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EXINA - Modul 10 - Grundlagen.pdf

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MODUL 10 MODUL 10 Ausbildungsmodule Aufbau und Organisation eines Immobilienakquise – Immobilienverkauf Modul 1 Modul 7 Maklerunternehmens (Besc...

MODUL 10 MODUL 10 Ausbildungsmodule Aufbau und Organisation eines Immobilienakquise – Immobilienverkauf Modul 1 Modul 7 Maklerunternehmens (Beschaffungs- und Absatzmarketing) Businessplan – Strategieplanung Einführung in Immobilienbewertung Modul 8 für mein Unternehmen und Grundstücksmarkt Schuld- und Vertragsrecht Einwand-, Telefon-, Abschluss- und Modul 2 Modul 9 Fragetechniken – Verkaufspsychologie Maklerrecht und -vertrag – DSGVO Rahmenbedingungen der Modul 3 Modul 10 Widerrufsbelehrung - Wettbewerbsrecht Immobilienwirtschaft Modul 4 Unternehmenssteuerung und -kontrolle I – Sachenrecht Modul 11 Rechnungswesen (BWA, Rechtsformen) Unternehmenssteuerung und -kontrolle II – Modul 5 Grundbuch – Kaufvertrag Modul 12 Rechnungswesen (Finanzierung) Modul 6 Mietrecht, Vermietung einer Immobilie WEG, Teilungserklärung 2 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft 3 MODUL 10 Grundlagen Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Das Modul „Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft“ behandelt unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Immobilienwirtschaft. Sie erhalten hilfreiche und weiterführende Informationen auf der Basis von § wirtschaftlichen § steuerlichen § rechtlichen § gesellschaftlichen und § kulturellen Rahmenbedingungen. Diese gilt es zu beurteilen und daraus Handlungsmöglichkeiten abzuleiten. Praxisbezug § Sie lernen, allgemeine Entwicklung des Immobilienmarkts einzuschätzen und Kunden hilfreiche Informationen weiterzureichen. § Sie erhalten eine Grundlage für die Bewertung von Immobilien (Immobilienbewertung). Je besser man als Makler die Immobilienwertigkeit (beeinflusst durch Rahmenbedingungen) erklären kann, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für den Abschluss eines Maklerauftrags. 4 MODUL 10 Grundlagen Einflussfaktoren auf den Wert einer Immobilie Euro § Politik Nachfrage § Nutzung § Infrastruktur Angebot § Ausstattung § Liegenschaftszins Zeit § Wohnungsmärkte § Steuern § Alter § Renovierungsstau § Europäische Zentralbank Lage § Größe § Konjunktur § Mieterträge 5 MODUL 10 Grundlagen 1 Preisfindung - Wie legt der Kunde den Preis für eine Immobilie fest? § eigener Marktresearch (Internet) § Gutachten § ehemaliger Kaufpreis für die Immobilie + Investitionen § Aufschlag/Abschlag für subjektive Wahrnehmung der Marktsituation und Preisentwicklung im Teil-Markt, Regional-Markt, National-Markt Steuern Euro Politik Liegenschaftszins Nutzung Renovierungsstau Nachfrage Infrastruktur Ausstattung Europäische Zentralbank Angebot Wohnungsmärkte Größe Zeit Konjunktur Alter 6 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Wirtschaftliche Grundlagen des Rahmenbedingungen deutschen Steuersystems Grundlagen der Wohnungsmärkte Immobilienwirtschaft Geldpolitik und Einfluss Politik für die Wohnungs- der Europäischen und Immobilienmärkte Zentralbank 7 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 8 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Auswirkungen der Finanzmarktkrise 2007/2008 – Coronakrise 2020 In den Jahren 2007 und 2008 wurden die globalen Finanzmärkte und die Weltwirtschaft durch eine massive Krise erschüttert. Ursache waren spekulative Überhitzungserscheinungen auf dem amerikanischen Immobilienmarkt, die sich über den internationalen Handel mit risikobehafteten Kreditforderungen auch auf Deutschland übertrugen. Lange Zeit blieb ungewiss, ob und in welchem Umfang diese Krise negative Effekte auf die deutschen Wohnungs- und Immobilienmärkte ergeben würde. Die Branche befürchtete eine weitreichende Kreditklemme und eine längere konjunkturelle Durststrecke. Im Rückblick lässt sich feststellen, dass sich der deutsche Wohnungs- und Immobilienmarkt in der Finanzkrise gut behauptet hat. Ein Untersuchungsergebnis des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) belegt, dass die Finanzkrise keine wesentliche Verschärfung der Finanzierungsbedingungen zur Folge hatte. Die gilt vor allem für Wohnimmobilienkredite an private Haushalte. Grundsätzlich hat sich das Risikobewusstsein an den Finanzmärkten infolge der Krise erhöht. Über die Auswirkungen der Coronakrise auf den Immobilienmarkt, kann man erst in einigen Jahren verlässliche Aussagen treffen. 9 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft 2 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Stabilisierung der globalen Finanzmärkte Basel III Der drohende Zusammenbruch der Kapitalmärkte im Herbst 2008 hatte nicht zuletzt seine Ursache in einer mangelhaften Eigenkapitaldecke und unzureichenden Liquiditätspuffern im globalen Bankensektor. Als Konsequenz der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2007/2008 hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht Vorsichts- maßnahmen angestoßen, die unter dem Stichwort „Basel III“ zusammengefasst sind. Basel II, Basel III Infolge der Finanz- bzw. Weltwirtschaftskrise und aufgrund der gesammelten Erfahrungen wurde das Rahmenwerk Basel II weiterentwickelt. Unter der Überschrift Basel III wurde im Dezember 2010 ein neues Regelwerk veröffentlicht, das seit Anfang 2013 als internationaler Standard gilt. Während Basel II vor allem die Risikomessung zum Gegenstand hat, geht es in den neuen Regelungen um die Definition des Eigenkapitals und die erforderlichen Mindestquoten. Die bisherigen Regelungen von Basel II werden dabei durch das neue Paket überarbeitet und ergänzt. Trotzdem handelt es sich bei Basel III um eine Weiterentwicklung von Basel II, das grundsätzlich weiter gültig bleibt. 10 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Auswirkung von Basel III auf die Immobilienfinanzierung Umdenken durch Basel III (Artikel von www.geldinstitute.de) Immobilienfinanzierung – Basel III hat massive Auswirkungen auf eines der wichtigsten Geschäftsfelder der Banken und Sparkassen: die Immobilienfinanzierung. Durch das neue Regelwerk kündigt sich in diesem Bereich ein Paradigmenwechsel an, der die Immobilienfinanzierung nach Ansicht von Fach- und Führungskräften grundlegend verändern wird. Eines wird sich auch durch Basel III nicht ändern: Die Baufinanzierung bleibt ein wichtiges Geschäftsfeld. 78 % der befragten Fach- und Führungskräfte von Banken und Sparkassen gehen davon aus, dass entsprechende Finanz- produkte auch nach Inkrafttreten des neuen Regelwerks eine mindestens so hohe Relevanz am Markt haben wie derzeit. Allerdings werden die Institute infolge von Basel III zukünftig tendenziell eher mit kürzerer Laufzeit und variabel verzinslich finanzieren. So gaben 66 Prozent an, dass sie nach der Einführung des neuen Regelwerks verstärkt Immobiliendarlehen mit kurzfristiger Kapitalbindung anbieten werden. 11 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft 3 Entwicklung des deutschen Wohnungs- und Immobilienmarktes nach der Finanzkrise § Es besteht eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Wohnraum. § Vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheiten auf den Kapitalmärkten entsteht eine wachsende Attraktivität von Wohnungen als Kapitalanlage. § Dagegen steht eine hohe Bautätigkeit von Neubauwohnungen in den letzten Jahre, die unterhalb der Nachfrage- situation liegt. § Dadurch entstand besonders in wirtschaftlich starken Ballungsräumen eine Verknappung von Wohnraum. § Aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohnimmobilien sind die Preise für Kauf und Miete deutlich gestiegen und führen zu Versorgungsengpässen insbesondere bei einkommensschwachen Haushalten. 12 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft 4 Längerfristige Gesamtentwicklung des Wohnungs- und Immobilienmarkts § Der demografische Wandel verändert die Wohnungsnachfrage. § Eine älter werdende Bevölkerung entwickelt andere Präferenzen und stellt andere Anforderungen an Wohnstandorte sowie an Gebäude- und Wohnungsqualitäten. § Der Bedarf an altersgerechten Wohnungen wächst und erfordert entsprechende Anpassungen des Wohnungsbestands. § Die Änderung von Lebensstilen geht mit einer weiter wachsenden Zahl kleiner Haushalte einher, deren Nachfrage sich auf andere Wohnungsgrößen und Grundrisse richtet. § In Wachstumsregionen werden aufgrund steigender Mieten und Kaufpreise für Immobilien Neubauinvestitionen notwendig sein. § In schrumpfenden Gebieten ist mit Leerständen sowie Preis- und Mietrückgängen zu rechnen. § Eine qualitative Anpassung des Wohnungsbestands wird aufgrund der Herausforderungen des Klimawandels notwendig sein. 13 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Grundlagen des deutschen Steuersystems 14 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 5 Grundlagen des deutschen Steuersystems Die Steuer ist eine Geldleistung ohne Anspruch auf eine individuelle Gegenleistung, die der Staat allen Personen auferlegt, die einen steuerlichen Tatbestand verwirklichen. Der Steuer steht keine bestimmte staatliche Leistung gegenüber. Rechts- grundlage der Besteuerung ist die Abgabenordnung (AO) – § 3 AO. Steuerpflichtiger Steuerpflicht entsteht in Deutschland, wenn ein Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz eine Steuer knüpft, z. B.: § Wer Einkünfte erzielt, ist einkommensteuerpflichtig. § Wer als Unternehmer Umsätze ausführt, ist umsatzsteuerpflichtig. § Wer ein Gewerbe betreibt, ist gewerbesteuerpflichtig. § Wer ein Grundstück kauft oder verkauft, ist grunderwerbsteuerpflichtig. § Wer ein Erbe antritt, ist erbschaftsteuerpflichtig. 