Mikrobiologie Vorlesung: Hefebiodiversität - PDF

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Hochschule Geisenheim University

Prof. Dr. Jürgen Wendland

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Hefebiodiversität Mikrobiologie Ökologie Hefen

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Die Vorlesung Mikrobiologie befasst sich mit der Hefebiodiversität, wobei Themen wie Hefen, ihre Ökologie, Umweltfaktoren und die Beziehung zu anderen Lebewesen einschließlich Wespen behandelt werden. Die Vorlesung behandelt auch die Kupferresistenz bei Hefen und andere Aspekte der Hefebiologie.

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MIKROBIOLOGIE VORLESUNG TEIL 6 HEFEÖKOLOGIE Hochschule Geisenheim University Institut für Mikrobiologie und Biochemie Prof. Dr. Jürgen Wendland 1 Topic of the day Hefe-Ökologie ▪ Wo kommen Hefen vor? ▪...

MIKROBIOLOGIE VORLESUNG TEIL 6 HEFEÖKOLOGIE Hochschule Geisenheim University Institut für Mikrobiologie und Biochemie Prof. Dr. Jürgen Wendland 1 Topic of the day Hefe-Ökologie ▪ Wo kommen Hefen vor? ▪ Wieviele Arten gibt es denn? ▪ Terroir versus Ökologie am Beispiel von Kupfer ▪ Ökologie von Hefen: von Wespen und Schnecken 2 Alles ist überall ▪ Lourens G. M. Baas Becking (1895-1963) exclaimed: „alles is overal: maar het milieu selecteert“ (Baas Becking, 1934). Microbes ARE everywhere, but not every microbe is found everywhere. There are niches for certain microbes – there they can be found but not elsewhere... 3 Alles ist überall?? ▪ Mikroben SIND überall, aber nicht jeder Mikroorganismus kommt auch überall vor. ▪ Es gibt Nischen, die von bestimmten Mikroorganismen bewohnt werden. Dort kann man sie finden – aber nicht an anderen Stellen... ▪ Auf Lourens G. M. Baas Becking (1895-1963) geht die Aussage zurück: „alles is overal: maar het milieu selecteert“ (Baas Becking, 1934). ▪ Damit soll ausgedrückt werden, dass Mikroorganismen Cosmopoliten sind und sich passiv z. B. als ‚Luftplankton‘ weltweit verbreitet werden können, aber, dass man an einem bestimmten Ort nur die Mikroben vorfindet, die unter den dort gegebenen Umweltbedingungen proliferieren und bestehen können, während andere nur in sehr kleiner Zahl oder eben gar nicht zu finden sind (de Wit und Bouvier, 2006; O’Malley, 2007). ▪ Unterschiede in der mikrobiellen Geographie werden auch dadurch verursacht, dass bestimmte Mikroben z. B. mit Tieren assoziiert sind und somit die Verbreitung der Mikroorganismen an die Verbreitung des Wirtes geknüpft ist (Martiny et al., 2006). 4 Der Saccharomyces complex Saccharomycetaceae 5 Saccharomycodaceae Kurtzman, 2003; doi:10.1016/S1567-1356(03)00175-2 Hefebiodiversität 6 ▪ Im Jahr 1680 untersuchte der niederländische Naturforscher Antoni van Leeuwenhoek Hefe erstmals unter dem Mikroskop. ▪ Er betrachtete sie damals jedoch nicht als lebende Organismen, sondern als kugelige Gebilde ▪ Theodor Schwann erkannte sie 1837 als Pilze. ▪ Erst ein Deutscher, Theodor Schwann, zeigte 1837 durch Experimente, dass Hefe lebendig ist. ▪ Schwann beschrieb Hefe korrekt als Pilz und nannte sie auf Deutsch Zuckerpilz. ▪ Ein anderer Deutscher, Julius Meyen, 1838 ins Lateinische übersetzte und dem Organismus so seinen biologischen Namen Saccharomyces gab. ▪ Schwanns Erkenntnisse wurden jedoch nicht sofort akzeptiert. Einige der führenden Chemiker der Zeit, darunter sein deutscher Landsmann Justus Liebig, wiesen Schwanns Ideen zurück und beharrten darauf, Hefe sei bloß ein Rückstand aus der Zersetzung von Zucker. Erst der große französische Wissenschaftler Louis Pasteur konnte in den 1850er- bis 1870er-Jahren beweisen, was