methodischer Einbezug der (philosophischen) Phänomenologie Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kognitive Wende Aufkommen der Kognitionspsychologie (ab 1950er/1960er Jahre) – Erweiterung des „Beobachtbaren“, Erweiterung von Lerntheorien – „Wende“ v.a. in Nordamerika Skinner (1957): verhaltenstheoretische Auffassung von Sprachentwicklung (= Sprachlernen geschieht durch Verstärkung sinnvoller Silben/Laute!) – Kritik durch N. Chomsky -> ab dann reduzierte Reichweite der Lerntheorie/Verhaltenspsychologie zentrale Annahmen: – Kognitionen haben einen moderierenden Einfluss auf die Verbindung von Stimulus und Verhalten – Annahme innerer Stimuli, die Verhalten auslösen oder beeinflussen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kognitive Wende Kognitionspsychologie als neues Paradigma Zugang zu Emotionen, Erwartungen, Gedanken, Erinnerungen, Motivationen Blick auf Verarbeitung, Bewertung, Steuerung von Reizen – Einfluss Kybernetik Anschluss an frühere Forschungsarbeiten (z.B. Introspektion), aber unter experimentellen Bedingungen Möglichkeiten quantitativen Vorgehens -> Wechsel in der Art und Reichweite der Ergebnisse: keine Aussagen über das Individuum, sondern über das „durchschnittliche“ Individuum, d.h. über mentale Prozesse beim Menschen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen Empirie: – im weiteren Sinn: „Erfahrung“, erfahrender Zugang zur Welt – im engeren Sinn: methodisch an Beobachtbarem/Messbarem orientiert Empirismus: – „methodisch häufig an naturwissenschaftlicher Theorie- und Erfahrungspraxis orientierte erkenntnistheoretische Position, die im Gegensatz zum Rationalismus die generelle Abhängigkeit des Wissens von der Erfahrung behauptet. Danach nimmt jedes Wissen seinen Anfang mit der (begriffsfrei, d.h. als rein Gegebenes, gedachten) Erfahrung und unterliegt ihrer Kontrolle.“ (Mittelstraß, 2004a, S. 542) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen Epistemologie (i.S.v. Erkenntnistheorie): „philosophische Grunddisziplin, deren Gegenstand die Beantwortung der Frage nach den Bedingungen begründeten Wissens ist“ (Mittelstraß, 2004, S. 576) – Lehre vom Entstehung, Wesen und den Grenzen von Erkenntnis E. „meint alle logisch-methodischen Untersuchungen, welche sich auf Ursprünge und Grenzen der Erkenntnis, auf das Subjekt-Objekt- Problem, Begriffs- und Definitionslehre, Logik und Syllogistik beziehen“ – „Wissenschaftstheorie ist demnach die Metatheorie der einzelwissenschaftlichen Erkenntnis“ (Fahrenberg, 2015, S. 31f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen Methodologie: Lehre, „Theorie“ der Methode – beschreibt das erkenntnistheoretische Gerüst konkreter methodischer Zugänge „(1) die den Wissenschaften als Teil einer allgemeinen Logik der Wissenschaften vorausgehende Lehre von den (wissenschaftlichen) Methoden, als solche Teil der (allgemeinen) Wissenschaftstheorie (2) (Methoden-) Theorie(n) innerhalb der Wissenschaften.“ (Mittelstraß, 2004, S. 887) „Methodologie bedeutet Reflexion über das Phänomen und den ‚richtigen Weg‘ zum Phänomen […] bezieht sich also auf Adäquatheit, Passung, Angemessenheit, die Explikation und Operationalisierung eines theoretischen Konstrukts.“ (Fahrenberg, 2015, S. 43) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen Operationalisierung: (Theoretisch begründete) Festlegung, wie in einem methodischen Zugang (z.B. einem Experiment oder einem Fragebogen) bestimmte Annahmen geprüft werden – z.B. „Zufriedenheit“ in einem Fragebogen zum Erleben der Vorlesung über die Items „Nach dem Ende eines Vorlesungstermins habe ich etwas Neues gelernt“, „Die Inhalte sind hilfreich für mein Studium“, „Die Lernatmosphäre ist für mich passend“ erfasst – z.B. „Ekel“ wird in einer Studie über mimischen Affektausdruck durch das Zusammenwirken bestimmter Gesichtsmuskeln und einem phänomenalen Erscheinungsbild operationalisiert Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen: Logische Schlussformen Deduktion: – „Ableitung einer Aussage […] aus anderen Aussagen […] kraft logischer Schlußregeln“ (Mittelstraße, 