Endogene Regressoren (Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25) PDF

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This document contains material on econometrics, specifically focusing on the topic of endogenous regressors. The content provides explanations and examples in the context of a course or lecture. It covers concepts like exogeneity, OLS estimation, and the issues of endogeneity.

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Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 203 5 Endogene Regressoren Wir hatten bisher eine entscheidende Annahme getro¤en, nämlich kontemporäre Exo- genität aller Regressoren. In Modellen der Form...

Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 203 5 Endogene Regressoren Wir hatten bisher eine entscheidende Annahme getro¤en, nämlich kontemporäre Exo- genität aller Regressoren. In Modellen der Form yt = 0 + 1xt + ::: + "t hatten wir also unterstellt, dass gilt: Cov (xt; "t) = 0 Unter dieser Voraussetzung (kontemporäre Unkorreliertheit zwischen allen Regresso- ren und Störterm) ist OLS ein konsistenter Schätzer für alle. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 204 Allerdings ist diese Voraussetzung in vielen Fällen verletzt. In diesem Fall, wenn also Cov (xt; "t) 6= 0 ist, nennt man xt einen endogenen Regressor. Konsequenz: bei endogenen Regressoren ist OLS inkonsistent (tri¤t also selbst für beliebig groß e Stichproben nicht die Wahrheit). Wir können nicht wissen, wie schwerwiegend die Verzerrungen sind. Daher sind OLS - Schätzungen mit endogenen Regressoren generell nicht interpretierbar. Das Endogenitätsproblem ist ein Kernproblem der ökonometrischen Analyse (und der empirischen Wissenschaften insgesamt). Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 205 Für die Intuition betrachten Sie ein extremes Beispiel. Nehmen Sie an, xt habe kei- nerlei Ein‡uss auf yt, es gelte yt = 0 + 1xt + "t mit 1 = 0 Wenn wir yt auf xt regressieren, müssten wir also einen Parameter von ungefähr null bekommen, wenn die Schätzung funktioniert: xt hat in der Wirklichkeit exakt keinen Ein‡uss auf yt. Wenn nun der Störterm "t mit xt korreliert ist, wird das allerdings nicht funktionieren. Nehmen wir an, es sei xt = 0 + "t mit 0 einer Konstanten. Der Störterm "t hat also eine Korrelation von 1 mit xt. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 206 Setzen wir nun "t = xt 0 ein, zeigt sich yt = 0 + 1xt + "t = ( 0 0) + ( 1 + 1) xt Wenn wir also yt auf xt regressieren, bekommen wir (wegen 1 = 0 ) einen Koe¢ zi- enten von 1 mit einem R2 von 1. Aber der wahre E¤ekt von xt auf yt ist nicht 1, sondern 1 = 0. Dieses Beispiel ist zwar konstruiert und extrem, aber die zugrundeliegende Problematik taucht in ökonomischen Anwendungen regelmäß ig auf. Bei endogenen Regressoren fallen also Kausalität und Korrelation auseinander: im Beispiel ist die Korrelation zwischen xt und yt gleich 1, der kausale E¤ekt von xt auf yt ist aber 0. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 207 5.1 Ursachen des Problems 5.1.1 Autokorrelation des Störterms in dynamischen Spezi…kationen Betrachten wir ein dynamisches Modell mit einer verzögerten abhängigen Variable als Regressor: yt = 0 + 1xt + 2yt 1 + "t Solange Cov (xt; "t) = 0 und Cov (yt 1; "t) = 0 für alle t gilt, ist der OLS-Schätzer konsistent, andernfalls nicht. Nehmen wir xt als exogenen Regressor an, d.h. Cov (xt; "t) = 0. Ist aber yt 1 ein endogener oder (kontemporär) exogener Regressor? Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 208 Es kommt auf den Fehlerterm "t an. Nehmen wir an, der Fehlerterm sei autokorreliert und ein AR(1) "t = "t 1 + vt mit vt einem Störterm. Dann zeigt sich durch Einsetzen yt = 0 + 1xt + 2yt 1 + "t = 0 + 1xt + 2yt 1 + ( "t 1 + vt) und es gilt auß erdem durch Rückdatierung der Modellspezi…kation: yt 1 = 0 + 1xt 1 + 2yt 2 + "t 1 Aus der letzten Gleichung ist "t 1 mit yt 1 korreliert. Gleichzeitig ist durch Auto- korrelation (für 6= 0) aber "t 1 mit "t korreliert. Im Ergebnis ist "t für 6= 0 mit yt 1 korreliert, und Cov (yt 1; "t) 6= 0. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 209 Es folgt also: – Für = 0 ist yt 1 kontemporär exogen. OLS - Schätzung ist dann konsistent. – Für 6= 0 ist yt 1 kontemporär endogen. OLS - Schätzung ist dann inkonsistent. Diese Einsicht lässt sich verallgemeinern: wenn der Störterm nicht autokorreliert ist, können verzögerte Regressoren als kontemporär exogen betrachtet werden (sie heiß en dann auch prädeterminiert, was dasselbe besagt). Darauf kommen wir weiter unten zurück. Diese Ursache des Endogenitätsproblems lässt sich in der Praxis leicht beheben: wie wir im vorigen Kapitel gesehen hatten, lässt sich durch Hinzunahme hinreichend vieler verzögerter Variablen regelmäß ig sicherstellen, dass "t white noise ist. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 210 5.1.2 Simultanität Für die Makroökonomik ist die wichtigste Ursache endogener Regressoren das Simul- tanitätsproblem. Wir verdeutlichen die Problematik zunächst anhand eines klassischen mikroökono- mischen Beispiels: Angebot und Nachfrage auf einem Markt. Danach zeigen wir die Relevanz des Problems für die Makroökonomik. Nehmen Sie an, Sie beobachten Preise und gehandelte Mengen auf einem Markt. Sie wollen die Steigung der Nachfragefunktion schätzen. Sei xn t die nachgefragte Menge, und xat die angebotene Menge, sowie pt der Preis (in Logarithmen, so dass Parame- ter Elastizitäten sind). Wir vernachlässigen Konstanten der einfacheren Darstellung halber. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 211 Die Nachfragefunktion laute xn t = pt + et und die Angebotsfunktion laute pt = xat + ut Der Störterm et ist ein Nachfrageschock, und ut ein Angebotsschock. Nehmen wir an, diese seien unkorreliert miteinander, Cov (et; ut) = 0. Im Marktgleichgewicht gilt xn a t = xt = xt wobei xt die beobachtbare gehandelte Menge ist. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 212 Sie beobachten also xt und pt. Wenn Sie nun in der Absicht, die Nachfragelastizität zu schätzen, eine Regression durchführen der Form xt = pt + "t was schätzen Sie dann: – Die Nachfragefunktion? xt = pt + et Dann hätte b die Interpretation als geschätzte Nachfrageelastizität. – Die Angebotsfunktion? 1 1 xt = pt ut Dann hätte b die Interpretation als geschätzte inverse Angebotselastizität 1=. – Weder noch? Dann hätte b gar keine Interpretation und wäre irgendeine uninfor- mative Zahl. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 213 Die Intuition lässt sich leicht gra…sch erläutern: Preis Preis Preis Menge Menge Menge Tatsächlich würden Sie einen Durchschnitt aus der Angebots- und Nachfrageelasti- zität schätzen. Das ist aber uninformativ. Die OLS - Schätzung …ndet keinen der interessierenden Parameter. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 214 Das Problem liegt darin, dass pt ein endogener Regressor ist: Nachfrage: xt = pt + et Angebot: pt = xt + ut – Der Nachfrageschock et beein‡usst die gehandelte Menge xt. – Diese ist über die Angebotsfunktion aber mit dem Preis korreliert. – Im Ergebnis ist der Nachfrageschock mit dem Regressor pt der Nachfragefunktion korreliert, und OLS ist inkonsistent. Anders gesagt: weder die Angebots- noch die Nachfragefunktion können identi…ziert werden. Deshalb nennt man dies auch das Identi…kationsproblem. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 215 Beachten Sie, dass eine größ ere Stichprobe hier nichts hilft: – Das Identifkationsproblem ist kein statistisches Problem, das durch mehr oder bessere Daten gelöst werden könnte. – Vielmehr muss Identi…kation gewährleistet sein, bevor man überhaupt mit der statistischen Analyse der Daten sinnvoll beginnen kann (sonst erhält man nur nicht-interpretierbare Resultate). – Anders gesagt: mehr Daten erhöhen die Schätzpräzision. Was hilft aber Präzision, wenn wir nicht wissen (nicht identi…zieren können), was wir eigentlich schätzen? Wie kann das Problem nun gelöst werden? Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 216 Angenommen, die Angebotsfunktion enthalte eine exogene Variable zt, z.B. Rohsto¤- kosten: Nachfrage: xt = pt + et Angebot: pt = xt + zt + ut Es ist nun plausibel anzunehmen, dass zt nicht mit dem Nachfrageschock et korreliert ist (niemand kauft ein Gut wegen geänderter Produktionskosten, solange der Preis sich nicht ändert). Aber zt ist für 6= 0 mit dem Preis korreliert, weil es in der Angebotsfunktion auftaucht. Wenn nun zt variiert, verschiebt es die Angebotsfunktion, und identifziert dadurch die Nachfragefunktion. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 217 Man nennt zt deshalb eine Instrumentalvariable: mit dem Instrument zt identi…zieren wir Änderungen im Preis, die nicht durch den Nachfrageschock et verursacht sind. Dadurch macht zt die Nachfragekurve sichtbar bzw. schätzbar. z variiert und verschiebt die Angebotsfunktion Preis Angebot Nachfrage Menge Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 218 Zurück zur Makroökonomik. Nehmen wir an, wir wollten den …skalischen Multiplikator schätzen, d.h. den kausalen Ein‡uss von Staatsausgaben gt auf die Konjunkturlage yt : yt = 0 + 1gt + "t Wir wissen bereits, dass man in der Praxis hier eine dynamische Spezi…kation wählen würde, aber ignorieren wir dies für den Moment der Einfachheit halber. Typischerweise …nden wir OLS - Schätzwerte b 1 > 0. Lässt sich das nun kausal interpretieren in der Weise: wenn gt erhöht wird, steigt als Folge davon yt? Die Antwort lautet: die kausale Interpretation ist nur dann zutre¤end, wenn gt und der Fehler "t unkorreliert sind. Unter dieser Voraussetzung …ndet OLS tatsächlich den kausalen E¤ekt. Aber woher will man das wissen, da "t unbeobachtbar ist? Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 219 Man benötigt eine plausible Überlegung die berücksichtigt, was eigentlich vermutlich die Variation in "t verursacht. Im Beispiel enthält "t alle sonstigen konjunkturellen Schocks, die yt beein‡ussen. Nun führt aber ein durch irgendwelche (in "t enthaltenen) Faktoren ausgelöster Kon- junkturaufschwung zu einem Anstieg des Gesamteinkommens yt. Da die Steuerein- nahmen des Staates vom gesamtwirtschaftlichen Einkommen positiv abhängen, führt das auch einem Anstieg der staatlichen Einnahmen. Was macht die Regierung nun mit zusätzlichen Einnahmen? Schulden tilgen (sparen) oder ausgeben? Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 220 Wenn die Staatsausgaben auf eine durch die Konjunktur yt bedingte Änderung der Steuereinnahmen endogen reagieren, existiert also eine weitere Gleichung der Form gt = 0 + 1yt + t wobei t der Störterm ist. Wir haben also ein simultanes System der Art yt = 0 + 1gt + "t gt = 0 + 1 yt + t Im Ergebnis ist "t mit yt korreliert (aus der ersten Gleichung), yt aber (bei 1 6= 0) und damit auch mit gt (aus der dritten). Im Ergebnis ist "t mit gt korreliert, und OLS - Schätzung ist inkonsistent. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 221 Die OLS-Schätzung für b 1 kann also nicht als Kausalität interpretiert werden: wenn yt und gt z.B. positiv zusammenhängen ( b 1 > 0), kann das – an der Wirkung von gt auf yt liegen, – oder umgekehrt an der Wirkung von yt auf gt. Dies nennt man entsprechend das Problem umgekehrter Kausalität (reverse causality ). Anders gesagt: der OLS - Schätzer b 1 misst zwar einen Zusammenhang, aber die- ser ist (auch für beliebig groß e Stichproben) nicht gleich dem kausalen (oder auch strukturellen) Parameter 1. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 222 Um das Problem zu lösen, brauchen wir eine exogene Variable, die gt beein‡usst, aber nicht (direkt) yt. Eine solche Variable nennen wir wieder Instrumentalvariable. Wir benötigen also zt so dass yt = 0 + 1gt + "t gt = 0 + 1 yt + z t + t mit 6= 0 und Cov (zt; "t) = 0. Dann können wir diejenige Variation in gt, die durch das exogene zt verursacht ist, verwenden, um den Ein‡uss exogener Änderungen in gt auf yt zu schätzen. Dies ist die Idee der Instrumentalvariablenschätzung. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 223 5.2 Instrumentalvariablen (IV) Wie genau also kann man einen strukturellen Parameter schätzen, wenn der Regressor endogen ist? Die oben skizzierte Idee war: wir benötigen eine Variable, die 1. nicht ohnehin in der zu schätzenden Gleichung als Regressor auftaucht (Aus- schlussbedingung), 2. den endogenen Regressor direkt beein‡usst, also mit ihm korreliert ist (Instrumen- trelevanz), und die 3. im Gegensatz zu dem endogenen Regressor nicht mit dem Fehlerterm korreliert ist (Instrumentexogenität). Eine solche Variable bezeichnet man als Instrumentalvariable (oder als Instrument für den endogenen Regressor). Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 224 5.2.1 Bivariater Fall Betrachten wir zunächst ein einfaches bivariates Modell: die strukturelle Gleichung ist yt = 0 + 1xt + "t Sei nun zt eine Instrumentalvariable in dem Sinn, dass die Kriterien erfüllt sind: – Instrumentrelevanz: Cov (zt; xt) 6= 0 – Instrumentexogenität: Cov (zt; "t) = 0 Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 225 Dann kann man einen Instrumentalvariablenschätzer konstruieren. Wegen yt = 0 + 1xt + "t gilt Cov (yt; zt) = 1Cov (xt; zt) + Cov ("t; zt) Hierin ist per Annahme der Exogenität des Instruments Cov ("t; zt) = 0. Damit gilt für 1: Cov (yt; zt) 1 = Cov (xt; zt) (im Nenner sieht man die Bedeutung der Instrumentrelevanz). Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 226 Dieser Ausdruck für 1 ist in theoretischen Momenten der Grundgesamtheit formu- liert. Ein Schätzer b 1 wird daraus, indem wir diese durch die entsprechenden Stich- probenmomente ersetzen: 1 PT (z z ) ( yt y) b = T t=1 t 1 1 PT (z z ) ( xt x) T t=1 t Dieser Instrumentalvariablenschätzer ist konsistent, da die Stichprobenmomente für große Stichproben gegen die theoretischen Momente konvergieren. Der IV - Schätzer ist regelmäß ig verzerrt, aber – wenn die Instrumente zulässig sind – konsistent. Seine Attraktivität rührt daher von einem asymptotischen Argument her. Dies bedeutet, dass IV in kleinen Stichproben problematisch sein kann (und nicht notwendigerweise besser als OLS ist). In groß en Stichproben ist aber IV zu bevorzugen. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 227 5.2.2 Mehrere Regressoren Verallgemeinern wir: in Matrixnotation ist das strukturelle Modell y =X +" worin y ein (T 1) Vektor ist, und X eine (T k) Matrix mit den k Regressoren als Spalten. Wir haben eine (T k) Matrix mit Instrumenten (exogene Variablen in X können als Instrumente für sich selbst benutzt werden, d.h. Spalten von Z und X können identisch sein). Der IV - Schätzer ist dann b = Z 0X 1 Z 0y Wenn alle Spalten von X exogen sind, ist Z = X und wir erhalten die bereits bekannte OLS-Formel. OLS ist also der Spezialfall von IV, indem alle Variablen als Instrumente für sich selbst dienen. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 228 5.2.3 Mehrere Instrumente: 2SLS Bisher hatten wir angenommen, dass wir genau ein Instrument für jeden endogenen Regressor haben. Häu…g hat man mehrere Instrumentalvariablen zur Verfügung. In dem Fall kann man den 2SLS - Schätzer (two stage least squares) verwenden. Das Modell (die strukturelle Form) sei yt = 0 + 1xt + 2z1t + "t worin xt ein endogener Regressor und z1t ein exogener Regressor ist. Angenommen, wir hätten zwei Instrumente zur Verfügung, nämlich z2t und z3t (nur zur Vereinfachung, es können auch beliebig mehr sein). Für beide muss gelten Cov (z2t; "t) = Cov (z3t; "t) = 0. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 229 Damit könnten wir zwei verschiedene IV - Schätzer produzieren (einer mit z2t als Instrument, einer mit z3t). E¢ zienter ist es, eine Kombinantion aus beiden zu ver- wenden, genau dies macht 2SLS. Die beste (e¢ zienteste) Art, dies zu tun ist die folgende zweistu…ge Vorgehensweise: 1. Im ersten Schritt bilden wir diejenige Kombination der Instrumente (und der in der strukturellen Form ebenfalls vorhandenen exogenen Variablen), die am stärksten mit der endogenen Variablen xt korreliert ist. Dies ergibt sich durch Schätzung der reduzierten Form xt = 0 + 1z1t + 2z2t + 3z3t + t Die reduzierte Form enthält alle verfügbaren exogenen Variablen auf der rechten Seite, und kann mit OLS geschätzt werden. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 230 2. Damit das Modell identifziert ist, müssen entweder 2 oder 3 oder beide von null verschieden sein (Instrumentrelevanz). Dies kann mit einem üblichen F - Test überprüft werden. Wenn dies der Fall ist können wir die …tted values der reduzier- ten Form ermitteln b t = b 0 + b 1z1t + b 2z2t + b 3z3t x b t ist jetzt nur noch exogene Variation (also solche, die durch die exogenen z In x - Variablen verursacht ist) enthalten. Daher lässt sich im zweiten Schritt xb t als Instrument für das endogene xt in der strukturellen Gleichung verwenden, und damit der IV - Schätzer bilden. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 231 Der zweite Schritt ist identisch dazu, die Variable yt auf z1t und x b t mit OLS zu regressieren. Interpretation: Die …tted values aus dem ersten Schritt erfüllen bt + t xt = x Eingesetzt in die strukturelle Gleichung ergibt sich yt = 0 + 1xt + 2z1t + "t = 0 b t + t) + 2z1t + "t + 1 (x = 0 b t + 2z1t + ["t + 1 t] + 1x Der komposite Fehlerterm ["t + 1 t] dieser Gleichung ist unkorreliert mit allen Re- bt. gressoren, d.h. mit z1t und x b t von der problema- Idee: der erste Schritt hat die Variable xt durch Ersetzung mit x tischen Korrelation mit "t gewissermaß en ‘gereinigt’. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 232 Wenn die Zahl der Instrumente exakt gleich der Zahl der endogenen Regressoren ist, ist der 2SLS - Schätzer identisch mit dem einfachen IV - Schätzer. In diesem Fall nennt man das Modell exakt identi…ziert. Wenn mehr Instrumente als endogene Regressoren verfügbar sind, ist das Modell überidenti…ziert, wenn es weniger sind, ist es nicht identi…ziert. Nur ein exakt identi…ziertes oder überidenti…ziertes Modell kann konsistent geschätzt werden. Wichtig ist hierbei, dass die Instrumente exogene Variablen sein müssen, die nicht ohnehin in der strukturellen Form auftauchen (also wird zusätzlich zu z1t mindestens eine weitere exogene Variable als Instrument benötigt). Die Parameter eines Modells können mithin identi…ziert werden, wenn genügend exter- ne exogene Variablen verfügbar sind, die mit den endogenen Regressoren korrelieren. Dies nennt man die Abzählbedingung (order criterion) für Identi…kation. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 233 In der Praxis ist es nicht notwendig, 2SLS wirklich in zwei Schritten zu berechnen, da jede übliche Ökonometrie-Software diese Schritte automatisch ausführt. Wenn die Instrumente nur schwach mit dem endogenen Regressor korreliert sind, spricht man von ‘weak instruments’. In diesem Fall können die statistischen Eigen- schaften von 2SLS in endlichen Stichproben unbefriedigend sein. Man sollte Instrumentrelevanz also immer testen (…rst stage F - test in der reduzierten Form). Das größ te Problem ist das Au¢ nden geeigneter Instrumente. Da Exogenität eines Instruments nicht überprüfbar ist, muss jeweils ein Plausibilitätsargument für die Eig- nung einer Variablen als IV geführt werden. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 234 5.2.4 Dynamische Spezi…kationen Verzögerte Variablen als Instrumente Eine naheliegende Möglichkeit ist, verzögerte Variablen als IV zu verwenden. Betrach- ten wir nochmals als Beispiel yt = 0 + 1gt + "t mit gt als endogenem Regressor. Könnte man hier gt 1 oder yt 1 als IV verwenden? Die Antwort lautet: grundsätzlich ja, sofern 1. der Störterm "t nicht autokorreliert ist (sonst wären die IV nicht exogen), 2. die Variablen y und g hinreichend persistent sind, so dass die Korrelation zwischen gt und yt 1; gt 1 stark ist (sonst wäre Relevanz verletzt). Beide Bedingungen lassen sich leicht überprüfen. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 235 Kritisch ist möglicherweise die Ausschlussbedingung: die verzögerten Variablen dürfen nicht ohnehin als Regressoren benötigt werden. Wir hatten in Kap. 4 argumentiert, dass makroökonomische Beziehungen häu…g nicht statisch, sondern dynamisch sind. Damit die Dynamik korrekt spezi…ziert ist, müsste also z.B. die strukturelle Gleichung lauten: yt = 0 + 1gt + 2gt 1 + 1yt 1 + "t und ggf. weitere Verzögerungen enthalten. Damit scheiden gt 1 und yt 1 als IV aus. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 236 Könnte man alternativ gt 2 etc. als IV verwenden? Im Prinzip ja, sofern relevant, aber sind wir uns sicher, dass nicht auch gt 2 direkt als Regressor benötigt wird, um die Dynamik abzubilden? Dieses Dilemma ist der Ausgangspunkt der Literatur über vektorautoregressive Mo- delle (VAR), die wir im nächsten Kapitel einführen. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 237 Rationale Erwartungen und IV In vielen makroökonomischen Gleichungen spielen Zukunftserwartungen eine Rolle. Beispiel: Taylor - Regel. Bisher hatten wir (wenn wir der Einfachheit halber den Out- putterm weglassen) eine Spezi…kation der Art it = 0 + 1it 1 + 1 t + "t unterstellt. Demzufolge reagiert die Zentralbank auf die In‡ation der laufenden Periode t mit einer Zinsentscheidung it. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 238 Plausibler ist, dass die Zentralbank bei der Wahl eines Zinssatzes it ihre Erwartungen bezüglich der zukünftigen In‡ation Et t+1 ein‡iessen lässt. Die Zinsregel würde dann lauten it = 0 + 1it 1 + 1Et t+1 + "t Hierbei sind die In‡ationserwartungen für die Zukunft Et t+1 eine unbeobachtbare Variable. Wie kann man diese Gleichung schätzen? Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten (beide werden in der Literatur verwendet): – Survey expectations: es gibt Umfragen (z.B. unter Privathaushalten, oder unter professionellen Prognoseunternehmen) bezüglich der erwarteten In‡ation. Solche Umfragedaten kann man verwenden in der Ho¤nung, dass sie den Erwartungen der Zentralbank ähnlich sind, und dann mit OLS schätzen. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 239 – Man vertraut auf die Rationalität der Erwartungsbildung und verwendet 2SLS. Betrachten wir die zweite Möglichkeit. De…nieren wir den Erwartungsfehler vt+1 als vt+1 = t+1 Et t+1 dann kann man diese De…nition nutzen, um die unbeobachtbare Erwartung in der Schätzgleichung loszuwerden. Ersetzen wir also aus der De…nition des Erwartungsfehlers die unbeobachtbare Erwar- tung der In‡ation durch die Realisation, Et t+1 = t+1 vt+1 und setzen ein, so ergibt sich it = 0 + 1it 1 + 1 t+1 + "t 1 vt+1 Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 240 Damit haben wir eine Schätzgleichung it = 0 + 1it 1 + 1 t+1 + t mit einem Störterm t = "t 1 vt+1 , in der alle Variablen beobachtbar sind. Allerdings ist der Störterm t durch seine Komponente vt+1 klarerweise mit dem Regressor t+1 korreliert. Wir benötigen also eine IV. Hier hilft nun die Annahme, dass die Erwartungsbildung der Zentralbank rational ist. Rationalität bedeutet, dass der Erwartungsfehler nicht prognostizierbar ist (man kann nicht vernünftigerweise erwarten, einen Erwartungsfehler zu machen). Das bedeutet, dass keine Variable, die einen Zeitindex t oder früher trägt, den Erwar- tungsfehler vt+1 prognostizieren kann. Variablen zum Zeitpunkt t oder früher sind also exogen bezüglich vt+1. Angewandte Ökonometrie, Winter 2024/25 241 Alle Variablen, die mit t 1 datiert sind, sind also exogen und können als IV verwendet werden. Man kann also die obenstehende Zinsregel mit 2SLS schätzen, indem t 1 (und möglicherweise weitere Verzögerungen) als Instrument fungiert.

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