Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung II Beratung (PDF)
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Universität Bern
2024
Dr. phil. Eva Schürch
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This document, from the University of Bern, details lecture notes for a psychology course on conversation, interview, and behavioral observation. The document outlines the course schedule and includes various topics related to psychology and counseling. It references specific figures and authors relevant to the subject matter. The summary also includes relevant keywords to search for.
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Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung II Beratung Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 26.02.2024 GIV II Ablauf FS24 SW 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Datum 19.02.24 26.02.24 04.03.24 11.03.24 18.03.24 25.03.24 08.04.24 15.04.24 22.04.24 29.04.24...
Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung II Beratung Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 26.02.2024 GIV II Ablauf FS24 SW 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Datum 19.02.24 26.02.24 04.03.24 11.03.24 18.03.24 25.03.24 08.04.24 15.04.24 22.04.24 29.04.24 06.05.24 13.05.24 20.05.24 27.05.24 © Eva Schürch | 26. 02. 2024 Thema Einführung & Info Übungen (nur Podcast) Beratung Therapie I Therapie II Krisen / Notfall Kinder & Familien (System) A & O II Konflikt, Mediation Verhandeln Befragung Interkulturelle Kommunikation Selbstfürsorge, Machtspiele -------------- keine VL ---------- (Pfingstmontag) Abschluss, beruflicher Ausblick 2 Fragen zum Vorlesungsstoff > Möglichkeit, Fragen zu stellen - wo: ins Etherpad reinschreiben (Ilias / Vorlesung) - wie: anonym und fortlaufend - bis wann: Mittwoch, 22.5.2023 - was: Unklarheiten aller Art zu prüfungsrelevanten Inhalten > Beantwortung der Fragen: VL 13 (27.5.2023) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 3 Pflichtlektüre > Lektüre 1. Semester = Basisliteratur, Grundlagenwissen > Lektüre 2. Semester = Basisliteratur & Ergänzungsliteratur, Spezialwissen > > > Pflichtlektüretexte sind Prüfungsstoff nicht behandelte Themen im 1. Semester werden nicht abgefragt nicht behandelte Themen im 2. Semester können abgefragt werden, sind aber nicht der Schwerpunkt der Prüfung! > NEU im FS: Vertiefungsliteratur © Eva Schürch | 26. 02. 2024 4 Übersicht > > > > Was ist Beratung und wo findet sie statt? Wer macht Beratung? Was unterscheidet Beratung von Therapie (und was nicht)? Wie läuft Beratung ab? > Vertiefung am Beispiel Paarberatung © Eva Schürch | 26. 02. 2024 5 (Psychologische) Beratung > Bereiche: - Beruf & Arbeit - Sport - Seelsorge - Bildung & Weiterbildung - Erziehung & Familie - Partnerschaft & Ehe - Sexualität - Drogen & Sucht - Gesundheit & Rehabilitation - Ernährung (Steinebach, 2006) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 6 Definitionselemente Beratung > Berater und Beraterinnen agieren professionell > Beratung ist in der Regel freiwillig, zeitlich umrissen und ergebnisoffen > Im Zentrum steht die ratsuchende Person > Die Interaktion zwischen den Berater:innen und den Ratsuchenden geht über die reine Informationsvermittlung hinaus > Beratung umfasst eine Vielzahl von Formen (Schiersmann, 2013) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 7 Was ist also Beratung? > Beratung als Förderung des Problemlösens unter Beachtung des Selbstorganisationsprozesses > Veränderungsprozesse sind komplex und nicht linear > Prozessberatung im Gegensatz zur Expert:innen- oder reinen Fachberatung: subjektive Reflexion von Sachverhalten steht im Vordergrund gegenüber der Informationsvermittlung © Eva Schürch | 26. 02. 2024 8 Das Beratungssystem Motive © Eva Schürch | 26. 02. 2024 Rollen B e ra t BeraterIn Ziele un Vorstellungen Kompetenz a tio n g s s itu Problem liegt im Kontext Problem liegt in der Person Ratsuchende/r (nach Kolb, 1989) 9 Rahmenbedingungen Psychologische Beratung > Einzel vs. Gruppe > Private Praxis vs. öffentlicher Dienst vs. Institution > face-to-face vs. online > Einzeltermin vs. auf kurze Zeit befristet vs. über längere Zeit > Ehrenamtliche vs. hauptberufliche Beraterinnen (Steinebach, 2006) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 10 Wer berät? > Professionelle BeraterInnen: PsychologInnen, PsychotherapeutInnen, PsychiaterInnen > Paraprofessionelle BeraterInnen: Fachpersonen aus dem Gesundheitsbereich, SeelsorgerInnen, SozialarbeiterInnen... > Laien: Peers, Freiwillige © Eva Schürch | 26. 