Supply and Operations Management (2023/24) - PDF

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IrreplaceableEmerald6900

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Freie Universität Berlin

2023

Dr. Benjamin Nitsche

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supply chain risk management risk management in supply chain supply chain disruptions operations management

Summary

This document is a set of lecture notes on supply chain risk management, covering topics such as the vulnerability of supply chains in a globalized world, methods for evaluating risks, risk mitigation strategies, and risk assessment case studies, particularly focusing on semiconductor shortages, supplier disputes, and the impact of the pandemic. The lecture notes are for students at Freie Universität Berlin, from the winter semester 2023/24 (WiSe 2023/24).

Full Transcript

Supply and Operations Management (Beschaffung, Fertigung, Logistik und Kooperation in Wertschöpfungsnetzen) Risikomanagement in Wertschöpfungsnetzen PD Dr. Benjamin Nitsche WiSe 2023/24 Dr. Benjamin Nitsche Lernziele der Veranstaltung ▪ Sie verstehen, warum globale Wertschöpfungsnetze zunehmend Risi...

Supply and Operations Management (Beschaffung, Fertigung, Logistik und Kooperation in Wertschöpfungsnetzen) Risikomanagement in Wertschöpfungsnetzen PD Dr. Benjamin Nitsche WiSe 2023/24 Dr. Benjamin Nitsche Lernziele der Veranstaltung ▪ Sie verstehen, warum globale Wertschöpfungsnetze zunehmend Risiken ausgesetzt sind und wo typische Risikoquellen liegen. ▪ Sie erlernen verschiedene Methoden, wie Sie identifizierte Risiken bewerten können. ▪ Sie kennen verschiedene Ansätze zur Steuerung von Risiken. ▪ Sie lernen Entscheidungsfelder und Strategien zur Verringerung der Verwundbarkeit internationaler Wertschöpfungsnetzen kennen. Dr. Benjamin Nitsche Agenda 1. Einführung in das Risikomanagement in der Logistik 2. Risikoidentifizierung 3. Risikobewertung 4. Risikosteuerung 5. Risikoüberwachung Dr. Benjamin Nitsche Verwundbarkeit von Logistiknetzen Zentralisierung von Fertigung/ Distribution zur Nutzung von Skaleneffekten (economies of scale) vermindert Flexibilität. Effizienz durch das Streben nach Schlankheit (lean) und Bedarfssynchronität (just-in-time). Abhängigkeit und Kontrollverlust über Teile der Logistik durch Auslagerung von NichtKernbereichen. Globalisierung zielt oft auf Verringerung von Beschaffungs-/ Fertigungskosten statt auf Totalkosten. Erhöhtes Potenzial eines Lieferausfalls durch Verringerung der Lieferantenbasis. → Trends im globalen Logistikmanagement haben zur Verwundbarkeit von Logistiknetzen beigetragen! Dr. Benjamin Nitsche Quelle: vgl. Christopher (2005). Beispiel 1: Lieferengpässe bei Halbleitern Beschreibung der Situation ▪ ▪ ▪ Die Produktionskapazitäten bei asiatischen Herstellern von Halbleitern ist Ende 2020 und Anfang 2021 sehr ausgelastet. Es ist nicht möglich schnell und flexible Kapazitäten aufzubauen. Folgen ▪ Die globale Pandemie, der Handelskrieg zwischen den USA und China, sowie eine Trockenheit in Taiwan, verschlechtern die Situation drastisch. Es werden immer mehr Halbleiter benötigt: immer mehr Produkte verwenden Halbleiter, und durch Homeschooling/Homeoffice wurden viel mehr Elektronikprodukte gekauft. ▪ Einschränkungen halten noch bis heute: ▪ Lieferzeiten sind mehr als viermal so lang wie üblich ▪ Die Preise sind um 15 bis 20 Prozent gestiegen ▪ Von Januar 2021 bis Ende 2022 wurden rund 12,4 Mio. Autos wegen des Halbleitermangels nicht produziert In sowohl Europa als USA soll Produktionskapazitäten gefördert werden. Die Europäische Kommission möchte, dass bis 2030 20% der globalen Produktionskapazitäten in Europa sind. Die USA möchten 50 billionen USD investieren. Vgl. u.a. deutschlandfunk.de, cnbc.com, theverge.com, nikkei.com, forbes.com, electroniknet.de Dr. Benjamin Nitsche Beispiel 2: Zulieferstreit sorgt für Produktionsstopp bei VW Beschreibung der Situation ▪ ▪ Folgen für VW Lieferboykott im August 2016 der Lieferanten ES Automobilguss und Car Trim, welche beide zur Unternehmensgruppe Prevent gehören und VW mit Getriebeteilen sowie Sitzbezügen beliefern ▪ Entstehung erheblicher Engpässe, die