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Staatliche Seminare für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Karlsruhe und Mannheim

2024

Stefan Baust, Dr. Edeltrud Ditter-Stolz, Lars Hoffmann, Stefan Köhler, Dieter Schroff, Dr. Rüdiger Stein und Jörg Weber

Tags

schulrecht beamtenrecht bildung ausbildung

Summary

This document is a collection of texts on school and civil servant law, created for internal use in teacher training at the State Seminaries for Teacher Training and Further Education in Karlsruhe and Mannheim. It covers various topics including fundamental legal principles, the legal status of public schools, and the educational and training mandate of schools.

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Schul- und Beamtenrecht Textsammlung erstellt zur internen Verwendung für die SBR-Ausbildung an den Staatlichen Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Karlsruhe und Mannheim (Werkreal-, Haupt- und Realschule)...

Schul- und Beamtenrecht Textsammlung erstellt zur internen Verwendung für die SBR-Ausbildung an den Staatlichen Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Karlsruhe und Mannheim (Werkreal-, Haupt- und Realschule) Stand: Januar 2024 Die Bausteine dieser Textsammlung wurden erstellt und bearbeitet von: Stefan Baust, Dr. Edeltrud Ditter-Stolz, Lars Hoffmann, Stefan Köhler, Dieter Schroff, Dr. Rüdiger Stein und Jörg Weber Redaktion für die Ausgabe Januar 2024: Stefan Baust, Lars Hoffmann und Jörg Weber Zeichnungen: Jessica Binder Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Urheberrecht Texte, Bilder und Grafiken sowie die Gestaltung dieser Textsammlung unterliegen dem Urheberrecht. Sie dürfen von Ihnen nur zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch im Rahmen des § 53 Urheberrechtsgesetz (UrhG) ohne jede Änderung vervielfältigt werden. Eine Verbreitung von Kopien (analog oder digital) oder Auszügen ist nur mit schriftlicher Genehmigung zulässig. 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Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen......................................................................... 13 1.1 Weshalb muss eine künftige Lehrkraft schul- und beamtenrechtliche Normen kennen? 14 1.2 Das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland...................................................... 14 1.2.1 Rechtsstaatsprinzip.................................................................................................. 14 1.2.2 Demokratieprinzip..................................................................................................... 15 1.2.3 Bundesstaatliche Ordnung, Föderalismus................................................................ 16 1.2.4 Sozialstaatsprinzip.................................................................................................... 16 1.3 Rechtsnormen.................................................................................................................. 16 1.3.1 Zivilrecht................................................................................................................... 16 1.3.2 Öffentliches Recht.................................................................................................... 17 1.3.3 Die Normenhierarchie............................................................................................... 17 1.3.4 Wesentlichkeitstheorie.............................................................................................. 18 1.3.5 Freie und gebundene Entscheidung / Ermessensspielraum.................................... 18 1.3.6 Verwaltungsakt......................................................................................................... 19 1.3.7 Schlichtes Verwaltungshandeln................................................................................ 20 1.4 Die Rechtsstellung der öffentlichen Schule..................................................................... 20 1.4.1 Die Schule als nichtrechtsfähige öffentliche Anstalt................................................. 20 1.4.2 Die Schule als Behörde............................................................................................ 21 1.4.3 Die „Generalklausel” nach Schulgesetz § 23 Abs. 2................................................ 22 1.5 Die Kulturhoheit der Länder............................................................................................. 22 1.5.1 Grundgesetzliche Regelungen................................................................................. 22 1.5.2 Die Vereinheitlichung des Schulwesens in der Bundesrepublik............................... 23 1.6 Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule............................................................ 24 1.6.1 Auszüge aus der Landesverfassung Baden-Württembergs..................................... 24 1.6.2 Erziehungs- und Bildungsziele im Schulgesetz........................................................ 25 1.7 Aufbau des Schulwesens in Baden-Württemberg........................................................... 25 1.7.1 Schularten in Baden-Württemberg........................................................................... 25 1.7.2 Schularten mit Sek I und deren Profile..................................................................... 26 3 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.7.3 Schulstufen............................................................................................................... 26 1.7.4 Schultypen................................................................................................................ 27 1.7.5 Bildungswege in Baden-Württemberg (vereinfachte Darstellung)............................ 28 1.8 Schulaufsicht, Dienstweg................................................................................................. 29 1.9 ZSL, IBBW, Referenzrahmen Schulqualität..................................................................... 30 1.10 Institutionen und Partner der Schulen.............................................................................. 30 1.11 Fallbeispiele..................................................................................................................... 31 2. Baustein 2: Aufsichtspflicht................................................................................................. 32 2.1 Rechtliche Grundlagen..................................................................................................... 33 2.1.1 Grundgesetz (GG).................................................................................................... 33 2.1.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)............................................................................... 33 2.1.3 Strafgesetzbuch (StGB)........................................................................................... 33 2.1.4 Landesverfassung (LV)............................................................................................ 33 2.1.5 Schulgesetz (SchG) Baden-Württemberg................................................................. 33 2.1.6 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG)........................................................................... 34 2.1.7 Weitere Rechtsvorschriften....................................................................................... 34 2.2 Begründung der Aufsichtspflicht...................................................................................... 34 2.2.1 Grundsätze und Maßnahmen................................................................................... 35 2.2.2 Kriterien und Richtlinien............................................................................................ 36 2.3 Rechtliche Konsequenzen bei Aufsichtspflichtverletzungen............................................ 38 2.3.1 Zivilrecht / öffentliches Recht / Strafrecht................................................................. 38 2.3.2 Disziplinarrecht......................................................................................................... 39 2.3.3 Stufen der Schuld..................................................................................................... 40 2.4 Gesetzliche Schülerunfallversicherung............................................................................ 41 2.5 Freiwillige Schülerzusatzversicherung............................................................................. 42 2.6 Schadenshaftung - Beispiele........................................................................................... 43 2.7 Fallbeispiele..................................................................................................................... 44 3. Baustein 3: Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen........................................................ 45 3.1 Begründung und Zielsetzung........................................................................................... 46 3.2 Pädagogische Maßnahmen............................................................................................. 46 3.3 Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen.......................................................................... 48 4 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 3.3.1 Grundsätze............................................................................................................... 48 3.3.2 Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen (§ 90 Abs. 3 SchG) - Übersicht................. 48 3.4 Widerspruch..................................................................................................................... 50 3.4.1 Formen des Widerspruchs........................................................................................ 50 3.4.2 Ablauf eines Widerspruchs bzw. einer Anfechtung.................................................. 51 3.5 Fallbeispiele..................................................................................................................... 52 4. Baustein 4: Leistungsfeststellung....................................................................................... 53 4.1 Grundsätze...................................................................................................................... 