02. 2024 11 Das Peer-System https://tp.srgssr.ch/p/portal?urn=urn:srf:ais:video:68 5472d6-c017-464e-8341af4c2107e8fb&autoplay=true&legacy=true&width=6 40&height=360&playerType= © Eva Schürch | 26. 02. 2024 12 Psychologische Beratung: Definition Kurative oder präventive Unterstützung zur Orientierung und Entscheidungsfindung bei klar umschriebenen, belastenden Problemsituationen durch professionelle Berater:innen. (Lutz et al. , 2012) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 13 Beratung vs. Therapie Beratung Beratung = Therapie Therapie Beratung Beratung Therapie Therapie Therapie Beratung Grolimund, 2014 © Eva Schürch | 26. 02. 2024 14 Abgrenzung Beratung – Therapie > Beratung = allgemein, Psychotherapie = spezifisch > Psychologieberufegesetz (PsyG) regelt seit 1.4.2013 den Begriff „Psychotherapie“ bzw. den Titel „PsychologIn“ in der Schweiz > Grundsätzlich: Anwendung der gleichen Tools - Therapeutische Basisvariablen (Empathie, Kongruenz, unbedingte Wertschätzung) - Aktives Zuhören - Therapeutische Beziehung © Eva Schürch | 26. 02. 2024 15 Beratung – Therapie: Fallvignette Studentin Hanna B: > > > Prüfungen verschoben (wegen mangelnder Vorbereitung) Tipps zur Zeiteinteilung und Lernstrategien Adressen und Links Hanna kommt mit diesem Angebot zurecht und schafft den nächsten Prüfungstermin Studentin Manuela K: > > > > Prüfungen verschoben (wegen Lernschwierigkeiten, zunehmend verzweifelt) Diagnostik: Depression Erarbeitung einer Tagesplanung Umgang mit Traurigkeit Manulea arbeitet längere Zeit zusammen mit einer Psychotherapeutin an einer Verbesserung der Symptomatik nach Scholz, 2012 © Eva Schürch | 26. 02. 2024 16 Unterscheidungsmerkmale > Art und Schwere der Störung > Anteil von Informationen > Art des Vorgehens > Merkmale der äusseren Situation (Biermann-Ratjen et al. 2003, Schiersmann et al., 2015 ) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 17 Unterschiedliche Merkmale von Beratung und Therapie (Vorgehensweise und äussere Situation) Therapie Beratung > dauert länger > eher über kurze Zeiträume > setzt starke Motivation der Klient:innen voraus > muss oft ohne hinreichende Motivation auskommen > findet regelmässig statt > findet oft nur „bei Bedarf“ statt > arbeitet auch mit „unbewusstem“ Material > verzichtet auf die gezielte Einbeziehung des Unbewussten > ist eher nicht-lenkend > ist eher lenkend (direktiv) > basiert auf freier Übereinkunft zwischen Patient:in und Therapeut:in > kann auch in institutionellem Auftrag vorgenommen werden > arbeitet mit enger Beziehung > hält die Beziehung distanzierter (Biermann-Ratjen et al. 2003) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 18 Gemeinsamkeiten (mehr oder weniger) > Theoretische Grundlagen > Ziele > Methoden > Freiwilligkeit > Beziehung (Schiersmann et al., 2015) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 19 Fallvignette Beratung > Frau T, 35 Jahre meldet sich für eine Therapie nach der Trennung vom Ehemann und Vater ihrer Tochter (3 Jahre). Nach Erstgespräch und Diagnostik wird klar, dass die Patientin keine psychische Störung hat, dass aber die Trennungssituation äusserst schwierig ist und sie deshalb Unterstützung braucht im Umgang mit dem Ex-Mann. Frau T lernt, die Angriffe des Mannes, welcher selber eine Persönlichkeitsstörung hat, an sich abprallen zu lassen und ihre Bedürfnisse klar durchzusetzen, statt sich dem Frieden zuliebe immer nach den Wünschen des Ex-Mannes zu richten. Es ergibt sich eine Begleitung der Patientin über eine längere Zeit. © Eva Schürch | 26. 02. 2024 20 © Eva Schürch | 26. 02. 2024 Metakommunikation wie weiter, nächste Schritte Fazit Transfer in Alltag Übungen Problembereich auswählen, Ziele und realistische Lösungsschritte festlegen Exploration der Situation Klärung der Problembereiche Beratungsauftrag holen Rahmenbedingungen klären Wie läuft eine Beratungssitzung ab? (Benien, 2017) 21 z.B. Paarberatung > Rolle der Beraterin — Allparteilichkeit — Regeln durchsetzen — Gespräch steuern > Ansatzpunkte — Kommunikation — Konfliktmanagement — Kompromissfindung (Huber, 1999) (Sachse et al., 2013) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 22 Strategien in der Paarberatung > Kommunikation bei stark eskalierenden Paaren läuft über BeraterIn > Techniken: - Paraphrasieren (verkürzen, fokussieren) - Verbalisieren (emotionale Inhaltsaspekte explizit machen) - Explizieren (relevante Inhalte präzise benennen, auf den Tisch bringen) - Konfrontieren > Expertise einbringen (Sachse et al., 2013) © Eva Schürch | 26. 