Selbstkonzept und Identität Vorlesung PDF

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Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

2024

Meike Bonefeld

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Selbstkonzept Identität Entwicklungspsychologie Pädagogik

Summary

Diese Vorlesung an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg behandelt Selbstkonzept und Identität. Die kognitiv-deskriptive und affektiv-evaluative Komponente des Selbst, Entwicklungsprozesse im Jugendalter und Zusammenhänge mit Schulleistung werden beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklungspsychologie.

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Vorlesung Erziehen im Kontext der Schule Selbstkonzept und Identität Institut für Erziehungswissenschaft Albert-Ludwigs-Universität Freiburg JProf. Dr. Meike Bonefeld 15. November 2024 Anmeldung für die Prüfungs- oder Studienleistung 15.11.2024-15.01.2025 über HISinOne Die Anmeldung zum Kurs is...

Vorlesung Erziehen im Kontext der Schule Selbstkonzept und Identität Institut für Erziehungswissenschaft Albert-Ludwigs-Universität Freiburg JProf. Dr. Meike Bonefeld 15. November 2024 Anmeldung für die Prüfungs- oder Studienleistung 15.11.2024-15.01.2025 über HISinOne Die Anmeldung zum Kurs ist keine automatische Anmeldung für Prüfungs- oder Studienleistung Unter folgendem Link finden Sie eine Beschreibung wo und wie Sie sich anmelden können: https://wiki.uni-freiburg.de/campusmanagement/doku.php?id=hisinone:studieren:pruefung Bitte sichern und kontrollieren Sie Ihre Anmeldung wie beschrieben, zum Nachweis falls doch mal etwas schief geht! Bringen Sie diesen Nachweis zur Klausur mit. Ohne Anmeldung können Sie die Klausur NICHT mitschreiben! Lernziele Nach der Teilnahme an dieser Sitzung und Ihrer Nachbereitung durch Lektüre… können Sie begriffliche und theoretische Grundlagen der Forschung zu Selbstkonzept, Selbstwert und Identität in eigenen Worten beschreiben. kennen Sie Entwicklungsprozesse und typische Entwicklungsverläufe in den Bereichen Selbstkonzept, Selbstwert und Identität und berücksichtigen dabei insbesondere das Jugendalter. kennen Sie die Zusammenhänge zwischen akademischem Selbstkonzept und Schulleistung. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 3 Leitfragen der heutigen Sitzung Was ist unter der kognitiv-deskriptiven Komponente des Selbst zu verstehen? Was ist unter der affektiv-evaluativen Komponente des Selbst zu verstehen? Wie bildet sich die Identität als Entwicklungsaufgabe im Jugendalter? Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 4 Das „Selbst“ Zentrale Frage im Jugendalter: „Wer bin ich eigentlich und was zeichnet mich als Person aus?“ (Thomsen et al., 2018, 92) ▪ keine allgemeingültige Definition „des Selbst“ → hängt sehr stark von der jeweiligen psychologischen Tradition ab ▪ aktuelle Perspektive in der Entwicklungspsychologie das Selbst in zwei Komponenten zu unterteilen: › Selbstkonzept › Selbstwert (Thomsen et al., 2018) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 5 Selbstkonzept: Die kognitiv- deskriptive Komponente des Selbst Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 6 Was ist das Selbstkonzept? → kognitiv-deskriptive Komponente des Selbst Wissen (Selbstbeschreibungen) über: › Eigenschaften › biographische Fakten › Interessen und Gewohnheiten ▪ zeitliche Komponente: › „so bin ich“ (Gegenwart) › „so war ich“ (Vergangenheit) › „so will ich sein“ (Zukunft) (Thomsen et al., 2018) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 7 Hierarchische Struktur des Selbstkonzeptes Hierarchische Struktur des Selbstkonzeptes gemäß Shavelson et al. (1976) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 8 Wie entwickelt sich das Selbstkonzept? Ausdifferenzierung mit zunehmendem Alter gewisse Variabilität bleibt erhalten → Stabilität auf den unteren (spezifischeren) Ebenen geringer als auf globaleren Ebenen nach Filipp (2005) fünf Quellen des Wissens über sich selbst: 1. direkte Prädikatenzuweisungen → verbale Zuschreibungen durch andere Personen 2. indirekte Prädikatenzuweisungen → Interpretation