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This document provides an overview of biogeography, including basic concepts, definitions, and different types of biogeographical areas. It's suitable for undergraduate-level geography courses.

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Biogeographie Vorlesung 1: Basiskonzepte der Geographie: Raumkonzepte (Container, Beziehungsraum, Wahrnehmungsraum, konstruierter Raum) Zeithorizonte (kurzfristig, mittelfristig, langfristig) Maßstabsebenen (lokal, regional, nat...

Biogeographie Vorlesung 1: Basiskonzepte der Geographie: Raumkonzepte (Container, Beziehungsraum, Wahrnehmungsraum, konstruierter Raum) Zeithorizonte (kurzfristig, mittelfristig, langfristig) Maßstabsebenen (lokal, regional, national, international, global) Systemkomponenten (Struktur, Funktion, Prozess) Mensch-Umwelt-System (menschliches (Teil-)System - natürliches (Teil-)System) Geosphärenmodell: 1. Atmosphäre 2. Hydrosphäre 3. Biosphäre 4. Pedosphäre 5. Lithosphäre Biogeographie Definitionen: “Die Biosphäre (Lebenshülle) ist der Bereich der Erde, in dem Leben vorkommt sowie die Gesamtheit der Organismen der Erde.” “…Geographical Distribution..” - Charles Darwin “Die Lehre von der Verbreitung der Tier- und Pflanzenarten und von Biodiversität - in der Landschaft und im globalen Vergleich.” “Warum kommt eine Art A nur an Ort X und nicht an Ort Y auf der Erde vor?” - Müller “Die Geographie befasst sich mit der Analyse der Prozesse und Mechanismen, die zur Entstehung biotischer Muster beitragen bzw. beigetragen haben.” - Beierkuhnlein “Biogeographie ist je nach Methodik und Fragestellung entweder eine mehr geographische oder eine mehr biologische Forschungsrichtung, kombiniert aber im Allgemeinen Aspekte biologischer und geowissenschaftlicher Analysen. Sie befasst sich mit der heutigen Verbreitung, erdgeschichtlichen Entwicklung und den Umweltbeziehungen der Tier- und Planzentaxa sowie mit der Verbreitung und den räumlichen Mustern und Prozessen von Populationen, Lebensgemeinschaften und Biomen.” - Wikipedia Begründer der Biogeographie: Carl von Linne Alexander von Humboldt Biogeographie 1 Charles Darwin August Rudolf Grisebach Alfred Russel Wallace Andreas Franz Wilhelm Schimper Robert MacArthur Edward O. Wilson Aktuelle Wissenschaftler der Biogeographie: Peter Moore C. Barry Cox Peter Müller Carl Beierkuhnlein Biogeographische Teilgebiete: 1. Pflanzengeographie 2. Tiergeographie 3. Humanbiogeographie 4. Biogeographie der Mikroorganismen 5. Biogeographie der Pilze Teildisziplinen der Biogeographie: Allgemein / Theoretische Biogeographie (Theorien, Mechanismen) Spezielle Biogeographie (Verbreitung einzelner Organismengruppen) Angewandte Biogeographie (Anwendung biogeographischer Elemente in Naturschutz, Forstwirtschaft, Fischerei, etc.) Arealkunde (räumliche Verbreitung der Organismen) Paläobiologie und Historische Biogeographie (zeitliche Entwicklung und Verteilung) Biozönologie (Biogeographie der Lebensgemeinschaften) Ökologische Biogeographie (Ökosystemare und standörtliche Biogeographie) Vorlesung 2: Definition Ökosystem: Biogeographie 2 “Die Ökologie ist eine wissenschaftliche Teildisziplin der Biologie, die sich mit den Wechselbeziehungen der Organismen untereinander und mit ihrer Umwelt beschäftigt.” Weitere Definitionen verschiedener Unterkategorien: Autökologie bedeutet, dass das Objekt der Forschung das einzelne Individuum ist. Demökologie bedeutet, dass das Objekt der Forschung eine Population einer Art ist. Synökologie bedeutet, dass das Objekt der Forschung eine ganze Lebensgemeinschaft ist. Abgrenzung verschiedener Lebewesen-Begriffe: 1. Individuum: Ein einzelner Organismus, dessen Existenz durch den Tod begrenzt ist. 2. Art: s.u 3. Population: Eine Gruppe von Individuen einer Art, die eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden. 4. Rudel, Klan, Herde, Familie, …: Gruppe von Individuen einer Art mit engen verwandtschaftlichen Beziehungen, die eng zusammenleben. 5. Sippe: Natürliche Verwandtschaftseinheit, unabhängig von der Rangstufe. Definitionen der Gemeinschaft: 1. Biozönose: Eine Lebensgemeinschaft, in der Vertreter verschiedener Arten den gleichen Lebensraum bewohnen. Der Begriff wurde durch Karl August Möbius geprägt. 2. Thanatozönose: Eine Todesgemeinschaft, in der Vertreter verschiedener Arten, die nicht unbedingt eine Lebensgemeinschaft bilden, zusammen und an einem Ort sterben. 3. Taphozönose: Grabesgemeinschaft von Vertretern verschiedener Arten, die zusammen an einem Ort begraben und dort zu Fossilien werden. 💡 Es ist schwierig, Lebensgemeinschaften aus Fossilien zu rekonstruieren, daher sind paläontologische Aussagen schwierig zu treffen. Begründer der Ökologie Justus von Liebig Charles Darwin Karl August Möbius Biogeographie 3 Ernst Haeckel Arthur George Tansley August Thienemann Ökosysteme Ein Ökosystem besteht aus einem Biotop (Lebensraum) und den damit kausal und funktional verknüpfen Lebensgemeinschaften (Biozönose). Ein Ökosystem kann folgende Eigenschaften aufweisen: stabil labil offen geschlossen im ökologischen Gleichgewicht dynamisch Ökosysteme haben eine gewisse Fähigkeit zur Regeneration nach Störungen (komplex). 💡 Es gibt auch Ökosysteme ohne Biozönose wie bspw. Höhlen, frischen Lavaboden und andere Planeten. Bei überwiegend abiotischer Betrachtungsweise nennt man diese Geoökosystem. Biotope Biotope sind der Lebensraum einer Lebensgemeinschaft (Biozönose). Ein Biotop ist die kleinste Einheit einer Biosphäre. Als Biotope werden sowohl natürliche als auch vom Menschen erschaffene Landschaftsbestandteile bezeichnet. Der Begriff Biotop ist wertfrei. Habitate Ein Habitat ist ein spezieller Lebens- und Aufenthaltsort einer Art. Die Kriterien zur Abgrenzung eines Habitats sind die Ansprüche aus Sicht einer Population einer Art oder sogar eines Individuums. Habitate und Biotope müssen nicht deckungsgleich sein. Biogeographie 4 Revier Ein Revier wird auch Territorium genannt. Ein Revier ist ein Gebiet, das durch ein Tier oder eine Gruppe von Revieren gegen Artgenossen durch Revierverhalten verteidigt wird. Bestandteile eines Ökosystems: Biozönose: Lebensgemeinschaft Phytozönose: Pflanzengemeinschaft Zoozönose: Tiergemeinschaft Vegetation: Gesamtheit der Phytozönosen. Flora: Summe aller Pflanzenarten in einem Raumausschnitt, Artenliste (Florenwerk) Fauna: Ausstattung eines Raumes mit verschiedenen Arten und Artengruppen von Tieren (Tierwelt) Synusie: eine Gruppe von Pflanzen oder Tieren innerhalb eines Lebensraums (z. B. eines Ökosystems), die eine ähnliche ökologische Nische teilen oder ähnliche Lebensbedingungen nutzen. Synusien sind oft Teil einer größeren Lebensgemeinschaft (Biozönose) und bestehen aus Organismen, die in einer bestimmten Schicht oder einem bestimmten Bereich eines Ökosystems vorkommen, wie der Moosschicht im Wald oder der Wurzelschicht im Boden. Syntop: Kleiner und abgrenzbarer Biotopausschnitt. Ökoton: Begriff Fokus Beispiele Besondere Merkmale Betrachtung Biotop Lebensraum für Lebewesen Teich, Hecke, Moor abiotischer Bedingungen Kleinste Einheit der Landschaft, inkl. Integration von Biotop Ökotop Lichtung, Düne Biotop und Biozönose und Biozönose Basaltkegel, Rein geologisch, keine Geotop Geologische/geomorphologische Einheit Fossilfundstelle Biotik Gletschervorfeld, Kombination von Geoökotop Wechselwirkung Geologie + Ökologie Lavafeld Geotop und Ökotop Begriff Definition Fokus Beispiele