Hefe ist und wie sie funktioniert. Antoni van Leeuwenhoek 24.10.1632 – 26.08.1723 Theodor Schwann 07.12.1810 - 11.01.1882 7 Franz Julius Ferdinand Meyen 28.06.1804 - 02.09.1840 12.05.1803 - 18.04.1873 8 https://www.foodnews.ch/x-plainmefood/30_produkte/Bier_Gaerung_hist.html 9 Mikrobiologie des Weines 10 Schanderl, 1950 Hefebiodiversität 11 Hefebiodiversität ▪ Since 2011, species were described at a rate of 60 species per year. ▪ An increase in species discovery rates (annual values) occurred in 2004, 2008, 2010– 2013 and 2019. ▪ The first peak was associated with growing discoveries from North America, Asia and Europe, whereas later peaks resulted solely from increased research activity in Asia. ▪ Lowest discovery rate numbers were observed in 2002 and 2014 (33 and 34 species, respectively). ▪ Both low points correlated with the decreasing numbers of new yeasts described ▪ from North America. ▪ The second minimum resulted from globally declining descriptions in Asia, Europe and the Americas in the years 2013 and 2014. ▪ However, this trend has changed due to increasing research activities in Asia, Europe and South America. ▪ Starting from 2019, the number of newly described species is rapidly growing, and we expect the growth will continue in 2020 considering that more than 100 new species from China were described in a single study (Li et al. 2020). ▪ The number of species described from North America declined from 2005, while ▪ South American discoveries slightly increased in the very same period. ▪ Starting from 2015 new species discoveries from Europe increased reaching the highest recorded value of 24 species in 2019. 12 Hefebiodiversität 13 Hefebiodiversität 14 https://lighttrends.lightpollutionmap.info/#zoom=3&lon=12.45893&lat=49.21799 Hefebiodiversität August 2011 | Volume 9 | Issue 8 | e1001127 15 Hefebiodiversität 16 Hefebiodiversität 17 Mikrobielle Diversität... Terroir PNAS | November 25, 2013 Much like a forensics team can analyze microbes on evidence to connect it to a site, scientists at UC Davis have been studying microbes in vineyard sites and in wines. They’ve been able to prove a clear existence of a unique biogeographic fingerprint based on the types and amounts of fungi and bacteria present in grape must (must = mushed up grapes). Microbial assemblages are correlated to specific climatic features, suggesting a link between vineyard environmental conditions and microbial inhabitation patterns. Taken together, these factors shape the unique microbial inputs to regional wine fermentations, posing the existence of nonrandom “microbial terroir” as a determining factor in regional variation among wine grapes 18 Mikrobielle Diversität... Terroir FEMS Yeast Res 7 (2007) 317–329 ▪ Es gab Unterschiede in der Biodiversität nach Weinberg und Jahr. ▪ Das zeigt, dass die Biodiversität von Saccharomyces Stämmen durch die klimatischen Bedingungen und weinbergspezifische Faktoren wie Alter und Grösse beeinflusst wird. ▪ Stämme, die als Terroir Hefe-Kandidaten bezeichnet werden könnten, wurden nicht gefunden. 19 Mikrobielle Diversität... Terroir Zu den Hauptkäufern dieser gefälschten Weine gehörten Schwergewichte des Schweizer Weinhandels wie die Caves Garnier, die Fenaco, Mövenpick Wein oder auch Giroud Vins SA, berichtet der «Nouvelliste». 