Allgemeine Grundlagen Baustofftechnik PDF
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Dieses Skriptum behandelt allgemeine Grundlagen der Baustofftechnik, insbesondere für Bauingenieure und Studenten der Umwelttechnik & Ressourcenmanagement. Es deckt Themen wie Materialeigenschaften, Masse, Dichte, Porosität, Verhalten gegenüber Wasser, Festigkeit und Wärme- sowie Schallschutz ab. Der Text erwähnt die historische Entwicklung und die Bedeutung von Baustoffen für Bauwerke.
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ALLGEMEINE GRUNDLAGEN Skriptum zu den Vorlesungen Baustofftechnik I & II (Bauingenieurwesen) / Baustoffe (Umwelttechnik & Ressourcenmanagement) Bochum, August 2018 Nachdruck und Vervielfältigung jegli...
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN Skriptum zu den Vorlesungen Baustofftechnik I & II (Bauingenieurwesen) / Baustoffe (Umwelttechnik & Ressourcenmanagement) Bochum, August 2018 Nachdruck und Vervielfältigung jeglicher Art – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Erlaubnis des Lehrstuhls gestattet. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 1 Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG................................................................................................... 3 2 BAUTECHNISCHE BESTIMMUNGEN............................................................ 5 2.1 Technische Regeln........................................................................................... 5 2.2 Normen............................................................................................................. 6 2.3 Verwendung neuer Bauprodukte...................................................................... 7 2.4 Einteilung und Verwendung von Bauprodukten entsprechend Bauregellisten, Güteüberwachung............................................................................................. 9 3 MAßEINHEITEN UND FORMELZEICHEN.................................................... 12 4 AUFBAU DER WERKSTOFFE..................................................................... 19 5 MASSE, DICHTE, POROSITÄT.................................................................... 19 5.1 Masse............................................................................................................. 19 5.2 Dichten............................................................................................................ 20 5.2.1 Dichte............................................................................................................. 20 5.2.2 Rohdichte....................................................................................................... 20 5.2.3 Schüttdichte................................................................................................... 20 5.3 Porosität.......................................................................................................... 21 6 VERHALTEN PORÖSER FESTSTOFFE GEGENÜBER WASSER............. 23 6.1 Allgemeines.................................................................................................... 23 6.2 Wassergehalt.................................................................................................. 24 6.3 Wasserdurchlässigkeit (= Permeation)........................................................... 25 6.4 Kapillare Wasseraufnahme (Wasseraufsaugung)........................................... 26 6.5 Sättigungswert................................................................................................ 28 6.6 Luftfeuchte...................................................................................................... 28 6.7 Hygroskopie, Wasserdampfsorption............................................................... 33 6.8 Wasserdampfdiffusion..................................................................................... 34 6.9 Tauwasserbildung........................................................................................... 36 6.10 Wasserabgabe................................................................................................ 37 7 BESTÄNDIGKEIT.......................................................................................... 38 8 WÄRMESCHUTZ (DIN 4108)........................................................................ 40 9 SCHALLSCHUTZ (DIN 4109)....................................................................... 46 10 BRANDSCHUTZ........................................................................................... 47 11 FORMÄNDERUNGEN................................................................................... 50 R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 2 11.1 Lastunabhängige Formänderungen................................................................ 51 12 FORMÄNDERUNG DURCH BELASTUNG................................................... 53 12.1 Allgemeines.................................................................................................... 53 12.2 Elastisches Verhalten...................................................................................... 55 12.3 Plastisches Verhalten...................................................................................... 58 12.4 Viskoses Verhalten......................................................................................... 61 12.4.1 Kriechen....................................................................................................................61 12.4.2 Relaxation.................................................................................................................62 12.4.3 Modelle.....................................................................................................................62 12.5 Schwingende Belastung.................................................................................. 68 13 FESTIGKEIT.................................................................................................. 69 13.1 Allgemeines.................................................................................................... 69 13.2 Prüfung der Kurzzeitfestigkeiten..................................................................... 74 13.3 Schlagfestigkeit, Dauerstandfestigkeit, Schwingfestigkeit............................... 79 13.4 Verschleißfestigkeit......................................................................................... 79 14 LÄNGEN- UND KRAFTMESSUNG............................................................... 80 14.1 Allgemeines.................................................................................................... 80 14.2 Messung einer Längenänderung.................................................................... 82 14.3 Kraftmessung.................................................................................................. 84 15 GRUNDSÄTZLICHES ZUR MATERIALPRÜFUNG...................................... 85 15.1 Erfordernis...................................................................................................... 85 15.2 Arten der Prüfungen........................................................................................ 85 15.3 Anforderungen an Prüfverfahren..................................................................... 85 15.4 Beurteilung von Prüfergebnissen.................................................................... 86 15.5 Bewertung von Produkten nach Prüfzeugnissen............................................ 86 16 AUSWERTUNG VON REIHEN VON PRÜFERGEBNISSEN........................ 87 R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 3 1 EINLEITUNG Die Eigenschaften der Baustoffe sind entscheidend für die Möglichkeiten der statisch-konstruktiven und ästhetischen Gestaltung der Bauwerke und haben darüber hinaus noch einen wesentlichen Ein- fluss auf die Dauerhaftigkeit des Gebäudes. Die Formen der Bauwerke haben sich aus der Kenntnis der Baustoffe und konstruktiver Erfahrung organisch entwickelt. Die bewährten Bauweisen haben ganzen Epochen der Baukunst geprägt. Man denke z.B. an die Gewölbebauweise der Römer, die kennzeichnend ist für eine Bauweise, bei der die Baustoffe nur auf Druck beansprucht werden. Für tragende Bauteile wurden traditionelle Baustoffe verwendet: Naturstein, Holz und Lehm, später auch Ziegel, Mörtel aus Kalk und Gips sowie Beton aus Kiessand mit Kalk und Ziegelsplitt oder natürlichen puzzolanischen Bindemitteln. Diese Stoffe wurden nach handwerklichen Regeln, die auf jahrhunder- tealten Erfahrungen beruhten, verarbeitet. Im Mittelalter wurden die Baustoffe nur wenig weiterentwickelt. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts machte die Verbesserung der Eisenwerkstoffe den Bau großer Brücken z.B. für die Eisenbahn mög- lich. Dank der Entwicklung höherwertiger Zemente eröffneten sich um die Jahrhundertwende dem Beton- und Stahlbetonbau große Möglichkeiten. Die neuen Bauaufgaben waren aber nur zu verwirklichen, da über handwerkliche Erfahrungen und Regeln hinaus den oft weitgespannten Konstruktionen eine - Berechnung nach den Gesetzen der technischen Mechanik und - eine gewissenhafte Prüfung der Baustoffe zugrunde lag. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine rasche und gewaltige Umstellung. Die Bauaufgaben nah- men, wenn man z.B. an den Autobahn- und den dazugehörenden Brückenbau oder an die Neuerrich- tung von Kraftwerken denkt, eine neue Dimension an; man verlangte auch im Wohnbau rationelle, wenig lohnintensive Bauweisen. In diesem Zuge entwickelte die Industrie eine Fülle neuer Baustoffe, welche es ermöglichen, die ge- stellten Aufgaben zu lösen. Erwähnt seien hier die hochfesten Spannstähle, ohne die der Spannbe- tonbau nicht möglich wäre, die Leichtbaustoffe wie Aluminium oder Leichtbeton, die modernen Wär- medämmstoffe und die Vielzahl der Kunststoffe. Die Eigenschaften der Baustoffe und die bei jeder technischen Produktion unvermeidbaren Streuun- gen dieser Eigenschaften müssen bekannt sein, damit die bei ihrer Verwendung zulässigen Bean- spruchungen festgelegt werden können. Man muss sich in diesem Zusammenhang der Tatsache be- wusst sein, dass der Aufwand bei der Güteüberwachung, d.h. die laufende Qualitätskontrolle, um so höher sein muss, je weiter der Baustoff ausgenutzt werden soll. Dabei gilt allgemein, dass - die Festigkeiten leichter für kurzzeitige Beanspruchungen zu prüfen und vorauszusagen sind, als für Beanspruchungen, die über einen langen Zeitraum (Jahrzehnte) oder die dynamisch (oft wie- derholte Belastung) wirken, R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 4 - allgemein Festigkeiten und Verformungen leichter zu bestimmen sind als die Beständigkeit der Baustoffe (Frosteinwirkungen, Korrosionsverhalten). An Stelle eines Baustoffes, der mehrere Funktionen erfüllen muss, sind heute vielfach Kombinationen von verschiedenen Baustoffen zweckmäßig geworden. So sind etwa an Stelle des Holzes im Woh- nungsbau, das teuer geworden ist und Nachteile im Hinblick auf den Brandschutz hat, mehrere Stoffe getreten. Dabei haben z.B. Mauerwerk oder Stahlbeton die tragende Funktion, Platten aus Kunststoff- schaum oder Mineralfasern übernehmen einen erheblichen Teil der Wärmedämmung und Putz oder Faserzementplatten den Witterungsschutz. In solchen Konstruktionen muss das Zusammenwirken und die Verträglichkeit (z.B. wegen der unterschiedlichen Temperaturdehnkoeffizienten, Wasser- und Wasserdampfdurchlässigkeiten oder gegenseitiger Beeinflussung des Korrosionsschutzes) sorgfältig durchdacht werden, um Schäden zu vermeiden. Das setzt fundierte Kenntnisse über die Eigenschaf- ten der Werkstoffe voraus. Bauschäden, die in der Praxis leider immer wieder auftreten und die erhebliche Kosten und Ärger verursachen können, entstehen oft durch Fehler bei der Auswahl oder Anwendung bzw. Verarbeitung der Baustoffe. Dabei ist immer die Auswahl des Baustoffes im Zusammenhang mit den praktischen Möglichkeiten auf der Baustelle zu sehen, zu denen auch die Kosten und die personellen Voraussetzungen gehören. Die handwerklichen Qualifikationen der Bauarbeiter und die Fähigkeiten der auf der Baustelle verant- wortlichen Ingenieure sind mitentscheidend für die erfolgreiche Verwendung insbesondere neuer Bau- stoffe. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 5 2 BAUTECHNISCHE BESTIMMUNGEN 2.1 Technische Regeln Bei der Planung, Berechnung und der Ausführung baulicher Anlagen sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Der Bauherr verlangt im zivilrechtlichen Sinn die Einhaltung dieser Regeln. Ein Verletzen dieser Regeln kann auch strafrechtliche Folgen haben, wenn der Tatbestand der Baugefährdung vorliegt. Als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten die technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in Wissenschaft und Praxis durchwegs bekannt und als richtig und notwendig anerkannt sind. Dazu zählen die deutschen (DIN) und die harmonisierten europäischen (EN) Normen. Des Weiteren gehören u.a. die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Bauberufsge- nossenschaften, die VDE-Vorschriften (VDE = Verband Deutscher Elektrotechniker) und die DVGW- Vorschriften (DVGW = Deutscher Verein der Gas- und Wasserfachmänner) dazu. Davon zu unterscheiden sind die nach Art. 3 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) vom Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport als Technische Baube- stimmungen eingeführten und bekannt gemachten technischen Regeln, die bei der Planung, Berech- nung und Ausführung baulicher Anlagen zwingend einzuhalten sind. Die Bauaufsichtsbehörde ge- nehmigt ein Bauvorhaben nur, wenn die Technischen Baubestimmungen eingehalten sind. Sie ver- folgt dabei den in allen Bauordnungen der Länder enthaltenen Grundsatz, dass die öffentliche Sicher- heit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet werden dürfen. Diese techni- schen Regeln sind stets ein Teil der allgemeinen anerkannten Regeln der Technik. Die von Baustoffen bzw. Bauprodukten einzuhaltenden Normen und Vorschriften werden in der Bau- regelliste angeführt. Sie regelt auch den Gütenachweis für die einzelnen Baustoffe und Bauprodukte (Eigenüberwachung / Fremdüberwachung). Die in der Bauregelliste aufgeführten technischen Regeln haben einen vergleichbaren Rechtsstatus wie die Technischen Baubestimmungen und sind deshalb ebenfalls zu beachten. Für wichtige und allgemein angewandte neue Bauprodukte und Bauarten, die sich noch in einer bestimmten Entwicklung befinden, werden Richtlinien und Merkblätter aufgestellt (z.B. für leichte Fassadenbekleidungen, für Anstriche oder Beschichtungen auf Beton), um über länge- re Zeit Erfahrungen sammeln zu können. Den Bauverträgen wird normalerweise die "Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen" (VOB) zugrunde gelegt. Die VOB enthält die Normen DIN 1960 und DIN 1961 (VOB Teil A und B), sowie die Normen DIN 18299 bis DIN 18459 (VOB Teil C, allgemeine technische Vertragsbedingungen). Große öffentliche Auftraggeber, wie z.B. der Bundesminister für Verkehr oder die Deutsche Bahn stel- len zusätzlich zur VOB u.a. für den Straßen-, Autobahn- und Brückenbau technische Vorschriften, Lieferbedingungen, Richtlinien und Merkblätter auf, die bei den entsprechenden Bauleistungen als Vertragsgrundlage dienen und beachtet werden müssen (z.B. ZTV-ING = Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen für Ingenieurbauten). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 6 2.2 Normen Es gibt heute DIN-Normen für fast alle Zweige der Technik, beginnend mit den Grundbegriffen, Formelzeichen, Maßeinheiten usw. Auch für die meisten gebräuchlichen und bewährten Bauprodukte bestehen DIN-Normen, welche die Eigenschaften, Prüfverfahren, Anforderungen, Anwendungsregeln und vieles andere festlegen. Die DIN-Normen werden vom Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) herausgegeben. DIN- Normen werden von Arbeitsausschüssen erarbeitet, denen Sachverständige der Wissenschaft, In- dustrie und Bauverwaltung und ggf. der Materialprüfung angehören. Vor der endgültigen Herausgabe der Norm wird ein Entwurf, der sogenannte Gelbdruck veröffentlicht um allen interessierten Kreisen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach nochmalige Überarbeitung werden die Normen end- gültig als Weißdruck herausgegeben. Jede Norm wird durch eine Nummer, Titel und das Ausgabedatum gekennzeichnet, z.B. DIN 1045-2: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton; Festlegung, Eigenschaften, Her- stellung und Konformität; Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1, August 2008. Bild 2-1: DIN-Norm R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 7 Fast alle Industriestaaten haben eigene Normen, z.B.: in Österreich ÖNORM, Frankreich AFNOR, in Großbritannien British Standards BS, in den USA die für Materialprüfung geltenden ASTM-Normen der American Society for Testing Materials (70 Bände mit insgesamt 11 000 Dokumenten, die jährlich neu erscheinen). Viele Entwicklungsländer nutzen Normen von Industriestaaten als Grundlage für ihre nationalen Nor- men. In zunehmendem Maße werden auch internationale Normen aufgestellt. Internationale Normen wer- den von der International Organisation for Standardization (ISO) mit Sitz in Genf herausgegeben. Gleichzeitig werden auf Beschluss der Europäischen Union Normen des CEN (Europäisches Komitee für Normung) aufgestellt, die zzt. nach Einführung in den Staaten verbindlich sind, die der Norm zuge- stimmt haben. Die europäischen Normen (EN-Normen) werden zzt. weiterhin von den nationalen Normenorganisationen herausgegeben. Eine in Deutschland übernommene europäische Norm wird als DIN EN bezeichnet und veröffentlicht. Entwürfe der Euro-Normen und der DIN EN erscheinen als Rosadruck, Vornormen DIN V ENV als Blaudruck. Farbdrucke sind nicht rechtsverbindlich, es sei denn, sie sind durch einen Einführungserlass bauaufsichtlich eingeführt worden. Durch die internatio- nalen Normen sollen technische Handelshemmnisse abgebaut und die Verständigung der Ingenieure über die Grenzen hinweg erleichtert werden. 2.3 Verwendung neuer Bauprodukte In eine Norm werden nur allgemein gebräuchliche und bewährte Bauprodukte und Bauarten aufge- nommen. Um den technischen Fortschritt nicht zu hemmen, dürfen jedoch im bauaufsichtlichen Be- reich auch neue Bauprodukte und Bauarten verwendet werden, 1. falls ihre Brauchbarkeit für den jeweiligen Verwendungszweck nachgewiesen ist. Dieser Nachweis kann geführt werden a) durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung; Zulassungen erteilt auf Antrag das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) Berlin, das sich auf Prüfungen durch anerkannte Prüfstellen und das Urteil von eigenen Sachverständigen- ausschüssen stützt. Die Zulassung berücksichtigt den jeweiligen Stand der technischen Er- kenntnisse und gilt im gesamten Bundesgebiet. Die Zulassung ist zeitlich befristet und kann jederzeit widerrufen werden, falls es durch neuere Erkenntnisse begründet ist. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 8 b) durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis; ein allgemeines bauaufsichtliche Prüfzeugnis wird erteilt für Bauprodukte, deren Verwendung nicht der Erfüllung erheblicher Anforderungen an die Sicherheit baulicher Anlagen dient, z. B. normalentflammbare Fugendichtungen, oder die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden (z. B. Rauchabzüge). 