02. 2024 23 Bsp: Worum geht es wirklich? > Explizit machen, worum es wirklich geht > Bild aufhängen > Wichtigkeit © Eva Schürch | 26. 02. 2024 24.. dass die Zufriedenheit der Einzelnen steigt und/oder dass die Verteilung gleicher wird. Ein neuer Ausgleich kann darin bestehen, dass einer dem anderen entgegenkommt (vgl. Abbildung l1). Sie Er Bsp: Kompromisse bildenvorher l;$ Kapitel 11 nachher f--l ekommt ein Partner weniger als der andere, was ihn stört, uss ein Partner mehr für die Beziehung tufl, als er möchte oder uss ein Parhrer mehr für die Beziehung tun, als der andere, was ihn stört. o muss an den Stellen, an denen Unzufriedenheit herrscht, neu verhandelt werden man muss zusehen, Abbildung I1: Kompromiss bei einem Bereich ass die Zufriedenheit der Einzelnen steigt und/oder ass die Verteilung gleicher wird. Man kann aber auch vereinbaren, dass einer in Bereich X dem anderen entgegenkommt neuer Ausgleich kann darin bestehen, dass einer dem anderen entgegenkommt und der andere (vgl. dies in einem anderen Bereich ausgleicht (vgl. Abbildung 12). ildung l1). > > > Ausgangslage: Ein Partner bekommt weniger, als er braucht Ziel: beide Partner bekommen soviel, dass es für sie in Ordnung ist. Vorgehen: Stellen mit Unzufriedenheit neu verhandeln. { ,j It j :' I i i l I 1 t, Bereich Sie vorher l;$ nachher f--l Er A: Sie vonerl+>e Er ; nachherH{| + Er kommt ihr entgegen, { ,j It j (Sachse et al., 2013) :' Abbildung I2: Kompromiss bei zwei Bereichen Abbildung I1: Kompromiss bei einem Bereich I © Eva Schürch | 26. 02. 2024 i kann aber auch vereinbaren, dass einer in Bereich X dem anderen entgegenkommt i der andere dies in einem anderen Bereich ausgleicht (vgl. Abbildung 12). l I 1 t, Bereich A: Sie Er 25 Fazit > Beratung als schwammiger Begriff, keine eindeutige Definition > Abgrenzung von Therapie insbesondere über Störungsgrad > Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen Beratung und Therapie > Paarberatung: Arbeit an akuten Problemen mit grundsätzlich gesunden Partnern © Eva Schürch | 26. 02. 2024 26 Learningoutcomes > > > > > Sie können Beratung allgemein und psychologische Beratung definieren und Beispiele zuordnen. Sie kennen die Rahmenbedingungen psychologischer Beratung und wissen, wer solche Beratungen durchführt. Sie kennen die Unterscheidungsmerkmale zwischen psychologischer Beratung und Psychotherapie und können Beispiele zuordnen. Sie kennen den Ablauf einer Beratungssitzung und können Beispiele zuordnen. Sie kennen verschiedene Strategien in der Paarberatung und können Beispiele zuordnen. © Eva Schürch | 26. 02. 2024 27 Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung II Therapie I Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 04.03.2024 GIV II Übersicht > Psychotherapie: wer und wo > Geschichte der Psychotherapie: Meilensteine > Therapieschulen > Grundvoraussetzung: Motivation > Ablauf einer Therapie > Vertiefung mit fiktivem Beispiel © Eva Schürch | 04. 03. 2024 2 K-Frage zu Beratung Bei welcher Problemlage würden Sie eine Beratung empfehlen? a) Student mit Studienzeitverlängerung aufgrund von Prokrastination. b) Vater von drei kleinen Kindern mit Beziehungskonflikt nach einem Seitensprung. c) Seniorin im Altersheim, die über Unlust und Einsamkeit klagt. d) Jugendliche mit Selbstverletzungstendenzen und suizidalen Gedanken. © Eva Schürch | 04. 03. 2024 3 Wer kann Psychotherapeut*in werden? > Psychotherapie = geschützter Begriff > Hohe Anforderungen an Studium und Weiterbildung - Major in Psychologie - Anerkannte Weiterbildung - Titel: Eidgenössisch anerkannte Psychotherapeut:in > Voraussetzungen: Motivation, Zeit & Geld © Eva Schürch | 04. 03. 2024 4 Psychotherapie: wie und wo? > Diverse organisatorische Settings: - Ambulant (institutionell oder private Praxis) - Stationär - Teilstationär - Home treatment > Anwendungsbereich: - Psychische Störungen - Psychiatrische Störungen - Als alleinige oder ergänzende Behandlung > Unterschiedliche „Schulen“ © Eva Schürch | 04. 03. 2024 5 Geschichte der Psychotherapie Zeit Psychoanalyse Humanistische Bewegung Behaviorismus systemische Ansätze integrative Psychotherapie © Eva Schürch | 04. 03. 