der Verhaltensweisen Anderer gegenüber einem selbst 3. reflexive Prädikatenzuweisungen → Ableitung von Wissen über sich selbst durch Selbstbeobachtung 4. komparative Prädikatenzuweisungen → Ableitung von Wissen über sich selbst durch Vergleich mit anderen Personen 5. ideationale Prädikatenzuweisungen → Ableitung von Wissen über sich selbst unter Einbezug bereits gemachter oder möglicher zukünftiger Erfahrungen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 9 Wie verändert sich das Selbstkonzept im Lauf von Kindheit und Jugend? zunehmender Einbezug Selbstkonzept differenziert sich aus unterschiedlicher Quellen wechselnde Lebensumständen (z. B. nach der Einschulung mehr direkte Vergleiche mit anderen und divergierende Aspekte werden besser integriert mehr leistungsbezogene Rückmeldung) & kognitive Entwicklung Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 10 Wie verändert sich das Selbstkonzept im Lauf von Kindheit und Jugend: Vorschulalter Als Quellen des Selbstkonzepts spielen vor allem klar beobachtbare Eigenschaften („Ich habe schwarze Haare“) sowie direkte und indirekte Prädikatenzuweisungen eine Rolle. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 11 Wie verändert sich das Selbstkonzept im Lauf von Kindheit und Jugend: Schulalter Kinder sind zunehmend dem Vergleich mit Gleichaltrigen ausgesetzt. Komparative Prädikatenzuweisungen werden wichtige Quelle selbstbezogenen Wissens. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 12 Wie verändert sich das Selbstkonzept im Lauf von Kindheit und Jugend: Jugendalter Durch die fortschreitende kognitive Entwicklung und damit einhergehende abstraktere Denkweise werden zunehmend auch reflexive und ideationale Selbstzuweis- ungen einbezogen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 13 Schulisches Fähigkeitsselbstkonzept und Schulleistung Das akademische (oder: schulische) Fähigkeitsselbstkonzept bezieht sich auf das Wissen über die eigenen schulischen Fähigkeiten und Interessen. hierarchisch strukturiert Bereiche nahezu deckungsgleich zu den Schulfächern Bitte überlegen Sie (5 Minuten): 1. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem schulischen Fähigkeitsselbstkonzept und der Schulleistung (Noten, Leistung in Tests)? 2. Was halten Sie für den Grund für den vermuteten Zusammenhang? Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 14 Schulisches Fähigkeitsselbstkonzept und Schulleistung: Zusammenhang und Erklärungen positiver Zusammenhang zwischen Fähigkeitsselbstkonzept Hinweis: Im Einzelfall muss sich der und Schulleistung Zusammenhang nicht zeigen Erklärung (Marsh & O‘Mara, 2008): › Skill-Development-Ansatz : wahrgenommene eigene Leistung wird in das Selbstkonzept integriert (Leistung → Fähigkeitsselbstkonzept) › Self-Enhancement-Ansatz: Selbstkonzept beeinflusst z.B. über Motivation und Leistungsbereitschaft die schulische Leistung (Fähigkeitsselbstkonzept → Leistung) Studien deuten auf eine wechselseitige Beeinflussung von Fähigkeitsselbstkonzept und Schulleistung hin (Marsh & O‘Mara, 2008) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 15 Was beeinflusst das Selbstkonzept noch? Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 16 Hypothesen: Zugang zu sozialen Ressourcen Elterliches Berufs- prestige Jugendliche PESA Elterliches Elterliche Jugendliches Bildungs- Sport- GPSC niveau beteiligung Jugendliche soziale Ressourcen Materielle Ressourcen Indirekter Effekt: β =.01, p <.05, 95% CI: [.001,.011] Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 17 Was beeinflusst das Selbstkonzept noch? Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Faktoren und GPSC → ähnliche Befunde wie für das akademische Selbstkonzept (u.a. Chiu & Xihua, 2008; Eccles, 2005; Suárez-Álvarez, Fernández-Alonso, & Muñiz, 2014) Bildungsniveau essenziell für sozioökonomische Position › entscheidend für den Zugang zu spezifischen sozioökonomischen Kontexten hohe Relevanz der sozialen Ressourcen › substanzieller Mediator › direkter Zusammenhang mit dem GPSC → soziale Unterstützung kann zu positiverer Selbstwahrnehmung bzw. höherem Selbstwert führen (Lin, 1999; Turner, Shattuck, Finkelhor, & Hamby, 2017) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 18 Praktische Implikationen im Schulkontext positives Lern- und Sozialklima in Klassen haben einen Einfluss auf Selbstkonzept der SuS Lehrer*innenverhalten kann Selbstkonzept beeinflussen: › individuelle Bezugsnormorientierung geht mit günstiger Selbstkonzeptentwicklung der SuS einher › bei starker Orientierung an der sozialen Bezugsnorm leidet i. B. das Selbstkonzept von schwächeren SuS › Verwendung von günstigen Attributionsmustern (Erfolg durch Anstrengung & Misserfolg durch mangelnde Anstrengung) Outward-Bound-Programme (Erlebnispädagogische Maßnahmen) können einen positiven Einfluss auf die Entwicklung des Selbstkonzepts von SuS haben (Möller & Trautwein, 2009) Für SuS die Möglichkeit unabhängig von schulischer Leistung Selbstwirksamkeit zu erleben Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 19 Fazit „Zusammengefasst kann die Förderung eines adäquaten und positiven Selbstkonzepts als zentrales Ziel pädagogischer Bemühungen gelten“ (Möller & Trautwein, 2009, 201) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 20 Selbstwert: die affektiv-evaluative Komponente des Selbst Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 22 Was ist der Selbstwert? → affektiv-evaluative Komponente des Selbst nicht Selbstbeschreibungen (Selbstkonzept) sondern Bewertung von: › Eigenschaften › biographische Fakten › Interessen und Gewohnheiten Der Selbstwert muss daher im Zusammenhang mit dem Selbstkonzept betrachtet werden. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 23 Bitte überlegen Sie: Wie war Ihr Selbstwert als Kind? Wie in der Teenager-Zeit? Was hat sich in den letzten Jahren verändert? (3 Minuten) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 24 Entwicklung des Selbstwertes Selbstkonzept von jungen Kindern häufig unrealistisch positiv ("Ich kann eigentlich alles gut.") → auch hoher Selbstwert bei Kindern Typischer Verlauf: Selbstwert sinkt von der späten Kindheit bis zum späten Jugendalter deutlich. Ab dem frühen Erwachsenenalter steigt der Selbstwert wieder an und stabilisiert sich im Lauf des Erwachsenenalters auf einem mittleren Niveau. Welche Erklärung haben Sie für diesen Verlauf? 3 Minuten Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 25 Erklärungsansätze: Warum sinkt der Selbstwert im Jugendalter? Hier spielen wahrscheinlich mehrere Faktoren eine Rolle (Thomsen et al., 2018): kritischeres Feedback › jüngere Kinder erhalten vermehrt Zuspruch durch die Eltern › steigende Erwartung an Selbständigkeit und Leistung → kritischere Rückmeldung von Eltern, Peers und Lehrkräften Verunsicherung durch die Wahrnehmung von Gegensätzen oder scheinbaren Widersprüchen innerhalb der eigenen Selbstbeschreibungen Vielfältige Veränderung → im Zuge der Pubertät größere Veränderung des Selbstkonzeptes z. B. in Bezug auf › eigenen Körper › soziale Rolle und Beziehungen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 26 Identitätsbildung als Entwicklungsaufgabe des Jugendalters: Die Identitätsstadien nach Marcia Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 27 Identität „Wenn sie sich allmählich dem Erwachsenensein nähern, müssen Jugendliche anfangen, eine eigene Identität zu entwickeln, die zahlreiche Aspekte des Selbst vereinigt, einschließlich ihrer Werte, ihrer Weltanschauung, ihrer Ziele für die Zukunft und ihrer sexuellen Identität“ (Siegler et al., 2016, 414) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 28 Identitätsfindung mit zunehmendem Alter gelingt es Jugendlichen immer besser teilweise auch divergierende Aspekte der Selbstbeschreibung in ihr Selbst zu integrieren → Selbstwert wird gesteigert ABER: in der Forschung zum Selbstkonzept /-wert werden die dahinterliegenden Prozesse noch relativ wenig berücksichtigt Ggf. beobachten Sie als Lehrer*in später Verhaltensweisen bei SuS die aus der Perspektive eines Erwachsenen nur schwer nachvollziehbar sind wie z.B.: Herausforderungen im Zuge der Identitätsfindung → wie Änderung der Einstellung, der Werte unterstützen? Wechsel des Musikgeschmacks, des Freundeskreises etc. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 29 Einschub: Sie erinnern sich an Entwicklungsaufgaben nach Robert Havighurst (1972) Entwicklungsaufgaben - die Vorstellung, dass jede Person im Lauf ihres Lebens mit bestimmten Aufgaben konfrontiert ist, die teilweise mit einem bestimmten Lebensabschnitt assoziiert sind und deren erfolgreiche Bewältigung die Entwicklung vorantreibt und gleichzeitig die Chancen für die Bewältigung nachfolgender Aufgaben steigert. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 30 Identitätsfindung nach E. Erikson (1968) ähnliches theoretisches Konzept → Entwicklungskrise Identitätsfindung als lebenslanger Prozess → aber zentrale Entwicklungskrise (bzw. -aufgabe) im Jugendalter Aufgabe: aus einer Vielzahl von real vorstellbaren Möglichkeiten der Lebensgestaltung (z. B. in Bezug auf Lebensziele, Wertvorstellungen, Familienmodelle und berufliche, religiöse, oder sexuelle Orientierung) eine immer enger werdende Auswahl zu treffen und sich schließlich festzulegen bei Erfolg = erarbeitete bei Misserfolg (temporär) Identität = Identitätsdiffusion Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 31 Psychosoziales Moratorium (Erikson, 1968) in einer modernen Gesellschaft schwierig eine Identität aufzubauen → Grund: Vielzahl an Rollen, die zur Wahl stehen Psychosoziales Moratorium: › Auszeit, in der Jugendliche keine Erwachsenenrolle übernehmen › intrinsisch Aktivitäten nachgehen › Selbsterfahrung ermöglichen nur in einigen Kulturen möglich und oft der mittleren und oberen Schicht vorbehalten Fallen Ihnen aktuelle Formen eines „psychosozialen Moratorium“ ein und in welchen Kulturen würden Sie es heute verorten? (3 Minuten) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 32 Die Identitätsstadien nach James E. Marcia (1980) in Anlehnung an Erikson identifizierte James E. Marcia vier Stadien der Identitätsfindung Einordnung anhand zweier Dimensionen: › Ausmaß der inneren Verpflichtung › Vorhandensein einer Krise aus Lohaus & Vierhaus (2019, 206) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 33 Die Identitätsstadien nach James E. Marcia (1980) Identitätsdiffusion: die eigenen Rollen und Werte sind noch nicht festgelegt (keine Fortschritte bei dieser Festlegung erkennbar) übernommene Identität: keine Identitäten wurden ausprobiert, das Individuum übernimmt berufliche und weltanschauliche Identität von anderen Moratorium: unterschiedliche berufliche und weltanschauliche Möglichkeiten wurden ausprobiert (es wurde noch keine Festlegung getroffen) erarbeitete Identität: das Individuum hat nach einer Phase des Experimentierens eine kohärente und gefestigte Identität erreicht (beruht auf eigenen und autonomen Entscheidungen mit Blick auf Beruf, Weltanschauung etc.) Siegler et al (2016, 416) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 34 Gibt es einen typischen Verlauf der Identitätsentwicklung? Erikson ist von einem typischen Verlauf ausgegangen (übernommenen Identität → erarbeiteten Identität) Marcia konnte zeigen, dass Wechsel zwischen verschiedenen Stadien möglich sind → Identitätsfindungsprozess flexibel und nicht irreversibel › jüngere Heranwachsende oftmals im Zustand der Identitätsdiffusion oder der übernommenen Identität › höchster Anteil im Moratoriumszustand zwischen dem 17. und 19. Lebensjahr › im frühen Erwachsenenalter meist Zustand der erarbeiteten Identität „typischer Verlauf“: Identitätsdiffusion → übernommene Identität → erarbeitete Identität (Meeus, 2011 nach Siegler et al. 2016) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 35 Zum Nachdenken: Können Sie sich Lebensphasen nach dem Jugendalter vorstellen, in denen nochmals intensiv an der eigenen Identität gearbeitet und vielleicht auch neue Ziele oder Wertvorstellungen angenommen werden?