15 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 6 Einkunftsarten Gewinneinkünfte Überschusseinkünfte § aus nichtselbständiger Arbeit - § 19 EstG § aus Gewerbebetrieb – § 15 EStG § aus Kapitalvermögen – § 20 EstG § aus selbstständiger Arbeit – § 18 EStG § aus Vermietung und Verpachtung – § 21 EstG Ermittlung der Gewinneinkünfte Ermittlung der Überschusseinkünfte § durch Betriebsvermögensvergleich bei buch- § durch Ermittlung des Überschusses der Einnahmen führungspflichtigen Unternehmen – § 4 Abs. 1 EStG über die Werbungskosten – § 8 und § 9 EStG – Jahresabschluss mit Bilanz und G+V-Rechnung Werbungskosten: Das sind Aufwendungen zur § durch Ermittlung des Überschusses der Betriebs- Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. einnahmen über die Betriebsausgaben bei nicht Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie buchführungspflichtigen Unternehmen – § 4 Abs. 3 entstanden sind. EStG 16 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 7 Bemessungsgrundlage UStG § 10 – Umsatzsteuergesetz (Auszug) EStG § 2 – Einkommensteuergesetz (Auszug) § Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen § Der Einkommensteuer unterliegen u. a. Einkünfte aus Leistungen nach dem Entgelt bemessen. selbstständiger Arbeit. § Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger § Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge und aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden abzüglich der Umsatzsteuer. Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche § Der Umsatz wird bemessen bei sonstigen Leistungen Einkommensteuer. nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder § Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer. Die teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. 17 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Freibetrag Ein Freibetrag ist ein Betrag, der die Steuerbemessungsgrundlage mindert. Die wichtigsten Freibeträge im deutschen Steuerrecht bei der Einkommensteuer sind: § Grundfreibetrag: Als Grundfreibetrag bezeichnet man den Betrag, bis zu dem keine Einkommensteuer erhoben wird. Er ist Bestandteil des Einkommensteuertarifs und nur in die Steuerklassen I bis IV eingearbeitet. Im Veranlagungs- zeitraum 2021 beträgt er 9.744 Euro und ab 2022 steigt der Grundfreibetrag auf 9.984 Euro. § Kinderfreibetrag: Bei der Einkommensteuer werden gezahltes Kindergeld und Steuerersparnis durch den Kinderfreibetrag so miteinander verrechnet, dass jeweils das Beste für den Steuerpflichtigen herauskommt. § Alleinerziehendenentlastungsbetrag § Aufwandsentschädigung z. B. als Übungsleiter, Ehrenamtsfreibetrag (Vereinsvorstand/-kassierer), Kirchenmusiker, Fastnachtsverein 18 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 8 Grenz- und Durchschnittssteuersätze Beispielannahme: Das zu versteuernde Jahreseinkommen eines unverheirateten Steuerpflichtigen beträgt 45.000 Euro. § Nach der deutschen Einkommensteuertabelle 2021 sind davon 10.111 Euro Einkommensteuer zu zahlen. Das sind 21,0 % des zu versteuernden Einkommens (= Durchschnittssteuersatz). § Der Grenzsteuersatz wird berechnet, indem man den Einkommenszuwachs betrachtet. Erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um 3000 Euro auf insgesamt 48.000 Euro, so sind insg. 11.228 Euro Einkommens- teuer zu zahlen. Auf diesen Einkommenszuwachs von 3000 Euro entfällt ein Steuerzuwachs von 1117 Euro, (1117€ / 3000€ = 37,2% Differenzsteuersatz). § Der Spitzensteuersatz von 42% beginnt ab einem (zu versteuernden) Jahreseinkommen 57.918 Euro. (1) https://www.grundtabelle.de/Grundtabelle-2021.pdf · 19 (2) Grafik: https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Finanzierung/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIII21a.pdf MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Immobilien Lebenszyklus Steuern bei der Steuern in der Steuern beim Anschaffung von Bewirtschaftungs- Verkauf einer Immobilien phase Immobilie Erbschafts-/Schenkungssteuer 20 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 9 Immobilien Lebenszyklus Steuern bei der Steuern in der Steuern beim Steuern bei der Anschaffung von Immobilien Anschaffung Bewirtschaf- Verkauf einer von Immobilien tungsphase Immobilie In der Anschaffungsphase ist die Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen. Diese bezieht sich auf den Erwerb eines Erbschafts-/Schenkungssteuer inländischen Grundstücks. Nach § 1 Abs. 2 GrEStG (Grunderwerbsteuergesetz) werden alle Rechtsvorgänge der GrESt unterworfen, die es einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten – Erwerbstatbestand – d. h., z. B. beim Kauf oder auch bei einer Zwangsversteigerung. § Die Unbedenklichkeitsbescheinigung wird erst nach Zahlung der Grunderwerbsteuer ausgestellt und ist zur Eintragung der Auflassung ins Grundbuch notwendig. § Bemessungsgrundlage für die GrESt ist die Gegenleistung lt. § 8 Abs. 1 GrEStG – also der Kaufpreis (Hinweis: Abzug von Inventar reduziert die Bemessungsgrundlage). § Die Grunderwerbsteuer ist einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig – § 15 GrEStG. 21 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Grunderwerbssteuer Der Steuersatz beträgt entsprechend dem jeweiligen Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5 % der Bemessungsgrundlage Hinweis: Für den Kauf einer Immobilie müssen 2 % des Kaufpreises für die Notar- und Grund- buchkosten kalkuliert werden 22 Quelle: www.finanz-tools.de/grunderwerbsteuer/bundeslaender-tabelle (Stand 2021) MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 10 Immobilien Lebenszyklus Steuern in der Bewirtschaftungsphase Steuern bei der Steuern in der Steuern beim Grundsteuer Anschaffung Bewirtschaf- Verkauf einer von Immobilien tungsphase Immobilie Die Grundsteuer ist in Deutschland eine Steuer auf das Eigentum an Erbschafts-/Schenkungssteuer Grundstücken und deren Bebauung. Gesetzliche Grundlage der Grund- steuer ist das Grundsteuergesetz (GrStG). Auf den von der Finanzbehörde festgestellten Einheitswert wird nach Feststellung des Grundsteuer- Messbetrags ein je Gemeinde individueller Hebesatz angewendet. Feststellungsverfahren Die Grundsteuer fließt den Gemeinden zu, daher handelt es sich um eine Die Einheitswertfeststellung erfolgt immer auf einen Gemeindesteuer. Bundesweit betrugen die Steuereinnahmen aus der Stichtag (d. h., es gelten die Verhältnisse am 01.01. Grundsteuer in Deutschland im Jahr 2020 ca. 14,2 Mrd. Euro. (1) des jeweiligen Kalenderjahres. Änderungen wirken sich damit immer erst im nächsten Kalenderjahr aus). Einheitswert Die Einheitswerte werden durch Feststellungs- Man unterscheidet zwischen Grundsteuer A (agrarisch – für Grundstücke der bescheide der Finanzbehörden gesondert ermittelt. Landwirtschaft) und Grundsteuer B (baulich – für bebaute oder bebaubare Durch die gesonderte Feststellung ist der Einheits- Grundstücke und Gebäude). Berechnungsgrundlage der Grundsteuer ist der wertbescheid ein Grundlagenbescheid für den vom Finanzamt festgestellte Einheitswert, z. B. durch Ertrags- oder Grundsteuermessbetrag. Sachwertverfahren. 23 (1) Quelle: Steuereinnahmen aus der Grundsteuer bis 2020 | Statista MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Steuern in der Bewirtschaftungsphase Beispielberechnung Grundsteuer: Betrag Einheitswert einer ETW 100.000 Euro Grundsteuermessbetrag (3,5 Promille von 100.000 Euro) 350 Euro Hebesatz (Grundsteuer B) 370 % Jahresgrundsteuer (Berechnung: 350 Euro x 3,70 ) 1295 Euro vierteljährliche Grundsteuer 323,75 Euro § Die Zahlung der Grundsteuer erfolgt in der Regel vierteljährlich, jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November. 