HUG PDF - Humangenetik in der Medizin (January 2025)
Document Details
Uploaded by PurposefulSanity5666
Tags
Summary
This document provides lecture notes on human genetics and related topics. It covers the history, identification, and medical implications of human genetic diseases, discusses different techniques for diagnosis and treatment, and emphasizes personalized medicine and prevention.
Full Transcript
VL 1 Sunday, 29 December 2024 18:05 Die Bedeutung und Rolle der Humangenetik in der Medizin erkennen Identifikation genetischer Ursachen von Krankheiten Genetische Diagnosen und Risikobewertungen Entwicklung präventiver und therapeutischer Maßnahmen Einflus...
VL 1 Sunday, 29 December 2024 18:05 Die Bedeutung und Rolle der Humangenetik in der Medizin erkennen Identifikation genetischer Ursachen von Krankheiten Genetische Diagnosen und Risikobewertungen Entwicklung präventiver und therapeutischer Maßnahmen Einfluss auf personalisierte Medizin Eine geschichtliche Einordnung der Humangenetik vornehmen können Früheste Beobachtungen zur Vererbung im Talmud und Corpus Hippocraticum Darwins Evolutionstheorie im 19. Jahrhundert Garrods Beweis der Mendel’schen Regeln 1902 (Alkaptonurie) Bernstein’s ABO-Blutgruppensystem 1925 Eugenik im frühen 20. Jahrhundert und ihre Folgen Nach dem Zweiten Weltkrieg: Neuanfang mit nicht-direktiver genetischer Beratung und Präventivmedizin Wichtige wissenschaftliche Entdeckungen bezogen auf die Humangenetik nennen können Garrod: Alkaptonurie als erstes Beispiel für genetische Stoffwechselstörung Bernstein: ABO-Blutgruppensystem Watson & Crick: Entschlüsselung der DNA-Doppelhelix 1953 Lejeune: Entdeckung von Trisomie 21 (Down-Syndrom) 1959 Fragile-X-Syndrom (Martin-Bell-Syndrom) Technologien: PCR und DNA-Sequenzierung Den aktuellen Stand der humangenetischen Technik und damit verbundene Vor- und Nachteile kennen Technologien: PCR, NGS, Microarrays Vorteile: ○ Genaue Diagnose genetischer Erkrankungen ○ Frühzeitige Erkennung von Krankheitsrisiken ○ Personalisierte Therapieansätze Nachteile: ○ Hohe Kosten und lange Analysezeiten (verbessert durch NGS) ○ Ethische Herausforderungen bei der Handhabung genetischer Daten ○ Komplexität der Interpretation genetischer Ergebnisse HUG Seite 1 VL 2 Sunday, 29 December 2024 20:23 Lernziele: Grundkenntnisse der Zytogenetik und pränatalen Diagnostik verstehen. Genese der Triploidie kennenlernen. Mütterlichen Alterseffekt auf Chromosomenaberrationen, wie Trisomie 21, erkennen. Probleme und Prinzipien der genetischen pränatalen Diagnostik und Präimplantationsdiagnostik verstehen. Invasive und nicht-invasive pränatale Tests (NIPT) und deren Methoden verstehen. Wichtige Punkte aus den Folien: Chromosomenaberrationen: ○ Numerische Chromosomenanomalien sind eine häufige Ursache für Fehlgeburten, besonders durch Triploidie, Trisomie 21 und andere. Triploidie: ○ Verursacht durch: ▪ Digynie (10%): Nondisjunction in der Oogenese. ▪ Diandrie (24%): Nondisjunction in der Spermatogenese. ▪ Dispermie (66%): Befruchtung durch zwei Spermien. ○ Betroffene Chromosomen: 13, 15, 16, 21 und 22. Mütterlicher Alterseffekt: ○ Das Risiko für chromosomale Anomalien (z.B. Trisomie 21) steigt mit dem Alter der Mutter. ○ Ursachen: Abnahme der Oocytenzahl und Non-Disjunction während der Meiose. ○ Das Risiko steigt nach dem 35. Lebensjahr. Fehlgeburtsstatistik: ○ Chromosomenaberrationen sind für 10-60% der frühen Fehlgeburten verantwortlich. ○ Häufigste Anomalien: Triploidie, Turner-Syndrom (45,X), Trisomien (13, 16, 21) und Tetraploidie. Pränatale Diagnostikmethoden: ○ Nicht-invasive Methoden: When dicke ▪ Ultraschall (z.B. Nackenfaltenmessung). --------> Nackentransparenz ▪ Bluttests der Mutter zur fetalen DNA (z.B. NIPT). When Os nasal ▪ Integrierte Screening-Methoden isn't present can ○ Invasive Methoden: be trisomie 21 ▪ Amniozentese, Chorionzottenbiopsie (CVS), Cordozentese. ▪ Diese Verfahren werden zur Bestätigung chromosomaler Abnormalitäten durchgeführt. Techniken der Chromosomenanalyse: ○ Konventionelle zytogenetische Diagnostik: Zellkultur, Colchicin zur Metaphase-Arrestierung und Chromosomenbandierung (GTG-Banding). ○ FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) für eine schnelle Chromosomenanalyse. Indikationen für pränatale Diagnostik: ○ Mütterliches Alter, abnormale Ultraschallbefunde, familiäre Vorgeschichte von genetischen Erkrankungen oder vorherige Schwangerschaften mit chromosomalen Störungen. Genetische Präimplantationsdiagnostik (PID): ○ Wird vor der Embryoimplantation (In-vitro-Fertilisation) durchgeführt. ○ Ermöglicht die Erkennung schwerer Erbkrankheiten oder chromosomaler Anomalien vor dem Embryotransfer. ○ In Deutschland nur in Hochrisikofällen erlaubt, erfordert individuelle ethische Genehmigung. Zusammenfassung der Techniken: ○ NIPT: Nicht-invasive pränatale Testung mit mütterlichem Blut zur Erkennung von Trisomien (z.B. Down-Syndrom). Sehr genaue Ergebnisse (99%). ○ Amniozentese & CVS: Invasive Methoden zur Analyse von fetalen Zellen auf chromosomale Anomalien, mit einem leicht erhöhten Fehlgeburtsrisiko. Rechtliche Aspekte: ○ PID ist unter strengen Auflagen für schwere genetische Erkrankungen erlaubt, jedoch nicht für geringfügige Anomalien oder Geschlechtsselektion. HUG Seite 2 Wednesday, 1 January 2025 20:25 HUG Seite 3 VL 3 Lernziele: Autosomale und geschlechtschromosomale Aneuploidien Grundsätzliche Kenntnisse von Chromosomenaberrationen (strukturelle, numerische und Ploidieaberrationen): ○ Strukturelle Aberrationen: ▪ Translokationen: Mit oder ohne Materialverlust/-gewinn (balanziert und unbalanziert). ▪ Inversionen: Mit oder ohne Materialverlust/-gewinn. ▪ Deletionen: Verlust von Chromosomenmaterial. ▪ Insertionen: Einfügen von Chromosomenmaterial. ▪ Duplikationen: Verdopplung von Chromosomenmaterial. ○ Numerische Aberrationen (Aneuploidien): ▪ Monosomien: Fehlen eines Chromosoms. ▪ Trisomien: Vorhandensein eines zusätzlichen Chromosoms (z.B., Trisomie 21). ▪ Tetrasomien: Vier Chromosomen statt zwei. ○ Ploidieaberrationen: ▪ Triploidie: Drei vollständige Chromosomensätze. ▪ Tetraploidie: Vier vollständige Chromosomensätze. Klinik der Trisomien und Entstehen von Trisomien: ○ Trisomie 21 (Down-Syndrom): ▪ Häufigste Trisomie: 90% der Fälle entstehen durch freie Trisomie 21. ▪ Symptome: Entwicklungsretardierung, Muskelhypotonie, Herzfehler, Dysmorphien (z.B., Epikanthus, Makroglossie). ▪ Ultraschallzeichen: Erhöhte Nackenfalte, Polyhydramnion, Nasenbein klein oder fehlend. ▪ Ursachen: DSCR-Region auf Chromosom 21 (enthält Gene für Entwicklungsprozesse). ▪ Repetitionsrisiko: Bei freien Trisomien etwa 50% für Trisomie 21; 5% durch Translokationstrisomie. ○ Andere Trisomien: ▪ Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) und Trisomie 13 (Patau-Syndrom) sind ebenfalls häufig mit Entwicklungsverzögerung und schweren körperlichen Fehlbildungen verbunden. Wiederholte Aborte und pränatale Diagnostik: ○ Ursachen für Fehlgeburten: Häufig durch Aneuploidien wie Triploidie, Trisomie 16, Trisomie 13, 18, 21 und Turner-Syndrom (45,X). ○ Pränatale Diagnostik: Karyotypisierung zur Feststellung von Chromosomenanomalien, auch durch nicht-invasive pränatale Tests (NIPT) zur Erkennung von Trisomien. ○ Häufigkeit von Fehlgeburten steigt mit zunehmendem Alter der Mutter, besonders bei numerischen Aberrationen. Grundsätzliche Kenntnisse über klinisch-genetische Untersuchung: ○ Chromosomenanalyse: Standarduntersuchung zur Diagnose von Chromosomenaberrationen. ○ Ultraschalluntersuchungen zur Erkennung von Merkmalen wie erhöhter Nackenfalte oder anderen physischen Anomalien, die auf eine Chromosomenaberration hinweisen können. Häufigste autosomale und geschlechtschromosomale Störungen: ○ Autosomale Störungen: ▪ Trisomie 21 (Down-Syndrom), Trisomie 18 (Edwards-Syndrom), Trisomie 13 (Patau-Syndrom). ▪ Monosomie 21: Letale Störung. ○ Geschlechtschromosomale Störungen: ▪ Klinefelter-Syndrom (47,XXY): Unfruchtbarkeit, gynäkomastie, geringes Wachstum, Lernschwierigkeiten, 10 IQ Punkte unter Kontrollgruppe, +10 cm größer, "female" body shape ▪ Turner-Syndrom (45,X): Kleinwuchs, Unfruchtbarkeit, Herzfehler, oft Mosaike (45,X/46,XX oder 45,X/46,XY), 90% have their X von der Mutter ▪ Triple-X-Syndrom (47,XXX): Meist symptomlos, leicht vermindertes IQ (10 Punkte unter Kontrollgruppe), normale Geschlechtsentwicklung, extra X in der Regel von der Mutter ▪ XYY-Syndrom (47,XYY): Leicht verminderter IQ (-5), keine spezifischen klinischen Merkmale. Typische klinische Merkmale der einzelnen autosomalen und geschlechtschromosomalen Störungen: ○ Down-Syndrom: Entwicklungsverzögerung, Epikanthus, Makroglossie, Herzfehler. ○ Klinefelter-Syndrom: Infertilität, geringes Wachstum, Gynäkomastie, Lernschwierigkeiten. ○ Turner-Syndrom: Kleinwuchs, Herzfehler, Mangel an sekundären Geschlechtsmerkmalen, Infertilität, oftmals in Mosaikform. HUG Seite 4 oftmals in Mosaikform. ○ Triple-X-Syndrom: Meist mild, Lernschwierigkeiten, normale Geschlechtsentwicklung HUG Seite 5 Sunday, 5 January 2025 20:58 The long arm of chromosome 21 fuses with the long arm of another acrocentric chromosome (e.g., 14 or 21). If the parent was a balanced translocation carrier, risk of child with down syndrom is 100 HUG Seite 6 Sunday, 5 January 2025 21:40 Stranggonaden in turnersyndrom have erhöhtes Entartungsrisiko Ein Pterygium colli ist typisch für das Tuner-Syndrom. Eine Array-CGH-Diagnostik (Comparative Genomic Hybridization) kann genetische Abweichungen (wie Duplikationen oder Deletionen) erkennen, aber sie ist nicht speziell geeignet, um balancierte Translokationen zu identifizieren, bei denen kein genetisches Material verloren oder gewonnen wird. Bei einer balancierten reziproken Translokation bleibt die Menge des genetischen Materials unverändert, sodass die Array-Diagnostik diese nicht direkt erkennen kann. Stattdessen wird häufig eine karyotypische Analyse oder FISH verwendet, um die Translokation und die beteiligten Chromosomen sichtbar zu machen. Das Turner-Syndrom (45,X) entsteht durch einen Fehler bei der Zellteilung, meist durch Nondisjunction in den Geschlechtschromosomen, und ist nicht altersabhängig. Es betrifft Frauen und ist mit dem Verlust eines X- Chromosoms verbunden. HUG Seite 7 VL 4 Sunday, 5 January 2025 21:46 Lernziele: Strukturaberrationen der Chromosomen, FISH und Array- Analysen 1. Entstehungsmechanismen von numerischen und strukturellen Chromosomenstörungen erklären Numerische Chromosomenstörungen entstehen, wenn es zu einer fehlerhaften Trennung von Chromosomen während der Meiose kommt, was zu einer Anomalie in der Anzahl der Chromosomen führt. Beispiele sind: ○ Trisomie 21 (Down-Syndrom) – 3 Kopien von Chromosom 21 ○ Monosomie X (Turner-Syndrom) – nur ein X-Chromosom statt zwei Strukturelle Chromosomenstörungen treten auf, wenn Chromosomenfragmentierungen, Translokationen oder Deletionen erfolgen. Sie können durch Fehler bei der Rekombination oder Reparaturmechanismen verursacht werden. Beispiele umfassen: ○ Translokationen – der Austausch von Teilen von Chromosomen ○ Deletionen – Verlust von Chromosomenabschnitten, Microdeletion (Können durch ungleiches Crossing-over entstehen): z.B Wolf Hirschhorn (4p), Cri du Chat (5p), Catch 