Privatgutachten: Entschädigung und Kostenerstattung

Lerneineit: Privatgutachten: Entschädigung und Kostenerstattung

• Diese Lerneinheit bietet einen Überblick über die Besonderheiten der Aufwandsentschädigung und Kostenerstattung bei der Beauftragung von Privatgutachtern im gerichtlichen und privaten Sektor.
• Ziel ist es, die notwendigen Überlegungen zu verdeutlichen, um Zahlungen für Privatgutachten im Voraus zu bestimmen und zu definieren.

Abgrenzungen

• Im Unterschied zur Vergütung von gerichtlich bestellten Sachverständigen gemäß dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) wird die Bezahlung von privaten Sachverständigen nicht gesetzlich, sondern durch marktübliche Honorare bestimmt.
• Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Sachverständigem sind die Grundlage für die Bezahlung privater Gutachten.
• Solche Vereinbarungen sollten vor Auftragsbestätigung getroffen werden und können Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsverträge sein (BGB § 611, § 631, § 675).
• Sachverständige müssen Auftraggeber über anfallende Gebühren informieren.
• Sie können Vergütungen frei vereinbaren, z.B. als Stundenhonorar oder orientiert an marktüblichen Honoraren.
• Der Gutachter kann eine Abrechnung auf Basis einer Honorarordnung, wie der HOAI, vereinbaren
• Folgende Honorarvereinbarungen gelten als üblich:
  • Honorarhöhe ist durch gesetzliche Regelung vorgegeben
  • Honorar lehnt sich an eine Honorarordnung (z.B. HOAI) an
  • Honorar bemisst sich an einem fest vereinbarten Stundensatz
  • Honorar bemisst sich prozentual am Wert (z. B. Verkehrswert eines Gebäudes)
  • Honorar wird als Pauschalhonorar vereinbart
• Architekten und Ingenieure müssen bei Tätigkeiten als Sachverständige die Regelungen ihrer Gebührenordnung (HOAI) berücksichtigen.
• Private Sachverständige können ihre Sätze frei vereinbaren, müssen diese aber nach "billigem Ermessen" festlegen, wobei die Interessen beider Parteien und übliche Usancen berücksichtigt werden müssen.
• Die Vergleichbarkeit und Angemessenheit eines Honorars wird meist subjektiv vom Gericht beurteilt und orientiert sich an Honorarordnungen, Gesetzen (JVEG) oder Umfragen von Kammerorganisationen.

Besondere Fälle Der Sachverständigenvergütung

• Möchte der Sachverständige aufgrund einer der oben angeführten Kriterien (oder vergleichbarer Kriterien) ein Sachverständigenhonorar außerhalb der üblichen Sätze vereinbaren, so tut er gut daran in einem gemeinsamen Vertrag darzulegen, dass:
  • Sich die Parteien darüber einig sind, dass das Honorar XX vereinbart wird
  • Die Parteien eingehend erläutert haben, dass es sich bei dem Honorar um ein den üblichen Satz überschreitendes Honorar handelt
  • Das den üblichen Satz überschreitende Honorar, durch (z.B. Herausragende Kompetenz) begründet ist
• Spezielle Qualifikation, anerkannte Fachkompetenz oder Alleinstellungsmerkmale können höhere Honorare rechtfertigen.
• Verfügbarkeit besonderer Untersuchungsmethoden oder Kompetenz in schwierigen Verfahren können ebenfalls höhere Sätze begründen.
• Die einfachste Vergütungsform ist die Bemessung nach Gesetz oder Taxen, z. B. HOAI.
• Für gerichtlich tätige Sachverständige gilt das JVEG, für Verkehrswertermittlungen von Grundstücken oft die HOAI.
• Fehlt eine Honorarvereinbarung, sind Schwierigkeiten vorprogrammiert.
• Unternehmen spekulieren oft auf "günstige" Gutachten und scheuen die Diskussion über Vergütung.
• Versicherungen versuchen, Gutachterkosten durch Vergabe oder Vermittlung von Aufträgen zu senken und bieten später nur Pauschalen an.
• Private Auftraggeber unterschätzen oft den Aufwand und das Fachwissen, das in Gutachten steckt.
• Es wird empfohlen, vor Beginn der Tätigkeit einen Vertrag mit dem Auftraggeber abzuschließen, der die zu erwartende Vergütung und deren Berechnungsgrundlage festlegt, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Verhältnismäßigkeit Der Mittel

• Ohne Pauschalvereinbarung stellt sich immer die Frage der Verhältnismäßigkeit, die zulasten des Sachverständigen geht.
• Seine Honorarhöhe muss in angemessenem Verhältnis zum Schaden oder Wert des Gegenstandes stehen.
• Es sei denn, dass der Auftraggeber ausdrücklich darauf hinweist, dass es ums "Prinzip" geht, das heißt, dass die Verhältnismäßigkeit für ihn unerheblich ist, da von vorneherein klar ist, dass die Gebühren für das Gutachten außer Verhältnis sein werden.
• Beispiel: Im Streitfall zwischen Nachbarn beauftragt Familie Schwald einen Gutachter für einen durch Nachbars Hecke beschädigten Feigenbaum.
• Der Gutachter sollte in seiner Auftragsannahme erwähnen, wenn der Auftraggeber trotz Hinweises auf die Unverhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Schaden das Gutachten wünscht.
• Gutachter sollten ihren Aufwand vorab abschätzen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Vergütung Gemäß Hoai