24 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer Information zur Grundsteuer 2021 und zur Reform der Grundsteuer Das im November 2020 verabschiedete Landesgrundsteuergesetz gilt erst ab dem 1. Januar 2025 als Grundlage für die neu zu berechnende Grundsteuer. Die Reform der Grundsteuer wird sich somit erstmals in den Grundsteuerbescheiden ab dem Jahr 2025 auswirken. Gründe für eine Reform der Grundsteuer § Die Grundsteuer basiert auf den Einheitswerten. Diese wurden letztmals flächendeckend in einer Hauptfeststellung zum 1.1.1964 nach den Wertverhältnissen in diesem Zeitpunkt ermittelt. Während sich die Wertverhältnisse seither sehr unterschiedlich entwickelt haben, blieben die Einheitswerte unverändert. § Mit Urteil vom 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht deshalb die Verwendung der Einheitswerte von 1964 als Basis für die Grundsteuer für verfassungswidrig und verpflichtete den Bundesgesetzgeber, bis Ende 2019 die Grundsteuer neu zu regeln. § In einer Übergangszeit bis 2024 darf das bisherige Recht noch angewendet werden. Ab 2025 muss die Grundsteuer auf Grundlage neu ermittelter Werte erhoben werden. 25 (1) https://www.baden-baden.de/mam/files/bauen/kaufen/information_zur_grundsteuer_2021_und_zur_reform_der_grundsteuer_bf.pdf MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 11 Immobilien Lebenszyklus Steuern beim Verkauf einer Immobilie Steuern bei der Steuern in der Steuern beim Zu beachten ist die 10-jährige Spekulationsfrist – § 23 EStG. Anschaffung Bewirtschaf- Verkauf einer von Immobilien tungsphase Immobilie § Grundsätzlich: Erst zehn Jahre nach dem Kauf einer Immobilie Erbschafts-/Schenkungssteuer ist der gewinnbringende Verkauf für Privatpersonen steuerfrei. § Angabe in der Steuererklärung als privates Veräußerungsgeschäft – Gewinn wird mit dem individuellen Einkommens- teuersatz versteuert (nicht 25 % Abgeltungssteuer). § Verschweigen geht nicht – Notare melden alle Immobilienkäufe dem Finanzamt. Vermeiden der Spekulationssteuer § Wenn man im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren selbst in der Immobilie gewohnt hat, kann man sie steuerfrei verkaufen. § Gewerbliche Verkäufer müssen den Gewinn in jedem Fall versteuern. Als gewerblichen Verkäufer sieht der Fiskus eine Person an, die mehr als drei Immobilien in 5 Jahren verkauft. Wer allerdings über mehrere Jahre hinweg immer nur zwei Immobilien verkauft, um unter der Gewerblichkeitsgrenze zu bleiben, dürfte beim Fiskus auch kein Glück haben. 26 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 12 Berechnung des Gewinns Entscheidend ist nicht allein die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis. Angerechnet werden auch die Kosten für Anschaffung und Veräußerung. § Notargebühren § Grunderwerbsteuer § Grundbucheintrag § Maklergebühr § Vorfälligkeitsentschädigung Finanzierungskosten lassen sich nicht absetzen. Auch beim Verkauf entstehen weitere Gebühren für den Notar, für die Löschung der Grundschuld und eventuell auch für einen Makler oder für eigene Inserate. All das schmälert den Gewinn – und somit auch die Steuer. Hat man zusätzlich noch Geld in die Immobilie investiert, lässt sich das unter Umständen auch vom Gewinn abziehen: Reparatur- und Modernisierungskosten können beim Verkauf dann angerechnet werden, wenn sie schon innerhalb der ersten drei Jahre angefallen sind. Dann gelten sie als „anschaffungsnaher Herstellungsaufwand“. Neben all den gewinnmindernden Posten gibt es allerdings auch einen, der den Ertrag erhöht: Abschreibungen, die man als Vermieter geltend gemacht hat. Sie werden auf den Gewinn aufgeschlagen. 27 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 13 Immobilien Lebenszyklus Erbschaftssteuer Steuern bei der Steuern in der Steuern beim § Die Erbschaftsteuer ist eine Steuer auf den Vermögenserwerb Anschaffung Bewirtschaf- Verkauf einer von Todes wegen. von Immobilien tungsphase Immobilie Erbschafts-/Schenkungssteuer § Schenkungsteuer ist eine Steuer bei unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer werden in Deutschland aufgrund des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von den Erwerbern erhoben. Sie wurden erstmals 1906 einheitlich im Deutschen Reich eingeführt, nachdem sie zuvor bereits in einigen Bundesstaaten bekannt waren. Verhältnis von Erbschaft- und Schenkungsteuer Im deutschen Steuerrecht sind Erbschaft- und Schenkungsteuer im selben Gesetz grundsätzlich gleichlautend geregelt. Schenkungsteuer ist eine Steuer auf den Erwerb von Vermögen durch Schenkung. Die Schenkungsteuer ergänzt insofern die Erbschaftsteuer, als diese anderenfalls sehr leicht durch Zuwendungen unter Lebenden umgangen werden könnte. 28 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Erbschaftsteuer – Steuerbefreiung von selbst genutztem Wohnraum Bei der Vererbung oder Schenkung von selbst genutztem Wohnraum, der in Deutschland, einem Mitgliedsland der EU oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums liegt, ist unter bestimmten Voraussetzungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c) ErbStG dieser Erwerb gänzlich von der Steuer befreit. Die Behandlung der Vererbung von selbst genutztem Wohnraum war ein Kernstück der Erbschaftsteuerreform 2008. Schenkung an Ehegatten oder Lebenspartner Zuwendungen von bebauten Grundstücken unter Lebenden (Schenkungen) an den Ehegatten oder Lebenspartner sind stets steuerfrei, wenn sich in dem Gebäude eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken (als Familienheim) befindet. Vererbung an Ehegatten oder Lebenspartner Im Fall der Vererbung eines solchen (wie im vorstehenden Absatz beschriebenen) Grundstücks, in dem der Erblasser eine bis zu seinem Tod zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung hat oder aber bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert war, die aber durch den erwerbenden Ehegatten oder Lebenspartner unverzüglich zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (als Familienheim) bestimmt ist, bleibt der Erwerb unter der weiteren Voraussetzung steuerfrei, dass der Erwerber diese Selbstnutzung mindestens zehn Jahre lang aufrechterhält. 29 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft 14 Vererbung an Kinder Kinder oder – im Fall ihres Vorversterbens – Enkel sind unter den gleichen Voraussetzungen wie Ehegatten oder Lebenspartner bezüglich eines von ihnen ererbten bebauten Grundstücks von der Erbschaftsteuer befreit, wenn sie die Selbstnutzung unverzüglich aufnehmen und – als zusätzliche Bedingung – die Wohnfläche der Wohnung 200 m² nicht übersteigt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG). Erbschaftsteuer – Freibeträge (1) Jedem unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerber (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG) steht ein persönlicher Freibetrag zu, der sowohl für Erwerbe von Todes wegen als auch für Schenkungen unter Lebenden gilt, § 16 ErbStG. Der Schenkungsfreibetrag kann alle zehn Jahre erneut genutzt werden. Die Höhe des Freibetrags bei der Erbschaftssteuer ist abhängig vom Grad der Verwandtschaft. Zusätzlich wird beim Erbfall dem überlebenden Ehegatten/Lebenspartner und den Kindern ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt. Dieser Freibetrag ist jedoch um den Barwert erbschaftsteuerfreier Versorgungsbezüge zu kürzen. Darunter fallen u. a. Renten aus der gesetzl. Rentenversicherung und sämtliche Versorgungsleistungen aus einem Dienstverhältnis (betriebliche Altersversorgung). 30 (1) Grafik: https://www.weltsparen.de/steuer/erbschaftssteuer/ MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Steuertarife für Erbfälle und Schenkungen Beispiel: Berechnungsgrundlagen Würde beispielsweise ein Enkel nach dem 31. Dezember 2019 einen Betrag von brutto 801.000 Euro erben, so würde eine Steuer von 19 % auf 801.000 Euro – 200.000 Euro (Freibetrag), also von 114.190 Euro, und damit netto eine Erbschaft von 686.810 Euro anfallen. 31 MODUL 10 Steuern in der Immobilienwirtschaft Anteil der Erbschaftsteuer am Gesamtsteueraufkommen in Deutschland § 1960-1976 Erbschaftsteuer ca. 0,25 Mrd. Euro § Seit 1976 stetiges Wachstum der Einnahmen § Im Jahr 2020 betrugen die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer in Deutschland rund 8,6 Milliarden Euro. (1) § Insgesamt betrugen die Steuereinnahmen im Jahr 2020 rd. 739,7 Milliarden Euro – der Anteil der Erbschaftsteuer- einnahmen am Gesamtsteueraufkommen in Deutschland beläuft sich somit auf ca. 1 %. 