22 (22q11), Williams- Beuren (7p) ○ Inversionen – Umkehrung eines Chromosomenabschnitts ○ Duplikation – z.B CMT1A, Duplikation kann zur partiellen Trisomie führen ○ Insertion ○ Ringchromosom: ○ Isochromosom: entsteht durch transversal statt longitudinal Teilung des Zentromers 2. Die Grundlagen der unterschiedlichen, derzeit angewendeten zytogenetischen und molekularzytogenetischen Methoden beschreiben Klassische Zytogenetik: Chromosomen werden unter Mikroskopie analysiert, um numerische und strukturelle Abweichungen zu erkennen. Dies erfolgt durch: ○ Karyotypisierung: Standardisierte Chromosomenanalyse mittels Färbung und Mikroskopie, Auflösungsgrenze: 5-10 Megabasen ○ FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung): Eine molekularbiologische Methode zur Detektion spezifischer DNA-Sequenzen auf Chromosomen, nützlich zur Identifizierung von Deletionen, Duplikationen und Translokationen. Essential for diagnosing microdeletion ○ Array-CGH (Comparative Genomic Hybridization): Diese Methode ermöglicht die Detektion von Copy Number Variations (CNVs), wie Mikrodeletions- und Mikroduplikationen, über die gesamte Genom-DNA hinweg. 3. Die Anwendungsgebiete der zytogenetischen und molekularzytogenetischen Methoden benennen FISH und Array-Analysen werden verwendet, um: ○ Mikrodeletionssyndrome zu diagnostizieren (z.B. Prader-Willi-Syndrom, Angelman-Syndrom) ○ Strukturelle Chromosomenstörungen zu identifizieren ○ Bei Verdacht auf chromosomale Anomalien bei Patienten mit Entwicklungsstörungen, geistiger Behinderung oder physischen Anomalien ○ Erbkrankheiten und Tumore zu untersuchen 4. Wichtige Mikrodeletionssyndrome sowie deren Klinik und Diagnostik erläutern Prader-Willi-Syndrom (Chromosom 15): ○ Klinik: Angeborene Hypotonie, Fettleibigkeit, geistige Behinderung ○ Diagnostik: FISH-Analyse oder Array-CGH zur Identifikation einer Deletion auf dem väterlichen Chromosom 15. Angelman-Syndrom (Chromosom 15): ○ Klinik: Schwere geistige Behinderung, Sprachstörungen, Epilepsie, "lachen ohne Grund" ○ Diagnostik: FISH-Analyse zur Erkennung der Deletion auf dem mütterlichen Chromosom 15. Williams-Beuren-Syndrom (Chromosom 7): ○ Klinik: Entwicklungsverzögerung, kardiovaskuläre Probleme, charismatische Persönlichkeit ○ Diagnostik: FISH zur Erkennung einer Deletion auf Chromosom 7. HUG Seite 8 Monday, 6 January 2025 19:59 How reziproke (balanced) Translocated Chromosomes pair in meiosis, this pairing can lead to infertility And Robertson HUG Seite 9 Monday, 6 January 2025 20:22 Das Contiguous-Gene-Syndrom bezeichnet in der Genetik ein Syndrom, an dessen Ausprägung mehrere benachbarte Gene beteiligt sind. Da es sich hierbei meist um kleine strukturelle Chromosomenaberrationen oder Genmutationen handelt, sind oftmals Mikrodeletionen Auslöser, seltener aber auch Duplikationen. Ring chromosomes are unstable in mitosis and can get lost and lead to monosomy HUG Seite 10 Monday, 6 January 2025 20:48 In Array CGH: 1. Measure Fluorescence: ○ A scanner measures the fluorescence at each spot: ▪ Equal red and green: The patient and control have the same amount of DNA (normal). ▪ More green: The patient has extra DNA at that spot (duplication). ▪ More red: The patient is missing DNA at that spot (deletion). ▪ Zusammenfassung: HUG Seite 11 VL 5 Monday, 6 January 2025 21:23 1. Typische Zeichen der Neurofibromatose Typ 1 (NF1) nennen können und den molekularen Hintergrund der Erkrankung nennen Typische Zeichen: Café-au-lait-Flecken Neurofibrome (optisch, subkutan, plexiform) Lisch-Knötchen Axilläres und inguinales Freckling Lernbehinderung, ADHS, ASD, Epilepsie Molekularer Hintergrund: Gen: NF1 Genort: 17q11.2 Protein: Neurofibromin (2.818 Aminosäuren) Mutationen: Deletion, Nonsense, Missense, Frameshift (it’s a monogene Erkrankung) ○ 50% due to a Neumutation 2. Die Charakteristika des autosomal-dominanten Erbgangs nennen Männer und Frauen gleich häufig betroffen Keine Generationen werden übersprungen (mit Ausnahmen) Wiederholungsrisiko bei einem betroffenen Elternteil: 50% Charakteristische Besonderheiten: ○ Variable Expressivität ○ Verminderte Penetranz ○ Manifestationsalter (altersabhängige Penetranz) ○ Häufige Neumutationen bei bestimmten Erkrankungen ○ Antizipation bei „Repeat“-Erkrankungen ○ Keimbahnmosaike 3. Mechanismen der Dominanzwirkungen nennen Funktionsverlust (Loss-of-Function): ○ Amorph, Nullallel, Haploinsuffizienz (z.B. NF1, „Two-hit hypothesis“) Dominant negativ: ○ Antimorph, neues Protein stört die Proteinfunktion (z.B. Marfan-Syndrom) Funktionsgewinn (Gain-of-Function): ○ Neomorph, neues Protein zeigt verstärkte oder neue Aktivität (z.B. Chorea Huntington) 4. Autosomal dominante Vererbung im Stammbaum erkennen Vertikales Vererbungsmuster: Betroffene in jeder Generation Männer und Frauen gleich häufig betroffen Generationssprung nur durch reduzierte Penetranz möglich 5. Wiederholungsrisiken bei speziellen Konstellationen, auch bei anderen autosomal dominanten Erkrankungen, einschätzen Wiederholungsrisiko: 50% bei einem betroffenen Elternteil Erhöhte Risiken bei Neumutationen, Keimbahnmosaiken und Antizipation 6. Begriffe im Zusammenhang mit autosomal dominanter Vererbung benennen Neumutation: Erstmalige Mutation in der Keimbahn oder Zygote (z.B. 30-50% bei NF1) Penetranz: Wahrscheinlichkeit, dass ein Träger phänotypisch erkrankt Expressivität: Schwere und Art der Krankheitsausprägung Antizipation: Früheres Auftreten oder schwerere Ausprägung in nachfolgenden Generationen (z.B. Chorea Huntington) HUG Seite 12 Tuesday, 7 January 2025 18:22 7. Die klinischen Charakteristika der Chorea Huntington