20 News of the day 21 Mikrobielle Diversität... Terroir Wie weist man nun nach, ob es sich um echten Walliser Wein gehandelt hat? ▪ Rebsorte? ▪ Reinzuchthefe vs Terroir-Hefe? ▪ Beurteilung der Authentizität von Wein mittels Stabilisotopenanalytik Prinzip und Methoden der Stabilisotopenanalytik von Wein Die Frage ob ein Wein authentisch ist, d. h. dieser tatsächlich nur aus Trauben hergestellt worden ist und alle Angaben auf dem Etikett, wie Herkunft, Jahrgang, Rebsorte oder Qualitätsstufe zutreffend sind, kann mit den klassischen Analysenverfahren (chemische Analytik von Weininhaltsstoffen, Sensorik) in der Regel nicht oder nur sehr eingeschränkt überprüft werden. So sind z. B. die Hauptinhaltsstoffe des Weins, das Wasser und der Zucker aus den Trauben bzw. der Alkohol aus der Vergärung der Trauben chemisch zunächst nicht von Wasser aus der Wasserleitung bzw. Zucker aus der Zuckerrübe oder Alkohol aus anderen Rohstoffen zu unterscheiden. Die einzige Möglichkeit, das Wasser im Wein von Wasser aus der Wasserleitung oder den Zucker aus Trauben von Zucker aus Zuckerrüben zu unterscheiden und evtl. auch die geographische Herkunft zu prüfen, sind die in den Weininhaltsstoffen Zucker, Wasser und Alkohol in ganz 22 geringen Mengen natürlicherweise vorkommenden schweren Isotope der Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Die Isotopenverhältnisse in den genannten Weininhaltsstoffen sind wie ein Fingerabdruck, d. h. die natürlichen Anteile der schwereren stabilen Isotope von Wasserstoff (2H bzw. Deuterium), Sauerstoff (18O) und Kohlenstoff (13C) sind charakteristisch für authentischen Wein, seine geographische Herkunft und den Jahrgang; man kann daher über die stabilen Isotope feststellen, ob einem Wein z. B. Fremdzucker aus der Zuckerrübe oder Fremdwasser aus der Wasserleitung zugesetzt worden ist, sowie auch prüfen, ob die Stabilisotopenverhältnisse den Angaben der Herkunft und des Jahrgangs entsprechen. ▪ Beurteilung der Authentizität von Wein über Datenbanken ▪ Für die amtliche EU-Weindatenbank werden jährlich etwa 1380 Proben Keltertrauben in allen Weinbaugebieten der EU-Mitgliedstaaten durch amtliche Kontrolleure und Sachverständige entnommen (in Deutschland ca. 200 Proben). Grundlage dieser amtlichen Datenbank sind die EU-Verordnungen Nr. 2729/2000 und Nr. 2220/2004. 23 Die Quelle für den Hauptteil des Sauerstoff-16-Isotops liegt in stellaren Prozessen. Als primäres Isotop entsteht der Sauerstoff am Ende der Helium-Fusionskette. Sauerstoff-17 hingegen resultiert als Nebenprodukt beim sogenannten Wasserstoffbrennen der Sterne (CNO- Zyklus), Sauerstoff-18 entsteht durch Reaktion von 14N- mit 4He-Kernen. 24 Mikrobielle Diversität... Terroir Lourens Gerhard Marinus Baas Becking (04.01.1895 – 06.01. 1963) is known for the Baas Becking hypothesis, which he originally formulated as "Everything is everywhere, but the environment selects“. ‘alles is overal: maar het milieu selecteert’ Terroir ≠ Ökologie Ökologie erforscht die Beziehungen von Lebewesen untereinander und zu ihrer unbelebten Umwelt. ▪ „Unter Oecologie verstehen wir die gesammte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Aussenwelt, wohin wir im weiteren Sinne alle „Existenz- Bedingungen“ rechnen können. ▪ Diese sind theils organischer, theils anorganischer Natur; sowohl diese als jene sind, wie wir vorher gezeigt haben, von der grössten Bedeutung für die Form der Organismen, weil sie 16.02.1834 - 09.08.1919 dieselbe zwingen, sich ihnen anzupassen.