Diagnostik I Zusammenfassung Kapitel 4 PDF

Summary

This document summarizes chapter 4.1 of Diagnostik I, focusing on single-stage and multi-stage investigation plans. It discusses factors to consider when planning these plans, such as the examinee's ability, economic constraints, and the use of conjunctive and compensatory decision rules in institutional diagnostics. The text also differentiates between single-stage and multi-stage plans and provides examples in the context of personnel selection and potential analysis.

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Sina Riesen 21.2.2024 Diagnostik 1, Zusammenfassung Kapitel 4.1 - Ein- und mehrstu ge Untersuchungspläne Was wird in einen Untersuchungsplan festgelegt?—> es wird festgelegt in welcher Reihenfolge die eingesetzten Verfahren zum Einsatz kommen. Zudem werden auch Pausen eingeplant. Was sollte bei der...

Sina Riesen 21.2.2024 Diagnostik 1, Zusammenfassung Kapitel 4.1 - Ein- und mehrstu ge Untersuchungspläne Was wird in einen Untersuchungsplan festgelegt?—> es wird festgelegt in welcher Reihenfolge die eingesetzten Verfahren zum Einsatz kommen. Zudem werden auch Pausen eingeplant. Was sollte bei der Pausenplanung immer berücksichtigt werden? —> die Leistungsfähigkeit der zu untersuchenden Person. Was ist ein wichtiger Aspekt bei der Untersuchungsplanung?—> die Berücksichtigung der Ökonomie. So kann es sinnvoll sein, dass eine Untersuchung so geplant wird, dass nicht alle angedachten Verfahren zum Einsatz kommen. Gibt es z.b bei einer institutionellen Diagnostik im Rahmen einer eignungsdiagnostischen Frage Hypothesen, die mit einer konjunktiven Entscheidungsregel versehen sind, kann es ökonomischer sein, diese zuerst zu prüfen und die Erhebung der Information bezüglich möglicher Hypothesen mit kompensatorischen Entscheidungsregeln auf den Personenkreis zu beschränken, der die ersten Hürden alle übersprungen hat. Was für und wie viele arten von Untersuchungsplänen lassen sich unterscheiden?—> einstu ge und mehrstu ge Pläne. 4.1.1 - Einstu ge Untersuchungspläne Was passiert bei den einstu gen Untersuchungspläne?—> Entscheidungen werden grundsätzlich erst dann gefällt, wenn alle geplanten Verfahren auch durchgeführt worden sind, das heißt, alle Informationen auch vorliegen. Was für arten von einstu gen Untersuchungspläne gibt es?—> 1. Single Screen: Im Extremfall wird zur Diagnostik lediglich ein einziges Verfahren eingesetzt. In solchen Fällen spricht man auch von einem Single Screen. Hier basieren alle diagnostischen Entscheidungen auf einem einzigen Verfahren. Diese wie auch die folgenden Abbildungen sind für das Beispiel einer Konkurrenzauslese konzipiert. Der Kreis verdeutlicht alle Bewerber und die Varianz, die zwischen ihnen besteht (Venn-Diagramm). Be ndet sich die gesammelte Information für eine Person im Bereich I führt dies zu einer Ablehnung der aufgestellten Frage. Im Annahmebereich (II) wird die Frage hingegen fi fi fi fi fi fi 4 fi 1 di 9 Sina Riesen 21.2.2024 bejaht. Im eignungsdiagnostischen Kontext ließe sich als Beispiel ein Interview anführen, das zur Ermittlung des Potenzials im Rahmen einer PersonalentwicklungsMaßnahme durchgeführt wird. Hier wird lediglich ein Verfahren eingesetzt, auf dessen Ergebnis sich die gesamte Diagnostik stützt. Die Anwendung dieses Single Screens ist nur in relativ wenigen Situationen anzuraten. Vor allem gilt zu beachten, dass das ausgewählte Verfahren über sehr gute Gütekriterien verfügen sollte. 