Sachverständigenvertrag: Grundlagen

Rechtsnatur eines Sachverständigenvertrags

• Grundlage für die Tätigkeit eines Sachverständigen im Privatbereich ist ein Vertrag.
• Ein Vertrag entsteht durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien.
• Kennzeichnend für einen Vertrag ist der gemeinsame Wille, einen rechtlichen oder tatsächlichen Erfolg zu erzielen.
• Bei einer Sachverständigentätigkeit steht die Betrachtung und Beurteilung eines Sachverhalts oder Gegenstandes im Mittelpunkt.
• Auch einseitige Vorgaben des Sachverständigen können zu einem Vertrag führen, wenn der Vertragspartner zustimmt.
• Parteien sind frei in der Gestaltung und dem Inhalt des Sachverständigenvertrages (Privatautonomie).
• Vertragsschließende sollten den gesamten Vertragsinhalt einschließlich Rechte und Pflichten einvernehmlich regeln.
• In der Praxis einigt man sich meist auf wesentliche Vertragsteile wie Objekt, Honorar und Zeitpunkt des Gutachtens.
• Offen bleiben oft Punkte, bei denen die Vorstellungen der Parteien nicht übereinstimmen, z.B. Haftungsfälle oder Ansprüche auf Nacherfüllung.
• Gerichte legen "offene" Verträge gemäß §§ 157, 133 BGB aus, wobei der tatsächliche Wille der Parteien, Treu und Glauben sowie die Verkehrssitte berücksichtigt werden.
• Es wird dringend empfohlen, so viel wie möglich im Vertragstext zu vereinbaren, um Spielräume zu vermeiden.

Mögliche Vertragsarten

• Die rechtliche Ausgestaltung eines Sachverständigenvertrages kann unterschiedlich erfolgen.
• Für einen Sachverständigenvertrag kommen in Frage: Vertrag sui generis, Werkvertrag, Dienstvertrag, entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag, Auskunftsvertrag.

Vertrag sui generis

• Aufgabenstellungen an Sachverständige können sehr vielfältig sein.
• Wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Auftraggeber und Sachverständigem gibt es typische Anforderungen.
• Die Tätigkeit muss wegen betroffener Dritter sorgfältig ausgeführt werden.
• Gegensätzliche Interessenlagen erfordern besondere Vorkehrungen rechtlicher Art.
• Das Weisungsrecht des Auftraggebers (§§ 662, 665 BGB) muss eingeschränkt werden.
• Der Sachverständige kann nicht vertraglich verpflichtet werden, ein positives Gutachten zu erstellen.
• Der Sachverständige erstellt auch dann ein vertragsgemäßes Gutachten, wenn es zum Nachteil des Auftraggebers ausgeht, aufgrund seiner Neutralität.
• Das Vertrauensverhältnis erfordert, dass der Sachverständige seine Leistung persönlich erbringt.
• Persönliche Eigenschaften(Wissen, Erfahrung, Zuverlässigkeit, Intelligenz, Darstellungs- und Ausdruckvermögen) sind eng mit seiner Leistung verbunden.
• Dem Sachverständigen obliegen auch nebenvertragliche Pflichten wie Informations-, Aufklärungs-, Hinweis-, Schweige-, Auskunfts- und Obhutpflichten.
• Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wird bei Verletzung der Schweigepflicht gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB bestraft.
• Sachverständige sind zu Gewissenhaftigkeit, Unparteilichkeit und Sorgfalt verpflichtet, unabhängig davon, ob sie öffentlich bestellt und vereidigt sind.
• Diese Grundpflichten sind immer Gegenstand des Gutachtervertrages.

Werkvertrag

• Der Unternehmer wird zur Herstellung eines Werkes, der Besteller zur Entrichtung der Vergütung verpflichtet (§ 631 BGB).
• Gegenstand des Vertrages ist die Herstellung eines individuellen Werkes für den Besteller.
• Der Sachverständige verpflichtet sich, eine "Arbeitsleistung" herzustellen.
• Vom Werkvertrag sind Verträge abzugrenzen, die die Lieferung herzustellender Sachen zum Gegenstand haben und unter das Kaufrecht fallen (§ 651 BGB).
• Die Erstellung von Gutachten soll weiterhin (so die bisherige Rechtsprechung des BGH) dem Werkvertragsrecht unterliegen.
• Bei Gutachten steht die geistige Leistung im Vordergrund.
• Auch schriftlich erstellte Gutachten fallen dem Werkvertragsrecht unter.
• Mündliche Auskünfte würden zum Werkvertragsrecht, schriftliche Auskünfte wegen der Beschaffung von Material zum Kaufrecht zuzuordnen.
• Der Unternehmer muss für den Erfolg einstehen.
• Er ist bei der Herstellung seines Werkes grundsätzlich nicht weisungsgebunden.
• Bei Verletzung von Hauptpflichten haftet der Unternehmer dem Besteller im Rahmen der Gewährleistung unabhängig von seinem Verschulden.
• Bei Gutachten bedeutet das, dass das Gutachten fachgerecht erstellt wird.
• Ein weitergehender Erfolg kann durch einen Garantievertrag vereinbart werden.

Dienstvertrag

• Gegenstand ist die entgeltliche Leistung versprochener Dienste.
• Entscheidend ist, dass nur die Erbringung einer Leistung ohne Erfolgsverpflichtung geschuldet ist.
• Der Dienstverpflichtete hat seine Leistung sorgfältig und gewissenhaft zu erbringen.
• Ein Sachverständiger, der nur beratend tätig ist, geht einen Dienstvertrag ein.

Entgeltliche Geschäftsbesorgung

• Eine Leistung eines Sachverständigen kann auch Gegenstand einer entgeltlichen Geschäftsbesorgung nach § 675 BGB sein.
• Geschäftsbesorgung ist eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse.
• Es finden die Regelungen des Auftragsrechts Anwendung.
• Im Einzelfall modifizieren diese Regelungen die Regelungen zum Werk- oder Dienstvertrag.

Auskunftsvertrag

• In einigen Fällen kann auch ein Auskunftsvertrag der Tätigkeit des Sachverständigen zu Grunde liegen.
• Nach dem BGH liegt ein Auskunftsvertrag vor, wenn der Sachverständige auf Befragen durch eine dritte Person die Richtigkeit seines Gutachtens bestätigt hat und für den Sachverständigen erkennbar war, dass die Auskunft für den Empfänger von erheblicher Bedeutung ist und von ihm zur Grundlage wesentlicher Maßnahmen gemacht werden soll.
• Dies gilt, weil der Sachverständige als Auskunftsgeber über besondere Sachkunde verfügt.