Vorlesung 5 Finanzmarkt Teil I PDF
Document Details
Uploaded by QuieterRococo
Universität Würzburg
false
Prof. Dr. Eric Mayer
Tags
Summary
This document is a lecture on the topic of macroeconomic theory and financial markets. The topics covered include the IS-LM model, interest rates, and economic policies to stabilize the economy. The lecture also explains the concepts through graphical illustrations.
Full Transcript
Makroökonomie: Angebot und Nachfrage Prof. Dr. Eric Mayer Der Finanzmarkt: Teil I Überblick Teil I Einführung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Konjunktur Empirische Konjunkturanalyse: Aktuelle Lage in Deutschland Teil II Konjunkturmodelle Der Güterma...
Makroökonomie: Angebot und Nachfrage Prof. Dr. Eric Mayer Der Finanzmarkt: Teil I Überblick Teil I Einführung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Konjunktur Empirische Konjunkturanalyse: Aktuelle Lage in Deutschland Teil II Konjunkturmodelle Der Gütermarkt: Angebotsseite und Nachfrageseite, 2 Vorlesungen Der Finanzmarkt: Teil 1 / 2, 2 Vorlesungen Der Arbeitsmarkt Die Phillipskurve Teil III Übungsklausur Teil IV Politik: EZB und Staatsausgaben Geldpolitik: IS-LM-PC Modell: Teil 1 / 2 Fiskalpolitik im IS-LM-PC Model: Teil 1/ 2 Lernziel der heutigen Vorlesung 1. IS-Kurve: Das Gütermarktgleichgewicht mit zinsabhängigen Investitionen? 2. Welche Auswirkungen haben Zinsänderungen der Notenbank auf die Kredit- und Geldmärkte bei einer Zinssteuerung? 3. LM-Kurve: Was ist ein Geldmarktgleichgewicht bei einer Zinssteuerung 4. Geld- und Fiskalpolitik im IS-LM Model Güter- und Finanzmärkte: Das IS-LM(MP)-Modell In diesem Kapitel untersuchen wir das Zusammenspiel all dieser Märkte. Wir erarbeiten einen Modellrahmen, der die Bestimmungsgründe von Produktion und Zinssatz in der kurzen Frist analysieren kann. John Hicks und Alvin Hansen entwickelten diesen Ansatz (als IS-LM-Modell bezeichnet) in den späten 1930er und frühen 1940er Jahren; Während im ursprünglichen Modell die Zentralbank die Geldmenge steuert, betrachten wir den Fall der Zinssteuerung. Der Gütermarkt und die IS-Gleichung Auf dem Gütermarkt herrscht Gleichgewicht, falls die Produktion, Y, gleich der Güternachfrage, Z, ist. Im einfachen Modell hatte der Zinssatz keinen Effekt auf die Güternachfrage. Die Gleichgewichtsbedingung lautete: 𝑌𝑌 = 𝐶𝐶(𝑌𝑌 − 𝑇𝑇) + 𝐼𝐼 ̅ + 𝐺𝐺 Der Gütermarkt und die IS-Gleichung Investitionen, Absatz und Zinssatz In diesem Kapitel betrachten wir zwei Faktoren, welche die Investitionen beeinflussen: Das Absatzniveau Y (+) Der Zinssatz i (−) 𝐼𝐼 = 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 (+, -) Unter Berücksichtigung dieser Beziehung erhalten wir als Gleichgewichtsbedingung: Y= 𝐶𝐶(𝑌𝑌 − 𝑇𝑇) + 𝐼𝐼(𝑌𝑌, 𝑖𝑖) + 𝐺𝐺 Der Gütermarkt und die IS-Gleichung Abbildung 5.2 45o-Linie Die Auswirkungen eines Zinsanstiegs auf das Nachfrage (Z), Produktion (Y) Einkommen ZZ für i Ein Anstieg des Zinssatzes A ZZ lässt die Investitionen und damit das Einkommen für i´>i zurückgehen. Die Güternachfragekurve verschiebt sich nach unten. A´ Einkommen Y Y´ Y Der Gütermarkt und die IS-Gleichung Mit steigendem Zinssatz geht im Gütermarktgleichgewicht das Einkommen zurück. Die IS-Kurve hat deshalb einen fallenden Verlauf. Die Ableitung der IS-Kurve Abbildung 5.2 Z A ZZ (i0) i ZZ1 (i1 > i0) B B i1 45° A Y0 Y i0 Y1 IS Y1 Y0 Y Der Gütermarkt und die IS-Gleichung Wir müssen in der graphischen Analyse unterscheiden zwischen Fakoren, die eine Bewegung entlang der IS-Kurve auslösen und