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This document provides an overview of cell biology, also known as cytology, which studies cells, the fundamental units of life. Methods like microscopy and biochemical techniques are discussed, highlighting the different cell organelles and structural components. The document also touches upon the evolution of cells, from prokaryotes to eukaryotes, and their functions.
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Zellbiologie Die Zellbiologie oder Cytologie erforscht Zellen, die kleinsten Einheiten des Lebens. Zu ihren wesentlichen Untersuchungsmethoden gehören die unterschiedlichen licht- und elektronenmikroskopischen Verfahren. Da- durch erkannte man die verschiedenen Zellorganellen so- wie wichtige struk...
Zellbiologie Die Zellbiologie oder Cytologie erforscht Zellen, die kleinsten Einheiten des Lebens. Zu ihren wesentlichen Untersuchungsmethoden gehören die unterschiedlichen licht- und elektronenmikroskopischen Verfahren. Da- durch erkannte man die verschiedenen Zellorganellen so- wie wichtige strukturelle Bestandteile, etwa die Membra- nen oder das Cytoskelett. Neue Forschungsschwerpunkte bekam die Cytologie mit der Entwicklung verschiedener biochemischer Trenn- und Analysemethoden. Durch die Zentrifugation etwa lie- ßen sich Zellen in einzelne Bestandteile zerlegen, die ge- nauer untersucht werden konnten. Die Isolierung und Identifikation von Inhaltsstoffen gelang mithilfe der Chro- 1 μm matographie. Stoffwechselwege wurden insbesondere durch die Isotopentechnik aufgeklärt. Dabei schleust man Eukaryotische Zelle und prokaryotische Zellen radioaktive Isotope in Moleküle ein und untersucht an- im Größenvergleich hand ihrer Strahlung, in welchen Produkten und Zwi- schenprodukten des Stoffwechsels sie wieder auftauchen. EVOLUTION Die Bildung von Zellen stand am Anfang des Lebens und begann vor rund vier Milliarden Jahren. Die ersten Zellen waren sehr einfach aufgebaut. Sie besaßen keinen Zellkern, waren also Prokaryoten. Im Laufe der Zeit bildete sich in einigen Zel- len ein komplexes Membransystem. So ent- wickelten sich neben den Prokaryoten Ein- zeller mit einem Zellkern, Eukaryoten genannt. In den ersten zwei Milliarden Jahren nach der Entstehung der ersten Zellen waren alle Zellen der Wasserpest Lebewesen Einzeller. Vielzeller, wie etwa die Wasserpest, sind aus vielen Zellen aufgebaut. Diese haben einen gemeinsamen Stoffwech- sel und einzelne Zellen haben besondere Auf- gaben übernommen, etwa die Fortpflanzung. Solche spezialisierten Zellen zeigen oft viel- fache Angepasstheiten an ihre Funktion. FORSCHUNG Seit sich die Zellbiologie als Wissenschaft etabliert hat, wurde versucht, einzelne Zellen und Gewebe von Tieren oder Pflanzen in Nährlösungen am Leben zu erhalten, um sie zu untersuchen. Schon 1885 gelang es, Zellen aus Hühnerembryonen in einer Salzlösung für mehrere Tage am Leben zu erhalten. Solche Zellen, die in einem Nährmedium kultiviert werden, bezeichnet man als Zellkulturen. Sie sind ein wichtiges Arbeitsmaterial in der Zellbiologie. Die ersten menschlichen Zellen, die man in Zellkulturen halten konnte, waren die sogenannten HELA-Zellen. 1951 hatte man sie als Probe aus dem Gebärmutterhals- tumor von Henrietta Larcks entnommen. Die Patientin Hela-Zellen starb mit 31 Jahren an ihrer Krebserkrankung. Ihre Tumorzellen teilen sich in Nährlösungen noch heute Schwerpunkte der zellbiologischen Forschung liegen ungehemmt weiter. Sie liefern Zellmaterial zu heutzutage auf der Zellteilung, der Differenzierung von Forschungszwecken und sind weltweit in zahlreichen Zellen und dem programmierten Zelltod, der Apoptose. Labors vorrätig. Viele Arzneimittel konnten mit HELA- Durch Apoptose werden Zellen, die der Körper nicht Zellen entwickelt werden. Würde man heute alle mehr benötigt, beseitigt. Dieser Prozess hat sich als ein HELA-Zellen zusammentragen, so wären es mehr Zellen, neues universelles Merkmal von eukaryotischen Zellen als Henrietta Larcks je hatte. herausgestellt. ANWENDUNG Anwendung finden die Erkenntnisse der Zell- biologie insbesondere in der Biotechnologie. Medikamente wie etwa Impfstoffe, Blutgerin- nungsfaktoren und Wachstumsfaktoren für die Blutbildung wie das Erythropoietin, auch EPO genannt, werden mittels Zellkulturen in Biofermentern in großen Mengen hergestellt. Zellkulturen sind auch die Grundlage für die Gewebezüchtung. Damit wird geschädig- tes Gewebe, etwa Knorpelgewebe in den Gelenken, regeneriert oder zerstörtes Ge- webe, zum Beispiel verbrannte Haut, ersetzt. Auch die Züchtung von Herzklappen aus patienteneigenem Material ist bereits in Biofermenter ersten Studien gelungen. 16 Zellbiologie 1 Der Bau von Zellen 1.1 Das lichtmikroskopische Bild von Zellen Nachdem niederländische Brillenmacher ge- gen Ende des 16. Jahrhunderts die ersten einfachen Mikroskope aus mehreren mitein- ander verbundenen Linsen gebaut hatten, er- öffnete sich Naturforschern eine ganz neue Welt: die Welt des Mikrokosmos. Der englische Universalgelehrte Robert Hooke veröffent- lichte 1665 eine Sammlung von Zeichnungen in seinem Buch „Micrographia“, darunter auch die einer dünnen Korkscheibe, deren waben- 1 Zweilinsiges artig angeordneten Kammern er als mikrosko- A Mikroskop von pisch kleine „Poren“ oder „Zellen“ bezeichnete. Hooke Hooke wurde durch seine Beobachtungen zu einem der Begründer der Cytologie oder Zellbiologie. Knapp 200 Jahre später, in den Jahren 1838 und 1839, formulierten der Zoologe Theodor Schwann und der Botaniker Matthias Schleiden die Zelltheorie, welche die Zelle als Grundbaustein von Tieren und Pflanzen beschrieb. Sie wurde 1850 durch den Medi- B ziner Rudolf Virchow erweitert. Berühmt 2 Zeichnung von wurde seine Formulierung „Omnis cellula e Hooke. Zellstruktur cellula.“: Jede Zelle geht aus einer anderen von Kork Zelle hervor. Die Zelltheorie wurde in der Folge so über- zeugend bestätigt, dass sie heute allgemein anerkannt ist. Ihre wesentlichen Aussagen lauten: (1) Alle Lebewesen bestehen aus Zellen. C (2) Alle Zellen sind in ihrem Grundbauplan und in ihrem Stoffwechsel im Wesent- lichen gleich. (3) Alle Zellen entstehen aus Zellen durch Zellteilung. (4) Die Zelle ist die grundlegende Einheit für die Struktur und Funktion der Organis- men. Unser Auge hat ein Auflösungsvermögen von circa 100 μm (= 0,1 mm). Das heißt, es D μm = Mikrometer nm = Nanometer kann zwei nebeneinander liegende Punkte 3 Verschiedene Zelltypen. nur dann getrennt wahrnehmen, wenn ihr Ab- A Chlamydomonas (pflanzlicher Einzeller); stand mindestens 100 μm beträgt. Da die meis- B Blattzellen der Wasserpest; ten Zellen kleiner als 100 μm sind, kann man C Nervenzelle (gefärbt); sie ohne Hilfsmittel nicht sehen. D Leberzellen (gefärbt) Zellbiologie 17 Begrenzt wird das Auflösungsvermögen neben Zellen sind allerdings häufig farblos und fast anatomischen Gegebenheiten unter anderem durchsichtig. Betrachtet man solche Zellen im durch den Sehwinkel. Je größer der Sehwin- Hellfeld, einem im Schulunterricht gängigen kel, desto größer nimmt man das Objekt wahr. Verfahren, sind Details aufgrund der geringen Die Lupe bewirkt dabei eine Vergrößerung des Lichtabsorption kaum zu erkennen. Durch den Sehwinkels; das Objekt erscheint uns dadurch Einsatz von Farbstoffen, die selektiv an be- größer als es in Wirklichkeit ist (virtuelles stimmte Zellbestandteile binden, kann man Bild). die Absorption erhöhen und Strukturen bes- A ser darstellen. So ermöglichte zum Beispiel Wenn man sehr kleine Strukturen erkennen erst die Anwendung von Farbstoffen die Ent- will, benötigt man die Hilfe eines Mikroskops. deckung der Chromosomen im Zellkern. Die Vergrößerung des Objekts erfolgt hier durch die Kombination von zwei Linsensyste- Eine spezielle Form der Färbung wird in der men, dem Objektiv und dem Okular. Das