Neurobiologische Grundlagen II - Handlungspsychologie PDF

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Technische Universität Berlin

L. Onnasch

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neurobiology action psychology human brain psychology

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This document presents lecture notes on Handlungspsychologie, specifically focusing on neurobiological foundations. The content explores various aspects of the human brain and its role in actions, covering topics from neuronal communication to practical applications. This is a detailed analysis of brain processes related to actions and behavior.

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Vorlesung Handlungspsychologie Neurobiologische Grundlagen II 2. Neurobiologische Grundlagen 2.1 Neuronale Kommunikation 2.2 Primär-motorischer Kortex und lateraler prämotorischer Kortex 2.3 Supplementär-motorisches Areal 2.4 Kleinhirn 2.5 Basalganglien 2.6 Präfrontaler Kortex 2.7 Henne – Ei: Hirn –...

Vorlesung Handlungspsychologie Neurobiologische Grundlagen II 2. Neurobiologische Grundlagen 2.1 Neuronale Kommunikation 2.2 Primär-motorischer Kortex und lateraler prämotorischer Kortex 2.3 Supplementär-motorisches Areal 2.4 Kleinhirn 2.5 Basalganglien 2.6 Präfrontaler Kortex 2.7 Henne – Ei: Hirn – Handlung 2 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Rückblick Phineas Gage (1823 – 1860, San Francisco)  Fall führte zu erheblichen Fortschritten im Verständnis der Wechselwirkungen zwischen menschlichem Gehirn, kognitiven Prozessen und Handlungssteuerung 3 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Rückblick neuronale Basis für Planung, Initiierung und Ausführung von Handlungen − intakte Funktionsschleife zwischen frontalem Kortex, prämotorischem und motorischem Kortex, Basalganglien und Kleinhirn Basalganglien − nur Integration aller Prozesse führt zu effektivem Handeln Kleinhirn 4 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Rückblick neuronale Basis für Planung, Initiierung und Ausführung von Handlungen 5 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.4 Kleinhirn - liefert Informationen um komplexe Aktivitäten in konkrete Muskelaktivität und motorische Parameter umzusetzen - ist an Regulation des Muskeltonus beteiligt, an der Kontrolle der Stütz- und Gangmotorik und an der Koordination von Bewegungssegmenten - stark vernetzt! Rekurrente Verbindungen mit nahezu allen Rindenfeldern des zerebralen Kortex: Input Output  motorischen & sensorischem Kortex,  projiziert über Thalamus auf motorische Areale  propriozeptive Infos von aufsteigenden Bahnen im Rückenmark 6 Handlungspsychologie | © L. Onnasch  präfrontale, parietale & temporale Areale 2.4 Kleinhirn zwei zentrale Funktionen bei Handlungssteuerung 1. Vorhersage der sensorischen Konsequenzen konkreter Bewegungen  Vorwärtsmodellierung 7 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.4 Kleinhirn zwei zentrale Funktionen bei Handlungssteuerung 1. Vorhersage der sensorischen Konsequenzen konkreter Bewegungen  Vorwärtsmodellierung − Simulation einer geplanten Handlung − ermöglicht Anpassungen noch vor Handlungsausführung − verringert Handlungsfehler − ermöglicht Lernen durch Vergleich von Vorwärtsmodellierung und Bewegung 8 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.4 Kleinhirn zwei zentrale Funktionen bei Handlungssteuerung 1. Vorhersage der sensorischen Konsequenzen konkreter Bewegungen  Vorwärtsmodellierung 2. Kontrolle des motorischen Lernens fMRT-Studie von Imanizu et al. (2000) − Aufgabe: Mauszeiger immer über bewegtem Reiz zu halten − UV: unterschiedl. Beziehungen zw. Bewegungen von Maus und Mauszeiger, z.B. Bewegung Maus nach oben = Bewegung Mauszeigers verändert um 120 Grad nach rechts − Aktivität weiter Bereiche des Kleinhirns im Vergleich zu einer Kontrollbedingung erst massiv erhöht, verringert sich mit zunehmender Übung proportional mit Reduktion der Bewegungsfehler der Versuchspersonen  Erwerb eines neuen motorischen Modells 9 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Imamizu, H., Miyauchi, S., Tamada, T., Sasaki, Y., Takino, R. et al. (2000). Human cerebellar activity reflecting an aquired internal model of a new tool. Nature, 403, 153–154. 