2. durch die Zustimmung im Einzelfall; sie wird von der obersten Bauaufsichtsbehörde des Lan- des erteilt. Wesentlicher Grundsatz in den Öffentliche Sicherheit und Ordnung Länderbauordnungen: insbesondere Leben und Gesundheit dürfen nicht gefährdet werden Wesentlichen Anforderungen: - Tragfähigkeit - Gebrauchstauglichkeit - Wärme-/Schallschutz - Brandschutz - Dauerhaftigkeit - Umwelt und Hygiene Bild 2-2: Wesentliche Anforderungen an Bauprodukte R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 9 2.4 Einteilung und Verwendung von Bauprodukten entsprechend Bauregel- listen, Güteüberwachung Die Bauregellisten werden vom DIBt bekannt gegeben. Es gibt geregelte, nicht geregelte, Bauproduk- te der Liste C und sonstige Bauprodukte. Eine Übersicht ist in Bild 2-3 gegeben. Europäische Nationale Produkte Produkte Geregelte Produkte Nicht geregelte Produkte Sonstiges Harmonisierte Allgemein Keine Untergeordnete Produkte nach Europäische Erheblichen Sicherheit allgemein Norm Anforderungen anerkannten Europäische an Sicherheit Regeln Technische oder allgemein Zulassung Anerkannte Prüfverfahren Bauregelliste B Bauregelliste A Bauregelliste A Bauregelliste C Teil 1 Teil 2 Verwendungs- Technische Allgemeine Allgemeines Kein Kein Beschrän- Regeln der Bauaufsicht- Bauaufsicht- Verwendbar- Verwendbar- kungen liche Zulassung liches Prüf- Bauregelliste A oder Zustim- zeugnis keitsnachweis keitsnachweis mung im Ein- zelfall Konformitäts- Übereinstimmungsnachweis Ü-Zeichen Kein Überein- stimmungs- Nachweis CE- nachweis, Zeichen kein Ü-Zeichen Bild 2-3: Einteilung von Bauprodukten entsprechend Bauregelliste Bauregelliste A Teil 1 gilt für geregelte Bauprodukte, die den in dieser Liste bekannt gemachten tech- nischen Regeln (nationale Normen) entsprechen oder von ihnen nicht wesentlich abweichen. Dazu gehören z.B. Bauprodukte für den Beton- und Stahlbetonbau, für den Mauerwerksbau, den Holzbau und dgl. Bauregelliste A Teil 2 gilt für nicht geregelte Bauprodukte, deren Verwendung nicht der Erfüllung er- heblicher Anforderungen an die Sicherheit baulicher Anlagen dient und für die es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt oder die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden. Dazu gehören Bauprodukte, deren Verwendbarkeitsnachweis in einer allgemeinen bauauf- sichtlichen Zulassung durch ein Prüfzeichen oder eine Zustimmung im Einzelfall geregelt ist, z.B. Füll- bauteile für Decken, statisch nicht mitwirkend (z.B. als verlorene Schalung). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 10 Bauregelliste B legt fest, welche Anforderungen aus harmonisierten, europäischen Normen, Leitlinien für europäische technische Zulassungen und europäische technische Zulassungen von Bauprodukten erfüllt werden müssen, die dem Bauproduktengesetz unterliegen. Bauregelliste C gilt für Bauprodukte, für die es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt und die für die Erfüllung bauordnungsrechtlicher Anforderungen nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Dazu gehören z.B. Dränelemente, oder Fensterbänke. Sonstige Bauprodukte sind Bauprodukte, die für die Erfüllung bauordnungsrechtlicher Anforderungen nur eine untergeordnete Bedeutung haben und für die es technische Regeln gibt, z.B. Türgriffe, Tür- schilder. Geregelte Bauprodukte: Übereinstimmung mit in der Liste bekannt gemachten Regeln Nicht geregelte Bauprodukte: - allg. bauaufsichtliche Zulassung - allg. bauaufsichtliches Prüfzeugnis - Zustimmung im Einzelfall Nachweis der Verwendbarkeit ÜH: Übereinstimmungserklärung des Herstellers Voraussetzung: eigene Produktionskontrolle ÜHP: Übereinstimmungserklärung des Herstellers + Erstprüfung durch eine anerkannte Prüfstelle ÜZ: Übereinstimmungszertifikat Voraussetzung: - werkseigene Produktionskontrolle - regelmäßige Fremdüberwachung Bild 2-4: Verwendbarkeit der Bauprodukte Die Verwendbarkeit der geregelten und der nicht geregelten Bauprodukte wird in einem für sie gefor- derten Konformitäts- (= Übereinstimmungs-) nachweis bestätigt, siehe Bild 2-4. Die Bauprodukte tra- gen dann das Übereinstimmungszeichen Ü, bei Übereinstimmung mit harmonisierten europäischen Normen das Zeichen CE, siehe Bild 2-5. Die einfachste (unterste) Stufe des Übereinstimmungsnachweises ist ÜH (Übereinstimmungserklä- rung des Herstellers). Der Hersteller (H) erklärt auf der Grundlage seiner werkseigenen Produktions- kontrolle (bisher Eigenüberwachung) die Übereinstimmung des Bauproduktes mit den Technischen Regeln, Beispiel: Gesteinskörnung mit dichtem Gefüge bei direkter Lieferung vom Hersteller zum Verwender (nach DIN EN 12620, Juli 2015). Die nächste Stufe ist ÜHP; der Hersteller erklärt die Übereinstimmung des Bauproduktes mit der Technischen Regel, nachdem dieses vorher einmal durch eine anerkannte Prüfstelle im Rahmen einer R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 11 Erstprüfung geprüft wurde. Beispiel: statisch nicht mitwirkende Ziegel für Decken (nach DIN EN 15037-3, Juli 2011). ÜZ schließlich erfordert ein Übereinstimmungszertifikat durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle. Voraussetzung ist wie bei den anderen Übereinstimmungsnachweisen eine werkseigene Produktions- kontrolle und in diesem Fall zusätzlich eine regelmäßige Fremdüberwachung. Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen werden auf Antrag i.d.R. von den Obersten Bauauf- sichtsbehörden der Länder anerkannt. Die Einhaltung der in DIN-Normen, Richtlinien, Zulassungen und anderen Vorschriften geforderten Anforderungen ist durch eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK), Erstprüfung, oder WPK und Fremdüberwachung, nachzuweisen. Die Art des Übereinstimmungsnachweises (ÜH, ÜHP, ÜZ) wird in der Bauregelliste, der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der Zustimmung im Einzelfall festgelegt. Der Umfang der Nachweise sowie die Prüf- verfahren werden in den entsprechenden Normen, Zulassungen, Prüfzeugnissen oder in der Zustim- mung im Einzelfalle festgelegt. Die WPK wird vom Herstellerwerk (bzw. Bauunternehmer) durchgeführt. Aufgrund eines Überwa- chungs- und Zertifizierungsvertrages mit einer amtlich anerkannten Überwachungs- und Zertifizie- rungsstelle oder einer Güteschutzgemeinschaft (z.B. Verein Deutscher Zementwerke e.V. oder Über- wachungs- und Zertifizierungsverein Sand und Kies Bayern e.V., Bundesverband Kies und Sand e.V.) wird die Fremdüberwachung durchgeführt. Bei dieser ist in der Regel zweimal jährlich die WPK zu überprüfen und Stichproben zur Kontrolle der WPK zu entnehmen und zu prüfen. Geregelte und nicht geregelte Bauprodukte müssen selbst oder bei loser Lieferung auf dem Liefer- schein sowie auf der Verpackung durch das Ü-Zeichen dauerhaft gekennzeichnet werden. Das Ü- Zeichen muss den Hersteller, die Technische Regel und – im Falle ÜZ – das Logo der anerkannten Zertifizierungsstelle (z.B. Materialprüfungsamt für das Bauwesen) enthalten. Bild 2-5: Ü-Zeichen und CE-Zeichen R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 12 3 MAßEINHEITEN UND FORMELZEICHEN Um Baustoffeigenschaften allgemeingültig zu beschreiben werden allgemein anerkannte Baustoff- kenngrößen verwandt. Diese Baustoffkenngrößen besitzen eine definierte technische Einheit und einen Zahlenwert, siehe Bild 3-1. Bild 3-1: Definition der Beschreibung von Baustoffeigenschaften Mit dem "Gesetz über Einheiten im Messwesen" vom 2. Juli 1969, geändert mit Gesetz vom 6. Juli 1973, wurde in der Bundesrepublik Deutschland das Internationale Einheitensystem mit der Benen- nung Système International d' Unités, Abkürzung SI, eingeführt. Seit 1. Januar 1978 dürfen nur noch die neuen, gesetzlichen Einheiten verwendet werden. Es gibt 7 Basisgrößen (Tabelle 3-2), deren Di- mensionen in Bild 3-2 dargestellt sind. Aus den 7 Basisgrößen lassen sich die weiteren Einheiten, die im Bauingenieurwesen gebräuchlich sind, ableiten (siehe Tabelle 3-1). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 13 Tabelle 3-1: Einheiten – Beispiele (DIN 1301-1) R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 14 SI-Basiseinheiten Nr. Name Größe Zeichen 1.1 Länge Meter m 1.2 Masse Kilogramm kg 1.3 Zeit Sekunde s 1.4 Elektrische Stromstärke Ampere A 1.5 Thermodynamische Temperatur Kelvin K 1.6 Stoffmenge Mol mol 1.7 Lichtstärke Candela cd Tabelle 3-2: Basisgrößen und Basiseinheiten (DIN 1301 Teil 1) Größe Formel- Einheits- Einheiten- zeichen name zeichen Kraft F Newton N Druck p Pascal Pa Energie E Joule J Leistung P Watt W Elektrische Spannung U Volt V Elektrischer Widerstand R Ohm Ω Frequenz ν Hertz Hz Tabelle 3-3: Abgeleitete SI-Einheiten - Masse m [kg] m = 100 kg - Kraft F [N; Newton] x 9,81 m/s² - Spannung σ [N/mm²] = 981 kg x m/s² (1 N/mm² = 1 MN/m² = 1MPa) ↓ - Festigkeit β [N/mm²] Waage: = max σ F ~ 1000 N Bild 3-2: Dimensionen R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 15 Vor der Harmonisierung waren unterschiedliche Einheiten im Gebrauch. Einige wichtige neue Einhei- ten und deren Umrechnungen in alte Einheiten sind in Tabelle 3-4 dargestellt: neue Einheiten ≙ alte Einheiten Kraft: 1N = 0,1 kg x 9,81 m/s² ≙ 0,1 kp 1 kN ≙ 100 kp 10 kN ≙ 1 Mp Spannung: 1 N/mm² = 1 MPa (Megapascal) ≙ 10 kp/cm² ≙ 10 kg/cm² (1978) (1960) Energie, Wärmemenge: 1 J (Joule) = Ws = 1 Nm ≙ 0,234 cal Leistung: 1 kW = 1000 W ≙ 1,36 PS Tabelle 3-4: Umrechnung „alter“ in SI-Einheiten Die SI-Basiseinheiten werden durch Vorsätze in 10’er Potenzschritten vergrößert bzw. verkleinert angegeben, z. B. die SI-Basiseinheit [m] in Kilometer [km] bzw. Millimeter [mm]. Eine Übersicht ist in Tabelle 3-5 gegeben. Vorsatz Kurzzeichen Bedeutung Giga G 109 Mega M 106 Kilo k 103 Hekto h 102 Deka da 101 Dezi d 10-1 Zenti c 10-2 Milli m 10-3 Mikro µ 10-6 Nano n 10-9 Tabelle 3-5: Vielfache und Teile der SI-Einheiten R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 16 Um national und international die Verständigung in Praxis, Forschung und Lehre zu erleichtern, wur- den in Übereinstimmung mit ISO-Normen in DIN 1080 Formelzeichen und Einheiten im Bauingeni- eurwesen festgelegt. Obwohl die DIN 1080 mittlerweile ersatzlos zurückgezogen ist und die Formel- zeichen allgemein in der DIN Reihe 1304 geregelt sind, werden in den nachfolgenden Tabellen 3-6 bis 3-9 aufgrund der Übersichtlichkeit beispielhaft für das Bauingenieurwesen relevante Formelzeichen angegeben. Tabelle 3-6: Bedeutung von lateinischen Buchstaben als Hauptzeichen, alphabetisch geordnet (DIN 1080-1) R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 17 Tabelle 3-7: Bedeutung griechischer Kleinbuchstaben als Hauptzeichen alphabetischgeordnet (DIN 1080-1) R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 18 Tabelle 3-8: Begriffe, Formelzeichen und Einheiten im Bauingenieurwesen (Auszug), Stahlbau, Stahlverbundbau und Stahlträger in Beton (DIN 1080-4) R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 19 Verzeichnis der Nebenzeichen (Indizes) Bisheriges Nr. Nebenzeichen Benennung Nebenzeichen 1 BZ Biegezug BZ 2 C Zylinder C 3 H Haftung 4 P Prisma P 5 R Rohdichte, Rohwich- R te 6 S Schüttdichte, Serie S 7 SZ Spaltzug SZ 8 W Würfel W Tabelle 3-9: Begriffe, Formelzeichen und Einheiten im Bauingenieurwesen (Auszug) Beton, Stahlbetonbau, Spannbetonbau, Mauerwerksbau 4 AUFBAU DER WERKSTOFFE Das Kapitel verweist auf die Vorlesungsskripte „Stahl und Korrosion“ und „Kunststoffe“. 