nennen Symptome: ○ Trias: Chorea, Hyperreflexie, Persönlichkeitsveränderungen ○ Demenz, Depression, Agitation, Aggressivität ○ Bradykinesie, kurze ruckartige Bewegungen Manifestationsalter: 30-40 Jahre (ab 10 Jahren möglich) Progredienter Verlauf, Lebenserwartung nach Symptombeginn ca. 15 Jahre 8. Die molekularen Mechanismen der Chorea Huntington erklären Gen: HTT (Genort: 4p16.3) Mutation: Trinukleotid-Repeat (CAG-Expansion) ○ Normal: ≤ 35 Repeats ○ Prämutation: 36-39 Repeats (reduzierte Penetranz) ○ Pathogen: ≥ 40 Repeats (100% Penetranz) CAG-Expansion vor allem in der männlichen Keimbahn Mechanismus: Funktionsgewinn („Gain-of-function“) durch Polyglutamin- Huntingtin ( a protein made by the repeats) 9. Die Problematik der prädiktiven Diagnostik und Besonderheiten bei der Testung von Risikopersonen erläutern Psychologische Belastung durch Wissen um Erkrankung Keine Heilung, daher ethische Abwägung vor prädiktiver Testung Tests meist erst ab 18 Jahren (informed consent) Präimplantationsdiagnostik in Ausnahmefällen 10. Den Begriff der Repeat-Expansion in genetischen Erkrankungen erläutern Definition: Abnormale Vermehrung kurzer DNA-Sequenzen (Repeats) innerhalb eines Gens Führt zu instabiler DNA und Krankheitsmechanismen wie Funktionsverlust oder -gewinn 11. Repeat-Expansion mit Beispielerkrankungen nennen Beispiele: ○ Chorea Huntington (CAG-Expansion) ○ Myotone Dystrophie Typ 1 (CTG-Expansion) ○ Fragiles-X-Syndrom (CGG-Expansion) HUG Seite 13 Tuesday, 7 January 2025 18:45 Here there was nothing klinisch auffalig by the father, but he could still have a gene defect so in this case to see the wiederholungsrisiko for the child assume 50% chance that dad has it, then 50 that son has it, get 25% chance for mutation, now multiply 25 by 60 (cuz SHSF has 60% penetranz, meaning 60% of those with the gene defect have the phenotype) and get 15% that the kid has SHSF Since it is a New mutation you'd assume the other kid has the average population chance of getting it as well, but it's 3% due to Keimmosaike: HUG Seite 14 HUG Seite 15 Tuesday, 7 January 2025 19:41 Antizipation: The phenomenon where symptoms of the disease appear earlier and/or more severely in each successive generation. This occurs because the CAG repeats tend to expand further during spermatogenesis, especially in the männliche Keimbahn (male germline). For example: ○ A father with 36 CAG repeats may pass on a higher number of repeats (e.g., 45 repeats) to his child. ○ This expansion increases the likelihood of the child developing symptoms at a younger age. Correlation Between CAG Repeats and Onset: The more CAG repeats, the earlier the onset of the disease. This relationship explains why symptoms show up earlier in subsequent generations due to repeat expansion. Zusammenfassung HUG Seite 16 HUG Seite 17 VL 6 Tuesday, 7 January 2025 19:56 1. Klinische Merkmale der Cystischen Fibrose und der spinalen Muskelatrophie benennen: ○ Cystische Fibrose (CF): ▪ Atemwege: Zähflüssiger Schleim, Bronchiektasie, Husten, Lungenentzündungen, chronischer Sauerstoffmangel. ▪ Verdauungstrakt: Mekoniumileus, Obstruktionssymptome, Bauchspeicheldrüsenunterfunktion, Maldigestion, Gedeihstörungen. ▪ Osteoporose und Geschlechtsorgane: Vas deferens Aplasie. ○ Spinale Muskelatrophie (SMA): ▪ Typ I: Schwere Muskelhypotonie, Bewegungsarmut intrauterin, freies Sitzen wird nie erlernt, Tod in den ersten beiden Lebensjahren. ▪ Typ II: Beginn im ersten Lebensjahr, freies Sitzen erlernt, freies Gehen nie möglich, reduzierte Lebenserwartung. ▪ Typ III: Gehen ohne Hilfe möglich, milder Verlauf, Lebenserwartung nur leicht reduziert. ▪ Typ IV: Krankheitsbeginn >30 Jahre, normale Lebenserwartung. 2. Aussagen zum Wiederholungsrisiko bei autosomal rezessiven Erkrankungen ableiten: ○ Bei Autosomal-rezessiven Erkrankungen liegt das Wiederholungsrisiko für Eltern bei 25% (wenn beide Eltern heterozygot sind). ○ Das Risiko für Betroffene und deren Geschwister ist gering. 3. Klinische Manifestationen zum CFTR-Gen benennen: ○ CFTR-Gen-Mutationen führen zu verschiedenen Arten von Mutationen, darunter Stopmutationen, die keine Proteinbildung ermöglichen, und Mutationen, die den Kanal verschließen oder seine Durchlässigkeit verringern. ○ Diese Mutationen verursachen die typischen Symptome von CF: Atemwegserkrankungen, Verdauungsprobleme und andere Organdysfunktionen. 4. Die Grundlagen der molekularen Pathogenese der CF erläutern: ○ Mutationen im CFTR-Gen führen zu verschiedenen Funktionsstörungen des CFTR- Proteins. ○ 5 Klassen von Mutationen: Stopmutationen, Mutationen, die die Tertiärstruktur des Proteins verändern, die den Kanal verschließen, die Durchlässigkeit des Kanals reduzieren und Mutationen, die die Produktion des Proteins verringern. 5. Die molekulare Basis für die Erkrankung der spinalen Muskelatrophie beschreiben: ○ SMA wird durch Mutationen im SMN1-Gen verursacht, das für die Bildung von SMN- Protein verantwortlich ist, das für das Überleben der Motoneuronen notwendig ist. ○ Verschiedene Typen von SMA resultieren aus unterschiedlichen Schweregraden des Genverlustes oder der Funktionsstörung. 