Abgrenzung Ökoprovinz Eine große Regionale Einheit Die Feiner gegliedert Landschaftseinheit, die innerhalb einer Mittelgebirgsregion als eine durch ähnliche Ökoregion. Mitteleuropas, die Ökoregion, aber ökologische größer als ein Biogeographie 5 Bedingungen (Klima, Trockengebiete einzelnes Vegetation, Tierwelt) Südwestamerikas. Ökotop. gekennzeichnet ist. Ein großräumiges Gebiet, das durch Übergeordnete ähnliche ökologische Amazonische Großräumige Einheit, schließt Bedingungen wie Klima, Regenwald- Einheit, Vegetation mehrere Ökoregion Boden und Ökoregion, und Klima im Ökoprovinzen Vegetationstypen Mediterrane Fokus. ein, spezifischer gekennzeichnet ist und Ökoregion Europas. als Biome. meist mehrere Ökoprovinzen umfasst. Eine globale Großlandschaftsklasse, Sehr großräumig, die durch typische Globale umfasst viele Vegetationstypen und Tropischer Vegetationstypen, Ökoregionen, Biom klimatische Regenwald, Tundra, beeinflusst durch orientiert sich an Bedingungen definiert Savanne, Wüste. Klima. Vegetationstypen ist und mehrere und Klimazonen. Ökoregionen umfassen kann. Eine erdweite Umfassender als Großregion, die sich Biome, durch ähnliche Klimatische und Boreale berücksichtigt klimatische ökologische Nadelwaldzone, Ökozone auch Bedingungen, Großräume der Tropenzone, geographische Bodenverhältnisse und Erde. gemäßigte Zone. und klimatische Lebensgemeinschaften Großmuster. auszeichnet. Eine zonale Einteilung der Erde basierend auf Ähnlich zu Klima, Vegetation und Ökozonen, wird Tropen, Subtropen, geographischer Lage. Klima- und jedoch stärker Landschaftszone gemäßigte Breiten, Diese ist oft in Vegetationszonen. geografisch (z. Polarzonen. Abhängigkeit von der B. Breitenkreise) Sonneneinstrahlung und definiert. Temperatur definiert. Der gesamte Bereich Sehr der Erde, in dem Leben umfassender existiert, einschließlich Gesamtheit des Alle Ökosysteme Begriff, Biosphäre der Atmosphäre, Lebens auf der der Erde: Wälder, beschreibt den Hydrosphäre, Erde. Ozeane, Wüsten. globalen Raum, Lithosphäre und in dem Leben Pedosphäre. existiert. Biogeosphäre Bezieht sich auf die Verknüpfung von Kohlenstoffkreislauf, Umfasst die Wechselwirkungen biologischen und Wechselwirkungen Biosphäre und zwischen der Biosphäre geologischen zwischen zusätzlich (Leben) und der Prozessen. Vulkanismus und geologische Geosphäre Vegetation. Prozesse, die (erdbezogene Systeme das Leben beeinflussen (z. Biogeographie 6 wie Lithosphäre und B. geochemische Atmosphäre). Kreisläufe). Zusammenfassung: Größeneinteilung: Die Begriffe lassen sich grob von lokal (z. B. Ökoprovinzen) bis global (z. B. Biosphäre) einordnen. Bezugspunkt: Während sich Begriffe wie Ökoprovinz und Ökoregion stärker auf regionale Vegetation und Klima beziehen, arbeiten Biosphäre und Biogeosphäre auf globaler Ebene und mit übergeordneten Wechselwirkungen. Spezialisierung: Begriffe wie Biogeosphäre gehen über rein ökologische Betrachtungen hinaus und berücksichtigen geologische und chemische Prozesse. Vorlesung 3: Der Artbegriff 1. Biologischer Artbegriff: Lebewesen, die sich in der Natur miteinander fortpflanzen und fruchtbare Nachkommen haben Problem: Fruchtbare Kreuzung meist nicht beobachtet & bei der Evolutionsforschung (Fossilien) nicht überprüfbar 2. Morphologischer Artbegriff: Lebewesen, die in allen wesentlichen Körpermerkmalen untereinander und mit ihren Nachkommen übereinstimmen Problem: äußere Ähnlichkeit bedeutet nicht unbedingt enge Verwandtschaft, daher bei Fossilien oft Fehlschlüsse 3. Ursprünglich: unter der Idee der Artkonstanz geprägter Begriff, d.h morphologische und physiologische Einheitlichkeit 4. Heute: Eine geschlossene Fortpflanzungs- und Abstammungsgemeinschaft, die eine genetische, ökologische und evolutive Einheit bildet Es besteht freie Kreuzbarkeit → Dynamik 💡 Der Artbegriff verschwimmt mit dem Fortschritt der Gentechnik! Bei der Erzeugung von tansplantierbaren Organen werden bspw. die Zellen von einem Mischwesen aus Mensch und Schwein gewonnen. Biogeographie 7 Artenzahl Die Angaben verschiedener Autoren zur Frage nach der Artenzahl lebender Organismen schwankt zwischen rund 2 und 100 Millionen. Bei beschriebenen Arten schwanken Schätzungen zwischen 1 bis 2,3 Millionen. Vorlesung 4: Artentstehung und Artensterben: 1. Artenvielfalt (Biodiversität): Die Biogeographie untersucht die Verteilung der Artenvielfalt auf der Erde und ihre Abhängigkeit von ökologischen, geografischen und evolutionären Faktoren. Ebenen der Biodiversität: Genetische Vielfalt: Unterschiedliche Gene innerhalb einer Art (z. B. Unterarten). Artenvielfalt: Anzahl der Arten in einem Gebiet. Ökosystemvielfalt: Verschiedene Lebensräume, wie Wälder, Wüsten oder Korallenriffe. Faktoren, die Artenvielfalt beeinflussen: Klima: Tropen haben durch Wärme und Feuchtigkeit die höchste Artenvielfalt. Habitatheterogenität: Unterschiedliche Lebensräume fördern Vielfalt. Evolution und Isolation: Regionen wie Inseln (z. B. Galápagos) fördern Endemismus. Störungen: Moderate Störungen (z. B. Feuer) können Vielfalt erhöhen. Hotspots der Biodiversität: Regionen mit besonders hoher Artenvielfalt, die oft bedroht sind (z. B. Amazonas, Korallenriffe, Sundaland). 2. Artensterben: Artensterben ist ein natürlicher Prozess, der durch menschliche Aktivitäten drastisch beschleunigt wurde. Natürliche Aussterberate: Etwa 1–5 Arten pro Jahr, basierend auf fossilen Daten. Aktuelle Aussterberate: 100–1.000 Mal höher als die natürliche Rate (durch menschliche Eingriffe). Ursachen des Artensterbens: 1. Lebensraumverlust: Abholzung, Landwirtschaft, Urbanisierung. 2. Klimawandel: Verschiebung von Lebensräumen, Extremwetterereignisse. 3. Invasive Arten: Fremde Arten verdrängen einheimische Arten (z. B. Ratten auf Inseln). Biogeographie 8 4. Übernutzung: Jagd, Überfischung, Ressourcenabbau. 5. Verschmutzung: Chemikalien, Plastikmüll, Eutrophierung. Kipppunkte: Überschreiten bestimmter Schwellenwerte kann zu einem massiven Verlust der Artenvielfalt führen, etwa durch das Sterben ganzer Ökosysteme (z. B. Korallenbleiche). 3. Bedeutung von Artenvielfalt: Ökologische Funktion: Stabilität und Funktion von Ökosystemen, z. B. Bestäubung, Nährstoffkreisläufe. Ökonomische Bedeutung: Nahrung, Medizin, Rohstoffe. Kultureller und ästhetischer Wert: Inspiration, Tourismus, kulturelle Identität. 4. Strategien zum Schutz: Schutzgebiete: Nationalparks, Biosphärenreservate. Renaturierung: Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme. Nachhaltige Nutzung: Ressourcenschonende Landwirtschaft und Fischerei. Internationale Abkommen: Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD), CITES. Der Mensch verändert die Welt: Syndrome des globalen Wandels: Favela-Sydrom Suburbia-Syndrom Dust-Bowl-Sydrom Landflucht-Syndrom Müllkippen-Syndrom Katanga-Syndrom Aralsee-Sydrom Hoher-Schornstein-Sydrom Sahel-Sydrom Altlasten-Syndrom Massentourismus-Syndrom Kleine-Tiger-Syndrom Verbrannte-Erde-Syndrom Raubbau-Syndrom Havarie-Syndrom Grüne-Revolution-Syndrom Biogeographie 9 💡 Derzeit 7,6 Milliarden Menschen 2100 werden es 11,2 Milliarden Menschen sein zunehmender Konsum, Erhöhung des Lebensstandards in Schwellenländern weltweit wachsende Nachfrage nach Nahrung, Energie und Rohstoffen weltweite Primärmaterialieneinsatz (Metall, Fossile Stoffe, Minerale, Biomasse) in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt 2050 werden ca. 140 Millionen Tonnen Mineralien, Erze, fossile Brennstoffe und Biomasse