5 MASSE, DICHTE, POROSITÄT 5.1 Masse Die physikalische Größe Masse (Basiseinheit Kilogramm) kennzeichnet die Eigenschaft eines Kör- pers, die sich sowohl in Trägheit gegenüber einer Änderung des Bewegzustandes als auch in der Anziehung zu anderen Körpern äußert. Bei der Angabe von Warenmengen darf statt des Begriffes "Masse" auch der Begriff "Gewicht" gebraucht werden. Die Masse wird durch Wägung mit einer Waa- ge bestimmt, wobei in der Regel Massen verglichen werden. 1 kg wirkt auf der Erde mit 1 kg x 9,81 m/s² 10 N auf die Unterlage. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 20 5.2 Dichten 5.2.1 Dichte Die Dichte nannte man früher auch "Reindichte". Sie ist das Verhältnis der Masse m eines Stoffes zu seinem hohlraumfreien Volumen V. m V Einheiten z. B. g/cm 3 = kg/dm3 = t/m3 = 1000 kg/m3 Das Volumen unregelmäßig geformter Körper wird durch Wasserverdrängung bestimmt. Bei Baustof- fen, die mit Wasser reagieren, wie mineralische Bindemittel, wird statt Wasser eine andere Flüssigkeit verwendet, z.B. n - Heptan. Porige Baustoffe müssen zur Bestimmung der Dichte so weit zerkleinert werden, dass nur noch po- renfreie Partikel übrigbleiben, oder alle Poren von der Flüssigkeit ausgefüllt werden können (Bild 5-1). 5.2.2 Rohdichte Die Rohdichte ist das Verhältnis der Masse eines Stoffes zu seinem Volumen einschließlich der Hohl- räume Vh, der sog. Korneigenporen: m R V V h Bei der Bestimmung von V+Vh durch Wasserverdrängung muss entweder der Wasserzutritt zu den Poren durch einen dichten Film verhindert werden oder die Poren müssen mit Wasser ausgefüllt (ge- sättigt) werden, bevor V+Vh gemessen wird (m ist jedoch die Masse des trockenen Stoffes), siehe Bild 5-1. 5.2.3 Schüttdichte Die Schüttdichte ist das Verhältnis der Masse eines körnigen Stoffes (z.B. Sand oder Kies) zu seinem Volumen einschließlich der Korneigenporen Vh und der Hohlräume Vz zwischen den Körnern (Hauf- werksporen): m S V V hV z ρS wird ermittelt, indem der körnige Stoff in ein Messgefäß eingefüllt wird. Der Volumenanteil Vz hängt dabei vom Einfüllvorgang in das Gefäß (und ggf. von der Verdichtung) ab. Im feuchten Zustand be- wirkt bei feinkörnigen Stoffen (z.B. Sand) das zwischen den Körnern befindliche Wasser eine Verkle- bung der Körner untereinander, wodurch sich eine lockere Lagerung, d.h. kleinere Schüttdichte, je- weils bezogen auf die Masse der trockenen Feststoffe, ergibt (siehe Bild 5-1). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 21 Bild 5-1: Volumen für die Bestimmung der verschiedenen Dichten Dichte Rohdichte Schüttdichte Baustoffe in kg/dm³ Zement 2,85….3,2 - 0,9……1,9 Normalzuschlag 2,6…...3,1 1,7…...3,1 1,1……1,5 Leichtzuschlag 1,5…...2,0 0,1…...2,2 0,1……1,4 Normalbeton 2,5…...3,0 2,0…...2,8 - Leichtbeton 1,9…...2,5 0,25….2,0 - Wandbausteine - 0,53...1,97 - Stahl 7,8…...7,9 - - Aluminium 2,7…...2,8 - - Holz 1,5…...1,6 0,1….1,23 - Kunststoffe 0,9…...2,2 0,01….2,2 - Tabelle 5-1: Dichten der wichtigsten Konstruktionsbaustoffe 5.3 Porosität Der Gehalt an Poren beeinflusst die Roh- und Schüttdichte sowie das Verhalten gegenüber Flüssig- keiten und Gasen. Dabei ist nicht nur der summarische Porenanteil (Porengehalt) von Bedeutung, sondern auch die Art, Form, Größe und Verteilung der Poren. Man unterscheidet - geschlossene (nicht füllbare) Poren, - Kapillarporen (> 100 nm), - Haufwerksporen (können auch wie Kapillarporen wirken) (siehe Bild 5-2). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 22 Bild 5-2: Porentypen bei porigen Baustoffen Der Porenanteil n (auch: Gesamtporigkeit oder Porengehalt) ist das Porenvolumen, bezogen auf das Gesamtvolumen. Zum Porenvolumen zählen dabei die wassergefüllten Poren und die luftgefüllten Poren (na und nw), siehe Bild 5-3. Porenvolumen R n 1 R Gesamtvolu men Der Luftporengehalt na wird oft auch in % angegeben: n a 100 Vol. %. Bild 5-3: Porenanteil R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 23 Die Porenradienverteilung eines porösen Feststoffs kann mit der Quecksilberdruckporosimetrie be- stimmt werden. Hierzu wird der Probekörper in Quecksilber getaucht. Anschließend wird ein äußerer Druck aufgebracht, der das Quecksilber in die von außen zugänglichen Poren drückt. Mit zunehmen- dem Druck werden immer kleinere Porendurchmesser gefüllt. Aus der Menge des verbrauchten Quecksilbers beim jeweiligen Druck lässt sich die Porenverteilung errechnen. In Bild 5-4 ist ein Ergeb- nis für Sandstein und Zementstein dargestellt. Bild 5-4: Porenradienverteilung 6 VERHALTEN PORÖSER FESTSTOFFE GEGENÜBER WASSER 6.1 Allgemeines In Stoffen mit offenen Poren kann Wasser unter Druck und durch kapillares Saugen eindringen. Aber auch Wasserdampf in der Luft kann durch Adsorption oder Tauwasserniederschlag zur Wasserauf- nahme führen. Wasserdampf gelangt durch Diffusion ins Innere von Bauteilen. Mit einer Wasserauf- nahme verbunden sind - ein Quellen (Dehnung), - eine Verminderung der Festigkeit, - eine Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit, - eine Förderung von Korrosion an Metallen und/oder - bei weitgehender Porenfüllung Zerstörungen durch Frost. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 24 Die Grundlagen des Wasser- und Dampftransportes in Baustoffen und durch diese hindurch sind von Bedeutung für - das Austrocknen und die Wasseraufnahme, - wärmetechnische Berechnungen, - das Auslaugen löslicher Stoffe und - den Transport von Schadstoffen. Quellung, Dehnung + Festigkeit - Wärmeleitfähigkeit + Metallkorrosion + Frostwiderstand - + nimmt zu - nimmt ab Bild 0-1: Verhalten bei Wasseraufnahme 6.2 Wassergehalt Der Wassergehalt (Feuchtegehalt) ist das Verhältnis der Masse m w des in den Poren enthaltenen Wassers zur Trockenmasse des Stoffes: w m w / m s,tr bzw. w 100 m w / m s,tr % Der Wassergehalt wird i. d. R. gravimetrisch durch Trocknung bestimmt: - durch Erhitzen auf 105 °C (oder auch niedriger, um ein Austreiben von chemisch gebundenem Wasser zu vermeiden (z. B. bei Gips 40 °C), - durch Evakuieren und Verdampfen des Wassers (Vakuum unterhalb des Dampfdruckes: bei 20 °C ca. 0,0235 bar), - durch Trocknungsmittel, z. B. Silicagel oder Phosphorpentoxid (P2O5), in geschlossenen Be- hältern (Exsikkator), - durch Gefriertrocknung R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 25 Die Trocknung ist jeweils bis zur "Massekonstanz" durchzuführen, d. h. Masseabnahme z. B. in 24 h weniger als 1 ‰. Häufig wird der Wassergehalt auch durch indirekte Verfahren ermittelt, z. B.: - Carbidmethode: zerkleinerte Probe mit Carbid versetzen, das mit dem Wasser unter Gas- entwicklung reagiert; in einem geschlossenen Gefäß ist dann der sich einstellende Überdruck ein Maß für den Wassergehalt, - Messung der elektrischen Leitfähigkeit (bei Holz). 6.3 Wasserdurchlässigkeit (= Permeation) Liegen in einem Stoff durchgehende Kapillaren vor, so kann durch diese Wasser durchströmen (kapil- lare Sickerströmung). Bei Durchströmung einer geraden Kapillare stellt sich nach dem Hagen-Poisseuille'schen Gesetz eine parabelförmige Geschwindigkeitsverteilung über den Querschnitt ein (Bild 0-2). = Druckdifferenz [N/m² = Pa ≙10-5 bar ≙ 10-4 mWS] η = dynamische Viskosität der Flüssigkeit [Ns/m²] Für die je Zeiteinheit transportierte Flüssigkeitsmenge (Volumenstrom) Q = v ·A = v · · R2 [m³/s] gilt: R 4 Q 8l Dies zeigt, dass die Wasserdurchlässigkeit umso geringer ist, je kleiner die Porenradien sind. Bild 0-2: Geschwindigkeitsverteilung einer Flüssigkeit R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 26 Deshalb ist guter Beton praktisch wasserundurchlässig, obwohl der erhärtete Zement einen hohen Porenanteil hat. Denn die Poren sind sehr klein (bei niedrigen Wasserzementwerten überwiegend Gelporen bis etwa 5 nm Durchmesser). Die Wasserdurchlässigkeit wird durch den Durchlässigkeitswert (Permeabilitätskoeffizient) k beschrie- ben, den man besonders in der Bodenmechanik benutzt. Die Durchflussmenge q berechnet sich für laminare Strömungen nach Darcy (1856) zu: q = k · i, q = Durchflussmenge je Querschnittfläche, bezogen auf die Zeit in m³/(s ·m²), auch als Filtergeschwindigkeit bezeichnet, k = Durchlässigkeitsbeiwert (Filterkonstante) in m/s, i = hydraulische Druckhöhe je Länge Bild 0-3: Prüfung der Wasserundurchlässigkeit, schematisch Die Durchlässigkeitsbeiwerte liegen in der Größenordnung von k = 5 x 10-3 bis 10-5 m/s bei Sand, k = 10-6 bis 10-7 m/s bei Lehm und k = 10-12 bis 10-14 bei Zementstein. 6.4 Kapillare Wasseraufnahme (Wasseraufsaugung) Taucht man dünne Glasröhrchen in Wasser, so steigt das Wasser in den Kapillaren hoch. Nimmt man Röhren aus hydrophoben (wasserabweisenden) Kunststoffen wie z. B. Polyethylen oder Polytetra- fluorethylen (PTFE, Handelsname Teflon), dann stellt sich die Wasseroberfläche in der Kapillare tiefer ein als außerhalb der Kapillare (Bild 0-4). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 27 Bild 0-4: Die Erscheinung der Kapillar-Aszension und der Kapillar-Depression Die kapillare Steighöhe des Wassers berechnet sich zu 2 w cos hk m r w g σw = Oberflächenspannung des Wassers (bei 20 °C ist σw = 0,0727 N/m) = Randwinkel des Wassers gegen den Feststoff (bei vollständiger Benetzung ist = 0, d. h. cos = 1) r = Radius der Kapillare (m) ρw = Dichte des Wassers (kg/m³) (bei 20 °C ist ρw = 998 kg/m³) g = Erdbeschleunigung (9,81 m/s²) Die kapillare Steighöhe bei gut benetzbaren Stoffen hängt im Wesentlichen vom Radius ab und ist umso höher, je enger die Kapillare ist. Die kapillare Wasseraufnahme wird an Proben untersucht, die wenige cm tief in Wasser eingetaucht werden (Bild 0-4). Die Steiggeschwindigkeit wird durch Kapillardruck und Fließwiderstand bestimmt und ist bei sehr en- gen Poren (z.B. Mikrokapillaren und Gelporen im Zementbeton) vernachlässigbar klein. Im Mauerwerk kann die kapillare Steighöhe einige Meter betragen. In der Regel verdunstet das aufgesaugte Wasser an der Wandoberfläche. Das aufsteigende Wasser kann dabei lösliche Salze mitführen. Besonders am oberen Feuchtigkeitssaum kommt es dann zu Ausblühungen. Durch eine Verhinderung der Ver- dunstung, z.B. wasser- und diffusionsdichte Anstriche, steigt das Wasser im Mauerwerk besonders hoch. Das Aufsteigen wird durch horizontale Feuchtigkeitssperren in den Wänden, das Eindringen R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 28 durch wasserdichte Anstriche oder Beschichtungen auf den mit Wasser in Berührung stehenden Flä- chen unterbunden. Um das Eindringen von Schlagregen in eine poröse Wand zu verhindern, können hydrophobierende Anstriche aufgebracht werden, durch welche die Stoffoberflächen schlechter benetzbar werden und so die kapillare Wasseraufnahme verringert oder ausgeschlossen wird. Der hydrophobierende Effekt lässt im Laufe der Zeit nach. Prüfungen des Verhaltens eines porösen Feststoffs gegenüber Wasser sind schematisch in Bild 6 5 dargestellt. Bild 0-5: Prinzip der Prüfung des Verhaltens gegenüber Wasser 6.5 Sättigungswert Ist eine Probe durch kapillares Saugen und anschließende Unterwasserlagerung mit Wasser gesättigt worden, kann durch Wägung die Wasseraufnahme bei normalem Atmosphärendruck (W a) bestimmt werden. Taucht man eine trockene Probe sofort vollständig unter Wasser, ist es zwar nicht zwingend aber möglich, dass die in den Poren vorhandene Luft nicht vollständig entweicht. Ein besseres Ent- weichen der Luft erreicht man durch vorheriges Evakuieren der Probe und anschließende Druckwas- serbeaufschlagung (W d). Das Verhältnis von W a zu W d wird als Sättigungswert S bezeichnet (Smax = 1). Ab einem bestimmten Sättigungswert können in porösen Baustoffen Frostschäden auftreten, weil nicht mehr genügend Poren zur Ausdehnung des gefrierenden Wassers zur Verfügung stehen. 6.6 Luftfeuchte In Luft ist immer Wasserdampf enthalten. Die absolute Luftfeuchte (u) beträgt etwa 2 bis 30 g/m³. Da- bei kann die Luft immer nur eine bestimmte Menge Wasser als Dampf enthalten. Je höher die Tempe- ratur der Luft, desto größer ist die maximal aufnehmbare Wasserdampfmenge, die als Sättigungswas- sergehalt (us) bezeichnet wird. Bei Überschreiten von (us) kondensiert das Wasser (Nebel, Tau, Re- gen), siehe Bild 0-6. Die Luftfeuchte wird i. d. R. nicht als Wassergehalt in g/m³, sondern als Verhältnis R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 29 zum jeweiligen Sättigungswassergehalt in % angegeben und als relative Luftfeuchte () bezeichnet (Bild 0-7). Bild 0-6: Luftfeuchte und Kondensation (1) Bild 0-7: Der Wasserdampfgehalt von Luft in Abhängigkeit von der Temperatur und der rel. Luftfeuchte R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 30 Die Wasserdampfkonzentration in der Luft wird auch mit dem Wasserdampfpartialdruck angegeben, siehe Bild 0-7: % p s N / mm 2 p N / mm 2 100 mit = relative Luftfeuchte, ps = Partialdruck der wasserdampfgesättigten Luft. Der Sättigungs-Partialdruck ps ergibt sich aus der entsprechenden absoluten Luftfeuchte us [kg/m³] nach: p s u s R T mit R = Gaskonstante für Wasserdampf 462 Nm/(kg*K), T = absolute Temperatur in K. In Bild 0-8 ist der Zusammenhang noch einmal dargestellt. 20° C warme Luft kann maximal 17,3 g/m³ Wasserdampf enthalten. Diese Temperatur wird als Taupunkt(temperatur) bezeichnet. Wenn 20°C warme Luft 8,65 g/m³ Wasserdampf enthält, so beträgt die rel. Luftfeuchte 8,65/17,30 = 50 % r. F.. Bild 0-8: Luftfeuchte und Kondensation (2) In Bild 0-9 ist der Zusammenhang beim Abkühlen von warmer Luft dargestellt. 30° C warme Luft kann maximal 30 g/m³ Wasserdampf enthalten. In Bild 0-9 ist angenommen, dass die 30 °C warme Luft einen Feuchtegehalt von 15 g/m³ enthält, mithin 50 % r. F. aufweist. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 31 Wird diese Luft nun abgekühlt, so ändert sich der absolute Feuchtegehalt zunächst nicht. Jedoch nimmt die rel. Luftfeuchte beim Abkühlen stetig zu, da kühlere Luft eine geringere Sättigungsfeuchte hat. Wenn die Luft auf ca. 18 °C abgekühlt ist, beträgt die Sättigungs- feuchte der Luft 15 g/m³, d.h. die rel. Luftfeuchte beträgt 100 % r. F.. Bei weiterem Abkühlen auf ca. 5 °C beträgt die Sättigungsfeuchte nur noch 7 g/m³. Dies bedeutet, dass 8 g/m³ Feuchte (15-7=8) nicht mehr als Wasserdampf in der Luft enthalten sein können und als Tau oder Nebel ausfallen. Bild 0-9: Luftfeuchte und Kondensation (3) In Mitteleuropa liegt im langjährigen Mittel eine relative Luftfeuchte von knapp über 80 % vor. In Wohn- und Büroräumen beträgt sie im Sommer bei uns 50 - 70 % und im Winter infolge Beheizung 30 - 55 %. Dabei beeinflussen sowohl relative Luftfeuchte als auch die Raumtemperatur die Behag- lichkeit in einem Raum. Bei bauphysikalischen Betrachtungen geht man von dem in Bild 0-10 darge- stellten Feld für die Behaglichkeit aus: R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 32 Bild 0-10: Behaglichkeitsfeld des Menschen in geschlossenen Räumen in Abhängigkeit von Raumlufttemperatur und relativer Luftfeuchte Die Luftfeuchte in geschlossenen Räumen kann durch Klimageräte (Regelung von Temperatur und Feuchte durch Heizen bzw. Kühlen und Verdampfen von Wasser bzw. Kondensieren an Kältefallen) oder durch bestimmte wässrige Lösungen beeinflusst werden. So lassen sich z. B. über Glyzerin oder Schwefelsäure unterschiedlicher Konzentration oder über verschiedene, gesättigte Salzlösungen be- stimmte relative Luftfeuchten einstellen (Tabelle 0-1). Relative Gesättigte Salzlösung Luftfeuchte bzw. Trocknungsmittel °C 2% Silikagel 20 52 % Natriumdichromat 20 66 % Natriumnitrit 20 75 % Natriumchlorid 25 85 % Kaliumchlorid 20 – 23 90 % Kaliumnitrat 25 - 38 Tabelle 0-1: Beispiele für relative Luftfeuchte über Salzlösungen und Trocknungsmittel R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 33 6.7 Hygroskopie, Wasserdampfsorption Setzt man z. B. trockenes Natriumchlorid (Kochsalz) einer relativen Luftfeuchte von mehr als 75 % aus, so holt sich das Salz Wasser aus der Luft, in dem es sich löst, vgl. Bild 0-11. Man sagt dann, der Stoff ist hygroskopisch. Auch wenn die meisten porösen Baustoffe (z. B. Ziegel, Beton, Putz oder Holz) normal nicht hygro- skopisch sind, so sind ihre Oberflächen aufgrund des hydrophilen Charakters doch bestrebt, sich je nach Höhe der relativen Luftfeuchte mit einer dünnen, wenige Moleküle umfassenden Wasserschicht zu bedecken. Diese Adsorption von Wasserdampf aus der Luft ist besonders ausgeprägt, wenn der Stoff eine sehr große, innere Oberfläche, d. h. einen hohen Anteil von sehr feinen Poren aufweist. Mikroporen oder auch Gelporen können dadurch im Freien bis zur Sättigung gefüllt sein. Die Wasseraufnahme durch Adsorption von Wasserdampf aus der Luft ist abhängig von der relativen Luftfeuchte und der Temperatur. Es stellt sich jeweils eine bestimmte Gleichgewichtsfeuchte ein. Die- se können experimentell für verschiedene Luftfeuchten bestimmt und in sog. Sorptionsisothermen (Sorption = Wasseraufnahme; isotherm = gleiche, konstante Temperatur) graphisch dargestellt wer- den (Bild 0-11 und Tabelle 0-2). Bild 0-11: Schematische Sorptionsisothermen einiger poröser Baustoffe (Bei Holz ist der Einfluss der Temperatur dargestellt) R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 34 Wassergehalt in Vol.-% bei rel. Luftfeuchte in % Baustoff 60 70 90 97 100 *) Mauerziegel 0,2 ….. 1,0 0,2 ….. 1,0 0,2 …..1,0 0,5 …..2,3 0,6…..4,0 1,5 Vol.-% Zement- und kalk- Gebundene Steine 0,6 ….. 9,0 0,7 ….. 9,0 1,0….12,0 1,3 ….13,0 2,0….13,0 5,0 Vol.-% Normalbeton 1,2 ….. 1,6 1,5 ….. 1,8 1,7 …..2,0 2,5 …...3,0 3,0…..4,0 5,0 Vol.-% Leichtbeton 1,0 ….. 5,5 1,2 ….. 6,0 2,0 …..8,0 - - 4,0 Vol.-% Gasbeton 1,8 ….. 2,0 2,2 ….. 3,0 3,0 …..5,0 4,0 ….11,0 - 3,5 Vol.-% Holz (Mittelwert) 3,5 ….11,0 4,0 ….15,0 6,5.....20,0 7,5 ….25,0 12,0…35,0 15,0 M.-% Organische 2,0.... 17,0 - 2,0....28,0 2,3….55,0 9,0 ….55,0 15,0 M.-% Dämmstoffe *) Rechenwerte nach DIN 4108 Wärmeschutz im Hochbau Tabelle 0-2: Praktische Feuchtigkeitsgehalte für einige wichtige Baustoffe bei 20 °C und Re- chenwerte nach DIN 4108-4 (Angabe hier in Vol.-%, wie es in der Bauphysik zum Vergleich verschiedener Stoffe von Interesse ist) 6.8 Wasserdampfdiffusion Bestehen auf beiden Seiten einer dampfdurchlässigen Wand unterschiedliche Partialdrücke, so stre- ben die Wassermoleküle in der Luft einen Konzentrationsausgleich an, d. h. es diffundieren Wasser- moleküle durch die Wand hindurch. Wenn z. B. die Temperatur in einem Innenraum höher ist als au- ßen und der Wassergehalt (absolute Luftfeuchte) innen und außen gleich ist, so geht Wasser von innen nach außen. Der Widerstand, den der Wandbaustoff der Diffusion entgegensetzt, wird durch die Wasserdampf - Diffusionswiderstandszahl μ gekennzeichnet. Sie ist eine Verhältniszahl, die ausdrückt, wie viel Mal größer der Widerstand des Stoffes im Vergleich zu ruhender Luft ist, d. h. für Luft gilt μ = 1. Zur Messung des Diffusionswiderstandes werden auf beiden Seiten einer Probenplatte/-scheibe un- terschiedlich, konstante Luftfeuchten eingestellt und der Wasserdampfdurchgang gemessen. Nach DIN EN ISO 12572 wird die Probe hierfür dicht auf eine Schale, z. B. aus Metall, die eine Lösung oder ein Trocknungsmittel zur Herstellung einer bestimmten rel. Luftfeuchte (1) enthält (bei Wasser ca. 100 %), aufgeklebt (Bild 0-12). Diese Anordnung wird in einem Raum mit einer anderen Luftfeuch- te (2) gelagert und in zeitlichen Abständen gewogen. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 35 Bild 0-12: Versuchseinrichtung zur Bestimmung der Wasserdampfdurchlässigkeit nach DIN EN ISO 12572 Die Versuchsauswertung ergibt zunächst die Wasserdampf-Diffusionsstromdichte i [kg/(h · m²)]. Be- zogen auf die Probendicke s und die Partialdruckdifferenz pD = · pS errechnet sich daraus der i s s kg S Diffusionsleitkoeffizient p D 2 m h N /m und mit dem entsprechenden Koeffizienten für Wasserdampf in Luft L (bei 20 °C und 1013 hPa Luft- druck ⇒L = 697 · 10-9 kg die Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl = L / S. Richtwer- m h Pa te für L finden sich in DIN EN ISO 12572. Bei Stoffen, die nur in bestimmter Konstruktionsdicke (s) zu betrachten sind, z. B. Anstriche, Beschich- tungen, wird der Diffusionswiderstand auch als die äquivalente Luftschichtdicke s d angegeben: s d sm Der Transport von Wasserdampf durch die Poren eines Baustoffes ist nicht mehr möglich, wenn die mittlere, freie Weglänge der Wassermoleküle (Brown'sche Molekularbewegung im Gas) größer als die Porenabmessung ist. Durch Kondensation des Dampfes in den Poren (Sorption) kann jedoch auch Wasser in flüssiger Form transportiert werden und an der Rückseite der Wand wieder verdampfen. Da diese Transportart weit leistungsfähiger ist, als die reine Dampfdiffusion kann bei praktisch allen porö- sen Stoffen festgestellt werden, dass scheinbar umso mehr Dampf durchgelassen wird, je höher der mittlere Feuchtegehalt des Stoffes ist. Die Widerstandszahl μ ist daher stark feuchteabhängig. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 36 Der Einfluss der mittleren Feuchte des Stoffes wird häufig durch Messung bei den Feuchtegefällen 50/0 % r. F. und 100/50 % r. F. erfasst (Trocken-/Feuchtbereichsverfahren). Das Verhältnis der Wi- derstandszahlen μfeucht/μtrocken liegt je nach Stoff zwischen 0,05 und 0,8. Für bauphysikalische Berechnungen werden in DIN V 4108 - 4 Richtwerte für verschiedene Stoffe genannt, vgl. Auszug in Tabelle 0-3. Bereich der Wasserdampf- Baustoff Diffusionswiderstandszahl Mauerwerk aus - Ziegeln 5 bis 10 - Klinker 50 bis 100 - Kalksandstein 5 bis 25 - Leichtbetonsteinen 5 bis 15 Normalbeton 70 bis 150 Leichtbeton - haufwerksporig 3 bis 15 - geschlossenes Gefüge 70 bis 150 Porenbeton 5 bis 10 Putze 10 bis 35 Holz und Holzwerkstoffe - hohe Rohdichte 20 bis 400 - niedrige Rohdichte 5 Messwerte (nicht aus DIN 4108) 20 bis 80 im Feuchtbereich 100 bis 500 im Trockenbereich Dämmstoffe - mineralisch und pflanzlich 1 bis 10 - Kunststoffe 1 bis 250 - Schaumglas Praktisch dampfdicht Dampfsperren - Bitumenpappe, nackt 2000 bis 20.000 - Dachpappe 10.000 bis 100.000 - Aluminiumfolie ≥ 0,05 mm Praktisch dampfdicht Tabelle 0-3: Richtwerte der Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl für einige wichtige Bau- stoffe nach DIN V 4108 - 4 6.9 Tauwasserbildung Wenn bei bestimmten Temperatur- und Feuchteverhältnissen im Innern der Wand die Temperatur unterhalb der Taupunkttemperatur liegt, kann es durch Kondensation zu Tauwasserniederschlag und zu einer starken Durchfeuchtung des Wandbaustoffes kommen. Maßnahmen, die dieser Gefahr für den Wärmeschutz sowie von Schädigungen begegnen, sind: - Wärmedämmschichten auf der "kalten" Seite (Wohnungsbau = außen), R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 37 - keine dampfdichte Schicht auf der "kalten" Seite, d. h. Putze/Anstriche, welche die kapillare Wasseraufnahme infolge Schlagregen vermindern sollen, müssen "dampfdurchlässig" sein, - ggf. dampfdichte Schicht auf der "warmen" Seite (Dampfsperre). 6.10 Wasserabgabe Da man einen erhöhten Feuchtegehalt (Bei Außenwänden z. B. infolge Schlagregen, häufig hohe Feuchte in Bädern etc., bei Estrichen z. B. als "Baufeuchte" aus der Herstellung) nicht ganz verhin- dern kann, ist es günstig, wenn der Baustoff gut dampfdurchlässig ist und so leicht austrocknen kann. In Bild 0-13 sind Feuchteverteilungen über die Zeit dargestellt von Probekörpern eines Stoffes mit guter Wasserabgabefähigkeit (oben) und schlechter Wasserabgabefähigkeit (unten). Die Probekörper sind vor der Austrocknung unter Wasser gelagert und haben daher die gleiche Feuchte über den Querschnitt. Die Probekörper werden dann aus dem Wasser herausgenommen. Sie sind umseitig beschichtet so dass die Austrocknung nur nach oben erfolgen kann. Der Feuchtegehalt ist durch den dunkel schraffierten Bereich angedeutet. Beim Probekörper mit guter Wasserabgabefähigkeit nimmt die Feuchte mit der Zeit sehr schnell ab. Da das Wasser im Probekör- per gut weitergeleitet wird, kommt es nur zu geringen Feuchtegradienten zwischen Oberfläche und Kern. Der Probekörper mit schlechter Wasserabgabefähigkeit nimmt die Feuchte mit der Zeit sehr langsam ab. Da das Wasser im Probekörper schlecht weitergeleitet wird, kommt es zu großen Feuch- tegradienten zwischen Oberfläche und Kern. Obwohl der Probekörper am Ende des Versuchs ober- flächlich genauso trocken ist wie Probekörper mit guter Wasserabgabefähigkeit, weist er in seinem Kern noch große Feuchte auf. Würde der Probekörper jetzt auch auf der Oberfläche mit einer dampf- dichten Beschichtung versehen, so wandert die Feuchte aus dem Kern nach oben an die Oberfläche und befeuchtet diese wieder. Bei einer feuchteempfindlichen Beschichtung kann es dann zu Feuchte- schäden kommen, z. B. Blasenbildung. Bei Bauteilen, die durch Regen beaufschlagt werden, sind auch Anstriche/-Beschichtungen oder Im- prägnierungen von Vorteil, welche die kapillare Wasseraufnahme stark behindern, den Dampftrans- port zwecks Wasserabgabe und Trocknung aber noch zulassen. Bild 0-13: Verteilung der Feuchtigkeit in einer Wand in Abhängigkeit von Zeit und kapillarem Wasserabgabevermögen R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 38 7 BESTÄNDIGKEIT Baustoffe sollen unter allen auftretenden Einflüssen möglichst unbegrenzt beständig sein. Diese For- derung bedeutet, dass sich die wichtigen Eigenschaften nicht verschlechtern, also Form und Zusam- menhalt bewahrt bleiben, die Festigkeit nicht verloren geht, das Formänderungsverhalten sich nicht verschlechtert und weitgehend auch das gewünschte Aussehen erhalten bleibt. Bild 7-1: Beständigkeit Witterungsbeständigkeit Die Einflüsse der Witterung, vor allem Wind, Regen, Sonnenschein, Temperaturwechsel und Frost, wirken zerstörend auf Baustoffe. Es können auch chemische Einwirkungen eine Rolle spielen, beson- ders in Industrie- und Großstadtluft. Die größte Bedeutung haben in unserem Klima die Zerstörungen durch Wasser und durch Frost. Unbeständig gegen Wasser sind Gips (der gelöst wird) und Lehm (der weich wird). Wasser kann auch manche Stoffe "auslaugen", z. B. einige Natursteine, oder zu Pilzbefall und Fäulnis bei Holz führen. Frostwiderstand wird in unserem Klima von allen Baustoffen gefordert, die der Witterung ausgesetzt sind. Frostzerstö- rungen entstehen überwiegend durch "Sprengwirkung" des Eises (Volumenzunahme um rd. 9 % beim Übergang von Wasser zu Eis). Gefährdet sind nur poröse Stoffe (Beton, Ziegel, manche Natursteine) deren Poren zum Großteil wassergefüllt sind. Da durch die Frosteinwirkung eine allmähliche Gefügelockerung auftritt, d. h. bei jedem Einfrieren eine erneute Mikro-Rissaufweitung stattfindet, wird der Frostwiderstand durch Frostversuche geprüft, bei denen die Proben einem häufigen Wechsel (25 bis 50, u. U. auch bis 200 und mehr) von Gefrieren bei -20 °C und Auftauen bei +20 °C ausgesetzt werden. Man beurteilt die Proben anschließend anhand R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 39 der Zerstörungen wie z. B. Kantenabplatzungen, Risse, Absprengungen, bleibende Dehnungen oder häufig anhand des Abfalls des E-Moduls. Bei gleichzeitiger Einwirkung von Frost und Tausalz (meist NaCl) werden die Zerstörungen meistens wesentlich stärker. Zerstörung durch Kristallisationsdruck Beim Verdunsten von Lösungen, die Salze (meist Sulfate, seltener Nitrate) enthalten, entstehen nicht nur unschöne Ausblühungen, sondern es kann durch die in den Poren des Baustoffes wachsenden Salzkristalle ein hoher Druck entstehen, der zu Zerstörungen führt. Alterung bezeichnet die im Laufe der Zeit eintretenden chemischen und physikalischen Veränderungen von Stoffen, oft in dem Sinne, dass sie spröde oder brüchig werden oder ihr Aussehen verändern. Die Alterung wird durch verschiedene Einflüsse hervorgerufen oder verstärkt, z. B. durch hohe Tempera- turen, UV-Strahlen und chemische Einwirkungen. Eine merkliche Alterung kann z. B. bei kaltverform- ten Stählen, bituminösen Stoffen und Kunststoffen auftreten. Chemische Beständigkeit (Korrosionsverhalten) Die Zerstörung oder Zersetzung von Baustoffen durch chemische Einflüsse (z. B. Rosten von Stahl) ist in allen Bereichen des Bauwesens besonders zu beachten und gegebenenfalls durch Schutzmaß- nahmen (Anstriche usw.) zu verhindern. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 40 8 WÄRMESCHUTZ (DIN 4108) (Temperaturangaben: T [K], t und [°C]) Der Wärmeschutz dient ganz allgemein folgenden Zielen: - Energie soll eingespart werden; durch eine hohe Wärmedämmung werden z. B. die Wärmeverluste von beheizten Wohnräumen oder von Warmwasser- und Heizrohrlei- tungen verringert, ebenso wird zum Kühlen von Kühlräumen oder klimatisierten Woh- nungen und Büros weniger Energie benötigt; die Summe an Energiekosten plus In- vestitionskosten für den Wärmeschutz soll dabei möglichst gering sein. - Es muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass sich durch eine ungenügende Wärmedämmung einzelner Bauteile eine zu niedrige Temperatur auf den Innenflä- chen der Bauteile einstellt und dadurch der Niederschlag von Wasserdampf (Tauwas- serbildung) möglich wird. Schimmelbildung und ungesundes Raumklima wären die Folge. - Im Sommer sollen sich die Räume nicht zu stark aufheizen, hierbei ist auch der Son- nenschutz der Fenster von großer Bedeutung. Bild 8-1: Ziele des Wärmeschutzes Die Spezifische Wärmekapazität c gibt an, wie viel Wärme (Einheit Joule) benötigt wird, um 1 kg eines Stoffes um 1 K zu erwärmen [massenbezogen]. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 41 Bild 8-2: Thermische Eigenschaften Die Wärmespeicherzahl S S c , Einheit kJ /(dm3 K ), gibt an, wie viel Wärme notwendig ist, um 1 dm³ eines Stoffes um 1 K zu erwärmen [volumenbezo- gen]. Je höher S ist und je dicker ein Bauteil ist, desto länger dauert es, bis sich ein Innenraum infolge Sonneneinstrahlung auf die Außenflächen erwärmt. Ein hohes Wärmespeichervermögen ist also günstig für den sommerlichen Wärmeschutz. Ebenso kühlt ein Raum bei hohem Wärmespeicherver- mögen der Wände nicht so rasch aus, besonders wenn außen eine zusätzliche Wärmedämmung an- geordnet ist. Dadurch werden die Tagestemperaturschwankungen bzw. die Schwankungen im Heiz- leistungsbedarf gedämpft. Tabelle 8-1: Rechenwerte der spezifischen Wärmekapazität ; c und der Wärmespeicherzahl S verschiedener Baustoffe (DIN V 4108 - 4) R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 42 Arten der Wärmeübertragung: 1. Wärmeleitung (Brownsche Molekularbewegung) 2. Konvektion (Massetransport) 3. Strahlung Bild 8-3: Arten der Wärmeübertragung 1. Wärmeübertragung durch Wärmeleitung Die Wärmeleitfähigkeit λ [W/(m K)] (oder Wärmeleitzahl) gibt an, welcher Wärmestrom in W (1 W = 1 J/s = 1 Nm/s) durch einen 1 m dicken Stoff auf einer Fläche von 1 m² bei einem Temperaturgefälle von 1 K pro m hindurchgeht (Bild 8-4). Bild 8-4: Wärmedurchlasskoeffizient und Wärmeleitfähigkeit R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 43 Wärmeleitzahlen für verschiedene Baustoffe sind in Tabelle 8-2 angegeben. Tabelle 8-2: Wärmeleitzahlen von Baustoffen Einen gewissen Einfluss hat auch das Gefüge: Bei gleicher Dichte haben amorphe Stoffe geringere - Werte als kristalline. Große Bedeutung hat der Feuchtigkeitsgehalt der Baustoffe, weil Wasser eine rund 24-mal größere Wärmeleitfähigkeit hat als ruhende Luft und außerdem erhebliche Wärmemen- gen infolge Wasserdampfdiffusion übertragen werden. In DIN 4108 - 4 sind Rechenwerte für die Wärmeleitfähigkeit angegeben, bei denen der praktische Feuchtigkeitsgehalt der Baustoffe berück- sichtigt ist. 2. Wärmeübertragung durch Konvektion Bei Baustoffen findet die Wärmeübertragung durch Konvektion im Wesentlichen durch sich bewegen- de Luft im Porenraum statt, die an der warmen Seite aufsteigt und an der kalten Seite abfällt. Hier- durch kommt es zu einer Zirkulation, die Wärme transportiert. Die Wärmeleitfähigkeit wird mit zunehmendem Porenanteil eines Stoffes geringer (Bild 8-5), weshalb bei porigen Baustoffen immer die zugehörige Rohdichte mit angegeben werden muss. Viele kleine Poren sind günstiger als wenige größere Hohlräume, weil in letzteren der Wärmetransport durch Kon- vektion stärker ins Gewicht fällt. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 44 Bild 8-5: Beziehung zwischen Wärmeleitfähigkeit und Rohdichte R verschiedener Bau- stoffe Der Wärmedurchlasskoeffizient berücksichtigt die Dicke s der Bauteilschicht , Einheit W /(m 2K ), s und gibt an, welcher Wärmestrom in W durch eine Fläche von 1m 2 bei einem Temperaturunterschied von 1 K zwischen den Bauteiloberflächen hindurchgeht. Der Wärmedurchlasswiderstand 1/ (Wärmedämmung) ist der Kehrwert von , Einheit m 2K/W. Bei mehrschichtigen Bauteilen ist der Wärmedurchlasswider- stand des Bauteils: 1 s1 s 2 1 2 s n , m 2 K / W n Die Wärmeeindringfähigkeit b ist ein Maß dafür, wie schnell ein Stoff Wärme aufnehmen oder abgeben kann: b c , kJ / m2h1/ 2K R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 45 Die Wärmeeindringfähigkeit b ist vor allem bei Fußböden von Bedeutung. Wenn b groß ist, wird bei Berührung eines kalten Stoffes die Wärme rasch von der Berührungsfläche abgeführt. Stoffe mit gro- ßem b wirken "fußkalt". Bild 8-6: Beispiele für die Wärmeeindringfähigkeit b 3.Wärmestrahlung Durch die Sonneneinstrahlung können Bauteile erheblich erwärmt werden - besonders an strahlungs- reichen Sommertagen. Die Temperaturen an den beschienenen Oberflächen liegen dabei oft höher als die Lufttemperatur. Die Farbe der Flächen hat einen erheblichen Einfluss auf den absorbierten bzw. reflektierten Strahlungsanteil und damit auf die auftretende Oberflächentemperatur (Bild 8-11). Die Erwärmung der Oberfläche ist außerdem umso größer, je steiler der Einfallswinkel der Strahlung ist. In Mitteleuropa erwärmen sich deshalb Westwände stärker als Südwände (Bild 8-12), noch stärker werden horizontale Flächen aufgeheizt. Der Temperaturanstieg im Innenraum bei einer Erwärmung der Außenflächen ist umso geringer, je kleiner der Wärmedurchgangskoeffizient k (Wärmedämmung großes 1/) und je höher das Wärmespeichervermögen (spez. Wärme, Rohdichte und Wanddicke) der Bauteile sind. Großen Einfluss haben auch der Fensteranteil und konstruktive Gegebenheiten (vorstehende Dächer und Balkone, Jalousien, belüftete Dächer usw.). Besonders muss auch die infolge der Erwärmung auftretende Temperaturdehnung beachtet werden. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 46 Bild 8-7: Oberflächentemperatur von Außenputzen verschiedener Färbung (nach Westen orientierte 300 mm dicke Wand aus Naturbims-Hohlblocksteinen) Bild 8-8: Oberflächentemperaturen auf verputzten Außenwänden an einem Sommertag 9 SCHALLSCHUTZ (DIN 4109) Im Bauwesen unterscheidet man Luftschall, der sich in der Luft ausbreitet und Körperschall, der sich in festen Körpern ausbreitet. Eine hohe Luftschalldämmung wird erreicht durch 1) Wände mit großer Masse je m², 2) zweischalige Wände, 3) biegeweiche Wandbekleidungen. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 47 Wichtig sind schalldichte Anschlüsse z. B. der Wohnungstrennwände an die Außenwände und ausrei- chend große flächenbezogene Masse der flankierenden Wände. Haben die flankierenden Wände eine Masse von 300 kg/m², so wird die Mindestschalldämmung R'w = 53 dB mit einer Trennwand mit 410 kg/m² erreicht. Für die verbesserte Schalldämmung R'w = 55 dB sind bei der Trennwand schon 490 kg/m² erforderlich. Körperschall wird vor allem durch weichfedernde Stoffe gedämmt. Zur Trittschalldämmung eignen sich daher weiche Beläge (Kunststoff, Kork, Teppiche) und schwimmende Estriche, d. h. Estriche, die auf einer weichen Schicht, z. B. Mineralwolle- oder Kunststoffschaumplatten, verlegt werden. Installati- onsgeräuschen muss vor allem durch Verwendung leiser Armaturen sowie durch Ummantelung der Leitungen mit weichfedernden Stoffen begegnet werden. Der Nachhall in Räumen, der die Sprachverständlichkeit verschlechtern kann, wird durch porige Stoffe und oberflächig gelochte Stoffe vermindert, die auf den Rauminnenflächen angebracht werden und schallschluckend wirken (d. h. der Schall wird an solchen Oberflächen wenig reflektiert). 10 BRANDSCHUTZ In Deutschland kommen im Jahr ca. 400 Menschen bei Bränden im Wohnbereich ums Leben. Bau- werke sollen so beschaffen sein, dass Schadensfeuer und deren mögliche katastrophale Auswirkun- gen auf die Menschen und die Volkswirtschaft weitgehend vermieden werden. Die Bestimmungen sind vor allem so gehalten, dass bei einem Schadensfeuer a) die Ausbreitung so langsam vor sich geht, dass sich die im Gebäude befindlichen Personen in Sicherheit bringen können und b) die Löschmannschaften nicht gefährdet werden. Bild 10-1: Vom Brand ausgehende Gefahren R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 48 Bild 10-2: Brandverhalten von Baustoffen Bestimmungen über den vorbeugenden Brandschutz im Hochbau finden sich in den Bauordnungen der Bundesländer. Darin werden Forderungen bezüglich des Brandverhaltens von Baustoffen und Bauteilen gestellt. In DIN 4102 werden die brandschutztechnischen Begriffe genauer festgelegt und die Baustoffe nach ihrer Brennbarkeit sowie die Bauteile nach ihrer Feuerwiderstandsklasse eingeteilt. Baustoffe werden nach ihrer Brennbarkeit unterschieden in Baustoffe der Klasse A (nicht brennbar) und Baustoffe der Klasse B (brennbar) mit der in Bild 10.3 angegebenen weiteren Untergliederung. *) Es gibt auch nichtbrennbare und schwerentflammbare Baustoffe, die brennbare Bestandteile enthalten. Sie dürfen wie nichtbrennbare und schwerentflammbare Baustoffe verwendet werden, wenn sie in DIN 4102 Teil 4 aufgelistet sind oder aufgrund eines Brandversuches ein entsprechendes Prüfzeichen erhalten haben. Bild 10-3: Brennbarkeit von Baustoffen nach DIN 4102 R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 49 Bild 10-4: Schematische Darstellung eines Brandes Bild 10-5: Einheitstemperaturkurve (DIN 4102) Bauteile (z. B. Wände, Decken, Stützen) werden nach ihrer Feuerwiderstandsdauer eingeteilt in Klas- sen F 30, F 60, F 90, F 120, F 180, wobei die Zahl die Zeit in Minuten bedeutet, während der ein Bau- teil im Brandversuch (Bild 10.4) bestimmte Anforderungen erfüllt, z. B. hinsichtlich Feuerdurchgang, Erwärmung auf der dem Brand abgewandten Seite, Standfestigkeit (ab F 90 auch bei Löschwas- sereinwirkung). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 50 Brandwände, die größere Gebäude oder Gebäudegruppen in Brandabschnitte unterteilen, müssen alle Anforderungen der Klasse F 90 und darüber hinaus weitere Prüfkriterien erfüllen (z. B. bei Stoß- belastung standsicher bleiben). Verschiedene Sonderbauteile werden nach speziellen Prüfkriterien in Feuerwiderstandsklassen eingeteilt (Bild 10.6). Bild 10-6: Feuerwiderstandsklassen von Bauteilen nach DIN 4102 11 FORMÄNDERUNGEN Bild 11-1: Einteilungen der Formänderungen Die Dehnung ist das Verhältnis von Längenänderung l zur Ausgangslänge lo : l lo R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 51 11.1 Lastunabhängige Formänderungen Temperaturdehnung (Wärmedehnung) Die Dehnung T infolge einer Temperaturänderung T ist: T T T T ist der (lineare) Temperaturkoeffizient mit der Einheit 1/K. Tabelle 11-1: Temperaturkoeffizient von Baustoffen Der Volumendehnkoeffizient VT ist entsprechend der Volumenvergrößerung bei einer Tempera- turänderung um 1 K : VT 3 T. 1 1 Für Gase gilt näherungsweise VT 273 K Schwinden und Quellen ist die Volumenverkleinerung bei Feuchtigkeitsabgabe (Schwinden) und Volumenvergrößerung bei Feuchtigkeitsaufnahme (Quellen). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 52 Tabelle: 11-2: Schwinden und Quellen von Baustoffen Schrumpfen und Treiben Sind Volumenänderungen durch chemische Vorgänge (irreversibel). Bild 11-2: Lastunabhängige Formänderung Beispiele: - bei Zementleim: Schrumpfen durch Wasserbindung des Zementes (führt zur Volumenminderung), im Beton entstehen dadurch nur Poren und kaum äußere Formänderungen, - bei Beton: Treiben bei Beginn eines Zerstörungsvorganges, z. B. bei Frostschaden oder Sulfat- schaden, - bei Gips: Treiben beim Erhärten, sogenannte Bindedehnung um 1 Vol.-%, - bei Kunstharzen: Schrumpfen durch die chemische Reaktion bei der Erhärtung, z. B. - bei UP-Harzen: (ungesättigte Polyester) 8 Vol.-%, bei Epoxid-Harzen 0,5 Vol.-%. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 53 12 FORMÄNDERUNG DURCH BELASTUNG 12.1 Allgemeines Die Brauchbarkeit eines Werkstoffs im konstruktiven Ingenieurbau wird vor allem durch seine mecha- nischen Eigenschaften bestimmt. Neben den Festigkeiten spielt auch die Formänderung durch Belas- tung eine wesentliche Rolle. Die Formänderungseigenschaften hängen u. a. von der aufgebrachten Spannung, der Belastungsgeschwindigkeit, der Temperatur und der Prüfkörpergeometrie ab. Durch genormte Prüfverfahren versucht man Form-änderungseigenschaften so zu beschreiben, dass sie ein klares Bild über das Verhalten des Werkstoffs liefern können. Ein einfacher und übersichtlicher Fall einer Beanspruchung ist die reine axiale Zugbeanspruchung. Im Prüfverfahren im Labor wird sie definiert erzeugt, indem man einen langen, stabförmigen Probekörper in eine Zugprüfmaschine einspannt und an beiden Enden in Längsrichtung des Stabes eine Zugkraft angreifen lässt. Bild 12-1: Schematische Darstellung des Zugversuchs F Kraft (N) lo ursprüngliche Länge Ao ursprüngliche Querschnittsfläche l Länge bei Kraft F l Verlängerung zufolge F A Querschnittsfläche bei F Man misst die Kraft F und die zugehörige Verlängerung l. Die Spannung ist definiert als Kraft F durch die Ausgangsfläche Ao R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 54 F Ao , N / mm2 Die Dehnung ε ist die Längenänderung l bezogen auf die Ausgangslänge lo l , lo Trägt man in einem Diagramm auf der Abszisse die Dehnung ε und auf der Ordinate die Spannung auf, so erhält man ein Spannungs-Dehnungsdiagramm (-ε-Diagramm) (Bild 12-2). Solche Diagramme charakterisieren das Verformungsverhalten der Baustoffe. Dabei ist sowohl die Kurve für Belastung als auch für Entlastung von Interesse. Die Last-Verformungslinie nennt man auch Arbeitslinie, da die Fläche, die von dieser Linie mit der Abszisse gebildet wird (d. h. das Integral der Kurve), die bei der Belastung aufgewandte Arbeit darstellt. Die bis zum Bruch aufgewandte Energie nennt man Bruchenergie (Bild 12-3). Beim Verformungsverhalten unterscheidet man bei den Werkstoffen zwischen elastischen, plastischen und viskosen Verformungsanteilen, aus denen sich die Arbeitslinie zusammensetzen kann. Bild 12-2: Spannungs-Dehnungslinie Beispiele R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 55 Bild 12-3: Arbeitslinie und Bruchenergie 12.2 Elastisches Verhalten Elastisches Verhalten zeigt sich darin, dass durch äußere Kräfte verursachte Dehnungen nach der Entlastung sofort und vollständig zurückgehen. Wenn die Spannungs-Dehnungslinie dabei linear ist, spricht man von linear- oder idealelastischem Verhalten. Die Steigung der Geraden gibt einen wesent- lichen Materialkennwert wieder; den Elastizitätsmodul (kurz E-Modul) E: E , Einheit N / mm 2 E hat also dieselbe Einheit wie die Spannung, da ε dimensionslos ist. Die Gleichung drückt aus, dass zwischen und ε eine lineare Beziehung besteht, was als Hookesches Gesetz bekannt ist. R. Hooke umschrieb 1678 das Gesetz mit "ut tensio sic vis", „wie die Dehnung so die Kraft“. Da die Spannungen senkrecht zu der betrachteten Fläche wirken, nennt man sie Normal- spannungen. Wenn sie Zugspannungen sind, sind sie positiv (+), als Druckspannungen sind sie nega- tiv (-) (Bild 12-5). Ebenso gibt es positive (+) und negative (-) Dehnungen. Letztere nennt man auch Stauchungen. Spannungskomponenten, die parallel zur betrachteten Fläche wirken, nennt man Schubspannungen (Bild 12-5). Die Schubverformung ist ( Bild 12 5) G Der Schubmodul ist G R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 56 Bild 12-4: Elastisches Verhalten Bild 12-5: Verformungen unter Normalspannungen und Schubspannungen Wenn man beim Zugversuch die Dicke des Stabes mit steigender Last misst, stellt man fest, dass gleichzeitig mit der Längsdehnung εl eine negative Querdehnung εq auftritt (siehe Bild 12-5). Die Querdehnzahl ist damit das Maß der Querdehnung zur aufgebrachten Längsdehnung. q l R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 57 1 Die Poissonszahl ist der Kehrwert von , kann höchstens 0,5 erreichen, siehe auch Bild 12-7. Aus E und kann man den Schub- oder Gleitmodul G ermitteln. E G. 2 1 Im Zugversuch entsteht in dem Stab ein einachsiger Spannungszustand, d. h. es gibt nur in einer Richtung eine Hauptspannung. Wenn in einem Körper in 2 oder 3 Richtungen Spannungen wirken, so spricht man von einem zwei- oder dreiachsigen Spannungszustand. Das Hookesche Gesetz lautet dann für homogene, isotrope Körper: 1 1 1 2 3 , E 2 1 2 1 3 , E 3 1 3 1 2 , E Bild 12-6: Zugspannungen und Schubspannungen, die auf einen festen Stoff wirken können. Wenn - xx = - yy = - zz dann herrscht hydrostatischer Druck R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 58 Bild 12-7: Elastisches Verhalten, Beispiele für E und Das reale Verhalten entspricht jedoch nicht dem einfachen Hookeschen Federmodell. In Bild 12-2 ist schematisch die Spannungs-Dehnungs-Linie eines unbehandelten Stahls dargestellt. Während bei geringen Spannungen der lineare Zusammenhang zwischen und gegeben ist, nimmt ab einer be- stimmten Spannung, der sog. Streckgrenze, die Dehnung stetig zu. Der Stahl fließt und weist plasti- sche Dehnungen auf. Wird er danach entlastet, so gehen nur die elastischen Dehnungen zurück, die plastischen Dehnungen bleiben erhalten. 12.3 Plastisches Verhalten Bei vielen kristallinen technischen Stoffen tritt nach Erreichen einer bestimmten Grenzspannung ein "Fließen" des Werkstoffes auf, bei dem die Verformung plötzlich zeitabhängig zunimmt, ohne dass die Spannung erhöht zu werden braucht. Ein derartiges Verhalten wird durch das St. Venant’sche Rei- bungselement beschrieben (Bild 12-8). Am Reibungselement greift eine Kraft F an. Solange diese Kraft die Haftreibung nicht überschreitet, treten keine Verschiebungen des Reibungselementes auf. Wenn die Kraft die Haftreibung, als Summe der Grenzspannung, überschreitet, beginnt das Reibungselement zu rutschen, Verschiebung tritt auf. Falls die Gleitreibung gleich der Haftreibung ist muss die Kraft konstant gehalten werden, um das Reibungselement weiter zu verschieben. Unterschreitet die angreifende Kraft die Reibkraft, kommt das Reibelement zum Stillstand. Weitere Verschiebung tritt nicht auf. Die aufgebrachte Verschiebung geht auch nicht zurück (Bild 12-8 u.12-9). Bei einer geringeren Gleitreibung kann die Kraft nach Erreichen der Grenzspannung verringert wer- den. Ideal-plastisches Verhalten, bei Erreichen einer bestimmten Grenzkraft kommt es zu immer größeren Verformungen bei konstanter Kraft, kann F damit durch das St. Venant’sche Reibungselement darge- stellt werden, wenn Gleitreibung gleich Haftreibung ist (Bild 12-9). R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 59 Bild 12-8: St. Venant’sches Reibungselement Bild 12-9: Der St. Venant’sche Körper und die ideal-plastische Spannungs-Dehnungs-Linie Unbehandelter Stahl zeigt ein elastisch-plastisches Verhalten, siehe Bild 12-2. Zunächst nimmt die Dehnung mit der Spannung linear zu (elastischer Bereich). Nach Erreichen einer gewissen Spannung, nehmen die Dehnungen annähernd linear zu, ohne dass die Kraft erhöht werden muss (plastischer Bereich). Die plastischen Verformungen gehen bei einer Entlastung nicht mehr zurück (bleibende Verformungen), (Bild 12.2). Ein solches Verhalten lässt sich brauchbar annähern, wenn man nach Ende der elastischen Verfor- mung eine plastische Verformung annimmt, was im --Diagramm durch zwei Geraden angenähert wird. Eine für den elastischen Bereich und eine für den plastischen Bereich. Die Entlastungslinie ver- läuft jeweils parallel zur Belastungslinie des elastischen Bereichs. R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 60 Um das Verhalten eines unbehandelten Stahls modellhaft zu beschreiben wird also eine Hookesche Feder und ein St. Venant’scher Körper benötigt. Die Kombination der beiden Körper in Reihe wird als Prandtl-Körper bezeichnet (Bild 12-10). Wird die angreifende Spannung langsam von Null aufgebracht, so wird die Hookesche Feder zu- nächst mit zunehmender Spannung linear gedehnt. Der St. Venant’scher Körper bewegt sich zunächst nicht. Bei Erreichen der Grenzspannung ist die Feder um den elastischen Anteil gedehnt. Nun beginnt der St. Venant’scher Körper zu rutschen. Die Dehnung nimmt zu, ohne dass die Spannung gesteigert werden muss. Da die Gleitreibung gleich der Haftreibung angenommen wurde, muss die Spannung aber gleich hoch bleiben, daher bleibt auch die Hookesche Feder um den elastischen Anteil gedehnt. Wird die Spannung entfernt, so geht die elastische Dehnung, die in der Hookeschen Feder gespei- chert ist wieder vollständig zurück, während die plastische Dehnung erhalten bleibt. Dieser Zusam- menhang ist in Bild 12-10 und Bild 1211 dargestellt. Bild 12-10: Prandtl-Körper Bild 12-11: Schematische Darstellung einer Kraft-Verformungslinie am Beispiel des Prandtl-Körpers R U B BAUSTOFFTECHNIK Allgemeine Grundlagen Seite 61 12.4 Viskoses Verhalten Der Zugversuch mit stetig steigender Spannung genügt häufig nicht, um das Verhalten eines Werk- stoffs unter Last ausreichend zu beschreiben. Viele Werkstoffe zeigen bereits bei geringen aufge- brachten Spannungen eine deutliche Zunahme der Verformung mit der Zeit. Dieses Verhalten nennt man viskoelastisch. Das heißt ihre Verformung unter Last lässt sich auf viskose und elastische Anteile zurückführen. Während die elastischen Anteile unabhängig von der Zeit sind, bedeutet viskos, dass die Verformung unter einer konstanten Last, auch auf geringem Niveau, mit der Zeit stetig zunimmt. Bei genauer Betrachtung verhalten sich alle realen, festen Werkstoffe viskoelastisch. Es gibt jedoch große Unterschiede im Ausmaß der viskosen Verformungsanteile. Bei Stahl z. B. sind sie bei geringer Belastung sehr klein und man kann ihn deshalb als elastischen Werkstoff ansehen. Bei Kunststoff dagegen fallen sie meist spürbar ins Gewicht und man spricht deshalb von einem viskoelastischen Werkstoff. Das viskoelastische Verhalten wird im Allgemeinen durch Kriechen und Relaxation be- schrieben. 12.4.1 Kriechen Belastet man einen viskoelastischen Stoff rasch mit einer Spannung , so stellt sich sofort die elasti- sche Dehnung εel ein. Lässt man dann über längere Zeit wirken, so tritt mit der Zeit eine zunehmen- de Verformung auf. Diese Erscheinung nennt man Kriechen. Entlastet man nach einer gewissen Zeit, so geht el sofort zurück und die Kriechverformung bleibt. In der weiteren Zeit geht auch die Kriechver- formung teilweise zurück (reversible Kriechverformung k,r) und nur der irreversible Teil k,ir bleibt er- halten (Bild 12-12). Den zeitabhängigen Quotienten aus Kriechverformung k und elastischer Verformung el nennt man die Kriechzahl t: k t el Die gesamte Dehnung unter Dauerlast ist dann: ges t el k el t el 1 t E t kann für Beton bis zu 6 betragen, so dass die Kriechverformung sechs Mal größer als die elastische Verformung werden kann. R U B BAU