54 4.2 Zusammenhang von Leistungsmessung und Notenbildung............................................ 55 4.3 Leistungsmessung und Notengebung............................................................................. 55 4.3.1 Der pädagogische Beurteilungsspielraum / die pädagogische Verantwortung........ 55 4.3.2 Die unmittelbare pädagogische Verantwortung und ihre Grenzen........................... 56 4.4 Leistungsfeststellung....................................................................................................... 57 4.4.1 Klassenarbeiten und schriftliche Wiederholungsarbeiten (NVO § 8)........................ 57 4.4.2 Zahl der Klassenarbeiten und schriftl. Wiederholungsarbeiten (NVO § 9)............... 58 4.4.3 Projektarbeit (NVO § 9a).......................................................................................... 59 4.4.4 Weitere Formen der Diagnose und Kompetenzüberprüfung.................................... 59 4.4.5 Leistungsnoten (NVO § 5)........................................................................................ 60 4.4.6 Benotung der Rechtschreibung (NVO § 9b)............................................................. 60 4.4.7 Die allgemeine Beurteilung....................................................................................... 60 4.4.8 Noten in Verhalten und Mitarbeit.............................................................................. 61 4.4.9 Hausaufgaben und Notengebung (NVO § 10).......................................................... 61 4.5 Förderbedarf und Behinderungen – Nachteilsausgleich.................................................. 62 4.5.1 Rechtliche Regelungen............................................................................................. 62 4.5.2 Allgemeine Ziele und Grundsätze............................................................................. 62 4.5.3 Maßnahmen des Nachteilsausgleichs (ohne besonderes „Notenprivileg“).............. 62 4.5.4 Lese-Rechtschreibschwäche - LRS........................................................................ 63 4.6 Fremdsprachenregelung.................................................................................................. 64 4.7 Täuschungshandlung / Fehlen bei Leistungsfeststellung................................................ 65 4.7.1 Täuschungshandlung / Täuschungsversuch (NVO § 8 Abs. 6)................................ 65 4.7.2 Versäumnis und Verweigerung bei einer Leistungsüberprüfung.............................. 65 5 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 4.8 Versetzungsordnungen.................................................................................................... 66 4.8.1 Hauptschule / Werkrealschule (WRSVO)................................................................. 66 4.8.2 Realschulversetzungsordnung.................................................................................. 68 4.8.3 Wechsel der Niveaustufen an der Realschule – Übersicht....................................... 71 4.8.4 Möglichkeiten der Versetzung trotz Nichterreichen der Anforderungen................... 72 4.8.5 Regelungen für die Gemeinschaftsschule (GemSchulSek I VO § 6)........................ 73 4.8.6 VwV GMS Schullaufbahnentscheidung - Auszug..................................................... 74 4.9 Abschlussprüfungen......................................................................................................... 76 4.9.1 Hauptschulabschlussprüfung.................................................................................... 76 4.9.2 Werkrealschulabschlussprüfung............................................................................... 80 4.9.3 Realschulabschlussprüfung...................................................................................... 83 4.10 Multilaterale Versetzungsordnung.................................................................................... 87 4.10.1 Multilaterale Versetzungsordnung (MVO vom 19.04.2016)...................................... 87 4.10.2 Wechsel in eine höhere Ebene................................................................................. 88 4.10.3 Wechsel in eine niedrigere Ebene............................................................................ 89 4.10.4 Besondere Regeln für die GMS (§ 9)........................................................................ 89 4.10.5 Ergänzende Regelungen (§ 11) - Auszug................................................................. 89 4.11 Fallbeispiele..................................................................................................................... 90 5. Baustein 5: Lehrkräfte und Schulleitung............................................................................ 91 5.1 Der Schulleiter.................................................................................................................. 92 5.2 Die Lehrkräfte................................................................................................................... 93 5.3 Fallbeispiele..................................................................................................................... 94 6. Baustein 6: Konferenzen...................................................................................................... 95 6.1 Vorbemerkungen.............................................................................................................. 96 6.2 Lehrerkonferenzen........................................................................................................... 96 6.2.1 Gesamtlehrerkonferenz............................................................................................ 97 6.2.2 Klassen-, Lerngruppen- und Jahrgangsstufenkonferenz.......................................... 98 6.2.3 Fachkonferenz.......................................................................................................... 99 6.3 Schulkonferenz.............................................................................................................. 100 6.4 Fallbeispiele................................................................................................................... 102 7. Baustein 7: Eltern und Schule........................................................................................... 103 6 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 7.1 Rechtliche Grundlagen.................................................................................................. 104 7.1.1 Elternrecht als vorstaatliches Recht....................................................................... 104 7.1.2 Elterliches Sorgerecht............................................................................................. 104 7.1.3 Kindeswohlgefährdung (BGB § 1666 Abs. 1)......................................................... 104 7.1.4 Aufsichtspflicht der Eltern....................................................................................... 105 7.2 Elterlicher und schulischer Erziehungsauftrag............................................................... 105 7.3 Elternbegriff in der Schule.............................................................................................. 106 7.4 Mitwirkungsrechte der Eltern......................................................................................... 107 7.4.1 Individualrechte....................................................................................................... 107 7.4.2 Kollektiv- und Repräsentationsrechte..................................................................... 107 7.5 Die Klassenpflegschaft.................................................................................................. 108 7.6 Der Elternbeirat (EBR)................................................................................................... 110 7.7 Die Ebenen der Elterngremien....................................................................................... 112 7.8 Fallbeispiele................................................................................................................... 113 8. Baustein 8: Schüler............................................................................................................. 114 8.1 Die Schulpflicht.............................................................................................................. 115 8.1.1 Gesetzliche Grundlagen......................................................................................... 115 8.1.2 Anmerkungen zur Schulpflicht................................................................................ 115 8.1.3 Fernbleiben von unterrichtlichen Veranstaltungen................................................. 116 8.1.4 Rechtsfolgen bei Verletzung der Schulpflicht......................................................... 117 8.2 Die Schülermitverantwortung......................................................................................... 117 8.3 Die Schülerzeitung......................................................................................................... 118 8.4 Wichtige Altersgrenzen.................................................................................................. 119 8.4.1 Religionsmündigkeit der Schüler............................................................................ 119 8.4.2 Weitere Altersgrenzen............................................................................................ 119 8.5 Jugendschutzbestimmungen......................................................................................... 120 8.5.1 Jugendschutzgesetz............................................................................................... 120 8.5.2 Jugendschutz / Kinderschutz.................................................................................. 120 8.6 Fallbeispiele................................................................................................................... 121 9. Baustein 9: Urheberrecht, Datenschutz und Internetnutzung........................................ 122 9.1 Grundsätzliches zum Urheberrecht und zu weiteren Schutzrechten............................. 