verbraucht, bei gleichbleibendem Konsumverhalten Die landwirtschaftliche Nutzfläche vergrößert sich ständig, Einzelpersonen steht jedoch immer weniger Fläche zur Ernährung zur Verfügung, potentiell nutzbare Fläche nimmt ab, daher muss an neuen Produktionstechniken gearbeitet werden mehr als 24 Millionen Tonnen gehen weltweit jährlich auf 30% der Ackerflächen verloren Etwa 970 Millionen Tonnen fruchtbarer Boden gehen in der EU jedes Jahr durch Wassererosion verloren Moorschwund Vorlesung 5: Warum kommt eine Art A nur an Ort X und nicht an Ort Y auf der Erde vor? evolutive Prozesse erdgeschichtliche Vorgänge ökologische Anpassungen Einfluss des Menschen Die Macht der (Bio)Geographie: Einfluss auf Ernährungsweisen und die Kultur der Menschen Einfluss auf politische und wirtschaftliche Prozesse und Entwicklungen Biosystematik: Teilgebiet der Biologie versucht durch verschiedene Methoden die verwandtschaftlichen Beziehungen von Organismen zu erkennen & ihre Stammesgeschichte zu rekonstruieren (Phylogenese) & Biogeographie 10 Evolutionsbiologie Organismen werden bestimmt, kategorisiert und benannt Taxonomie: Teilgebiet der Biologie die natürlichen und phylogenetischen Verwandtschaftsbeziehungen von Lebewesen (und Viren) werden in einem hierarchischen Klassifizierungssystem erfasst die taxonomischen Einheiten werden als Taxa (sing. Taxon) bezeichnet Nomenklatur: international festgelegte Regeln zur Benennung von Arten und anderen taxonomischen Einheiten die heute gültige binäre Nomenklatur wurde von Linne (1753) eingeführt Binäre Nomenklatur zweiteiliger wissenschaftlicher Artname 1. Gattungsname (großgeschriebenes Substantiv) 2. Artepitheton (kleingeschriebenes Adjektiv zur Artcharakterisierung) gewöhnlich in lateinischer oder griechischen Sprache, nicht-lateinisches wird lateinisiert Erstbeschreiber und Jahreszahl der Erstveröffentlichung in Abkürzung Beispiel: Canis Lupus L. 1758 Wolf Erstbeschreibung, Holotypus und Locus typicus Die Erstbeschreibung (auch Species description genannt) ist ein formaler wissenschaftlicher Prozess, bei dem eine neue Art oder ein neues Taxon erstmals beschrieben und benannt wird. Dabei werden spezifische Anforderungen eingehalten, die in den jeweiligen Nomenklatur-Codes (ICBN für Pflanzen und ICZN für Tiere) geregelt sind. Holotypus Der Holotypus ist das einzelne physische Exemplar, das als die verbindliche Referenz für die Beschreibung einer neuen Art dient. Es handelt sich um ein spezifisches Exemplar, das die Merkmale der neuen Art repräsentiert. Der Holotypus wird in einer wissenschaftlichen Sammlung (z. B. einem Museum oder einer Universität) hinterlegt, damit andere Wissenschaftler ihn später untersuchen können. Locus typicus Biogeographie 11 Der Locus typicus bezeichnet den Fundort des Holotypus und wird als der "Typusfundort" oder "Typuslokalität" verstanden. Dies ist die geografische Region oder spezifische Lokalität, an der der Holotypus gefunden wurde. Er ist ein entscheidendes Element, um den natürlichen Lebensraum der Art zu dokumentieren. Sprache der Erstbeschreibung Bis 2011 gab es Unterschiede in den Sprachvorgaben für die Erstbeschreibung: 1. Lateinische Sprache (bis 2011): Nach den Regeln des Internationalen Codes der Botanischen Nomenklatur (ICBN) war es erforderlich, dass die Beschreibung der neuen Art in Latein verfasst wurde. Dies war ein Mittel, eine universelle Verständlichkeit zu gewährleisten, da Latein traditionell die Sprache der Wissenschaft war. 2. Englische Sprache (nach 2011): Ab 2012 wurde der International Code of Nomenclature for algae, fungi, and plants (ICN) eingeführt. Dieser ersetzte den ICBN. Eine wichtige Änderung war, dass die Beschreibung nicht mehr in Latein, sondern in Englisch oder einer anderen modernen Sprache erfolgen konnte. Im zoologischen Bereich nach dem International Code of Zoological Nomenclature (ICZN) war Englisch schon länger erlaubt. Internationale Codes für die Nomenklatur Die beiden relevanten Nomenklatur-Codes sind: 1. International Code of Botanical Nomenclature (ICBN): Gilt für Pflanzen, Pilze und Algen. Er legt die Regeln für die wissenschaftliche Benennung und die Priorität von Namen fest. Wurde 2012 durch den ICN abgelöst. 2. International Code of Zoological Nomenclature (ICZN): Regelt die Nomenklatur und Beschreibung neuer Tierarten. Stellt sicher, dass jeder wissenschaftliche Name eindeutig, stabil und international verständlich ist. Die Einhaltung dieser Codes garantiert, dass die Erstbeschreibung international anerkannt und wissenschaftlich nachvollziehbar ist. Artvielfalt Bekannte und geschätzte Artenzahlen: Arthropoden: ~874.000 bekannt, 30 Mio. geschätzt. Biogeographie 12 Samenpflanzen: ~248.000 bekannt, 275.000–400.000 geschätzt. Fische: ~19.000 bekannt, 21.000 geschätzt. Säugetiere: ~4.000 bekannt, 98 % aller Arten entdeckt. Algen, Pilze und Prokaryoten: Gesamtzahl nicht abschätzbar. Bedeutung und Nutzen Die Systematik hilft, die Vielfalt der Natur zu erfassen, ökologische Zusammenhänge zu verstehen und die Auswirkungen des Menschen auf die Artenvielfalt zu bewerten. Vorlesung 6: 1. Organismen - Definition Definition: Ein Organismus ist ein einzelnes Lebewesen, das als eine funktionelle Einheit auftritt. Es besteht aus Zellen, die miteinander in Wechselwirkung stehen und die grundlegenden Lebensprozesse wie Stoffwechsel, Wachstum, Fortpflanzung und Reaktion auf Umweltreize durchführen. Kennzeichen von Organismen: Zellstruktur Metabolismus Fortpflanzung Reizbarkeit Wachstum und Entwicklung 2. Modulare Organismen Definition: Organismen, die aus wiederholten Modulen (z.B. Ästen oder Zellen) bestehen und deren Entwicklung nicht auf ein individuelles "Ganzes" beschränkt ist. Beispiele: Pflanzen: Wurzeln, Stängel, Blätter Korallen: Polypen Merkmale: Unbegrenzte Wachstumsmöglichkeiten Keine klare Grenze zwischen Individuen (z.B. bei Pilzen) 3. Unitare Organismen Definition: Organismen, die als individuelle Einheiten existieren, mit einer klar definierten Körperstruktur und festgelegten genetischen Eigenschaften. Beispiele: Biogeographie 13 Tiere (z.B. Menschen, Vögel) Einzellige Organismen (z.B. Bakterien) 4. Größte Organismen Beispiele für die größten Organismen: Hallimasch (Armillaria ostoyae): Der größte bekannte lebende Organismus, ein Pilz im Wald von Oregon, USA, mit einer Ausdehnung von über 3,5 Quadratkilometern. Pando: Ein Koloniesystem von Aspen-Bäumen in Utah, USA, der genetisch identische Klone sind und eine Gesamtfläche von etwa 43 Hektar abdecken. 5. Hallimasch (Armillaria ostoyae) Beschreibung: Ein unterirdischer Pilz, der sich über seine Myzelstränge vermehrt und eine der größten biologischen Lebensformen bildet. Lebensraum: Wälder, in denen der Pilz Bäume befällt. Besondere Merkmale: Hat keine klaren physischen Grenzen. Ausdehnung und Alter werden durch genetische Untersuchungen festgestellt. 