Produktionsausfälle und Kurzarbeit zur Folge hatten ▪ Betroffen waren insgesamt sechs deutsche Werke mit ca. 28.000 Beschäftigten Auslöser war ein Streit zwischen VW und den beiden Zulieferern um die Kündigung eines geplanten Auftrags ▪ Analysten schätzen, dass allein ein einwöchiger Produktionsausfall des VW-Stammwerks in Wolfsburg den Bruttoertrag um ca. 100 Mio. € schmälert ▪ Kettenreaktion entlang gesamter Logistiknetze: zahlreiche Lieferanten sind gezwungen, bereits gefertigte Teile nicht auszuliefern und Bestände aufzubauen Vgl. u.a. www.spiegel.de, www.tagesschau.de, www.faz.net Dr. Benjamin Nitsche Beispiel 3: Folgen der Corona-Pandemie für Volkswagen Absehbare Folgen für den Konzern Konzern-Chefs Herbert Diess (VW), Oliver Zipse (BMW) und Ola Källenius (Daimler) fürchten den Kollaps der Lieferkette → gewaltige finanzielle Schwierigkeiten VW hat ca. 800 Lieferanten in Spanien und Italien → hier sind derzeit zehntausende Mitarbeiter in Kurzarbeit, fraglich wann Arbeit wieder aufgenommen werden kann Selbst wenn deutsche Produktion wieder anlaufen kann, ist die Versorgung aus diesen Ländern kritisch Handelsblatt berichtet: deutsche OEMs stellen sich auf umfangreiche Lieferantenunterstützungen ein Zudem brechen wichtige Absatzmärkte ein Durch einen Stillstand in April 2020 konnten Autors in Europa und Amerika kaum abgesetzt werden -> Umsatz senkte in Q2 im Jahresvergleich um 37 Prozent auf 41,1 Milliarden Euro. Die Auslieferungen an Kunden waren um fast ein Drittel auf 1,89 Millionen Fahrzeuge zurückgegangen. Handelsblatt 2020; news38 2020; Wirtschaftswoche (2020) Dr. Benjamin Nitsche Profil einer Logistik-Unterbrechung Logistik-Leistung Unterbrechungslänge Vorbereitung/ stabiler Status Langzeitwirkung Anfangswirkung Vorbereitung der Erholung Erholung erste Reaktion Ereigniseintritt vollständige Wirkung verzögerte Wirkung Erholungslänge Zeit Quelle: vgl. Sheffi/Rice (2005). Dr. Benjamin Nitsche Der Risikobegriff bezieht sich sowohl auf Quellen als auch auf Auswirkungen Risiko bezieht sich auf unsichere interne/externe Umweltvariablen, die der Vorhersagbarkeit des Ergebnisses entgegenstehen. In diesem Sinne bezieht sich Risiko auf eine Risikoquelle und auf Unsicherheit. Die Verwendung des Risikobegriffs kann für Verwirrung sorgen, da es sich um ein mehrdimensionales Konstrukt handelt. → Risikoquelle (z. B. Nachfragerückgang), → Risikoauswirkung (z. B. Kosten), → Risikominimierungstrategie (z. B. Postponement). Risiko bezieht sich auf die Auswirkungen eines Risikos, d. h. auf potenzielle Ergebnisindikatoren. Begriffe wie „operatives Risiko“ oder „menschliches Risiko“ bezeichnen die Auswirkungen von Risiken, die zum Ereignis wurden. Quelle: vgl. Jüttner et al. (2003). Dr. Benjamin Nitsche Zukünftig könnten Risiken ein wichtiges Zielfeld innerhalb des globalen Logistikmanagements werden traditionell Qualität ▪ Risiko vs. Kosten: RM in der Logistik kann überhöhte Kosten für Prävention, Versicherung und Vermeidung von Betriebsunterbrechungen erzeugen. Zeit Kosten zukünftig? Risiko Qualität ▪ Risiko vs. Zeit: RM in der Logistik kann zu erhöhter Lieferzeit durch Puffer/Prozesse führen, durch schnelle Reaktion Zeit aber auch einsparen. ▪ Risiko vs. Qualität: Diese beiden Zielfelder gehen häufig Hand in Hand und unterstützen sich daher in der Regel gegenseitig. Zeit Kosten Quelle: vgl. A. T. Kearney (1999); vgl. Norrman/Jansson (2004). Dr. Benjamin Nitsche Beziehung zwischen Risikomanagement (RM) in der Logistik, Logistik-Management und Unternehmensrisikomanagement RM? RM? LogistikManagement Unternehmensrisikomanagement RM? LogistikManagement Unternehmensrisikomanagement Quelle: vgl. Sodhi/Son/Tang (2011). Dr. Benjamin Nitsche Mögliche Verankerung von RM in der Logistik in der Organisationsstruktur Vorstandsvorsitzender Konzernweite Funktion Konzernweites Risikomanagement Funktion Logistik Beschaffung Geschäftsbereich Rat für Risikomanagement Quelle: vgl. Norrman/Jansson (2004). Dr. Benjamin Nitsche Phasen des Risikomanagements in der Logistik Grundidee Risikoidentifizierung Aufzählung der Ursachen/Quellen potenzieller Logistik-Unterbrechungen. Risikobewertung Beurteilung der Eintrittswahrscheinlichkeit und des