2024 6 Gesprächsführung je nach Therapieschule > Je nach Autor*in 200 – 500 unterschiedliche Methoden der Psychotherapie 7 Hauptstränge: Methoden zur... >... Entspannung und Körperwahrnehmung – >... Stützung – > Kognitive Therapie, kognitive Verhaltensmodifikation... Förderung des emotionalen Erlebens und Ausdrucks – > Verhaltenstherapie (Desensibilisierung, operante Verfahren)... Veränderung von Denken und Einstellungen – > Psychoanalyse, Tiefenpsychologie, Daseinsanalyse... Veränderung des Verhaltens – > Krisenintervention, adaptive & suportive Psychotherapie... Bewusstseinsförderung und innerpsychische Entwicklung – > Hypnotherapie, PMR nach Jacobsen, Autogenes Training Gestalttherapie, Gesprächspsychotherapie, Emotionsfokussierte Therapie... Systemische Förderung von Familien- oder Gruppenprozessen – Systemische Therapie, Familientherapie © Eva Schürch | 04. 03. 2024 (Heim, 2009) 7 Rolle der Gesprächsführung in der Therapie > Entspannung & Körperwahrnehmung — Therapeut:in gibt Anleitung, geleitete Prozesse > > Stützung Bewusstseinsförderung — Therapeuti:n sehr zurückhaltend, teilweise kein Blickkontakt — Übertragung und Gegenübertragung > (A. Fries, Psychologischer Psychotherapeut) Verhaltensänderung — Strukturierende Anleitung zur Veränderung > Veränderung von Denken und Einstellungen — Veränderungen durch „kognitive Einsicht“, Aufzeigen von dysfunktionalen Denkmustern (z.B. sokratischer Dialog) > Emotionales Erleben und Ausdruck — Sehr spezifische Gesprächsführungstechnik (vgl. Rogers, keine Fragen) > Systemische Ansätze — Direktive Steuerung durch Therapeut:in, spezifische Fragetechniken (zirkuläre Fragen) © Eva Schürch | 04. 03. 2024 8 Fallvignette > Frau P, 55, meldet sich in der Essstörungsambulanz, um ihr nächtliches Essen in den Griff zu bekommen. Bei der Diagnostik zeigt sich nebst der Essstörung eine komorbide Depression (mit Suizidalität) sowie eine Verdachtsdiagnose Schizophrenie. Die Patientin berichtet zudem traumatische Erlebnisse in der Kindheit. Die Patientin beginnt eine Einzelpsychotherapie, bei der die Symptome der Essstörung im Zentrum stehen. Die gleichzeitig vorhandene schwere Depression muss dabei immer im Hinterkopf behalten werden. Eine Zusammenarbeit mit der behandelnden Psychiaterin ist unumgänglich. Die Patientin braucht eine langjährige psychotherapeutische Begleitung. © Eva Schürch | 04. 03. 2024 9 Grundvoraussetzung: Motivation > Therapiemotivation > Veränderungsmotivation Therapie bringt nichts > keine Motivation Veränderungsbereitschaft als Therapieziel Berking & Kowalsky, 2012 © Eva Schürch | 04. 03. 2024 10 Hinter den Kulissen > Komplexe Probleme – vielschichtige Lösungen > Interdisziplinarität > Vor- und Nachbereitung > Verfassen von Berichten © Eva Schürch | 04. 03. 2024 11 Phasen in der Therapie > Erstgespräch - Kennenlernen - Worum geht es? - (Diagnostik) > Therapiebeginn - Erklärungsmodelle - Therapieziele > Therapiemitte - Problembearbeitung - Verhaltensänderung > Therapieende - Therapiebeziehung beenden - Rückfallprophylaxe © Eva Schürch | 04. 03. 2024 12 Vertiefung: Therapie von Prüfungsangst © Eva Schürch | 04. 03. 2024 13 Definition Prüfungsangst > Prüfungsangst als «anhaltende und deutlich spürbare Angst in Prüfungssituationen und/oder während der Zeit der Prüfungsvorbereitung, die den Bedingungen der Prüfungsvorbereitung und der Prüfung selbst nicht angemessen ist. Die Angst äussert sich auf den Ebenen Verhalten, Emotion, Kognition und Physiologie. Klinisch relevante Prüfungsängste liegen vor, wenn die Ängste das alltägliche Leben und/oder den Ausbildungsverlauf bzw. das berufliche Weiterkommen deutlich beeinträchtigen». (nach Salmon, 1990) © Eva Schürch | 04. 03. 2024 14 Fiktives Fallbeispiel: Karin, Studentin der Psychologie an der Uni Bern, aktuell im 2. Semester © Eva Schürch | 04. 03. 2024 15 Fallbeschrieb von Karin > Karin, 22, Studentin der Psychologie > Perfektionistin > macht Selbstwertgefühl von der Bewertung anderer Personen abhängig, Minderwertigkeitsgefühle > Freund ist Assistenzarzt, hat Studium in Regelzeit und mit sehr guten Noten abgeschlossen > 2 mündliche Maturaprüfungen verhauen > Während Prüfungsvorbereitung Mühe zu entspannen, Schlafprobleme > Exzessives Lernen, 10+ Stunden in Bibliothek, hat das Gefühl trotzdem nichts aufzunehmen > Blockaden, Black-Out, Gefühl der Ohnmacht an Prüfungen > Übelkeit, Zittern © Eva Schürch | 04. 03. 