solchen, die zu einer Verschiebung der IS-Kurve führen. Fallende IS-Kurve: Weil ein Anstieg der Zinsen die Investitionen und damit die Gesamtnachfrage dämpfen, herrscht Gleichgewicht auf dem Gütermarkt bei einem Zinsanstieg nur mit einem Rückgang der Produktion. Verschiebungen der IS-Kurve: Faktoren, die einen Rückgang (einen Anstieg) der Güternachfrage bei gegebenem Zins auslösen, verschieben die IS-Kurve nach links (rechts). Als Beispiel betrachten wir einen Anstieg der Staatsausgaben. Erhöhungen der Staatsausgaben: Shift Faktors Höhere Staatsausgaben G verschieben die IS-Kurve nach rechts i Zur Erinnerung A A´ i Die mathematische Analyse haben wir bereits nachvollzogen: Stichwort: Fiscal Multipliers, Multiplikatoreffekt Wir gehen auch zunächst einmal IS´ (G´ > G) IS (G) vereinfachen davon aus, dass die Erhöhung der Staatsausgaben keinen Y Y´ Y Einfluss auf die Zinsen haben. Finanzintermediation B, iNB Haushalte Unternehmen S I Banken Haushalte bringen ihre Ersparnisse zu Banken und legen diese als Spareinlagen D, iD L, i (S)=Depositen (D) an Der Finanzsektor transformiert Spareinlagen in Kredite (L) Frische Liquidität (B) kann sich der R B, i NB Bankensektor von der EZB besorgen, über Notenbank Refinanzierungskredite Unternehmen nehmen Kredite auf, um Banken müssen eine Mindestreserve Investitionen (I) zum Kreditzins i zu (R) auf Depositen vorhalten finanzieren. Die Europäische Zentralbank (EZB): das Schwergewicht am Europäischen Finanzmarkt 5 Deutschland ist seit 1999 Mitglied in der Europäischen Währungsunion („Euroraum“) Alle geldpolitischen Kompetenzen liegen bei der Europäischen Zentralbank (EZB). EZB führt eine einheitliche Geldpolitik für den gesamten Währungsraum aus. Es sind keine Wechselkursänderungen gegenüber anderen Mitgliedsländern der Quelle: Währungsunion möglich. Geld und Geldpolitik, Deutsche Bundesbank, 2024 Ziele der Europäischen Zentralbank 7 Primär auf das Ziel der Geldwertstabilität verpflichtet (Artikel 127 AEU- Vertrag), werden wir später behandeln… Andere Ziele (Wachstum, Beschäftigung, Umweltschutz) nur dann, wenn sie dem Hauptziel nicht entgegenstehen (Artikel 127 AEU-Vertrag) "Unbeschadet des Ziels der Preisstabilität wird das Euro-System auch die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft unterstützen, um zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft beizutragen". Dazu gehören ein hohes Beschäftigungsniveau und ein nachhaltiges und nichtinflationäres Wachstum". Die Geschäftsbanken(in Deutschland) Was verleiht der EZB Einfluss auf Banken? Monopolistischer Anbieter von Bargeld und Zentralbankguthaben. Bankensektor ist von der EZB als Liquiditätsquelle abhängig: Über diese strukturell gewollte Abhängigkeit des Bankensektors kann die EZB das Verhalten des Quelle: Bankensektors steuern: Geld und Kreditzinsen und Geldpolitik, Deutsche Kreditvergabe Bundesbank, Depositenzinsen und 2024 Refinanzierung Konsolidierte Bankenbilanz Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die: Kreditvergabe der Banken an Nichtbanken (Firmen, Haushalte) Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken (Haushalte und Firmen), Geld Quelle: Geld und Geldpolitik, Deutsche Bundesbank, 2024 Gossip Folie…. Die Wildwest Zeiten vor 2008 Josef Ackermann: Ziel: 25% Eigenkapitalrendite - Man arbeitet mit wenigst möglich Eigenkapital - Im Ergebnis verteilt sich dann der Gewinn auf relativ wenig Eigenkapital, was die Eigenkapitalrendite nach oben treibt. - Risiko: Man muss das Fremdkapital