• Die HOAI ist eine "taxmäßige Vergütung", besonders bei Wertermittlungen von Grundstücken und Gebäuden.
• Sie ist in wenigen Bereichen relevant, bindet aber Sachverständige, die dem Geltungsbereich zuzuordnen sind, an die dortigen Gebührensätze.
• Für gerichtlich bestellte Architekten und Ingenieure gilt das JVEG.
• In Einzelfällen kann die HOAI auch für Gutachter, die nicht Architekten oder Ingenieure sind, aber ähnliche Tätigkeiten ausüben, vertraglich vereinbart werden.
• Gerichte messen diese Vereinbarungen an der "üblichen Vergütung".
• § 6 HOAI regelt Grundlagen des Honorars, § 7 die Honorarvereinbarung.
• Die Honorarhöhe richtet sich
  • nach der Größe der Fläche für die Leistungsbilder des Teils 2 und für die Leistungsbilder der Teile 3 und 4 nach den anrechenbaren Kosten des Objekts auf der Grundlage der Kostenberechnung
  • nach dem Leistungsbild
  • nach der Honorarzone
  • Hierfür werden folgende Bewertungsmerkmale ermittelt:
    • Anforderungen an die Einbindung in die Umgebung
    • Anzahl der Funktionsbereiche
    • gestalterische Anforderungen
    • konstruktive Anforderungen
    • technische Ausrüstung
    • Ausbau
  • nach der dazugehörigen Honorartafel.
• Die Schwierigkeitsstufe hat Einfluss auf die Höhe der Vergütung
• Für Leistungen bei Umbauten und Modernisierungen gemäß § 2 Absatz 5 und Absatz 6 sind zu ermitteln nach
  • den anrechenbaren Kosten
  • der Honorarzone, welcher der Umbau oder die Modernisierung in sinngemäßer Anwendung der Bewertungsmerkmale zuzuordnen ist
  • den Leistungsphasen
  • der Honorartafel und
  • dem Umbau- oder Modernisierungszuschlag auf das Honorar.
• Das Honorar richtet sich nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch diese Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen.
• Liegen die ermittelten anrechenbaren Kosten oder Flächen außerhalb der in den Honorartafeln dieser Verordnung festgelegten Honorarsätze, sind die Honorare frei vereinbar.
• Die HOAI gilt seit 2021 für In- und Ausländer gleichermaßen und erlaubt freie Honorarvereinbarung für Architekten- und Ingenieurleistungen.

Nebenkosten

• Sachverständige, die nach HOAI abrechnen, können gemäß § 14 HOAI Nebenkosten geltend machen.
• Nebenkosten können sein: Versandkosten, Kosten für Datenübertragungen, für Vervielfältigungen, Baustellenbüro, Reisekosten (über 15 km Umkreis), Trennungsentschädigungen und Entgelte für Dritte.
• Diese können pauschal oder nach Einzelnachweis abgerechnet werden, wobei Einzelnachweise gelten, wenn keine pauschale Vereinbarung getroffen wurde.
• HOAI-Nebenkosten wie Abrufgebühren, Kopier-, Foto-, Telefon-, Versand- und Portokosten sowie Fahrt- und Messkosten sind erstattungsfähig.

Vertragliche Regelungen

• Wenn keine Honorarvereinbarung getroffen wurde, muss die Vergütung nachträglich nach Gesetz und Rechtsprechung, basierend auf marktüblichen Gesichtspunkten und "billigem Ermessen", bestimmt werden.
• § 632 Abs. 2 BGB bestimmt, dass bei fehlender Vergütungsvereinbarung die übliche Vergütung als vereinbart gilt, oder bei Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung herangezogen wird.
• Das bedeutet, der Sachverständige muss Gebühren des JVEG oder der HOAI ansetzen oder einen üblichen Verrechnungssatz aus dem Sachverständigenbereich ermitteln.
• Schwierig wird es, wenn keine Taxe vorliegt, wie bei KFZ-Gutachtern, und das Gericht die Gebühren für Routinegutachten als überschritten ansieht.
• Das Landgericht Freiburg hat entschieden, dass bei fehlender Gebührenvereinbarung die „übliche“ Vergütung als vereinbart gilt.
• Erstattet werden üblicherweise die Beträge des JVEG bzw. der tatsächlich entstandene Schaden.
• Die Erforderlichkeit der Kosten wird dann durch eine Rechnung nachgewiesen und durch das Gericht veranlasst.
• Bei Verletzung des Transparenzgebots durch den Sachverständigen können dem Geschädigten Schadenersatzansprüche zustehen.
• Das Landgericht Traunstein urteilte, dass sich die Höhe der Vergütung nach dem Zeitaufwand für das Gutachten zu bemessen habe.
• Honorare, die in einem Verkehrsunfall im Verhältnis zur Schadenshöhe berechnet wurden, können jedoch gefordert werden.
• Die Urteile des BGH besagen, dass eine Pauschalierung im Regelfall zulässig ist und die Grundsätze des JVEG nicht auf Privatgutachten anzuwenden sind.
• Die tatsächlich durch Preisvereinbarung entstandenen Kosten gelten normalerweise als erforderlicher Aufwand.
• Die im JVEG vorgesehenen Beträge für die Anfertigung von Fotos würden demnach auch die Kosten für deren Verwertung im Gutachten