2. Nichtsequenzielle Untersuchungsbatterie: Hier werden durchaus mehrere Verfahren zur Untersuchung eingesetzt. Die Entscheidung resultiert dann aus der Verrechnung aller Informationen. In der Regel werden zur Verrechnung Entscheidungsregeln aufgestellt. Wie bei einem Single Screen werden auch hier ein Annahme- (III) und ein Ablehnungsbereich (IV) de niert. Die gesammelte Information aus den verschiedenen Verfahren wird anhand der Entscheidungsregeln integriert und die aufgestellte Frage beantwortet. Auch hier ließe sich ein Beispiel im Bereich der Personalentwicklung nden. Gerade zum Zwecke der Potenzialanalyse bereits eingestellter Mitarbeiter werden immer wieder Assessment Center eingesetzt. Diese setzen sich aus mehreren mehr oder weniger unterschiedlichen Verfahren zusammen. Die Potenzialdiagnose beruht nun auf der Integration der Ergebnisse aus diesen Verfahren. Dabei durchlaufen jedoch alle Kandidaten in der Regel das komplette Assessment Center. In der Praxis kann es vorkommen, dass die für eine diagnostische Untersuchung zur Verfügung stehende Zeit recht knapp bemessen ist. In solchen Fällen wird dann gerne auf einen einstu gen Untersuchungsplan mit nur einem oder wenigen Verfahren zurückgegriffen. Die Tauglichkeit dieser Art von Plänen ist stark abhängig von der Art der Fragestellung und der Bedeutung für den Auftraggeber. Von großem Vorteil ist sicher der Aspekt, dass stets die gesamte Information erhoben wird. Die so getroffenen Entscheidungen basieren also potenziell auf einer breiten Informationsbasis. Allerdings sollten Ökonomieüberlegungen auch stets berücksichtigt werden. Vor allem, wenn es eine Reihe konjunktiver Entscheidungsregeln gibt, kann es ratsamer sein, einen mehrstu gen Prozess heranzuziehen. 4.1.2 - Mehrstu ge Untersuchungspläne Was passiert bei den Mehrstu gen Untersuchungspläne?—> Mit institutioneller Diagnostik werden diagnostische Prozesse gemeint, die routinemäßig und mit eher hohen Personenzahlen durchgeführt werden. Dies trifft z.b auf Personalauswahlprozesse oder klinisch-psychologische Eingangsdiagnostik zu. Das gemeinsame an diesen Beispielen ist, dass sich Hypothesen für die zu beantwortenden Fragen aufstellen lassen, die eine konjunktive Entscheidungsregel mit sich bringen. So ist für die Ausbildung zu manchen Berufen ein bestimmter Schulabschluss bindend. Teil der Dia- gnose der meisten psychischen Störungen sind bestimmte Kemsymptome. In beiden Beispielen wäre es nun unökonomisch, mit jeder Person die gesamte Untersuchungsbatterie zu durchlaufen. Stattdessen ist es weitaus ökonomischer, bereits an verschiedenen Stellen im Laufe der fi fi fi fi fi fi 2 di 9 21.2.2024 Untersuchung Entscheidungen zu treffen. So kann die Eignung ohne entsprechenden Schulabschluss nicht gegeben sein. Ebenso wenig wird sich die Diagnose einer Störung ohne das Vorliegen der Kemsymptome ergeben. Die Anwendung eines mehrstu gen Untersuchungsplans bedeutet dann, dass es mehrere Entscheidungsstufen gibt. Was für arten von Mehrstu gen Untersuchungspläne gibt es?—> 1. Vorauswahl Untersuchungsplan (Pre-Reject): Hier werden mehrere Verfahren zur Beantwortung der Fragestellung genutzt. Allerdings werden nicht alle Personen auch mit allen Verfahren untersucht. Stattdessen erfolgt zunächst eine Vorauswahl anhand des Ergebnisses in einem ersten Verfahren. Es ließe sich auch denken, die Vorauswahl auf Basis der Ergebnisse in mehreren zu Beginn durchgeführten Verfahren zu treffen. In Abbildung 3 ist dieses Vorgehen noch einmal schematisch dargestellt. Die untersuchte Bewerbergruppe wird nun in drei Teile aufgespalten. Zunächst wird anhand eines ersten Verfahrens eine Vorauswahl getroffen. Das bedeutet, alle Personen, die sich im Bereich I be nden, nehmen nicht mehr an den