Diabetisches Fußsyndrom: Beratung und Risiken

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Questions and Answers

Welche Aussage beschreibt am besten das Konzept des „Leibesinselschwunds“ bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom?

  • Eine veränderte Wahrnehmung des Körpers, bei der betroffene Gliedmaßen als weniger zugehörig zum eigenen Körper empfunden werden. (correct)
  • Eine psychische Störung, bei der Patienten die Existenz ihrer Füße leugnen.
  • Ein Zustand extremer Schmerzen in den Füßen, der dazu führt, dass Patienten ihre Füße vernachlässigen.
  • Eine plötzliche Abnahme der Körpermasse, insbesondere in den unteren Extremitäten.

Welche der folgenden Faktoren trägt nicht wesentlich zur Entstehung des diabetischen Fußsyndroms bei?

  • Übermäßige sportliche Betätigung. (correct)
  • Arterielle Durchblutungsstörung.
  • Polyneuropathie.
  • Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte.

Was ist das Hauptproblem bei der Behandlung von Patienten, die am „Leibesinselschwund“ leiden?

  • Diese Patienten können sich die teuren Behandlungen nicht leisten.
  • Es gibt keine wirksamen Behandlungsmethoden für diese Patienten.
  • Diese Patienten tendieren dazu, die Schwere ihrer Verletzungen zu unterschätzen und suchen zu spät ärztliche Hilfe. (correct)
  • Diese Patienten sind nicht in der Lage, die Anweisungen des medizinischen Personals zu verstehen.

Welche Aussage beschreibt am besten den Unterschied zwischen „Compliance“ und „Adherence“ im Kontext der Patientenberatung?

<p>„Compliance“ betont die Einhaltung ärztlicher Anordnungen durch den Patienten, während „Adherence“ die gemeinsame Vereinbarung und Aushandlung des Therapieplans berücksichtigt. (B)</p> Signup and view all the answers

Welche der folgenden Maßnahmen ist kein Bestandteil der Klassifikation des diabetischen Fußes nach Wagner?

<p>Vorhandensein einer arteriellen Verschlusskrankheit. (C)</p> Signup and view all the answers

Welche der folgenden Aussagen über die Neuropathie bei einem diabetischen Fußsyndrom ist korrekt?

<p>Sie kann zu einem Verlust der Schmerz- und Druckwahrnehmung führen. (C)</p> Signup and view all the answers

Was ist das primäre Ziel bei der Beratung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom und gleichzeitigem „Leibesinselschwund“?

<p>Bewusste Selbstfürsorge zu fördern und die veränderte Wahrnehmung zu berücksichtigen. (C)</p> Signup and view all the answers

Welche Konsequenz hat der „Leibesinselschwund“ in Bezug auf das Schmerzempfinden der Betroffenen?

<p>Das fehlende Schmerzempfinden führt dazu, dass als lästig empfundene Schuhe oder Hilfsmittel nicht oder falsch angewendet werden. (C)</p> Signup and view all the answers

Ein Patient mit diabetischem Fußsyndrom hat laut Wagner-Klassifikation Grad 2. Was bedeutet dies?

<p>Oberflächliche Ulzeration. (C)</p> Signup and view all the answers

Inwiefern beeinflusst die Diagnose eines Diabetes Typ II oft die Entstehung von Folgekomplikationen?

<p>Diabetes Typ II bleibt oft jahrelang unentdeckt, sodass Folgekomplikationen bereits bei der Diagnosestellung vorliegen können. (C)</p> Signup and view all the answers

Flashcards

Leibesinselschwund

Veränderte Körperwahrnehmung bei diabetischer Polyneuropathie, bei der Gliedmaßen als "Umgebungsbestandteile" wahrgenommen werden.

Diabetisches Fußsyndrom

Eine gefürchtete Komplikation von Diabetes, die zu Unbeweglichkeit, Beschwerden und nicht heilenden Wunden führen kann.

Wagner-Klassifikation

Klassifikationssystem zur Einteilung des diabetischen Fußes in sechs Stadien von Grad 0 (Präläsion) bis Grad 5 (Nekrose des gesamten Fußes).

Adherence

Die Einhaltung eines gemeinsam erstellten Behandlungsplans unter Berücksichtigung der individuellen Vorstellungen und Kompetenzen des Patienten.