Fluoreszenzmikroskopie verwendet. Hier Objektiv erzeugt zunächst ein vergrößertes werden einzelne Zellbestandteile mit fluores- Zwischenbild des Objekts. Dieses wird vom zierenden Farbstoffen markiert. Bei Bestrah- B Okular, das wie eine Lupe wirkt, nochmals lung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge vergrößert. Die Gesamtvergrößerung eines leuchten diese dann farbig auf. Durch den Ein- Mikroskops ergibt sich aus dem Produkt von satz verschiedener Farbstoffe ist es möglich, Objektiv- und Okularvergrößerung. bestimmte Bereiche einer Zelle spezifisch an- zufärben. So können zum Beispiel manche Entscheidend für die Leistungsfähigkeit eines Proteine selektiv rot, andere hingegen grün Mikroskops ist aber weniger die Gesamtver- markiert werden. größerung, sondern sein Auflösungsvermögen. C Dieses ist zum einen von der Qualität der Lin- Eine Alternative zur Färbung ist die Phasen- sen, zum anderen von der Wellenlänge des kontrastmikroskopie. Hierbei werden Unter- verwendeten Lichtes abhängig. Dabei ent- schiede in der Lichtbrechung verschiedener spricht die maximale Auflösung aus physika- Zellbestandteile in Hell-Dunkel-Unterschiede lischen Gründen der Hälfte der Wellenlänge umgesetzt. Dadurch können Zellstrukturen des eingesetzten Lichtes. Bei blauem Licht auch ohne Färbung sichtbar gemacht werden. mit einer Wellenlänge von 400 nm beträgt das Voraussetzung ist allerdings, dass die Präpa- theoretische Auflösungsvermögen des Licht- rate nicht zu dick sind. Außerdem werden für mikroskops (LM) circa 200 nm (= 0,2 μm). diese Methode spezielle Objektive benötigt. D 5 Mundschleimhaut- zellen. A Hellfeld (ungefärbt); B Hellfeld (gefärbt); C Fluoreszenz; D Phasenkontrast 4 Strahlengang. A Auge; B Lupe; C Lichtmikroskop 18 Zellbiologie 1.2 Das elektronenmikroskopische Um Objekte im Elektronenmikroskop unter- Bild von Zellen suchen zu können, müssen diese zunächst chemisch fixiert werden, damit die Zell- Da das Auflösungsvermögen guter Lichtmi- strukturen möglichst unverändert erhalten kroskope auf etwa 200 nm begrenzt ist, kön- bleiben. Anschließend werden die Präparate nen zwar einzelne Zellorganellen wie der Zell- entwässert, in Kunstharz eingebettet und mit kern oder Mitochondrien erkannt werden, einem Ultramikrotom in 50 bis 100 nm dünne ihre Feinstruktur jedoch nicht. Erst die Ent- Scheiben geschnitten. Ein menschliches Haar A wicklung des Elektronenmikroskops (EM) kann so in 1000 bis 2000 Längsschnitte zer- durch Ernst Ruska im Jahr 1931 erlaubte die legt werden. Darstellung von Strukturen und Details, die im Lichtmikroskop nicht sichtbar sind. Bei der Transmissionselektronenmikro- skopie (TEM) durchdringt der Elektronen- In der Elektronenmikroskopie benutzt man strahl, ähnlich wie der Lichtstrahl im Licht- Elektronenstrahlen, die eine deutlich kürze- mikroskop, das Präparat. Vergleichbar mit re Wellenlänge als die des sichtbaren Lichts der Färbung bei der Lichtmikroskopie muss haben. Das Auflösungsvermögen erhöht sich im TEM der Kontrast der Präparate verstärkt B dadurch um das 2000-Fache gegenüber dem werden. Hierzu werden die Schnitte mit Lichtmikroskop; es können Strukturen bis zu Schwermetallsalzen behandelt. Durch die 0,1 nm aufgelöst werden. Kombination von zweidimensionalen Bildern vieler aufeinanderfolgender Dünnschnitte Da Elektronen von Luftteilchen abgelenkt lässt sich die räumliche Gestalt eines Orga- werden, muss im Elektronenmikroskop ein nells rekonstruieren. Hochvakuum erzeugt werden. Der von der Elektronenquelle erzeugte Elektronenstrahl Mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) wird mithilfe elektromagnetischer Felder, die können räumliche Bilder der Oberfläche ei- C wie die Linsen im Lichtmikroskop wirken, nes Objekts erzeugt werden. Hierzu wird zu- 1 Sinneszellen aus auf das Objekt gelenkt. Das entstehende nächst die Oberfläche des Objekts mit einer dem Ohr eines vergrößerte Zwischenbild wird durch ein elek- dünnen Schwermetallschicht bedampft. An- Ochsenfrosches. tromagnetisches Okular, Projektiv genannt, schließend wird ein dünner Elektronenstrahl, A LM; nachvergrößert. Das sichtbare Bild entsteht, die Primärelektronen, über das meistens B TEM; wenn die Elektronen auf den Leuchtschirm massive Objekt geführt. Dabei werden Elektro- C REM treffen. nen zurückgestreut oder aus dem Objekt herausgeschleudert, die Sekundärelektro- nen. Diese werden registriert und auf einem Monitor dargestellt. Durch zeilenweise Abtas- tung, das sogenannte Rastern, entsteht so ein räumliches Bild von der Objektoberfläche. Durch die Kombination von TEM- und REM- Aufnahmen kann schließlich der prinzipielle Aufbau einer Zelle nachgebildet werden. Das so entstandene dreidimensionale Modell kann allerdings die Dynamik, die in einer lebenden Zelle herrscht, nicht verdeutlichen. Erläutern Sie, warum im Elektronen- mikroskop keine Frischpräparate unter- sucht werden können. A B 2 Transmissionselektronenmikroskop. A im Labor; B Strahlengang im TEM Zellbiologie 19 3 EM-Bilder und schematische Darstellung einer tierischen Zelle (Größenangaben: 1 mm = 10–3 m, 1 μm = 10–6 m, 1 nm = 10–9 m) 20 Zellbiologie 1.3 Vergleich von Prokaryoten und Eukaryoten Die Zellen aller Lebewesen lassen sich zwei Grundtypen zuordnen. Entweder besitzen sie – wie tierische und pflanzliche Zellen – einen umhüllten Zellkern und gehören damit zu griech. eu: wahr, echt den Eukaryoten, oder ihnen fehlt ein echter griech. pro: vor Zellkern. In diesem Fall werden sie zu den griech. karyon: Kern Prokaryoten gezählt. Zu ihnen gehören Bak- griech. archaios: uralt, terien und Archaeen. ursprünglich Alle Prokaryoten haben die gleiche Grund- struktur: Die Erbsubstanz liegt als ringförmi- ges Chromosom, Nucleoid genannt, frei im A Cytoplasma vor. Dabei ist die genetische Infor- mation nur einmal vorhanden: Prokaryoten Kapsel Pili sind haploid. Oft kommen daneben noch klei- Zellwand ne ringförmige DNA-Moleküle, die Plasmide Plasmamembran vor. Prokaryotische Zellen sind von einer Plas- Ribosom mamembran umgeben, besitzen aber keine Cytoplasma von Membranen umgebenen Organellen. Da- Nucleoid für zeigt die Plasmamembran oft Einstül- pungen nach innen, an denen zum Beispiel die Energiegewinnung abläuft, die in eukaryo- Plasmid Geißel tischen Zellen in den Mitochondrien stattfin- det. Im Cytoplasma finden sich viele Riboso- men, die allerdings kleiner sind als diejeni- B 1 Prokaryotische gen der Eukaryoten. Nahezu alle Prokaryoten 2 Bakterienzelle. A EM-Aufnahme Zellanhänge bei verfügen über Zellwände, die sich in Bau und (Plasmid nicht erkennbar); B Schema Escherichia coli chemischer Zusammensetzung deutlich von pflanzlichen Zellwänden unterscheiden. Zahl- reiche Bakterien besitzen zusätzlich eine äuße- re Schleimschicht, die Kapsel. Bei vielen Pro- karyoten finden sich häufig fädige Anhänge. Diese dienen als Geißeln der Fortbewegung oder als Pili der Anheftung. Ein Beispiel für einen solchen Prokaryoten stellt das Bakteri- um Escherichia coli dar, das bei Warmblütern den Darm besiedelt. In scheinbar lebensfeindlichen Umgebungen, wie zum Beispiel heißen Quellen oder Salz- seen, finden sich die Archaeen. Sie sind an A Bedingungen angepasst, die denen der Früh- zeit der Erdgeschichte nahekommen. Moleku- larbiologische Untersuchungen zeigen, dass sie allerdings näher mit Eukaryoten als mit Bakterien verwandt sind. Eukaryotische Zellen sind in der Regel etwa zehnmal größer als prokaryotische Zellen. Sie weisen zahlreiche von Membranen begrenzte Räume auf, die Kompartimente. Sie trennen verschiedene Stoffwechselreaktionen vonein- ander ab. Charakteristisch ist auch, dass bei B Eukaryoten die meisten genetischen Informa- tionen doppelt vorliegen: Sie sind diploid. 