6. Pando (Populus tremuloides) Beschreibung: Ein riesiges Koloniesystem von Aspen-Bäumen in Utah. Eigenschaften: Alle Bäume sind genetisch identisch und stammen von einem einzelnen Klon ab. Schätzungsweise 80.000 Jahre alt. 7. Kennzeichen und Organisation des Lebens Kennzeichen des Lebens: Zellen: Grundbausteine des Lebens Metabolismus: Umwandlung von Energie Wachstum und Entwicklung: Veränderungen im Lebenszyklus Fortpflanzung: Weitergabe genetischer Information Reizbarkeit: Reaktion auf Umweltveränderungen Organisation des Lebens: Molekulare Ebene: DNA, Proteine Zelluläre Ebene: Zellen Organismische Ebene: Individuen und Populationen Ökologische Ebene: Gemeinschaften, Ökosysteme 8. Zellen und Zellorganisation Biogeographie 14 Zelltypen: Prokaryoten: Einfache Zellen ohne Zellkern (Bakterien, Archaeen) Eukaryoten: Komplexere Zellen mit Zellkern (Tiere, Pflanzen, Pilze) Zellorganellen: Zellkern Mitochondrien Chloroplasten (bei Pflanzen) Endoplasmatisches Retikulum (ER) Golgi-Apparat 9. Rekombination Definition: Der Austausch von genetischem Material zwischen Chromosomen während der Meiose. Bedeutung für die Evolution: Erhöht die genetische Vielfalt. Führt zu neuen Kombinationen von Genen, die die Evolution vorantreiben. 10. Phänotyp und Genotyp Genotyp: Das gesamte genetische Material eines Organismus (Erbinformation). Phänotyp: Die beobachtbaren Merkmale eines Organismus (z.B. Farbe, Größe), die durch den Genotyp und Umweltfaktoren bestimmt werden. Beziehung: Genotyp beeinflusst den Phänotyp, aber Umweltfaktoren können ebenfalls einen Einfluss ausüben. 11. Stammesgeschichte und Evolution Stammesgeschichte: Die historische Entwicklung einer Art oder Gruppe von Organismen. Evolution: Der Prozess der Veränderung von Organismen über Generationen hinweg. Mechanismen der Evolution: Natürliche Selektion Mutation Genetische Drift Gendrift Beispiele für Evolution: Entwicklung von Antibiotikaresistenzen Anpassungen an spezifische Lebensräume Biogeographie 15 12. Ontogenese und Phylogenese Ontogenese: Die Entwicklung eines Organismus von der Befruchtung bis zum ausgewachsenen Individuum. Bezieht sich auf die individuelle Entwicklung eines Organismus. Phylogenese: Die Evolution und Verwandtschaft von Arten im Laufe der Zeit. Zeigt die Verwandtschaft zwischen verschiedenen Organismen und ihrer gemeinsamen Abstammung. Thema Definition/Beschreibung Modulare Organismen Organismen, die aus wiederholten Modulen bestehen (z.B. Pflanzen, Korallen) Unitare Organismen Individuen mit einer klar definierten Körperstruktur (z.B. Tiere, Einzeller) Größte Organismen Hallimasch: Größter Pilz, Pando: Größtes Koloniesystem von Aspen-Bäumen Ein unterirdischer Pilz, der sich über Myzelstränge ausbreitet und riesige Hallimasch Ausdehnungen bildet Pando Ein riesiges System von genetisch identischen Aspen-Bäumen in Utah, USA Zelltypen: Prokaryoten (einfach) vs. Eukaryoten (komplex); Zellorganelle wie Zellen und Zellorganisation Zellkern, Mitochondrien Austausch von genetischem Material während der Meiose, fördert genetische Rekombination Vielfalt Genotyp: genetische Information, Phänotyp: beobachtbare Merkmale, beide Phänotyp & Genotyp durch Umwelt beeinflusst Stammesgeschichte & Evolution: Veränderung durch natürliche Selektion, Mutation, etc.; Evolution Stammesgeschichte zeigt Verwandtschaft Ontogenese & Ontogenese: individuelle Entwicklung; Phylogenese: Entwicklung und Phylogenese Verwandtschaft von Arten im Laufe der Zeit Vorlesung 7a 1. Homologie Definition: Homologie bezieht sich auf die Ähnlichkeit von Merkmalen bei verschiedenen Arten aufgrund eines gemeinsamen evolutionären Ursprungs. Kriterium: Die Ähnlichkeit basiert auf einem gemeinsamen Vorfahren und ist in der Regel auf den gleichen genetischen Bauplan zurückzuführen. Beispiel: Vorderextremitäten von Wirbeltieren: Die Flügel von Fledermäusen, die Vorderflossen von Walen und die Arme von Menschen haben den gleichen Aufbau (z. B. Knochenstruktur), obwohl sie sich in ihrer Funktion unterscheiden. Diese Ähnlichkeit ist auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen, der diese Struktur entwickelt hat. Merkmale: Gemeinsamer evolutionärer Ursprung. Biogeographie 16 Häufig unterschiedliche Funktionen, aber gleiche oder ähnliche Struktur. Beispiel für homologe Strukturen: Flügel der Fledermaus und Arm des Menschen. 2. Analogie Definition: Analogie bezieht sich auf die Ähnlichkeit von Merkmalen bei verschiedenen Arten, die unabhängig voneinander aufgrund ähnlicher Umweltbedingungen oder ähnlicher Selektionsdrücke entstanden ist, nicht aufgrund eines gemeinsamen Vorfahren. Kriterium: Diese Ähnlichkeit hat nichts mit der Herkunft oder der gemeinsamen Evolution zu tun, sondern ist das Ergebnis von konvergenter Evolution. Beispiel: Flügel von Insekten und Vögeln: Beide haben Flügel und können fliegen, aber die Flügel sind nicht homolog, weil Insekten und Vögel keinen gemeinsamen Vorfahren mit Flügeln haben. Die Ähnlichkeit ist das Ergebnis der Anpassung an das Fliegen in unterschiedlichen Tierlinien. Merkmale: Unabhängige Entstehung ähnlicher Merkmale. Häufig gleiche Funktion, aber unterschiedliche Struktur und Ursprung. Beispiel für analoge Strukturen: Flügel von Vögeln und Insekten, Flossen von Fischen und Delfinen. Zusammenfassung in einer Tabelle: Kriterium Homologie Analogie Ähnlichkeit aufgrund eines gemeinsamen Ähnlichkeit aufgrund ähnlicher Definition Vorfahren. Umweltbedingungen. Unabhängige Entstehung (konvergente Ursprung Gemeinsamer evolutionärer Ursprung. Evolution). Gleiche oder ähnliche Struktur (z. B. Unterschiedliche Struktur (z. B. Flügel von Struktur gleiche Knochenstruktur). Vögeln vs. Insekten). Funktion kann variieren, aber ähnliche Funktion ist häufig gleich (z. B. Fliegen), Funktion Struktur. Struktur ist aber verschieden. Vorderextremitäten von Wirbeltieren (z. B. Beispiel Flügel von Vögeln und Insekten. Mensch, Wal, Fledermaus). Vorlesung 7b Zusammenfassung der wichtigsten Konzepte: Begriff Definition Beispiel Kontinuierliche Veränderung einer Art Veränderung der Behaarten im Anagenese über Generationen ohne Aufspaltung. Lauf der Zeit Kladogenese Aufspaltung einer Art in zwei oder Entstehung neuer Vogelarten Biogeographie 17 mehr neue Arten. Keine signifikanten Veränderungen Fossilien, die sich kaum Stasigenese über lange Zeiträume. verändert haben Rückkehr von Merkmalen, die bei Atavismen Vorfahren vorhanden waren, aber Schwanzwirbel bei Menschen normalerweise nicht mehr auftreten. Gene, die für grundlegende "House-keeping" Gene Gene für Zellstoffwechsel Zellfunktionen nötig sind. Steuerung der Genexpression zur Anpassung durch Genregulation Anpassung an verschiedene Transkriptionsfaktoren Umweltbedingungen. Theorien über göttliche Schöpfung Kreationismus/Katastrophismus und große Katastrophen als treibende - Kräfte der Evolution. Theorie, dass erworbene Krumme Halswirbel von Giraffen Lamarckismus Eigenschaften vererbt werden. durch Nutzung des Halses Theorie der natürlichen Selektion als Anpassung der Arten an ihre Darwinismus Evolutionstreiber. Umwelt Integration von Darwins Synthetische Evolutionstheorie Selektionstheorie mit modernen - genetischen Erkenntnissen. Austausch von genetischem Material Genetische Mischung in Rekombination während der Meiose. Nachkommen Dauerhafte Veränderung der DNA, die Mutation Mutationen in Hautzellen neue Varianten erzeugt. Unterschiede zwischen Individuen Variabilität Farbvariationen in Populationen einer Population. Auslese von Individuen mit Selektion Survival of the Fittest vorteilhaften Merkmalen. Kleine Veränderungen innerhalb einer Farbliche Variationen in einer Mikroevolution Art. Schmetterlingspopulation Entstehung neuer Arten und Entstehung von Gattungen oder Makroevolution taxonomischer Gruppen. Ordnungen Plötzliche, große Veränderungen in Anpassung an neue Evolutionssprünge einer Art. Umweltbedingungen Schnelle Entwicklung Adaptive Radiation unterschiedlicher Arten aus einer Darwinfinken Ursprungsart. Rasche evolutionäre Veränderungen Bakterielle