“ – Ernst Haeckel 1866 25 https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96kologie Mikrobielle Diversität... Terroir ▪ Die dünnen Häute und das dichte Wachstum der Zinfandel Rebsorte führt zur Ballung und dem Aufplatzen der Beeren. ▪ Das erklärt wohl das erhöhte Auftreten von Gluconobacter, Lactobacillales und fermentativen Hefen – besonders Candida zemplinina / Starmerella bacillaris auf der Oberfläche von Zinfandel Beeren. Andere Wege, etwas Terroir aufzunehmen? http://www.sublutour.com/fi/programas/p/19 26 Mikrobielle Diversität Wege, die Biodiversität zu reduzieren 27 Mikrobielle Diversität Einfluss auf die Biodiversität ▪ Kupfer ist ein essentielles Spurenelement – kann aber auch gegen Mikrobe eingesetzt werden. ▪ In den 1950er Jahren wurden 20-30 kg/ha/Jahr eingesetzt, ausnahmsweise sogar auch 80 kg (und mehr). ▪ Obwohl Kupfer seit mehr als 100 Jahren eingesetzt wird, gibt es dagegen keine Resistenz. Das macht Kupfer ein wichtiges Hilfsmittel für konventionelles und integriertes Pestmanagement (IPM). ▪ Seit 1991 wird der Gebrauch von Kupfer reguliert. Seit 2006 dürfen bis zu 6 kg/ha/year ausgebracht werden. Über einen 5-Jahres Zeitraum insgesamt 30 kg. ▪ nun: 3kg/ha und Jahr… Cu2+: Spurenelement; benötigt in Mengen von 1-1,5 mg/Tag Toxisch: ~200 mg/kg und Tag 28 Mikrobielle Diversität ▪ In den USA ist das Sprühen von Kupfersulphat nicht erforderlich. ▪ In Europa schon, um in regnerischen Perioden den Falschen Mehltau zu bekämpfen. ▪ Der Falsche Mehltau – Downy Mildew - verbreitet sich übers Wasser – bei Trockenheit dann eben nicht... ▪ Falscher Mehltau: Oomycete Plasmopara viticola, Bremia, Peronospora und Sclerospora 1845: Echter Mehltau 1860er: Reblaus 1878: Falscher Mehltau von Amerika nach Europa eingeführt 29 https://www.vinetowinecircle.com/de/ges/die-amerikanischen-plagen/ Microbe of the day Plasmopara viticola ▪ Falscher Mehltau wurde erstmals 1878 unter dem Namen Plasmo Para beschrieben. ▪ kommt ursprünglich auf wilden nordamerikanischen Rebarten vor und wurde nach Europa eingeschleppt. ▪ vermutlich mit Rebmaterial, das für die Verwendung als Unterlage zur Bekämpfung der Reblaus eingeführt wurde. ▪ obligat biotrophe Lebensweise ▪ überwintert im Falllaub am Boden als geschlechtlich gebildete Oosporen. ▪ Oosporen keimen im Frühjahr bei Temperaturen ab 11 °C aus und bilden Primärsporangien, die bei Wasserkontakt eine große Anzahl begeißelter Zoosporen entlassen. 30 Infection cycle of Plasmopara Sexual reproductio viticola n In late summer/fal l In fall/autumn Oospore Sporangi formation o-phores Sexual cycle In Asexual Summer reproducti on Immature sporangiu m Spreadin g Sporangiu m Asexu al cycle Flagellat ed Release Application of zoospore of protective Infectio s zoospore pesticides are n s 31 applied here Fig. Syngenta Results: Release of zoospores (control, after 1h) Only sporangia (no yeast) 32 Masterarbeit von Marius Beiermeister Falscher Mehltau Schadbild ▪ Die Blätter zeigen oberseits braune bis graue Flecken und sterben ab. ▪ Auf der Blattunterseite findet man, vor allem bei feuchter Witterung, den typischen weißen Sporenrasen. ▪ Bei stärkerem Befall kommt es zum Abwurf der Blätter. Die Beeren trocknen ein. 33 https://pflanzenschutzdienst.rp-giessen.de/pflanzenschutzinfothek/obst/weinreben/falscher- mehltau/ Mikrobielle Diversität ▪ Der Echte Mehltau - Powdery Mildew - (Erysiphales, z.B. Podosphaera xanthii) wird durch dauerhaftes Schwefeln bekämpft. ▪ Der Falsche Mehltau - Downy Mildew – mit Kupfer ▪ Was macht das Kupfer mit den Trauben? : − Erhöhter Kupfereinsatz führt zu dichteren und härteren Traubenhäuten. Das gibt ihnen auch mehr Schutz vor Botrytis. − Wenn die Behandlung spät erfolgt, kann es die Tannine trockener machen – das lässt einen metallischen Geschmack zurück 34 Resistenzmechanismen gegenüber Kupfer 35 Resistenzmechanismen gegenüber Kupfer In S. cerevisiae: CUP1 kodiert für ein Metallothionein, das zur Detoxification von Kupfer über Chelatbildung beiträgt. Kupferresistenz ist auch abhängig von der Kopienzahl des CUP1 Gens. 36 