2024 16 Genogramm 75 Architekt, problematischer Alkoholkonsum Assistenzarzt Psychologe in eigener Praxis 58 45 47 Studium Psychologie 27 22 Lehrerin, 45% Pensum ADHS 17 Beziehung 3 1/2 Jahre © Eva Schürch | 04. 03. 2024 17 Weitere Genogramm-Symbole oder nonbinär transgender (female to male) transgender (male to female) Geschlecht unbekannt © Eva Schürch | 04. 03. 2024 18 Diagnostik > Fragebogendiagnostik: — — — — — — > Allgemeine Symptome abfragen (z.B. BSI) Kompetenzerwartung Copinginventar für Stresssituationen Wohlbefinden Angstfragebögen zu sozialer und spezifischer Phobie Prüfungsangstfragebogen Interviewfragen zum Behandlungsbeginn © Eva Schürch | 04. 03. 2024 19 © Eva Schürch | 04. 03. 2024 20 Informationen über Angststörungen > Psychoedukation Körperliche Symptome Physiologische Veränderungen »Angst« Wahrnehmung Gedanken (»Gefahr!«) Teufelskreis der Angst (nach Margraf & Schneider, 1990) © Eva Schürch | 04. 03. 2024 21 Allgemeines Störungsmodell Prüfungsangst © Eva Schürch | 04. 03. 2024 22 Störungsmodell von Karin Personenbezogene Faktoren Lerngeschichte Biol. Vulnerabilität - - Zwei mündliche Maturaprüfungen trotz guter Vorbereitung verhauen - Freund hat immer sehr viel gelernt und war so sehr erfolgreich - Im Rahmen der Therapie nicht weiter untersucht worden - Perfektionismus Unsicherheit ob Psychologie das richtige Studium Abhängigkeit des Selbstwertgefühls von der Zuneigung anderer Black-out während 1. Semesterprüfung (Prüfung nicht bestanden), Vorbereitung für Propädeutikum schwierig, fühlt sich schlecht vorbereitet, Freund versteht ihre Ängste nicht Prüfungsangst Situative Variablen Personenbezogene Variablen Bewältigungsverhalten - - - 5 Prüfungen im kurzer Zeit Alles oder nichts Prinzip Allgemeine Stimmung der Angst unter den Kommilitonen © Eva Schürch | 04. 03. 2024 Bulimielernen Selbstabwertung bei Misserfolg Prüfungen auf 2. Termin verschoben 23 Therapieziele allgemein +4 Wunschzustand, der erreicht werden soll in der Therapie dazwischen +3 dazwischen +2 Zwischenschritt auf dem Weg zur Besserung dazwischen +1 dazwischen 0 aktuelle Situation, Beschreibung Ist-Zustand dazwischen -1 dazwischen -2 So würde eine Verschlechterung aussehen (worst-case) © Eva Schürch | 04. 03. 2024 24 Therapieziele von Karin © Eva Schürch | 04. 03. 2024 25 Therapieverlauf Situationsanalyse ne Ve ga rs tive tä rk un g > C - Consequenz Wohlbefinden steigt S – Stimulus Prüfung am nächsten Tag © Eva Schürch | 04. 03. 2024 O - Organismus Zittern, Übelkeit K - Kontingenz Arzt schreibt Arztzeugnis R - Reaktion Arzttermin vereinbaren 26 Therapieverlauf > Verhaltensänderung: Zeitmanagement & Lernstrategien > Entspannung: PMR > Systematische Desensibilisierung in Sensu: Angsthierarchie > Exposition: an der Prüfung teilnehmen © Eva Schürch | 04. 03. 2024 27 Therapieabschluss > grössere Sitzungsabstände > Rückfallprophylaxe: was wäre wenn? > Angebot von Booster-Sitzungen > Abschlussdiagnostik © Eva Schürch | 04. 03. 2024 28 © Eva Schürch | 04. 03. 2024 29 Fazit > Psychotherapie als junge Disziplin, die sich konstant verändert > Grosse Unterschiede zwischen einzelnen Therapierichtungen trotz zahlreicher struktureller Gemeinsamkeiten > Therapiephasen als Konstante im Therapien-Dschungel > Individuelle Anwendung von Einzeltechniken © Eva Schürch | 04. 03. 2024 30 Learningoutcomes > > > > > Sie wissen, in welchen Settings und bei welchen Störungsbereichen Psychotherapie angewendet wird. Sie kennen die wichtigsten Strömungen in der Geschichte der Psychotherapie und wissen, welchen Stellenwert dort die Gesprächsführung hat. Sie wissen, welche Rolle die Motivation für die Psychotherapie spielt. Sie kennen die verschiedenen Phasen einer Psychotherapie und können Beispiele zuordnen. Sie können die Informationen zum Fallbeispiel «Prüfungsangst» verallgemeinern oder auf eine andere Störung anwenden. © Eva Schürch | 04. 03. 2024 31 Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung II Therapie II Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 11.03.2024 GIV II Übersicht > Wirkfaktoren und Passung > Therapiebeziehung > Beziehungstest > Spezifische Patientengruppe - Persönlichkeitsstörungen © Eva Schürch | 11. 03. 2024 2 A- Frage Therapie Wie könnte ein sinnvolles Therapieziel von Karin lauten, die wegen Prüfungsängsten eine Therapie aufgesucht hat? a) Ich kann Prüfungen schreiben, ohne nervös zu sein. b) Ich bestehe meine Prüfungen beim 1. Anlauf. c) Ich bekomme für die Prüfungen Unterstützung von der Uni. d) In Prüfungssituationen verlasse ich mich darauf, dass ich den gelernten Stoff abrufen kann. © Eva Schürch | 11. 