3 Pflanzenzelle. A EM-Aufnahme; B Schema Zellbiologie 21 1.4 Die Endosymbionten-Theorie Ureukaryot (anaerober Bakterien-DNA im Laufe der Evolution in den Energiegewinn) Zellkern der eukaryotischen Zellen übertra- Wie sich im Laufe der Evolution aus pro- gen wurde, sodass danach für die ehemaligen karyotischen Zellen komplexe Zellen mit Bakterien ein eigenständiges Leben nicht einem Zellkern und verschiedenen Zellorga- mehr möglich war. Auf ähnliche Weise könnten nellen entwickelt haben, ist auch heutzutage nachfolgend auch die Chloroplasten aus an- noch eine fundamentale Frage der Biologie. deren Bakterien entstanden sein, die Energie durch Fotosynthese gewinnen konnten. Das innere Membransystem der Zellen, also Endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Appa- Die Endosymbionten-Theorie wird durch viele rat und die Kernhülle sind vermutlich durch Fakten bestätigt. Zum Beispiel: Einfaltungen der Plasmamembran entstan- Die Größe von Mitochondrien und Plasti- den. Bakterien (aerober den entspricht der kleiner Bakterien. Energiegewinn) Zellorganellen wie Mitochondrien und Plasti- Beide Zellorganellen sind von zwei Mem- den haben sich nach der Endosymbionten- branen umgeben. Theorie (gr. endon: innen; sym: zusammen; Sowohl Mitochondrien als auch Chloro- bios: Leben) aus ursprünglich frei lebenden plasten enthalten eigene DNA, während Bakterien entwickelt. Diese wurden vermut- sich die DNA der Wirtszelle im Zellkern lich von großen, Amöben ähnlichen Ureuka- befindet. ryoten durch Endocytose aufgenommen. Bei Die DNA der Organellen ist wie bei Bakte- dieser für Einzeller typischen Form der Nah- rien ringförmig. rungsaufnahme werden Nahrungspartikel an Chloroplasten und Mitochondrien teilen der Zelloberfläche in Membranbläschen ein- sich relativ unabhängig von der übrigen Endocytose geschlossen, ins Zellinnere transportiert und Zellteilung und werden bei Teilung der dort verdaut. Einige der von den Ureukaryo- Wirtszelle auf die Tochterzellen verteilt. ten aufgenommenen Bakterien wurden jedoch Beide Zellorganellen verfügen über eige- nicht verdaut, sondern lebten in ihnen weiter. ne Ribosomen, können also eigenständig Im Verlauf der Evolution wurden solche Bak- Proteine herstellen. terien und die eukaryotischen Zellen vonein- Die Ribosomen haben die Merkmale der ander abhängig, sodass schließlich keiner Ribosomen von Prokaryoten. mehr ohne den anderen leben konnte. Es hatte sich eine Endosymbiose entwickelt. Erläutern Sie die Vorteile der Endo- symbiose. Mitochondrien haben sich wahrscheinlich aus Bakterien entwickelt, die durch einen ae- roben Abbau von Nährstoffen Stoffwechselen- ergie gewannen. Sauerstoff war in der dama- ligen Uratmosphäre allerdings erst in geringen Konzentrationen vorhanden und stellte für die meisten Lebewesen ein Gift dar. Sie gewannen ihre Stoffwechselenergie durch den Abbau Endocytose eines weiteren Bakteriums von Nährstoffen ohne Sauerstoff. Dabei ist (Energiegewinnung aus der Fotosynthese) der Energiegewinn für die Zellen allerdings wesentlich geringer und die entstehenden Endprodukte sind noch sehr energiereich. Bakterien, die im Innern eines Ureukaryoten überlebt hatten, bauten vielleicht dessen ener- giereiche Stoffwechselendprodukte vollstän- Mitochondrien Chloro- dig ab und vernichteten dabei gleichzeitig, plast zum Vorteil des Ureukaryoten, Sauerstoff. Indem im Laufe der Zeit solche Endosym- bionten den Wirtszellen Stoffwechselenergie zur Verfügung stellten, wurden sie zu Mito- Pilze Tierische Zellen Pflanzliche Zellen chondrien, den „Kraftwerken der Zelle“. Man 1 Entstehung von Mitochondrien und Chloroplasten vermutet, dass ein Teil der ursprünglichen nach der Endosymbionten-Theorie 22 Zellbiologie 1.5 Spezialisierung von Zellen te Zellen enthalten. So bilden abgewandelte Epidermiszellen die sogenannten Schließzel- Rund drei Milliarden Jahre lang war die Erde len in den Blättern. Durch die Veränderung ausschließlich von einzelligen Lebewesen be- ihrer Form werden die Spaltöffnungen im Blatt wohnt. Gegen Ende des Präkambriums, vor geschlossen oder geöffnet. Über diese kann etwa 700 Millionen Jahren, tauchten erstmals die Pflanze ihren Gasaustausch mit der Um- mehrzellige Organismen auf. Im weiteren Ver- gebungsluft sowie den Wasserverlust kontrol- lauf der Evolution entwickelten sich dann Or- lieren. Die Epidermis ist oftmals von einer ganismen, die durch eine Vielfalt unterschied- Wachsschicht, der Cuticula, überzogen. Diese licher Zelltypen mit jeweils unterschiedlicher schränkt zusätzlich den Wasserverlust ein. Funktion gekennzeichnet waren. Diese Spe- Das Grundgewebe, auch Parenchym genannt, zialisierung ermöglichte eine effektivere wird im Blatt von zwei Schichten fotosyn- Arbeitsteilung. thetisch aktivem Gewebe gebildet. Die obere Schicht besteht aus langgestreckten, zylindri- In Lebewesen, wie zum Beispiel in höheren schen Zellen, die das Palisadenparenchym Pflanzen und Tieren, bilden Zellen des glei- bilden. Es dient größtenteils der Fotosynthese. chen Typs mit ähnlicher Funktion ein Ge- Die untere Schicht weist unregelmäßig ge- webe. In Pflanzen unterscheidet man drei formte Zellen auf, die von großen Interzellular- verschiedene Gewebetypen: Das Abschluss- räumen umgeben sind. Im Vergleich zum Pali- gewebe, die Epidermis, bedeckt den Korpus sadenparenchym enthält dieses sogenannte der Pflanze und dient ihrem Schutz. Sie be- Schwammparenchym etwa drei- bis fünfmal steht aus dicht gepackten Zellen, die eine weniger Chloroplasten. Seine Hauptaufgabe oder mehrere Schichten ausbilden können. ist die Durchlüftung des Parenchyms. Über Die Epidermis kann auch weitere spezialisier- seine Interzellularräume gelangt das für die Fotosynthese benötigte Kohlenstoffdioxid bis in das Palisadenparenchym. Die Leitbündel bilden das Leitgewebe einer Pflanze. Über sie gelangen Wasser und darin gelöste Mineralstoffe von den Wurzeln zu den Blattzellen. Im Gegenzug werden Fotosynthe- seprodukte aus den Blattzellen über die Leit- bündel in den restlichen Pflanzenkörper trans- portiert. Mehrere Gewebetypen ergänzen sich und wir- ken gemeinsam als Organ. Die Organe der Blü- tenpflanzen sind Wurzel, Spross und Blatt. Mehrere Organe, die gemeinsam ein funktio- nelles Ganzes bilden, wie zum Beispiel bei der Blüte einer Pflanze, nennt man Organsystem. Ein Organismus setzt sich aus verschiedenen Organen und Organsystemen zusammen, die sich in ihren Aufgaben ergänzen. A B C D 1 Gewebetypen beim Pflanzenblatt (C, D = LM-Aufnahmen). A Laubblatt (Schema); B Blattadern (Leitbündel); C Palisadenparenchym; D untere Epidermis mit Spaltöffnungen Zellbiologie 23 Wie bei Pflanzen sind auch bei tierischen Or- ser Muskeltypus ist für unwillkürliche Körper- ganismen die Zellen im Verlaufe der Evolu- aktivitäten verantwortlich und wird von ande- tion strukturell und funktionell differenziert ren Teilen des Nervensystems gesteuert als worden. Tierische Gewebe lassen sich vier die quergestreifte Herz- und Skelettmus- Hauptkategorien zuordnen, dem Epithelgewe- kulatur. be, Bindegewebe, Muskelgewebe und Nerven- Das Nervengewebe besteht aus vernetzten gewebe. Nervenzellen und Gliazellen. Nervenzellen Das Epithelgewebe besteht aus einer oder sind für die Aufnahme, Verarbeitung und Wei- mehreren Schichten dicht gepackter Zellen, terleitung von Signalen zuständig. Gliazellen die innere und äußere Körperoberflächen be- dienen der Isolation und Versorgung der Ner- decken. Bei äußeren Körperoberflächen, etwa venzellen. Das Nervengewebe kontrolliert zum der Haut, sind die oberen Epithelschichten oft Beispiel die Tätigkeit des Darms. verhornt und bilden dadurch einen wirksamen Schutz vor Umwelteinflüssen. Innere Körper- Die Arbeitsteilung und die aufeinander abge- oberflächen sind zum Beispiel die Hohlräume stimmten Tätigkeiten der Organe und Organ- des Darms oder des Magens. Die Zellen des systeme sind Grundvoraussetzung für die Ent- Darmwandepithels haben nicht