32 (1) Steuereinnahmen aus der Erbschaftsteuer bis 2020 | Statista MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Grundlagen der Immobilienwirtschaft 33 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft Bruttowertschöpfung (1) Wohnungs- und Immobilienmarkt § Mit knapp 837.000 Unternehmen und rund 3,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist die Immobilien- wirtschaft nicht nur einer der größten Wirtschaftszweige Deutschlands, sondern mit einer Zunahme an Beschäftigung und Wertschöpfung auch eines der dynamischsten Wachstumsfelder. Mit über 619 Milliarden Euro trug die Immobilienwirtschaft 20 % zur gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland 2020 bei. § Das deutsche Nettoanlagevermögen in Wohn- und Nichtwohnbauten betrug 2019 rund 9,4 Billionen Euro. Davon entfielen 60 % auf Wohnbauten und 40 % auf Wirtschaftsimmobilien. Zusammen mit den Grundstückswerten (4,6 Billionen Euro), summiert sich das gesamte deutsche Immobilienvermögen auf knapp 14,0 Billionen Euro. § Der deutsche Wohnungsmarkt ist mit seinem hohen Wohnungsbestand der größte der Europäischen Union mit ca. 19,3 Millionen Wohngebäude (Stand 2020). (2) § 46,5% der deutschen Bevölkerung (ca. 36,6 Millionen Menschen) sind Haus- oder Wohnungseigentümer, die ihre Immobilie selbst bewohnen oder vermieten (Stand: 2021). § Etwa 59% der deutschen Bevölkerung (rd. 49 Millionen Menschen) wohnen zur Miete (Stand 2020). 34 (1) https://zia-deutschland.de/project/bedeutung-der-immobilienbranche/ (2) Destatis: Wohngebäude - Bestand in Deutschland bis 2020 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft Bruttowertschöpfung Die Bruttowertschöpfung ist eine Kennzahl der Entstehungsrechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Sie ergibt sich aus dem Gesamtwert aller im Inland produzierten Güter und Dienstleistungen, abzüglich des Werts der Vorleistungen. Beispiel: 1. Aus dem Rohstoff Quarzsand produziert der Glasbauer Fensterscheiben und verkauft diese an den Fensterbauer. 2. Der Fensterbauer baut Glasscheiben in Fensterrahmen ein und verkauft Fenster an Bauträger. 3. Der Bauträger verkauft an den Endkunden eine Immobilie. Akteur Bruttoproduktionswert Vorleistungen Saldo Glasbauer 60.000 Euro - 0 Euro = 60.000 Euro Fensterbauer 100.000 Euro - 60.000 Euro = 40.000 Euro Bauträger 170.000 Euro - 100.000 Euro = 70.000 Euro Gesamte Bruttowertschöpfung = 170.000 Euro 4. Die Bruttowertschöpfung beträgt 170.000 Euro und entspricht dem Wert des Umsatzes der letzten Stufe. 35 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 15 Bruttowertschöpfung Die Bruttowertschöpfung besagt nichts über den Wert einer Sache, nur über ihren Preis. Maßgeblich ist hierbei nicht, ob etwas Brauchbares geschaffen wurde, sondern ob es gehandelt wird, und der Preis, zu dem es gehandelt wird. Darüber hinaus schöpft nicht die Produktion die Werte, sondern der Handel. Ein wichtiger Faktor für das Wachstum der Wertschöpfung ist eine starke effektive Nachfrage nach Gütern bzw. Dienstleistungen, die Priorität in allen wirtschaftlichen und politischen Situationen haben. Neue Wertschöpfungswachstumschancen sind in der Wirtschaft mit dem Einsatz der modernen Mittel der Kommunikation verbunden. Das schnelle Wachstum der Wertschöpfung ist auch mit der Attraktivität für Investitionen des Industriesektors verknüpft. § Bruttowertschöpfung im Baugewerbe: ca. 182 Mrd. Euro (2020) in Deutschland § Bruttowertschöpfung in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, Im Jahr 2020 belief sich die Bruttowertschöpfung des deutschen Grundstücks- und Wohnungswesens auf rund 334,4 Milliarden Euro. (1) 36 (1) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/252400/umfrage/bruttowertschoepfung-des-baugewerbes-in-deutschland// MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 16 Wirtschaftssystem/Volkswirtschaft – immobilienwirtschaftliche Begriffe § Ressourcenallokation Die Ressourcenallokation ist die Zuordnung und Verteilung knapper Ressourcen wie Arbeit, Kapital, Boden und Rohstoffe zur Produktion von Gütern. Jede Volkswirtschaft verfügt über einen bestimmten Bestand an Produktionsfaktoren. Diese beschränkten Faktoren stehen unterschiedlichsten und unbeschränkten Bedürfnissen der Gesellschaft und Ihren Mitgliedern gegenüber. Daraus ergibt sich die Frage, welche Bedürfnisse mit den vorhandenen Ressourcen befriedigt werden sollen. Dies ist das Allokationsproblem. Methoden der Ressoucenallokation 1. Marktmechanismus: Ein Markt ist ein Verfahren, bei dem durch das Zusammenwirken von Käufern und Ver- käufern eines Gutes, Entscheidungen über dessen Preis und Menge getroffen werden. 2. Staatliche Regulierung: Hier greift der Staat in die Regulierung des Marktes ein, um eine gewisse Gerechtigkeit bei der Verteilung zu gewährleisten. 37 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 17 § Fungibilität In der Finanzierungstheorie beschreibt die Fungibilität bei einer Geldanlage, wie leicht man eine Form der Investition in eine andere umwandeln kann. Der Begriff „Fungibilität“ bezieht sich demnach auf die Marktgängigkeit von Sachen und Rechten. So sind Wertpapiere, die an der Börse notiert werden, eine sehr fungible Anlage, da der Anleger sie sehr leicht zu Geld machen oder in andere Anlageformen umwandeln kann. Wenn ein Investor dagegen eine Immobilie erworben hat, ist es für ihn viel schwieriger und umständlicher, die Investition rückgängig zu machen. Daher ist diese Form der Geldanlage weniger fungibel. § Timing Günstiger Zeitpunkt für den Kauf oder den Verkauf einer Immobilie. Hierbei gilt es, regional, national, aber auch international den Konjunkturzyklus innerhalb der Immobilienmärkte so gut als möglich einzuschätzen. § Selektion Auswahl eines geeigneten Investitionsobjektes entsprechend der individuellen Risikobereitschaft eines Investors. In diesem Zusammenhang spielt die richtige Gewichtung der Asset Allocation eine wichtige Rolle. 38 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 18 Wirtschaftssystem/Volkswirtschaft – Politikfelder Ordnungspolitik Strukturpolitik Prozesspolitik Sozialpolitik Die Ordnungspolitik schafft einen Rahmen, in dem marktwirtschaftliche Kräfte wirken können, und zielt darauf ab, wirtschaftliche Machtkonzentrationen zu verhindern. Ordnungspolitik ist insbesondere: 1. die Gestaltung der Eigentumsordnung – Eigentum bezeichnet das umfassendste Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zulässt. § Vom Eigentum zu unterscheiden ist der Besitz (§ 854 BGB), der sich auf die tatsächliche Herrschaft über eine Sache bezieht. Bei Miete fallen Eigentum und Besitz regelmäßig auseinander. Im Mietvertrag wird der Mieter Besitzer, der Vermieter bleibt jedoch Eigentümer. Der Mieter erhält also die tatsächliche Sachherrschaft, kann aber den gemieteten Gegenstand nicht als Aktivposten (Vermögen) in seiner Bilanz verbuchen. § Die Dokumentation von Eigentum kann an die Eintragung in ein Register (z. B. Grundbuch) gebunden sein. 39 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 2. Regelungen zur Sicherstellung wirtschaftlichen Wettbewerbs (Wettbewerbsrecht, Kontrolle der Werbe- und Verkaufspraktiken etc.) § Wettbewerbsrecht ist der Oberbegriff, der u. a. das Recht des unlauteren Wettbewerbs (UWG) umfasst, das von zahlreichen weiteren wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen ergänzt wird, bspw. dem Markengesetz oder der Preisabgabenverordnung (PAngV). 3. Gestaltung des Vertrags- und Haftungsrechts. Unter dem Terminus Vertragsrecht werden diejenigen Regeln zusammengefasst, die das Zustandekommen und die Wirkungen von Verträgen regeln. § Der Vertrag wird im ersten Buch des BGB, dem allgemeinen Teil, als spezieller Unterfall der allgemeinen Kategorie Rechtsgeschäft behandelt, im zweiten Buch als Schuldverhältnis (§ 433 BGB). § Ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) schafft einen Anspruch (§ 194 Abs. 1 BGB) des Gläubigers, also „das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. Die Realisierung des Gläubigeranspruchs gelingt nur, wenn das in Anspruch genommene Rechtssubjekt für seine Schuld auch haftet, d. h., dass der Anspruch in sein Vermögen vollstreckt und so zwangsweise durchgesetzt werden kann (z. B. Zwangsvollstreckung). 40 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 19 Wirtschaftssystem/Volkswirtschaft – Politikfelder Ordnungspolitik Strukturpolitik Prozesspolitik Sozialpolitik Die Strukturpolitik ist ein Oberbegriff für die Gesamtpolitik der wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Gestaltung der Struktur der Volkswirtschaft eines Staates. Ziel der Strukturpolitik ist die Vermeidung bzw. Überwindung von Strukturkrisen, die das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht stören. Mit Strukturpolitik werden Veränderungen in der Wirtschaft, die durch neue Produkte, Globalisierung oder Strukturwandel hervorgerufen werden, abgeschwächt oder sozial verträglich gestaltet. Strukturpolitik wird beispielsweise in folgenden Formen umgesetzt: § als regionale Strukturpolitik, die durch Maßnahmen der Investitionsförderung die Ansiedelung von Industrien in Fördergebieten unterstützt, § als sektorale Strukturpolitik, bspw. durch Subventionen und Steuervergünstigungen, § als Gestaltungspolitik, die bestimmte zukunftsträchtige Technologien und Wirtschaftszweige, u. a. durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in modernen Industrieregionen, bewusst fördert. 