erhöhen; bei schlechter Quelle: File:Gossip painting detail.jpg - Wikimedia Commons wirtschaftlicher Lage droht die Insolvenz, da das Eigenkapital nicht reicht, um adverse Entwicklungen abzufedern -> Steuerzahler muss einspringen. Überblick: Die Geldpolitische Transmission Quelle: Geld und Geldpolitik, Deutsche Bundesbank, 2024 Die Kreditvergabeentscheidung einer Bank Die Kreditvergabeentscheidung einer Bank Die Kreditvergabeentscheidung einer Bank Der Kreditmarkt: Zinsänderungen der Notenbank LS2 i Eine Zinssenkung von iNB0 auf iNB1 stimuliert die Kreditvergabe, beachte, LS 0 der Notenbankzins entspricht dem i2 jeweiligen Achsenabschnitt der i0 LS1 Kreditangebotskurve i1 Wir gehen vereinfachend davon aus, dass Kredite ausschließlich vergeben LD werden, um Investitionen zu finanzieren: L2 L0 L1 L=I Kredite=Investitionen; L=I; LD=I(Y,i) i=iNB+σL, iNB=Achsenabschnitt Der Kreditmarkt: Risikobereitschaft der Banken i Wenn die Banken risikobereiter (σ sinkt) LS 2 werden, dann boomt die Kreditvergabe LS 0 und die Investitionsbereitschaft der i2 Unternehmen. i0 LS1 Wenn die Banken vorsichtiger werden und i1 die Risikobereitschaft abnimmt (σ steigt), dann sinkt die Kreditvergabe und die LD1 Investitionen gehen zurück L=I Somit kann also auch der Bankensektor L2 L0 L1 selbst Konjunkturzyklen auslösen! i=iNB+σL, σ=Steigung Modelannahme für Zinsen Im Folgenden gehen wir aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass Kreditzins für Investitionen Depositenzins für Sparer Der Zins auf dem Interbankenmarkt Leitzins zu dem sich Banken bei der EZB finanzieren identisch sind: i=iD=iB=iNB Somit ist je nach Kontext i der Kreditzins, der Depositenzins, der Interbankenzins oder der Notenbankzins…., im Model setzen wir die Kosten der Banken auf Null, der Bankensektor stellt seine Dienste kostenlos zur Verfügung, σ=0. Der Geldmarkt: Was ist Geld? Quelle: Geld und Geldpolitik, Deutsche Bundesbank, 2024 Wie ist Geld definiert? Die Geldmenge Komponenten: -Bargeld. - Einlagen mit unterschiedlicher Laufzeit: M, diese findet man auf der Passivseite des Geschäftsbankensektors wieder. Quelle: Geld und Geldpolitik, Deutsche Bundesbank, 2024 Die Geldnachfrage Die Geldnachfrage 𝑴𝑴𝒅𝒅 : 𝑴𝑴𝒅𝒅 = 𝑷𝑷𝑷𝑷𝑷𝑷 𝒊𝒊 (+) (-) Je höher das Transaktionsvolumen (die nominalen Ausgaben 𝑃𝑃𝑃𝑃), desto größer die Nachfrage nach Geldhaltung Mit steigendem Zins 𝑖𝑖 für Wertpapieranlagen sinkt die Geldnachfrage, weil der Anreiz steigt, Wertpapiere zu halten. 𝐿𝐿(𝑖𝑖) hängt negativ vom Zinssatz 𝑖𝑖 ab. Die sogenannten “Opportunitätskosten” der Geldhaltung erhöhen sich mit stegenden Zinsen. Annahme dahinter: Geld ist unverzinst/ geringer verzinst. Die Geldnachfrage Abbildung 4.1 Zinssatz, i b Bei einem gegebenen i2 Nominaleinkommen sinkt mit steigendem Zinssatz die a i Liquiditätspräferenz; damit geht auch die Geldnachfrage c zurück. i1 Bei sinkendem Zinssatz steigt Md (PY) die Geldnachfrage. M2 M M1 Geldmenge, M Das Geldmarktgleichgewicht Ein Gleichgewicht auf dem Geldmarkt stellt sich dann ein, wenn das Geldangebot gleich der Geldnachfrage ist: Geldangebot = Geldnachfrage 𝑀𝑀𝑆𝑆 = 𝑃𝑃𝑃𝑃 𝐿𝐿(𝑖𝑖) Die Eigenschaften des Gleichgewichts hängen stark davon ab, ob die Zentralbank die Geldmenge oder den Zinssatz als Steuerungsinstrument verwendet. Im ersten Fall sprechen wir von Geldmengen-, im zweiten von Zinssteuerung. Wir besprechen im Rahmen der Vorlesung ausschließlich die Zinssteuerung, da Notenbanken so ihre Politik gestalten. Das Geldmarktgleichgewicht Abbildung 4.2b Die Bestimmung