nur Schutz- wicklung höherer Pflanzen und Tiere. funktion, sondern resorbieren auch Stoffe und geben Verdauungsenzyme ab. Epithelzellen Erläutern Sie am Beispiel des Darms die sind über eine Basallamina mit dem darun- Differenzierung in Gewebe, Organ und terliegenden Gewebe verbunden. Organsystem. Im Gegensatz zu dem dicht gepackten Epithel- gewebe besteht Bindegewebe in der Regel aus relativ wenigen Zellen. Diese Zellen schei- den eine extrazelluläre Grundsubstanz ab, in der sie sich locker verteilen. Die wichtigsten Aufgaben vom Bindegewebe sind, andere Kör- pergewebe miteinander zu verbinden und Or- gane zu stützen. Neben dem lockeren Binde- gewebe, wie es in der Darmwand vorkommt, findet man straffes Bindegewebe in Sehnen und Bändern. Auch Knorpel und Knochen so- wie das Blut zählen zum Bindegewebe. Das Muskelgewebe setzt sich aus lang- gestreckten Zellen zusammen. Diese können kontrahieren und wieder erschlaffen. Es er- möglicht nicht nur die Fortbewegung von Le- bewesen, sondern auch den Herzschlag und die Darmbewegung. Das Muskelgewebe der Darmwand besteht aus Muskelzellen, die zum Typus der glatten Muskulatur gehören. Ihre Zellen sind eher klein und spindelförmig. Die- A B C D 2 Gewebetypen bei Tieren (B–C = LM-Aufnahmen). A Magenwand (Schema); B Muskelgewebe (glatt); C Bindegewebe; D Nervengewebe 24 Zellbiologie 1.5 Bau der Biomembranen Unter Berücksichtigung dieser und weiterer Erkenntnisse konnten Seymour Singer und polarer, Jede lebende Zelle wird durch eine Zellmem- Garth Nicolson 1972 ein Membran-Modell hydrophiler bran begrenzt. Im Cytoplasma der Zelle be- vorschlagen, das bis heute Arbeitsgrundlage Kopf grenzen wiederum Membranen zahlreiche der Cytologie ist. Ihr Modell beschreibt, dass unpolarer, Reaktionsräume, Kompartimente genannt. die Phospholipid-Doppelschicht mehr oder hydrophober So sind etwa Vakuolen, Chloroplasten und Mi- weniger flüssig ist, vergleichbar mit einem Öl- Schwanz tochondrien von Membranen umgeben. Insge- film auf der Oberfläche eines Sees. Die Mem- 1 Phospholipid samt besteht 60 bis 90 Prozent der Trocken- branproteine schwimmen darin unregelmäßig masse einer Zelle aus Membranen. verteilt „wie Eisberge in der See“. Deshalb wird das Modell auch Fluid-Mosaik-Modell Membranen, die Bestandteile von Zellen sind, genannt. Manche Proteine sind auf die Phos- bezeichnet man als Biomembranen. Sie be- pholipid-Doppelschicht aufgelagert. Sie wer- stehen hauptsächlich aus Lipiden und Pro- den als periphere Proteine bezeichnet. Im teinen. Bei den Membranlipiden handelt es Vergleich dazu tauchen integrale Proteine sich um Phospholipide. Diese Moleküle sind mehr oder weniger tief in die Lipid-Doppel- 2 Anordnung von amphipathisch, das heißt sie besitzen gleich- schicht ein. Einige integrale Proteine reichen Phospholipiden auf zeitig einen wasserliebenden, hydrophilen sogar von der einen bis zur anderen Membran- einer Wasserober- und einen wasserabstoßenden, hydrophoben seite. Mehrere Proteine können auch als Pro- fläche Bereich. Aufgrund dieses Aufbaus lagern sich teinkomplexe zusammengelagert sein. Phospholipide in hochgeordneten Molekülver- bänden zusammen. Auf einer Wasserober- Membranproteine haben verschiedene Funk- fläche zum Beispiel bilden sie eine Schicht, tionen, dazu gehören der Stofftransport sowie die nur aus einer einzigen Lage von Molekülen die Verknüpfung von Zellen miteinander durch besteht. In dieser sogenannten monomole- sogenannte zellverbindende Proteine. kularen Schicht tauchen die hydrophilen Be- reiche der Phospholipide ins Wasser ein und Auf der Außenseite von Zellmembranen findet die hydrophoben Bereiche ragen aus dem man oft noch Kohlenhydrate. Sie sind entwe- Wasser heraus. der an Membranproteine oder an Phospho- lipide gebunden. Demzufolge unterscheidet In Biomembranen sind Phospholipide in einer man zwischen Glykoproteinen und Glyko- Doppelschicht angeordnet. Darin sind ihre hy- lipiden. Diese Kohlenhydratmoleküle haben drophilen Bereiche jeweils nach außen, zur als Erkennungsmerkmale der Zellen eine wässrigen Umgebung hin ausgerichtet. Die große Bedeutung. Außerdem verleihen sie hydrophoben Bereiche sind nach innen ge- tierischen Zellen ihre Festigkeit. lagert, sodass sie kaum mit Wasser in Kon- Nachbar- takt kommen. Skizzieren und erläutern Sie die An- zelle ordnung von Phospholipiden auf einer Öloberfläche. Sticht man mit einer dünnen Nadel in A Au§enmedium eine Zelle, so bleibt an der Einstichstelle nach dem Herausziehen der Nadel kein Loch. Erklären Sie diese Beobachtung. D F G E B C Cytoplasma 3 Fluid-Mosaik-Modell einer Biomembran. A Phospholipid-Doppelschicht; B integrales Protein; C peripheres Protein; D Glykoprotein; E Glykolipid; F zellverbindendes Protein; G Proteinkomplex Zellbiologie 25 METHODE Arbeiten mit Modellen Modelle haben im naturwissenschaft- lichen Erkenntnisprozess eine wichti- Proteinschicht ge Funktion. Wissenschaftler schlagen Modelle unter anderem vor, um damit bisherige Erkenntnisse und Beobach- tungen zusammenzufassen, zu ver- Phospho- lipid- Proteinkanal einfachen und zu veranschaulichen. doppelschicht Ein Modell ist keine Kopie des Origi- nals. Es zeichnet sich durch Abstrak- tion aus: Bestimmte Merkmale des Originals werden bewusst vernach- Proteinschicht lässigt, andere hervorgehoben. Im Sinne einer Theorie oder Hypothese 1 Sandwich-Modell 3 Erweitertes Sandwich-Modell werden Modelle über das Original konstruiert. Neue Erkenntnisse Die ersten elektronenmikroskopischen teinen besitzen. Da man davon aus- können Modelle stützen, verfeinern, Untersuchungen von Membranen aus ging, dass alle Biomembranen iden- aber auch grundlegend verändern. den 50er Jahren schienen das Sand- tisch aufgebaut sind, sprach man Beispielhaft wird dies an der Erfor- wich-Modell zu bestätigen, da die Bil- auch von der Einheitsmembran. schung der Biomembranen deut- der zunächst falsch gedeutet wurden. lich. Man erkannte zwei dunkle Linien mit Im weiteren Verlauf der Membran- einer Dicke von jeweils 2 nm, zwi- forschung ergaben sich immer mehr Langmuir stellte 1917 erstmals aus schen denen sich eine etwa 3 nm di- Widersprüche zu diesen Modell- amphipathischen Fettsäuren stabile cke hellere Linie befand. Die hellere vorstellungen. Zum Beispiel ergaben Schichten auf einer Wasseroberfläche Linie deutete man zunächst als das chemische Analysen, dass das Ver- her. Aus dem Vergleich der Schicht- hydrophobe Innere der Membran, die hältnis von Lipiden zu Proteinen bei dicke und der Molekülgröße schloss beiden äußeren dunklen Linien als Membranen verschiedener Herkunft er, dass die Schichten nur aus einer Bereiche aus Proteinen und hydro- auch sehr unterschiedlich sein kann. einzigen Lage von Molekülen beste- philen Bereichen der Phospholipide. Vor allem wurde die Lage der Protei- hen. Heute weiß man, dass die eigentliche ne bezweifelt. Membranen mit aufge- Membran nur der Bereich zwischen lagerten Proteinschichten könnten Mit dem gleichen Verfahren bildeten den dunklen Schichten ist. Die bei- nicht so flexibel sein, wie man es bei Gorther und Grendel 1925 aus den dunklen Linien entstehen durch Biomembranen beobachtete. Phospholipiden, die sie aus den Zell- das Kontrastmittel, das der Membran membranen einer bestimmten Anzahl beidseitig aufgelagert ist. Nachdem man mithilfe besonderer von Roten Blutkörperchen extrahiert Mikroskopiertechniken festgestellt hatten, eine monomolekulare Schicht hatte, dass Membranproteine unter- auf einer Wasseroberfläche. Beim schiedlich tief in die Phospholipid- Ausmessen dieser Schicht stellten sie Doppelschicht eintauchen und sehr fest, dass ihre Fläche genau doppelt unregelmäßig in Membranen verteilt so groß war wie die Oberflächen der sein können, schlugen Seymour verwendeten Roten Blutkörperchen. Singer und Garth Nicolson 1972 Daraus folgerten sie, dass die Phos- das Fluid-Mosaik-Modell vor. Natür- pholipide in Zellmembranen als lich wird auch dieses Membran- Doppelschicht angeordnet sein Modell ständig überprüft, ob es neu müssen. Auf der Grundlage dieser gewonnenen Erkenntnissen und Be- Erkenntnisse wurde 1935 ein erstes 2 Biomembran (EM-Aufnahme) obachtungen widerspricht. Es wird Membran-Modell, das Sandwich- weiterentwickelt und muss vielleicht Modell, vorgestellt. Es stellt die Bio- Um den Transport von hydrophilen auch eines Tages grundsätzlich um- membran als Phospholipid-Doppel- Stoffen durch Biomembranen erklä- gestaltet werden. Zurzeit ist es aber schicht dar, auf der auf beiden ren zu können, wurde das Sandwich- die geeignetste Arbeitsgrundlage für Seiten jeweils eine Schicht aus kugel- Modell erweitert. Man vermutete, die Erforschung von Membranen und förmigen Proteinen aufgelagert ist. dass Biomembranen Kanäle aus Pro- Zellen. 