Schadensausmaßes, den ein Ereignis für jede Ursache/Quelle einer potenziellen Unterbrechung auf den Betrieb hat. Risikosteuerung Priorisierung von Ursachen/Quellen potenzieller Unterbrechungen und Entwicklung von Strategien zum Umgang mit Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß. Risikoüberwachung Fortlaufende Betrachtung von Entwicklungen in der Logistik, die Risiken vergrößern/verkleinern, z. B. Veränderungen der wirtschaftlichen/politischen Umwelt, Marktveränderungen oder Status einzelner Lieferanten. Quelle: vgl. Zsidisin/Melnyk/Ragatz (2005). Dr. Benjamin Nitsche Agenda 1. Einführung in das Risikomanagement in der Logistik 2. Risikoidentifizierung 3. Risikobewertung 4. Risikosteuerung 5. Risikoüberwachung Dr. Benjamin Nitsche Wertschöpfungsnetze sind komplexe und dynamische Systeme und dadurch sehr unterschiedlichen Risiken ausgesetzt Rohstofflieferant Endkunde Lieferant des Lieferanten (tier 2) Rohstofflieferant Einzelhandel Lieferant (tier 1) Lieferant des Lieferanten (tier 2) Großhandel Endkunde Einzelhandel Laptop Rohstofflieferant Endkunde Elektronikgroßhandel Tastatur Kunststoffgranulat Laptopfachgeschäft Laptopkunde Rohöl lieferantenseitige Risiken Dr. Benjamin Nitsche interne Risiken kundenseitige Risiken Risikoquellen lassen sich in fünf Kategorien einteilen ▪ Risiken auf der Lieferantenseite rühren von Störungen bei vorgelagerten Logistik-Abläufen her. ▪ Risiken auf der Kundenseite rühren von Störungen bei nachgelagerten Logistik-Abläufen her. ▪ Infrastrukturrisiken beinhalten Störungen, die sich aus der Infrastruktur ergeben, die ein Unternehmen für ihre Logistik-Abläufe bereithält. ▪ Regulatorische, rechtliche und bürokratische Risiken rühren von der Wirksamkeit und Durchsetzung von logistik-bezogenen Gesetzen und Grundsätzen sowie dem Ausmaß und der Häufigkeit ihrer Änderungen her. ▪ Katastrophenrisiken können durch Epidemien oder Naturgefahren, soziopolitischer Instabilität, zivilen Unruhen oder Terroranschlägen hervorgerufen werden. Quelle: vgl. Wagner/Bode (2008). Dr. Benjamin Nitsche Risikoquellen (1/5) Risiken auf der Lieferantenseite Risiken auf der Lieferantenseite rühren von Störungen bei vorgelagerten Logistik-Abläufen her. ▪ Qualitätsprobleme ▪ Geschäftsrisiken durch Lieferanten (Nichterfüllung, vertikale Integration durch Wettbewerber, …) ▪ Opportunistisches Verhalten durch Lieferanten (Lock-in-Effekt, …) ▪ Kapazitätsbeschränkungen bzw. -engpässe ▪ Materialpreisschwankungen → Beispiel: Risiken durch defekte Dieselpumpen pflanzen sich bis zum Autobauer fort. Quelle: vgl. Wagner/Bode (2008). Dr. Benjamin Nitsche Risikoquellen (2/5) Risiken auf der Kundenseite Risiken auf der Kundenseite rühren von Störungen bei nachgelagerten Logistik-Abläufen her. ▪ Vertriebsrisiken (Transport, Vertriebsnetz, …) ▪ Unvorhersagbare Kundennachfrage (Vorhersage ≠ Nachfrage) ▪ Kreditrisiken (Forderungen) ▪ Opportunistisches Verhalten durch Kunden (Hold-up, …) ▪ Peitscheneffekt (bullwhip effect) → Beispiel: Eine sich rasch abschwächende Nachfrage verbunden mit fixierten Liefervereinbarungen führte bei Cisco im 2. Quartal 2001 zu 2,5 Mrd. US-$ Bestandsabschreibungen. Quelle: vgl. Wagner/Bode (2008). Dr. Benjamin Nitsche Risikoquellen (3/5) Regulatorische, rechtliche, bürokratische Risiken Regulatorische, rechtliche und bürokratische Risiken rühren von der Wirksamkeit und Durchsetzung von logistik-bezogenen Gesetzen und Grundsätzen sowie dem Ausmaß und der Häufigkeit ihrer Änderungen her. ▪ Verstöße gegen veränderte Gesetze, Regularien oder Standards ▪ Administrative Hürden (Zölle, Handelsverbote, Ein-/Ausfuhrquoten, Inhaltsbeschränkungen, …) ▪ Abhängigkeiten von Behörden (etwa bei der Errichtung und Steuerung von Logistiknetzen) → Beispiel: Die Zollabwicklung stellt bei der Einfuhr in die Russische Föderation ein Risiko dar, da das Vorgehen der Zollbehörden, Anforderungen an Versandpapiere, Stillstandgebühren und mögliche Zeitverluste schwer zu kalkulieren sind. Hier empfehlen sich Zollagenten. Quelle: vgl. Wagner/Bode (2008). Dr. Benjamin Nitsche Risikoquellen (4/5) Infrastrukturrisiken Infrastrukturrisiken beinhalten Störungen, die sich aus der Infrastruktur ergeben, die ein Unternehmen für ihre