03. 2024 3 (Orlinsky & Howard, 1987) © Eva Schürch | 11. 03. 2024 4 Figure Kernkompetenzen CO MPETEN CIES IN COUNSELING ÄND Therapiekonzept à Schulen, VL4 > > > Planung Durchführung Evaluation Relationship > Interkulturelle Kommunikation à VL11 Intervention Evaluation and > Beziehung Fo unda ti'oa Intervention Implementation Intervention Planning Therapeutic Termination 1.1 CHOT HERAPY > corrcePtual ar*o, P SY and Ethical Sensitl$ VL4, Fallbeispiel (Sperry, 2010) Relationship of the Core Competencies. © Eva Schürch | 11. 03. 2024 Visual Representation Figure 1.1 visually depicts the interrelationship of the six core competencies. Note the centrality of relationship building and maintenance, 5 Charakteristiken erfolgreicher TherapeutInnen > Interpersonal Skills Deliberate Practice (Chow et al., 2015) was ist das? > > > Professional Self-Doubt Deliberate Practice Alliance wie oft und wie lange machen die Therapierenden Aktivitäten, die ihre Leistung verbessern? (erfasst via RAPIDPractice) z.B. Akten lesen Workshops besuchen Supervision Manuale und Handbücher lesen Fälle «durchdenken» Wampold et al., 2017 © Eva Schürch | 11. 03. 2024 6 Wirkfaktoren: Lambert’s pie (1999) 15% 40% 15% 30% Methode © Eva Schürch | 11. 03. 2024 Erwartungen Beziehung Klientenvariablen 7 Passung (aus Hautzinger & Eckert, 2007, S. 24) © Eva Schürch | 11. 03. 2024 8 Zutaten für eine gute Beziehung gk E in i c e ar a u bo tp at t ie n © Eva Schürch | 11. 03. 2024 in te e it rp e Z über rs o nal ie le s k il ls 9 Übung zum vorurteilsfreien Zuhören Klient, 25, Mitglied einer evangelischen Freikirche «Und dann merke ich halt: Diese sexuellen Bedürfnisse sind da! Sosehr ich mich dagegen wehre, wenn ich eine schöne Frau sehe, dann habe ich diese Fantasien – die überfallen mich einfach. Es ist mir wichtig, mit Sex bis zur Hochzeit zu warten, aber ich frage mich auch, ob ich das schaffe.» > > Ich finde es toll, dass er warten möchte. Mal sehen, wie ich ihn dabei unterstützen könnte. Wie einengend. Ich muss darauf achten, dass er sich öffnen kann und freier wird. © Eva Schürch | 11. 03. 2024 10 Vorurteilsfrei Zuhören II Klient, 28, Mitarbeiter einer grösseren Firma «Ich werde da total gemobbt. Die sind doch alle gegen mich! Letzte Woche ging es darum, wer vom Team zum Abteilungsleiter befördert wird. Da wurde doch tatsächlich der Simon befördert, dabei bin ich schon drei Jahre länger dort!» > > Der darf sich das nicht gefallen lassen. Wir müssen daran arbeiten, dass er selbstsicherer auftritt und sich wehrt. Mein Gott, der andere wird halt einfach besser gewesen sein. Der jammert hier rum, anstatt sich zu fragen, was er verbessern könnte. © Eva Schürch | 11. 03. 2024 11 s "f of minishes the q*rii.v thelapäf,tiih among..n"ri.t"ta-*'"'upi't' oblematic reactions ca'se' oIIe t"t'i'io"l'i"io* cycle inwhich less present' which ""t*"aifo u,'th,2015)'lnany b"to*' ,t t ,. of *ar,Tu "r"pn. erapy is nor g.irg ;;i"i";; tf'" tl'*tupist's lack ä"H"ä*l**Sntp-;ll;'"*alsocarrinhibitasenseorp'"I' -r"" il''*t inVinca'S (2009) ,r;;'h*").;;; "äör", client' He said in one postsesnce (see Chupt"ä, with his Ät"s "..ru.ito";;h" Präsenz utt'"oti* '* "9t f"ffipo*erless r'Jatrn ä;;"r- ase study struggled ion intervi"q "She's (p. t1r). H" J:'ffi;'ä ^"J I was on her atffactiveness" trying to h"h th' Self' observation EmPathY Meditation Session qualitY Mental health TheraPist Presence Working alliance lntentionalitY and mindfulness Managing Trust in one's self anxietY and other reactions Hayes & Vinca, 2017 © Eva Schürch | 11. 03. 2024 presence rhe igtiott111iiä"*itut" presence' rhe Fioure5'l,Facilitatorsandconsequencesoftherapistpresence.Thevariablesof o"notu *äntrr heatth.no *äiiuirnotnotq: 111iiät'r'tättt to ns"qu e n'ces of ns ar iu nt"ie iläiä variable or selrobsetäüän t t.9 Tl'ti one's serf' and va ri ab les of empatnv' ;;;'äiidiurn".t, factors that ot intentionari.v oresence. ,ne varräüräs ä.ääi" örusession'anä"in-r"*ion reactions d;äi"; ;;; t1;äö;i;91"t :!-öli iirJir 12 Fallvignette: Eckpunkte in der Beziehung > Frau P. (vgl. VL 4) > > > > Bedingungslose Akzeptanz niemals schockiert über Ereignisse Vertrauen und Offenheit an Patientin glauben > Umgang mit Suizidalität © Eva Schürch | 11. 03. 