26 Zellbiologie 1.7 Stofftransport durch Gibt man einige Tropfen rote Tinte in ein Ge- Biomembranen fäß mit Wasser, ohne dass die Lösung umge- rührt oder bewegt wird, kann man nach Zellen und Zellkompartimente müssen einer- einiger Zeit feststellen, dass das Wasser über- seits vor dem Eindringen vieler Stoffe ge- all gleichmäßig rot gefärbt ist. schützt werden, andererseits sind sie auf einen 3 Tage spter ständigen Stoffaustausch mit ihrer Umgebung In Flüssigkeiten und Gasen befinden sich die angewiesen. Biomembranen ermöglichen den Teilchen ständig in regelloser Bewegung. Im kontrollierten Stoffaustausch der Zellen und Lauf der Zeit verteilen sie sich dadurch gleich- Zellkompartimente. So sind sie für bestimmte mäßig in dem ihnen zur Verfügung stehenden 1 Versuch zur Moleküle, wie etwa Wasser, gut durchlässig, Raum. Dieser Vorgang wird als Diffusion be- Diffusion während andere Moleküle und Ionen sie nicht zeichnet. Die roten Tintenmoleküle verteilen überwinden können. Man bezeichnet Biomem- sich langsam aufgrund ihrer Eigenbewegung lat. semi: halb branen deshalb als semipermeabel. gleichmäßig in dem Wasser. Sie diffundieren lat. permeo: etwas dabei von Bereichen, in denen sie in hohen durchwandern Trennt eine semipermeable Membran zwei Konzentrationen vorliegen, dahin, wo ihre Kompartimente, wobei ein Kompartiment Konzentration gering ist, nämlich ins Wasser. Wasser, das andere eine Zuckerlösung enthält, Auch die Wasserteilchen diffundieren in Be- nimmt im Verlauf der Zeit das Volumen der reiche, in denen ihre Konzentration geringer Zuckerlösung zu, während das Volumen des ist, also zwischen die Tintenteilchen. Das Er- Wassers abnimmt. Aus dieser Beobachtung gebnis ist ein Konzentrationsausgleich. lässt sich schließen, dass Wasser durch die Membran in die Zuckerlösung dringt. Aber Befindet sich zwischen der Zuckerlösung und warum bewegen sich Wassermoleküle in das dem Wasser eine semipermeable Membran, Kompartiment mit der Zuckerlösung hinein? können zwar die Wassermoleküle durch die Membran diffundieren, die großen Zucker- Konzentrationsgradient Biomembran moleküle aber nicht. Die Wassermoleküle ver- teilen sich gleichmäßig in dem ihnen zur Ver- fügung stehenden Raum, also in den beiden Kompartimenten, während sich die Zucker- moleküle nur in dem Kompartiment bewegen können, in welches sie eingefüllt wurden. Dies erklärt die Volumenzunahme der Zucker- lösung. Diese Diffusion durch eine semiper- meable Membran wird Osmose genannt. Dif- fundieren Wassermoleküle in Kompartimente hinein, kommt es dort neben einer Volumen- vergrößerung auch zu einer Druckerhöhung. Für die Diffusion muss eine Zelle keine Stoff- wechselenergie aufwenden. Deshalb gehört die Diffusion zu den sogenannten passiven Transportprozessen. Nur sehr kleine unpolare Moleküle wie Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid können die Phospholipid-Doppelschicht der Membranen durch einfache Diffusion überwinden. Dabei gilt, je fettlöslicher ein Molekül ist, desto schneller diffundiert es durch die Phospho- lipid-Doppelschicht. Polare Wassermoleküle können im Vergleich dazu nur sehr schlecht durch die Phospholipid-Doppelschicht diffun- A B dieren. Viele Zellen sind aber auf einen schnel- 2 Stofftransport ( = Zuckerlösung, = Wasser). A Diffusion; B Osmose len Wassertransport angewiesen. Er wird mit- Zellbiologie 27 hilfe integraler Membranproteine möglich, die werden als Carrier, der Transportvorgang als von einem zentralen Kanal durchzogen wer- Carriertransport bezeichnet. den. Durch ihn kann Wasser ungehindert von einer Membranseite zur anderen diffundieren. Manche Carrier besitzen Bindungsstellen für Solche Wasserkanalproteine, auch Aquapori- mehrere Substrate. Zum Beispiel binden die ne genannt, sind so gebaut, dass nur Wasser- für Glucose spezifischen Carrier neben einem moleküle ihren Kanal durchqueren können. Glucosemolekül gleichzeitig Natrium-Ionen. Durch andere Kanalproteine können ver- Nur wenn alle Bindungsstellen besetzt wer- schiedene gelöste Moleküle und Ionen von den, erfolgt der Transport. Dieser sogenann- 4 Symport einer zur anderen Membranseite diffundie- te Cotransport verläuft beim Symport in ren. gleicher Richtung, beim Antiport in entgegen- gesetzter Richtung. Für die Reizaufnahme und Erregungsweiter- leitung durch Sinnes- und Nervenzellen haben Carrier können ihre Moleküle nur durch die gesteuerte Ionenkanäle eine große Bedeu- Membran transportieren, wenn der Stoff auf tung. Sie funktionieren ähnlich wie Tore, die einer Seite in höherer Konzentration vor- durch ein Signal geöffnet und geschlossen kommt als auf der anderen Seite. Der Trans- werden. Ionenkanäle in den Membranen kön- port erfolgt also, wie auch bei der Diffusion, nen durch Signalmoleküle wie Hormone oder mit dem Konzentrationsgefälle. Deshalb muss 5 Antiport durch Ladungsveränderungen an der Mem- die Zelle dafür keine Stoffwechselenergie bran gesteuert werden. Ist ein Kanal erst ein- aufwenden. Sowohl die carrier- als auch mal geöffnet, können in Abhängigkeit vom die kanalvermittelte Diffusion zählen zum Konzentrationsgradienten viele Ionen gleich- passiven Transport. zeitig hindurchströmen. Viele Stoffe, wie etwa Glucose, können in Andere Transportproteine in der Membran Zellen aufgenommen werden, obwohl in den haben charakteristische Bindungsstellen für Zellen bereits eine höhere Glucosekonzentra- Moleküle, die durch die Membran transpor- tion vorliegt als außerhalb. Für den Carrier- tiert werden sollen. Ähnlich wie ein Schlüssel transport entgegen eines Konzentrationsge- zum Schloss passen muss, können nur genau fälles müssen Zellen Stoffwechselenergie be- passende Moleküle daran binden. Dadurch reitstellen. Deshalb spricht man dann von verändert sich die räumliche Struktur des einem aktiven Transport. Die Energie wird Transportproteins so, dass dabei das gebun- benötigt, um den Stoff gegen den Konzentra- dene Molekül durch die Membran geschleust tionsgradienten zu befördern. wird. Solche spezifischen Transportproteine Au§enmedium Kanalprotein Signal- molekl e einfache kanalvermittelte gesteuerter gi er Diffusion Diffusion Ionenkanal carriervermittelte Diffusion En Cytoplasma passiver Transport aktiver Transport 3 Transportprozesse durch Biomembranen 28 Zellbiologie AUFGABEN Plasmolyse und Deplasmolyse bei Ligusterbeerenzellen 1 Plasmolyse und Deplasmo- a) Benennen Sie die gekennzeichne- Deuten Sie diese Beobachtung und lyse bei Ligusterbeerenzellen ten Zellstrukturen in den Schemata A skizzieren Sie in diesem Zusammen- und B. hang den Aufbau einer Biomembran. b) Deuten Sie die Beobachtungen bei der Plasmolyse und Deplasmolyse. 