des i Zinssatzes bei M Zinssteuerung: Gleichgewichtszins i0, Die Zentralbank setzt Md (i0)= Ms den Zinssatz auf i0 fest. A Bei einer Zinssteuerung i0 stellt die Zentralbank zum festgelegten Zins i0 so viel Geld M zur Verfügung, wie zu diesem Zinssatz Md jeweils nachgefragt wird: Md(i0). Das Geldangebot wird M M endogen bestimmt. Die Auswirkungen expansiver Geldpolitik Zinssteuerung i Md Eine Zinssenkung von i1 auf i2 erhöht die Geldnachfrage von M1 auf M2. A1 i1 Bei einer Zinssteuerung steigt damit auch das Geldangebot auf M2 (Punkt A2). ↓ A2 Das Geldangebot wird i2 endogen bestimmt. ↓ M1 M2 M Die Ableitung der LM-Kurve Bei einer Zinssteuerung LM-Kurve bei einer Zinssteuerung passt sich die Geldmenge endogen an die M₁s M₂s Geldnachfrage an. Die LM-Kurve ist flach. Abbildung 5.4 Zinssatz, i A B A B i0 i0 LM (i₁) M₂d (für Y₂) M₁d (für Y₁) M₁/P M₂/P Y₁ Y₂ Einkommen, Y Reale Geldmenge, M/P (b) (a) Das Zusammenspiel von IS- und LM-Gleichung IS -Kurve: Y = C (Y − T ) + I (Y , i ) + G Das IS-LM Modell LM-Kurve: i = i0 Abbildung 5.5 Die IS-Kurve hat einen i fallenden Verlauf. IS (Gütermarkt) Die LM-Kurve verläuft horizontal. Nur im Punkt A, dem A Schnittpunkt beider Kurven, i0 herrscht simultanes LM (Geldmarkt) Gleichgewicht auf Güter-, Geld- und Finanzmärkten. Y Anwendung: Die Rezessionen von 2001 – ein Vergleich zwischen USA und Europa Im Laufe des Jahres 2001 ging die Investitionstätigkeit in den USA stark zurück. Die Wirtschaft geriet in eine Rezession. In den USA kam es zu einer raschen Erholung. In Deutschland und im gesamten Euroraum hielt der Einbruch dagegen länger an. Fokus: Die Rezession von 2001 Abb. 1 Die Rezessionen von 2001 – ein Vergleich zwischen USA und Europa Als deutlich wurde, dass die Wirtschaft in eine Rezession geriet, wurden in den USA sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik aggressiv eingesetzt, um möglichst rasch einen erneuten Aufschwung herbeizuführen. Fokus: Die Rezession von 2001 Abb. 3 Fokus: Die Rezession von 2001 Abb. 2 Geldpolitik: Senkung des Leitzinses Fiskalpolitik: Anstieg des Primärdefizits Im Euroraum hat die EZB weniger aggressiv reagiert; angesichts hoher Gesamtverschuldung kamen auch von der Fiskalpolitik nur schwache Impulse. Die Stabilisierung der Rezession in den USA im Jahr 2001 – IS-LM-Analyse Fokus: Die Rezession von 2001 Abb. 4 Einbruch der Investitionsnachfrage Der Einbruch der Investitions- nachfrage führte zu einer scharfen Linksverschiebung der IS-Kurve, von IS0 auf IS1. A0 LM (i1) Ohne stabilisierende Eingriffe wäre die i1 A1 Expansive Produktion auf Y1 (Punkt A1) gefallen. Geldpolitik Expansive Geldpolitik verschob die LM-Kurve i LM (i2) 2 durch Zinssenkungen nach unten von LM1 auf A2 LM2. Expansive IS0 Fiskalpolitik IS2 Steuersenkungen und höhere Staatsausgaben IS1 bewirkten beide eine Rechtsverschiebung der IS-Kurve von IS1 auf IS2. Y1 Y2 Y0 Die Produktion ging zwar von Y0 auf Y2 zurück; der Einbruch war aber weit weniger dramatisch, als er ohne die Stabilisierungsmaßnahmen (im Punkt A1) ausgefallen wäre. Zusammenfassung 1. Wir haben gesehen, dass die Notenbank durch ihre Zinspolitik starken Einfluss auf die Kreditvergabe des Bankensektors und damit die gesamtwirtschaftlichen Investitionen nehmen kann. 2. Wir haben gesehen, dass sich die Geldmenge im Gleichgewicht am Geldmarkt bei einer Zinssteuerung als Nebenprodukt endogen ergibt. 3. Wie haben gesehen, Geld - und Fiskalpolitik im IS-LM Model veranschaulicht werden können am Beispiel der Rezession von 2001