2004a, S. 434) -> Sind die Prämissen wahr, ist auch die Konklusion wahr – = vom Allgemeinen zum Speziellen z.B.: „Alle Menschen sind sterblich“, „Die Psychologie-Studierende an der PHB sind Menschen“ -> „Die Psychologie-Studierende an der PHB sind sterblich“ Induktion: – vereinfacht: (wahrscheinliche/probabilistische) Schlüsse, die sich aus Prämissen ergeben – = vom Speziellen zum Allgemeinen z.B. „Studierende im Anwendungsfach Klinische Psychologie und Psychotherapie erzielen gute Ergebnisse in der Klausur im Fach Klinische Psychologie“, „Sie hören zuvor Vorlesungen zum Thema bei Prof. Storck und Prof. Schalinski“ -> „Prof. Storck und Prof. Schalinski vermitteln den Studierenden klausurrelevantes Wissen.“ Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen: Logische Schlussformen Abduktion: Schluss von der Konklusion auf zuvor unbekannte Prämissen „Entdeckung“ von „neuer“ Strukturen, die das Zustandekommen des Beobachtbaren erklären (= Finden von Hypothesen!) z.B.: -> abduktiv gewonnene Hypothese: „Es hat eine Zombie-Apokalypse gegeben“ Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen Verifikation: – Begründung der Gültigkeit von Aussagen (= unter welchen Bedingungen erweist sich etwas als wahr?) Falsifikation: – Begründung der Nicht-Ungültigkeit von Aussagen (= unter welchen – nicht gegebenen – Bedingungen erweist sich etwas als falsch?) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Begriffsklärungen Kausalität: – Verschiedene Formen – Meist: Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, z.B. Kugel B setzt sich in Bewegung, weil Kugel A sie angestoßen hat Begründung: – Hinweis auf Gründe für das Zustandekommen eines Phänomens, z.B. Prof. Storck gibt in der Vorlesung eine Einführung in die Wissenschaftstheorie, weil er das für wichtig für Psychologie-Studierende hält Interpretation: – Ergebnis eines verstehenden Zugangs Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Aus: Gerrig, 2018, S. 29 Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Wechselverhältnis von Theorie und Empirie (vgl. Problem der theoriefreien Beobachtungssätze) „Eine Theorie ist eine geordnete Menge von Begriffen und Aussagen, die ein Phänomen oder eine Gruppe von Phänomenen beschreiben und erklären.“ (Gerrig, 2018, S. 28) -> Was ist los und warum ist es so? 1) Beschreibungen und Erklärungen von Fakten 2) Möglichkeit, im Laufe des Forschungsprozesses neue Hypothesen zu generieren „Eine Hypothese ist eine vorläufige und überprüfbare Aussage beispielsweise über den Zusammenhang zweier Merkmale einer Person oder über eine vermutete Ursache-Wirkungs-Beziehung. Hypothesen werden im Fall von Ursache-Wirkungs-Beziehungen oft als Wenn-dann-Aussagen formuliert, in denen bestimmte Ergebnisse aufgrund spezifischer Bedingungen erwartet werden.“ (a.a.O., S. 28) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Theorie -> Hypothesen -> Operationalisierung/methodisch geleitete Prüfung „Forschungskreislauf“: eine Untersuchung bestätigt oder widerlegt eine Hypothese und damit Teile einer Theorie -> Veränderung der Theorie -> Prüfung neuer Hypothesen „Die wissenschaftliche Methodik ist eine allgemein gültige Sammlung von Vorgehensweisen oder auch Methoden, um Ergebnisse so zu gewinnen, dass Fehlerquellen minimiert und verlässliche Schlussfolgerungen gezogen werden können.“ (a.a.O., S. 29) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Datenerhebung (Methoden u.a.: Experiment, Befragung) und Datenauswertung (z.B. Korrelationsrechnungen) -> Analyse/Interpretation Öffentliche Überprüfbarkeit von Forschungsergebnissen – Replikation! Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden Abwendung beobachterabhängiger Urteilsverzerrungen Standardisierung (Verwendung einheitlicher und konsistenter Verfahren auf allen Stufen der Datengewinnung) – z.B. bei Fragebogen oder Interview, Protokollierung von Daten Operationalisierung, Definition von Variablen (abhängig, unabhängig), Null- und Alternativhypothese; Kontrollbedingungen, Randomisierung Probleme: Konfundierung, Erwartungseffekte, Placebo Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden: Gütekriterien Reliabilität: Genauigkeit einer Messung/Erfassungsmethode „bezieht sich auf die Konsistenz und Verlässlichkeit von Verhaltensdaten, die sich aus einer psychologischen Testung oder aus experimenteller Forschung ergeben“ „Ein reliables Ergebnis ist ein Ergebnis, das sich bei wiederholter Testung unter ähnlichen Umständen zu unterschiedlichen Zeiten immer wieder ergibt.