Resistenzen gegen Beschleunigte Evolution als Reaktion auf neue Antibiotika Umweltfaktoren. Vorlesung 7c Fünf Stufen der Biodiversität: 1. Vielfalt der Arten Biogeographie 18 taxonomische Vielfalt Artenabundanz Individuenabundanz 2. Vielfalt der Gene genetische Vielfalt genetische Variation genetische Variabilität 3. Vielfalt der Lebensräume und Ökosysteme ökosystemare Vielfalt = Vielfältigkeit verschiedener Ökosysteme mit unterschiedlichen Biotopen und Biozönosen 4. Vielfalt der Ökosystemfunktionen funktionale Vielfalt Fülle verschiedener biotischer und abiotischer Wechselwirkungen 5. Vielfalt an organischen Verbindungen biochemische Vielfalt 6. Vielfalt an Verhaltensweisen von Tieren kulturelle Vielfalt Sprachen, Gebräuche, Verhaltensweisen traditionelle subistenzorientierte Wirtschaftsformen 1-3 sind der biologischen Vielfalt und 4-6 der Mannigfaltigkeit des Leben zuzuordnen. Alpha, Beta, Gamma Diversität nach R. Whittaker (1960) Veranschaulicht in einer Tabelle: Diversity-Typ Definition Beispiel Lokale Diversität, die Artenzahl und - Artenvielfalt in einem Alpha-Diversität zusammensetzung innerhalb eines bestimmten Waldstück oder auf einem (α) Lebensraums. Acker. Differenz oder Vergleich der Artenzusammensetzung Beta-Diversität Unterschiedliche Arten in zwei zwischen verschiedenen Lebensräumen oder (β) benachbarten Wäldern. Gebieten. Gesamte Diversität einer größeren Region, die durch Gamma- Gesamtartenvielfalt in einem die Kombination von Alpha-Diversitäten mehrerer Diversität (γ) Nationalpark. Habitate entsteht. Zusammengefasst: Alpha-Diversität misst die Artenvielfalt innerhalb eines bestimmten Gebiets. Biogeographie 19 Beta-Diversität misst die Unterschiede zwischen verschiedenen Gebieten oder Habitaten. Gamma-Diversität misst die gesamte Artenvielfalt einer größeren Region, die verschiedene Gebiete umfasst. Geodiversität: abiotisches Pendant zur Biodiversität Vielfalt der geologischen, geomorphologischen, pedologischen und hydrologischen Merkmale und Prozesse enge Verzahnung mit der Biodiversität auch Öko- oder Naturdiversität Wie misst man Biodiversität: Artenzahl Zahl endemischer Arten, Zahl bedrohter Arten Waldflächen, Naturschutzgebiete Wasserqualität Zahl der Träger von traditionellem Naturwissen unter indigenen Völkern Begriff Definition Beispiel Maß für die Artenvielfalt in einem Ökosystem unter Hoher Index in einem Shannon-Index Berücksichtigung von Artenreichtum und der Regenwald, niedriger Index in relativen Häufigkeit der Arten. einem Monokulturwald. Maß für die Biodiversität weltweit, basierend auf Living Planet Rückgang des LPI zeigt die Veränderungen in den Populationsgrößen von Index (LPI) Gefährdung vieler Tierarten. Tierarten. Arten, die durch ihr Vorhandensein oder Fehlen Eintagsfliegen als Indikator für Indikatorarten Hinweise auf den Zustand eines Ökosystems geben. sauberes Wasser. Arten, die eine wesentliche Rolle für das Ökosystem Bienen als Schlüsselarten durch Schlüsselarten haben und deren Fehlen große Auswirkungen auf ihre Rolle in der Bestäubung. das Ökosystem hat. Zusammengefasst: Der Shannon-Index misst die Vielfalt eines Ökosystems. Der Living Planet Index zeigt die allgemeine Gesundheit der globalen Tierwelt. Indikatorarten geben Aufschluss über den Zustand eines Ökosystems, während Schlüsselarten eine zentrale Rolle im Ökosystem haben und deren Fehlen gravierende Folgen für das gesamte System haben kann. Biogeographie 20 Ökonomische und soziale Bedeutung der Diversität 1. Selbstwert Ethnischer Selbstzweck (muss einfach aus dem Grund erhalten werden, dass Sie existiert) religiöse Aspekte: Gottes Schöpfung muss bewahrt werden 2. Eigenwert Ästhetischer Eigenwert Erinnerungen Heimatgefühl psychologische und kulturelle Aspekte Erholungswert 3. Ökosystemstabilität und Versicherungswert Ökologische Stabilität Unweltökonomie (Schadensreparatur kostet) Erhalt Ökosystemarer Dienstleistungen 4. Wert für Pharmazie und Welternährung optionales Reservoir Nahrungsmittelquellen erhalten Heilmittelquellen erhalten 5. Erhaltung der Gesundheit Geringere Biodiversität macht das System anfälliger für Infektionskrankheiten o.ä 6. Verringerung von Disparitäten Erhöhte Biodiversität > reiches Ökosystem > mehr Ökosystemleistungen > geringere Armut etc. > geringere Disparitäten Hot Spots der Biodiversität Bedingungen: 1. It must have at least 1,500 vascular plants as endemics which are to say, it must have a high percentage of plant life found nowhere else on the planet. A hotspot, in other words, is irreplaceable. 2. It must have 30% or less of its original natural vegetation. In other words, it must be threatened. 34 Hotspots: Biogeographie 21 Afrika 1. Guineische Wälder Westafrikas 2. Kap-Floraregion (Südafrika) 3. Küstenwald von Ostafrika 4. Madagaskar und die Inseln des Indischen Ozeans 5. Horn von Afrika 6. Karoo-Region (Sukkulenten-Karoo) 7. Maputaland-Pondoland-Albany Asien-Pazifik 8. Himalaya 9. Indo-Burma 10. West-Ghats und die Inseln von Sri Lanka 11. Sundaland (einschließlich Sumatra, Borneo, Java und der kleinen Sundainseln) 12. Wallacea 13. Philippinen 14. Indo-Pazifische Inseln 15. Ostasien (Japan, Korea, China) Australien und Pazifik 16. Australien (Southwest Australia) 17. Neukaledonien 18. Neuseeland 19. Polynesien-Mikronesien Europa und Zentralasien 20. Kaukasus 21. Mittelmeer-Region Nord- und Mittelamerika 22. Kalifornisches Florenreich 23. Karibik 24. Chiapas und Südmexiko 25. Madrean Kiefern-Eichen-Wälder Biogeographie 22 Südamerika 26. Amazonas Regenwald 27. Anden 28. Chiloe und die Wälder des südlichen Südamerikas 29. Cerrado (Brasilien) 30. Choco-Darien-Westküste Südamerikas 31. Mata Atlântica (Atlantischer Regenwald in Brasilien) 32. Pantanal und Feuchtgebiete Südamerikas 33. Tumbes-Choco-Magdalena 34. Valdivianische Wälder (Süd-Chile) Diese Regionen umfassen nur 2,3 % der Erdoberfläche, enthalten jedoch etwa 50 % aller endemischen Pflanzenarten der Welt. Sie stehen oft unter starkem Druck durch menschliche Aktivitäten wie Abholzung, Landwirtschaft und Urbanisierung. Die globale Diversitätsverteilung von Gefäßpflanzen zeigt eine klare räumliche Konzentration in bestimmten Regionen, während andere Gebiete vergleichsweise artenarm sind. Regionen mit hoher Artenvielfalt: 1. Tropen: Tropische Regenwälder beherbergen die höchste Diversität an Gefäßpflanzen. Insbesondere: Amazonas-Regenwald Kongobecken Südostasien (z. B. Sundaland, Wallacea) Indo-Burma und die West-Ghats Diese Gebiete sind geprägt durch ein feuchtes Klima, stabile Temperaturen und hohe Ressourcenverfügbarkeit, was die Evolution und das Überleben einer Vielzahl von Arten begünstigt. 2. Gebirgsregionen der Tropen: Die Anden, der Himalaya und andere tropische Gebirge bieten zahlreiche Mikrohabitate und Umweltgradienten, die zur Artbildung beitragen. 3. Mittelmeerregion: Das mediterrane Klima, mit seinen milden, feuchten Wintern und heißen, trockenen Sommern, unterstützt eine hohe Pflanzenendemismenrate. 4. Inseln: Regionen wie Madagaskar, Hawaii und die Philippinen weisen durch Isolation eine außergewöhnliche Endemitenvielfalt auf. Regionen mit geringer Artenvielfalt: 1. Polare und subpolare Gebiete: Biogeographie 23 Die Arktis und die Antarktis haben aufgrund extremer Kälte, kurzer Vegetationsperioden und limitierter Ressourcen eine sehr geringe Pflanzenvielfalt. 2. Wüsten: Regionen wie die Sahara, die Atacama und die Antarktische Wüste weisen aufgrund extremer Trockenheit eine begrenzte Anzahl an angepassten Arten auf, wie Sukkulenten und wenige Sträucher. 