2024 13 Bsp. Beziehungstest: Beziehungsangebot > Angebot für: - oberflächliche Bekanntschaft (ein Bier trinken gehen) - Freundschaftsbeziehung - Liebesbeziehung / erotische Beziehung > 4-Phasen-Modell zum Umgang mit solchen Situationen (Sachse, 2004) 1. Markieren 2. 3. 4. Klärung Stellungnahme Konsequenzen für die Therapie © Eva Schürch | 11. 03. 2024 14 4-Phasen-Modell: Markieren © Eva Schürch | 11. 03. 2024 15 4-Phasen-Modell: Klärung © Eva Schürch | 11. 03. 2024 16 4-Phasen-Modell: Stellungnahme © Eva Schürch | 11. 03. 2024 17 4-Phasen-Modell: Konsequenzen © Eva Schürch | 11. 03. 2024 18 Therapeutenfehler... >... im Umgang mit schwierigen Situationen (Kritik, Beziehungsangebot) - Situation aus der Hand geben - Gegenkritik («was ich Ihnen schon immer sagen wollte») - Verteidigungshaltung & Defensivität - im Therapie-Modus bleiben - zu wenig Engagement > Selbsterfahrungsaspekt © Eva Schürch | 11. 03. 2024 19 Therapie bei Persönlichkeitsstörungen > Definiert als überdauernd > Therapierbar? > Bsp. Narzisstische Persönlichkeitsstörung © Eva Schürch | 11. 03. 2024 20 Persönlichkeitsstörungen allgemein > Eckpunkte in der Therapie - die meisten Symptome sind ich-synton - nicht änderungsmotiviert, sondern stabilisierungsmotiviert - Beziehungsmotiv - Sabotage der Therapie > Patient:innen-Rolle - asymmetrisch - patient:innenzentriert - Beeinflussung © Eva Schürch | 11. 03. 2024 21 Persönlichkeitsstörungen allgemein > Mögliche Ansatzpunkte in der Therapie - die Beziehungsebene bedienen - Beziehungsmotive explizit machen - sich den Beziehungstests stellen (z.B. Kritik) - zu Konsequenzen der Therapie stehen © Eva Schürch | 11. 03. 2024 22 Persönlichkeitsstörungen: spezifisch > Bsp. Narzisstische Persönlichkeitsstörung - keine Störungseinsicht - wenig Leidensdruck - keine Änderungsmotivation - Angst, «entlarvt» zu werden > Ansatzpunkte in der Therapie - Kosten aufzeigen - füttern, füttern, füttern - unconditional regard - Umgang mit Tests © Eva Schürch | 11. 03. 2024 23 Résumé > Therapeutische Beziehung als zentraler Wirkfaktor in Psychotherapie > Beziehung wird durch Patienten auf die Probe gestellt > Möglichkeiten und Grenzen der Psychotherapie bei - Persönlichkeitsstörungen © Eva Schürch | 11. 03. 2024 24 Learningoutcomes > > > > > > > > Sie können die Rolle der Therapierenden anhand des «Generic Model of Psychotherapy» (Orlinski & Howard, 1987) erklären. Sie wissen, was gute Therapeut:innen ausmacht. Sie kennen die Wirkfaktoren der Psychotherapie und wissen, welche Rolle die Passung zwischen Therapierenden und Patient:innen spielt. Sie kennen den Stellenwert der Therapiebeziehung und wissen, wie eine solche gestaltet wird. Sie wissen, was Präsenz in der Therapie bedeutet und welche Faktoren diese beeinflussen. Sie wissen was ein Beziehungstest ist und können Beispiele zuordnen. Sie kennen das 4-Phasen Modell zum Umgang mit Beziehungstests und können Beispiele zuordnen. Sie wissen, worauf es bei der Therapie von Persönlichkeitsstörungen ankommt. © Eva Schürch | 11. 03. 2024 25 Gesprächsführung, Interviewtechnik und Verhaltensbeobachtung II Krisen & Notfall Dr. phil. Eva Schürch, Institut für Psychologie, Universität Bern 18.03.2024 GIV II A-Frage zu Therapie Die Therapeutin bemerkt während der Therapiestunde, dass sie sich gerade gefragt hat, was sie in der Mittagspause machen soll. Daraufhin lenkt sie ihre Gedanken zurück zur Patientin und widmet ihr wieder die volle Aufmerksamkeit. Welche Art von Präsent zeigt sich hier gerade? a) b) c) d) Intentionality and mindfulness Self-observation Trust in one‘s self Session quality © Eva Schürch | 18. 03. 2024 2 Übersicht > 1. Teil - Notfallpsychologie (Gastreferat) > 2. Teil - Definitionen und Begriffsklärung - Krisen - Suizidalität - Strategien und Techniken © Eva Schürch | 18. 03. 2024 3 Begriffsklärung > Notfall = Ereignis - kritisches Ereignis > Trauma = mögliche Qualität > Krise = möglicher Zustand > Notfälle sind potenziell traumatisierende Ereignisse, die eine Krise auslösen oder verstärken können © Eva Schürch | 18. 03. 