6. Typische Begriffe im Rahmen des autosomal rezessiven Erbganges, wie Heterozygotie, Homozygotie und Compound-Heterozygotie definieren: ○ Heterozygotie: Trägerschaft einer Mutation in einem Gen auf einem Chromosom, ohne die Krankheit zu entwickeln. ○ Homozygotie: Vorliegen der Mutation auf beiden Chromosomen des betroffenen Gens. ○ Compound-Heterozygotie: Vorliegen von zwei verschiedenen Mutationen auf den beiden Chromosomen eines Gens. 7. Die Charakteristika des autosomal-rezessiven Erbgangs nennen: ○ Beide Kopien eines Gens müssen defekt sein, damit sich die Krankheit manifestiert. ○ Geschlechtsunabhängig. ○ Oft sind nur bestimmte Generationen betroffen. ○ Wiederholungsrisiko bei betroffenen Eltern: 25 %. HUG Seite 18 Tuesday, 7 January 2025 20:05 8. Autosomal rezessive Vererbung im Stammbaum erkennen: ○ Die Vererbung erfolgt, wenn beide Eltern heterozygot sind, und das Risiko für ein krankes Kind beträgt 25 %. ○ Das Risiko für gesunde Kinder: 75 %. 9. Die Wiederholungsrisiken bei spezifischen Konstellationen bei weiteren autosomal rezessiven Erkrankungen berechnen: ○ Wenn beide Eltern heterozygot für verschiedene Mutationen sind, beträgt das Wiederholungsrisiko für die Krankheit 25 %. ○ Beispiel: Im Fall von Ellis van Creveld-Syndrom und Farber-Syndrom beträgt das Risiko für das kranke Kind 25 %I, für ein gesundes Kind 75 %. 10. Das Hardy-Weinberg-Gesetz kennen und anwenden: Das Hardy-Weinberg-Gesetz ermöglicht die Berechnung der Häufigkeit von Genotypen in einer Population: ○ p+q=1 (p: Häufigkeit des Wildtyp-Allel, q: Häufigkeit des mutierten Allels). ○ p² + 2pq + q² =1 (p²: Häufigkeit von Homozygoten für das Wildtyp-Allel, 2pq: Häufigkeit der Heterozygoten, q²: Häufigkeit der Homozygoten für das mutierte Allel) HUG Seite 19 Tuesday, 7 January 2025 20:31 For the Frau use Weinberg: For man its 2/3: Then 1/4 chance kid is homozygote for the defect HUG Seite 20 Tuesday, 7 January 2025 20:45 HUG Seite 21 VL 7 Thursday, 9 January 2025 00:07 1. Die klinischen Charakteristika für die Muskeldystrophie Typ Duchenne und Typ Becker beschreiben Muskeldystrophie Duchenne (DMD): ○ Erste Symptome: ▪ Verzögertes Laufenlernen (ca. 18 Monate). ▪ Häufiges Fallen, watschelnder Gang, Schwierigkeiten bei Rennen, Springen, Hüpfen. ○ Charakteristische Merkmale: ▪ Gowers-Zeichen: Aufstehen gelingt nur durch Abstützen an den Oberschenkeln. ▪ Waden erscheinen vergrößert (Pseudohypertrophie, „Gnomenwaden“). ▪ Sehr hohe CK-Werte (>1.000 U/L). ○ Progredienz: ▪ Verlust der Gehfähigkeit meist im Alter von 10-12 Jahren. ▪ Später: Muskelschwund, Kontrakturen, Herzmuskelbeteiligung. ▪ Lebenserwartung: 18–25 Jahre. Muskeldystrophie Becker (BMD): ○ Variabler Verlauf (Beginn: 2.–35. Lebensjahr). ○ Selten Verlust der Gehfähigkeit. ○ Hauptgefahr: Dilatative Kardiomyopathie. ○ Lebenserwartung oft bis ins 40. Lebensjahr oder darüber. 2. Die molekularen Grundlagen der Muskeldystrophie Typ Duchenne und Typ Becker benennen Genetik und Pathophysiologie: ○ X-rezessiver Erbgang. ○ Mutation im Dystrophin-Gen (Xp21): ▪ Duchenne: Frameshift-Mutationen (Deletion, Punktmutation, Stopmutation) → Fehlen von Dystrophin. ▪ Becker: In-frame-Mutationen → Verkürztes, funktionell eingeschränktes Dystrophin. ○ Pathomechanismus: Schwächung der Krafttransduktion → Muskeldegeneration, Sarkolemm-Rupturen, Fibrose. 3. Das Wiederholungsrisiko für eine X-chromosomale Erkrankung bei gegebener Familienkonstellation innerhalb einer Familie berechnen Grundlagen: ○ X-rezessiver Erbgang: ▪ Mutter Trägerin: □ 50% der Söhne erkranken. □ 50% der Töchter sind Trägerinnen. ▪ Vater betroffen: □ Alle Töchter Trägerinnen, alle Söhne gesund. 4. Den Mechanismus der X-Chromosom-Inaktivierung erklären X-Inaktivierung (Lyon-Hypothese): ○ In weiblichen Zellen wird eines der X-Chromosomen zufällig inaktiviert, um Dosiskompensation zu erreichen. ○ Inaktiviertes X → Barr-Körperchen. ○ In pseudoautosomalen Regionen bleiben Gene aktiv (benötigt in doppelter Kopie). HUG Seite 22 Thursday, 9 January 2025 00:07 5. Symptome des Fragilen-X-Syndroms benennen Hauptsymptome: ○ Geistige Behinderung. ○ Verhaltensauffälligkeiten (Autismus, Hyperaktivität). ○ Charakteristisches Aussehen: ▪ Großes Kinn, prominente Stirn, große Ohren. ○ Makroorchidie nach der Pubertät. 6. Molekulargenetische Grundlagen des Fragilen-X-Syndroms erklären Pathophysiologie: ○ Mutation im FMR1-Gen: ▪ CGG-Repeat-Expansion (>200 Repeats) → DNA-Methylierung und Gen- Inaktivierung. ▪ Keine FMRP-Expression → Synaptische Dysregulation und neuronale Defizite. ▪ kids mostly inherit it from the mother since repeat expansion to the point of full mutation only happens in the mother 7. Die Besonderheiten des X-chromosomalen Erbgangs erläutern X-dominanter Erbgang: ○ Männer häufig letal → Oft spontane Aborte. ○ Frauen erkranken, aber oft milder. ○ Beispiele: Rett-Syndrom, Incontinentia pigmenti. X-rezessiver Erbgang: ○ Fast nur Männer betroffen. ○ Frauen oft asymptomatische Trägerinnen. ○ Beispiele: Muskeldystrophie Duchenne/Becker, Hämophilie, Rot-Grün-Blindheit. Mosaike: HUG Seite 23 Thursday, 9 January 2025 00:16 HUG Seite 24 HUG Seite 25 Thursday, 9 January 2025 00:32 HUG Seite 26 Thursday, 9 January 2025 00:52 Yes, that is correct! In Fragile X Syndrome, children typically inherit the full mutation of the FMR1 gene only from their mother. Here's why: Mechanism of Repeat Expansion 1. Premutation vs. Full Mutation: ○ A premutation in the FMR1 gene consists of 55–200 CGG repeats. ○ A full mutation (over 200 CGG repeats) leads to Fragile X Syndrome because it causes silencing of the FMR1 gene. 2. Repeat Expansion in Maternal Transmission: ○ During oogenesis (egg formation), the number of CGG repeats in the FMR1 gene can expand from a premutation to a full mutation. ○ This expansion does not occur during spermatogenesis (sperm formation) in males. As a result, males with a premutation pass it on as a premutation, not a full mutation. 