41 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft 20 Wirtschaftssystem/Volkswirtschaft – Politikfelder Ordnungspolitik Strukturpolitik Prozesspolitik Sozialpolitik Die Prozesspolitik greift unmittelbar lenkend in die Wirtschaftsprozesse ein, um den Wirtschaftsablauf zu stabilisieren oder um das gesamtwirtschaftliche Wachstum zu fördern. Nach folgenden Zielrichtungen wird unterschieden: § Konjunkturpolitik im engeren Sinne: Ziel ist die Verminderung von Konjunkturausschlägen. Die Konjunkturpolitik kann wiederum in nachfrage- und angebotsorientierte Politik unterschieden werden. § Wachstumspolitik: Sie setzt an den Grundlagen des Wachstums an, z. B. der Investitionstätigkeit, dem Humankapital (Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Erfahrung, Motivation) oder den Umweltressourcen. Sie ist im Gegensatz zur Konjunkturpolitik eher langfristig ausgerichtet. § Verteilungspolitik: Sie ist zur Korrektur der Einkommens- und Vermögensverhältnisse da. § Konjunkturpolitik im weiteren Sinne: magisches Viereck: hoher Beschäftigungsstand, stabiles Preisniveau, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum § Die wichtigsten Formen der Prozesspolitik sind die Finanzpolitik (Haushaltsplan), die Fiskalpolitik (Steuer), die Geldpolitik (u. a. Leitzins) und die Einkommenspolitik (u. a. Löhne/Gehälter). 42 MODUL 10 Grundlagen der Immobilienwirtschaft Wirtschaftssystem/Volkswirtschaft – Politikfelder Ordnungspolitik Strukturpolitik Prozesspolitik Sozialpolitik Sozialpolitik hat im Kernbereich zunächst die klassischen Systeme der Sozialversicherung gegen viele Lebensrisiken der abhängig Beschäftigten herausgebildet: Krankheit, Alter, Unfall, Arbeitslosigkeit und, relativ neu, Pflegebedürftigkeit. Hinzu kommen vielerlei Maßnahmen, die den sozialen Ausgleich etwa durch Kinderfreibeträge, Erziehungsgeld, Sozialhilfe und Wohngeld herstellen sollen. Außerhalb der direkten Einkommensumverteilung befasst sich Sozialpolitik weitergehend mit Familienpolitik sowie mit Arbeitsschutz, Mieterschutz und generell mit dem Bereich der Sozialfürsorge, mit Jugendhilfe oder auch mit der Eingliederung Behinderter in die Gesellschaft. Träger der staatlichen Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland sind der Bund, die Länder und die Gemeinden sowie von ihnen beauftragte Anstalten und Körperschaften. Meilensteine des Ausbaus des Sozialstaates waren: § 1953 – Rentenreform: Einführung der dynamischen Rente § 1995 – Pflegeversicherung 43 MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Wohnungsmärkte 44 MODUL 10 Wohnungsmärkte Veränderungen der Wohnungsmärkte Wegen Veränderungen der Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft können sich die Verhältnisse der Wohnungs- märkte grundlegend ändern. Ausgelöst durch die Finanzkrise in den Jahren 2007/2008 nahm die Nachfrage nach Immobilien als Anlageform in den Folgejahren deutlich zu. Aufgrund der relativ geringen Arbeitslosenquote, gestiegener Einkommen und historisch niedriger Zinsen sind das Kaufverhalten und der Wunsch nach Immobilienbesitz nach der Finanzkrise deutlich gestiegen. Dem gegenüber steht ein Wohnungsangebot, das als Folge einiger Jahre mit zu geringen Neubautätigkeiten allenfalls geringfügig zugenommen hat. Daher kommt es auf einer wachsenden Zahl von Teilmärkten zu steigenden Mieten, steigenden Preisen und zu regionalen Wohnungsengpässen. Wohnungsversorgung (1) § 2018 standen in Deutschland insgesamt rd. 42 Mio. Wohnungen zur Verfügung. Von den rund 40,1 Mio. Wohnungen in Wohngebäuden wurden 17,2 Mio. Wohnungen von ihren Eigentümerinnen und Eigentümern selbst bewohnt (46,5 Prozent).(1) § Der bundesweite Wohnungsleerstand lag im Jahr 2020 bei 2,8 Prozent (rd. 603.000 Wohnungen).(2) (1) https://www.mieterbund.de/fileadmin/public/pdf_PM/bericht-bauwirtschaft.pdf (Artikeltand: 25.05.21) 45 (2) https://www.empirica-institut.de/nc/nachrichten/details/nachricht/cbre-empirica-leerstandsindex-2020/ MODUL 10 Wohnungsmärkte Entwicklung der Wohnimmobilienpreise § Seit 2010 ist ein kontinuierliches Wachstum der Preise zu beobachten. Ein Grund für die stetig steigenden Immobilienpreise ist die starke Nachfrage bei gleichzeitig geringem Angebot. Durch den Mangel an Wohnraum herrscht vor allem in den Ballungsräumen Wohnungsnot, was sowohl zu steigenden Mieten als auch zu Preissteigerungen bei Kaufimmobilien führt. § Die Preise für Wohnimmobilien lagen in Deutschland im 2. Quartal 2021 durchschnittlich 10,9% höher im Vergleich zum Vorjahresquartal. Dies ist der größte Preisanstieg bei Wohnimmobilien-transaktionen seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. (1) § Die Preise stiegen sowohl in den Städten als auch in ländlichen Regionen deutlich an. § Ein besonders starker Anstieg wurde im Jahr 2021 erneut in den TOP 7 Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf) beobachtet - hier erhöhten sich die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 14,7% gegenüber dem Vorjahr, Eigentumswohnungen verteuerten sich um 12,9%. 46 (1) https://www.baulinks.de/webplugin/2021/1451.php4https://www.immowelt.de/immobilienpreise/deutschland/hauspreise MODUL 10 Wohnungsmärkte 21 Entwicklung der Wohnnebenkosten § Zu den kalten Wohnnebenkosten gehören Gebühren für die Müllabfuhr, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wohnung (z.B. Straßenreinigung). § Mieter müssen in Deutschland im Durchschnitt 2,17 - 2,88 Euro/qm/Monat für Betriebskosten im Jahr 2020 zahlen. Das ist eine Steigerung von rund 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. § Zwischen 2010- 2021 sind die Energiepreise um mehr als 34 Prozent gestiegen (Grafik). Seit 2000- 2021 insgesamt um 128 Prozent. (1) § Unterschiedliche Witterungsverhältnisse und ein steigender Sanierungsgrad der Wohnungen haben einen großen Einfluss auf den Energieverbrauch und damit auch auf die Ausgaben der Haushalte für Heizenergie. § Die Corona-Pandemie dürfte zu einem weiteren Anstieg der Betriebskosten führen aufgrund von Home Office und veränderten Heizgewohnheiten 47 (1) https://www.mieterbund.de/service/betriebskostenspiegel.html (2) https://www.eigensonne.de/entwicklung-der-strompreise-in-deutschland-2021/ MODUL 10 Wohnungsmärkte Neubautätigkeit § In den vergangenen knapp 20 Jahren ist ein deutlicher Rückgang der Baufertigstellungen zu Zeiten der Weltfinanzkrise zu erkennen. Seit dem Jahr 2010 nahm die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen jedoch wieder kontinuierlich zu. § Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen in Wohn- und Nicht- wohngebäuden belief sich hierzulande im Jahr 2020 auf rund 306.000 Einheiten von 779.000 genehmigten (noch nicht gebauten) Wohnungen. (1) § Deutschland hat Prognosen zufolge derzeit einen Neubaubedarf von jährlich bis zu 350.000 Wohnungen. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen lag 2020 noch um knapp 50.000 Einheiten darunter. § Grund für die Kluft zwischen Fertigstellung und Bauüberhang sind vor allem Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft. 48 (1) https://www.lbs-markt-fuer-wohnimmobilien.de/inhalt/bautaetigkeit/. MODUL 10 Wohnungsmärkte 22 Zukünftige Wohnungsnachfrage § Die zukünftige Nachfrage wird von der demografischen Entwicklung bestimmt. § Zum 31.12.2020 lebten laut Statistischem Bundesamt rund 83,2 Millionen Menschen in Deutschland. Für 2040 wird die Bevölkerungszahl auf ca. 81,2 Millionen Menschen nach derzeitigen Schätzungen zurückgehen (Schrumpfung). § In Deutschland wird es bis 2035 wesentlich mehr Menschen im Rentenalter geben – die Zahl der Personen im Alter ab 67 Jahren wird zwischen 2020 und 2035 um 22 % steigen (von bisher 16 auf voraussichtlich 20 Millionen). (1) § Der Trend zur Verkleinerung der Haushalte wird sich fortsetzen. Derzeit gibt es ca. 41,5 Millionen Ein-Personen- Haushalte. Bis 2040 rechnet man mit einem Anstieg der Alleinhaushalte auf 42,5 Millionen. Sowohl junge Erwachsene als auch Senioren sind die typischen Repräsentanten der Alleinfamilienhaushalte. Die Gründe für die Zunahme der Ein- Personen-Haushalte sind u.a. auf Änderungen im Sozialverhalten (z.B. spätere Familienplanung) zurückzuführen. § Die demografische und soziale Entwicklung in Deutschland birgt für Investoren ein hohes Potenzial: Wohnungen für Alleinlebende werden in Zukunft eine zunehmende Nachfrage erfahren. Der Trend hin zum Eigenheim ist noch immer vor allem bei Familien und Paaren zu beobachten. 