5 Aquaporine c) Betrachten Sie die Animation zur Quecksilber-Ionen verstopfen die Plasmolyse bei Zwiebelzellen und Aquaporine in Biomembranen. vergleichen Sie diese mit der Plasmo- a) Erklären Sie die Funktion von lyse bei den Ligusterbeerenzellen. Aquaporinen in Biomembranen. Vergleichen Sie in diesem Zusam- 2 Osmose-Modell menhang die kanalvermittelte mit der carriervermittelten Diffusion. In lichtmikroskopischen Aufnahmen b) Beschreiben und erklären Sie, von Zellen der Ligusterbeere erkennt welches Ergebnis Sie bei einem man, dass sie fast vollständig von Plasmolyse- und Deplasmolyse- einer zentralen Vakuole ausgefüllt versuch erwarten, wenn die Zellen sind. Der Inhalt der Vakuole ist der Ligusterbeere kurz vor dem durch den Pflanzenfarbstoff Ligulin Versuch in eine Quecksilberchlorid- blauviolett gefärbt. Lösung getaucht werden. a) Erklären Sie mithilfe des abge- bildeten Osmose-Modells die Vor- 6 Stofftransport durch gänge an der Zellmembran und am Biomembranen Tonoplasten sowohl bei der Plasmo- a lyse als auch bei der Deplasmolyse. b b) Überprüfen Sie, welche Aspekte c durch das Modell nur begrenzt ver- d e anschaulicht werden. f g 3 Grenzplasmolyse A B Den Zustand einer Zelle, bei dem sich die Zellmembran nur minimal von Befinden sich die Zellen in einer wäss- der Zellwand abgelöst hat, bezeichnet rigen Umgebung, ist das Zellplasma man als Grenzplasmolyse. Im Zell- nur als schmaler Saum zwischen verband spricht man von Grenz- Zellwand und Vakuole zu erkennen. plasmolyse, wenn 50 Prozent der Zel- Die Zellmembran liegt, wie im Sche- len im plasmolysierten Zustand ma A dargestellt, eng an der Zell- vorliegen. Anhand einer Grenzplas- A B wand an. Legt man die Zellen in molyse kann man die Konzentra- konzentrierte Zucker- oder Salz- tionen von gelösten Stoffen im Zell- Die Abbildung zeigt modellhaft den Lösungen, beobachtet man, dass der plasma und Zellsaft bestimmen. Stofftransport an der Biomembran Protoplast, so bezeichnet man die Planen Sie ein Experiment, mit dem eines Kompartiments. In Schema B Zelle ohne Zellwand, schrumpft. Er festgestellt werden kann, wie hoch befindet sich im Kompartiment ein löst sich dabei, wie im Schema B dar- die Glucosekonzentration in den Zel- Enzym, welches den Stoff umwandelt. gestellt, von der Zellwand ab. Dabei len der Ligusterbeeren ist. a) Vergleichen Sie den Stofftransport intensiviert sich die Farbe in der Va- in Schema A und B und erklären Sie kuole. Dieser Vorgang wird als Plas- 4 Aufbau der Biomembran die Unterschiede. molyse bezeichnet. Gibt man solche Gibt man Zellen der Ligusterbeere b) Betrachten Sie die Animation zum plasmolysierten Zellen in Wasser, so in Aceton oder Alkohol, so kann Ionenfallenexperiment und schrei- erfolgt der umgekehrte Vorgang, die man beobachten, dass der Farbstoff ben Sie dazu ein Versuchsprotokoll. Deplasmolyse. Der Protoplast ge- Ligulin aus der Vakuole und aus der c) Vergleichen Sie das Ionenfallen- langt dabei wieder in seinen ur- Zelle in das umgebende Medium experiment mit dieser modellhaften sprünglichen Zustand zurück. ausläuft. Darstellung des Stofftransports. Zellbiologie 29 PRAKTIKUM Plasmolyse bei Pflanzenzellen 1 Plasmolyse und Deplasmo- Vakuole lyse bei Epidermiszellen Zellkern Material: rote Küchenzwiebel; Pinzette; Rasierklinge; Objektträger; Plasmaschlauch Deckgläschen; in Streifen geschnitte- nes Filtrierpapier; Tropfpipette; 1-molare Kaliumnitrat-Lösung; Mikroskop; Wasser Durchführung: Schneiden Sie in die untere Epidermis einer Zwiebel- schuppe mit einer Rasierklinge 1 Epidermiszellen der roten Küchenzwiebel (LM-Aufnahme). Die Zellen sind mehrere kleine fast vollständig von der Vakuole ausgefüllt. Der Vakuoleninhalt ist durch Pflanzen- Rechtecke. farbstoffe, sogenannte Anthocyane, rot gefärbt. findet, und eine Zelle, die sich in Kali- Material: Luftballon; dünnwandige umnitrat-Lösung befindet. Beschriften Plastikflasche (In Boden und Wände Sie die erkennbaren Strukturen. wurden Löcher gestochen.) b) Erklären Sie auf der Grundlage Durchführung: Basteln Sie aus den Fassen Sie eines der Rechtecke mit der Osmose, wie die Unterschiede angegebenen Materialien ein Modell der Pinzette an einer Ecke an und zwischen den Zellen in Wasser und in einer Pflanzenzelle. ziehen Sie es vorsichtig von der der Kaliumnitrat-Lösung entstehen. Aufgaben: Zwiebelschuppe ab. Übertragen Sie c) Informieren Sie sich anhand der a) Vergleichen Sie eine Pflanzen- es in einen Wassertropfen auf einem Animation zur Plasmolyse und zelle mit dem Modell. Geben Sie an, Objektträger, sodass die Oberseite Deplasmolyse über diese Vorgänge welche Bestandteile des Modells oben liegt, und decken Sie es mit und erklären Sie, welche Vorgänge und einer Pflanzenzelle sich einem Deckgläschen ab. Saugen Sie im Endstadium einer Plasmolyse am entsprechen. das überschüssige Wasser an der Tonoplasten ablaufen. b) Erklären Sie anhand des Modells, Seite des Deckgläschens mit Filtrier- d) Planen Sie ein Experiment für was man in den Naturwissenschaften papier ab. Mikroskopieren Sie das eine Deplasmolyse bei Ihrem unter einem Modell versteht. Präparat mindestens bei 300-facher Zwiebelzellenpräparat. Führen Sie c) Erklären Sie mit dem Modell den Vergrößerung. Geben Sie dann einen das Experiment danach durch. Turgordruck, die Plasmolyse und die Tropfen Kaliumnitrat-Lösung neben Deplasmolyse. das Deckgläschen und saugen Sie es 2 Turgordruck im Modell d) Beschreiben Sie, welche Trans- von der gegenüberliegenden Seite portvorgänge am Plasmalemma ab- mit Filtrierpapier unter das Deck- laufen, wenn der Turgordruck und gläschen. der Gegendruck durch die Zellwand gleich groß sind. Filtrier- Tropf- papier pipette 3 Turgorverlust Material: frisch abgeschnittene Sprosse mit Laubblättern einer Strömt Wasser in den Protoplasten krautigen Pflanze, z. B. Fleißiges einer Pflanzenzelle, so nimmt er an Lieschen; zwei Bechergläser (100 ml); Volumen zu. Dabei drückt er auf die gesättigte Kochsalz-Lösung; Wasser Zellwand. Dieser Druck, Turgor Durchführung: Stellen Sie einen genannt, nimmt solange zu, bis der Spross in Wasser, den anderen in Mikroskopieren Sie nach etwa zehn Gegendruck durch die Zellwand die gesättigte Kochsalz-Lösung. Minuten das Präparat bei mindestens verhindert, dass sich der Protoplast Aufgabe: 300-facher Vergrößerung. weiter ausdehnen kann. Der Turgor Beschreiben und erklären Sie das Aufgaben: spielt eine entscheidende Rolle für Versuchsergebnis, das nach etwa a) Zeichnen Sie eine Zelle aus dem die Stabilität und Steifheit von 24 Stunden zu beobachten ist. Zellverband, die sich in Wasser be- Pflanzen und pflanzlichen Geweben. 30 Zellbiologie 1.8 Zellbestandteile Ribosomen (Größe: 15–30 nm) sind sehr klei- ne rundliche Zellorganellen, die frei im Cyto- μm = Mikrometer Der Zellkern oder Nucleus (Größe: 3–15 μm) plasma vorkommen oder an die röhrenför- 1 μm = 10–6 m; ist abgesehen von der Zentralvakuole in man- migen Strukturen des Endoplasmatischen entspricht dem chen Pflanzenzellen das größte Zellorganell Retikulums gebunden sind. Ribosomen syn- Millionstel eines einer eukaryotischen Zelle. Er enthält das Erb- thetisieren mithilfe von Bauanleitungen aus Meters material, das für die Zellteilung und für die dem Zellkern die Zellproteine. Besonders viele Steuerung der Stoffwechselvorgänge verant- Ribosomen kommen in Zellen vor, die ständig nm = Nanometer wortlich ist, und gilt somit als Steuerzentrale viele Proteine synthetisieren, wie etwa Drü- 1 nm = 10–9 m; der Zelle. senzellen. So kann eine menschliche Leberzel- entspricht dem le mehrere Millionen Ribosomen besitzen. Milliardstel eines Der Kern ist vom Cytoplasma durch die Kern- Freie Ribosomen produzieren Proteine für den Meters hülle abgegrenzt. Diese besteht aus einer in- Eigenbedarf der Zelle. Am ER gebundene Ribo- neren und einer äußeren Membran und steht somen synthetisieren hauptsächlich Proteine, mit dem Endoplasmatischen Retikulum (ER) die in die Zellmembranen eingebaut oder von der Zelle in enger Verbindung. Über die Kern- der Zelle abgegeben werden. poren in der Kernhülle ist ein kontrollierter