3. Risk from the Mother: ○ If a mother has a premutation, there is a significant risk of the CGG repeat expanding to a full mutation during the formation of her eggs, leading to a child with Fragile X Syndrome. ○ The risk of expansion increases with the size of the premutation. Larger premutations are more likely to expand into a full mutation. HUG Seite 27 Thursday, 9 January 2025 01:06 From the pedigree chart, this disease appears to follow a pattern consistent with Fragile X Syndrome or another X-linked dominant condition with premutation carriers. Here's the reasoning: Clues From the Pedigree 1. X-Linked Inheritance: ○ Only males (squares) are fully affected (black). ○ Females (circles) with a dot in the middle are premutation carriers. ○ This pattern strongly suggests an X-linked disorder, as males are more severely affected because they have only one X chromosome. 2. Premutation and Full Mutation: ○ The individuals with a dot in the middle are likely premutation carriers. ○ Affected males inherit the full mutation. 3. Maternal Transmission of Disease: ○ In this pattern, affected males inherit the full mutation from their mothers. The expansion from premutation to full mutation occurs during egg development in females. Chances of the Kid Having the Disease (Red Arrow Mother): The woman marked with the red arrow is a premutation carrier. She is planning to have a child ("Kinderwunsch"). Here's how her offspring could be affected: 1. If She Has a Son: ○ Sons inherit their single X chromosome from their mother. If the premutation expands to a full mutation, the son will inherit the full mutation and develop Fragile X Syndrome. ○ There is a risk of expansion to a full mutation during egg formation, and the likelihood depends on the size of her CGG repeats: ▪ For premutations with 55–90 repeats: ~10–15% chance of expansion. ▪ For premutations with >90 repeats: ~50–100% chance of expansion. 2. If She Has a Daughter: ○ Daughters inherit one X chromosome from their mother. If the premutation expands to a full mutation, the daughter will inherit the full mutation but may show milder symptoms due to X-inactivation. ○ If the premutation does not expand, the daughter will simply be a premutation carrier. Probability Estimate: To estimate the risk more precisely, we would need the number of CGG repeats in the mother's premutation. Without exact data, we can make general assumptions: Risk for an affected son (full mutation): ~10–50% (depending on premutation size). Risk for an affected daughter (full mutation): Same risk as for a son but likely milder symptoms. Risk for a premutation carrier daughter: Depends on whether the mutation expands or stays stable. HUG Seite 28 VL 8 Saturday, 11 January 2025 20:31 1. Typische Beispielerkrankungen mit polygener/multifaktorieller Grundlage Fehlbildungen (angeborene Störungen): Erkrankungen des Erwachsenenalters: ○ Herzfehler ○ Diabetes mellitus (Typ 1 und Typ 2) ○ Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (LKG-Spalten) ○ Alzheimer-Demenz ○ Neuralrohrdefekte (z. B. Spina bifida, Anencephalus) ○ Bluthochdruck, Herzinfarkt ○ Klumpfuß ○ Glaukom ○ Angeborene Hüftgelenksluxation ○ Epilepsie ○ Pylorusstenose ○ Psychosen ○ Krebs 2. Unterschied zwischen monogenen und polygenen Störungen Monogene Störungen: ○ Ursache: Mutation in einem einzelnen Gen. ○ Beispiele: Mukoviszidose, Sichelzellanämie. Polygene/multifaktorielle Störungen: ○ Beteiligung mehrerer Gene (allelspezifische und loci-spezifische Heterogenität). ○ Gen-Gen- und Gen-Umwelt-Interaktionen tragen zur Krankheitsentstehung bei. ○ Beispiele: Diabetes mellitus Typ 2, Neuralrohrdefekte. 3. Schwellenwertmodell erläutern Multifaktorielle Krankheiten folgen dem Schwellenwertmodell: ○ Die Krankheitsmanifestation tritt auf, wenn eine Person eine Schwelle an genetischen und Umweltfaktoren überschreitet. ○ Quantitative Merkmale (z. B. Körpergewicht, Blutdruck) und diskrete Merkmale (z. B. Neuralrohrdefekte, Typ-2-Diabetes) können diesem Modell folgen. ○ Personen über der Schwelle = Merkmalsträger. ○ Beispiel: Bei angeborener Hüftluxation liegt die Schwelle für Mädchen (im Vergleich zu Jungen) niedriger, wodurch sie häufiger betroffen sind. 4. Carter-Effekt erläutern Definition: Der Carter-Effekt beschreibt, dass das seltenere Geschlecht eine höhere Anzahl ungünstiger genetischer und/oder Umweltfaktoren benötigt, um ein multifaktorielles Merkmal zu entwickeln. Beispiele: ○ Hüftgelenksluxation: ▪ 5–6x häufiger bei Mädchen als bei Jungen (niedrigere Schwelle). ○ Pylorusstenose: ▪ 5–6x häufiger bei Jungen als bei Mädchen (höhere Schwelle bei Mädchen). Wiederholungsrisiko: Höher, wenn der Betroffene dem seltener betroffenen Geschlecht angehört. HUG Seite 29 Saturday, 11 January 2025 20:37 5. Möglichkeiten der Genidentifizierung Zwillingsstudien: ○ Vergleich von monozygoten (MZ) und dizygoten (DZ) Zwillingen zur Abschätzung des genetischen Einflusses. ○ Beispiel: Höhere Konkordanzraten für multifaktorielle Erkrankungen bei MZ-Zwillingen. Familiäre Aggregation: ○ Häufung eines Merkmals innerhalb einer Familie (z. B. psychiatrische Erkrankungen, Schizophrenie). Assoziationsstudien: ○ Untersuchung des Zusammenhangs zwischen einem klinischen Merkmal und genetischen Varianten (z. B. SNPs). Pränataldiagnostik: ○ Bei Neuralrohrdefekten: Bestimmung von AFP (Alpha-Fetoprotein) im Serum/Fruchtwasser, Ultraschall. HUG Seite 30 VL 9 Saturday, 11 January 2025 21:14 1. Anhaltspunkte kennen, die für eine multifaktorielle Vererbung eines Merkmals sprechen Multifaktorielle/komplexe Erkrankungen entstehen durch das Zusammenspiel von genetischen und Umweltfaktoren. Hinweise auf multifaktorielle Vererbung: ○ Familiäre Aggregation: Häufigkeit bei erstgradigen Verwandten entspricht der Quadratwurzel der Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung. ○ Zwillingsstudien: Höhere Konkordanz bei monozygoten Zwillingen im Vergleich zu dizygoten Zwillingen (z. B. 80–90% vs. 30–40% für Typ-II-Diabetes). ○ Erhöhtes Risiko bei Verwandten: Das Risiko für eine Erkrankung ist bei Verwandten von Betroffenen höher als in der Allgemeinbevölkerung (z. B. 3- bis 4-fach erhöhtes Risiko für Geschwister bei Typ-II-Diabetes). Beispiel Typ-II-Diabetes: ○ Beide Eltern betroffen → 70–80% Risiko für Nachkommen. 