123 7 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 9.1.1 Der Schutz geistigen Eigentums durch das Urheberrecht...................................... 123 9.1.2 Leistungsschutzrechte............................................................................................ 124 9.1.3 Das Recht am eigenen Bild nach dem Kunsturhebergesetz (KunstUrhG)............. 124 9.2 Das Urheberrecht in der schulischen Praxis.................................................................. 125 9.2.1 Hintergrundinformationen....................................................................................... 125 9.2.2 Fotokopien.............................................................................................................. 126 9.2.3 Digitale Kopien........................................................................................................ 127 9.2.4 Die öffentliche Zugänglichmachung von Werken.................................................... 128 9.2.5 Schulveranstaltungen und öffentliche Aufführungen.............................................. 129 9.2.6 Der Einsatz von CDs und DVDs/Blu-Ray-Discs im Unterricht................................ 130 9.2.7 Aktuelle Beiträge zum Zeitgeschehen.................................................................... 131 9.2.8 Aufzeichnung fremder Filmwerke im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung........... 131 9.2.9 Streaming................................................................................................................ 131 9.2.10 Medien des Landesmedienzentrums...................................................................... 132 9.2.11 Checklisten zum Urheberrecht................................................................................ 132 9.3 Datenschutz................................................................................................................... 133 9.3.1 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.................................................. 133 9.3.2 Datenschutz in der Schule...................................................................................... 134 9.3.3 Personenbezogene Daten von Schülern und deren Erziehungsberechtigten........ 134 9.3.4 Einsatz von informationstechnischen Systemen zur Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags.................................................................................................................... 135 9.3.5 Datenverarbeitung auf privaten Computern der Lehrkräfte.................................... 136 9.3.6 Belehrung zum Datenschutz................................................................................... 138 9.3.7 Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Schulevaluation............ 138 9.3.8 Verarbeitung von Lehrerdaten................................................................................ 139 9.3.9 Veröffentlichung von Daten in Druckerzeugnissen und im Internet........................ 139 9.3.10 Prüfungsarbeiten..................................................................................................... 139 9.4 Internetnutzung.............................................................................................................. 140 9.4.1 Jugendschutz.......................................................................................................... 140 9.4.2 Haftung für die Inhalte der Schul-Homepages und deren Links............................. 141 9.4.3 E-Mails und Postgeheimnis.................................................................................... 141 8 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 9.4.4 Digitale Lernplattformen und Kommunikationsplattformen..................................... 142 9.4.5 Cybermobbing........................................................................................................ 143 9.5 Fallbeispiele................................................................................................................... 144 10. Baustein 10: Beamtenrecht................................................................................................ 145 10.1 Grundlagen.................................................................................................................... 146 10.1.1 Der Beamte............................................................................................................. 146 10.1.2 Der Lehrer als Beamter.......................................................................................... 147 10.1.3 Abgrenzung zwischen Beamten- und Angestelltenverhältnis................................. 147 10.1.4 Dienstherrnfähigkeit................................................................................................ 148 10.1.5 Organe des Dienstherrn......................................................................................... 148 10.2 Das Beamtenverhältnis.................................................................................................. 148 10.2.1 Persönliche Voraussetzungen................................................................................ 148 10.2.2 Arten....................................................................................................................... 149 10.2.3 Ernennung.............................................................................................................. 149 10.2.4 Kriterien der Ernennung.......................................................................................... 150 10.2.5 Probezeit................................................................................................................. 151 10.2.6 Bewährung.............................................................................................................. 152 10.2.7 Laufbahnrecht......................................................................................................... 153 10.2.8 Statusrechtliche Änderungen im Beamtenverhältnis.............................................. 153 10.2.9 Funktionelle Änderungen im Beamtenverhältnis.................................................... 154 10.2.10 Beendigung des Beamtenverhältnisses.............................................................. 154 10.3 Beamtenpflichten........................................................................................................... 156 10.4 Folgen von Pflichtverletzungen...................................................................................... 162 10.4.1 Strafrechtliche Verfolgung...................................................................................... 162 10.4.2 Dienstrechtliche Sanktionen................................................................................... 162 10.4.3 Vermögensrechtliche Haftung................................................................................ 164 10.4.4 Personelle Maßnahmen und sonstige Folgen........................................................ 164 10.5 Beamtenrechte............................................................................................................... 165 10.5.1 Nichtvermögenswerte Rechte................................................................................. 165 10.5.2 Vermögenswerte Rechte........................................................................................ 165 10.5.3 Schutzrechte........................................................................................................... 165 9 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 10.6 Arbeitszeit...................................................................................................................... 166 10.6.1 Rechtliche Grundlagen........................................................................................... 166 10.6.2 Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten allgemein.............................................. 166 10.6.3 Arbeitszeit der Lehrkräfte........................................................................................ 166 10.6.4 Regelung zur Mehrarbeit und Mehrarbeitsvergütung - MAU.................................. 168 10.7 Personalvertretung......................................................................................................... 169 10.7.1 Aufgaben der Personalvertretung........................................................................... 169 10.8 Fallbeispiele................................................................................................................... 171 11. Abkürzungsverzeichnis...................................................................................................... 172 10 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Ausbildungsstandards für das Lehramt Sekundarstufe I Schul- und Beamtenrecht Leitideen / Leitgedanken Die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter erwerben im Fach Schul- und Beamtenrecht Kennt- nisse über den rechtlichen Rahmen, der sich aus ihrer Tätigkeit, den Normen des Grundgesetzes, der Landesverfassung und des Beamtenrechts sowie dem Dienstverhältnis zum Dienstherrn ergibt. Erst die Lehrkraft, die ihre eigene Rechtsstellung und die der sonst am Schulleben beteiligten Gruppen kennt, kann ihren pädagogischen Auftrag mit der notwendigen Selbstsicherheit und der ihr jeweils eingeräumten Selbstverantwortung erfüllen. Kompetenzen Themen und Inhalte Die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter … - Normen des Beamtenrechtes... können mit der Kenntnis beamtenrechtlicher Grundlagen und des besonderen gesellschaftlichen - Grundsätze und Grundbegriffe des Anspruches an das Verhalten sowie das Auftreten Beamtenrechts einer Beamtin/eines Beamten die Rahmenbedingungen für ihr professionelles - Beamtenverhältnisse, Beamtenlaufbahn Handeln einhalten und nutzen. - Rechte und Pflichten des Beamten - Normen des Grundgesetzes, der Landes- verfassung und des Schulgesetzes... kennen die rechtlichen Vorgaben ihres - Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule beruflichen Handelns und wissen um die institutionellen Rahmenbedingungen ihres Erziehungs- und Bildungsauftrages. - Schulträger - Schulaufsicht: Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht - Aufbau und Gliederung des Schulwesens - Profile der einzelnen Schularten... können ausgehend von individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler - Übergänge und Abschlüsse von diese und ihre Erziehungsberechtigten rechtssicher Schullaufbahnen über Schullaufbahnen beraten. - Notenbildungsverordnung, Versetzungsordnung - Inklusion: sonderpädagogische Beratung 11 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen - Unterrichtliche und außerunterrichtliche Tätigkeiten - Amtspflichten - Aufsichtspflicht... kennen ihre pädagogische und fachliche Verantwortung sowie die schulrechtlichen - Schulbesuchsverordnung Bestimmungen, um den Erziehungs- und Bildungsauftrag zu erfüllen. - Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen - Verwaltungsakt - Jugendrecht und Jugendschutz - Konferenzen, Konferenzordnungen... wissen um demokratische Strukturen der Schule, der Gesamtverantwortung der Schulleitung und - Auftrag und Funktion der Schulleitung werden befähigt, aktiv an Entwicklungsprozessen mitzuarbeiten. - Institutionen als Partner - Eltern als Ausbildungs- und Erziehungspartner - Elternrechte und Elternpflichten... sind in der Lage unter Berücksichtigung der - Alters- und entwicklungsbedingte Schüler- und Elternrechte erfolgreich mit den Rechtsstellung von Kindern und Jugendlichen Erziehungsberechtigten zusammenzuarbeiten und die Schülerinnen und Schüler in ihren Rechten und - Schulpflicht, Schulbesuchsverordnung Pflichten zu unterstützen. - Schülerrechte, Schülerpflichten - Schülermitverantwortung (SMV) - Anwendung von Zugangssperren - Verantwortlichkeit für Websites, Links, Homepage der Schule... kennen die Rechtsbereiche des Onlinerechtes, - Datenschutz: Verantwortung für die wesentlichen Elemente des Urheberrechtes, die personenbezogene Daten, Verschlüsselung Wichtigkeit des Datenschutzes und sind sich ihrer - Urheber- und Lizenzrecht: Texte, Bilder, diesbezüglichen Verantwortung bewusst. Musik, Film - Digitale Lernplattformen und Kommunikationsplattformen - Nutzung sozialer Netzwerke 12 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1. Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 13 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.1 Weshalb muss eine künftige Lehrkraft schul- und beamten- rechtliche Normen kennen? Eine Lehrkraft hat einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Sie muss - um ihre Aufgaben erfüllen zu können - über fachliche, pädagogische und rechtliche Kenntnisse verfügen. Eine qualifizierte Lehrkraft wird sich daher in ihrem Handeln von den Fragen leiten lassen „Was ist fachlich und pädagogisch sinnvoll?“ und „Was ist rechtlich zulässig?“. Durch die Ausbildung in Schul- und Beamtenrecht sollen Lehreranwärter Handlungssicherheit erlangen. Die Kenntnis des rechtlichen Rahmens für die tägliche Arbeit einer Lehrkraft und der Rechtsstellung einer Lehrkraft gegenüber dem Dienstherrn ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. 1.2 Das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland Grundgesetz Art. 20: (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist somit geprägt von folgenden vier Prinzipien: Rechtsstaatsprinzip (GG Art. 20 Abs. 3) Demokratieprinzip (GG Art. 20 Abs. 1 u. Abs. 2) Bundesstaatsprinzip (GG Art. 20 Abs. 1) Sozialstaatsprinzip (GG Art. 20 Abs. 1). 1.2.1 Rechtsstaatsprinzip Gewaltenteilung Zur Sicherung von Freiheit und Gleichheit durch Machtbegrenzung wird die staatliche Gewalt auf mehrere Staatsorgane aufgeteilt: Legislative (rechtsetzende Gewalt: Bundestag, Bundesrat, Länderparlamente) Exekutive (rechtvollziehende Gewalt = ausführende Gewalt: Regierung u. Verwaltung) Judikative (rechtsprechende Gewalt: Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichte und Gerichte der Länder) Die Aufteilung in Legislative, Exekutive und Judikative wird auch horizontale Gewalten- teilung genannt (im Gegensatz zur vertikalen Gewaltenteilung zwischen dem Bund und den Ländern). Eine Lehrkraft ist Bestandteil der Exekutive. Gesetzesvorrang und Gesetzesvorbehalt Die Verwaltung darf keine Maßnahmen treffen, die gegen ein Gesetz verstoßen (Gesetzesvorrang) und auch keine Maßnahmen treffen, die in Grundrechte eingreifen, ohne dass eine gesetzliche Grundlage existiert (Gesetzesvorbehalt). 14 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Rechtsschutzgarantie Grundgesetz Art. 19: (4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben … Bei schulischen Regelungen, die nicht nur den internen Schulbetrieb betreffen, sondern in die Rechtsstellung eines Schülers eingreifen und Außenwirkung entfalten (z.B. Note im Abschlusszeugnis, Nichtversetzung, Schulausschluss, zeitweiliger Unterrichtsausschluss) steht der Weg zu den Gerichten offen (im Rahmen des Widerspruchsverfahrens). Ebenso kann ein Eingriff in die Rechtsposition einer Lehrkraft, der den persönlichen Status berührt (z.B. Versetzung, Abordnung, Verhängung von Disziplinarmaßnahmen) zum Gegenstand eines Rechtsschutzverfahrens werden. Übermaßverbot (=Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) Falls der Staat in die Rechte der Bürger eingreift, so muss dieser Eingriff legitim, erforderlich, geeignet und angemessen (nicht übermäßig belastend) sein. Nur wenn alle vier Kriterien erfüllt sind, ist eine staatliche Maßnahme verhältnismäßig. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dient der Kontrolle staatlichen Handelns und gilt für alle Eingriffe des Staates in verfassungsmäßig geschützte Rechte des Betroffenen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt somit auch (und in besonderer Weise) im Schulverhältnis. Grundrechte Die Grundrechte sind im Grundgesetz in den Artikeln 1 bis 19 zu finden Beispiele: Artikel 1 Schutz der Menschenwürde; Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt Artikel 2 Allgemeine Handlungsfreiheit; Freiheit der Person; Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit Artikel 3 Gleichheit vor dem Gesetz; Gleichberechtigung von Männern und Frauen; Diskriminierungsverbote Artikel 4 Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit Artikel 5 Meinungs-, Informations-, Pressefreiheit; Kunst und Wissenschaft Artikel 6 Ehe und Familie; nichteheliche Kinder (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Artikel 7 Schulwesen (1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. Artikel 19 Grundrechte dürfen im Wesentlichen nicht angetastet werden; Rechtsschutz Die Grundrechte sind selbstverständlich auch für das tägliche Miteinander in der Schule von Bedeutung. Einige Beispiele: o Lehrkräfte müssen fair und gerecht mit den Schülerinnen und Schülern umgehen (Art. 3); für Beleidigungen (Art. 1) und körperliche Züchtigung (Art. 2 Abs. 2) ist in der Schule kein Platz. o Die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2) ist ein bedeutsamer Auftrag an das Schulwesen, der die Erziehung zu sozialer und beruflicher Bewährung ergänzt. o Die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4) bewirkt im schulischen Alltag, dass z.B. bei der Abmeldung vom Religionsunterricht bestimmte „Spielregeln“ einzuhalten sind (Art. 7). 1.2.2 Demokratieprinzip Alle Bürger haben die Möglichkeit der Teilhabe an der staatlichen Willensbildung. Im Grundgesetz sind jedoch nur für bestimmte Einzelfälle Volksabstimmungen vorgesehen. In einer repräsentativen parlamentarischen Demokratie geschieht die Mitwirkung an der Gesetzgebung 15 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen nicht direkt durch den Bürger, sondern durch gewählte Volksvertreter in Parlamenten. Der vom Volk unmittelbar gewählte Bundestag legitimiert dann alle anderen Organe mittelbar. Da das Demokratieprinzip das staatstragende Prinzip der Bundesrepublik Deutschland ist, findet es auch im schulrechtlichen Kontext seinen Niederschlag (Beispiele: Schulkonferenz, Lehrer- konferenzen, Schülermitverantwortung, Elternvertretungen …). 1.2.3 Bundesstaatliche Ordnung, Föderalismus In der Bundesrepublik besteht eine vertikale Gewaltenteilung zwischen dem Bund und den Ländern. Beim Bundesstaatsprinzip gilt der Grundsatz, dass alles, was im allgemeinen Interesse einheitlich geordnet und geregelt werden muss, in die Zuständigkeit des Bundes fällt, während in allen anderen Angelegenheiten grundsätzlich die Länder zuständig sind. Die Länder haben somit neben dem Bund eigene Hoheitsrechte und Zuständigkeiten. Der Föderalismus in Deutschland hat so z.B. die Zuständigkeit der 16 Bundesländer für die Bildungspolitik zur Folge. 1.2.4 Sozialstaatsprinzip Das Sozialstaatsprinzip dient dem Schutz der Schwächeren. Der Staat wird dadurch zur Daseinsfürsorge für seine Bürger verpflichtet. Das Sozialstaatsprinzip ist im Grundgesetz neben dem Rechtsstaats-, dem Bundesstaats- und dem Demokratieprinzip als Staatsziel verankert. Dieses Prinzip genießt die „Ewigkeitsgarantie“ des Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes (neben der Garantie der Menschenwürde und der Menschenrechte). Die allgemeine Schulpflicht (mit der Möglichkeit öffentliche Schulen kostenlos zu besuchen) ist unter anderem eine Folge des Sozialstaatsprinzips. 1.3 Rechtsnormen Rechtsnormen können zwei Bereichen zugeordnet werden: Zivilrecht und Öffentliches Recht 1.3.1 Zivilrecht Das Zivilrecht (Privatrecht) regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Rechtsparteien, die sich auf der gleichen Ebene begegnen (i.d.R. Rechtsbeziehungen zwischen Bürgern). Jedoch gibt es auch Fälle, in denen auch der Staat als zivilrechtliche Partei auftritt (z.B. als Mieter eines Gebäudes, als Käufer von Streusalz, als Verkäufer von Stammholz …). Beispiele für Zivilrecht: Familienrecht Handelsrecht Wettbewerbsrecht Arbeitsrecht (betrifft z. B. Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis). Zivilrechtliche Streitigkeiten werden entweder vor bestimmten Fachgerichten (Sozial-, Finanz- und Arbeitsgerichte) oder vor ordentlichen Gerichten ausgetragen. 16 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Die ordentlichen Gerichte sind: Amtsgerichte (erste Instanz bei Streitigkeiten bis 5000 €) die Landgerichte (erste Instanz bei Streitigkeiten über 5000 € und zweite Instanz bei Amtsgerichtsprozessen) Oberlandesgerichte (zweite Instanz bei Landgerichtsprozessen) Bundesgerichtshof (Der BGH ist die höchste Instanz bei Zivilprozessen.) 