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Leiblichkeit

Die Fähigkeit, Empfindungen wie Schmerz, Hunger oder Angst ohne Nutzung der fünf Sinne zu spüren.

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Diabetische Polyneuropathie

Störung der Nervenleitgeschwindigkeit, die durch Diabetes verursacht wird und zu einer veränderten Wahrnehmung von sensorischen Reizen führt.

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Konzept der Adherence

Ein Beratungsansatz, der die individuellen Möglichkeiten und Probleme des Patienten berücksichtigt und auf die gemeinsame Vereinbarung von Behandlungsschritten abzielt.

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Hyperglykämische Blutzuckerwerte

Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte, die die Entstehung von diabetischen Folgekomplikationen fördern.

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Leibesinseln

Bereiche des Körpers, die als voneinander getrennte Einheiten ohne festen Zusammenhang wahrgenommen werden, z.B. orale, genitale und anale Zone sowie die Füße.

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Study Notes

Beratung bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom

  • Bei diabetischer Polyneuropathie suchen Betroffene oft verspätet ärztliche Hilfe, und das Ausmaß der Verletzungen wird unterschätzt.
  • Amputation bleibt oft die einzige Behandlungsoption.
  • Polyneuropathie führt zu einer veränderten Körperwahrnehmung, dem sogenannten „Leibesinselschwund", bei dem betroffene Gliedmaßen als Fremdkörper wahrgenommen werden.

Diabetisches Fußsyndrom

  • Mehr als 10% der Diabetiker entwickeln ein diabetisches Fußsyndrom, eine gefürchtete Komplikation.
  • Es führt zu monatelanger Unbeweglichkeit und Beschwerden und kann sogar dazu führen, dass Wunden nie verheilen.
  • Die Wahrscheinlichkeit erneuter Ulzerationen liegt je nach Nachsorgequalität zwischen 30 und 100%.
  • Ungefähr einer von 200 Diabetikern verliert jährlich ein Bein.
  • Anhaltend hohe Blutzuckerwerte sind die Hauptursache für diabetische Folgekomplikationen, welche oft bereits bei der Diagnose vorliegen, da Typ-2-Diabetes oft bis zu sieben Jahre unentdeckt bleibt.
  • Etwa 10% der Diabetiker haben bereits bei der Diagnose eine Neuropathie, und innerhalb der ersten vier Jahre verdoppelt sich diese Zahl.
  • Nach 15 Jahren Diabetesdauer sind mehr als 50% der Diabetiker betroffen.
  • Neuropathie, arterielle Durchblutungsstörungen (bei bis zu 20% der Patienten) sowie äußere Verletzungen sind Ursachen für das diabetische Fußsyndrom und können zur Amputation der Extremität führen.
  • In ca. zwei Drittel der Fälle ist die Neuropathie verantwortlich, oft in Kombination mit äußeren Verletzungen oder Verbrennungen.
  • Verletzungen entstehen oft durch unpassendes Schuhwerk, Fußdeformationen, falsche Fußpflege, Erfrierungen oder Wärmflaschen.
  • Der Verlust der Schmerz- und Druckwahrnehmung ist die Hauptursache für Fußkomplikationen.

Wagner-Klassifikation und Interventionen

  • Die Wagner-Klassifikation wird zur Klassifizierung des diabetischen Fußsyndroms verwendet.
  • Die Grade reichen von 0 bis 5, wobei 0 eine Präläsion (z.B. Kallusbildung) darstellt und 1 bis 2 oberflächliche oder tiefere Ulzerationen beschreiben.
  • Grad 3 beinhaltet tiefe Ulzerationen mit Komplikationen, während 4 und 5 lokalisierte bis ausgedehnte Nekrosen beschreiben.
  • Je nach Krankheitsbild können verschiedene Verfahren eingesetzt werden, inklusive Entlastung, Débridement, Wundbehandlung und Infektsanierung.

Probleme bei der Behandlung

  • Es ist unverständlich, warum Patienten so lange warten, bis sie einen Arzt aufsuchen.
  • Die Ignoranz des Patienten ist unverständlich und Missverständnisse sind die Folge.
  • Dem Patienten wird signalisiert, dass er die Therapie nicht versteht, seine Mitarbeit verweigert oder eine Teilschuld trägt.
  • Die Patienten kaufen zu enge Schuhe, wenden Hilfsmittel zur Druckentlastung nicht oder falsch an, Wunden werden belastet und Rezidive häufen sich.
  • Patienten mit Neuropathie scheinen eine gestörte Wahrnehmung von Beschwerden und eine eingeschränkte emotionale Reaktionsfähigkeit zu besitzen.
  • Der „Leibesinselschwund" liefert eine Erklärung für die fehlende Schmerzwahrnehmung.