2. Die Situation bezogen auf multifaktorielles Auftreten eines Merkmals bei Zwillingsstudien, familiärer Aggregation und Assoziationsstudien benennen können Zwillingsstudien: ○ Monozygote Zwillinge (identische Gene) zeigen höhere Konkordanz als dizygote Zwillinge (geteilte Gene). ○ Beispiel Typ-II-Diabetes: 80–90% Konkordanz bei monozygoten Zwillingen, 30–40% bei dizygoten Zwillingen. Familiäre Aggregation: ○ Höhere Prävalenz eines Merkmals in der Familie als in der Allgemeinbevölkerung (z. B. Typ-II-Diabetes Risiko ist 3-4-fach erhöht bei Geschwistern). ○ Quadratisches Verhältnis zwischen Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung und Prävalenz bei Verwandten. Assoziationsstudien: ○ Ziel: Identifikation von Zusammenhängen zwischen genetischen Markern (z. B. SNPs) und klinischen Merkmalen. ○ Genome Wide Association Studies (GWAS): ▪ Genotypisierung von Millionen SNPs im gesamten Genom. ▪ Vergleich zwischen Krankheitsfällen und Kontrollen → Identifikation signifikanter genetischer Varianten. ▪ Beispiel Typ-II-Diabetes: Gene wie TCF7L2 und FTO wurden durch GWAS identifiziert. HUG Seite 31 Saturday, 11 January 2025 21:14 3. Grundlagen von genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) kennen Definition: ○ GWAS identifizieren genetische Varianten (SNPs) mit häufigen Allelfrequenzen, die mit einem Krankheitsrisiko assoziiert sind. ○ Ziel: Aufdeckung der genetischen Basis von multifaktoriellen Erkrankungen. Prinzipien: ○ Genotypisierung von SNP-Markern im gesamten Genom bei Fällen und Kontrollen. ○ Analyse von Assoziationen zwischen SNPs und Krankheitsstatus. Beispiel: ○ Typ-II-Diabetes: ▪ 20 etablierte Gene durch GWAS identifiziert, z. B. TCF7L2, FTO, CDKAL1. ▪ GWAS mit britischen Patienten zeigte signifikante Assoziationen mit Chromosomenregionen. Vorteile von GWAS: ○ Identifikation häufiger Allele mit kleinem Effekt auf das Krankheitsrisiko. ○ Ermöglicht die Identifikation neuer Signalwege und potenzieller medikamentöser Angriffspunkte (z. B. Fettstoffwechselstörungen). Limitationen: ○ Einzelne genetische Varianten haben oft nur einen geringen Einfluss auf das Krankheitsrisiko (Odds Ratio ≤ 1,1). ○ Multifaktorielle Erkrankungen erfordern große Probandenzahlen für statistische Power. HUG Seite 32 VL 10 Wednesday, 15 January 2025 18:32 1. Genetische Mechanismen, die zur Tumorbildung führen, erläutern Tumorbildung ist eine Folge genetischer Veränderungen: ○ Akkumulation von 3-7 Mutationen in einer Zelle führt zu unkontrolliertem Wachstum und maligner Entartung. ○ Mutationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen sind besonders relevant. Krebsursachen: ○ Keimbahnmutationen: erblich, in Eizellen oder Spermien vorhanden, verursachen familiäre Krebsprädispositionssyndrome. ○ Somatische Mutationen: nicht erblich, treten in Keimbahngewebe nicht auf, Ursache sporadischer Krebsformen. Tumorentwicklung benötigt mehrere Mutationen, um Regulationsmechanismen für normales Zellwachstum zu umgehen. 2. Den Begriff „Onkogen“ definieren Onkogen: Mutierte oder aktivierte Form eines Proto-Onkogens, welches die Zellproliferation fördert. ○ „Gain of Function“-Mutation: führt zu einer Aktivierung und unkontrolliertem Zellwachstum. ○ Beispiele für Onkogene: ▪ PDGFB/sis (Wachstumsfaktoren). ▪ EGFR/erbB (Wachstumsfaktor-Rezeptoren). ▪ C-myc (nukleäre Transkriptionsfaktoren). Mutationen in einem einzigen Allel eines Onkogens können ausreichen, um Tumorbildung zu initiieren. 3. Die Begriffe „Keimbahnmutation“ und „Somatische Mutation“ definieren Keimbahnmutation: ○ Mutation in Eizellen oder Spermien. ○ Betrifft alle Zellen der Nachkommen. ○ Verursacht familiäre Krebsprädispositionssyndrome. ○ Beispiel: Mutationen im RET-Proto-Onkogen bei MEN2. Somatische Mutation: ○ Tritt nur in bestimmten Geweben auf. ○ Nicht erblich. ○ Ursache sporadischer Krebsformen. 4. Häufige familiäre Tumorerkrankungen und assoziierte relevante Gene benennen MEN2 (Multiple endokrine Neoplasie 2): ○ Einziger Krebstyp wegen einer Keimbahnmutation ○ Verursacht durch Mutationen im RET-Proto-Onkogen. ○ Tumorarten: ▪ Medulläres Schilddrüsenkarzinom (fast 100%). ▪ Phäochromozytom (45-50%). ▪ Nebenschilddrüsenadenom. ○ Vererbung: autosomal-dominant. Burkitt-Lymphom: ○ Aktivierung des c-myc-Onkogens durch Translokation (8;14). ○ Häufig in Teilen Afrikas. HUG Seite 33 Wednesday, 15 January 2025 18:33 5. Den Mechanismus des Philadelphia-Chromosoms bei der Entstehung der chronisch myeloischen Leukämie (CML) erklären Philadelphia-Chromosom (Ph1): ○ Translokation t(9;22)(q34.1;q11.2). ○ Fusion von BCR und ABL-Genen. ○ Führt zu dauerhafter Aktivierung der ABL-Tyrosinkinase, die unkontrolliertes Zellwachstum fördert. Klinischer Verlauf: ○ Chronische Phase: Leukozytose, Splenomegalie. ○ Akzeleration: Zunehmende Blasten, Anämie. ○ Blastenkrise: >30% Blasten, Infiltration anderer Organe. 