1.3.2 Öffentliches Recht Das Öffentliche Recht regelt das Verhältnis zwischen Staat und Bürger (also die Rechtsbe- ziehungen zwischen dem Hoheitsträger und den Rechtsunterworfenen). Teilbereiche sind Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und Strafrecht. Zuständig für Öffentliches Recht sind i.d.R. die Verwaltungsgerichte. Allerdings werden Strafver- fahren vor den ordentlichen Gerichten (siehe Zivilrecht) verhandelt. 1.3.3 Die Normenhierarchie Mit Normenhierarchie wird die Rangordnung der verschiedenen Normebenen in einem Staat bezeichnet: Normen Beispiele Erläuterungen (in der Rangfolge der Wertigkeit) Grundgesetz Bei Widersprüchen gilt: Verfassungsrecht „Bundesrecht bricht Landesrecht“ Landesverfassung Baden- Württembergs Bundesgesetze Bundestag, Bundesrat Landesgesetze Landtag Gesetze* (z.B. Schulgesetz und Formelle Gesetze: Vom zuständigen Landesbeamtengesetz) Parlament gemäß dem vorgeschriebenen Gesetzgebungsverfahren beschlossen Rechtsverordnungen werden auf der Grundlage von Gesetzen nicht vom Rechtsverordnungen* z.B. SMV-Verordnung Gesetzgeber, sondern von den durch Notenbildungsverordnung Gesetz ermächtigten Exekutivorganen erlassen. Sie haben Außenwirkung und werden ebenfalls im Gesetzblatt verkündet. z.B. Verwaltungsvorschrift „Außerunterrichtliche Verwaltungsvorschriften haben nur Verwaltungsvorschriften Veranstaltungen der eine verwaltungsinterne Wirkung Schulen“ * Als materielles Gesetz wird jede hoheitliche Anordnung bezeichnet, die für einen unbestimmten Personenkreis allgemeine und verbindliche Regeln enthält. 17 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Erlass Der Begriff “Erlass” wird in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: 1. Anordnung einer obersten Bundes- oder Landesbehörde an die nachgeordnete Behörden innerhalb ihres jeweiligen Geschäftsbereiches, die die innere Ordnung der Behörde oder das sachliche Verwaltungshandeln betrifft (Runderlass). Die nachgeordneten Behörden sind, soweit die Erlasse nicht im Widerspruch zu den Gesetzen stehen, an deren Regelungen gebunden. In diesem Verwendungszusammenhang als „Runderlass“ entspricht der Erlass einer Verwaltungsvorschrift. (Die Begriffe Verfügung, Dienstanweisung, Richtlinie und Anordnung werden gelegentlich mit der gleichen Bedeutung verwendet). 2. Konkrete Einzelfallregelung aufgrund eines Gesetzes, einer Rechtsverordnung oder einer Verwaltungsvorschrift. In diesem Verwendungszusammenhang entspricht der Erlass einem Verwaltungsakt (ausführliche Erläuterungen zum Verwaltungsakt unter 1.3.6). Bildungspläne Die Bildungspläne nehmen eine Sonderstellung ein. Sie bedürfen – wie die Rechtsverordnungen – einer gesetzlichen Ermächtigung (SchG § 35). Sie werden i. d. R. vom Landtag beschlossen und gelten nicht als förmliche Rechtsverordnungen. Bildungspläne werden im Amtsblatt des Kultus- ministeriums veröffentlicht. Das Amtsblatt „Kultus und Unterricht“ ist die Pflichtlektüre jeder Lehrkraft. Das Amtsblatt befindet sich an jeder Schule oder über www.landesrecht-bw.de. 1.3.4 Wesentlichkeitstheorie Ermächtigt der Gesetzgeber die Verwaltung zum Erlass von Rechtsverordnungen oder von autonomen Satzungen, so darf er nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts die „wesentlichen Entscheidungen“ nicht an die Verwaltung delegieren. „Wesentliche Entscheidungen“ mit Eingriffscharakter in die Grundrechte müssen vom Parlament selbst getroffen werden. Beispiel: Die „Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“ werden im § 90 des Schulgesetzes geregelt und nicht durch eine Rechtsverordnung oder eine Verwaltungsvorschrift. 1.3.5 Freie und gebundene Entscheidung / Ermessensspielraum Ermessens- Formulierung im Gesetz oder in der Verordnung Beispiele spielraum muss; müssen; darf nicht; dürfen nicht (oder ähnliche Formulierungen mit gleichem Sinngehalt) keiner SchG § 38 Abs. 2 (das Wort „bitten“ in Verordnungen und Verwaltungs- vorschriften entspricht einer verbindlichen Anweisung) so gut wie ist grundsätzlich; soll; soll nicht SchG § 21 keiner lässt Ausnah- in der Regel SchG § 4 Abs. 2 men zu kann, kann nicht sehr groß SchG §90 Abs. 3 18 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.3.6 Verwaltungsakt Begriffsdefinition (Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) § 35) Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung des Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare (wesentliche*) Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. (* diese Ergänzung steht nicht im Gesetz, dient aber der Verdeutlichung) Beispiele für Verwaltungsakte in der Schule: Aufnahme und Entlassung eines Schülers Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach §90 SchG Entscheidung über Versetzung/Nichtversetzung Noten in Abschlusszeugnis. Verfahrensanforderungen beim Erlass eines Verwaltungsaktes Zuständigkeit der Behörde Anhörung des durch den Verwaltungsakt Belasteten Mitwirkung der zuständigen Stelle (z.B. § 90 SchG Schulleiter, Klassen- oder Fachlehrer, Klassenkonferenz …) Befangenheit muss ausgeschlossen sein Untersuchungsgrundsatz: Sachverhalt vollständig ermitteln Bekanntgabe an Adressaten (Laufzeit bei Postzustellung beachten) Form (schriftlich oder mündlich, schriftl. Bestätigung) Begründung Rechtsbehelfsbelehrung („Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden …“) Weitere Rechte: Rechtsbeistand, Akteneinsicht. Damit ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist, braucht er: Eine Ermächtigungsgrundlage: Sie erlaubt der Verwaltung Eingriffe in Grundrechte. Eine solche Befugnisnorm kann grundsätzlich nur in einem formellen Gesetz (Parlamentsgesetz) enthalten sein, weil die Grundrechte unter Gesetzesvorbehalt stehen. Widerspruch gegen Verwaltungsakte Gegen Verwaltungsakte der Schule können die Eltern Widerspruch einlegen. Zunächst an der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat (i.d.R. beim Schulleiter bzw. bei der Klassen- konferenz). Schafft diese Stelle keine Abhilfe, dann muss der Fall von der Widerspruchsbehörde (in Schulangelegenheiten ist das Regierungspräsidium Widerspruchsbehörde) bearbeitet werden. Wird auch hier nicht im Sinne der Eltern entschieden, können diese beim zuständigen Ver- waltungsgericht klagen (ggf. Berufung beim Verwaltungsgerichtshof). Enthält der Verwaltungsakt eine Rechtsmittelbelehrung, ist die Widerspruchsfrist entsprechend befristet. Ohne Rechtsmittelbelehrung kann ein Widerspruch bis zu einem Jahr nach Bekanntgabe erfolgen. Gegen belastende Verwaltungsakte haben Widerspruch oder Klageerhebung (Anfechtungsklage) i.d.R. aufschiebende Wirkung, d.h. der Verwaltungsakt hat bis zur Entscheidung keine Wirkung (eine Ausnahme sind hier z.B. Maßnahmen nach §90 des Schulgesetzes; vergl. Baustein 3). Dagegen haben Widerspruch oder Klageerhebung (Verpflichtungsklage) gegen das Versagen eines begünstigenden Verwaltungsaktes (z.B. bei einer Nichtversetzung) keine aufschiebende Wirkung. Die Erziehungsberechtigten könnten in diesem Fall jedoch einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht stellen. 19 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.3.7 Schlichtes Verwaltungshandeln Der Verwaltungsakt steht im Gegensatz zum Realakt („schlichtes Verwaltungshandeln“). Beispiele für schlichtes Verwaltungshandeln in der Schule: Zuweisung eines neuen Schülers in eine bestimmte Klasse Hausaufgaben und Strafarbeiten Änderung der Sitzordnung Eintrag ins Klassenbuch Noten in einzelnen Fächern … Rechtsschutz gegen Realakte: Ein Vorverfahren wie das Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte existiert hier nicht. Gegen Entscheidungen und Maßnahmen im Schulbereich, die keine Verwaltungsakte sind, kann aber Beschwerde einlegt werden. Sie ist an keine Frist und Form gebunden und hat keine auf- schiebende Wirkung. Die Schule muss sich im Fall einer Beschwerde mit dem Sachverhalt nochmals befassen. Wenn sie der Beschwerde nicht stattgibt und die Eltern weiter eine Über- prüfung wünschen, leitet die Schulleitung die Beschwerde mit den erforderlichen Unterlagen (v.a. Beschwerdeschreiben, Stellungnahme der Schulleitung und der beteiligten Lehrkräfte) an die Schulaufsicht weiter. Der Beschwerdeführer erhält dann eine Benachrichtigung, dass der Fall an die Schulaufsicht übergeben wurde. Diese Abgabenachricht bedarf keiner Begründung. Die Schulaufsicht entscheidet über die Beschwerde und teilt dies dem Beschwerdeführer mit. Die Entscheidung der Schulaufsicht ist ebenfalls kein Verwaltungsakt und kann daher nicht per Widerspruch angefochten werden. Der Rechtsschutz gegen Realakte ist außerdem durch eine Klage (allgemeine Leistungsklage, Feststellungsklage) vor den Verwaltungsgerichten zu erlangen. Alternativ kann auch die „endgültige“ Entscheidung der Behörde (Verwaltungsakt) abgewartet werden, gegen die dann Widerspruch eingelegt werden kann. 1.4 Die Rechtsstellung der öffentlichen Schule 1.4.1 Die Schule als nichtrechtsfähige öffentliche Anstalt Schulgesetz § 23 (1) Die öffentlichen Schulen sind nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten. Sie erfüllen ihre Aufgaben im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses (Schulverhältnis). Anstalten: Dienen der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe Zusammenschlüsse von Sachmitteln und Personal Abgrenzung zur Körperschaft: Anstalten haben keine Mitglieder, nur Benutzer. Rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts Sie sind nicht Teil eines anderen Verwaltungsträgers, sondern selbst Verwaltungsträger Beispiele: öffentlich-rechtliche Sparkassen Rundfunkanstalten (ZDF, SWR, WDR…) Universitäten ZSL (Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung) 20 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind organisatorisch selbständig, aber rechtlich Teil eines anderen Verwaltungsträgers Beispiele: Öffentliche Schulen, IBBW Kommunale Schwimmbäder Krankenhäuser Bibliotheken Museen Volkshochschulen Schulen als nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts Öffentliche Schulen haben kein Selbstverwaltungsrecht wie es z.B. wissenschaftliche Hochschulen haben. Berechtigt oder verpflichtet aus den Handlungen der Schule wird immer der hinter der Schule stehende Rechtsträger: der Schulträger (z.B. Gemeinde, Stadt, Landkreis) (zuständig für äußere Schulangelegenheiten: Schulhaus, sächliche Mittel, nicht unterrichtendes Personal …) das Land Baden-Württemberg (zuständig für innere Schulangelegenheiten: inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts). Das Schulverhältnis als öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis Das Schulverhältnis wurde in Baden-Württemberg bis 1973 als „besonderes Gewaltverhältnis“ eingestuft. Dadurch waren Eingriffe in die Grundrechte der Schüler ohne eine gesetzliche Erlaubnis möglich. Als das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1972 im Zusammenhang mit einer Entscheidung aus dem Bereich des Strafvollzuges feststellte, dass die Einschränkung von Grundrechten nur aufgrund eines Gesetzes zulässig ist (siehe Wesentlichkeitstheorie 1.3.4), wurde auch für die Ausgestaltung des Schulverhältnisses eine Anpassung an die neue Rechtssituation nötig. Die Rechte und Pflichten der Schüler und Eltern sind heute gesetzlich geregelt. Eingriffe in die Grundrechte der Schüler sind nur aufgrund von Gesetzen möglich. Entscheidungen der Schule (Verwaltungsakte) können im Rahmen des Widerspruchverfahrens durch das Regierungs- präsidium oder durch Verwaltungsgerichte überprüft werden. 