Stoffaustausch zwischen dem Kerninneren Mitochondrien (Größe: 1–10 μm) sind stäb- und dem umgebenden Zellplasma möglich. Im chenförmige Zellorganellen. Die Zahl der Mito- Innern des Zellkerns befindet sich, eingebettet chondrien pro Zelle ist abhängig von der Stoff- in eine wässrige Grundsubstanz, ein Gewirr wechselaktivität der Zelle. Eine menschliche aus fädigen Strukturen, das als Chromatin Leberzelle enthält in der Regel mehr als 1000 bezeichnet wird. Es besteht aus Proteinen und Mitochondrien. Mitochondrien vermehren Nucleinsäuren und enthält die genetische In- sich durch Zweiteilung. Sie werden von zwei formation der Zelle. Das Chromatin verdichtet Membranen begrenzt, einer inneren und äu- sich vor jeder Zellteilung, sodass klar vonein- ßeren. Die innere Membran ist zur Ober- ander getrennte Chromosomen sichtbar wer- flächenvergrößerung in viele Falten gelegt, die den. Weiter kommen im Zellkern ein oder sich ins Innere des Mitochondriums erstre- mehrere Zellkernkörperchen oder Nucleoli cken. Die Grundsubstanz, die ein Mitochon- vor. Sie sind beteiligt an der Bildung der Ribo- drium ausfüllt wird Matrix genannt. Sie ent- somen, den Orten der Proteinbiosynthese. hält DNA, Ribosomen und zahlreiche Enzyme. Kernhülle Nucleoli Chromatin ER 1 μm Ribosom A B Kernpore 1 μm 100 nm C D 1 Zellkern. A EM-Aufnahme; B Schema; C REM-Aufnahme; D Kernporen (EM-Aufnahme) Zellbiologie 31 Mitochondrien werden auch als „Kraftwerke Reservestoffe, Abfallstoffe, Farbstoffe oder Gif- der Zellen“ bezeichnet, denn in ihnen finden te zum Schutz vor Tierfraß sein. Zum anderen Stoff- und Energieumwandlungen statt. Ener- dienen Vakuolen der Stabilität von nicht ver- giereiche Stoffe werden in den Mitochondrien holzten Pflanzenteilen. mithilfe von Sauerstoff enzymatisch abgebaut. Aufgrund der im Zellsaft gelösten Stoffe ist Diesen Prozess bezeichnet man als Zell- dort die Konzentration an Wassermolekülen atmung. Die dabei frei werdende Energie wird niedriger als in der Umgebung der Zelle. So in Form von Adenosintriphosphat, abge- diffundieren Wassermoleküle aus der Umge- kürzt ATP, gespeichert. Die Bildung von ATP bung durch das Cytoplasma in die Vakuolen findet an der inneren Mitochondrienmembran hinein. Dadurch nimmt das Zellvolumen zu statt. ATP-Moleküle werden ins Cytoplasma und die Zellmembranen werden gegen die befördert und können dort überall bei ener- starren Zellwände gepresst. Dieser Druck, gieverbrauchenden Reaktionen Energie be- Turgor genannt, verleiht den Pflanzen Steif- reitstellen. Zum Beispiel liefert ATP die Ener- heit und Stabilität. gie für den aktiven Carriertransport. Plastiden sind typische Bestandteile von äußere Membran Pflanzenzellen. Zu ihnen gehören die grünen Chloroplasten, die gelbroten Chromoplas- innere Membran ten und die farblosen Leukoplasten. Plas- Matrix tiden variieren stark in Größe und Form. Sie gehen aus gemeinsamen Vorstufen, den DNA Proplastiden, hervor. Chromoplasten verur- Ribosom sachen in Blüten und Früchten die Rot-, Gelb- und Orangefärbung. Diese Farben dienen oft als Signale, durch die Tiere zur Bestäubung A B und Samenverbreitung angelockt werden. 2 Mitochondrium. A EM-Aufnahme; B Schema Leukoplasten sind Speicherorte für Stärke und Fette. Chloroplasten, die in allen grünen Pflanzenzellen vorkommen, sind die Orte, in denen die Fotosynthese stattfindet. Dabei äußere Membran wird aus Kohlenstoffdioxid und Wasser mithil- innere Membran fe von Licht, Enzymen und Chlorophyll ener- DNA giereiche Glucose aufgebaut. Wie Mitochon- Thylakoid drien sind Chloroplasten von zwei Membranen Grana umgeben, enthalten DNA sowie Ribosomen Stroma und vermehren sich durch Zweiteilung. Ihre Ribosom Grundsubstanz, das Stroma, wird von flachen Stärkekorn Membranensäckchen durchzogen. Diese soge- A Intermembranraum B nannten Thylakoide sind an manchen Stellen kreisrund und geldrollenartig übereinander 3 Chloroplast. A EM-Aufnahme; B Schema gestapelt. Man nennt diese Stapel Grana. In die Membranen der Thylakoide sind Chloro- phyll und andere Blattfarbstoffe eingelagert, mit denen das Licht für die Fotosynthese ein- gefangen wird. Vakuolen gehören ebenfalls zu den charak- Zellwand teristischen Organellen von Pflanzenzellen. Cytoplasma Sie nehmen oft den größten Teil ihres Zell- Zellkern volumens ein. Die mit Zellsaft gefüllte Vakuole ist von einer Membran, dem Tonoplasten, Vakuole mit Farbstoffen umgeben und so gegen das Cytoplasma abge- grenzt. Pflanzenvakuolen dienen zum einen A B zur Speicherung von Stoffen. Dies können 4 Zwiebelzellen mit Vakuole. A LM-Aufnahme; B Schema 32 Zellbiologie Bei eukaryotischen Zellen wird ein großer Teil re Membran der Kernhülle fortsetzt. In vielen des Zellvolumens von einem ausgedehnten in- Bereichen sind auf seiner Oberfläche Riboso- neren Membransystem ausgefüllt. Es besteht men angeheftet. Man kann daher zwischen im Wesentlichen aus dem Golgi-Apparat dem rauen, ribosomentragenden ER und dem und dem Endoplasmatischen Retikulum glatten ER, das nicht mit Ribosomen besetzt (ER). Zwischen diesen bewegen sich kleine, ist, differenzieren. Raues und glattes ER unter- von Membranen umgebene Bläschen, die scheiden sich in ihren Aufgaben im Zellstoff- Vesikel, hin und her. wechsel. Das glatte ER ist insbesondere am Abbau von Das Wort „Endoplasmatisches Retikulum“ Giften oder auch Medikamenten beteiligt. heißt übersetzt „innerplasmatisches Netz- Außerdem hat es in bestimmten Zelltypen die werk“. Es besteht aus miteinander verbun- Aufgabe, Lipide und Hormone zu synthetisie- denen, membranbegrenzten Röhren und ab- ren. geflachten Säckchen und durchzieht das Das raue ER arbeitet eng mit den auf seiner Cytoplasma der gesamten Zelle. In EM-Aufnah- Oberfläche angelagerten Ribosomen zusam- men erkennt man, dass es sich bis in die äuße- men. Diese synthetisieren Polypeptidketten und geben sie in den Innenraum des ERs ab. Dort werden sie in mehreren Schritten verän- dert und gefaltet, sodass daraus Proteine mit ihrer typischen Raumstruktur entstehen. Der Transport der Proteine zu den Bestim- mungsorten in der Zelle erfolgt dann zu einem Teil im Innenraum des Röhrensystems des rauen ERs, zu einem anderen Teil durch Vesi- kel. Für den Vesikeltransport werden die Pro- teine an der Oberfläche des ERs in kleine Membranaussackungen gegeben. Diese ver- größern sich und werden dann als Vesikel ab- geschnürt. Solche ER-Vesikel können mithilfe von Mikrotubuli – fädigen Proteinen, die das Cytoplasma durchziehen – zur Zelloberfläche bewegt werden und dort mit der Zellmembran A B verschmelzen. Auf diese Weise gelangen die 5 Endoplasmatisches Retikulum. Proteine aus dem Vesikelinneren ins Außen- A EM-Aufnahme (Querschnitt); B Schema medium der Zelle. Andere ER-Vesikel beför- dern Proteine zum Golgi-Apparat. entstehendes Golgi-Vesikel Der Golgi-Apparat besteht aus abgeflachten Membransäckchen, den sogenannten Zister- nen, sowie aus Golgi-Vesikeln. Die Zisternen sind oft dicht gestapelt. Solche Membran- stapel werden Dictyosomen genannt. Die Ge- samtheit aller Dictyosomen einer Zelle ist der Golgi-Apparat. Er ist eine Schaltstelle des Stofftransports. Insbesondere ist er am Export von Stoffen aus der Zelle beteiligt. Der Golgi- Apparat übernimmt Proteine vom ER. Dazu verschmelzen Vesikel, die vom ER abgeschnürt werden, mit Zisternen des Golgi-Apparats. Dabei gelangen die Proteine aus den Golgi- Zisterne Vesikeln in den Innenraum der Zisternen. Manche Proteine werden dort noch weiter ver- A B Golgi-Vesikel ER-Vesikel ändert. Vor allem aber werden Proteine dort 6 Dictyosom. A EM-Aufnahme (Querschnitt); B Schema sortiert und konzentriert. Danach werden sie Zellbiologie 33 in Golgi-Vesikel verpackt und an die Bestim- ER-Vesikel mungsorte in der Zelle oder nach außen be- fördert. Verdauungsenzym Einige Golgi-Vesikel enthalten als Proteine Dictyosom