(3 Minuten) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 36 Einflüsse auf die Identitätsbildung Elterliche Unterstützung hat einen positiven Einfluss → je mehr elterliche Unterstützung desto eher reifere Identität und weniger Identitätsdiffusion Stärkung der Autonomie und Individualität vermindert das Gefühlt einer übernommenen Identität Sozioökonomischer Hintergrund/Position definiert Zugang zu spezifischen soziökonomischen Kontexten › unterschiedliche Karrieremöglichkeiten aufgrund von Informationen, Ausbildungschancen, finanziellen Möglichkeiten und Rollenvorbildern › etwaige Einschränkungen wirken sich auf Identitätsbildung aus Veränderung der Identitätsoptionen in Relation zum historischen Kontext (z. B. klassisches Rollenbild vs. modernes Rollenverständnis) (Siegler et al, 2016) Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 37 Implikationen für die schulische Praxis? 1. Inwiefern sehen Sie es als die Aufgabe von Lehrer*innen SuS im Zuge ihrer Identitätsfindung zu unterstützen? 2. Ist es als Lehrkraft möglich nicht identitäts-stiftend zu wirken? Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 38 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 40 Literatur Chiu, M. M., & Xihua, Z. (2008). Family and motivation effects on mathematics achievement: Analyses of students in 41 countries. Learning and Instruction, 18(4), 321- 336. doi: 10.1016/j.learninstruc.2007.06.003 Eccles, J. S. (2005). Influences of parents' education on their children's educational attainments: The role of parent and child perceptions. London review of education, 3(3), 191-204. doi:10.1080/14748460500372309 Erikson, E. H. (1968). Identity: Youth and crisis. New York, NY: Norton. Deutsch 1981, Jugend und Krise: die Psychodynamik im sozialen Wandel. Berlin: Ullstein Filipp, S.-H. (2005). Selbst und Selbstkonzept. In H. Weber & T. Rammsayer (Hrsg.), Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie (S. 266– 276). Hogrefe. Havighurst, R. J. (1973). History of developmental psychology: Socialization and personality development through the life span. In Life-span developmental psychology (pp. 3-24). Academic Press. Lin, N. (1999). Social networks and status attainment. Annual review of sociology, 25(1), 467-487. doi:10.1146/annurev.soc.25.1.467 Marsh, H. W., & O'Mara, A. (2008). Reciprocal effects between academic self-concept, self-esteem, achievement, and attainment over seven adolescent years: Unidimensional and multidimensional perspectives of self-concept. Personality and Social Psychology Bulletin, 34(4), 542-552. Möller, J., & Trautwein, U. (2009). Selbstkonzept. In Pädagogische Psychologie (pp. 179-203). Springer, Berlin, Heidelberg. Shavelson, R. J., Hubner, J. J., & Stanton, G. C. (1976). Self-concept: Validation of construct interpretations. Review of Educational Research, 46, 407-441. doi:10.3102/00346543046003407 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 41 Literatur Siegler, R., Eisenberg, N., DeLoache, J., & Saffran, J. (2016). Entwicklungspsychologie im Kindes-und Jugendalter. Springer. Suárez-Álvarez, J., Fernández-Alonso, R., & Muñiz, J. (2014). Self-concept, motivation, expectations, and socioeconomic level as predictors of academic performance in mathematics. Learning and Individual Differences, 30, 118-123. doi:10.1016/j.lindif.2013.10.019 Thomsen, T., Lessing, N., Grewe, W., & Dresbach, S., M. (2018). Selbstkonzept und Selbstwert. In A. Lohaus (Hrsg.), Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 91 – 112). Springer Turner, H. A., Shattuck, A., Finkelhor, D., & Hamby, S. (2017). Effects of poly-victimization on adolescent social support, self-concept, and psychological distress. Journal of interpersonal violence, 32(5), 755-780. doi: 10.1177/0886260515586376 Vollmer, J. & Gieß-Stüber, P. (2021). Das physische Selbstkonzept von Jugendlichen und die soziale Lage der Familie. Sportunterricht, 70(6), 248-252. https://doi.org/10.30426/SU-2021-6-2 Vollmer, J., Lohmann, J., & Gieß-Stüber, P. (2021). Socioeconomic status and global physical self-concept of adolescents: A multilevel structural equation modeling approach. German Journal of Exercise and Sport Research, 51, 160-169. https://doi.org/10.1007/s12662-020-00701-7 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Selbstkonzept und Identität | 15. November 2024 42

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