weiteren Untersuchungen teil. Die verbliebenen Bewerber durchlaufen nun weitere Verfahren und es werden weitere Informationen gesammelt. Die abschließende Entscheidung, ob ein Bewerber angenommen (HI) oder abgelehnt (IV) wird, basiert dann aber wiederum auf der Integration aller Informationen. —> Der Vorauswahl Untersuchungsplan kommt in der BewerberAuswahl (Personenselektion) sehr häu g zum Einsatz. Hier dienen die BewerbungsUnterlagen als erstes Verfahren (manchmal kombiniert mit einem Telefoninterview). Nur wer die aufgestellten Mindestanforderungen erfüllt, wird zu weiteren Untersuchungen eingeladen. So kann Zeit und Geld gespart werden. Allerdings muss an dieser Stelle auch angemerkt werden, dass die Kriteriumsvalidität von Bewerbungsunterlagen im Vergleich zu anderen Methoden eher mäßig ist. —> Ein Vorauswahl Untersuchungsplan eignet sich auch, um mit dem Problem der Verfälschung von Persönlichkeitsfragebögen umzugehen. So kann der Fragebogen zur Vorauswahl eingesetzt und ein vergleichsweise geringer Cutoff angesetzt werden. Wer diesen trotz des Verdachts des Fakings nicht schafft, ist wohl tatsächlich nicht geeignet. Im zweiten Schritt sollte dann auf jeden Fall im Interview erneut ein Blick auf die Persönlichkeit geworfen werden, um die Ergebnisse des Fragebogens zu validieren. Auch in der klinisch-psychologischen Diagnostik werden häu g Screeningverfahren eingesetzt und anhand der Ergebnisse dann Selektionen für weitere diagnostische Untersuchungen vorgenommen. Ähnlich wie bei einem Single Screen ist besonders darauf zu achten, dass die Verfahren, die zur Vorauswahl eingesetzt werden, besonders gut sind. 2. Vorentscheidungs-Untersuchungsplan (Pre-Select): Bei diesem Untersuchungsplan ndet auch eine Vorauswahl statt. Allerdings werden hier Personen nicht terminal ausgeschlossen, sondern vielmehr terminal aufgenommen. In Abbildung 4 sieht man, dass die Bewerbergruppe wiederum in drei Teile aufgeteilt wird. Dabei ndet die erste Entscheidung nach dem Einsatz eines Verfahrens (oder mehrerer Verfahren) statt. Die fi fi fi fi fi 3 di 9 fi fi Sina Riesen Sina Riesen 21.2.2024 gesammelte Information wird integriert und es werden Personen terminal aufgenommen (11). Mit den übrigen Personen werden weitere Verfahren durchgeführt, um dann auf Basis aller Informationen die Entscheidung über Ablehnung (I) oder Aufnahme (ill) zu treffen. Ein solches Vorgehen ndet sich in der Praxis eher selten. Gerade bei diesen Untersuchungsplänen muss sichergestellt sein, dass die zur Vorauswahl eingesetzten Verfahren sehr gut sind. Zudem stellt sich das Problem, dass Personen aufgenommen werden, ohne dass die komplette Information vorliegt. Dies ist nur dann wirklich unbedenklich, wenn große Teile der zur Vorauswahl erfassten Merkmale die in den weiteren Tests erhobenen Merkmale kompensieren. Wer nun schon im ersten Schritt die Mindestanforderungen schafft, der muss dies nicht bei den sowieso kompensierbaren, weiteren Untersuchungen erneut beweisen. 3. Vollständig sequenzieller Untersuchungsplan: Hierbei handelt es sich um die Kombination aus Vorauswahl- und Vorentscheidungs-Untersuchungsplan. Die untersuchte Personengruppe wird demzufolge zunächst anhand eines oder mehrerer Verfahren in drei Gruppen aufgeteilt. Gruppe I wird terminal aus dem Verfahren ausgeschlossen und Gruppe II terminal aufgenommen. Die dritte Gruppe wird weiter untersucht, und auf Basis aller Informationen wird erneut nach Ablehnung (IV) und Aufnahme (III) entschieden. Alle bei den vorher angeführten Verfahren genannten Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt, sind hier natürlich auch zu beachten. 