Vorlesung 5: Kollusion und Kartellpolitik PDF

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TU Dortmund

2024

Michael J. Böhm

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kollusion kartellpolitik wettbewerbspolitik wirtschaftsforschung

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Diese Vorlesung behandelt Kollusion und Kartellpolitik. Es werden die Gründe und Auswirkungen von Kollusionen untersucht, und verschiedene Modelle wie Cournot und Bertrand Oligopol werden diskutiert. Beispiele für Kartelle und die Rolle des Kartellrechts werden vorgestellt.

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Vorlesung 5: Kollusion und Kartellpolitik Michael J. Böhm Professur Empirische Wirtschaftsforschung Wintersemester 2024/25 Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 1 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Einleitung...

Vorlesung 5: Kollusion und Kartellpolitik Michael J. Böhm Professur Empirische Wirtschaftsforschung Wintersemester 2024/25 Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 1 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Einleitung Ziele dieser Vorlesung In dieser Vorlesung werden wir die Gründe und Auswirkungen von Kollusionen untersuchen. Themenübersicht: 1. Einführung in Kollusionen 2. Kollusion im Cournot Oligopol – Eine Periode – Endlich viele Perioden – Unendliche viele Perioden 3. Kollusion im Bertrand Oligopol 4. Preiskriege 5. Kollusion und Kartellrecht Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 2 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Einleitung Was ist Kollusion? Im oligopolistischen Wettbewerb beeinflusst die Preis- oder Mengenentscheidung eines Unternehmens die Gewinne seiner Konkurrenten. Anders ausgedrückt: Die Handlungen der Unter- nehmen erzeugen externe Wettbewerbswirkungen. Wir sagen, dass Unternehmen zusammenarbeiten (Kollusion betreiben), wenn sie sich auf ein Preis-/Mengenprofil einigen, das diese externen Effekte abmildert. Unternehmen können auch bei anderen strategischen Varia- blen wie Investitionen oder Werbung Absprachen treffen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 3 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Einleitung Wie kann Kollusion durchgesetzt werden? Absprachen sind in den USA und in der Europäischen Union illegal....... Wie kann man also eine geheime Absprache durchsetzen? Man kann den Kollusionsvertrag nicht einem Richter vorlegen... Mögliche Ansätze: Drohender Preiskampf: Versuchen Sie, einem MBA-Studenten das Bertrand-Modell zu erklären. Gewalt. Ein Beispiel: Das Müllabfuhrgeschäft in New York City in den 1990ern. Mafia Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 4 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Einleitung Beispiele Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC): ein lega- les Kartell. Mengensetzung ↳ durch Das Diamantenkartell, organisiert von De Beers (bis 2000). Vitaminmarkt (etwa 800 Millionen Dollar). Markt für Graphitelektroden (rund 250 Millionen Dollar). Beteiligung von deutschen Firmen: LKW-Kartell (1997-2011) Preise/Mengen und Standards wurden gesetzt Bierkartell (2006-2014) Zementkartell (1989-2002) Wurstkartell (2003-2014) Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 5 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Einleitung Kollusion Grundlegende Intuition für Kollusion: Wenn ich heute die Preise senke, Meine Konkurrenten werden morgen mit Preissenkungen reagieren, Und der Marktpreis wird am Ende in der Nähe der Grenzkosten liegen. ProfiteKeine Fragen: Funktioniert das? Wenn ja, was sind die Faktoren, die Absprachen erleichtern? In den vorangegangenen Vorlesungen waren die Modelle sta- tisch (höchstens zwei Perioden). Um die Drohung mit Vergel- tung zu formalisieren, brauchen wir ein dynamisches Modell. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 6 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion im Mengenwettbewerb E Monopol Beginnen wir mit dem Modell des Cournot-Duopols mit einer Periode. Die Unternehmen legen ihre Mengen gleichzeitig fest und haben die gleichen konstanten Stückkosten, die wir auf Null normieren. Die Marktnachfrage sei gegeben durch P(Q) = 1 − Q. Was ist das nicht-kooperative Ergebnis? Da es sich um ein One-Shot-Spiel handelt, scheint das Nash-Gleichgewicht eine gute Lösung für diese nicht-kooperative Situation zu sein. Die Reaktionsfunktionen lauten hier: Ri (qj ) = 2 j. 1−q Lösen für die relevanten Größen liefert: q1 = q2 = 13 , Q = 23 , P = 13 und π1 = π2 = 19. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 7 | 55 NC Monopol Kooperation CC) Counot-Nicht-Kooperative-Menge -Menge Abweichung-D-Menge qe = pz = 5 = px qu = pr = T = p (niedriger als bei nicht-Kooperation damit , 92 = M = Tz = 5 = Tu = In ==ic der Preis steigt #P = (1 5 - - 5). (5)2 = Bestes Ergebnis bei Kooperation : Monopolmenge #P = Monopol Counot bestehen Anreize = s abzuweichen * bei Kooperation sind Mengen höher und Preise niedriger (Gewinne niedriger VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion im Cournot-Wettbewerb Die ein beiden Unternehmen handeln Unternehmen (Monopol) wie Was wäre das beste kooperative (= kollusive) Ergebnis? Wenn sie zusammenarbeiten, sollten die Unternehmen versuchen, ihre gemeinsamen Gewinne zu maximieren: max P(q1 + q2 )(q1 + q2 ) q1 ,q2 Da die Unternehmen identisch sind, wird angenommen, dass sie die gleichen Mengen produzieren, d. h., q1 = q2 = Q2. Der obere Ausdruck vereinfacht sich zu: max P(Q)Q, Q was dem Monopolproblem entspricht. Mit der Regel Grenzerlös = Grenzkosten ergibt sich Q = 12 = 2qi , P = 12 und πi = 18 > 19. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 8 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion im Cournot-Wettbewerb Ist das Ergebnis der Absprachen im One-Shot-Spiel nachhaltig? Nein, es handelt sich nicht um ein Nash-Gleichgewicht. Wir haben gerade festgestellt, dass sich das einzige Nash- Gleichgewicht vom kooperativen Ergebnis unterscheidet. Angenommen, Unternehmen 1 legt die kooperative Menge fest, d. h., q1 = 14. Sollte Firma 2 dann q2 = 14 wählen? Firma 2 löst: max (1 − − q2 ) q2 1 q2 4 Durch ableiten nach q2 stellt sich das Gewinnmaximum bei q2 = 38 > 14 ein. Wie beim Gefangenendilemma wollen die Unternehmen auch bei diesem einmaligen Spiel immer vom Ergebnis der Abspra- che abweichen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 9 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion Grafik q2 R1 (q2 ) 9 Reaktionsfunktion umso weiter unten die Kurve ist , desto besser ist es Antwort Mengel Preis Unternehmen 1 : -Iso-Gewinnkurve -beste von ist , desto unternehmen 2 : umso weiter nach links die Kurve verschoben des anderen besser ist sie 4.5 verbesserunfürbeide Unternehmeinauf den Reaktionsfunktionens nicht nachhaltig q2c Abweichung T R2 (q1 ) Beste Antwort in Sache Menge von Unternehmen 2 auf q1c 4.5 9 q1 von eine gegebene Menge Unternehmen 1 Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 10 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Erklärung zur Grafik Die durchgezogenen Linien entsprechen den Reaktionsunktio- nen der Firmen. Blau für Firma 1 und Rot für Firma 2. Die gestrichelten Kurven entsprechen den Isogewinnkurven. Im Ausgangspunkt sind diese zum Gewinnniveau des Cournot- Gleichgewicht gesetzt. Die gepunktete Fläche markiert Kombinationen (q1 , q2 ) bei denen beide Unternehmen einen höheren Gewinn erzielen (Diese Fläche befindet sich unterhalb beider Isogewinnkurven). Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 11 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Erklärung zur Grafik Die Isogewinnkurven verschieben sich dann gleichzeitig nach außen, bis sie sich nur noch in einem Punkt tangieren. Dies entspricht der optimalen Kombination unter Kollusion (qki ). Die grüne Isogewinnkurve gehört zu Unternehmen 1. Es ist zu erkennen, dass z.B. Unternehmen 1 einen Anreiz hat seine Menge von qk1 auf qa1 zu erhöhen, wenn Unternehmen 2 qk2 Einheiten produziert. Da die grüne Isogewinnkurve unterhalb der blauen liegt, gilt: π1 (qk1 , qk2 ) < π1 (qa1 , qk2 ). Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 12 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion im Cournot-Wettbewerb Im One-Shot-Cournot-Spiel gibt es keinen Spielraum für Absprachen: Wenn ein Unternehmen von der Kooperationsvereinbarung abweicht, gibt es keine Möglichkeit, dieses Unternehmen zu bestrafen. Um Vergeltungsmaßnahmen zu ermöglichen, wird angenommen, dass die Unternehmen wiederholt auf dem Markt interagieren. Genauer gesagt, nehmen wir an, die Unternehmen spielen das Cournot-Spiel für T + 1 Perioden (T ≥ 0). Bei einem Spiel , das nicht wiederholt wird , wird es keine Kooperation geben , weil es keine Konsequenzen gibt ist Kooperationsie Beilangjährigen Beziehungen > - Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 13 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit mehreren Perioden In jeder Periode 0 ≤ t ≤ T legen die Unternehmen ihre Mengen nicht-kooperativ fest. Die Unternehmen wählen ihre Strategien so, dass sie die Summe ihrer diskontierten Gewinne maximieren: Diskontierung ∑ δt πti , : T T t =e St = t=0 heute wer weniger einen war wobei δ dem Diskontfaktor und πti dem Gewinn von Firma i in Periode t entspricht. Wie üblich benötigen wir ein Gleichgewichtskonzept. Um nicht glaubwürdige Bedrohungen auszuschließen, suchen wir nach den teilspielperfekten Gleichgewichten dieses mehrstufigen Spiels. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 14 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit endlich vielen Perioden Ist Kooperation in diesem endlich wiederholten Spiel nachhaltig (als teilspielperfektes Gleichgewicht)? Nein -inderletztenPeriodekönnendieUnternehmenergibt Um dies zu erkennen, müssen wir durch Rückwärtsinduktion schließen (dies ist möglich, da es eine endliche Anzahl von Perioden gibt): ↳ wenn Kooperation stattfindert gibt ein Unternehmen schon weiß , das unkooperativ mehr , daher in werden schon dort beide T keine Unternehmen , handeln es in T-1 keine Drohung * Somit wird auch in den Perioden davor nicht kooperiert Beginnen Sie mit Punkt T: Die Unternehmen wissen, dass die Welt morgen untergeht, so dass keine Vergeltungsmaßnahmen drohen, wenn sich jemand schlecht benimmt. Aus der Sicht der Unternehmen ist das Problem in der Periode T genau dasselbe wie beim Cournot-Spiel mit einer Periode. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 15 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit endlich vielen Perioden Zum Zeitpunkt T sollten sie daher das einzige Nash- Gleichgewicht des One-Shot-Spiels spielen, d.h., qi = 1 Betrachten wir den Zeitpunkt T − 1. Die Unternehmen gehen 3 davon aus, dass, egal was sie heute tun, morgen das nicht- kooperative Ergebnis gespielt wird. Auch hier drohen keine Vergeltungsmaßnahmen. Auch hier sollten die Unternehmen das nicht-kooperative Ergebnis in der Periode T − 1 wählen. Durch Induktion lässt sich ableiten, dass das nicht-kooperative Ergebnis in jeder Periode gespielt wird. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 16 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit endlich vielen Perioden Fazit: Absprachen sind im endlich wiederholten Cournot-Oligopolmodell nicht haltbar. Tatsächlich ist das Ergebnis viel deutlicher: Bei einem Normalformspiel, das ein eindeutiges Nash-Gleichgewicht hat, und T + 1 Mal wiederholt wird, ist das einzige teilspielperfekte Gleichgewicht des wiederholten Spiels das Nash-Gleichgewicht des one-shot Spiels (T + 1 mal wiederholt). werden durch kann gebrochen : ① unendlich viele Perioden die Akteure nicht wissen, ② wenn wie viele Perioden es gibt Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 17 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Nehmen wir nun an, das Cournot-Spiel wird für eine unendliche Anzahl von Perioden gespielt. Firmen maximieren jetzt analog zum vorherigen Fall ∑∞ t i t=0 δ πt. Wie sich herausstellt, kann dieses Spiel eine sehr große Anzahl von teilspielperfekten Gleichgewichten haben. Wir beschränken uns auf einfache Strategien, die wir Triggerstrategien nennen. ↳ wenn jemand abweicht wird , er vernichtet Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 18 