verschiedene Verdauungsenzyme. Diese sind am Abbau von Stoffen beteiligt, die von Zellen aufgenommen werden. Zellen können durch primäres Einstülpungen ihrer Zellmembran Stoffe auf- Lysosom nehmen. Gelangt etwa ein nährstoffreicher Verdauungs produkte Partikel außen an die Zelloberfläche, senkt sich die Zellmembran zu einem Grübchen ein. Das Membrangrübchen vertieft sich und wird unverdau- Endosom als Vesikel abgeschnürt. Dieser Vorgang wird licher Rest als Endocytose, der nährstoffhaltige Vesikel als Endosom bezeichnet. sekundäres Das Endosom wird ins Innere der Zelle bewegt. Lysosom Endocytose Golgi-Vesikel mit Verdauungsenzymen wer- nährstoff- den als primäre Lysosomen bezeichnet. Endo- reicher somen und primäre Lysosomen verschmelzen Partikel zu sekundären Lysosomen. In ihnen kom- Cytoplasma Exocytose men die nährstoffreichen Partikel der Endo- Zellmembran somen mit den Verdauungsenzymen aus den Außenmedium primären Lysosomen in Kontakt und werden 8 Lysosomen und intrazellulärer Stoffabbau abgebaut. Die dabei entstehenden verwert- baren Verdauungsprodukte werden durch die Membran des sekundären Lysosoms ins Cyto- Rote Blutkörperchen besitzen keinen Zell- plasma transportiert. Sie stehen der Zelle als kern. Erklären Sie, welche Zellvorgänge Baustoffe oder zur Energiegewinnung zur Ver- in diesen Zellen deshalb nicht ablaufen fügung. können. Auch zelleigenes Material, etwa beschädigte Vergleichen Sie den Aufbau von Mito- Zellbestandteile, werden in sekundären Lysoso- chondrien und Plastiden. men abgebaut, denn die Zelle kann bestimmte Ribosomen können radioaktiv markierte Stoffe daraus wieder verwerten. Aminosäuren in Aminosäureketten ein- bauen. Dann lässt sich anhand der Radio- Stoffe, die im sekundären Lysosom nicht aktivität verfolgen, wohin die Amino- verdaut werden können, werden in Vesikel säureketten transportiert werden. Zum verpackt. Diese werden zur Zelloberfläche be- Beispiel findet man anschließend Radio- fördert und verschmelzen dort mit der Zell- aktivität in sekundären Lysosomen. membran. Dabei werden die unverdaulichen Beschreiben und erklären Sie den Weg Reste nach außen abgegeben. Diesen Vorgang der radioaktiven Aminosäuren vom Ribo- nennt man Exocytose. som bis ins sekundäre Lysosom. A B C D 7 Endocytose (TEM-Aufnahmen). A, B Membrangrübchen; C Abschnürung des Vesikels; D Vesikel Zellbiologie 35 1.9 Angewandte Biologie: oder in befruchteten Hühnereiern vermehrt Zellkulturen in der Medizin werden. Ihre Vermehrung in Zellkulturen be- schleunigt und vereinfacht die Impfstoffher- Die meisten Pflanzen- und Tierzellen können stellung wesentlich. unter geeigneten Bedingungen in einem Kul- turmedium leben und sich vermehren. Sol- Jedes Jahr muss gegen Grippeviren ein neuer che Zellkulturen kommen immer mehr in Impfstoff entwickelt werden, da sich die Ober- der Medizin zur Anwendung. Primäre Zell- flächenproteine des Virus schnell verändern kulturen enthalten Einzelzellen, die einem und eine vorherige Impfung nicht vor einer Organ direkt entnommen und für die Kultur Infektion durch eine neue Virusvariante aufbereitet werden. Tierische Zellen teilen schützt. Seit über 50 Jahren nutzt man für sich in Kultur aber nur etwa 50- bis 100-mal. die Vermehrung der neuen Virusvarianten Durch Eingriffe, wie etwa das Einschleusen bebrütete Hühnereier aus einer sterilen An- von Tumorgenen, kann man erreichen, dass zucht. In Deutschland wurde 2007 der erste Grippeimpfstoff aus einer Zellkultur zugelas- A sich auch tierische Zellen in Zellkultur perma- nent weiterteilen. Sekundäre Zellkulturen sen. Mit diesem Verfahren kann schneller und enthalten solche manipulierten Zellen. flexibler als bisher auf einen erhöhten Bedarf an Impfstoff reagiert werden. So müssen etwa Zellkulturen ersetzen in zunehmendem Maße bei einer drohenden Epidemie die speziellen Tierversuche, in denen zum Beispiel die Ver- Hühnereier nicht erst besorgt werden, son- träglichkeit von Pharmaka, Chemikalien und dern aus wenigen tiefgefrorenen Zellen lassen Biomaterial, wie etwa Kontaktlinsen und Pro- sich sehr schnell große Zellkulturen gewin- thesen, getestet werden. Kulturen aus mensch- nen. Dadurch hat sich die Impfstoffproduktion lichen Leberzellen nutzt man insbesondere, von neun auf vier Monate verkürzt. B um die Wirksamkeit von potentiellen Medika- 2 Grippeviren. menten zu untersuchen und zu prüfen, ob bei Auch verschiedene andere Impfstoffe werden A EM-Aufnahme ihrem Abbau im Zellstoffwechsel schädliche bereits mithilfe von Zellkulturen hergestellt, (gefärbt); Stoffe gebildet werden. Die Ergebnisse aus sol- meist jedoch noch mit primären Zellkulturen. B Schema eines chen Testverfahren lassen sich viel besser auf Dabei werden ständig wieder Lebewesen, zum Grippevirus Menschen übertragen, als Ergebnisse aus Tier- Beispiel Hühner oder Affen, gebraucht, um tei- versuchen. lungsfähige Zellen zu gewinnen. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den Zellen, in denen Große Bedeutung haben Zellkulturen für die Grippeviren gezüchtet werden, um sich per- Vermehrung von Viren, die man für die Her- manent weiter teilende Zellen. Solche sekun- stellung von Impfstoffen benötigt. Da Viren dären Zellkulturen werden auch schon für die sich nur in lebenden Zellen vermehren kön- Produktion von Polio- und Tollwut-Impfstoffen nen, mussten sie bislang entweder in Tieren eingesetzt. Vermehrung Vermehrung Isolierung Gewinnung der Kontrolle der Zellen der Viren der Viren Oberflchenproteine und Abfllen Grippe- Grippe- virus impfstoff A B C D E 1 Produktion des Grippeimpfstoffes. A Die Zellkultur wird aufgetaut und die Zellen werden zur Vermehrung angeregt. B Nach Zugabe und Vermehrung der Grippeviren in den Zellen werden diese zerstört und die Viren gelangen in die umgebende Lösung. C Die Viren werden aus der Lösung isoliert. D Nur Bruchstücke aus der Virusoberfläche werden verwendet. E Nach den Qualitätskontrollen wird der Impfstoff abgefüllt. 36 Zellbiologie AUFGABEN (vernetzt) Erythrocyten 1 Zellorganelle b) Erklären Sie das Schema zur b) Deuten Sie die Beobachtungen Die Zellorganellen von Erythrocyten Verträglichkeit von Spender- und in den drei Reagenzgläsern unter werden im Verlauf ihrer Reifung ab- Empfängerblut. Berücksichtigung der LM-Aufnah- gebaut. Aber ihr Zellinneres ist von men. Ordnen Sie dazu die LM-Aufnah- einem ausgeprägten Cytoskelett 3 Erythrocytenresistenz men D bis F den Reagenzgläsern mit durchzogen. Dieses ist unmittelbar In einem Versuch gibt man Erythro- den entsprechenden Salzkonzentrati- unter der Zellmembran besonders cyten in 20 Reagenzgläser mit an- onen A bis C zu. stark ausgebildet und an vielen Stel- steigenden Salzkonzentrationen von len mit ihren integralen Proteinen 0 Prozent bis 5 Prozent. Von den Ver- 4 Transportprozesse verknüpft. Es stabilisiert ihre Linsen- suchsergebnissen sind der Übersicht- Im Plasma des Erythrocyten liegt eine form und erlaubt gleichzeitig ihre lichkeit wegen nur drei dargestellt: sehr hohe Hämoglobinkonzentration elastische Verformbarkeit. Im Cyto- vor. Zum Ausgleich wird die Ionen- plasma liegt eine hohe Konzentration A B C konzentration durch Natrium-Kalium- an Hämoglobin vor, ein Protein, das Pumpen niedrig gehalten. die Atemgase bindet. a) Vergleichen Sie Erythrocyten mit au§en anderen tierischen Zellen hinsicht- Na+ lich der Zellbestandteile und den damit verbundenen Funktionen. b) Erklären Sie am Beispiel der Ery- throcyten das Basiskonzept Struktur und Funktion. Zusätzliche mikroskopische Unter- En er innen K+ gi suchungen zeigen zum Teil veränder- e 2 Erythrocytenmembran te Zellformen der Erythrocyten in den verschiedenen Salz-Lösungen. a) Beschreiben Sie anhand der Ab- Empfnger Die Bildfolge D bis F zeigt jeweils bildung die Funktion der aktiven A B AB 0 einen normalen und zwei Erythro- Natrium-Kalium-Pumpe. 0