2024 4 Definitionen > Psychischer Notfall: «Ein plötzlich auftretendes, bedrohliches Ereignis, das die psychische Stabilität akut gefährdet. Die individuellen Bewältigungs- und Verarbeitungsstrategien werden massiv beansprucht. Ein Notfall kann bei den betroffenen Personen und Gruppen massive Reaktionen auslösen sowie zu gravierenden Folgestörungen führen.» > Psychisches Trauma «Ein traumatisches Ereignis bewirkt eine nachhaltige psychische Verletzung und kann zu einer Reihe von erheblichen bis schweren psychischen Störungen führen.» > Psychische Krise: «Der Verlust des seelischen Gleichgewichts, wenn Ereignisse oder Lebensumstände nicht bewältigt werden können. Die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Ressourcen reichen zur Bewältigung der neuen Situation nicht mehr aus. Früher erworbene Fähigkeiten und bewährte Hilfsmittel versagen.» (Hausmann, 2016) © Eva Schürch | 18. 03. 2024 5 Zeitlicher Verlauf einer Belastungsreaktion bei unterschiedlichen Individuen Stress Stressverarbeitung ist sehr individuell Bei über 70% der Betroffenen können wir mit einer Normalisierung innerhalb von 4 bis 6 Wochen rechnen. Beim Rest müssen wir mit einem ungünstigen Verlauf rechnen. (Braun, 2013) Zeit © Dr. Braun | 18. 03. 2024 © phil. EvaUrs Schürch !50 6 Krisen und Notfälle Person ist in Krise oder verursacht Krise Person ist in traumatisches Ereignis involviert schnelle Hilfe / Intervention notwendig kurzfristige Intervention © Eva Schürch | 18. 03. 2024 7 Mögliche Ursachen von Krisen > Veränderungskrisen - Lebensübergänge (kritische Lebensereignisse) - Existentielle Krise mit Reflexion des Lebensentwurfs als Mittelpunkt > traumatische Krise - plötzlich auftretendes Ereignis - (Natur-) Katastrophe © Eva Schürch | 18. 03. 2024 8 Spezifische persönliche Krisensituationen > bestehende Störung eskaliert oder wird akut - mögliche Gründe: Trennung, Todesfall, Entlassung, Medikation > Schizophrenie (Wahn, Halluzinationen) > Suizidalität > Fremdgefährdung Suizidalität einschätzen gefährdet © Eva Schürch | 18. 03. 2024 nicht gefährdet 9 Suizidalität erkennen > danach Fragen! > verschiedene Typen von Suizidgedanken kennen - intellektuelle Suizidgedanken - Suizidales Grübeln - Suizidale Zwangsgedanken - Aufforderung zum Suizid Gefährlichkeit - Hintertürchen – Suizidalität - Lebensunlust - Suizidimpulse (Woggon, 2011) © Eva Schürch | 18. 03. 2024 10 Suizidalität > Risikofaktoren - allgemein - individuell - aktuell > Akute Warnzeichen - Aggressivität - Suizidimpulse - Angst und Panik - Agitiertheit - Verminderter Realitätsbezug - Kontaktverminderung © Eva Schürch | 18. 03. 2024 11 Umgang mit Suizidalität > im privaten Umfeld - ernst nehmen > im professionellen Umfeld - klar Ansprechen - klare Abmachungen - klares Procedere - Non-Suizid-Vertrag > Zuerst retten, dann behandeln © Eva Schürch | 18. 03. 2024 12 Beispiel Krisenmerkblatt > Verhalten in Krisensituationen > 1. Stufe: Was kann ich selbst tun? (Zurückgreifen auf eigene Ressourcen) > 2. Stufe: Unterstützung suchen im eigenen Umfeld > 3. Stufe: Professionelle Unterstützung © Eva Schürch | 18. 03. 2024 13 Beispiel Non-Suizid-Vertrag Vertrag Hiermit verspreche ich meiner Therapeutin dass ich mich bis zur nächsten an der Therapiestelle stattfindende Sitzung nicht selbst töte und bei akuten Suizidgedanken folgenden Notfallplan befolge: Krisenmerkblatt 1) _______________________ 144 5) _______________________ Freundin anrufen 2) _______________________ 6) _______________________ Therapeutin anrufen 3) _______________________ 7) _______________________ KIZ anrufen 4) _______________________ 8) _______________________ Bern, den _____________ Vorname, Nachname: ________________________ © Eva Schürch | 18. 03. 2024 14 Fürsorgerische Unterbringung > Vormals FFE > FU als letztes Mittel > freiwillige Behandlungsaufnahme favorisieren © Eva Schürch | 18. 03. 2024 15 Nachahmung & soziale Netzwerke > Anstieg von Suizidraten nach Medienberichterstattung > Richtlinien: - sachliche Berichterstattung - keine Fotos von Trauernden und Gedenkstätten - wissenschaftlich fundierte Informationen - Hoffnung fördern © Eva Schürch | 18. 03. 2024 16 Grundhaltung gegenüber suizidalen Personen > Man kann niemanden davon abhalten, sich das Leben zu nehmen > Angst aushalten > Abweichen von therapeutischen Regeln möglich > Hilfe suchen > Therapeut:innen sind nicht verantwortlich für den Tod von Patient:innen (Hausmann, 2016) © Eva Schürch | 18. 03. 2024 17 Learningoutcomes > > > > > Sie kennen den Unterschied zwischen Notfall, Trauma und Krise. Sie wissen, welche Faktoren Krisen auslösen können. Sie können den Schweregrad der Suizidalität einordnen und in Beispielen erkennen. Sie kennen Risikofaktoren und Warnzeichen von Suizidalität und können Beispiele zuordnen. Sie kennen die Grundregeln im Umgang mit Suizidalität. © Eva Schürch | 18. 03. 2024 18