4.1.3 - Integrierende Betrachtung Wie weiss man, welcher Untersuchungsplan am besten wäre?—> Es fällt schwer, eine generelle Empfehlung für eine Variante der Untersuchungspläne zu geben. Es kommt stark auf die Frage an, die beantwortet werden soll. Dennoch haben wir hier einige wichtige Aspekte zusammengetragen. Neben möglichen Vorteilen in der Ökonomie lassen sich bei mehrstu gen Verfahren weitere Vorteile gegenüber einstu gen Verfahren ausmachen. Ein weiterer Vorteil mehrstu ger Verfahren ist es, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden (z.B. Tests, Fragebögen, Interview) genutzt werden können. Allerdings stellt die Integration dieser verschiedenen Informations- quellen auch oft eine Herausforderung dar. Zudem ist es auch denkbar, im Rahmen eines nicht sequenziellen Untersuchungsplans mehrere Verfahren zu integrieren. Dies ist in der Praxis zwar eher selten, aber grundsätzlich denkbar. In welcher Reihenfolge sollten die zu untersuchenden Hypothesen in den Untersuchungs-Pläne aufgenommen werden?—> Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass es gerade bei den Vorauswahlplänen sinnvoll sein kann, die Hypothesen zuerst zu untersuchen, die mit einer konjunktiven Entscheidungsregel versehen sind. Allerdings haben wir auch darauf hingewiesen, dass die Gütekriterien der der eingesetzten Verfahren eine Rolle bei der Anordnung spielen sollten. Nun ließe sich vermuten, dass die prognosestärksten Verfahren zuerst oder zuletzt eingesetzt werden sollten. DeCorte, Lievens und Sackett (2006) konnten allerdings in einer fi fi fi fi 4 di 9 Sina Riesen 21.2.2024 Simulationsstudie zeigen, dass sich solche einfachen Regeln nicht formulieren lassen und es immer auch auf andere Aspekte, z. B. wie hoch die Korrelation zwischen den Verfahren ist, ankommt. Allerdings existieren auch einige historische Ansätze, die als gute Daumenregeln angesehen werden können. Diese betrachten Aspekte, die wir bisher vernachlässigt haben, die aber von hoher Bedeutung sein können: Selektionsquote, Grundquote, Kriteriumsvalidität und deren Zusammenspiel. Nicht nur im eignungsdiagnostischen Kontext spielen diese Konzepte eine wichtige Rolle und sollen daher kurz erläutert werden. Hierbei dient Abbildung 6 der Veranschaulichung. Was kannst du mir zu Abbildung 6 sagen? —> Das abgebildete Koordinatensystem stellt auf der x-Achse die diagnostische Entscheidung dar. Aus Griinden der Einfachheit haben wir hier ein Single Screen gewählt. Die Bewerber werden anhand eines Intelligenztests ausge- wählt und müssen mindestens einen Standardwert von 110 besitzen. Dieser Cutoff teilt die Bewerber in Eingestellte und Abgelehnte. Auf der y-Achse be- ndet sich dann das Kriterium, an dem später die tatsächliche Berufseignung festgemacht wird. Hier haben wir den erzielten Jahresumsatz in Euro gewählt und ebenfalls einen Cutoff gesetzt, der die Bewerber in tatsächlich Geeignete und tatsächlich Ungeeignete teilt. Natürlich hat man in der Praxis nicht die Möglichkeit, alle Personen einzustellen und dann zu schauen, wer geeignet ist und wer nicht. Insofern ist die Darstellung zunächst ein Gedankenexperiment. Die Punktwolke setzt sich aus den Ergebnissen der Bewerber im Test und im Kriterium zusammen. Da zwischen beiden eine positive Korrelation besteht, hat die Punktwolke einen positiven Anstieg. Dieser fällt umso steiler aus, je größer der Zusammenhang ist. Der Zusammenhang ist natürlich die Kriteriumsvalidität des eingesetzten Verfahrens (siehe Kapitel 3). Die beiden Cutoffs teilen die Punktwolke in vier Bereiche: a) Abgelehnte Geeignete, b) Eingestellte Geeignete, c) Abgelehnte Ungeeignete und d) Ein- gestellte Ungeeignete. Dies verdeutlicht, dass die V erwendung des Cutoffs 1 1 0 beim Intelligenztest zu Fehlentscheidungen führt. Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass sich dies im Rahmen der Diagnostik nicht vermeiden lässt, da streng genommen nur Wahrscheinlichkeitsaussagen getroffen werden. In Kapitel 5, wenn wir über die Güte von Entscheidungen sprechen, kommen wir hierauf noch einmal zurück. Allerdings gilt es auch bei der Untersuchungsplanung einige der hiermit verbundenen Aspekte zu berücksichtigen. Was ist die Selektionsquote?—> Unter der Selektionsquote versteht man den Anteil der Bewerber die tatsächlich eingestellt werden: (b+d)/(a+b+c+d). Dabei ist natürlich von Interesse, dass sich unter den Eingestellten möglichst viele tatsächlich Geeignete be nden. Man spricht hier auch von der Trefferquote oder Hitrate: b/(b+d). Liegt eine fi fi 5 di 9 Sina Riesen 21.2.2024 hohe Kriteriumsvalidität vor, wird die Punktwolke enger und somit die Fehlerbereiche a und d schmaler. Dies wirkt sich vorteilhaft auf die Trefferquote aus. Zugleich ist dies eine der wenigen Möglichkeiten, beide Arten von Fehlentscheidungen zu minimieren. Daher kommt der Kriteriumsvalidität der Verfahren besondere Bedeutung zu. Das Verschieben der Selektionsquote kann hingegen, je nach Richtung, immer nur einen der beiden Fehlerbereiche verkleinern. Wird der Cutoff gesenkt und mehr Personen werden eingestellt (geringere Selektionsquote), dann werden zwar weniger Geeignete abgelehnt, dafür aber eben mehr Ungeeignete eingestellt. Eine Erhöhung des Cutoffs hat den gegenteiligen Effekt. In einem mehrstu gen Untersuchungsplan ist also genau zu überlegen, wie viele Personen ggf. vorab aus dem Verfahren ausgeschlossen werden. Ist das eingesetzte Verfahren nicht besonders kriteriumsvalide, empfehlen sich eher geringere Selektionsquoten (also die Aufnahme vieler Personen in die nächste Stufe), um zu verhindern, dass bereits früh zahlreiche, eigentlich geeignete Personen fälschlicherweise ausgeschlossen werden. Was ist die Grundquote (Basisrate)?—> Die Grundquote quanti ziert den Anteil der tatsächlich Geeigneten an allen Bewerbern: (a + b) / (a + b + c + d). Die Grundquote drückt im Prinzip aus, wie hoch die Trefferquote wäre, wenn eine Auswahl per Zufall erfolgen würde. In einem mehrstu gen Verfahren hat man auf die Grundquote der nach Stufe 1 folgenden Stufen einen Ein uss. Gelingt es, durch eine gute Vorauswahl den Anteil der tatsächlich Geeigneten (die Basisrate) zu erhöhen, verringert sich automatisch der Bereich der zu Unrecht eingestellten (d). Ein solcher Effekt lässt sich auch durch ein gutes Personalmarketing erzielen. Es sei aber auch erwähnt, dass in Zeiten des Fachkräftemangels der Ein uss mitunter sehr begrenzt ist. Wie sieht den Zusammenspiel zwischen Grundquote, Selektionsquote und Kriteriumsvalidität aus?—> Aus den bisherigen Ausführungen geht hervor, dass eine hohe Grundquote und eine gute Kriteriumsvalidität förderlich sind, um eine möglichst hohe Trefferquote zu erzielen. Es kann jedoch auch vorkommen, dass man an bestimmte Verfahren gebunden ist und damit auch an deren Validitäten. Zudem gelingt es nicht immer, die Grundquote so zu beein ussen, wie man es gerne hätte. Hier helfen die Taylor-Russel-Tafeln, um Trefferquoten unter der Annahme bestimmter Grund- und Selektionsquoten sowie Kriteriumsvaliditäten abzuschätzen. Diesem Zusammenspiel haben sich auch Meehl und Rosen (1955) zugewandt. Diese Autoren weisen darauf hin, dass bei extrem hohen oder niedrigen Grundquoten der Einsatz von Verfahren mit