Logistik-Abläufe bereithält. ▪ Technische Unfälle (Fehlfunktionen, Maschinenausfälle, …) ▪ IT-Störungen und -Ausfälle ▪ Risiken der Mitarbeiter (Vandalismus, Sabotage, Arbeitsniederlegungen, …) → Beispiel: Nike meldete 2001 einen Umsatzverlust in Höhe von 100 Mio. US-$ wegen der Logistik-Planungssoftware. Nach einem Jahr Arbeit am System durch i2 Technologies sollte die Software in Betrieb gehen, verursachte jedoch unmittelbar Chaos entlang der Logistik. Sowohl Nike als auch i2 verloren an jenem Tag ein Fünftel ihres Marktwerts. Quelle: vgl. Wagner/Bode (2008). Dr. Benjamin Nitsche Risikoquellen (5/5) Katastrophenrisiken Katastrophenrisiken können durch Epidemien, Naturgefahren, soziopolitische Instabilität, zivile Unruhen oder Terroranschläge verursacht werden. ▪ Naturkatastrophen (extreme Wetterbedingungen wie Dürren und Stürme, Epidemien, Vulkanausbrüche, Erdbeben, …) ▪ Menschengemachte Katastrophen (Terroranschläge, …) → Beispiel: Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten traten bei mehreren Automobilherstellern schwerwiegende Probleme aufgrund von Grenzverzögerungen und Flughafenschließungen auf. So musste Toyota seine Produktion in einer US-Fabrik anhalten, weil Teile aus Deutschland nicht per Flugzeug ins Land geschafft werden konnten. Quelle: vgl. Wagner/Bode (2008). Dr. Benjamin Nitsche Agenda 1. Einführung in das Risikomanagement in der Logistik 2. Risikoidentifizierung 3. Risikobewertung a. Risikobewertung nach Norman/Jansson b. Risikobewertung nach Blackhurst 4. Risikosteuerung 5. Risikoüberwachung Dr. Benjamin Nitsche Risikomatrix B Eintrittswahrscheinlichkeit verschiedene Risiken A C D 1. Qualitative Risikomatrix: Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß werden subjektiv bewertet (z. B. gering vs. hoch) 2. Quantitativ Risikomatrix: Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß werden objektiv bewertet (z. B. Häufigkeit, Kosten in Euro). Hinweis: Die Werte sollten nicht einfach multipliziert werden! Dr. Benjamin Nitsche Schadensausmaß Quelle: vgl. Norrman/Jansson (2004). Berücksichtigung von Ausnahmerisiken ist zur Erhaltung der Kontinuität der Logistik besonders wichtig sehr hoch hoch Eintrittswahrscheinlichkeit Alltagsrisiken mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit und geringem Schadensausmaß werden häufig intuitiv berücksichtigt, z.B. häufige Qualitätsmängel eines Lieferanten. mittel Ausnahmerisiken mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit und hohem Schadensausmaß werden oft erst bemerkt, wenn es zu spät ist, z.B. der plötzliche Ausfall eines wichtigen Lieferanten. gering sehr gering sehr gering gering mittel Schadensausmaß Dr. Benjamin Nitsche hoch sehr hoch Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit Qualitative Bewertung ▪ Zielsetzung: Subjektive Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit ▪ Erhebungsmethode: Expertenmeinung, Delphi-Methode ▪ Wertebereich: sprachbezogen, z. B. sehr niedrige bis sehr hohe Eintrittswahrscheinlichkeit ▪ Einsatzgebiet: einmaliges bzw. erstmaliges Auftreten Quantitative Bewertung ▪ Zielsetzung: Objektive Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit ▪ Erhebungsmethode: Simulation, statistische Datenanalyse, Fehlerbaumanalyse ▪ Wertebereich: 0–100 % ▪ Einsatzgebiet: Wiederholtes Auftreten Bewertete Eintrittswahrscheinlichkeit Dr. Benjamin Nitsche Fehlerbaumanalyse [fault tree analysis] Fehlerereignis in einfache Ereignisse unterteilbar, z. B. „Ausfall eines Lieferanten“ OR AND Sekundärereignis Unterteillung möglich, aber außerhalb der Betrachtung Externes Ereignis kein Fehlerereignis, wirkt aber in Verbindung mit anderen Ereignissen, z. B. „Regen“ Basisereignis nicht weiter unterteilbar, z. B. „Schalter versagt“ Quelle: vgl. Jonassen et al. (1999). Dr. Benjamin Nitsche Ursache-Wirkungs-Diagramm für Risiken bei Änderungen des Designs eines Produkts Quelle: Lin/Zhou (2011). Dr. Benjamin Nitsche Bewertung des Schadensausmaßes Qualitative Bewertung ▪ Zielsetzung: Subjektive Bewertung des Schadensausmaßes ▪ Erhebungsmethode: Expertenmeinung, Delphi-Methode ▪ Wertebereich: sprachbezogen, z. B. sehr niedriges bis sehr hohes bzw. katastrophales Schadensausmaß ▪ Einsatzgebiet: einmaliges bzw. erstmaliges Auftreten Quantitative Bewertung ▪ Zielsetzung: Objektive Bewertung des Schadensausmaßes ▪ Erhebungsmethode: Sensitivitätsanalyse, Vergangenheitsdaten, statistische Datenanalyse, Ereignisbaumanalyse ▪ Wertebereich: z. B. Kosten in € ▪ Einsatzgebiet: Wiederholtes Auftreten Bewertetes Schadensausmaß Dr. Benjamin Nitsche Ereignisbaumanalyse [event tree analysis] auslösendes Ereignis Beginn des Feuers Sprinkleranlage versagt Feueralarm ist nicht aktiv Schadensausmaß wahr unkontrolliertes Feuer ohne Alarm wahr falsch wahr wahr falsch Explosion falsch pro Jahr falsch → Die Ereignisbaumanalyse ermöglicht eine systematische Ermittlung des Schadensausmaßes sowie der zugehörigen Häufigkeit des Eintritts. Dr. Benjamin Nitsche Häufigkeit (pro Jahr) unkontrolliertes Feuer mit Alarm kontrolliertes Feuer ohne Alarm kontrolliertes Feuer mit Alarm kein Feuer Quelle: vgl. Rausand/Høyland (2004); vgl. IEC 60300-3-9. ▪ Somit sind auch Risiken außerhalb des eigenen Unternehmens zu bewerten! ▪ Hat ein Unternehmen wenige Kunden, so könnte sich der Wegfall eines Kunden negativ auswirken und sollte ebenfalls betrachtet werden. B Risiken der Lieferanten C A D akzeptabel Schadensausmaß Eintrittswahrscheinlichkeit ▪ Unternehmen sollten sich nicht nur auf ihre eigenen Risiken konzentrieren, sondern auch auf Risiken an anderen Stellen in ihren Logistiknetzen, insbesondere bei Zulieferern. Eintrittswahrscheinlichkeit Nicht nur Risiken im eigenen Unternehmen spielen in vernetzten Unternehmen eine Rolle eigenes Risiko akzeptabel Schadensausmaß Quelle: vgl. Norrman/Jansson (2004). Dr. Benjamin Nitsche Bei der Risikobewertung sind Komplexität und Dynamik von Logistiknetzen zu beachten ▪ Risiken können sich auf ein bestimmtes Unternehmen beschränken. Häufig sind jedoch mehrere Unternehmen gleichzeitig betroffen, etwa bei Erdbeben. ▪ Unternehmen sind oft in mehrere Logistiknetze eingebunden, sodass im Risikofall mehrere Logistiknetze gleichzeitig betroffen sind. ▪ Häufig existieren Abhängigkeiten zwischen Lieferanten. Beispielsweise kann eine schlechte Kautschukernte dafür sorgen, dass bei allen Lieferanten von Autoreifen gleichzeitig die Preise steigen. Selbst Multiple Sourcing kann dieses Preisrisiko somit kaum verhindern. Quelle: vgl. Wakolbinger/Cruz (2011); vgl. Wagner/Bode/Koziol (2009). Dr. Benjamin Nitsche Agenda 1. Einführung in das Risikomanagement in der Logistik 2. Risikoidentifizierung 3. Risikobewertung a. Risikobewertung nach Norman/Jansson b. Risikobewertung nach Blackhurst 4. Risikosteuerung 5. Risikoüberwachung Dr. Benjamin Nitsche Risikomanagement in der Logistik am Beispiel eines Scheibenbremssystems Hydraulikbremsschlauch ▪ Ein Unternehmen der Automobilbranche hat verschiedene LogistikRisikokategorien identifiziert. Bremsscheibe Entlüftungsschraube ▪ Zur Bewertung der LogistikRisiken sollen nun gewichtete Unterkategorien der Risiken berücksichtigt werden. Bremsscheibenbefestigung Sattelanordnung Bremsbeläge Verschleißsensierung Dr. Benjamin Nitsche Bremsbelagscheiben Quelle: vgl. Blackhurst et al. (2008). ▪ Für jede Unterkategorie werden Bewertungspunkte (0..100) vergeben, die das Risiko repräsentieren (0..25 → niedrig; 25..50 → mittel; 50..75 → hoch; 75..100 → kritisch). Naben-/ Lageranordung Bewertungspunkte und weitere Daten für die Risikobewertung Sattelanordnung 1 2 2 3 2 4 Lieferanteil 50% 50% 90% 10% 40% 60% 60% 30% 25% 15% 25% 5% Qualität gesamt Unterbrechungen/Katastrophen Erdbeben Feuer Überflutung Arbeitsverfügbarkeit Arbeitskampf politische Probleme Lieferanteninsolvenz Krieg und Terrorismus Unterbrechungen/Katastrophen gesamt Gesamtbewertung Bremsscheibe Lieferant Gewichtung Qualität Defekte/Mio. Problemlösungsfähigkeit Produktkomplexität zeitnahe Korrekturmaßnahmen Wert des Produkts Nabenanordnung 40% 5% 30% 5% 15% 10% 10% 15% 10% Bewertung Bewertung Bewertung Bewertung Bewertung Bewertung 30 20 20 20 30 90 70 20 90 30 70 85 30 85 35 15 10 30 15 35 60 75 15 70 25 10 15 15 15 25 23,5 71,5 69,8 17,0 57,8 14,0 15 15 5 15 20 20 5 25 15,0 35 80 35 70 85 60 10 60 60,0 35 80 35 70 85 60 10 60 60,0 5 70 20 20 35 15 35 25 38,0 35 80 35 70 85 60 10 60 60,0 65 30 40 35 25 40 35 30 34,3 20,1 