1.4.2 Die Schule als Behörde Schulgesetz § 23 (3) Soweit die Schule auf dem Gebiet der inneren Schulangelegenheiten einen Verwaltungsakt erlässt, gilt sie als untere Sonderbehörde im Sinne des § 17 Abs. 4 des Landesverwaltungsgesetzes. Die Schule wird von Schülern, Eltern und Lehrkräften als ein Ort wahrgenommen, in dem Erziehung und Bildung der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund stehen. Täglich begegnen sich hier Lernende und Lehrende im vertrauten Umfeld. Die juristische Einordnung der Schule als „Anstalt“ oder „Behörde“ mag daher beim ersten Blick Befremden auslösen. Jedoch muss auch gesehen werden, dass die Schule im Auftrag des Landes gelegentlich Ent- scheidungen trifft (z.B. in einer Versetzungskonferenz), die als Verwaltungsakte weitreichende Weichenstellungen für die Betroffenen haben können. Die Schule „gilt“ nach § 23 Abs. 3 des Schulgesetzes beim Erlassen von Verwaltungsakten als untere Sonderbehörde im Sinn des § 23 des Landesverwaltungsgesetzes. Durch diese Regelung wird gleichzeitig festgelegt, dass die Regierungspräsidien Widerspruchsbehörden für Entscheidungen der Schulen sind. Eine Schule hat i.d.R. einen Schulstempel für das „Alltagsgeschäft“ (z.B. für Lernmittelbe- stellungen) sowie ein „großes Dienstsiegel“ und ein „kleines Dienstsiegel“. Die Dienstsiegel dürfen nur in genau festgelegten staatlichen Angelegenheiten im hoheitlichen Bereich verwendet werden (z.B. Abschluss- und Abgangszeugnisse, Beglaubigungen und Bescheinigungen). 21 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.4.3 Die „Generalklausel” nach Schulgesetz § 23 Abs. 2 Schulgesetz § 23 (2) Die Schule ist im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes berechtigt, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Schulbetriebs und zur Erfüllung der ihr übertragenen unterrichtlichen und erzieherischen Aufgaben erforderlichen Maßnahmen zu treffen und örtliche Schulordnungen, allgemeine Anordnungen und Einzelanordnungen zu erlassen und von Schülerinnen und Schülern schulordnungswidrig mitgeführte oder verwendete Sachen einzuziehen. Inhalt und Umfang der Regelungen ergeben sich aus Zweck und Aufgabe der Schule. Die Schule darf „die zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Schulbetriebs und zur Erfüllung der ihr übertragenen unterrichtlichen und erzieherischen Aufgaben erforderlichen Maßnahmen …“ treffen. Hierbei geht es jedoch nach aktueller Rechtsauffassung nur um solche Maßnahmen, die nicht direkt in Grundrechte der Schüler und Eltern eingreifen. Für Maßnahmen mit Eingriffs- charakter gilt der Gesetzesvorbehalt. Solche Maßnahmen werden z.B. im § 90 SchG geregelt und stellen Verwaltungsakte dar. Beispiele für Maßnahmen, die vom § 23 Abs. 2 des Schulgesetzes legitimiert sind und keine Verwaltungsakte darstellen: Regelungen zum Verhalten in den Pausen und im Unterricht (z.B. in Form einer Hausordnung) Erstellen des Stundenplans Handyverbot (während des Unterrichts und in den Pausen) präventiver Ausschluss eines Schülers von einer Klassenfahrt Regelungen, wer z.B. die Tafel zu reinigen hat. 1.5 Die Kulturhoheit der Länder 1.5.1 Grundgesetzliche Regelungen Grundgesetz Artikel 30 Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Grundgesetz Artikel 70 (1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. (2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung. Die Zuständigkeiten des Bundes werden im Grundgesetz in den Artikeln 73 (ausschließliche Gesetzgebung) und 74 (konkurrierende Gesetzgebung) geregelt. Da in diesen beiden Artikeln weder in der ausschließlichen noch in der konkurrierenden Gesetzgebung Kulturaufgaben dem Bund übertragen werden, ergibt sich im Zusammenwirken mit den Artikeln 30 und 70, dass die Länder die Kulturhoheit besitzen. Dadurch können die 16 Bundesländer ihr Bildungswesen nach ihren bildungspolitischen Vorstellungen ausgestalten. Das Bundesverfassungsgericht sieht in seiner Rechtsprechung die Kulturhoheit der Länder als "Kernstück der Eigenstaatlichkeit der Länder". 22 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen Dennoch gibt es im Grundgesetz Vorgaben, die von den Ländern beachtet werden müssen: GG Art. 6 Elternrecht GG Art. 7 Das Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates GG Art. 20 Verfassungsgrundsätze GG Art. 33 Grundsätze des Berufsbeamtentums. 1.5.2 Die Vereinheitlichung des Schulwesens in der Bundesrepublik Der Artikel 91b des Grundgesetzes gibt dem Bund und den Ländern die Möglichkeit einer Zusammenarbeit: „Bund und Länder können bei der Bildungsplanung … zusammenwirken“. Die ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik (seit 1948) Die Kultusministerkonferenz (KMK) tagt in regelmäßigen Plenarsitzungen und behandelt Ange- legenheiten der Kulturpolitik von überregionaler Bedeutung mit dem Ziel der einheitlichen Meinungsbildung. Die Beschlüsse werden einstimmig gefasst und sind nur Vereinbarungen bzw. Empfehlungen. Für die Länder sind sie erst dann bindend, wenn die zuständigen Landesorgane zugestimmt haben. Wichtige Abkommen der KMK sind das „Düsseldorfer Abkommen“ und das „Hamburger Abkommen“ Das „Düsseldorfer Abkommen“ (1955) alle höheren Schulen erhielten die Bezeichnung „Gymnasium“ Englisch wurde generell Pflichtfremdsprache bis zum Abitur müssen obligatorisch nur zwei Fremdsprachen erlernt werden Bestimmungen über den Schuljahresbeginn, die Gesamtdauer der Ferien und den Zeitraum für die Sommerferien Das „Hamburger Abkommen“ (1964) Schuljahresbeginn: 1. August Beginn der Schulpflicht, Einschulungsstichtag 30. Juni: 9-jährige Vollzeitschulpflicht Gesamtdauer der Schulferien 75 Werktage einheitliche Bezeichnungen der Schularten („Grundschule“, „Hauptschule“, „Realschule“, „Gymnasium“) durchlaufende Zählung der Klassen von 1 bis 13 gegenseitige Anerkennung der Prüfungen (einschließlich der Lehramtsprüfungen) einheitliche Bezeichnungen der Notenstufen („sehr gut“ bis „ungenügend“) Die Ländervereinbarung vom 15. Oktober 2020 in Kraft seit 19.02.2021 besteht aus 44 Artikeln bestimmt den gemeinsamen Rahmen für das Schulwesen in Deutschland nennt wesentliche Felder der Zusammenarbeit: Qualitätssicherung, übergreifende Grundsätze der Bildung und Erziehung, die an Schule Beteiligten, allgemeine Regelung, Gliederung und Organisation des Schulwesens, Lehrerbildung Einrichtung einer ständigen wissenschaftlichen Kommission Verständigung auf gemeinsame bildungspolitische Vorhaben 23 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.6 Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule 1.6.1 Auszüge aus der Landesverfassung Baden-Württembergs Artikel 2 (1) Die im Grundgesetz... festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte sind Bestandteil dieser Verfassung und unmittelbar geltendes Recht. Artikel 2a Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Artikel 11 (1) Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung. (2) Das öffentliche Schulwesen ist nach diesem Grundsatz zu gestalten. (3) Staat, Gemeinden und Gemeindeverbände haben die erforderlichen Mittel, insbesondere auch Erziehungsbeihilfen, bereitzustellen. (4) Das Nähere regelt ein Gesetz. Artikel 12 (1) Die Jugend ist in Ehrfurcht vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe, zur Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zu sittlicher und politischer Verantwortung, zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu freiheitlicher und demokratischer Gesinnung zu erziehen. (2) Verantwortliche Träger der Erziehung sind in ihren Bereichen die Eltern, der Staat, die Religionsgemeinschaften, die Gemeinden und die in ihren Bünden gegliederte Jugend. Artikel 14 (1) Es besteht allgemeine Schulpflicht. (2) Unterricht und Lernmittel an den öffentlichen Schulen sind unentgeltlich.... Artikel 15 (1) Die öffentlichen Volksschulen (Grund- und Hauptschulen) haben die Schulform der christlichen Gemeinschaftsschule... (3) Das natürliche Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, muss bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens berücksichtigt werden. Artikel 16 (1) In christlichen Gemeinschaftsschulen werden die Kinder auf der Grundlage christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte erzogen. Der Unterricht wird mit Ausnahme des Religionsunterrichts gemeinsam erteilt... Artikel 17 (1) In allen Schulen waltet der Geist der Duldsamkeit und der sozialen Ethik. (2) Die Schulaufsicht wird durch fachmännisch vorgebildete, hauptamtlich tätige Beamte ausgeübt. (3) Prüfungen, durch die eine öffentlich anerkannte Berechtigung erworben werden soll, müssen vor staatlichen oder staatlich ermächtigten Stellen abgelegt werden. (4) Die Erziehungsberechtigten wirken durch gewählte Vertreter an der Gestaltung des Lebens und der Arbeit der Schule mit. Näheres regelt ein Gesetz. Artikel 18 Der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist ordentliches Lehrfach. Er wird nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften und unbeschadet des allgemeinen Aufsichtsrechts des Staates von deren Beauftragten erteilt und beaufsichtigt. Die Teilnahme am Religionsunterricht und an religiösen Schulfeiern bleibt der Willens- erklärung der Erziehungsberechtigten, die Erteilung des Religionsunterrichts der des Lehrers überlassen. Artikel 21 (1) Die Jugend ist in den Schulen zu freien und verantwortungsfreudigen Bürgern zu erziehen und an der Gestaltung des Schullebens zu beteiligen. (2) In allen Schulen ist Gemeinschaftskunde ordentliches Lehrfach. 