Resistenzmechanismen gegenüber Kupfer Kupferresistenz und ihre Mechanismen In S. cerevisiae: CUP1 kodiert für ein Metallothionein, das die Entgiftung von Kupfer durch Chelatbildung bewirkt. Cu(I) bindet an das Ace1-Protein und Ace1 induziert die Transkription von CUP1 und die Produktion einer großen Menge an Metallothioneinen, die an Cu(I) binden. Es wurde gezeigt, dass die Kupferresistenz als Funktion der Kopienzahl des CUP1-Gens stammabhängig ist. Bei Candida albicans: Die Gene CUP1 und CRP1 sind an der Entgiftung von Kupfer beteiligt. CRP1 kodiert für eine Kupfertransporter-Typ-P-ATPase. Das Crp1-Protein schleust Kupferionen aus der Zelle heraus. Dieser katalytische Mechanismus ist in Gegenwart hoher Kupferkonzentrationen sehr effektiv, wohingegen Cup1 nur die Chelatisierung des restlichen Kupfers im Zytoplasma ermöglicht. Daher weist C. albicans bei hohen Kupferkonzentrationen eine größere Resistenz auf als S. cerevisiae. 37 Resistenzmechanismen gegenüber Kupfer In Candida albicans: die Gene CUP1 und CRP1 tragen zur Detoxifizierung von Kupfer bei. CRP1 kodiert für einen Kupfer-Transporter. Daher weist C. albicans bei hohen Kupferkonzentrationen eine größere Toleranz auf als S. cerevisiae. Unterschiedliche Toleranz ggü Kupfer bei C. albicans und S. cerevisiae. Beide 38 Stämme wurden 2 Tage bei 30°C angezogen in Gegenwart von 12 mM CuSO4. Mikrobielle Diversität: neue Krankheitserreger für Reben Microbe of the day 1949: Zellwandlose Bakterien – sog. Phytoplasmen Verursachen: Flavescence dorée (Goldgelbe Vergilbung) Tritt in mehreren europäischen Ländern auf, darunter Frankreich, Italien, Portugal, Schweiz, Slowenien, Kroatien, Serbien, Ungarn, Montenegro, Rumänien und seit 2021 auch in Tschechien Hauptüberträger ist die Amerikanische Rebzikade (Scaphoideus titanus) Phytoplasmen sind zellwandfreie Bakterien, die als obligate Parasiten im Phloem von Pflanzen leben. Sie Können nicht in vitro kultiviert werden 39 https://www.vinetowinecircle.com/de/ges/die-amerikanischen-plagen/ 40 Hefebiodiversität Die entscheidende Frage ist: ▪ Wie verbreiten sich Hefen in ihrer Umwelt? ▪ Was kann sie dazu veranlassen, zu bleiben? ▪ Saccharomyces cerevisiae und seine Beziehung zu Wespen Duccio Cavalieri, Firenze 41 https://pixels.com/featured/wasp-eating-grape-perennou-nuridsany.html Hefebiodiversität ▪ Saccharomyces cerevisiae ist einer der wichtigsten Modellorganismen und hat viele wertvolle Beiträge für die menschliche Zivilisation geliefert. ▪ Doch trotz intensiver Nutzung von Hefen in den letzten 9000 Jahren wurde ein saisonaler Zyklus ausserhalb menschlicher Umgebungen nicht beschrieben. ▪ Wir zeigen die Bedeutung von sozialen Wespen als Vektoren und natürliches Reservoir von S. cerevisiae durch alle Jahreszeiten. 42 Hefebiodiversität ▪ Wir liefern experimentelle Belege, dass die Königinnen von überwinternden sozialen Wespen (Vespa crabro und Polistes spp.) Hefezellen von Herbst bis zum Frühling tragen und sie an ihre Nachkommen weitergeben. ▪ Das belegt, dass Wespen eine Schlüsselniche für die Evolution von natürlichen S. cerevisiae Populationen sind, und Wespen wichtig sind für die Verbreitung von Hefezellen in der Umwelt sowie für die Beibehaltung einer natütlichen Diversität von Hefepopulationen. ▪ Auch menschliche Aktivitäten - insbesondere die Auswahl von Fermentationsstämmen - beeinflussen die Populationsstruktur von Hefen. 