Sicherheit & Prävention - Zusammenfassung PDF
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Fh Gesundheit Innsbruck
2024
Johanna Tabernig
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Dieses Dokument, vermutlich ein Vorlesungs- oder Seminar-Skript mit dem Titel "Sicherheit & Prävention", bietet einen Überblick über Sicherheit im Gesundheitswesen. Es behandelt Begriffserklärungen, Fehlermanagement, Prävention und Maßnahmen zur Schaffung von Sicherheit für Patient:innen. Das Dokument befasst sich mit den Bedürfnissen von Patient:innen und möglichen Unsicherheiten in der Klinik.
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Grobüberblick: ✓ Sicherheit im Gesundheitswesen: Begriffserklärungen und...
Grobüberblick: ✓ Sicherheit im Gesundheitswesen: Begriffserklärungen und Inhalte SUP1V Bedeutung: Sicherheit/Unsicherheit/Angst; Förderung von Sicherheit in verschiedenen Settings SUP1V - Sicherheit & Prävention ✓ Einführung in das Fehlermanagement (z.B. Sensibilisierung 1. Semester im Umgang mit kritischen Ereignissen; Fehlermeldesysteme) Sicherheit & Prävention 16 UE → 12 UE-Präsenz und 4 UE Online ✓ ✓ Prävention: Definition und Maßnahmen nach Zeitpunkt Sturz-Sturzprophylaxe ✓ Medikamentenmanagement ✓ Perzeption-Kognition (Grundlagen) Erstellt von Barbara Zumtobel, BScN, MSc (übernommen von Isabella Klotz, BA, MBA, MA, MA) Prüfung: − Beispiele kognitiver Störungen; Umgang mit „Verwirrtheit“, Überarbeitet von Johanna Tabernig, 2024 schriftl. i.R.v. DIM1 Desorientiertheit Vortragende: Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 2 Begriffserklärung von lat. securus = sorglos, unbekümmert, gewiss, ohne Zweifel, geschützt, geübt, ruhig und überzeugend, … Si|cher|heit [ˈzɪçɐhaɪ̯t], Substantiv, feminin Was bedeutet für Sie Sicherheit? 1. Zustand des Sicherseins, Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden; (allgemein) höchstmögliches Freisein von Gefährdungen. 2. Gewissheit, Bestimmtheit 3. das Freisein von Fehlern und Irrtümern; Zuverlässigkeit Was bedeutet für Sie Sicherheit im Kontext 4. Gewandtheit, Selbstbewusstsein, sicheres Auftreten 5. hinterlegtes Geld, Wertpapiere o. Ä. als Bürgschaft, Pfand für einen Kredit Gesundheitswesen? (Duden | Suchen | Sicherheit abgerufen am 07.04.2022) SUP1V_Sicherheit und Prävention 3 SUP1V_Sicherheit und Prävention 4 Sicherheit als Grundbedürfnis Was gibt uns Sicherheit? Gewohnheit! Sicherheitsbedürfnis ist individuell unterschiedlich. Menschen = „Gewohnheitstiere“ Sicherheit ist ein Grundbedürfnis − Sicherheit wird auch sehr unterschiedlich empfunden. Vertrautheit = Sicherheit → Abläufe & Spielregeln kennen aber trotzdem individuell! Sicherheitsbedürfnisse sind erfüllt, wenn man das Gefühl hat, dass die Lebensumstände und gewohnten Strukturen weitestgehend erhalten bleiben. Was passiert wenn wir „gewohntes Terrain“ verlassen? Sicherheitsbedürfnisse Beispiele: Schutz und Geborgenheit, → Wie werden verunsichert… Ordnung und Struktur, Sicherheiten wie Arbeit, Wohnung, … → Wir bekommen Angst… Was tun bei Unsicherheit, Angst… entwickeln von Bewältigungsstrategien (und/oder Fight or flight). Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow (Menche et al., 2019) SUP1V_Sicherheit und Prävention 5 SUP1V_Sicherheit und Prävention 6 Was gibt uns Sicherheit? Soziales Netz Im Gesundheitswesen erwartet der Mensch die intakte Partnerschaft Freunde bestmögliche Behandlung! Familie,… → Patient:innensicherheit Auch Aufgabe des Staates die Rechte der Bürger schützen Not lindern, Sicherheit geben Link zu Quelle Rahmenbedingungen schaffen für Leben, Lernen, Arbeit SUP1V_Sicherheit und Prävention 7 SUP1V_Sicherheit und Prävention 8 Was verunsichert im Kontext Krankheit und Klinik aus Unsicherheiten und Ängste (vor allem von älteren Menschen) Sicht der Patient:innen? ✓ Aufnahmesituation ✓ Schmerzen ✓ Diagnostik und Therapie ✓ pflegerische Versorgung ✓ fremde Umgebung/fremde Menschen ✓ Geräusche/ Lärmpegel ✓ ständiges Kommen/Gehen ✓ Mehrbettzimmer ✓ Zuschauer und Zuhörer ✓ ungewohntes Bett ✓ fehlende Rückzugsmöglichkeiten/Intimsphäre ✓ Verlegung auf eine andere Station, in ein Altenwohnheim/Rehaklinik/nach Hause ✓ Entlassung, vor allem, wenn sie frühzeitig erfolgt SUP1V_Sicherheit und Prävention 9 SUP1V_Sicherheit und Prävention 10 Was sind Anzeichen von Unsicherheit? Einfache Maßnahmen, um Sicherheit zu geben! Zimmer zeigen/Besichtigung der Station: ✓ Wiederholung von Fragen wie: „was würden Sie an meiner Stelle tun?