“ (Gerrig, 2018, S. 43) Retest-Reliabilität: „Maß der Korrelation zwischen den Testwerten derselben Personen im selben Test, der zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt wurde“ (a.a.O., S. 44) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden: Gütekriterien Validität: „bedeutet, dass die durch die Forschung oder Testung gewonnene Information mit großer Präzision die psychologische Variable wiedergibt, die sie zu messen vorgibt.“ „Wenn ein Experiment valide ist, heißt dies, dass das Ergebnis auf weitergefasste Umstände verallgemeinert werden kann“, z.B. von Laborbedingungen auf Alltagssituationen (a.a.O., S. 44) „Die Validität eines Tests ist also das Ausmaß, in dem er misst, was er zu messen beabsichtigt.“ / spiegelt „die Eigenschaften eines Tests wider[…], korrekte und inhaltlich genaue Vorhersagen über Verhaltensweisen und Leistungsresultate zu treffen“ (a.a.O.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologische Methoden: Gütekriterien Objektivität: Jemand kann „das Verfahren durchführen, auswerten und interpretieren […], ohne, dass persönliche Normen und Werte, Einstellungen oder Vorurteile, die eigene Intelligenz oder Gewissenhaftigkeit auf das Testergebnis Einfluss nehmen werden“ (a.a.O., S. 46) Durchführungs- und Auswertungsobjektivität Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Methodenkritisches Denken „Passt“ das methodische Design zur (Form der) Fragestellung? Betrachtung von Forschungsergebnissen in Relation zur Methodik – Gütekriterien – Eignung der Methode für Fragestellung – Auswertung/Interpretation: Welche andere Möglichkeiten gäbe es? – Artefakte? Moderierende Variablen? Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Methodenkritisches Denken Ausgangspunkt Gütekriterien, insbes. Reliabilität Forschungsergebnisse sollten replizierbar sein, d.h. erneute Durchführung derselben Studie möglich -> Prüfung, ob Ergebnisse stabil Replikationskrise in der Psychologie Probleme: – ungenügende Transparenz von Datengrundlage – Aufmerksamkeits-Bias medienwirksamer Studienergebnisse – wenig publizierte Studien, die nicht zur Bestätigung einer Hypothese führen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Simmons et al., 2011, S. 1362 Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Vorschläge zur Qualitätssicherung Prä-Registrierung von Studien – inkl. Festlegung, welche Daten in welchem Umfang erhoben werden – Forderung renommierter Zeitschriften bei Einreichung von Paper Publikation „negativer“ Ergebnisse Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Vielfalt der Psychologie Methoden – quantitativ/qualitativ – hypothesenprüfend/explorativ – Experiment, naturalistische Studie, teilnehmende Beobachtung u.v.m. Rahmentheorien/Paradigmen – nicht bloß bedeutsam im geschichtlichen Verlauf („Früher dachte man, dass…“) – Menschenbild/Grundannahmen – Erkenntnisinteresse – Folgen für Fragestellungen/Methoden Komplementaritätsprinzip – 1927, N. Bohr, Welle-Teilchen-Dualismus – Erweiterung: Mehrere Theorien helfen beim Erfassen eines Phänomens, auch wenn sie einander widersprechen Gibt es eine „Einheitspsychologie“ als theoretische Rahmung? Welches wären Grundannahmen „über“ die Paradigmen „hinweg“? Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen einer wissenschaftlichen Theorie Korrigierbarkeit, Falsifizierbarkeit Methodengeleitetheit, Erfahrungsnähe – Belege, Argumente Sparsamkeit, Plausibilität Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Paradigmen in der Psychologie Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de kulturvergleichend Big Six der Diversität – Geschlecht, Alter, Religion/Weltanschauung, Ethnizität, sexuelle Orientierung, Behinderung – Intersektionalität! Einfluss auf Menschenbild, Krankheitsverständnis u.a. – Universalität des Freud‘schen Ödipuskomplex? – Untersuchung von Basisemotionen Verbindung zu Soziologie, Ethnologie – Ethnopsychoanalyse Konsequenz für Methodik: teilnehmende Beobachtung, Reflexion der eigenen kulturbezogenen Betrachtungsweise Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kritische Psychologie Verbindung Psychologie und Soziologie („Soziologie der Psychologie“) – Marxismus, Herrschaftskritik Subjektzentriertheit, subjektwissenschaftliche Forschung – Kritik an experimenteller Forschung Reflexion der Bedingungen von Wissen, Forschung u.a. – Unter welchen Bedingungen entsteht welche Art von Wissen? Wem nützt es, dass sich bestimmte Paradigmen, Methoden etc. etablieren? Analyse der zugrundeliegenden Kategorien Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Psychologie jenseits der Naturwissenschaft Der Gegenstand der Psychologie ist bio-psycho-sozial Geisteswissenschaftliche Tradition innerhalb der Psychologie Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive – Der Mensch als soziales, kulturelles Wesen (= Erkenntnisgegenstand der Psychologie) Psychisches immer eingebettet in gesellschaftliche Zusammenhänge auch in historischer Perspektive – Methodische Zugänge zur Subjektivität Einzelfallforschung, qualitative Methodik Introspektion? – Subjektivität als Teil methodischer Zugänge: Die Psyche wird untersucht von Leuten, die selbst eine haben! Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Verstehen und Erklären W. Dilthey: Die Gegenstände der Naturwissenschaften erklären wird, die Gegenstände der Geisteswissenschaften verstehen wir – Thomas Manns „Die Buddenbrooks“ wird verstanden – Die Erderwärmung wird erklärt I.d.R. allzu strikte Trennung (Bsp. fMRT-Studie und Auswertung) Explikation von Gegenstandsverständnis und Fragestellung Komplementarität, mixed-methods-Designs Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie Quer zu den psychologischen Grundlagen- und Anwendungsfächern, eher bestimmte Perspektive oder Ausrichtung der Betrachtung – „culture inclusive psychology“ – nicht bloß kulturvergleichend Nicht im Kern: „fremde Kulturen untersuchen“… – Gefahr Kulturalismus! Untersuchung von Bedeutungen und Praktiken, damit interpretativ Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie Lebens- und alltagsweltliche Phänomene Nicht elementaristisch oder individuozentrisch – = betrachtet nicht „kleinste Einheiten“ und nicht das Individuum losgelöst aus seinen Bezügen – Primäre Sozialität des Menschen Praxis der „Auslegung“ von Praktiken und deren Bedeutung notwendig: Reflexion des eigenen auslegenden Standpunkts (Kulturpsychologie ist selbst bedeutungshafte, interpretationsbedürftige Praxis) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kulturpsychologie „In der Kulturpsychologie geht man von einer ‚inneren‘ oder ‚intrinsischen‘ Beziehung zwischen Kultur und Psyche […] aus […] Man richtet sein Interesse auf die interpretative Analyse pragmatischer und semantischer Zusammenhänge.“ (Straub, 2021, S. 28) – wechseltig, aber wie…? – „verinnerlicht“ das Individuum Kultur? – konstituiert sich Kultur durch die Praktiken der Individuen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Qualitative Forschung „hat den Anspruch, Lebenswelten ‚von innen heraus‘ aus der Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben. Damit will sie zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beitragen und auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam machen“ (Flick, von Kardoff & Steinke, 2009, S. 14) berücksichtigt „die Sichtweisen der beteiligten Subjekte, die subjektiven und sozialen Konstruktionen ihrer Welt“ (a.a.O.