66,9 65,9 25,4 58,7 22,1 Quelle: vgl. Blackhurst et al. (2008). Dr. Benjamin Nitsche Darstellung der Risikokategorien „Qualität“ und „Unterbrechungen/Katastrophen“ nach Teilen Kategoriegewichtung Gesamtbewertung Unterbrechungen/Katastrophen gesamt Krieg und Terrorismus Lieferanteninsolvenz politische Probleme Arbeitskampf Arbeitsverfügbarkeit Überflutung Feuer 60% Unterkategoriegewichtung 30% 25% 15% 25% 5% 100% Sattelanordnung 60,0 45,0 20,0 55,0 30,0 47,5 Nabenanordnung 64,5 77,5 30,0 78,0 35,0 64,5 Bremsscheibe 30,0 39,0 15,0 37,0 25,0 31,5 Dr. Benjamin Nitsche Erdbeben Qualität gesamt Defekte/Mio. niedrig Unterbrechungen/Katastrophen Wert des Produkts mittel Produktkomplexität hoch Problemlösungsfähigkeit kritisch zeitnahe Korrekturmaßnahmen Qualität 40% 5% 30% 5% 15% 10% 10% 15% 10% 100% 25,0 47,5 20,0 42,5 52,5 40,0 7,5 42,5 37,5 43,5 32,0 79,0 33,5 65,0 80,0 55,5 12,5 56,5 57,8 61,8 53,0 50,0 38,0 49,0 49,0 48,0 25,0 42,0 44,6 36,7 ▪ Zur Berechnung der Bewertungspunkte der drei Teile „Sattelanordnung“, „Nabenanordnung“ und „Bremsscheibe“ werden die Bewertungspunkte der Lieferanten für das Teil entsprechend ihrem Lieferanteil gewichtet. ▪ Beispiel: Bewertungspunkte der Problemlösungsfähigkeit der „Nabenanordnung“: 77,5 = 90%  85 + 10%  10 Quelle: vgl. Blackhurst et al. (2008). Darstellung der Risikokategorien „Qualität“ und „Unterbrechungen/Katastrophen“ nach Lieferanten Dr. Benjamin Nitsche Unterbrechungen/Katastrophen gesamt Krieg und Terrorismus 10% 15% 10% 100% 20,0 20,0 5,0 25,0 15,0 20,1 85,0 60,0 10,0 60,0 60,0 64,5 35,0 15,0 35,0 25,0 38,0 25,4 25,0 40,0 35,0 30,0 34,3 22,1 Gesamtbewertung Lieferanteninsolvenz Unterkategoriegewichtung 30% 25% 15% 25% 5% 100% 5% 30% 5% 15% Lieferant 1 30,0 20,0 20,0 20,0 30,0 23,5 15,0 15,0 5,0 15,0 Lieferant 2 73,3 78,6 23,9 83,1 31,4 67,6 35,0 80,0 35,0 70,0 Lieferant 3 15,0 10,0 30,0 15,0 35,0 17,0 5,0 70,0 20,0 20,0 Lieferant 4 10,0 15,0 15,0 15,0 25,0 14,0 65,0 30,0 40,0 35,0 Arbeitskampf Arbeitsverfügbarkeit Überflutung Feuer Erdbeben 60% politische Probleme Kategoriegewichtung Qualität gesamt Defekte/Mio. niedrig Unterbrechungen/Katastrophen Wert des Produkts mittel Produktkomplexität hoch Problemlösungsfähigkeit kritisch zeitnahe Korrekturmaßnahmen Qualität 40% 10% ▪ Zur Berechnung der Bewertungspunkte der vier Lieferanten werden die Bewertungspunkte der Lieferanten für ihre Teile entsprechend ihrem Lieferanteil gewichtet. ▪ Beispiel: Bewertungspunkte von Lieferant 2 für die Problemlösungsfähigkeit: 78,6 = (50%  70 + 90%  85 + 40%  75)  (50% + 90% + 40%) Quelle: vgl. Blackhurst et al. (2008). Liste der kritischen Teile Teil [+] Nabenanordnung [+] Sattelanordnung [+] Bremsscheibe 61,8 43,5 36,7 ▪ Ähnlich wie bei einem Dateibaum lassen sich die Risiken für bestimmte Dimensionen näher aufschlüsseln. ▪ Hier wird deutlich, dass bspw. bei Lieferant 2 die Risikokategorie „Qualität“ vor allem durch schleppende Korrekturmaßnahmen und schlechte Problemlösungsfähigkeit negativ beeinflusst wird. Teil / Lieferant / Kategorie / Unterkategorie [-] Nabenanordnung 61,8 [-] Lieferant 2 65,9 [-] Qualität 69,8 Problemlösungsfähigkeit 85,0 zeitnahe Korrekturmaßnahmen 85,0 Defekte/Mio. 70,0 Wert des Produkts 35,0 Produktkomplexität 30,0 [-] Unterbrechungen/Katastrophen 60,0 Arbeitskampf 85,0 Feuer 80,0 Arbeitsverfügbarkeit 70,0 politische Probleme 60,0 Krieg und Terrorismus 60,0 Erdbeben 35,0 Überflutung 35,0 Lieferanteninsolvenz 10,0 [-] Lieferant 3 25,4 [+] Sattelanordnung 43,5 [+] Bremsscheibe 36,7 → Analog lässt sich auch die Liste der kritischen Lieferanten betrachten, indem nach „Lieferant / Teil / Kategorie / Unterkategorie“ aufgeschlüsselt wird. Quelle: vgl. Blackhurst et al. (2008). Dr. Benjamin Nitsche Agenda 1. Einführung in das Risikomanagement in der Logistik 2. Risikoidentifizierung 3. Risikobewertung 4. Risikosteuerung 5. Risikoüberwachung Dr. Benjamin Nitsche Entscheidungsfelder zur Verringerung der Verwundbarkeit Grundidee Produktdesign Das Design des in der Lieferkette gefertigten Produktes wird widerstandsfähig gestaltet, etwa indem weniger anfällige Komponenten/Materialien im Produkt verbaut werden oder potenzielle Ersatzkomponenten im Produktdesign