“, „wie war ✓ Handläufe am Gang, Sitzmöglichkeiten das nochmal“, … Möglichkeit der Vernetzung bei Rückfragen Rufmöglichkeiten nach Personal erklären („Glocke“, …) ✓ Reaktionen wie Gereiztheit, Aggression, Rückzug Licht Radio, TV, Telefon, Handy ✓ Symptome wie Beklemmung, Angst, Schwitzige Hände, Magenbeschwerden, WC, Bad, Dusche: Zitternde Stimme, … ✓ Haltegriffe in Dusche und WC Bett in angepasster (niedriger) Höhe: ✓ Widerstand bei pflegerischen Verrichtungen ✓ Funktion der Bettmechanik ✓ … ✓ Nachtkästchen/Schränke Informationen über Tagesablauf, Medikamenteneinnahme, Venenzugänge, Katheter usw. Orientierung geben SUP1V_Sicherheit und Prävention 11 SUP1V_Sicherheit und Prävention 12 Vertrauen Orientierung schaffen aber wie? Orientierungshilfen: Uhr, Kalender Information: Symbole (Bilder an der Tür, …) aktives, empathisches Zuhören Leitsysteme, Orientierungstafeln Infobroschüren Sicherheit Bezugspersonen, evtl. Bezugspflege Vermittlung Ärzt:innen, Sozialarbeiter:innen, Aufklärung: Psycholog:innen, …. möglichen Anlaufstellen, über alle Tätigkeiten, die durchgeführt werden. Adressen von Sicherheit kann nur die Person vermitteln, die sich auch Selbsthilfegruppen, … selbst sicher ist! Orientierung Dilemma: Personal weiß mehr als Patient:in, Aufklärung muss jedoch zuerst der Arzt vornehmen! SUP1V_Sicherheit und Prävention 13 SUP1V_Sicherheit und Prävention 14 SUP1V_Sicherheit und Prävention 15 SUP1V_Sicherheit und Prävention 16 Fight or flight Reaktion des Sympathikus Angst im Krankenhaus aus Sicht der Pflegenden ✓ vermehrtes Schwitzen Angstsymptome aus Sicht der Patient:innen ✓ Erregungszustand ✓ Gefühl der …. ✓ meidet Blickkontakt Anspannung, Ungewissheit, starken Erregung, ✓ erhöhte Reizbarkeit/Ruhelosigkeit/fahrige Bewegungen Verzweiflung, Besorgnis, Unsicherheit, ✓ zitternde Stimme Unzulänglichkeit, Unruhe, Nervosität, Hilflosigkeit, ✓ vermehrtes Urinieren/Durchfall Unsicherheit führt Hoffnungslosigkeit ✓ Gefühl eines drohenden Unheils ✓ wiederholtes Fragen/Überforderung ✓ eingeschränkte Wahrnehmung/Aufmerksamkeit/ zu Angst! ✓ vermehrter Harndrang/Stuhldrang ✓ Denkblockaden Konzentrationsfähigkeit ✓ Erschöpfung ✓ Müdigkeit ✓ Nausea ✓ bewusstes Wahrnehmen der körperlichen ✓ Gewichtsverlust Symptome ✓ Zeichen der Anspannung (Muskeln, Gesicht) Mundtrockenheit ✓ erweiterte Pupillen Siehe Artikel: Keine Angst vor der Angst Aus: Die Bauchschmerzen ✓ Tachykardie/Tachypnoe Schwester Der Pfleger 57 Jahrg. 5|18 Schlafstörungen ✓ Blutdruckanstieg/-abfall Zittern ✓ kühle Hände/Füße SUP1V_Sicherheit und Prävention 17 SUP1V_Sicherheit und Prävention 20 Mögliche Folgen von Angst Verwendete Literatur ✓ Selbstfürsorgedefizit und Immobilität können verstärkt oder begünstigt werden! I care Pflege (2020). 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020. doi:10.1055/b-006-163255 Menche N. (Hg.) (2017). Pflege Heute. 7. Auflage. München. Urban & Fischer ✓ Schmerzempfindung wird verstärkt. Menche, N. (Hg.) (2023). Pflege Heute. (8. Aufl.). Elsevier ✓ Längere Erholungs-, Genesungszeit. Schmitt-Sausen, N. (2009). Umfrage: Jeder Zweite hat Angst vor dem Krankenhaus. Deutsches Ärzteblatt, 106(47), 2342 (https://www.aerzteblatt.de/archiv/66829/Umfrage-Jeder-Zweite-hat-Angst-vor-dem-Krankenhaus) ✓ Begleiterscheinungen wie Insomnie, Ruhelosigkeit. ✓ Suchtmittelmissbrauch. ✓ Suizidalität. SUP1V_Sicherheit und Prävention 21 SUP1V_Sicherheit und Prävention 22 SUP1V Das Gesundheitswesen wird immer komplexer, gleichzeitig fehlt es an Zeit und Geld. Sicherheit & Prävention Daher rücken Risikobewusstsein, Fehlermanagement Teil 2 und Fragen der Qualität immer stärker in den Mittelpunkt. Erstellt von Barbara Zumtobel, BScN, MSc (übernommen von Isabella Klotz, BA, MBA, MA, MA) Überarbeitet von Johanna Tabernig, 2024 Plattform Patientensicherheit (2022) https://www.plattformpatientensicherheit.at/patientensicherheit.php Vortragende: Johanna Tabernig, BScN Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 8 Hintergrund (Gausmann, 2015; Plattform Patientensicherheit, 2022) Sicherheit und Prävention ✓ 1999 erschiene Publikation „TO ERR IS HUMAN. BUILDING A SAFER HEALTH SYSTEM“ löste weltweit große Betroffenheit aus. „Vertrauen in das Gesundheitswesen zu haben gehört zu den wichtigsten Elementen → zw. 44.000 und 98.000 Tote in Amerika aufgrund von Fehlern, die vermeidbar gewesen wären jedes Gesundheitssystems“ Folgen: menschliches Leid und hohen Kosten, Vertrauensverlust der Patient:innen, hohe Unzufriedenheit der (Holzner et al., 2005) Mitarbeiter:innen Vertrauen bedeutet: Das öffentliche Erscheinungsbild des Gesundheitswesens ✓ 3 – 5% aller Todesfälle in Finnland, Schweden und der Schweiz aufgrund von unerwünschten überzeugt den Einzelnen, dass das Bestmögliche geschieht, sowohl von den Arzneimittelereignissen (10 – 30% aller unerwünschten Ereignisse in Krankenanstalten). ✓ 5,3% der befragten Schweizer:innen gaben an in den letzten 2 Jahren durch Gesundheitsfachpersonen systemischen Voraussetzungen als auch von seitens der dort Arbeitenden. mind. einmal das falsche Medikament oder eine falsche Dosis erhalten zu haben. Patient:innensicherheit ist eine professionelle und gesellschaftliche Herausforderung Plattform Patientensicherheit (2022) https://www.plattformpatientensicherheit.at/patientensicherheit.php (Thiemes Pflege, S. 540). Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 9 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 10 Sicherheit und Prävention (I care Pflege, 2020, S. 248) Sicherheit und Prävention (Dangel, 2023) Patient:innensicherheit = Vermeidung (Reduktion) von unerwünschten Patient:innensicherheit... (vermeidbaren) Ereignissen durch „gute“... umfasst Abwesenheit unerwünschter Ereignisse Behandlung sowie Maßnahmen zur Vermeidung dieser Ereignisse Kommunikation Organisation von Behandlungsprozessen (mit funktionierendem Risiko- und die Einhaltung von Qualitätsstandards. /Fehlermanagement) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 11 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 12 Beispiele: Arzneimitteltherapiesicherheit, Infektions- und Strahlenschutz Hygiene Sicherheit im Umgang mit Medizinprodukten Kommunikation und Vermittlung von Patient:innensicherheit fördern Informationen. Beispiele eine gute Fehlerkultur u.v.m. Plattform Patienten:innensicherheit (plattformpatientensicherheit.at) Johanna Tabernig, BScN Sicherheit und Prävention 14 sollen mithelfen, unerwünschte Risiken und Ereignisse wie die Verwechslung von Eingriffen oder Operationsseiten zu erkennen und zu vermeiden. Tag der Patient:innensicherheit Intranet tirol kliniken (tirol-kliniken.cc) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 15 Sicherheit und Prävention 16 Patient:innensicherheit durch Proact Patientensicherheit durch ProAct (youtube.com) Patient:innensicherheit fördern Video | tirol kliniken Johanna Tabernig, BScN (tirol-kliniken.at) 18 Sicherheit und Prävention (I care Pflege, 2020, S. 248; Dangel) Im Rahmen von Patientensicherheit wird kaum mehr von Fehlern, sondern von kritischen Ereignissen gesprochen. Kritische Ereignisse alle Vorkommnisse, die zu einem unerwünschten Ereignis führen können. Unerwünschte Ereignisse Fehler bedingen die sofortige Untersuchung und Reaktion. Johanna Tabernig, BScN Sicherheit und Prävention 19 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 20 Sicherheit und Prävention (I care Pflege, 2020, S. 248; Dangel) Sicherheit und Prävention (I care Pflege, 2020, S. 248; Dangel) Im Rahmen von Patientensicherheit wird kaum mehr von Fehlern, sondern Im Rahmen von Patientensicherheit wird kaum mehr von Fehlern, sondern von kritischen Ereignissen gesprochen. von kritischen Ereignissen gesprochen. aus fachlicher Sicht erfolgt richtiges oder notwendiges unbeabsichtigte Vorkommnisse, die zu einem Kritische Ereignisse Kritische Ereignisse Handeln gar nicht, falsch oder ohne Plan. gesundheitlichen Schaden führen. − auch wenn daraus kein Schaden entsteht (Beinahe Unerwünschte Ereignisse − auf Grund der Behandlung Unerwünschte Ereignisse Schaden) − nicht wegen einer Erkrankung Fehler Fehler kann zu einem unerwünschten Ereignis führen, muss es können vermeidbar oder unvermeidbar sein. aber nicht. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 21 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 22 Sicherheit und Prävention (I care Pflege, 2020, S. 248) Sicherheit und Prävention Ursachen kritischer Ereignisse / „Fehler“: Lesen Sie die Definitionen und Beispiele im Arbeitsblatt und überlegen Sie weitere Beispiele. „menschliches Versagen“ Das Arbeitsblatt „ZQP_Kritische Ereignisse“ finden Sie auf Moodle. oft systembedingte Probleme − Arbeitsumgebung, Team, Technik, Management, Arbeitsprozesse,... Stärkung der Sicherheitskultur in der ambulanten Pflege - Stiftung ZQP Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 23 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 24 Sicherheit und Prävention “Anything that can go wrong Fehlertheorie (Randzio, 2016) Schwere Zwischenfälle sind statistisch vorhersehbar! will go wrong.” Möglichkeiten großen Schaden zu verhindern: − Erkennung, Vermeidung und Behebung von Beinahe-Zwischenfällen „Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und (Frühwarnindikatoren) eine davon in einer Katastrophe endet oder sonstwie unerwünschte → Hier setzen Fehlermeldesysteme an Konsequenzen nach sich zieht, dann wird es jemand genauso machen.“ (Nagarony, 2018) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 26 Sicherheit und Prävention Sicherheit und Prävention Fehlertheorie (Randzio, 2016) Fehlertheorie Schweizer Käsemodell nach James Reason Schweizer Käsemodell nach James Reason Terra Xplain Commons - Sicherheit durch das Schweizer-Käse-Modell (CC BY 4.0) (zdf.de) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 27 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 28 Sicherheit und Prävention Sicherheit und Prävention Fehlertheorie (Randzio, 2016) Fehlertheorie (Randzio, 2016) Schweizer Käsemodell nach James Reason Schweizer Käsemodell nach James Reason Kernaussagen: Alle hochkomplexen Systeme sind fehleranfällig. Schäden passieren durch das Versagen mehrerer vorhandener Sicherheitsvorkehrungen („Käsescheiben“). Fehlermeldesysteme versuchen dies zu vermeiden, indem sie Lücken im Sicherheitssystem rechtzeitig identifizieren. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 29 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 30 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 31 Fehlermeldesystem (https://www.cirsmedical.at/) Fehlermeldesystem (https://www.cirsmedical.at/) CIRS CIRS = Critical incident reporting system ꓿ organisationsübergreifendes Fehlermelde- und Lernsystem des österreichischen Gesundheitswesens. ꓿ wichtiges Instrument des Qualitätsmanagements. Erfasst Ereignisse, die zu Schädigungen ꓿ zur Meldung unerwünschter Ereignisse. (physisch, psychisch) ꓿ anonym und sicher. von Patient:innen, Mitarbeiter:innen und/oder Besucher:innen führ(t)en. ꓿ ermöglicht gegenseitiges Lernen aus unerwünschten Ereignissen. Link: Home (cirsmedical.at) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 33 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 34 Quick-Alerts Fehlermeldesystem (https://www.cirsmedical.at/) Ziel: Informationen zu kritischen Ereignissen sammeln. Ursachen analysieren. Lösungs- und Verbesserungsansätze entwickeln. Gewonnene Erkenntnisse unter den Mitarbeitern verbreiten. → Expert:innentipps veröffentlicht in Quick-Alerts − kurz gefasste Feedbacks mit Verbesserungsvorschlägen/-empfehlungen, Warnhinweisen basierend auf einzelnen relevanten Problemen/Ereignissen Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 35 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 36 Quick-Alerts Fehlermeldesystem (CIRS Intranet tirol kliniken (tirol-kliniken.cc)) CIRS wurde auf allen Abteilungen an den tirol kliniken eingeführt. Wie und wo kann ich es nutzen? – Meldungen können über jeden an das tirol kliniken Netzwerk angeschlossenen Computer eingetragen werden. Was soll ich da wirklich eintragen? – Eingetragen werden können alle möglichen und aufgetreten Ereignisse, mit und ohne Risiko für Personen. – Patient:innenschadensmeldungen, Meldungen von strafbaren Handlungen laut §54 Ärztegesetz und §7 Pflegegesetz, müssen separat gemeldet und dokumentiert werden (Meldepflicht). Wie wird meine Anonymität gewahrt? – jede:r Mitarbeiter:in verwendet dieselben, innerhalb der Abteilung allgemeingültigen, Zugangsdaten oder es ist gar keine Anmeldung notwendig → Eingaben sind nicht auf Einzelpersonen zurückzuführen. – Sollten Informationen eventuell einen Rückschluss zulassen, werden diese von dem/der Bearbeiter:in der Meldung noch anonymisiert. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 37 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 38 Fallbeispiel: „Zum Verwechseln ähnlich“ Fallbeispiel: „Zum Verwechseln ähnlich“ (I care Pflege, 2020, S. 205) (I care Pflege, 2020, S. 205) Martina steht kurz vor ihrem Examen zur GuKP und stellt heute das erste Mal alleine die Medikamente für ihre Patienten. Bei den Martina steht kurz vor ihrem Examen zur GuKP und stellt heute das erste Mal alleine die Medikamenten für Fr. Müller, die schon lange einen zu niedrigen Kalziumwert hat, stellt Martina versehentlich Cotrim forte- Medikamente für ihre Patienten. Bei den Medikamenten für Fr. Müller, die schon lange einen Tabletten (Antibiotikum) anstatt Calzium forte. Da die Verpackungen im Medikamentenschrank direkt nebeneinanderliegen und sich auch noch sehr ähnlich sehen, bemerkt sie diesen Fehler nicht. Zum Glück wird Fr. Müller skeptisch, als sie die Tabletten zu niedrigen Kalziumwert hat, stellt Martina versehentlich Cotrim forte-Tabletten erhält, und spricht Martina darauf an, dass ihre Kalziumtablette heute anders aussieht. Martina überprüft daraufhin die Tabletten und bemerkt dabei ihren Fehler. Fr. Müller bekommt daraufhin die richtigen Tabletten. (Antibiotikum) anstatt Calzium forte. Martina wendet sich an die Praxisanleiterin. Beide sprechen mit der Stationsleitung. Da die Verpackungen im Medikamentenschrank direkt nebeneinanderliegen und sich auch noch sehr ähnlich sehen, bemerkt sie diesen Fehler nicht. Das Ergebnis: Die beiden Präparate mit dem ähnlich klingenden Namen und ähnlichen Zum Glück wird Fr. Müller skeptisch, als sie die Tabletten erhält, und spricht Martina darauf an, Verpackungen stehen ab sofort an unterschiedlichen Stellen im Medikamentenschrank, dass ihre Kalziumtablette heute anders aussieht. um zukünftig Verwechslungen zu vermeiden. Martina überprüft daraufhin die Tabletten und bemerkt dabei ihren Fehler. Fr. Müller bekommt daraufhin die richtigen Tabletten. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 39 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 40 Verwendete Literatur Dangel, B. (2023). Pflege im Gesundheitssystem. In N. Menche, Ch. Keller & B. Teigeler (Hrsg.), Pflege Heute (8. Aufl., S. 1392-1419) via ClinicalKey (https://www.clinicalkey.com/student/nursing/content/book/3-s2.0- B9783437267796000479) Gausmann P. et al. (Hrsg) (2015). Patientensicherheitsmanagement. De Gruyter. Berlin, Bosten. S. 504f I care Pflege (2020). 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020. doi:10.1055/b-006-163255 Menche N. (Hg.) (2017). Pflege Heute. 7. Auflage. München. Urban & Fischer Nagarony T. (2018). Murphys Gesetz. https://www.deutschlandfunkkultur.de/murphys-gesetz-alles-was- schiefgehen-kann-wird-auch-100.html (08.11.2023) Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung & Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH (2018). Cirsmedical. https://www.cirsmedical.at/ (06. 12. 2021) Randzio O. (2016). Offene Fehlerkultur am Beispiel CIRS in Pflegeeinrichtungen. Vortrag Pflegekongress. München, 23.06.2016 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 42 SUP1V Teil 3 Prävention Prävention Sturzprävention Erstellt von Barbara Zumtobel, BScN, MSc (übernommen von Isabella Klotz, BA, MBA, MA, MA) Überarbeitet von Johanna Tabernig, 2024 Vortragende: Johanna Tabernig, BScN Johanna Tabernig, BScN 2 "Dieses Foto" von Unbekannter Autor ist lizenziert gemäß CC BY Prävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) Präventionsmaßnahmen Primärprävention PRÄVENTION lat. praevenire Wann Sekundärprevention → „zuvorkommen“, „verhüten“ Zeitpunkt Tertiärprävention Im Zusammenhang mit Gesundheit / Krankheit Universell gesamte Bevölkerung Prävention Wen →„einer Erkrankung zuvorkommen“; „Krankheit verhüten“ Zielgruppe Selektiv Risikogruppe Indiziert Präventionsmaßnahmen = Einzelner Alle Maßnahmen, um Krankmachendes zu vermeiden und Gesundheit zu erhalten. Wie Verhaltensprävention Ansatz, Strategie Verhältnisprävention Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 3 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 4 Prävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) 1. Primärprävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) Die verschiedenen Präventionsmöglichkeiten können nach dem Die präventiven Maßnahmen setzen beim (noch) Gesunden an. Zeitpunkt, an dem sie einsetzen, unterteilt werden. Risikofaktoren für eine Erkrankung liegen bereits vor. "Dieses Foto" von Unbekannter Autor ist lizenziert gemäß CC BY-NC (= Präventionsstufen) Primäre Prävention sorgt dafür, Gesundes gesund zu erhalten und 1. Primärprävention Krankheit zu verhüten. 2. Sekundärprävention Zur Info: Je nach Literatur wird vorher noch die Primordialprävention genannt: Hier setzen die präventiven 3. Tertiärprävention Maßnahmen bei der gesunden Gesellschaft an. Es liegen noch keine besonderen Risikofaktoren vor. Vermeidung von Lebensbedingungen, die die Entstehung von Risikofaktoren begünstigen. (z.B.: Jodierung von Speisesalz, …) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 5 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 6 1. Primärprävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) 2. Sekundärprävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) Ziel: Gesundheit erhalten / Krankheit verhüten Für fast alle Erkrankungen gilt: Je früher sie diagnostiziert werden, desto besser sind Risikofaktoren ausschalten, minimieren bevor Krankheit ausbricht die Heilungsaussichten. Inzidenz von Krankheiten verringern − Dies gilt insbesondere für bösartige Tumore Maßnahmen richten sich an Risikogruppen, Merkmalsträger bzw. solche ohne Maßnahmen der sekundären Prävention helfen Krankheiten im Frühstadium Symptome erkennen. z.B.: Schutzimpfungen − Bevor Beschwerden oder Symptome auftreten. Tragen eines Fahrradhelmes Verhindern des Fortschreitens einer Erkrankung. Kursangebote zum Thema Stress, Bewegung, Ernährung, usw. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 7 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 8 2. Sekundärprävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) 3. Tertiärprävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) Ziel: möglichst frühes Stadium → frühzeitige Therapie Eine Erkrankung besteht bereits. Krankheitsfortschreiten verhindern, vollständige Heilung Vermeiden von Folgeschäden nach Eintritt einer Erkrankung. Eindämmung der Progredienz oder Chronifizierung! Verschlechterungen und Komplikationen vorbeugen. Maßnahmen Selektive Prävention (für Risikogruppen; besonders gefährdete Personen) Tertiärprävention in der Pflege – v.a. Prophylaxen z.B.: Mammographie-Screening für Frauen ab 40 kostenfreie Untersuchungen zur Darmkrebs-Früherkennung ab dem 50. Lebensjahr Screenings, Vorsorgeuntersuchungen Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 9 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 10 3. Tertiärprävention (I care Pflege, 2020, S. 722 ff; Kommerell et al., 2023) Ziel: Progredienz der Krankheit verhindern, verlangsamen Folgeschäden, Rückfälle vermeiden Formen der Prävention Wiederauftreten von Krankheiten verhindern Wiederholung Maßnahmen bei bereits betroffenen Personen (= Indizierte Prävention) Rezidivprophylaxe Rehabilitationsmaßnahmen z.B.: Ergotherapie, Physiotherapie, Sport nach einem Herzinfarkt, Schlaganfall, etc. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 11 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 12 Was ist ein Sturz und was bedeutet Sturzprophylaxe? Sturz Ereignis, bei dem der Betroffene unbeabsichtigt auf dem Boden oder auf einer anderen tieferen Ebene aufkommt. Sturzprävention Sturz- Maßnahmen, um Stürze und sturzbedingten Sturz und Sturzprohylaxe prophylaxe Verletzungen vorzubeugen. (Menche, 2019, S. 241 ff) "Dieses Foto" von Unbekannter Autor ist lizenziert gemäß CC BY-NC-ND Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 17 "Dieses Foto" von Unbekannter Autor ist lizenziert gemäß CC BY-NC-ND Sturzmechanismus (Breuer, 2017) Sturz – Häufigkeiten Wesentliche Einflussfaktoren: ✓ Studien zeigen, dass die Sturzhäufigkeit mit dem Alter zunimmt: − 30 % der über 65-jährigen stürzen mindestens einmal in zwei Jahren. 1. Verminderte Schnellkraft der Muskulatur − mehr als 50% der 90-jährigen stürzt mind. einmal pro Jahr → weniger Effizienz der reflektorischen Gegenbewegungen − Mehr als 40% der über 80-jährigen und der Senior:innen mit erheblicher chronischer Erkrankung 2. Koordinationsprobleme bei Alltagsbewegungen sowie Erwachsene mit geistigen Behinderungen stürzen mehrmals jährlich. 3. Mangelnde Gleichgewichtskontrolle ✓ bei 1 % der Personen über 75 Jahren kommt es durch einen Sturz zu Diese Faktoren führen zu einer abnehmenden Kapazität der Knochenbrüchen im Hüftbereich, bei Pflegeheimbewohnern liegt der Anteil sogar bei jährlich 4%. Haltungskontrolle des Körpers im Alter. (siehe Expertenstandard Sturzprophylaxe, aktualisierte und überarbeitete Version 2022, S. 11) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 18 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 19 Sturzfolgen (Fiedler et al, 2017, S. 180; DQNP, 2013; I Care Pflege, 2020) Sturzfolgen (Fiedler et al, 2017, S. 180; DQNP, 2013; I Care Pflege, 2020) Stürze können Stürze können Prellungen, Verstauchungen – körperliche – körperliche Platz- oder Schnittwunden Frakturen – soziale – soziale − Hüfte, Oberschenkelhals, Becken, Extremitäten, … – psychische – psychische Hämatome Auswirkungen nach sich ziehen. Auswirkungen nach sich ziehen. Schmerzen, … Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 21 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 22 Sturzfolgen (Fiedler et al, 2017, S. 180; DQNP, 2013; I Care Pflege, 2020) Sturzfolgen (Fiedler et al, 2017, S. 180; DQNP, 2013; I Care Pflege, 2020) Stürze können Stürze können – körperliche – körperliche Angst (Post-Fall-Syndrom) Abnahme gesellschaftlicher Aktivität Verzweiflung – soziale – soziale → Rückzug massive Einschränkung in der – psychische – psychische Lebensqualität → Einsamkeit Auswirkungen nach sich ziehen. Auswirkungen nach sich ziehen. uvm. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 23 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 24 Teufelskreis der Sturzangst → Post-Fall-Syndrom Sturzfolgen (Fiedler et al, 2017, S. 180) Post-Fall-Syndrom (= Sturz-, Fallphobie) Tief sitzende Angst vor einem erneuten Sturz Teufelskreis, der zu Beeinträchtigungen führen kann – Eingeschränkte funktionelle Fähigkeiten – Verminderte Lebensqualität – Mangelndes Selbstvertrauen, beeinträchtigte Selbständigkeit Merkmale: Anklammern, Greifen nach einem Halt (z.B. Möbel) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 25 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention vgl. Thiemes Pflege 2021, S. 324 26 Ursachen und Risikofaktoren (Menche et al. 2019, S. 242; DQNP, 2013) Multifaktorielles Geschehen Ursachen und Risikofaktoren Meist führt nicht ein einzelner Faktor zu einem Sturz. – Mehrere, scheinbar voneinander unabhängige, Ursachen. Kenntnis der Sturzrisikofaktoren ist entscheidend, um akutes Risiko einzuschätzen. – meist in der Verkettung und Häufung personenbezogener, medikamentenbezogener und/oder umgebungsbezogener Sturzrisikofaktoren. Durch das Ausschalten von nur einem Risikofaktor kann jedoch bereits eine Vielzahl der Stürze verhindert werden. Beispiel: Älterer Mensch hebt beim Gehen seine Füße nicht mehr ausreichend an, stolpert über einen Gegenstand und kann den Sturz wegen seiner Hüftgelenksarthrose nicht mehr rechtzeitig abfangen. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 28 Ursachen und Risikofaktoren Ursachen und Risikofaktoren als besonders sturzgefährdet gelten: Weitere Risikofaktoren, die in aktuellen Literaturstudien identifiziert wurden: ✓ Sturzvorgeschichte ✓ Frakturvorgeschichte ✓ Beeinträchtigungen sensomotorischer Funktionen und der Balance ✓ Gebrechlichkeit (Frailty) ✓ kognitive Beeinträchtigungen ✓ Schmerzen ✓ psychische Beeinträchtigungen, insbesondere Depression ✓ Mangelernährung/Risiko einer Mangelernährung ✓ Probleme mit der Urinausscheidung ✓ Diabetes mellitus ✓ Multimorbidität (Mehrfacherkrankungen) ✓ höheres Alter ✓ Androgenrezeptor-Inhibitoren (bei Männern mit Prostatakrebs) ✓ psychotrope Medikation ✓ Verwendung von Mobilitätshilfsmitteln (Expertenstandard Sturzprophylaxe, aktualisierte und überarbeitete Version 2022, S. 13ff) (Expertenstandard Sturzprophylaxe, aktualisierte und überarbeitete Version 2022, S. 13ff) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 29 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 30 Risikofaktoren Personenbezogene Risiken die Beeinträchtigung einer Körperfunktion, die die Aktivitäten des täglichen Lebens einschränken wie z.B. Gehprobleme, Risikofaktoren Gleichgewichtsprobleme, … Intrinsische Faktoren bestimmte Erkrankungen, Sehbeeinträchtigungen, Kontinenzprobleme die Beeinträchtigung sensomotorischer Funktionen wie z.B. Gang - und Gleichgewichtsstörungen Einschränkungen der sensiblen Wahrnehmung, z.B. Gefühllosigkeit oder Lähmungen in den Beinen oder Füßen, … Depression Extrinsisch Intrinsisch Medikamenten- Gesundheitsstörungen, die mit Schwindel, kurzzeitigem Verlust des Bewusstseins oder starker körperlicher Schwäche einhergehen (Mangelernährung) = exogen = endogen bezogen akute und/oder chronische Beeinträchtigungen des Denkvermögens wie z.B. bei Delir und Demenz Sturzangst Sturzvorgeschichte Sturzursache liegt in Sturzursache liegt im Außen der Person selbst Umgebungsbezogene Risiken Medikamentenbezogen begründet. Freiheitsentziehende Maßnahmen Extrinsische Faktoren Gefahren in der Umgebung z.B.: Antihypertensiva − „Stolperfallen“ (lose verlegte Kabel, Teppich, …) − fehlende Haltemöglichkeiten, glatte Fußböden − Blutdrucksenkende Medikamente Umgebungsbezogene Personenbezogene − schwache Farbkontraste, geringe Beleuchtung Psychotrope Medikamente Risikofaktoren Risikofaktoren Veränderungen der gewohnten Umgebung − Medikamente, die die Psyche beeinflussen (Menche et al. 2019, S. 242; DQNP, 2013) Wetterverhältnisse wie Glatteis, Schnee Polypharmazie Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 31 AZW | Johanna Inadäquate Tabernig, BScNKleidung und/oder Schuhwerk GuK_Sicherheit und Prävention 32 Personenbezogene Umgebungsbezogen Risikofaktoren Risikofaktoren Situative Medikamentenbezogene Risikofaktoren Risikofaktoren (auslösendes Ereignis) Verlust der Haltungskontrolle (Balance-Verlust) Einschätzung des Sturzrisikos Unvermögen, die Körperbalance Entscheidend für Einschätzung ist die Kompetenz der Pflegekraft wiederherzustellen → Wissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz, Selbständigkeit Sturz Johanna Tabernig, BScN 35 Risikoeinschätzung (DNQP, 2013 und Aktualisierung, 2022; I Care Pflege, 2020) Risikoeinschätzung (DNQP, 2013 und Aktualisierung, 2022; I Care Pflege, 2020) Kompetenz der Pflegekraft ist entscheidend für Einschätzung. Kompetenz der Pflegekraft ist entscheidend für Einschätzung. – Kenntnis der Sturzrisikofaktoren, um akutes Risiko einzuschätzen – Kenntnis der Sturzrisikofaktoren, um akutes Risiko einzuschätzen Durchführung eines Screenings zur Ermittlung des Sturzrisikos → bei allen pflegebedürftigen Menschen Durchführung eines Screenings zur Ermittlung des Sturzrisikos → bei allen pflegebedürftigen Menschen – Entscheidend sind folgende Faktoren: – Entscheidend sind folgende Faktoren: Das Assessment ist keinesfalls als einfache Checkliste zu verstehen. ✓ Sturz- und Frakturvorgeschichte ✓ Sturz- und Frakturvorgeschichte → Systematische Identifizierung der vorliegenden ✓ Sturzangst ✓ Sturzangst Risikofaktoren (RF). ✓ Mobilitätsbeeinträchtigung (Kraft, Balance, Ausdauer, Beweglichkeit) ✓ Mobilitätsbeeinträchtigung (Kraft, Balance, Ausdauer, Beweglichkeit) → RF nicht einfach abhacken und summieren, sondern klinische Einschätzung der ✓ Kognitive Beeinträchtigungen ✓ Kognitive Beeinträchtigungen Pflegefachkraft = Sehr individueller Prozess. Kann beim Screening ein Sturzrisiko nicht ausgeschlossen werden → Mittels Assessment systematische Kann beim Screening ein Sturzrisiko nicht ausgeschlossen werden → Mittels Assessment systematische Ermittlung möglicher Sturzrisikofaktoren. Ermittlung möglicher Sturzrisikofaktoren. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 38 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 39 Risikoeinschätzung Risikoeinschätzung (DNQP, 2013 und Aktualisierung, 2022) Herr Habicht trägt trotz leichter Kurzsichtigkeit keine Brille. Er hat eine Versteifung des rechten Beins und Vorgeschlagene Hinweise zu möglichen Signalfragen für das Screening: nimmt vier verschiedene Medikamente ein. Er geht sicher am Rollator und unternimmt regelmäßige Sturz- , Frakturvorgeschichte Sind Sie in den letzten 12 Monaten gestürzt? Falls ja: Wie oft? Haben Sie sich Spaziergänge in der Umgebung. Bisher ist er nicht gestürzt. Zudem kann er seine Fähigkeiten (Kraft, verletzt? Ausdauer, …) gut einschätzen, ist in allen Bereichen orientiert und holt sich aktiv Unterstützung, wenn er Frakturen in den letzten 12 Monaten? diese benötigt. (ggf. Einweisungsdiagnose oder Anamnese anderer Berufsgruppen einbeziehen) Sturzangst Haben Sie Angst oder Sorge zu stützen? Liegt hier ein erhöhtes Sturzrisiko vor, welches eine Maßnahmenplanung notwendig macht? Mobilitätsbeeinträchtigung Fühlen Sie sich unsicher beim Stehen oder Gehen? Benutzen Sie ein Hilfsmittel (Kraft, Balance, Ausdauer, (Gehstock, Unterarmgehstützen, Rollator)? Beweglichkeit) Kognitive Beeinträchtigung v.a. Prüfen der Orientierung zu Zeit, Ort, Person und Situation Link zur Quelle: Sturzrisikoerfassung in 3 einfachen Schritten (ppm-online.org) Beispiel wurde etwas abgeändert. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 40 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 41 Morse Fall Skala Ziele und Maßnahmen Um einem Sturz vorzubeugen, sturzbedingte Folgen zu minimieren. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 42 Ziele der Sturzprophylaxe (Menche, 2019, S. 242f; DNQP, 2013) Maßnahmen zur Sturzprophylaxe – Allgemein Regelmäßige Einschätzung des Sturzrisikos (v.a. bei Verlegung, nach Sturzgeschehen, nach Reduktion von Sturzrisiken Veränderungen des Allgemeinzustandes,...). Einrichtungsspezifische Verfahrensregel zur Sturzprophylaxe (Kompetenzen, Fortbildungen, …). Stürze, nach Möglichkeit vermeiden Die Pflegefachkraft kennt geeignete Interventionen zur Vermeidung von Stürzen und zur Minimierung Gewährleisten einer sicheren Mobilität sturzbedingter Folgen. Die Pflegefachkraft verfügt über die Kompetenz zur Planung und Vereinbarung geeigneter Maßnahmen Reduktion von sturzbedingten Verletzungen (Niederflurbetten, Anpassung der Medikation, Umgang mit Beeinträchtigung der Sehfunktion, Hüftgelenksprotektoren, körperliches und motorisches Training ….). Die Pflegefachkraft entwickelt gemeinsam mit Patient:innen und Angehörigen einen individuellen !!! Nicht jeder Sturz ist vermeidbar !!! Maßnahmenplan. usw. … (vgl. Expertenstandard Sturzprophylaxe, aktualisierte und überarbeitete Version 2022, S. 20ff) Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 44 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 46 Maßnahmen zur Sturzprophylaxe – Allgemein (v.a. im klinischen Setting) Maßnahmen der Sturzprophylaxe (Breuer, 2017; Menche et al., 2019, S. 243) Bei stationärer Aufnahme Räumlichkeiten, Stufen, etc. zeigen. Rufanlage und Lichtschalter in Reichweite – die Anwendung erklären bzw. überprüfen. Im Umgang mit medizinischen Geräten schulen und anleiten (Infusionsständer, Drainagen, Katheter, …). Personen- und medikamentenbezogene Auf Veränderungen im Zimmer, z.B. zusätzliche Geräte hinweisen und wenn möglich morgens → zur Interventionen besseren Gewöhnung. Angepasstes Bettniveau. Förderung einer sicheren Mobilität/Transfer (geeignete räumliche und technische Voraussetzungen). Umgebungsbezogene Interventionen Bremsen an Betten, Rollstühlen etc. feststellen → Freiheitsbeschränkung beachten. Tragen von Brillen/Hörgeräten (Erreichbarkeit der Hilfsmittel). Verwendung rutschfester Matten (v.a. Nassbereich). Hilfsmittel Überwachung von Medikamentenreaktionen. Personen-, medikamenten-, umgebungsbezogene Maßnahmen nach individueller Risikoeinschätzung. Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 47 Johanna Tabernig, BScN SUP1V_Sicherheit und Prävention 48 Maßnahmen der Sturzprophylaxe (Breuer, 2017; Menche et al., 2019, S. 243) Maßnahmen der Sturzprophylaxe (Breuer, 2017; Menche et al., 2019, S. 243) Personen- und medikamentenbezogene Interventionen Personen- und medikamentenbezogene Interventionen Verbesserung der Motorik, Bewegungsförderung Koordinationsübungen z.B. gegengleiche Übungen − Bewegungsförderung ist Nummer 1 der Sturzprophylaxe − motorische Trainings wie Kraft- oder Balancetrainings (Dauert allerdings bis ein Training Wirkung zeigt) Optimierung des allgemeinen Zustands Beratung Balanceübungen Link zu Interview mit Pflegewissenschaftlerin Prof. Zegelin: „Jede Chance zur Bewegungsförderung nutzen“ z.B. Verlagerung des https://www.draco.de/bewegungsfoerderung-interview