3. Hohe Gebirge: Die Vegetation wird in extrem hohen Lagen (> 4000 m) durch Kälte und Sauerstoffmangel stark limitiert, z. B. in den Himalaya-Hochlagen. Muster und Einflussfaktoren: Tropen haben die größte Vielfalt, da sie klimatisch stabil sind und lange Zeiträume ohne Vergletscherung erlebten. Breitengrad: Artenvielfalt nimmt mit der Entfernung vom Äquator ab (latitudinale Diversitätsgradienten). Höhe: Vielfalt nimmt mit steigender Höhe ab, obwohl mittlere Lagen in tropischen Gebirgen oft ein Diversitätsmaximum aufweisen. Gefäßpflanzen zeigen somit ein starkes Gefälle von hoher Diversität in tropischen Gebieten hin zu artenarmen Regionen in den Polen und extremen Wüsten. Verbindung von biologischer und kultureller Vielfalt 1. Räumliche Überschneidungen Regionen mit hoher Biodiversität, wie Tropenwälder, sind häufig auch Hotspots kultureller Vielfalt. Zum Beispiel: Amazonas-Regenwald: Heimat unzähliger indigener Gruppen, die verschiedene Sprachen sprechen und einzigartige Wissenssysteme besitzen. Himalaya-Region: Hohe biologische Vielfalt geht einher mit einer Vielzahl ethnischer Gruppen und Sprachen. Diese Korrelation liegt daran, dass solche Gebiete vielfältige Ressourcen bieten, die unterschiedliche kulturelle Anpassungen ermöglichen. 2. Traditionelles Wissen und nachhaltige Nutzung Indigenes Wissen ist eng mit der biologischen Vielfalt verbunden. Viele indigene Gemeinschaften haben über Jahrtausende ein tiefes Verständnis für die lokalen Ökosysteme entwickelt und nutzen sie nachhaltig. Beispiele: Heilpflanzen, traditionelle Agrarsysteme, Jagd- und Fischereipraktiken. Verlust der Biodiversität führt oft auch zum Verlust dieses kulturellen Wissens, da die Grundlage für traditionelle Praktiken verschwindet. Biogeographie 24 3. Sprache als Bindeglied Viele Sprachen sind direkt mit der lokalen Biodiversität verknüpft. Dies zeigt sich in der Namensgebung und Beschreibung von Pflanzen, Tieren und Landschaften. Sprachverlust geht oft mit einem Verlust an ökologischem Wissen einher, da viele Sprachen die Wissensvermittlung über die Umwelt sicherstellen. 4. Wechselwirkungen und gegenseitige Förderung Biodiversität fördert kulturelle Vielfalt: Unterschiedliche Lebensräume und Ressourcen ermöglichen verschiedene kulturelle Ausdrucksformen und Lebensweisen. Kulturelle Vielfalt fördert Biodiversität: Traditionelle Praktiken, wie agroökologische Systeme (z. B. Reisterrassen), tragen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei, indem sie Lebensräume und Artenvielfalt fördern. 5. Gemeinsame Bedrohungen Sowohl biologische als auch kulturelle Vielfalt sind bedroht durch: Globalisierung: Fördert die Vereinheitlichung von Lebensweisen und Landnutzung. Zerstörung von Ökosystemen: Entwaldung, Klimawandel und Urbanisierung führen zu einem Verlust an Lebensräumen und somit an biologischer und kultureller Vielfalt. Sprachverlust: Von den weltweit etwa 7.000 Sprachen sind viele vom Aussterben bedroht, oft in denselben Gebieten, die auch ihre Biodiversität verlieren. 6. Globale Bedeutung Der Schutz von biologischer Vielfalt unterstützt die kulturelle Vielfalt und umgekehrt. Beide zusammen bilden die Grundlage für resiliente, nachhaltige Ökosysteme und menschliche Gesellschaften. Ansätze wie das Konzept der biokulturellen Vielfalt (biocultural diversity) betonen, dass Biodiversität und kulturelle Vielfalt als integraler Bestandteil derselben Umwelt betrachtet und geschützt werden sollten. Weltweite Abnahme der Biodiversität Lebensraumzerstörung und Veränderung der Landnutzung Klimawandel Überdungung von Gewässern und Böden Eintrag von Schadstoffen direkte Ausbeutung und Übernutzung von natürlichen Ressourcen Invasive Fremdarten Krankheiten, gentechnisch veränderte Organismen Biogeographie 25 Biodiversität in Deutschland etwa 48.000 Tierarten 4% der Tierarten der weltweit bekannten Fauna etwa 9.500 Pflanzen etwa 14.400 Pilze 7 Endemische Arten (Schwäbische Grasschnecke, Mosel-Apollofalter, Gelbes Galmeiveilchen, Ammersee-Kilch,…) 863 verschiedene Biotoptypen 22.834 Naturschutzgebiete 324 Arten und 92 Biotope EU-weit geschützt Verlust von Biodiversität durch Landwirtschaft Pestizide Überdüngung moderne Bewirtschaftsverfahren (Übernutzung) Entwässerung Monokulturen Saatgutreinigungen Internationale und Nationale politische Gremien CBD = Convention on Biological Diversity IPBES = Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services 2011-2020: UN-Dekade der Biodiversität 2021-2030: UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen 22.Mai: Tag der Biodiversität EU-Biodiversitätsstrategie 2030 Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt 2015 der Bundesregierung Erhaltung des Naturerbes Gewässerschutz Rückbau der Intensivierung der Landwirtschaft (ohne finanzielle Nachteile für Landwirte) Deutschlands Erfolge Biogeographie 26 Artenbestand der Fischfaune (Elbe, Rhein) nimmt wieder zu Maximalwert des Schwefeleintrages deutschlandweit eingehalten zwei Drittel aller Fließgewässersysteme haben Güteklasse 2 Bestandszunahme bei seltenen Arten Vorlesung 8 1. Grundlagen der Begriffe Adaptation: Langfristige, genetisch verankerte Anpassung einer Population oder Art an Umweltbedingungen. Entsteht durch natürliche Mutation und Selektion. Beispiel: Vogelfedern, die zunächst zur Wärmeisolation dienten und später eine Flugfunktion erhielten (Exaptation). Adaption: Kurzfristige, individuelle Anpassung eines Organismus an Umweltbedingungen. Kann physiologisch oder verhaltensbasiert sein. Beispiel: Akklimatisation an Höhenlagen bei Menschen oder Erwerb von Frosthärte durch Pflanzen. 2. Unterschiede in der Biogeographie 3. Konzepte der Anpassung Akklimatisation/Akklimatisierung: Kurzfristige und reversible Anpassung an Umweltfaktoren. Beispiel: Pflanzen entwickeln Frosthärte im Winter. Biogeographie 27 Modifikation: Nicht-erbliche, meist irreversible morphologische Anpassung. Beispiel: Unterschiedliche Blattformen bei Wasser- und Landblättern des Wasserhahnenfußes. Evolutive Adaptation: Anpassungen, die durch Mutationen und Selektion in der Evolution entstanden sind. Beispiel: Eisbären mit dicker Fettschicht zur Isolation. Trade-offs (Zielkonflikte): Anpassungen kosten Energie und Ressourcen, was zu Zielkonflikten mit anderen überlebenswichtigen Funktionen führt (z. B. Reproduktion vs. Anpassung). 4. Modifikationen im Detail Fließende Modifikation: Übergang zwischen Phänotypen ist kontinuierlich. Beispiel: Blattformen des Wasserhahnenfußes (zerschlitzt unter Wasser, gelappt an der Luft). Umschlagende Modifikation: Phänotypen wechseln sprunghaft zwischen zwei Zuständen (Polyphänismus). Beispiel: Geschlechtsbestimmung bei Krokodileiern durch Temperatur. 5. Wichtige Begriffe zur Anpassung Ökologische Potenz: Fähigkeit eines Organismus, unter Konkurrenzbedingungen in einem bestimmten Toleranzbereich zu überleben. Beispiel: Stenök (enger Toleranzbereich) vs. Euryök (weiter Toleranzbereich). Ökologische Valenz: Wertigkeit eines Umweltfaktors für einen Organismus. Beispiel: Eurytherm (weiter Toleranzbereich für Temperatur) vs. Stenotherm (enger Toleranzbereich). 