24 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.6.2 Erziehungs- und Bildungsziele im Schulgesetz In der Landesverfassung (Art. 12 und 21) werden Erziehungsziele vorgegeben, die dann im Schulgesetz §1 ausgestaltet werden. Wenn die Entfaltung der individuellen Begabungen im Vordergrund steht, spricht man von Bildungszielen; liegt der Fokus eher auf den Prozess der Einpassung der heranwachsenden Individuen in das soziale Leben der Gesellschaft, so spricht man von Erziehungszielen. Sie dienen der Sicherung der gesellschaftlichen Grundlagen und der Demokratie. Im §1 des Schulgesetzes sind sowohl Erziehungs- als auch Bildungsziele zu finden. Schulgesetz §1: Erziehungs- und Bildungsauftrag (1) Der Auftrag der Schule bestimmt sich aus der durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Baden-Württemberg gesetzten Ordnung, insbesondere daraus, dass jeder junge Mensch ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung hat und dass er zur Wahrnehmung von Verantwortung, Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft sowie in der ihn umgebenden Gemeinschaft vorbereitet werden muss. (2) Die Schule hat den in der Landesverfassung verankerten Erziehungs- und Bildungsauftrag zu verwirklichen. Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus ist die Schule insbesondere gehalten, die Schüler in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe, zur Menschlichkeit und Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zur Achtung der Würde und der Überzeugung anderer, zu Leistungswillen und Eigenverantwortung sowie zu sozialer Bewährung zu erziehen und in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung zu fördern, zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen, die im Einzelnen eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht ausschließt, wobei jedoch die freiheitlich- demokratische Grundordnung, wie in Grundgesetz und Landesverfassung verankert, nicht in Frage gestellt werden darf, auf die Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten vorzubereiten und die dazu notwendige Urteils- und Entscheidungsfähigkeit zu vermitteln, auf die Mannigfaltigkeit der Lebensaufgaben und auf die Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt mit ihren unterschiedlichen Aufgaben und Entwicklungen vorzubereiten. 1.7 Aufbau des Schulwesens in Baden-Württemberg 1.7.1 Schularten in Baden-Württemberg Als Schularten werden im Schulgesetz § 4 Abs. 1 festgelegt: Grundschule Hauptschule Werkrealschule Realschule Gemeinschaftsschule Gymnasium Kolleg Berufsschule Berufskolleg Berufsfachschule Fachschule Berufsoberschule Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren. 25 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.7.2 Schularten mit Sek I und deren Profile Die Werkrealschule vermittelt eine grundlegende und eine erweiterte allgemeine Bildung, die sich an lebensnahen Sachverhalten und Aufgabenstellungen orientiert. Sie fördert in besonderem Maße praktische Begabungen, Neigungen und Leistungen und stärkt die Schüler in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie ermöglicht den Schülern entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Neigungen eine individuelle Schwerpunktbildung insbesondere bei der beruflichen Orientierung. Sie schafft die Grundlage für eine Berufsausbildung und für weiterführende, insbesondere berufsbezogene schulische Bildungsgänge. Soweit Schulen das sechste Schuljahr nicht anbieten und auch nicht mit einer das sechste Schuljahr anbietenden Schule nach Satz 1 kooperieren, führen sie die Schulartbezeichnung ›Hauptschule‹. Die Realschule vermittelt vorrangig eine erweiterte allgemeine, aber auch eine grundlegende Bildung, die sich an lebensnahen Sachverhalten und Aufgabenstellungen orientiert. Soweit sie eine erweiterte allgemeine Bildung vermittelt, führt dies zu deren theoretischer Durchdringung und Zusammenschau. Sie schafft die Grundlage für eine Berufsausbildung und für weiterführende, insbesondere berufsbezogene schulische Bildungsgänge. Das Gymnasium vermittelt Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, die zur Studierfähigkeit führt. Es fördert insbesondere die Fähigkeiten, theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, schwierige Sachverhalte geistig zu durchdringen sowie vielschichtige Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich vortragen und darstellen zu können. Die Gemeinschaftsschule vermittelt in einem gemeinsamen Bildungsgang Schülern der Sekundarstufe I je nach ihren individuellen Leistungsmöglichkeiten eine der Hauptschule, der Realschule oder dem Gymnasium entsprechende Bildung. Den unterschiedlichen Leistungs- möglichkeiten der Schüler entspricht sie durch an individuellem und kooperativem Lernen orientierten Unterrichtsformen. Die Gemeinschaftsschule bildet nach pädagogischen Gesichts- punkten Lerngruppen. Leitend für die Bildung von Lerngruppen sind nicht schulartspezifische, sondern pädagogische Gesichtspunkte. Die Gemeinschaftsschule wird als christliche Gemeinschaftsschule nach den Grundsätzen der Artikel 15 und 16 der Landesverfassung geführt. Weitere Informationen zu den Schularten, u.a. Flyer und Videos finden sich auf der Homepage des KM 1.7.3 Schulstufen Schulstufen sind (Schulgesetz § 4; Abs. 2): die Primarstufe (Klassenstufe 1 bis 4) die Sekundarstufe I mit Orientierungsstufe (Klassenstufe 5 bis 10) die Sekundarstufe II (Klassenstufe 11 und 12 ggf. auch 13). 26 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.7.4 Schultypen Die einzelnen Schularten können in verschiedenen Ausprägungen ausgestaltet sein (Schultypen). Beispiele: Schulart Schultyp Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3 Gymnasium Gymnasium in Aufbaugymnasium Berufliches Gymnasium Normalform (ab Kl. 8) SBBZ, SBBZ SBBZ SBBZ Sonderpädagogi- Förderschwerpunkt Lernen Förderschwerpunkt Hören Förderschwerpunkt geistige sche Bildungs- und Entwicklung Beratungszentren mit den Förder- schwerpunkten Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung, Sehen, Hören, geistige Entwick- lung, körperliche und motorische Ent- wicklung etc. 27 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.7.5 Bildungswege in Baden-Württemberg (vereinfachte Darstellung) Universität Fachhoch- schule Allgemeine Hochschulreife Fachhochschulreife Ausbildung Berufliches ggf. Kurs- + Berufs- Gymnasium stufe einer Berufskolleg 3 oder 6 Jahre schule 1, 2 oder 3 Jahre GMS (HS:5 Jahre) 2,5 bis 3 Jahre Mittlerer Bildungsabschluss Gym- nasium BFS* G8 Hauptschulabschluss G9 Real- Gemein- Werkreal-/ schule schafts- SBBZ** Hauptschule ggf. Bildungsgänge schule der GS, HS, RS, Gym u. Berufl. Schulen WRS: 6 Jahre RS: 6 Jahre RS: 6 Jahre Blinde, Sehbehinderte Hörgeschädigte HS: 5/6 Jahre HS: 5 Jahre HS: 5/6 Jahre Geistigbehinderte Körperbehinderte Sprachbehinderte Erziehungshilfe Förderschulen Schule für Kranke Grundschule Primarstufe 4 Jahre GMS * BFS: Berufsfachschule ** SBBZ: Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum Eine ausführliche Darstellung der Bildungswege befindet sich in der Broschüre „Bildungswege in Baden-Württemberg“, die auf dem Kultusportal (http://www.kultusportal-bw.de/) unter dem Suchbegriff „Bildungswege“ als PDF gefunden werden kann. 28 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.8 Schulaufsicht, Dienstweg Oberste Schulaufsichtsbehörde Kultusministerium nach § 35 SchG Obere Schulaufsichtsbehörde 4 Regierungspräsidien nach § 34 SchG (Abteilung 7) Untere Schulaufsichtsbehörde 21 Staatliche Schulämter nach § 33 SchG (einschl. der Schulpsychologischen Beratungsstellen) bez. Schulpsychol. Beratungsstelle Gymnasien, Grund-, Werkreal-, Haupt-, berufliche Schulen, Real-, Gemeinschafts- schulen und SBBZ, Staatl. Heimsonderschulen Schulkindergärten Bei der Kommunikation mit übergeordneten Stellen ist der Dienstweg einzuhalten. Beispiel. Lehrkraft a Schulleiter a Staatliches Schulamt a Regierungspräsidium (Abt. 7) 29 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.9 ZSL, IBBW, Referenzrahmen Schulqualität Die Aufgaben der Qualitätssicherung übernehmen das Zentrum für Schulqualität und Lehrer- bildung (ZSL) als auch das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW). Sie sind dem MKJS unterstellt. Referenzrahmen Schulqualität BW: Der Referenzrahmen ist ein wichtiges Arbeitswerkzeug für die datengestützte Qualitätsent- wicklung und bietet im Sinne einer „Landkarte zur Schulqualität“ den Schulen und weiteren beteiligten Akteuren eine leitende Orientierung. Durch seine wissenschaftliche Fundierung lenkt er den Blick auf zentrale Qualitäten und Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung der Schulqualität. Er kann dabei sowohl zur Ideengenerierung als auch zur Fokussierung genutzt werden. Diese Funktionen können im Prozess der Zielfestlegung, bei der Entscheidung für geeignete Qualitäts- entwicklungsmaßnahmen und für die Auswahl passender Evaluationsthemen eingesetzt werden.“ Schulleitungen, Lehrkräfte und Schulaufsichtsbehörden sind verpflichtet, sich bei Maßnahmen der Schul- und Unterrichtsentwicklung am Referenzrahmen Schulqualität Baden-Württemberg zu orientieren. Hierzu zählen insbesondere die datengestützte Qualitätsentwicklung, die Status- gespräche mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen und Evaluationen. 1.10 Institutionen und Partner der Schulen Berufliche Orientierung Jugendhilfe - Arbeitsagentur - Schulsozialarbeit - Firmen, Handwerksbetriebe - Jugendhäuser - IHK, Handwerkskammer - Jugendsachbearbeiter der Polizei - Internationaler Bund (IB), … - Jugendamt, Bezirkssozialarbeit - weiterführende berufliche Schulen - (schul-)psychologische Beratungsstelle - … - Erziehungsberatungsstelle - … Institutionen & Partner der Schulen Prävention (Auswahl) - Präventionsbeauftragte der Polizei - Suchtberatungsstellen - Pro Familia - Angebote Kirche/Kommune - … vor Ort - Religionsgemeinschaften, Kirchen - Kommune - Vereine Bildungseinrichtungen - … - Hochschulen - Experimenta, Technoseum - Museen - … 30 Baustein 1: Grundfragen und Grundlagen 1.11 Fallbeispiele 1. Die Eltern von Felix erkundigen sich zum Halbjahr Klasse 9 (GMS) bei ihnen über mögliche Bildungswege. Der Schüler hat durchweg gute Leistungen. Damit er in die Fußstapfen des Vaters treten kann, soll er Betriebswirtschaft studieren. Beraten Sie, unter Berücksichtigung möglicher Ab-/Anschlüsse, die Eltern über mögliche Bildungswege. 