berücksichtigt werden. LogistikDesign Die Lieferkette selbst wird widerstandsfähig gestaltet. Dies betrifft die Orte von Lagerhäusern, Transportmittel und Liefervereinbarungen. Insbesondere sind Sicherheitsbestände, Near Sourcing und Multiple Sourcing einzuplanen. operative Steuerung Durch die operative Steuerung durch Notfall- und Krisenpläne wird schnell und effizient auf drohende bzw. vorhandene Unterbrechungen reagiert. Somit kann der Weiterbetrieb des Unternehmens aufrechterhalten werden. → Für jedes Entscheidungsfeld werden die Schritte des Risikomanagements (Identifizierung, Bewertung, Steuerung und Überwachung) angewendet! Quelle: vgl. Kleindorfer/Saad (2005); vgl. Harrington/O‘Connor (2009). Dr. Benjamin Nitsche Risikostufen in Abhängigkeit von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß fast sicher Eintrittswahrscheinlichkeit rot wahrscheinlich orange unwahrscheinlich selten gelb grün vernachlässigbar eher gering Beispiel ▪ Grün: Keine Handlung notwendig. ▪ Gelb: Risikominimierung optional, Überwachung. ▪ Rot/Orange: Risikominimierung, Kontinuitätsplanung, Überwachung. Dr. Benjamin Nitsche eher hoch schwer Schadensausmaß Quelle: vgl. Norrman/Jansson (2004). Strategien zur Steuerung von Risiken ▪ Risikovermeidung: die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos wird auf null reduziert. Erhöhter Bestand, Lieferantenvielfalt, Ausweichstandorte/-ressourcen, Sprinkleranlagen, … Umstellung riskanter Prozesse (intern und im Zusammenwirken mit Lieferanten), Verbesserung Umstellungkritischer Prozesse (z. B. Lieferantenauswahl), … ▪ Risikoverminderung: die Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder das Schadensausmaß eines Risikos werden reduziert. ▪ Risikoübertragung: das Schadensausmaß eines Risiko wird auf Versicherungen, Logistik-Partner (z. B. Haftung, Lieferzeiten) oder Kunden (z. B. Make-to-Order) übertragen oder ausgelagert. ▪ Risikoteilung: das Schadensausmaß eines Risikos wird aufgeteilt (z. B. vertragliche Mechanismen, enge Zusammenarbeit). ▪ Risikoübernahme: das Schadensausmaß eines Risikos wird selbst getragen. Quelle: vgl. Kajüter (2003); vgl. Norrman/Jansson (2004). Dr. Benjamin Nitsche Strategien zur Steuerung von Risiken lassen sich in die Risikomatrix integrieren sehr hoch hoch Eintrittswahrscheinlichkeit Risikovermeidung Risikoverminderung mittel gering Risikoübernahme Risikoteilung Risikoübertragung sehr gering sehr gering gering mittel hoch sehr hoch Schadensausmaß Quelle: vgl. DeLoach (2000); vgl. Husdal (2009). Dr. Benjamin Nitsche Risikoübertragung durch Versicherung Lieferant des Lieferanten Eine LogistikUnterbrechungsversicherung deckt einen Schaden ab, der durch ein Ereignis bei einem direkten oder indirekten Lieferanten entsteht. Das Ereignis kann sowohl physisch sein als auch andere Ursachen haben (z.B. politisch). Lieferant Hersteller Eine (traditionelle) Betriebsunterbrechungsversicherung deckt einen Schaden (erhöhte Kosten, verringerte Umsätze) ab, der durch ein physisches Ereignis (z.B. Feuer, Naturkatastrophe) im eigenen Betrieb entsteht. Kunde Eine Warenkreditversicherung sichert Forderungen aus Lieferungen für den Fall ab, dass ein Kunde zahlungsunfähig wird. → Versicherungen verlangen zunehmend den Nachweis über ein hohes Maß an Wissen über das Logistiknetz des zu versichernden Unternehmens. → Lieferanten verlangen häufig frühere Zahlungen, falls der Kunde nicht versichert ist. Quelle: vgl. Felsted (2012). Dr. Benjamin Nitsche Risikoteilung per Vertrag Risikoteilung per Vertrag (Definition) risk-sharing contracts specify which proportion of the transaction cost and risk is incurred by the manufacturer and which is incurred by the retailer. [Wakolbinger/Cruz, 2011] ▪ Ein Händler wird vom Lieferanten für Verluste entschädigt, falls eine Unterbrechung auftritt ▪ Ein Händler teilt das Risiko einer Überproduktion mit einem Lieferanten ▪ Ein Händler teilt das Risiko einer Unterproduktion mit einem Lieferanten ▪ … Quelle: vgl. He/Zhang (2008); vgl. Wakolbinger/Cruz (2011). Dr. Benjamin Nitsche Risikosteuerung entlang der Logistik per Vertrag Rohstofflieferant Lieferant des Lieferanten Vertrag Lieferant Vertrag Hersteller Vertrag ▪ Lieferanten könnten