43 Hefebiodiversität Das Zusammenspiel von Hefen und Wespen kann man als Symbiose bezeichen. Symbiose: bezeichnet die Vergesellschaftung von Individuen zweier unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist. ▪ Vorteile für Hefen: Hefen erhalten einen sicheren Platz zum Überwintern Wespen dienen als Taxi/Transportmittel zu neuen Nahrungsquellen Wespen erschliessen neue Nahrungsquellen – Transport alleine ist nicht genug. Hefen nutzen Platz im Wespendarm zum Hybridisieren/sexueller Zyklus ▪ Vorteile für Wespen: Hefen dienen als proteinreiche Nahrung Hefenahrung erhöht die Fertilität Hefen im Darm als probiotische Mikroben Hefen zeigen durch volatile Duftstoffe neue Nahrungsquellen für Wespen an 44 Wortmann 1895 45 Wortmann 1895 46 Wortmann 1895 47 Hefen und Schnecken 48 Brabant Trauben Hefen und Schnecken Varietäten: Ribier, Muscat d’Alexandrie, Baidor und: Leopold III. Hoeilaart, Das Glasdorf 49 News of the day 50 News of the day Paste aus Wasser und Tonerde ▪ Doch es gibt noch eine andere Maßnahme, die sich schon seit mehreren Jahren bewährt: ▪ Das Auftragen von "Sonnencreme". ▪ Die Paste, die die Trauben vor Sonne schützt, besteht hauptsächlich aus Wasser und weißer Tonerde, auch Kaolin genannt, und ist simpel und effektiv zugleich. ▪ Sie wird vor einer Hitzewelle auf die Früchte und Blätter gesprüht, hinterlässt eine weiße Schicht und verhindert, dass die Weinreben verbrennen. ▪ "Sie schmieren Ihre Kinder mit Sonnencreme ein, wenn sie in die Sonne gehen, und wir besprühen unsere Weinstöcke. ▪ Es wird einfach wie ein normales Spray aufgetragen", erklärt Bruce Tyrrell, Geschäftsführer eines großen Weinguts im Hunter Valley in Australien, einem Reporter der BBC. ▪ Ein weiterer Vorteil der Sonnencreme für Trauben ist, dass sie biologisch abbaubar ist und keine schädlichen Rückstände auf den Trauben hinterlässt. ▪ Beim nächsten Regen wäscht sich die Ton-Schicht von ganz allein ab. ▪ Ein wichtiger Nebeneffekt für die Winzer, denen Nachhaltigkeit in Zeiten der Klimakrise besonders wichtig ist. 51 History Geschichte: Carl Hugo Erbslöh, der der bergischen Unternehmerfamilie Erbslöh entstammte und ein Sohn des Barmer Fabrikanten und Unternehmensgründers Julius Erbslöh I. war, gründete 1876 in Düsseldorf ein Großhandelsunternehmen für Chemikalien und Mineralien. Sein Interesse galt dem Kaolin, einem Gestein, welches unter anderem zur Herstellung von Papier und Porzellan sowie in der Lebensmittelindustrie Verwendung findet. Auf der Suche nach neuen Vorkommen, um sich von der Einfuhr von englischem Kaolin, dem sogenannten China Clay unabhängig zu machen, erwarb er 1892 in Geisenheim von Eduard von Lade die nach Bergrecht auf Ton und Kaolin verliehenen Felder Rothenberg und Becht. Die Geisenheimer Lagerstätten zeichneten sich aus durch stark kaolinisierte Quarzkeratophyre, aus denen unter hydrothermalen Bedingungen fast reiner, weißer Kaolin entstand, der als „Geisenheimer Porzellanton“ bekannt wurde. Wegen Erschöpfung der Lagerstätte wurde 1975 der Kaolinabbau in Geisenheim beendet, der stetig wachsende Bereich der Getränketechnologie konnte diesen Verlust jedoch in den kommenden Jahren ersetzen. 52 https://de.wikipedia.org/wiki/Erbsl%C3%B6h_Geisenheim Hefen und Schnecken 53 Hefen und Schnecken Schnecken als Vektoren von Hefen 54 Hefen und Schnecken Weinberge können ein Artenreiches Ökosystem sein Cepaea nemoralis, Cepaea hortensis blog.hs-geisenheim.d 55 Hefen und Schnecken 56 Hefen und Schnecken Cepaea nemoralis, Cepaea hortensis: Taxis für Mikroben Metschnikowia pulcherrima Hanseniaspora uvarum Metschnikowia reukaufii Pichia kluyveri Metschnikowia koreensis Meyerozyma guilliermondii 57 Pichia kudriavzevii Issatchenkia/Pichia terricola Hefen und Schnecken ▪ Wir haben 140 Stämme isoliert und aus deren genomischer DNA mit ITS Primern rDNA Fragmente amplifiziert und sequenziert. 