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen qualitativer Forschung (1) „dadurch geprägt, dass es […] nicht die Methode gibt, sondern ein methodisches Spektrum unterschiedlicher Ansätze“ (a.a.O., S. 22) (2) „Gegenstandsangemessenheit von Methoden“ (oft: „taylor- made“/maßgeschneidert) -> „dass der untersuchte Gegenstand und die an ihn herangetragene Fragestellung der Bezugspunkt für die Auswahl und Bewertung von Methoden darstellen und nicht – wie dies etwa in der Psychologie mit ihrer Festlegung auf das Experiment noch weitgehend der Fall ist – das aus der Forschung ausgeschlossen bleibt, was mit bestimmten Methoden nicht untersucht werden kann“ (a.a.O., S. 22f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen qualitativer Forschung (3) „starke Orientierung am Alltagsgeschehen und/oder am Alltagswissen der Untersuchten“ („naturalistisch“) (4) dem Gedanken der Kontextualität verpflichtet (5) Berücksichtigt die „Unterschiedlichkeit der Perspektiven der Beteiligten“ (Einzelfallanalysen, Typenbildung) (6) Reflexivität des Forschers „als ein wesentlicher Teil der Erkenntnis“ statt als Störfaktor (-> Feldforschung) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Kennzeichen qualitativer Forschung (7) nutzt Verstehen als Erkenntnisprinzip (statt Erklärung) (8) ist dem Prinzip der Offenheit verpflichtet (Konsequenz für Form der Fragestellung und Hypothesenformulierung!) (9) setzt „an der Analyse oder Rekonstruktion von (Einzel-) Fällen“ an (erst im zweiten Schritt Vergleich, Zusammenfassung oder Gegenüberstellung) (10) Ausgangspunkt Konstruktion der Wirklichkeit (11) „Textwissenschaft“ (Interviewdaten, Forschungsnotizen etc. -> Interpretation) (12) „entdeckende Wissenschaft“ (Entdeckung von Neuem) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gütekriterien in der qualitativen Forschung 1. Reformulierung herkömmlicher Kriterien – Hauptaspekt: Standards z.B. für Transkription oder Forschungsnotizen; genaue Dokumentation; Transparenz von methodischen Entscheidungen und Vollzügen -> Wie entstehen Daten und Interpretationen? (vgl. Flick, 2010, S. 398) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gütekriterien in der qualitativen Forschung 2. Kommunikative Validierung – z.B. „Forschungsprogramm subjektive Theorien“ – Wenn subjektive Theorien erforscht werden soll, warum dann nicht (vorläufige) Ergebnisse den Untersuchten vorlegen? Problem: Inwieweit ist jemanden die eigene subjektive Theorie/Wirklichkeitskonstruktion reflexiv zugänglich? (z.B. Gründe für Radikalisierung) (vgl. Flick, 2010, S. 398f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Gütekriterien in der qualitativen Forschung 3. Formulierung methodenangemessener Kriterien – Stärker prozessorientierte Prüfung in der Bewertung von Forschung – Fragen „richten sich auf die Begründetheit der Erkenntnisse in den Daten und der Schlüsse, die Angemessenheit der Kategorienstruktur“ und „sollen prüfen, ob Forschungsentscheidungen gerechtfertigt waren und ob Strategien zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit angewendet wurden“ Z.B. über member checks (kommunikative Validierung) oder peer debriefing – Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Übertragbarkeit, Zuverlässigkeit, Bestätigbarkeit (Lincoln & Guba, 1985) (vgl. Flick, 2010, S. 400f.) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Methoden und Struktur der Theorieentwicklung Was zeichnet eine Theorie/ein Konzept in der Wissenschaft aus? Stützung durch Empirie – Erfahrungsbezug – Methodengeleitetheit Argumentative Begründung Sparsamkeit Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Metaanalyse Metaanalyse – „Form der Übersichtsarbeit (Forschungssynthese, Literaturreview), die darauf ausgerichtet ist, die Erkenntnisse und Forschungsergebnisse aus unterschiedlichen (Primär- )Studien zu einem best. Thema unter Verwendung stat. Verfahren zu integrieren“ (Dorsch, online) – ist allerdings rechnerisches Verfahren -> Transfer auf andere Formen von Studienergebnissen und andere Fragestellungen? – baut auf Systematischem Review auf Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Systematisches Review Arbeitsschritte laut Cochrane Handbook for Systematic Reviews (2011): – Definition der Fragestellung und Entwicklung von Kriterien, nach denen Studien einbezogen werden sollen – Suche nach Studien – Auswahl der Studien und Sammlung der Daten – Einschätzung des bias-Risikos bei den einbezogenen Studien – Analyse der Daten und Durchführen einer Meta-Analyse – Auseinandersetzung mit einem möglichen reporting bias – Darstellung der Ergebnisse und Erstellen von Übersichtstabellen über die Ergebnisse – Interpretation der Ergebnisse sowie Ziehen von Schlussfolgerungen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de „Nicht-rechnerische“ Reviews Ziel: „Aggregierung“ und Weiterführung qualitativ gewonnener bzw. konzeptbildender Daten Metasynthese narratives Review Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review Unklare Abgrenzung gegenüber der Metasynthese, in der Tendenz explorativer, weniger mit dem Ziel einer vereinheitlichten (synthetisierten) Theorie Hauptanwendungsgebiete (lt. Baumeister & Leary, 1997): (1) Entwicklung einer neuen Theorie (2) Bewertung einer bestehenden Theorie (3) Überblick über vorhandene Literatur zu einem Thema (4) Aufdecken von Problemen, Schwächen, Widersprüchen und Kontroversen in einem Themengebiet (5) Erstellung eines historischen Überblicks über die Entwicklung eines Themenfeldes Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review: Gütekriterien Gütekriterien (Steinke, 2007): – Nutzen der Studie – Angemessenheit der Methodenwahl – Dokumentation des methodischen Vorgehens – Kritische Prüfung der im Forschungsprozess generierten Theorie (Falsifizierbarkeit) – Absicherung der (externen) Validität – Ethisches Vorgehen Besondere Bewertung der Subjektivität der Forschenden Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review 1. Formulieren von Forschungsinteresse, Forschungsthema und Forschungsfrage(stellung) 2. Auswahl und Beschreibung der methodischen Vorgehensweise – Art der Literatursuche Welche Datenbanken? Backward/forward snowballing bzw. chaining Bücher/Artikel/Abschlussarbeiten, Kongressbeiträge – Veröffentlichungszeitraum der einbezogenen Quellen – Sprache (Original/Übersetzung) Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Narratives Review 3. Bearbeitung und Darstellung von Forschungsergebnissen – Welche Art von Quelle bzw. Studienergebnis liegt vor? 4. Analyse – Zerlegen einer Argumentation in: Daten, Schlussfolgerung, Schlussregel und Stützung der Schlussregel (Hart, 1998) 5. Synthese/Aggregation – Vergleich verschiedener theoretischer Positionen – Schaffen eines „Mehrwerts“ (Galvan & Galvan, 2017): Auflösen von Konflikten zwischen Studien(ergebnissen) Aufzeigen von alternativen Möglichkeiten, Ergebnisse zu interpretieren Aufzeigen von neuen Forschungsperspektiven und -ansätzen Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Forschungsethik Vier Grundprinzipien (Beauchamp & Childress, 2001): Respekt vor der Selbstbestimmung – Freiwilligkeit, Teilnehmerinformation, Täuschung?, Einwilligung (informed written consent) Nichtschädigung – Vermeidung/Minderung von Risiken, Vertraulichkeit und Datenschutz, Anonymisierung/Pseudonymisierung Fürsorge – Nutzen (gesellschaftlich, u.U. persönlich) Gerechtigkeit – Gleichbehandlung (auch in Probandenauswahl), u.U. Entschädigung, Umgang mit Wartebedingungen, Randomisierung Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de Täuschung in psychologischen Untersuchungen Laut APA zu beachten (Gerrig, 2018, S. 52): 1.) Die Untersuchung muss von hinreichendem wissenschaftlichem, pädagogischem oder praktischem Erkenntnisgewinn sein, um die Täuschung zu rechtfertigen 2.) Forschende dürfen Personen nicht täuschen, wenn es sich um Studien handelt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Belastung verursachen 3.) Die Forschenden müssen nachweisen, dass kein gleichwertiges Verfahren existiert, das ohne Täuschung auskommt 4.) Die Täuschung muss so früh wie möglich, spätestens am Ende der Untersuchung offengelegt werden 5.) Die Versuchspersonen müssen die Möglichkeit haben, nach Offenlegung der Täuschung der Verwendung ihrer Daten zu widersprechen. Prof. Dr. Timo Storck + Psychologische Hochschule Berlin + Am Köllnischen Park 2 + 10179 Berlin + www.psychologische-hochschule.de