Phänomen „Leibesinselschwund“

  • Der Begriff „Leib“ stammt aus der Anthropologie und umfasst Empfindungen wie Schmerz, Hunger, Angst oder Ekel.
  • Leibliche Phänomene sind dabei näher und realer als psychische Reaktionen.
  • Die Leibesinseln sind die "orale", "genitale", "anale" Zone sowie als Leibesinsel der Füße.
  • Die Ausdehnung der Leibesinseln ist unterschiedlich.

Diskrepanz zwischen ertast- und erfühlbaren Körperteilen

  • Die diabetische Polyneuropathie zeigt sich als Störung der Nervenleitgeschwindigkeit oder als verminderte Wahrnehmung von Reizen.
  • Die sensible Polyneuropathie führt zur Änderung aller Empfindungen jenseits des Kniegelenks.
  • Im Gegensatz zu Phantomgliedschmerzen bei Amputierten liegt bei der diabetischen Polyneuropathie „Körper ohne Leib“ vor.
  • Es liegt eine Diskrepanz zwischen den ertastbaren und den erspürbaren Körperteilen vor und eine Veränderung der Patientenpersönlichkeit.
  • Betroffene haben das Gefühl, nicht mehr „mit beiden Beinen im Leben“ zu stehen.
  • Der Kauf von zu engen Schuhen ermöglicht durch Druck die Füße wieder zu spüren.
  • Nicht ordnungsgemäß angewendete Hilfsmittel helfen dem Patienten nicht subjektiv.
  • Nicht wahrgenommene Läsionen führen dazu, dass gefühlsmäßig alles in Ordnung erscheint.

Fallbeispiel Herr L.

  • Herr L., 55 Jahre alt, Raucher mit Folgeerkrankungen und ausgeprägter Neuropathie in Füßen und Händen.
  • Er lebt zurückgezogen und nutzt Pflegegeld ohne professionelle Hilfe.
  • Nach einem Sturz werden extreme Verletzungen am linken Fuß festgestellt, aber er kann keine Angaben zum Bestehen der Nekrosen machen.
  • Seine Gangunsicherheit gleicht er mit hohem Schuhwerk und Rollator aus.
  • Die Therapie verläuft schwierig, aber Fortschritte können erzielt werden.
  • Durch Beratungsgespräche erlangt Herr L. mehr Verständnis und Wissen, was zur Verbesserung der Wunden führt.

Beratungsziel bewusste Selbstfürsorge

  • Die Beratung sollte die Hintergründe des „Leibesinselschwunds“ berücksichtigen und die Selbstmanagementkompetenzen fördern.
  • Die zerstörte nervale Sensorik soll durch bewusste Selbstfürsorge überbrückt werden.
  • Die Begriffe „Compliance“ und „Adherence“ versinnbildlichen die unterschiedlichen Beratungsansätze.

Compliance versus Adherence

  • Das Konzept der „Compliance“ beruht auf einem paternalistischen Verständnis der Arzt-Patient-Beziehung.
  • Ein Therapieerfolg ist abhängig davon, dass die Empfehlungen eingehalten werden.
  • „Adherence“ berücksichtigt die individuellen Möglichkeiten des Patienten und beschreibt die Einhaltung der gemeinsam vereinbarten Behandlungsschritte.
  • Die veränderte Wahrnehmung des Patienten muss mit den Therapie erforderlichen Gegebenheiten in Einklang gebracht werden.

Zusammenfassung

  • Eine durch Diabetes ausgelöste Polyneuropathie führt zu einer veränderten Wahrnehmung in den Füßen und dem „Leibesinselschwund".
  • Die Füße werden als Umgebungsfaktoren und nicht als zugehörig zum eigenen Körper empfunden.
  • Patienten suchen oft zu spät einen Arzt auf.
  • Das Konzept der „Adherence“ ist in der Beratung am erfolgversprechendsten.
  • Die individuellen Vorstellungen und Kompetenzen des Patienten werden bei der Erstellung eines Therapieplans berücksichtigt.

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