6. Zusammenhang zur Umwelt Anpassungen beeinflussen das Vorkommen und die Überlebensstrategien von Organismen: Toleranz: Erdulden schlechter Bedingungen. Vermeidung: Aktivem Ausweichen ungünstiger Bedingungen. Evolutionäre Anpassung: Über Zeiträume zur Überwindung von Stressoren. Vorlesung 9 Was ist Licht und Strahlung? Biogeographie 28 Licht ist eine Form elektromagnetischer Strahlung. Stell dir vor, es sind Wellen, die durch den Raum reisen, ähnlich wie Wellen im Wasser. Diese Wellen haben unterschiedliche „Längen“ (Wellenlängen), die bestimmen, ob wir sie sehen können oder ob sie unsichtbar sind, wie z. B. Infrarot- oder UV-Strahlung. Wichtige Gesetze, die Licht und Strahlung beschreiben: 1. Lichtgeschwindigkeit: Licht reist extrem schnell – fast 300.000 km pro Sekunde! 2. Planck’sches Gesetz: Dieses beschreibt, dass kürzere Wellen (z. B. UV-Licht) mehr Energie haben als längere Wellen (z. B. Infrarot). 3. Wien'sches Verschiebungsgesetz: Je heißer ein Objekt ist (wie die Sonne), desto kürzer sind die Wellenlängen, die es aussendet. 4. Stefan-Boltzmann-Gesetz: Heiße Objekte strahlen mehr Energie aus als kalte. Wie wirkt die Sonne auf die Erde? Die Sonne sendet kurzwellige Strahlung (wie UV- und sichtbares Licht). Diese Strahlung: Erwärmt die Erde. Die Erdoberfläche wandelt die Strahlung in langwellige Wärmestrahlung um, die die Atmosphäre erwärmt. Wird reflektiert: Ein Teil der Sonnenstrahlung wird von der Erdoberfläche zurückgeworfen. Dieser Rückstrahlwert wird Albedo genannt (z. B. reflektiert Schnee viel Licht, dunkler Boden weniger). Warum ist Licht für das Leben wichtig? 1. Photosynthese: Pflanzen nutzen sichtbares Licht, um Energie aus Sonnenlicht zu gewinnen. Das geschieht mit Hilfe des Pigments Chlorophyll. 2. Tiere: Licht steuert Verhalten, wie den Schlaf-Wach-Rhythmus oder Fortpflanzungszyklen. Die unsichtbaren Seiten des Lichts: UV-Licht: Es ist energiereich und kann Schäden an Lebewesen verursachen (wie Sonnenbrand). Manche Tiere, wie Insekten, sehen UV-Licht. Infrarot (IR): Das ist Wärmestrahlung. Einige Schlangen haben spezielle Sensoren, die ihnen helfen, Wärme wahrzunehmen, z. B. von Beutetieren. Wie beeinflusst Licht das Verhalten? Licht ist ein wichtiger „Zeitgeber“ für Organismen. Viele Tiere und Pflanzen haben eine „innere Uhr“, die sich nach dem Tageslicht richtet: Circadiane Rhythmen: Diese steuern biologische Prozesse in einem 24-Stunden-Zyklus, wie Schlaf oder Wachstum. Licht unter Wasser: Biogeographie 29 Mit zunehmender Wassertiefe wird Licht schwächer und seine Farben ändern sich. Blaues Licht dringt am tiefsten ein, während rotes Licht schon in geringer Tiefe verschwindet. Deshalb wirken Unterwasserwelten oft blau. FACHBEGRIFFE: 1. Elektromagnetische Wellen: Stell dir elektromagnetische Wellen wie unsichtbare Wellen vor, die durch den Raum fließen. Sie bestehen aus einer Kombination von elektrischen und magnetischen Feldern, die sich gegenseitig antreiben. Licht, UV-Strahlung, Mikrowellen oder Radiowellen sind verschiedene Arten dieser Wellen, die sich nur durch ihre Wellenlängen und Energie unterscheiden. 2. Lambert-Beer'sches Gesetz: Dieses Gesetz beschreibt, wie Licht geschwächt wird, wenn es durch ein Material wie Wasser oder Luft dringt. Je mehr Hindernisse (wie Staub oder Wasser) im Weg sind, desto mehr wird das Licht absorbiert oder gestreut. 3. Planck’sches Wirkungsquantum: Das ist ein winziger Wert, der beschreibt, wie Energie mit Lichtwellen zusammenhängt. Kurz gesagt: Je kürzer die Wellenlänge (z. B. bei UV-Licht), desto mehr Energie steckt in der Welle. 4. Wien'sches Verschiebungsgesetz: Es erklärt, warum heißere Dinge (z. B. die Sonne) blau-weißes Licht aussenden und kühlere Dinge (z. B. ein Feuer) rötliches Licht. Die Farbe des Lichts zeigt also, wie heiß ein Objekt ist. 5. Stefan-Boltzmann-Gesetz: Je heißer ein Objekt ist, desto mehr Energie strahlt es insgesamt ab – das ist wie bei einem Ofen, der bei höherer Temperatur stärker leuchtet und mehr Wärme abgibt. 6. Globalstrahlung (G): Das ist die gesamte Sonnenstrahlung, die die Erde erreicht. Sie setzt sich zusammen aus: Direkter Strahlung (H): Sonnenlicht, das direkt auf die Erde trifft. Diffuser Strahlung (D): Sonnenlicht, das durch Wolken gestreut wird.Formel: G=H+D. G=H+D 7. Kurzwellige Strahlungsbilanz (Qk): Das ist die Bilanz der kurzwelligen Strahlung, die an der Erdoberfläche gemessen wird. Sie setzt sich zusammen aus: Qk=D+H−RQk=D+H−R, wobei R die reflektierte Strahlung ist. 8. Albedo: Albedo beschreibt, wie viel Sonnenlicht eine Oberfläche zurückstrahlt. Ein hoher Albedo- Wert (z. B. Schnee) bedeutet, dass viel Licht reflektiert wird. Dunkle Flächen (z. B. Asphalt) haben eine geringe Albedo und nehmen mehr Wärme auf. 9. Absorption, Transmission, Extinktion: Absorption: Licht wird von einer Oberfläche aufgenommen und in Wärme umgewandelt. Biogeographie 30 Transmission: Licht geht durch ein Material hindurch (wie durch ein Fenster). Extinktion: Das beschreibt die Schwächung von Licht, wenn es durch Materie reist (z. B. Wasser oder Luft). 10. UV-Strahlung: UV-A: Der „mildeste“ UV-Typ, der Hautalterung verursacht. UV-B: Kann Sonnenbrand und Zellschäden verursachen. UV-C: Sehr energiereich, wird aber von der Erdatmosphäre abgeschirmt. 1. Photosynthetisch aktive Strahlung (PAR): Das ist der Bereich des Lichts, den Pflanzen für die Photosynthese nutzen können (sichtbares Licht von ca. 400 bis 700 nm). 2. Circadiane Rhythmik: Dieser Begriff beschreibt die inneren 24-Stunden-Zyklen, die fast alle Lebewesen haben. Sie steuern Prozesse wie Schlaf, Hunger oder Hormonproduktion. 3. Farbrezeptoren (Zapfen): Die Zapfen in den Augen ermöglichen Farbsehen. Verschiedene Tiere haben unterschiedlich viele Zapfen: Menschen haben 3 (Rot, Grün, Blau). Insekten sehen oft UV-Licht. Der Fangschreckenkrebs hat 12 Zapfen und kann Farben sehen, die wir uns nicht einmal vorstellen können. 1. Lang- und Kurztagspflanzen: Pflanzen, die abhängig von der Tageslänge blühen. Kurztagspflanzen blühen, wenn die Nächte länger sind (z. B. Herbst), während Langtagspflanzen bei langen Tagen (z. B. Sommer) blühen. 2. Infrarot (IR)-Rezeptoren bei Schlangen: Schlangen haben spezielle Organe (z. B. Grubenorgan), die Wärmestrahlung wahrnehmen können. Das hilft ihnen, Beute im Dunkeln zu finden. Vorlesung 10 Ökofaktor Temperatur RGT-Regel: Die Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel nach Van’t Hoff, oft auch RGT- Regel genannt, beschreibt, wie die Temperatur die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen beeinflusst. Das bedeutet: Wenn die Temperatur einer chemischen Reaktion um 10 °C steigt, läuft die Reaktion typischerweise 2- bis 3-mal schneller ab. Biogeographie 31 Dies gilt in einem moderaten Temperaturbereich (z. B. zwischen 0 °C und 50 °C) und für viele chemische und biochemische Reaktionen. die Temperaturobergrenze für diese Regel beträgt >50 Grad Celsius, da bei dieser Temperatur die irreversible Denaturierung von Proteinen einsetzt. die Temperaturuntergrenze beträgt circa 0 Grad Celsius, da dies der Gefrierpunkt ist und für das Zerplatzen der Zellen sorgen kann. Es gibt allerdings auch sogenannte “Extromophile”, die in besonders warmen oder besonders kalten Umgebungen besonders gut gedeihen. 1. Poikilotherme Lebewesen (wechselwarm): Ihre Körpertemperatur passt sich der Umgebungstemperatur an. Beispiele: Fische, Amphibien, Reptilien. Vorteil: Geringer Energieverbrauch. Nachteil: Aktivität hängt stark von der Temperatur ab (kalt = träge). 2. Homoiotherme Lebewesen (gleichwarm): Sie halten ihre Körpertemperatur konstant, unabhängig von der Umgebung. Beispiele: Vögel, Säugetiere. Vorteil: Aktive Lebensweise auch bei extremen Temperaturen. Nachteil: Hoher Energieverbrauch, besonders in kalten Umgebungen. 