2.4 Kleinhirn Was passiert bei Schädigungen? Untersuchungen an Soldaten im ersten Weltkrieg (Homes, 1917) - kleinere Läsionen werden kompensiert, größere Läsionen führen zu ataktischen Bewegungsstörungen - Ataxie beschreibt Mangel an Koordination, der sich in Augen-, Sprech-, Rumpf- und Extremitätenmotorik zeigt 10 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.5 Basalganglien Ansammlung subkortikaler Kerne - Nucleus caudatus - Putamen Striatum - Globus pallidus - Nucleus subthalamicus - Substantia nigra - erhalten afferente Projektionen aus motorischem Kortex, frontalen Augenfeldern, limbischen System, orbitofrontalen und präfrontalen Kortex - wichtige Funktion: Dopamin-Produktion Neurotransmitter zur Modellierung kognitiver & motorischer Prozesse 11 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.5 Basalganglien Kognitive Funktionen Dopaminproduktion beeinflusst Handlungsregulation & moduliert Erwerb kognitiver & motorischer Fertigkeiten - Erfolg einer unerwarteten Handlung führt zu temporärer Erhöhung des Dopaminspiegels - Misserfolg führt zu temporärer Absenkung des Dopaminspiegels 12 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.5 Basalganglien Inkranielle Selbstreizung (Olds & Milner, 1954) - Ratten konnten sich durch Drücken eines Hebels im Bereich des medialen Vorderhirnbündels mit schwachen Stromstöße stimulieren - Tiere wiederholten Selbstreizung bis zur Erschöpfung (> 1000 pro Stunde) - Tiere zogen Selbstreizung natürlichen Verstärkern vor (Futter)  Entdeckung eines „Belohnungszentrums“, das auch Effekte natürlicher Verstärker vermittelt (z.B. Futter, Sex)  Reizung der entsprechenden Zentren löst anreizmotiviertes Verhalten aus (Fressen, Paarung), wenn adäquates Anreizobjekt vorhanden ist  Anregung eines Motivationszustands (z.B. Hunger) führt oft zu erhöhter Rate an Selbstreizung 13 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Olds, J., & Milner, P. (1954). Positive reinforcement produced by electrical stimulation of septal area and other regions of rat brain. Journal of comparative and physiological psychology, 47(6), 419. 2.5 Basalganglien Was passiert bei Schädigungen? unterschiedlichen Störungen der Willkürmotorik, in Abhängigkeit der geschädigten Struktur bei Schädigung der Substantia nigra: starke Verlangsamung von Bewegungen (Bradykinese), Ruhetremor, erhöhte Steifigkeit der Muskulatur (Rigor) bei Schädigung des Striatums: Huntingtonschen Krankheit (Gang- und Standinstabilitaten) bei Schädigung des Nucleus subthalamicus: unwillkürliche, heftige, großamplitudige Bewegungen 14 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.5 Basalganglien Was passiert bei Schädigungen? 15 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.5 Basalganglien Was passiert bei Schädigungen? 16 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.6 präfrontaler Kortex - Überblick - wichtig für exekutive Funktionen: Intentions- & Zielbildung - kontrolliert die Prozesse, die auf dem Weg von der Intention zur zielgerichteten Handlung ablaufen und erkennt mögliche Fehler - zentral für Arbeitsgedächtnis Was passiert bei Schädigung?  s. Phineas Gage 17 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.6 präfrontaler Kortex Dorsolateraler präfrontaler Kortex fMRT Studie von Pochon et al. (2001) - Hypothese: DLPFC stärker an Handlungsvorbereitung als an Aufrechterhaltung (KZG-Prozesse) beteiligt - Aufgabe: visuell-räumliche Sequenz - Bedingungen: Matching vs. Reproduktion ll-räumliche Aufgabe 18 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Pochon, J. B., Levy, R., Poline, J. B., Crozier, S., Lehéricy, S., Pillon, B.,... & Dubois, B. (2001). The role of dorsolateral prefrontal cortex in the preparation of forthcoming actions: an fMRI study. Cerebral cortex, 11(3), 260-266. 