58 Hefen und Schnecken 59 Eine Erhöhung der mikrobiellen Biodiversität Mehr Schnecken Größere Biodiversität Weniger Weinpathogene Schnecken: ▪ Können die Biodiversität im Weinberg erhöhen. ▪ Das läßt den pflanzen- pathogenen Pilzen weniger Raum zur Entfaltung - ▪ Ähnlich wie mit unserem Darmmikrobiom 60 Hefen und Schnecken ▪ Die Hefeisolate von Schnecken decken eine weiten Bereich von Ascomyzeten und Basidiomyzeten ab. ▪ Bisher haben wir Saccharomyces cerevisiae nicht isoliert. ▪ Interessanterweise haben wir mehrfach Candida glabrata isoliert. Das ist einer der wichtigen humanpathogenen Candida Arten. 61 Mikrobielle Diversität Parameter, die einen Einfluss auf die Hefepopulationen von Trauben haben: ▪ Temperatur, Minima-Maxima, UV-Exposition ▪ Regen, Klima ▪ Gebrauch von Pestiziden ▪ Das Auftreten von Verletzungen der Traubenhaut durch: - Vögel - Insekten - Pilze - Schnecken ▪ Traubensorte ▪ Die Hefenpopulationen werden anhand dieser biotischen und abiotischen Faktoren schwanken ▪ Ebenso werden jährliche Schwankungen im Weinberg auftreten. 62 Add on: Hanseniaspora uvarum Der aus dem asiatischen Raum eingeschleppte invasive Schädling Drosophila suzukii hat seit seinem erstmaligen massiven Auftreten in Südtirol im Jahr 2011 große Schäden an verschiedenen Obstkulturen verursacht. Besonders betroffen sind das Stein- und Beerenobst und Trauben der lokalen Rotweinsorte Vernatsch. Zu erwartende Ergebnisse: Identifikation eines attraktiven Köders, um Drosophila suzukii anzulocken Identifikation einer Futterkomponente, die die Kirschessigfliege beim Köder verweilen lässt Definition eines geeigneten Insektizids, welches an die Futterkomponente gekoppelt wird Weiterentwicklung des Verfahrens für die Anwendbarkeit im Freiland Bewertung der Wirksamkeit und Optimierung des neuen Attract&Kill-Systems im Freiland Projektdauer: 63 https://www.laimburg.it/de/projekte-publikationen/dromytal.asp 18.11.2016 – 31.12.2020 Add on: Hanseniaspora uvarum Erreichte Ergebnisse: ▪ Im Rahmen des Projekts wurde ein attraktiver Köder entwickelt. ▪ Die Stoffwechselkomponenten und flüchtigen Stoffe des Hefekulturköders wurden identifiziert. ▪ Der phagostimulierende und anlockende Köder wurde mit verschiedenen Insektiziden kombiniert, die in Laborversuchen mit unterschiedlichen Wirkstoffen eine gute Wirksamkeit zeigten. ▪ Mit der Kombination, die im Labor die besten Ergebnisse erzielt hatte, wurden Feldversuche an Weinreben und Kirschen durchgeführt: Köder auf der Basis von Hanseniaspora uvarum Stamm 2.2 Hefekultur + Insektizid auf Spinosad-Basis. ▪ Im Freiland wird bei dem vorgeschlagenen System des „Attract and Kill“ nur ein Teil des Laubes behandelt. Bei Weinreben wird nur das Laub behandelt und die Behandlung der Trauben ganz vermieden; bei Kirschbäumen wird nur ein etwa 1 m breiter Streifen behandelt. ▪ Die Ergebnisse der Feldversuche zeigen, dass mit der entwickelten Attract and Kill- Strategie die Insektizidmenge pro Hektar je nach Kulturart um das Drei- bis Zehnfache gesenkt werden kann, wobei die Befallsregulierung vergleichbar ist mit der Wirksamkeit einer herkömmlichen Insektizidbehandlung. 64 Add on: Hanseniaspora uvarum 65 https://www.laimburg.it/downloads/Praesentation_St._Magdalena.pdf 66 Klausurfragen: ▪ Beschreiben Sie das Verhältnis von S. cerevisiae und Wespen. Welchen Vorteil ziehen beide Arten aus dieser Verbindung? Wie könnte man sich eine Verbindung anderer Hefen mit anderen Insekten erklären? ▪ Welche Mechanismen haben Hefen, hohe Kupferkonzentrationen zu überstehen? ▪ Welchen Nutzen kann man aus der Beziehung von Hefen zu Insekten für die Schädlingsbekämpfung ziehen? 67