49 (1) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/_inhalt.html MODUL 10 Wohnungsmärkte Der Mietwohnungsmarkt § In Deutschland gibt es ca. 19,3 Millionen Wohngebäude (Stand: 2020). § Der deutsche Wohnungsbestand lag Ende des Jahres 2020 bei ca. 42,8 Millionen Einheiten in Wohn- und Nichtwohn- gebäuden. Knapp ein Drittel (31,2 Prozent) der insgesamt 36,9 Millionen bewohnten Wohnungen in Deutschland befindet sich im Besitz von Privatpersonen und wird auch von diesen vermietet. (1) § Etwa 58% der deutschen Bevölkerung wohnen zur Miete. § Der Trend geht zu kleineren Wohnungen: Dort, wo große Wohnungen knapp und angesichts hoher Mieten teuer sind, geben sich immer mehr Mieter bei Neuverträgen auch mit weniger Fläche fürs Geld zufrieden. In den vergangenen 6 Jahren ist die durchschnittliche Wohnfläche von Neubauwohnungen um 11 Quadratmeter gesunken. (2) § Neuregelung der Maklerprovision seit 23.12.2020: Teilung der Makler-Courtage zwischen Verkäufer und Käufer § Eingriffe in die Wohnungspolitik, z.B. Mietendeckel in Berlin, Überlegung der Enteignung großer Wohnungsunternehmen (Vonovia, Deutsche Wohnen), Mietpreisbremse, etc. (1) https://www.haufe.de/immobilien/entwicklung-vermarktung/marktanalysen/wohnungsmarkt-im-weniger-flaeche-fuer-immer-mehr-geld_84324_469582.html 50 (2) https://www.zdf.de/nachrichten/heute/studie-des-prognos-instituts-neuwohnungen-werden-immer-kleiner-100.html MODUL 10 Wohnungsmärkte Kommunale Wohnungsunternehmungen § Der Anteil der kommunalen Wohnungsbestände am Gesamtbestand in einer Kommune fällt sehr unterschiedlich aus. In Deutschland befinden sich rund 2,3 Millionen Wohnungen ( 10 Prozent des Mietwohnungsbestandes) in kommunaler Hand. (1) § Zum Ende des Jahres 2020 bewirtschafteten die im GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) organisierten kommunalen Wohnungsunternehmen in Deutschland rund 2,09 Millionen eigene Wohnungen. § Der Anteil der sozial gebundenen Wohnungen am gesamten Wohnungs- bestand variiert erheblich. Die Anzahl der Sozialwohnungen hat sich seit dem Jahr 2007 fast halbiert. (2) § Die Mehrheit der Kommunen will aufgrund der großen Bedeutung für die Umsetzung der wohnungspolitischen Ziele dauerhaft an ihren Wohnungsbeständen festhalten. § Klassische Aufgabenfelder sind die soziale Wohnungsversorgung oder die Absicherung preisgünstiger Mieten. § Bei der Verknappung von Wohnraum (u. a. durch steigende Mieten) können kommunale Wohnungsunternehmungen immer noch preiswerte Versorgungsmöglichkeiten anbieten. Sie spielen eine wichtige Rolle für Problemhaushalte und bei der Versorgung von einkommensschwachen Haushalten. 51 (1) https://difu.de/nachrichten/ausweitung-kommunaler-wohnungsbestaende (2) https://de.statista.com/infografik/12473/immer-weniger-sozialwohnungen-in-deutschland/ MODUL 10 Wohnungsmärkte Wohnungsgenossenschaften (1) § Eine Wohnungsbaugenossenschaft, auch Baugenossenschaft, Wohnungsgenossenschaft oder Bauverein genannt, ist eine Genossenschaft mit dem Ziel, ihre Mitglieder mit preisgünstigem Wohnraum zu versorgen. (1) § In Deutschland gibt es heute über 2000 Baugenossenschaften. Diese verwalten über zwei Millionen Wohnungen und haben mehr als drei Millionen Mitglieder. Allein in Berlin werden von über 80 Wohnungsbaugenossenschaften mehr als 180.000 Wohnungen verwaltet, d. h., über zehn Prozent des gesamten Wohnungsbestandes dieser Stadt. (1) § Mietrecht: Die rechtliche Situation von Genossen, die eine Wohnung nutzen, weicht nur geringfügig vom normalen Mietrecht ab. Die Nutzungsverträge sind inhaltlich als Mietverträge zu behandeln. § Das Mitglied steht im Mittelpunkt: Genossenschaften arbeiten nicht gewinnorientiert und sind keinen Aktionären oder Anteilseignern verpflichtet, sondern einzig und allein ihren Mitgliedern. Erwirtschaftete Überschüsse werden in die Erhaltung und Modernisierung der Bestände, den Neubau und in den Ausbau der Serviceangebote gesteckt. 52 Quelle: https://baugenossenschaft.info/die-groessten-wohnungsbaugenossenschaften-in-deutschland/ MODUL 10 Wohnungsmärkte Wohneigentumsbildung (1) § Die Wohneigentumsquote bezieht sich auf den Anteil der bewohnten Wohnungen, die vom Eigentümer selbst genutzt werden. § Die Wohneigentumsquote betrug in Deutschland im Jahr 2020 ca. 45´% (Schlusslicht im Europa-Vergleich) und schwankt stark nach Bundesländern § Die Wohnungseigentumsquote steigt mit dem Einkommen und dem Alter des Haupteinkommens- beziehers. In der Altersphase zwischen 40 und 60 nimmt die Wohnungseigentumsquote stark zu. § Die Preise für selbst genutztes Wohneigentum haben in den vergangenen Jahren bundesweit deutlich zugelegt. Zwischen 2010 und 2019 stiegen sie um knapp mehr als 50 Prozent. Die Eigentumswohnungspreise erhöhten sich im genannten Zeitraum sogar um rund 55 Prozent. 53 (1) https://www.lbs-markt-fuer-wohnimmobilien.de/inhalt/bestandszahlen/ MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte 54 MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Leitgedanken und Rahmenbedingungen – Teil 1 Einfluss der europäischen Integration auf die Wohnungs- und Städtebaupolitik: § Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat eine große volkswirtschaftliche Bedeutung für Deutschland und die Europäische Union: Die Immobilien- und Baubranche erwirtschaftet 16,5% des Bruttoinlandsprodukts in der europäischen Union (Stand: 2015). § Die deutschen Wohnungs- und Immobilienmärkte bieten attraktive Bedingungen für deutsche und ausländische Anleger. § Ausländische Investitionen in deutsche Wohnimmobilien haben sich von rund 4,7 Mrd. Euro im Jahr 2009 auf rund 21,7 Mrd. Euro im Jahr 2020 mehr als vervierfacht. (1) § Grundsätzlich kann man feststellen, dass in den letzten Jahren die grenzüberschreitenden Investitionstätigkeiten im Grundstücks- und Wohnungswesen deutlich zugenommen haben. 55 (1) https://zia-deutschland.de/project/bedeutung-der-immobilienbranche/ MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Leitgedanken und Rahmenbedingungen – Teil 2 (1) Einfluss der europäischen Integration auf die Wohnungs- und Städtebaupolitik: § Der Klimaschutz und die Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien haben auch auf europäischer Ebene hohe Priorität. § Die EU hat sich im Ende 2020 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mind. 55 Prozent (ggü. 1990) zu verringern, den Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Energieversorgung bis dahin auf 40 Prozent zu steigern. § Die Vorgaben der Energieeffizienz-Richtlinie enthalten anspruchsvolle Bestimmungen wie z.B. die Stärkung von Energieausweisen sowie die Verpflichtung, ab 2021 Neubauten nur noch als Niedrigstenergiegebäude zu errichten. § Im Bereich der Finanzmarktregulierungen beeinflusst die Europäische Kommission mit Vorschlägen auch die Wohnungswirtschaft. § Die Regelung zur vorzeitigen Rückzahlung und zur Vorfälligkeitsentschädigung: Die Beibehaltung der Vorfälligkeits- entschädigung ist eine wichtige Voraussetzung für eine auch zukünftig solide Finanzierungsstruktur. § Zur Stabilisierung des Bankensektors empfiehlt die Kommission die Umsetzung des Basel-III- Regelwerks (Stärkung des Eigenkapitals der Kreditinstitute). 56 (1) https://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Anlage/BauenUndWohnen/immobilien-und-wohnungsmarkt-bericht.pdf?__blob=publicationFile MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte 23 Leitgedanken und Rahmenbedingungen – Teil 3 (1) Politische Ziele des Bundes im Wohnungswesen und Städtebau § Das primäre Ziel ist die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit bedarfsgerechtem und bezahlbarem Wohnraum sowie die städtebauliche Entwicklung durch geeignete Rahmenbedingungen und finanzielle Anreize. § Die gute Wohnraumversorgung ist vor allem das Ergebnis privater Investitionen auf der Grundlage verlässlicher Rahmenbedingungen verschiedener Rechtsbereiche, wie z. B. des Miet-, Steuer- und Städtebaurechts. § Die zentrale Herausforderung ist die Anpassung des Gebäudebestands an die Erfordernisse des Klimaschutzes. § Die weitere Erhöhung der Wohnungseigentumsquote ist ein wichtiges wohnungspolitisches Anliegen. § Angesichts zunehmender Verknappungstendenzen auf regionalen Wohnungsmärkten wird die Bedeutung wirkungsvoller sozialer Sicherungsinstrumente des Wohnens noch zunehmen. § gezielte, finanzielle Entlastung der Haushalte durch Wohngeld § Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung § soziale Wohnraumförderung – Schaffung eines preiswerten Wohnungsbestands für einkommensschwächere Haushalte 57 (1) https://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Anlage/BauenUndWohnen/immobilien-und-wohnungsmarkt-bericht.pdf?__blob=publicationFile MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Immobilien – Energieeffizienz und Klimaschutz (1) § Fast 2/3 der Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1979 gebaut und stammen damit überwiegend aus einer Zeit, als es fast noch keine regulatorischen Anforderungen an den Energieverbrauch von Gebäuden gab – die erste Wärmeschutzverordnung trat im Jahr 1977 in Kraft. § Im Fokus der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung wie auch der EU steht die Verringerung des CO2-Ausstoßes. Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, bis 2045 weitgehend treibhausgasneutral zu werden – führt kein Weg an einer umfassenden energetischen Sanierung der Bestandsimmobilien vorbei. § 2018 investierten Unternehmen und Eigentümer rd. 43 Milliarden Euro in die energetische Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden (Dämmung von Dächern und Fassaden, neue Fenster und Türen, neue Heizungen). 58 (1) https://zia-deutschland.de/wp-content/uploads/2021/06/ZIA-Report-Klimaschutz.pdf MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte 24 Immobilien – Energieeffizienz und Klimaschutz (1) Rechtliche Rahmenbedingungen – Mietrecht § Zur Erleichterung von energetischen Sanierungsmaßnahmen wurde das Mietrecht novelliert. § Die Modernisierung ist grundsätzlich zu dulden. § 536 BGB Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln (1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht. (1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese aufgrund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient. 59 (1) https://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Anlage/BauenUndWohnen/immobilien-und-wohnungsmarkt-bericht.pdf?__blob=publicationFile MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Immobilien – Energieeffizienz und Klimaschutz (1) Rechtliche Rahmenbedingungen – Energieeinsparverordnung § Am 1. Oktober 2009 erfolgte eine Novellierung der Energieeinsparverordnung. § Die Schwerpunkte liegen auf der Verschärfung der Anforderungen an den Jahres-Primärenergiebedarf beim Neubau sowie bei größeren Sanierungsmaßnahmen an Bestandsgebäuden um durchschnittlich 30 Prozent. § Vorschriften zur besseren Dämmung nicht begehbarer, oberster Geschossdecken sowie auf begehbare Dachböden sind wirksam geworden. § Zur Senkung des Stromverbrauchs soll die stufenweise Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicherheizungen seit dem Jahr 2020 beitragen. § Es wird eine Pflicht zur Angabe energetischer Kennwerte in Verkaufs- und Vermietungsanzeigen geben. § Es gibt eine Pflicht zur Übergabe des Energieausweises an den Käufer oder neuen Mieter. 60 (1) https://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Anlage/BauenUndWohnen/immobilien-und-wohnungsmarkt-bericht.pdf?__blob=publicationFile MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Immobilien – Energieeffizienz und Klimaschutz (1) Immobilienbewertungstool der Ausbildung „PMA Geprüfter Einfluss der politischen Energieeinsparvorgaben auf die Immobilienbewerter für Wohnimmobilien“ Immobilienbewertung: § ImmoWertV 2021 (in Kraft ab 01.01.2022): Ziel der Neuregelung ist, stärker als bisher sicherzustellen, dass die Ermittlung der Bodenrichtwerte und der sonstigen der für die Wertermittlung erforderlichen Daten bundesweit nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt. § Standardstufen und Modernisierungsgrade haben einen direkten Einfluss auf die Wertigkeit der Immobilie. § Besonders die Modernisierung der Außenwände sowie die Dacherneuerung/ Dachdämmung erhalten eine überproportionale Gewichtung für die Wertigkeit einer Immobilie. 61 MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Immobilien – Energieeffizienz und Klimaschutz (1) Förderung des energieeffizienten Bauens und Sanierens von Gebäuden CO2-Gebäudesanierungsprogramm: § Unter dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm versteht man ein im Jahr 2006 von der deutschen Bundesregierung gestartetes Förderprogramm für Eigenheimbesitzer – im Jahr 2009 wurde das Programm unter dem Namen „Energieeffizientes Sanieren“ weitergeführt. § Im Jahr 2020 lag die Fördersumme des KfW-Programms "Energieeffizient Sanieren" bei rund 5,4 Mio. Euro.(1) § Etwa die Hälfte der in den letzten Jahren neu errichteten Wohngebäude sind KfW-gefördert. 62 (1) Energieeffizient Sanieren - Fördersumme der KfW-Bankengruppe bis 2020, Statista Research Department, 21.05.2021 MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte Immobilien – Energieeffizienz und Klimaschutz (1) Förderung des energieeffizienten Bauens und Sanierens von Gebäuden Energetische Sanierung und Baukultur: § Die KfW-Programme werden regelmäßig angepasst und weiterentwickelt: 1. Bundesförderung für effiziente Gebäude – Wohngebäude (BEG WG) 2. Bundesförderung für effiziente Gebäude – Nichtwohngebäude (BEG NWG) 3. Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) (seit Januar 2021) § Der Zielkonflikt, dass Eigentümer ihre Immobilie umfassend energetisch sanieren und die Betriebskosten senken, die Modernisierung aber Substanz und Erscheinungsbild von denkmalgeschützten und besonders erhaltenswerten Gebäuden nicht verändern soll, wird durch das neue Förderangebot aufgelöst. § Für die Sicherung der besonders erhaltenswerten Bausubstanzen spielten die Kommunen eine gewichtige Rolle. Sie können und müssen festlegen, welche Bestände zur Bewahrung ihres Stadtbildes schützenswert sind. 63 (1) https://www.bafa.de/DE/Energie/Effiziente_Gebaeude/Foerderprogramm_im_Ueberblick/foerderprogramm_im_ueberblick_node.html;jsessionid=6527596B67C9C7AEEE19C3196739617B.1_cid387 MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte 25 Wohneigentum – Eigenheimrentengesetz, Bausparverträge, KfW-Programme (1) § Das Eigenheimrentengesetz fördert das selbst genutzte Wohneigentum und das genossenschaftliche Wohnen durch das Einbeziehen in die steuerlich geförderte, kapitalgedeckte private Altersvorsorge. § Ein weiteres zentrales Förderinstrument ist die Bausparprämie. § Zum Ende des Jahres 2020 konnten bei den deutschen Bausparkassen rund 25 Millionen abgeschlossene Verträge gezählt werden. Damit ist der Bestand an Bausparverträgen im Vergleich zur Jahrtausendwende um knapp 24 % zurückgegangen. § Vor allem die weiterhin andauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht Bausparen für viele Sparer zusehends unattraktiver. § Förderung zur Eigentumsbildung auch durch das CO2-Gebäudesanierungsprogramm § Hier wird die Finanzierung von energetisch hoch effizientem Wohnungseigentum durch zinsgünstige Darlehen und Zuschüsse unterstützt (Durch die KfW-Bankengruppe). 64 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/20011/umfrage/anzahl-der-bausparvertraege-bei-bausparkassen-in-deutschland/ MODUL 10 Politik für die Wohnungs- und Immobilienmärkte 26 Soziale Sicherung des Wohnens (1) § Wohngeld soll u. a. die Mietzahlungsfähigkeit der wohngeldberechtigten Haushalte gewährleisten. § Die Wohngeldausgaben betrügen zum Jahresende 2019 ca. 1,0 Mrd. Euro. § Die Zahl der Wohngeldempfängerhaushalte belief sich im Jahr 2019 auf ca. 548.000 Haushalte. (1) § Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) § Im Unterschied zum Wohngeld, das einen Zuschuss zu den Wohnkosten darstellt, werden bei den KdU häufig die Wohnkosten in voller Höhe übernommen. § Die Höhe der Beträge wird hierbei durch die Kommunen festgelegt. Ausgaben für die KdU betrugen Ende 2019 ca. 13,7 Mrd. Euro. (2) (1) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Wohngeld/_inhalt.html 65 (2) https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIV75.pdf MODUL 10 Rahmenbedingungen der Immobilienwirtschaft Geldpolitik und Einfluss der Europäischen Zentralbank 66 MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) Die Zinsentwicklung in der Baufinanzierung (1) § Wie hoch die Hypothekenzinsen gerade sind, hängt vor allem von den Zinsen der Europäischen Zentralbank ab. § Solange die Leitzinsen niedrig sind, können Verbraucher davon ausgehen, dass auch die Hypothekenzinsen weiter sehr niedrig bleiben. § Im September 2021 liegen die Hypothekenzinsen etwas über den bisherigen historischen Tiefpunkten. Diese wurden nach Ausbruch der Corona-Krise an den Aktien- und Anleihemärkten im Frühjahr 2020 erreicht. § Von einem wirklichen Zinsanstieg kann noch keine Rede sein. Allerdings ist die Entwicklung der Hypothekenzinsen in den vergangenen Jahren keine Garantie dafür, dass dies in den nächsten drei bis fünf Jahren so bleibt. 67 Quelle: http://www.finanztip.de/tip/immobilien/baufinanzierung-zinsprognose.htm MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) Der Leitzins und seine Auswirkungen auf die Baufinanzierung (1) Der Einfluss, den die Höhe des Leitzinses auf die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes nimmt, ist nicht zu unterschätzen. Der Leitzins wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) als Stellschraube zur Inflationsregulierung genutzt. Geht es der Gesellschaft wirtschaftlich gut, hebt die EZB den Leitzins an und zieht damit Geld aus dem Wirtschaftskreislauf. In der Folge steigt der Wert des Geldes und die Inflationsgefahr sinkt. Einfach gesagt: Die Europäische Zentralbank verteuert den Kreditzins, zu dem Banken sich Geld leihen können. Die Banken geben diesen Zins dann an die Endkunden weiter, alle Kredite werden teurer. Zeitgleich steigen die Zinsen für Geldanlagen. Die Konsumenten können also auch von einem hohen Leitzins profitieren. Allerdings muss das Instrument Leitzins vorsichtig gebraucht werden, da eine zu starke Reduzierung der Geldmenge eine sogenannte Deflation, den anhaltenden Rückgang des allgemeinen Preisniveaus, auslösen könnte. 