2.6 präfrontaler Kortex Orbitofrontaler Kortex (OFC) erhält Input aus allen sensorischen Modalitäten (visuell, taktil, auditiv etc.) sowie von viszeralen Zentren (Hunger, Durst, etc.) Vermutete Funktionen 19 - Erwerb und Umlernen (reversal learning) von ReaktionsKonsequenz-Assoziationen - zentral bei Handlungsplanung - Wertrepräsentationen und hedonische/affektive Reaktionen auf motivational relevante Reize Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.6 Exkurs: Theorie der somatischen Marker (Damasio, 1994) Emotionen als Heuristik – „aus dem Bauch heraus“ entscheiden, insbesondere in überfordernden Situationen Wichtigkeit von Emotionen für Vertrauensbildung auch durch neurophysiologische Erkenntnisse bestätigt (VPn mit Hirnläsionen, Emotionen als „Beschützer“ vor Gefahr in gambling tests; Bechara, Damasio, Damasio, & Anderson, 1994) Theorie der somatischen Marker (Damasio, 1994) − emotionale Reaktionen auf bestimmte Situationen werden in „emotionalem Erfahrungsgedächtnis“ gespeichert (im OFC verankert) − Bei Widerauftreten der Situation wird Erregungszustand (physiologische Begleitung der Emotion) repliziert und erinnert daran, ob Gefühl in dieser Situation positiv oder negativ war – das passiert auch bei Vorstellung von Konsequenzen einer Entscheidung − Mithilfe der somatischen Markierung der Situation kann man „aus dem Bauch heraus“ entscheiden 20 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Damasio, A. R. (1994) Descartes' error: emotion, reason, and the human brain. New York: Grosset/Putn 2.6 präfrontaler Kortex Anteriorer cingulärer Kortex - afferente Signale v.a. von thalamischen Kernen - efferente Signale v.a. an anderer Areale des präfrontalen Kortex, den anterioren Nucleus und andere limbische Areale wichtige Rolle bei der Überwachung der Handlungssteuerung, zusammen mit DLPFC 21 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.7 Henne – Ei: Hirn – Handlung Was beeinflusst was? - bisheriger Blick: kognitive (neuronale) Prozesse grundlegend für Handlungen - Sind Handlungen grundlegend für Kognition? Embodied Cognition “Biological brains are first and foremost the control systems for biological bodies. Biological bodies move and act in rich real-world surroundings” (Clark, 1998, p. 506). 22 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Wilson, M. (2002). Six views of embodied cognition. Psychonomic bulletin & review, 9, 625-636. Ninety percent of life is just being there. -Woody Allen 23 Handlungspsychologie | © L. Onnasch 2.7 Henne – Ei: Hirn – Handlung Embodied Cognition Funktionale Veränderungen - Ausmaß & Richtung von Aktivierungen und funktionale Reorganisation von Aktivierungsmustern, z.B. beim Erlernen motorischer Fähigkeiten (s. vorherige Folien) Strukturelle Veränderungen z. B. - bei erfahrenen Streichern, die eine erhöhte kortikale Repräsentation der Finger der linken Hand aufweisen (Elbert et al., 1995). 25 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Gramann, K., Gwin, J. T., Ferris, D. P., Oie, K., Jung, T. P., Lin, C. T.,... & Makeig, S. (2011). Cognition in action: imaging brain/body dynamics in mobile humans. 2.7 Henne – Ei: Hirn – Handlung Embodied Cognition  Beispiele zeigen, dass Verhalten / Handlungen zentrale Rolle spielen bei der Gestaltung funktioneller und struktureller Basis des menschlichen Gehirns  Wichtigste Funktion des Einflusses des menschlichen Gehirns auf Verhalten wiederum: Optimierung des Verhaltens in einer sich ständig verändernden Umwelt. 26 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Gramann, K., Gwin, J. T., Ferris, D. P., Oie, K., Jung, T. P., Lin, C. T.,... & Makeig, S. (2011). Cognition in action: imaging brain/body dynamics in mobile humans. Zusammenfassung intakte Funktionsschleife zwischen frontalem Kortex, prämotorischem und motorischem Kortex, Basalganglien und Kleinhirn als neuronale Basis für Planung, Initiierung und Ausführung von Handlungen 27 Handlungspsychologie | © L. Onnasch Vielen Dank. 28

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