3. Winterstarre: Betrifft poikilotherme Tiere. Bei niedrigen Temperaturen fallen sie in einen Zustand völliger Bewegungslosigkeit, da Stoffwechsel und Körperfunktionen stark reduziert werden. Beispiel: Frösche und Eidechsen. 4. Winterruhe: Betrifft homoiotherme Tiere. Sie bleiben wach, aber ihr Stoffwechsel ist deutlich reduziert, und sie schlafen mehr. Sie ernähren sich von Fettreserven oder gespeicherten Vorräten. Beispiele: Bären, Dachs. 5. Winterschlaf: Betrifft homoiotherme Tiere. Körpertemperatur, Herzschlag und Stoffwechsel sinken stark ab, um Energie zu sparen. Tiere wachen nur selten auf und nutzen Fettreserven als Energiequelle. Beispiele: Igel, Fledermäuse, Murmeltiere. Unterschiede auf einen Blick: Biogeographie 32 Merkmal Winterstarre Winterruhe Winterschlaf Betroffene Tiere Wechselwarme Tiere Gleichwarme Tiere Gleichwarme Tiere Körpertemperatur Passt sich Umgebung an Konstant Sinkt stark Aktivität Vollständig bewegungslos Reduziert, gelegentlich wach Fast vollständig still Energiequelle Keine (keine Bewegung) Vorräte oder Fettreserven Fettreserven Feuerökologie Auslöser für natürliches Feuer: Blitzeinschläge, Selbstentzündung oder Vulkanausbrüche Feuer ist ein normaler und notwendiger Bestandteil in vielen feuergeprägten Ökosystemen (boreale Zone, mediterrane Machten und immergrüne Hartlaubwälder, Savannen, Prärien.) Die Temperaturen im Kronenbereich erreichen etwa 300-700 Grad Celsius, am Boden meist “nur” 100 Grad Celsius die entstehende Asche bietet einen Mineral- und nährstoffreichen Boden Adaptation der Pflanzen: dicke Borke, schützende Blattscheiden, nicht brennbare Harze, Verlagerung des Vegetationspunktes in den Boden, starke Neigung zu Stockausschlag und Wurzelbrut Prophyten: Pflanzen, die an regelmäßige Feuer angepasst sind und diese tlw. zur Fortpflanzung benötigen Prophyten sind Pflanzen, die an Standorte mit nährstoffarmen, oft trockenen Böden angepasst sind. Sie haben spezielle Strategien entwickelt, um in solchen extremen Bedingungen zu überleben, z. B. durch effektive Wassernutzung, spezielle Wurzelsysteme oder die Fähigkeit, Nährstoffe effizient zu speichern und zu recyceln. Merkmale von Prophyten: Effiziente Wasseraufnahme und -speicherung: Oft haben sie tiefe Wurzeln oder wasserspeichernde Organe (z. B. Sukkulenten). Langsames Wachstum: Um Energie zu sparen und mit wenigen Nährstoffen auszukommen. Schutz vor Verdunstung: Kleine oder schmale Blätter, Wachsschichten oder Behaarung reduzieren den Wasserverlust. Konkurrenzarmut: Sie besiedeln meist extreme Standorte, wo andere Pflanzen nicht überleben können. Beispiele für Prophyten: 1. Sanddorn (Hippophae rhamnoides): Wächst auf nährstoffarmen Sandböden. Hat tiefe Wurzeln, um Wasser aus unteren Bodenschichten aufzunehmen. 2. Kaktusarten (z. B. Opuntia): Sukkulente Pflanzen, die in trockenen Wüstenregionen überleben. Speichern Wasser in ihren Stängeln. Biogeographie 33 3. Thymian (Thymus vulgaris): Kräuterpflanze, die auf kargen, steinigen Böden wächst. Dichte Behaarung schützt vor Verdunstung. 4. Ginster (Genista spp.): Sträucher, die nährstoffarme Böden, z. B. Heideflächen, besiedeln. Bindet Stickstoff aus der Luft mithilfe von Knöllchenbakterien. 5. Heidekraut (Calluna vulgaris): Typisch für saure, nährstoffarme Böden in Heidegebieten. Die fünf Hauptgruppen nach Raunkiaer: 1. Phanerophyten (Baum- und Strauchpflanzen): Überdauerungsorgane liegen hoch über dem Boden (meist über 50 cm), also Knospen an Zweigen oder Ästen. Sie sind gut für gemäßigte und tropische Klimazonen geeignet. Beispiele: Eiche (Quercus robur) Buche (Fagus sylvatica) Flieder (Syringa vulgaris) 2. Chamaephyten (Zwergsträucher): Überdauerungsorgane liegen nahe am Boden (bis ca. 50 cm Höhe). Schutz vor Frost durch Schneedecke oder Nähe zum Boden. Beispiele: Heidekraut (Calluna vulgaris) Thymian (Thymus vulgaris) Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) 3. Hemikryptophyten (Erdschürfpflanzen): Überdauerungsorgane liegen direkt auf Bodenhöhe. Knospen und Pflanzenteile sind durch Laub oder Schnee geschützt. Häufig in gemäßigten Zonen. Beispiele: Löwenzahn (Taraxacum officinale) Schafgarbe (Achillea millefolium) Wegerich (Plantago major) 4. Geophyten (Erdpflanzen): Überdauerungsorgane liegen unter der Erde, z. B. als Knollen, Zwiebeln oder Rhizome. Biogeographie 34 Schutz vor Frost oder Trockenheit durch Erdschicht. Beispiele: Tulpe (Tulipa) Kartoffel (Solanum tuberosum) Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) 5. Therophyten (Einjährige Pflanzen): Überleben ungünstige Zeiten als Samen. Typisch für trockene oder stark schwankende Klimazonen. Beispiele: Kornblume (Centaurea cyanus) Mohn (Papaver rhoeas) Kamille (Matricaria chamomilla) Zusätzliche Lebensformen: Raunkiaer definierte auch einige Sonderformen: Hydrophyten: Wasserpflanzen, deren Überdauerungsorgane unter Wasser sind. Beispiel: Wasserpest (Elodea canadensis). Heliophyten: Pflanzen, die offene und sonnige Standorte bevorzugen. Beispiel: Sonnenblume (Helianthus annuus). Schattenpflanzen: Pflanzen, die im Schatten gedeihen. Beispiel: Waldmeister (Galium odoratum). Zusammenfassung der Wortherkunft: Kategorie Wortbedeutung Phanerophyten Sichtbare Pflanzen Chamaephyten Bodennahe Pflanzen Hemikryptophyten Halb verborgene Pflanzen Geophyten Erd-Pflanzen (unterirdische Überdauerungsorgane) Therophyten Wärme-angepasste Pflanzen (Samenüberdauerung) Geographische Regeln / Klimaregeln 1. Bergmann’sche Regel (Größenregel): Je kälter die Umgebung, desto größer das Individuum → mehr Volumen gleich mehr Wärmereservoir oder mehr Wärmeproduktion Biogeographie 35 2. Allen’sche Regel (Proportionsregel): Je kälter das Klima, desto kleiner die exponierten Körperanhänge 3. Gloger’sche Regel (Färbungsregel): Je wärmer und feuchter die Umgebung, desto stärker pigmentiert ist das Individuum → Schutz vor UV Strahlung (Melatonin), bessere Vitamin D Produktion, höher Widerstandsfähigkeit von stark pigemtierten Haaren und Federn ACHTUNG: In Wüsten häufig rötlich bis sandfarben (Phäomelanin) wegen Tarnung 4. Rensche Regel (Haarregel): Je kälter die Umgebung, desto längere Haare und mehr Wolhaare hat das Individuum 5. Hesse’sche Regel: Je kälter die Umgebung, desto höher das Herzgewicht → schnellerer Blutfluss wegen Wärmeverlust und Stoffumsatz notwendig 6. Flügelschnitt-Regel: Je wärmer die Umgebung, desto schlanker und spitzer die Flügel 7. Zug-Regel: Je nördlicher die Umgebung, desto höher die Anzahl an Zugvögeln 8. Ei- und Wurfgrößenregel: Je kälter das Klima, desto mehr Nachkommen pro Wurf 9. Wirbel-Regel: Je kälter die Wassertemperatur, desto mehr Wirbel hat ein Knochenfisch Ökologische Rassen, Ökotypen eine durch Selektion an besondere ökologische Lebensbedingungen angepasste Population einer Art unterscheidet sich zwar genetisch und physiologisch von anderen Populationen seiner Art, dies führt aber NICHT zur Definition einer eigenen Art Gesetz der relativen Standortkonstanz Das Gesetz der relativen Standortkonstanz besagt, dass ähnliche Umweltbedingungen (z. B. Wüste, Gebirge) weltweit zu ähnlichen Pflanzentypen führen, unabhängig davon, ob die Pflanzen miteinander verwandt sind. Dies liegt an vergleichbaren Anpassungen an die Lebensräume, wie Wasserspeicherung in Wüsten oder Windresistenz in Gebirgen. Vorlesung 11 Wasser Biogeographie 36

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