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Wir bezeichnen die nichtkooperativen bzw. kollusiven Mengen mit qNC = 13 und qC = 14. Die Gewinne sind dann πNC und πC. Wir sagen, dass Unternehmen i eine Triggerstrategie spielt, wenn: q0i = qC , Unternehmen i wählt die Kollusionsmenge in Stufe 0. Für t ≥ 1: – Wenn qτi = qτj = qC für alle τ < t, dann gilt qti = qC – Sonst: qti = qNC In Worten: Unternehmen i legt die kooperative Menge fest, solange sein Konkurrent dies ebenfalls tut. Wenn sein Konkurrent einmal abweicht, drückt Unternehmen i den Abzug und bestraft Unternehmen j, indem es für immer die nicht-kooperative Strategie spielt. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 19 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Wir wollen den folgenden Satz beweisen: Satz Es existiert ein δ∗ bei dem das Ergebnis, bei dem beide Firmen ihre Triggerstrategie spielen, ein teilspielperfektes Nashgleich- gewicht ist, dann und nur dann wenn δ ≥ δ∗ Bemerkung: Es gibt eine unendliche Anzahl von Perioden, so dass wir hier keine Rückwärtsinduktion anwenden können. Ein Ergebnis ist ein teilspielperfektes Gleichgewicht, wenn es ein Nash-Gleichgewicht in jedem Teilspiel des ursprünglichen Spiels hervorruft. Nash-Gleichgewicht jeder In nächsten Periode vorliegen muss ein Glaubhaft sein - Drohungen müssen Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 20 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Nehmen wir an, dass Unternehmen 2 seine Triggerstrategie spielt, und prüfen wir, ob in jedem Teilspiel die beste Reaktion von Unternehmen 1 darin besteht, seine Triggerstrategie zu spielen. Gegeben, dass Unternehmen 2 seine Triggerstrategie spielt, gibt es zwei Arten von Teilspielen: 1. Ein Teilspiel, beginnend in Periode t, in der eine Firma zu einem Zeitpunkt t′ < t von der Absprache abgewichen ist. 2. Ein Teilspiel beginnend in Periode t, bei dem vorher keine Abweichung stattgefunden hat. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 21 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Betrachten wir Teilspiele der ersten Art: Da Unternehmen 2 seine Triggerstrategie spielt, wissen wir, dass es die Menge qNC für immer festlegen wird. ⇒ Das Beste, was Unternehmen 1 in jeder Periode tun kann, ist, qNC ebenfalls zu setzen. Dies ist Teil der Triggerstrategie von Unternehmen 1. Das Ergebnis, bei dem beide Unternehmen ihre Triggerstrate- gie spielen, ist in der Tat ein Nash-Gleichgewicht der Teilspiele der ersten Art. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 22 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Betrachten wir Teilspiele der zweiten Art: Da niemand zuvor abgewichen ist, hat und Unternehmen 2 seine Triggerstrategie spielt, wird Unternehmen 2 in Periode t qC festlegen. Wenn Unternehmen 1 abweichen will, ist es am besten, q1 = R1 (qC ) = 38 zum Zeitpunkt t zu spielen. Damit erhält Firma 1 πD(eviate) = ( 38 ) in Periode t. 2 In allen folgenden Perioden drückt Unternehmen 2 den Abzug und setzt qNC fest. Unternehmen 1 sollte daraufhin am besten reagieren, indem es ebenfalls qNC festlegt. ⇒ UN1 erwirtschaf- tet πNC = 19 in den Perioden τ ≥ t + 1. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 23 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Wenn Unternehmen 1 abweicht, erhält es höchstens πD + ∑∞ τ=t+1 δ τ−t πNC. Wenn UN 1 nicht abweicht, erhält es ∑∞τ=t δ τ−t πC. UN 1 will also dann und nur dann nicht abweichen, wenn: ∞ ∞ πD + ∑ δτ−t πNC ≤ ∑ δτ−t πC wenn die besser Gleichung erfüllt ist , ist es zu kooperieren τ=t+1 τ=t ⇔ + ≤ 9 δ 1 1 1 64 1 − δ 9 1 − δ 8 Q) St t = g% 5 82 1... = X = =+ # S. X = S 82+... + ⇔ δ ≥ δ∗ ≡ X S X = 1 9 -. 17 s JedeAnleihehante Dies galt es zu zeigen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 24 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Anmerkungen: Wir nennen δ∗ den kritischen Diskontfaktor. Wir sagen, dass ein Parameter Absprachen erleichtert, wenn er den kritischen Diskontierungsfaktor senkt. Wenn die Unternehmen geduldig genug sind, sind Absprachen in Cournot-Oligopolen möglich. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 25 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Cournot-Wettbewerb Kollusion mit unendlich vielen Perioden Anmerkungen: Wenn Unternehmen entscheiden, ob sie vom Kollusionser- gebnis abweichen wollen, müssen sie intuitiv den folgenden Kompromiss eingehen: – Wer heute abweicht, kann mehr kurzfristige Gewinne (auf Kosten des Konkurrenten) erzielen... –... was aber morgen eine unendliche Strafe nach sich zieht. Wenn sich die Unternehmen sehr um die Zukunft sorgen (ho- hes δ), überwiegt der zweite Effekt, und Absprachen lassen sich durchsetzen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 26 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Nehmen wir nun an, dass die Unternehmen über die Preise konkurrieren. Die Gesamtnachfrage sei durch Q(p) gegeben. Das one-shot Spiel: Was ist das beste kooperative Ergebnis? Beide Firmen sollten den Preis pm setzten, welcher arg maxp (p − c)Q(p) löst. pm Monopol Kooperativer / Dann bekommt jede Firma πc = > - : Preis m π , mit dem Monopolgewinn πm ≡ (pm − c)Q(pm ) 2 Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 27 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Wenn ein Unternehmen vom kooperativen Ergebnis abweicht, wie hoch ist dann der Gewinn, den es erzielt? Beste Abweichung: Setze p = pm − ε, wobei ε → 0. ⇒ πD = πm Grenzkosten) Was ist das nicht-kooperative Ergebnis? Wie üblich handelt es sich dabei um das einmalige Nash- Gleichgewicht: p1 = p2 = c. ⇒ ΠNC = 0. 1 kein Gewinn oder endlich vielen Perioden Im Fall mit einer Periode lohnt es sich für beide Firmen abzuweichen ⇒ Es kommt nicht zu einer Kollusion. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 28 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Bei endlich vielen Perioden stellt sich wie beim Cournot-Wettbewerb das selbe Ergebnis wie beim one-shot Spiel ein. Betrachten wir nun das unendlich wiederholte Spiel: Die Unternehmen maximieren die Summe ihrer diskontierten Gewinne: ∑∞ t i t=0 δ πt Definieren wir wie zuvor die Triggerstrategien. Für i = 1,2, t ≥ 1: Wenn t = 0, dann spiele pi0 = pm. Wenn t > 0 und pτ = pm für alle τ < t, dann spiele pit = pm. j Sonst spiele pit = Grenzkosten c. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 29 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Kann das Ergebnis, bei dem beide Unternehmen ihre Auslösestrategien spielen, ein teilspielperfektes Gleichgewicht sein? Nehmen wir an, dass Unternehmen 2 seine Triggerstrategie spielt und dass Unternehmen 1 in allen Perioden bis zur Stufe t den Preis pm festgelegt hat. Dann wählt Firma 2 pm in Stufe t. Bestmögliche Abweichung für Firma 1: Setzte pm − ε und verdiene πD in Periode t und wähle für alle folgenden Perioden p1 = c. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 30 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Kollusion im Bertrand-Wettbewerb Damit eine geheime Absprache ein Gleichgewicht darstellt, sollte diese Abweichung nicht profitabel sein: Kooperationsgewinn h=alber nogewinn ∞ ∞ πD + ∑ δτ−t πNC ≤ ∑ δτ−t πC τ=t+1 τ=t ⇔π +0≤ 1 πm 1−δ 2 SHälfte m vom Monopolgewinn ⇔ δ ≥ δ∗ ≡ 1 2 Schlussfolgerung: Kollusion ist ein teilspielperfektes Gleichgewicht (bei dieser Triggerstrategie), dann und nur dann, wenn δ ≥ 12. Wieso unterscheidet sich das Delta von dem bei Cournot? Im Bertrand Wettbewerb ist es einfacher eine Kooperation zu machen, weil man bei einmaliger Abweichung in allen folgenden Perioden nichts mehr bekommt (nur ein paar Perioden kooperativer Gewinn, würde eine Periode für unkooperatives Verhalten ausgleichen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 31 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Die Anzahl der Unternehmen wirkt sich unmittelbar auf die Durchführbarkeit von Absprachen aus. Angenommen in einem Bertrand-Wettbewerb gibt es N Unternehmen. m Die kollusive Auszahlung ist πN , während der Abweichungsgewinn und der nichtkooperative Gewinn weiterhin πm bzw. 0 bleiben. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 32 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Die Anreizkompatibilitätsbeschränkung (oder Nichtabweichungsbeschränkung) in Periode 1 wird zu: ∞ ∞ π m + ∑ δt 0 ≤ ∑ δt πm N t=1 t=0 ⇔ δ ≥ δ∗ (N) ≡ 1 − 1 N δ∗ (N) steigt in N, d.h. Kollusion ist schwieriger zu erreichen/ zu erhalten, wenn mehr Unternehmen im Markt sind. Intuition? Höheres N senkt den Kollusionsgewinn ⇒ steigert den Anreiz von den Kollusion abzuweichen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 33 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Mögliche Erweiterungen, die hier nicht im Detail besprochen werden: Asymmetrische Firmen Multiple Märkte Marktwachstum Frequenz der Preisanpassungen Unvollständige Informationen Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 34 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Asymmetrische Firmen: Firmen unterscheiden sich in ihren Grenzkosten. In diesem Fall gibt es mehrere Gleichgewichte. Dabei entstehen Probleme bei der Auswahl und Umsetzung des Gleichgewichts. Insgesamt sind Absprachen schwieriger, wenn die Unternehmen asymmetrisch sind. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 35 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Multiple Märkte: Es gebe zwei Firmen, die auf zwei Märkten aktiv sind. Unabhängig ob diese Firmen symmetrisch oder asymmetrisch sind, können Absprachen getroffen werden, sodass eine Firma jeweils einen Mark bedient auf dem sie den Monopolpreis setzt. Multiple Märkte erleichtern Absprachen, auch bei asymmetrischen Kosten. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 36 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Marktwachstum: Bei Marktwachstum geht es nicht um die Anzahl der Unterneh- men im Markt, sondern um die Höhe der Nachfrage. Steigt die Nachfrage an, lohnt sich eine Absprache mehr, da der Kollusionsgewinn über die Zeit immer zunimmt. Bei einer Abweichung profitieren die Firmen (z. B. im Bertrand- Wettbewerb) anschließend nicht mehr durch den Anstieg der Nachfrage, da Gewinne immer 0 sind. Absprachen sind leichter in einem expandierenden Markt und schwieriger in einem schrumpfenden Markt. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 37 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Preisanpassungen: Preise sind nicht immer vollkommen flexibel. Starker Wettbewerb oder Preisanpassungskosten (menu costs) haben einen Einfluss auf die Häufigkeit von Preisanpassungen. Absprachen lassen sich leichter aufrechterhalten, wenn die Unternehmen ihre Preise häufig ändern können. Intuition: Wenn Unternehmen häufig interagieren, können sie eine Abweichung schnell bestrafen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 38 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Unvollständige Informationen: Bei unvollständigen Informationen wird ein abweichendes Unternehmen möglicherweise nicht bestraft, nur weil seine Konkurrenten die Abweichung nicht beobachtet haben. Lösungsansatz: Firmen bieten Verbrauchern eine Preiserstat- tung an, wenn diese feststellen, dass einer ihrer Konkurrenten einen niedrigeren Preis verlangt. ⇒ Die Verbraucher überwa- chen unfreiwillig die Kollusion! Absprachen sind auch schwieriger umzusetzen, wenn die Unternehmen nur unzureichend über die Preise ihrer Konkurrenten informiert sind. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 39 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Kollusion und unbeobachtete Preissenkungen: Manchmal kann auch ein fehlgeleiteter staatlicher Eingriff (wiederum unfreiwillig) Unternehmen bei der Absprache helfen: Betonmarkt in Dänemark: Beton ist schwierig zu transportieren: Es gibt zahlreiche stark konzentrierte kleine geografische Teilmärkte. ⇒ Es sollte nicht zu schwierig sein, Absprachen zu treffen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 40 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Im Oktober 1993 beschloss die dänische Wettbewerbsbehörde, die von einzelnen Unternehmen festgesetzten Transaktions- preise regelmäßig zu veröffentlichen, um die „Markttranspa- renz“ zu erhöhen. Konkrete Preise wurden jedoch individuell zwischen Produzen- ten und Käufern ausgehandelt. ⇒ Die Produzenten waren nicht in der Lage Preissenkungen zu beobachten. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 41 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Determinanten der Kollusion Determinanten der Kollusion Die Preise stiegen innerhalb eines Jahres um 15 bis 20 %. Der dänische Wettbewerbsrat beschloss im Dezember 1996, die Veröffentlichung konkreter Preise einzustellen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 42 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege In den bisher entwickelten Modellen kommt es nie zu Preiskämpfen: Entweder gelingt es den Unternehmen, sich abzusprechen, und der Preis bleibt für immer auf dem abgesprochenen Ni- veau. Oder sie tun es nicht, und der Preis wird für immer auf die Grenzkosten festgelegt. In diesen Modellen sind Preiskriege ein Phänomen außerhalb des Gleichgewichts. Die Androhung von Preiskriegen ermöglicht es den Unternehmen, Absprachen zu erzwingen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 43 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege Dennoch beobachten wir in der Realität Preiskämpfe. Warum passiert das? Preiskriege können auf unvorhergesehene Schocks zurückzuführen sein: In unserem einfachen Modell des kollusiven Verhaltens kön- nen beispielsweise der Eintritt eines neuen Wettbewerbers oder neue Informationen über die Zukunft der Branche den kri- tischen Diskontierungsfaktor erhöhen. Wenn Absprachen vor dem Schock optimal waren, aber nicht nach dem Schock, dann würden wir einen Preiskrieg beobach- ten. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 44 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege Eine andere Art von idiosynkratischem Schock: Liquiditätsschocks. Finanziell angeschlagene Unternehmen müssen möglicherweise sofort hohe Gewinne erzielen, um nicht in Konkurs zu gehen. Eine gute Möglichkeit, dies zu modellieren, ist die Annahme, dass der Abzinsungsfaktor des finanziell angeschlagenen Unternehmens nach dem Liquiditätsschock sinkt, woraufhin das Unternehmen beschließen könnte, einen Preiskrieg zu beginnen, um so viele kurzfristige Gewinne wie möglich zu erzielen. Unternehmen, die sich in einer schlechteren finanziellen Lage befinden, sind eher bereit, einen Preiskampf zu beginnen. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 45 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege Heimliche Preissenkungen und Nachfrageschwankungen: Wenn ein Unternehmen weniger oder nichts verkauft, ist dies entweder auf die Realisierung eines Nachfrageschocks oder auf eine Abweichung des Konkurrenten zurückzuführen. Unvollständige Informationen über Preise der Konkurrenten und ein unbeobachtbarer Schock: Es ist unmöglich, diese beiden Gründe auseinanderzuhalten. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 46 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege Wie sollten Firmen reagieren? Die Unternehmen sollten jedes Mal bestrafen, wenn sie eine geringe Nachfrage feststellen. Sonst würden die anderen Unternehmen immer abweichen. Eine unendliche Rückkehr zum Bertrand-Gleichgewicht scheint jedoch zu hart zu sein: Früher oder später wird ein Nachfrageschock eintreten und die Branche würde dann zum Bertrand-Ergebnis übergehen. ⇒Zwischenlösung: Übergang zu einem Preiskrieg für T Perioden, dann Rückkehr zu einer kollusiven Preisgestaltung. In diesem Modell sind Preiskämpfe ein Gleichgewichtsphänomen, das zur Disziplinierung von Absprachen beiträgt. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 47 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege Ein Beispiel für diese Art von Preiskampf: Das Joint Executive Committee, ein Kartell, das in den 1880er Jahren den Frachtverkehr von Chicago zur Ostküste kontrollierte. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 48 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Preiskriege Preiskriege Booms und Rezessionen: In vielen Fällen kann es realistisch sein, davon auszugehen, dass die Unternehmen Schwankungen der Nachfrage beobachten. So sind beispielsweise die BIP-Statistiken öffentlich zugänglich, und es ist recht einfach zu erkennen, ob sich die Wirtschaft in einer Hochkonjunktur oder in einer Rezession befindet. Absprachen sind schwieriger, wenn die Wirtschaft boomt, da der Abweichungsgewinn in diesen Phasen besonders hoch ist. Lösung: im Boom wird nicht der Monopolpreis verlangt, sondern ein niedrigerer Preis, um den Gewinn bei einem Bruch der Absprache zu schmälern. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 49 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion und Kartellrecht Kollusion und Kartellrecht Absprachen sind in den Vereinigten Staaten seit dem Sherman Act (1890) illegal: Abschnitt 1: Every contract, combination in the form of trust or otherwise, in restraint of trade or commerce [... ] is declared to be illegal. Abschnitt 2: Every person who shall monopolize, or attempt to monopolize, or combine or conspire with any other person or persons, to monopolize any part of the trade or commerce [... ] shall be deemed guilty of a felony [... ] Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 50 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion und Kartellrecht Kollusion und Kartellrecht Absprachen sind auch in der Europäischen Union illegal. Die rechtlichen Grundlagen in Deutschland sind wie folgt geregelt: III.1. Rechtliche Grundlagen Die wesentlichen Grundlagen sind in § 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkun- gen) und in Art. 81 des EG-Vertrages enthalten. § 1 GWB lautet: Vereinbarung zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmens- vereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind ver- boten. Art 81 (1), EGV lautet: Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitglied- staaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder be- wirken,... Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 51 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion und Kartellrecht Kollusion und Kartellrecht Die politischen Entscheidungsträger könnten versucht sein, Absprachen als eine Situation zu definieren, in der die Preise über einer wettbewerbsorientierten Benchmark liegen, und nicht als die spezifische Form, in der dieses Ergebnis erreicht wurde. Aber: Sehr schwierig in der Praxis umzusetzen. Der Grundsatz, dass Unternehmen allein deshalb verurteilt werden können, weil sie einen zu hohen Preis verlangen, ist gefährlich. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 52 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion und Kartellrecht Kollusion und Kartellrecht Aus Marktdaten auf illegale Absprachen zu schließen, ist sehr schwierig. – Das Theorem der Ununterscheidbarkeit. – Angenommen, Unternehmen 1 erhöht seinen Preis und Unternehmen 2 reagiert schnell und tut dasselbe. Ist dies ein Beweis für eine geheime Absprache? – Nicht unbedingt: Vielleicht haben die Unternehmen 1 und 2 schon vorher das Bertrand-Ergebnis gespielt. Vielleicht zwingt ein Anstieg ihrer Grenzkosten sie dazu, ihre Preise zu erhöhen. Der rechtliche Ansatz erfordert harte Beweise (Nachweis der Kommunikation oder Vereinbarung), dass die Unternehmen nicht einseitig gehandelt haben. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 53 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion und Kartellrecht Kollusion und Kartellrecht Wettbewerbspolitik gegen Kollusion: Ex ante: – Schwarze Liste erleichternder Praktiken (Ankündigungen über künftiges Preis- und Mengenverhalten usw.). – Auktionsdesign zur Vermeidung von Angebotsmanipulatio- nen. Ex post: – Überraschende Inspektionen. – Kronzeugenregelungen (vollständiger oder teilweiser Erlass von Geldbußen für Unternehmen, die mit den Behörden zusammenarbeiten). Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 54 | 55 VL 5: Kollusion und Kartellpolitik Kollusion und Kartellrecht Literatur Wir danken Prof. Nicolas Schutz (Uni Mannheim) und Prof. Kor- nelius Kraft dafür, dass sie ihre Vorlesungs-Slides zur Verfü- gung stellen. Diese Folien basieren großenteils darauf. Böhm (TU Dortmund, EWF) Wettbewerbspolitik Wintersemester 2024/25 55 | 55

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