vertraglich veranlasst werden, Maßnahmen eines Logistik-Risikomanagements einzuführen. ▪ Im Vertrag könnte festgehalten werden, dass auch der Lieferant wiederum seinen Lieferanten derartige Maßnahmen vertraglich vorschreibt usw. ▪ Dadurch pflanzt sich Logistik-Risikomanagement in vorgelagerte Richtung fort, bis die gesamte Logistik erfasst ist. → Dieser Ansatz ist in der Praxis jedoch meist kaum umzusetzen! Dr. Benjamin Nitsche Risikosteuerung durch Steuerung des Angebots Produkt eines Lieferanten ist aufgrund eines Risikoeintritts (z.B. Lieferantenausfall) nicht verfügbar. zusätzlicher Bestand redundante Lieferanten Unterstützung von Lieferanten Lieferantenseitiger Abriss des Lieferstroms wird innerhalb eines kritischen Zeitraums mit Pufferbestand überbrückt. Mehrere Lieferanten werden für dasselbe Produkt vorgehalten bzw. aufgebaut – idealerweise aus verschiedenen Regionen. Gefährdete Lieferanten für kritische Produkte werden unterstützt, z.B. durch Bestellung erhöhter Menge. Der Lieferstrom reißt nicht ab. Dr. Benjamin Nitsche Risikosteuerung durch Steuerung der Nachfrage Eigenes Produkt ist aufgrund eines Risikoeintritts (z.B. hohe Nachfragemenge) nicht verfügbar. dynamische Preisgestaltung Sortimentsgestaltung schleichende Produktsubstitution Händler/Hersteller senkt den Preis verfügbarer Produkte und erhöht den Preis für das nicht verfügbare Produkt. Händler/Hersteller platziert verfügbare Produkte an für den Kunden gut sichtbaren Stellen im Verkaufsregal. Neues Produkt wird ohne Werbung eingeführt; Kunden fassen es als Substitut des alten Produkts auf. Kunden werden zum Kauf eines verfügbaren Produkts verleitet. Quelle: vgl. Tang (2006). Dr. Benjamin Nitsche Proaktive vs. reaktive Strategien Robustheit Agilität the ability of a supply chain to resist change without adapting its initial stable configuration (proactive) the ability of a supply chain to rapidly respond to change by adapting its initial stable configuration (reactive) ▪ Mehrere Bezugsquellen ▪ Notfallplan ▪ Sicherheitsbestand ▪ Verkürzung von Durchlaufzeiten ▪ Flexibler Transport ▪ Geschultes Personal → „Schlankes (lean) Management“ ist kurzfristig zwar kosteneffizient, jedoch kann bei hohen Risiken einer Störung ein robustes und/oder agiles Logistiknetz langfristig sinnvoll sein. Quelle: vgl. Wieland/Wallenburg (2012). Dr. Benjamin Nitsche Strategiewahl zwischen Robustheit und Agilität auf Basis der Risikomatrix Schadensausmaß Eintrittswahrscheinlichkeit niedrig hoch niedrig hoch Alltagsrisiken → Robustheit schaffen! (z.B. gegen häufige Nachfragerisiken) Ausnahmerisiken → Agilität schaffen! (z.B. Wirtschafts-/Finanzkrise) Quelle: vgl. Wieland (2013). Dr. Benjamin Nitsche Agenda 1. Einführung in das Risikomanagement in der Logistik 2. Risikoidentifizierung 3. Risikobewertung 4. Risikosteuerung 5. Risikoüberwachung Dr. Benjamin Nitsche Risikoüberwachung schafft proaktives statt reaktives Risikomanagement in der Logistik ▪ Unterbrechungen können zum unerwarteten Stillstand von Produktionsbändern führen. Um diese vor ihrem Auftreten vorhersagen zu können, müssen Risikobewertungen im Zeitverlauf überwacht werden. ▪ So lässt sich erkennen, ob Trends zu kritischen Werten führen könnten und es lässt sich frühzeitig gegensteuern. ▪ In geeigneten Abständen, die von Risiko zu Risiko und Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein können (vgl. Defekte/Mio. vs. Erdbeben), muss eine Aktualisierung der Risikoindikatoren erfolgen. Die Frequenz der Aktualisierungen ist kritisch. ▪ Die fortlaufende Risikoüberwachung erfordert die Pflege und Nutzung einer Datenbank. Daten aus allen Logistik-Bereichen sind zu integrieren. Dies erfordert ein gutes Wissensmanagement und Akzeptanz des Risikomanagements in der Logistik. → Proaktives statt reaktives Risikomanagement in der Logistik Quelle: vgl. Elkins et al. (2005); vgl. Blackhurst et al. (2008). Dr. Benjamin Nitsche Risikoüberwachung ermöglicht die Verfolgung von Trends Lieferant 2 Lieferant 3 Lieferant 4 Risikobewertung Lieferant 1 Zeitraum Teil 2 Teil 3 Risikobewertung Teil 1 Zeitraum Dr. Benjamin Nitsche Quelle: vgl. Blackhurst et al. (2008).

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