6. Die gängige Therapie der CML erläutern können Glivec (Imatinib mesylate): ○ Hemmt spezifisch die BCR-ABL-Tyrosinkinase. ○ Blockiert ATP-Bindungsstelle, verhindert Signaltransduktion und Zellproliferation. ○ Vorteile: ▪ Hohe Behandlungserfolge. ▪ Verlängert Zeit bis zur Progression der Krankheit. ▪ Relativ milde Nebenwirkungen. ▪ Orale Einnahme (eine bis zwei Dosen pro Tag). ○ Therapie der Wahl bei CML. HUG Seite 34 Wednesday, 15 January 2025 20:20 HUG Seite 35 VL 11 Wednesday, 15 January 2025 20:31 Tumorsuppressorgene Definition: Tumorsuppressorgene sind die "Bremsen" des Zellwachstums, die unkontrollierte Zellteilung verhindern. Verlust der Funktion beider Allele führt zu Tumorbildung. „Two-Hit“-Hypothese: ○ Zwei Ereignisse sind notwendig für die Tumorentstehung: 1. Punktmutation oder Deletion (meistens spontan oder vererbt). 2. Verlust des gesamten Chromosoms durch mitotische Fehlverteilung. ○ Bei Vorliegen einer Keimbahnmutation reicht eine weitere somatische Mutation für Tumorbildung (autosomal-dominanter Vererbungsmodus). p53-Gen: Kontrolliert den Zellzyklus; Mutationen führen zu DNA-Schäden ohne Reparatur oder Apoptose, was Tumorentstehung fördert. ○ Beispiel: Li-Fraumeni-Syndrom. Familiärer Brust- und Eierstockkrebs Erblichkeit: 5–10 % der Fälle sind familiär bedingt, häufig durch BRCA1- und BRCA2- Mutationen. Kennzeichen: ○ Frühes Erkrankungsalter. ○ Bilaterale oder multifokale Tumore. ○ Autosomal-dominantes Vererbungsmuster. ○ Auftreten bei männlichen Individuen möglich. Risikoeinschätzung: ○ Stammbaumanalyse und molekulargenetische Untersuchungen bei Hochrisikofamilien. ○ Kriterien für BRCA-Testung (z. B. mehrere erkrankte Frauen in der Familie, frühes Erkrankungsalter). Therapieansätze: ○ Intensivierte Früherkennung bei Mutationsträgern. ○ Risikoreduzierende Operationen (z. B. Mastektomie, Ovarektomie). ○ Zielgerichtete Therapie mit PARP-Inhibitoren wie Olaparib. Familiärer Dickdarmkrebs (FAP und HNPCC) FAP (Familiäre adenomatöse Polyposis): ○ Autosomal dominant ○ Fast 100 % Penetranz (Risiko) für Kolonkarzinom durch APC-Mutation. ○ Frühe Diagnostik durch regelmäßige Koloskopie ab dem 10. Lebensjahr. ○ Prophylaktische Colektomie empfohlen ○ Schilddrüse Karzinom … HNPCC (Hereditäres nicht-polypöses kolorektales Karzinom): ○ A.D ○ 80% Penetranz ○ Keimbahnmutation ○ Mutationen in DNA-Mismatch-Reparaturgenen (z. B. MLH1, MSH2, MSH6, PMS2). ○ Frühzeitiges Auftreten, häufig extrakolonische Tumore. ○ Diagnose durch Mikrosatelliteninstabilitäts-Tests und immunhistochemische Färbung. ○ besteht eine bevorzugte Tumorlokalisation im rechten Hemicolon HUG Seite 36 Wednesday, 15 January 2025 20:42 HUG Seite 37 HUG Seite 38 Friday, 17 January 2025 15:30 When parents have a lot of aborts they should test for balanced translocation If both parents are healthy child is not, either Auto R or Keimbahnmut HUG Seite 39 12- Mito Wednesday, 22 January 2025 19:06 Besonderheiten bei der Vererbung und Genetik von Mitochondrien kennen Mitochondrien sind in fast allen Zellarten vorhanden, mit einer höheren Anzahl in Zellen mit hohem Energiebedarf, z. B. Herzmuskelzellen (36% Volumenanteil). Mitochondriale DNA (mtDNA): ○ Kodiert für 13 Protein-Untereinheiten (Atmungskette), 22 tRNAs und 2 rRNAs. ○ mtDNA wird ausschließlich von der Mutter vererbt. ○ Jede Zelle enthält 2-10 DNA-Moleküle pro Mitochondrium und bis zu 10.000 Mitochondrien. ○ Mutationsrate der mtDNA ist 10-mal höher als die der nuklearen DNA. Heteroplasmie: Zufallsverteilung der Mitochondrien auf Nachkommen führt zu variabler Expression. Homo- und Heteroplasmie: ○ Homoplasmie: Population identischer mtDNA-Kopien. ○ Heteroplasmie: Gemischte Population von mtDNA-Kopien. Die Begriffe „Homoplasmie“ und „Heteroplasmie“ definieren Homoplasmie: Eine Population identischer mtDNA-Kopien innerhalb einer Zelle oder eines Gewebes. Heteroplasmie: Eine gemischte Population von mtDNA-Kopien, die sowohl normale als auch mutierte mtDNA umfasst. ○ Vererbung bei Heteroplasmie: Zufällige Verteilung der mutierten und normalen mtDNA bei der Zellteilung führt zu variabler Krankheitsausprägung. Beispiele mitochondrialer Erkrankungen und deren wesentliche phänotypische Charakteristika nennen 1. LHON (Lebersche hereditäre Optikusneuropathie): ○ Plötzlicher Sehverlust, oft bei jungen Erwachsenen. ○ Neurodegeneration des Sehnervs. More common by men ○ Häufige Mutationen: MT-ND1, MT-ND4, MT-ND6. 2. MELAS (Mitochondriale Enzephalomyopathie, Laktatazidose, schlaganfallähnliche Episoden): ○ Migräneartige Kopfschmerzen, Innenohrschwerhörigkeit, Kleinwuchs. ○ Schlaganfallähnliche Episoden (Halbseitenlähmung). ○ Diabetes mellitus, epileptische Anfälle. 3. MERRF (Myoclonus Epilepsie mit Ragged-Red Fasern): ○ Muskelzuckungen, epileptische Anfälle, ragged-red Fasern in Muskelbiopsien. 4. CPEO (Chronisch progressive externe Ophthalmoplegie): ○ Augenmuskellähmung, ptosis. 5. MILS (Maternal vererbtes Leigh-Syndrom): ○ Neurodegenerative Erkrankung mit schwerem oxidativen Metabolismusversagen. ○ Symptome: Hypotonie, Ateminsuffizienz, Laktatazidose. 6. Kearns-Sayre-Syndrom: ○ Retinopathie, progressive Ophthalmoplegie, Herzrhythmusstörungen. ○ Ursache: Große de novo mtDNA-Deletionen. Most of these symptoms are eye/ brain/ heart related because of the greater number of mitochondria in these cells HUG Seite 40 Wednesday, 22 January 2025 19:06 Therapieansätze von Mitochondriopathien kennen Präventionsstrategien: ○ Verhinderung der Weitergabe von Mutationen durch mitochondriale Spende („Baby mit drei Eltern“). ▪ Risiken: Kontamination mit mütterlicher mtDNA, Langzeit-Monitoring erforderlich. Therapeutische Ansätze: ○ Keine kurative Therapie verfügbar. ○ Symptomatische Behandlungen, z. B. Management von Laktatazidose und metabolischen Komplikationen. HUG Seite 41 VL 13 Wednesday, 29 January 2025 16:26 HUG Seite 42