68 (1) http://www.drklein.de/leitzins-baufinanzierung.html MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) 27 Europäische Zentralbank - EZB Die Europäische Zentralbank (EZB) ist ein Organ der Europäischen Union. Ihr Sitz ist im Eurotower in Frankfurt am Main. Sie ist die 1998 gegründete gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB). Aufgaben und Ziele der EZB – Teil 1 Da eine Zentralbank keine gewöhnliche Bank ist, sondern die Geldpolitik eines Landes führen muss, soll sie zwei wichtige Ziele verfolgen - Die Zentralbanken verfolgen diese Ziele, indem sie den Preis für verliehenes Geld erhöhen oder senken (Leitzins verändern), also Einfluss auf die Wirtschaft nehmen. § Hauptziel, ist die Preisniveaustabilität. Dabei gilt es, große Schwankungen des Geldwertes zu vermeiden. Die Zielgröße ist die Inflation (Inflationsrate). Weiterhin ist die Unterstützung der Wirtschaftspolitik in der Europäischen Gemeinschaft ein wichtiger Faktor für die Realisierung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines dauerhaften Wachstums, soweit dies ohne Gefährdung der Preisniveaustabilität möglich ist. § Das zweite Ziel einer Zentralbank besteht in der ausgeglichenen konjunkturellen Entwicklung des jeweiligen Landes. Dieses wichtige Nebenziel der Geldpolitik hat den Zweck, eine Rezession zu vermeiden. Die konjunkturelle Entwicklung wird an der Auslastung der Kapazitäten einer Volkswirtschaft gemessen. 69 MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) 28 Europäische Zentralbank - EZB Aufgaben und Ziele der EZB – Teil 2 Die grundlegenden Aufgaben finden sich in Art. 127 Abs. 2 AEU-Vertrag: § Festlegung und Durchführung der Geldpolitik § Durchführung von Devisengeschäften § Verwaltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten (Portfolio Management) § Versorgung der Volkswirtschaft mit Geld, insbesondere die Förderung eines reibungslosen Zahlungsverkehrs Die EZB hat darüber hinaus weitere Aufgaben: § Genehmigung der Ausgabe des Euro-Papiergeldes – die Ausgabe selbst erfolgt durch die nationalen Zentralbanken § Beitrag zur Aufsicht über die Kreditinstitute und zur Stabilität der Finanzmärkte § Beratung der Gemeinschaft und nationaler Behörden, Zusammenarbeit mit anderen internationalen und europäischen Organen § Sammlung der für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen statistischen Daten § Erstellung einer Zentralbankbilanz 70 MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) Europäische Zentralbank - EZB Kapital und Währungsreserven Das gezeichnete Kapital der EZB beträgt ca. 10,82 Milliarden Euro (Stand: 29.12.2020). (1) Es wurde von den nationalen Zentralbanken (NZB) eingezahlt, die Zeichner und Inhaber sind. Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) besteht aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken (NZB) aller Staaten der Europäischen Union. Der Anteil, den eine NZB am Gesamtkapital einzahlen muss, legt ein Schlüssel fest. Dieser richtet sich zu gleichen Teilen nach dem Anteil des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Gemeinschaft im vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB und nach dem Anteil des jeweiligen Mitgliedstaats am Bruttoinlandsprodukt der Gemeinschaft zu Marktpreisen in den fünf Jahren vor dem vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB. Die Gewichtsanteile werden alle fünf Jahre oder bei EU-Erweiterungen aktualisiert, zuletzt am 1. Januar 2019. Den größten Anteil hat die Deutsche Bundesbank mit rund 18 %. (2) 71 (1) https://www.ecb.europa.eu/ecb/orga/capital/html/index.de.html (2) https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2018/html/ecb.pr181203.de.html MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) Europäische Zentralbank - EZB Instrumente der Geldmengensteuerung der EZB Ihr geldpolitisches Instrumentarium setzt die EZB ein, um das ihr im EU-Vertrag vorgegebene Ziel der Preisniveaustabilität zu erreichen. Dieses definiert sie selbst als ein Wachstum des harmonisierten Verbraucherpreisindexes HVPI im Euro-Raum, das unter, aber nahe bei zwei Prozent pro Jahr liegen sollte. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen der EZB eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Die größte Bedeutung wird ihren geldpolitischen Instrumenten beigemessen, da sie mit ihnen ihr wichtigstes Ziel, die Gewährleistung von Preisniveaustabilität, zu erreichen versucht. Unmittelbar beeinflussen kann die EZB dabei nur die Zinsen im Geschäft zwischen ihr und den Geschäftsbanken (sog. Notenbankzinsen). Da Letztere günstigere oder ungünstigere Finanzierungsbedingungen in der Regel aber an ihre Kunden weitergeben, ändern sich auch die Marktzinsen – vor allem die kurzfristigen Zinsen am Geldmarkt, unter Umständen aber auch die langfristigen Zinsen am Kapitalmarkt. 72 MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) 29 Europäische Zentralbank - EZB Instrumente der Geldmengensteuerung der EZB Offenmarktgeschäfte § Das eindeutig wichtigste Offenmarktgeschäft der EZB ist mit einem Anteil von ca. 70 % das Hauptrefinanzierungs- instrument (Haupttender). Hierbei handelt es sich um ein Instrument der Offenmarktpolitik, bei dem die Geschäftsbanken in einem Auktionsverfahren Zentralbankgeld von der EZB gegen Zinszahlungen erhalten. § Das Auktionsverfahren wurde seit 2000 mittels Zinstender durchgeführt. Dabei wird das angebotene Zentralbankgeld den höchstbietenden Geschäftsbanken zugeteilt. Zur besseren Orientierung legt die EZB einen Mindestbietungszinssatz fest. Dieser Mindestbietungszinssatz (auch Hauptrefinanzierungssatz) wird aufgrund seiner Bedeutung oft auch als Leitzins der EZB bezeichnet. § Die Transaktionen finden einmal pro Woche statt. Ihre Laufzeit beträgt ebenfalls eine Woche. Zur Bekämpfung der Finanzkrise ab 2007 verleiht die EZB seit dem 15. Oktober 2008 wieder Geld nach dem Mengentender. 73 MODUL 10 Geldpolitik und Einfluss der europäischen Zentralbank (EZB) 30 Zinssenkung – Auswirkungen auf den Immobilienmarkt Aufgrund des anhaltenden niedrigen Zinsniveaus ist es Immobilienkäufern möglich, höhere Darlehen aufzunehmen. Dies führt dazu, dass höhere Kaufpreise für Immobilien akzeptiert werden. Eine mögliche Gefahr besteht darin, dass es in der Zukunft bei steigenden Zinsen zukünftigen Immobilienkäufern schwerer fallen wird, eine Immobilie zu kaufen. Zusammenhang Zinsniveau – Darlehenshöhe 2 % Zins 500 Euro mtl. Sparrate 300.000 Euro Darlehen 3 % Zins 500 Euro mtl. Sparrate 200.000 Euro Darlehen 4 % Zins 500 Euro mtl. Sparrate 150.000 Euro Darlehen 5 % Zins 500 Euro mtl. Sparrate 120.000 Euro Darlehen Neben den reinen Zinsen gilt es, noch zusätzlich eine Tilgung von mindestens 1 % oder mehr zu kalkulieren. Bei gleichbleibenden Einkommen würde die Kaufkraft für Immobilien deutlich geringer werden. Beispielszenario: Kauf einer Immobilie von 500.000 Euro bei einem Zinsniveau von 2 %. Würde dieser Eigentümer in fünf Jahren seine Immobilie wieder verkaufen, wird sein Mindestwunschpreis bei 500.000 Euro und mehr liegen. Würde fünf Jahre später aber der Zins z. B. wieder bei 5 % liegen, wird die Anzahl der Käufer deutlich geringer sein, die über ein Darlehen die Immobilie finanzieren würden. Der Eigenkapitalanteil müsste deutlich höher sein, damit neue Käufer sich die gleiche Immobilie „leisten“ können. (Unterstellt man, dass sich das Einkommensniveau in fünf Jahren nicht wesentlich erhöht hat.) 74 MODUL 10 Ausbildungsmodule Aufbau und Organisation eines Immobilienakquise – Immobilienverkauf Modul 1 Modul 7 Maklerunternehmens (Beschaffungs- und Absatzmarketing) Businessplan – Strategieplanung Einführung in Immobilienbewertung Modul 8 für mein Unternehmen und Grundstücksmarkt Schuld- und Vertragsrecht Einwand-, Telefon-, Abschluss- und Modul 2 Modul 9 Fragetechniken – Verkaufspsychologie Maklerrecht und -vertrag – DSGVO Rahmenbedingungen der Modul 3 Modul 10 Widerrufsbelehrung - Wettbewerbsrecht Immobilienwirtschaft Modul 4 Unternehmenssteuerung und -kontrolle I – Sachenrecht Modul 11 Rechnungswesen (BWA, Rechtsformen) Unternehmenssteuerung und -kontrolle II – Modul 5 Grundbuch – Kaufvertrag Modul 12 Rechnungswesen (Finanzierung) Modul 6 Mietrecht, Vermietung einer Immobilie WEG, Teilungserklärung 75

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