2. Schulleiter Müller der Albert-Einstein-Schule stellt beim Erstellen des Stundenplans für das neue Schuljahr fest, dass er dringend einen weiteren Physiksaal benötigt. Um keine wertvolle Zeit zu verlieren, telefoniert er am nächsten Tag mit einem Architekten und beauftragt ihn mit der Erstellung eines Planes für den neuen naturwissenschaftlichen Bereich. Beurteilen Sie den Fall unter Berücksichtigung der Rechtsstellung einer öffentlichen Schule. 3. Im Schulgesetz § 1 Abs. 2 werden zahlreiche Erziehungsziele und Bildungsziele genannt. Analysieren Sie den o.g. Absatz des §1 SchG und entscheiden Sie jeweils, ob es sich um ein Erziehungs- oder um ein Bildungsziel handelt. 4. In einer Diskussionsrunde im Fernsehen fordert einer der Anwesenden, dass in ganz Deutschland nach einheitlichen Bildungsplänen unterrichtet werden sollte. Die schulischen Probleme, die entstehen, wenn Familien mit Schulkindern innerhalb Deutschlands umziehen, seien einfach zu groß. Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten dieser Forderung? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen werden die Umsetzung dieser Forderung weiterhin erschweren? 5. Die Musterschule X-Dorf überarbeitet ihre Schul- und Hausordnung. Mehrere Lehrkräfte fordern die Aufnahme der folgenden Bestimmungen: „1. Von Handys können gefährliche Strahlen ausgesendet werden, die insbesondere Kinder und Jugendliche schädigen können. Daher ist an unserer Schule das Mitführen von Handys generell verboten.“ „2. Individuelle Kleidung führt zu sozialer Ausgrenzung. Daher wird an unserer Schule eine für alle Schülerinnen und Schüler verbindliche Schulkleidung eingeführt.“ Die Lehrerinnen und Lehrer begründen die Zulässigkeit dieser Regelungen mit § 23 Abs. 2 des Schulgesetzes. Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der Forderung? 31 Baustein 2: Aufsichtspflicht 2. Baustein : Aufsichtspflicht 2 32 Baustein 2: Aufsichtspflicht 2.1 Rechtliche Grundlagen 2.1.1 Grundgesetz (GG) GG Art. 2 Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit GG Art. 6 Pflege und Erziehung der Kinder Abs. 2: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. GG Art. 7 Schulwesen Abs. 1: Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. GG Art. 34 Amtshaftung bei Amtspflichtverletzungen 2.1.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) BGB § 253 Immaterieller Schaden (Schmerzensgeld) BGB § 823 Abs. 1 Schadensersatzpflicht BGB § 828 Abs. 1+2 Minderjährige BGB § 832 Abs. 1 Haftung der Aufsichtspflichtigen BGB § 839 Abs. 1 Haftung bei Amtspflichtverletzungen BGB § 276 Abs. 1 Haftung für eigenes Verschulden (Fahrlässigkeit, Vorsatz) 2.1.3 Strafgesetzbuch (StGB) StGB § 222 Fahrlässige Tötung StGB § 230 Fahrlässige Körperverletzung 2.1.4 Landesverfassung (LV) LV Art. 1 Aufgabe des Staates LV Art. 2 Grundgesetz und Landesverfassung LV Art. 11 Recht auf Erziehung LV Art. 13 Schutz der Jugend LV Art. 14 Schulpflicht Abs. 1: Es besteht allgemeine Schulpflicht. LV Art. 21 Erziehung zur Verantwortung 2.1.5 Schulgesetz (SchG) Baden-Württemberg SchG §1 Abs. 2 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule SchG § 23 Abs. 2 Rechtsstellung der Schule SchG § 38 Abs. 2 Lehrkräfte SchG § 41 Abs. 1 u.3 Aufgaben des Schulleiters 33 Baustein 2: Aufsichtspflicht SchG § 45 Abs. 2 Lehrerkonferenzen SchG § 72 Abs. 1 u.3 Schulpflicht SchG § 89 Abs. 1 Schulordnungen SchG § 90 Abs. 1 Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen 2.1.6 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) §§ 33-46 Pflichten des Beamten §§ 47-49 Folgen der Nichterfüllung von Pflichten Die Beamtenpflichten gelten gemäß Tarifvertrag der Länder (TV-L) auch für Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis. 2.1.7 Weitere Rechtsvorschriften VwV „Außerunterrichtliche Veranstaltungen“ Beschlüsse der GLK bzw. der SchKo (z.B. Schul- und Hausordnung) Dienstanweisungen des Schulleiters. 2.2 Begründung der Aufsichtspflicht In BW besteht allgemeine Schulpflicht (LV Art. 14 und SchG § 72 Abs. 1). Mit dem Eintritt in die Schule übernimmt der Staat die Verantwortung für die SuS, solange sie an schulischen Veranstal- tungen teilnehmen, zumal die SuS während der Schulveranstaltungen in aller Regel der Aufsicht der Sorgeberechtigten entzogen sind. Wenn man bedenkt, dass schulische Veranstaltungen erhöhte Risiken für die SuS mit sich bringen können (wie z.B. im Sport-/Schwimmunterricht, Lehrküche, Technik- und Naturwissen- schaftliche Fachräume, Schullandheimaufenthalte, Studienfahrten, …), ist die Notwendigkeit schulischer Aufsichtsführung von enormer Bedeutung. Minderjährigenschutz (Kinder / Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren) BGB § 828 Abs. 1, 2 Minderjährige Schäden gegenüber Dritten sind von den Aufsichtspflichtigen zu verantworten. BGB § 832 Abs. 1 Haftung der Aufsichtspflichtigen BGB § 839 Abs. 1 Haftung bei Amtspflichtverletzungen Dem Schulleiter obliegt die Verantwortung für die Aufsichtsorganisation (SchG § 41). ð Erstellung der Aufsichtspläne ð Überzeugung der sorgfältigen Wahrnehmung ggf. durch Stichproben Jede schulische Veranstaltung, die vom Schulleiter genehmigt ist, unterliegt der Aufsichtspflicht der Lehrkräfte! Wahrnehmung der Aufsicht gehört zu Dienstverpflichtung der Lehrkräfte (SchG § 38) ð gegenüber allen SuS der Schule 34 Baustein 2: Aufsichtspflicht ð in allen Situationen (Unterricht, Pausenaufsicht, Gefährdungssituationen wie z.B. Schlägerei auf Pausenhof/Flur, defekte Steckdosenabdeckung, Scherben einer zerbrochenen Flasche …) ð bei Verletzung der Aufsichtspflicht begeht die Lehrkraft ein Dienstvergehen. Eltern als Begleitpersonen bei außerunterrichtlichen Veranstaltungen entbinden Lehrkräfte nicht von ihrer Verantwortung. Sorgfältige Auswahl und Kontrolle bei der Durchführung ihrer Aufsichtsfunktion. Gleiche Bedingungen gelten für SuS als Hilfskräfte. Hausmeister und Sekretärin können i.d.R. nicht zur Aufsichtsführung eingesetzt werden. Ziele der Aufsichtsführung: Bewahrung der SuS vor körperlichen und materiellen Schäden Schutz Dritter (Mitschüler, Lehrkräfte, unbeteiligte Passanten) vor körperlichen und materiellen Schäden durch SuS Schutz der Einrichtungen des Schulträgers vor Beschädigungen und Zerstörung 2.2.1 Grundsätze und Maßnahmen Voraussetzung für die Aufsichtsführung ist ein hohes Maß an Verantwortungsgefühl, Umsicht und Sensibilität für Gefahrensituationen und pädagogischem Einfühlungsvermögen. Drei Grundsätze der Aufsichtsführung: vorausschauende Umsichtigkeit ununterbrochene Beständigkeit kontrollierende Nachdrücklichkeit. Die SuS müssen sich beaufsichtigt fühlen! Bei der Aufsichtsführung gibt es keinen allgemeingültigen auf alle denkbaren Fälle anwendbaren Maßnahmenkatalog. Zur Organisation der Aufsicht und zu Maßnahmen im Rahmen der Aufsichts- führung in einer konkreten Situation ist jede Entscheidung einer Lehrkraft eine Einzelfallentschei- dung. Beispiele für Maßnahmen: vorausschauende Vorkehrungen (z.B. bei Wanderung, Streckenerkundung) verbindliche Verhaltensmaßregeln frühzeitige Warnungen Verbote/ Gebote umsichtiges Handeln nachdrückliche Einzelanordnungen einwirkende, ggf. unterbindende Maßnahmen ständige Kontrolle Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung von Gefährdungssituationen. 35 Baustein 2: Aufsichtspflicht Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen: Alter und Reife der SuS Einsichtsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein der SuS Klassengröße Disziplin der Klasse Erfahrungswerte bzgl. des zu erwartenden Schülerverhaltens örtliche Gegebenheiten (auch Wetter und Jahreszeit berücksichtigen) Gefahrenquellen in der jeweiligen Situation und Umgebung. 2.2.2 Kriterien und Richtlinien a) Unterricht Zur pädagogischen Verantwortung der Lehrkräfte (SchG § 38) gehören: Disziplin in der Klasse aufrechterhalten Besprechen von Verhaltensregeln (Dokumentation im Klassenbuch) Geeignete Vorkehrungen treffen, falls Lehrkraft das Klassenzimmer zwingend verlassen muss Klärung sachgemäßen Umgangs mit gefährlichen Geräten (Zirkel, Nadeln, Scheren, Gasbrenner …) vorbeugende Maßnahmen in Fächern mit erhöhten Unfallgefahren (Sport/Schwimmen, Technikbereich, Naturwissenschaften, Lehrküche, Kunstraum). b) Unterrichtspausen in großen Pausen sind SuS dauernd zu beaufsichtigen (Aufsichtsplan, SchG § 41) in kleinen 5 Minuten Pausen sind Stichproben im Allgemeinen ausreichend. c) Hohlstunden so weit wie möglich bei der Stundenplangestaltung vermeiden Aufenthaltsraum muss zur Verfügung stehen Beaufsichtigung durch Stichproben. d) Außerunterrichtliche Veranstaltungen (AUV) Verantwortung liegt bei der Person, die die Veranstaltung leitet / durchführt (häufig der KL). Weitere Personen können ggf. mit Aufsichtsaufgaben betraut werden (andere Lehrkräfte, Ehe- und Lebenspartner der leitenden Lehrkraft oder Eltern von teilnehmenden SuS). Für die Eignung ist die verantwortliche Lehrkraft zuständig. 36 Baustein 2: Aufsichtspflicht VwV Außerunterrichtliche Veranstaltungen II.5 … mit mehr als 20 SuS – an GS bei jeder Klassengröße – soll neben der verantwortlichen Lehrkraft eine Begleitperson teilnehmen. Sorgfältige Prüfung der Örtlichkeit, Verhaltensregeln im Unterricht und beim Klassenpflegschaftsabend thematisieren, Liste mit erforderlicher Ausrüstung, … AUV ist vom SL hinsichtlich der Eignung zu überprüfen und zu genehmigen Bei vorzeitiger Beendigung des SLA beispielsweise aufgrund einer Erkrankung müssen die Erziehungsberechtigten grundsätzlich für die Rückreise sorgen und haben keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Schule (Pflicht der Erziehungsberechtigten ihr Kind in ihre alleinige Obhut zurückzunehmen, sobald Unterricht oder sonstige schulische Veranstaltung endet). Falls Treffpunkt außerhalb des Schulgeländes liegt, diesen so wählen, dass SuS der Weg zugemutet werden kann. Ende der Veranstaltung an festgelegtem Treffpunkt. SuS nie an beliebigen Stellen entlassen. Eltern als Aufsichtspersonal im Auftrag der Schule sind gesetzlich unfallversichert. Ersatz von Sachschäden bei Nichtlehrkräften nicht möglich! Verbindliche außerunterrichtliche Veranstaltungen sind: Wandertage Jahresausflüge Chor-, Orchester- und Sporttage Besuch von T

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