geringer oder moderater Validität sogar zu einem Zuwachs an Fehlentscheidungen (abgelehnte Geeignete + eingestellte Ungeeignete) im Vergleich zu einer Zufallsauswahl führen kann. Nichtsdestotrotz können die Taylor- Russell-Tafeln helfen, mögliche Trefferquoten vor dem Festlegen eines Untersuchungsplans abzuschätzen. Tabelle 1 fasst die Ergebnisse verschiedener Taylor-Russel-Tafeln für drei verschiedene Grundquoten und eine Auswahl an Selektionsquoten zusammen. Dabei haben wir immer angenommen, dass ein Verfahren mit einer Kriteriumsvalidität von r =.50 (entspricht ungefähr der metaanalytischen Kriteriumsvalidität von Intelligenztests) angewandt wird. Die enthaltenen Trefferquoten zeigen zunächst, dass bei gleicher Selektionsquote und Kriteriumsvalidität eine höhere Grundquote (mehr Geeignete) immer zu besseren Trefferquoten führt. Dies fi fi fl fl fi fl 6 di 9 Sina Riesen 21.2.2024 sollte nicht verwundern, drückt die Grundquote doch die Trefferquote bei zufälliger Auswahl aus. Diese liegt bei einer Grundquote von 80% eben auch bei 80%. Es zeigt sich weiterhin, dass die Trefferquote steigt, wenn weniger Perso- nen ausgewählt werden. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass dies ggf. gleichbedeutend damit ist, dass auch eine erhebliche Anzahl eigentlich Geeigneter abgelehnt wird. In einem mehrstu gen Verfahren sollte dies vor allem zu Beginn vermieden werden. Zudem hat auch die Validität des Verfahrens einen großen Ein uss. So beträgt die Trefferquote bei einer Kriteriumsvalidität von r =.20 (nicht in der Tabelle), einer Selektionsquote von.05 und einer Grundquote von 20 % nur noch.33 und bei einer Grundquote von 80%.90. Dies legt nahe, dass der Einsatz wenig kriteriumsvalider Verfahren bei extremen Grundquoten die Trefferquote nur geringfügig verbessert, wenn nur wenige Personen ausgewählt werden. Werden hingegen kaum Personen ausgeschlossen, ist die Trefferquote auch kaum besser als der Zufall. Das bedeutet, Kosten-Nutzen-Überlegungen verhindern in solchen Fällen ggf. den Einsatz eher aufwendiger Verfahren zu Beginn eines Vorauswahlplans. In einem mehrstu gen Verfahren gilt es also besonders bei extremen Grund- oder Selektionsquoten genau zu bedenken, wonach zunächst ausgesucht wird. Dabei spielen neben der Kriteriumsvalidität auch immer Kosten- Nutzen Überlegungen eine Rolle. Es gilt zudem zu beachten, dass die Trefferquote, die für die Vorauswahl geschätzt wird, als Grundquote für die weiteren Stufen angesehen werden kann. So lassen sich auch für diese dann erneute Schätzungen der Trefferquote vornehmen. 4.2 - Allgemeine Hinweise zur Untersuchung.planung 4.2.1 - Zeitliche Anordnung Was ist bei der zeitliche Anordnung zu beachten?—> Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass die Belastbarkeit der zu untersuchenden Person bei der Versuchsanordnung unbedingt berücksichtigt werden muss. Dabei sollte das Alter, mögliche vorliegende Erkrankungen (z. B. Depression), das Einnehmen von Medikamenten u. Ä. berücksichtigt werden. Auch das allgemeine Bildungsniveau ist sicher ein relevanter Hinweis. Personen, die es eher gewohnt sind, lange und anstrengende Tests zu bearbeiten, haben mit einer langen Testbatterie sicher weniger Schwierigkeiten als Personen, die eine solche Anforderung nicht kennen. Es sollte auch berücksichtigt werden, wie lange die zu testende Person vor der Untersuchung angereist ist und ob damit ggf. ein frühes Aufstehen verbunden war. Gerade wenn anstrengende kognitive Tests Teil der Untersuchung sind, sollte man vorab darauf hinweisen, dass sich die zu testende Person ausgeruht in die Testung begeben sollte. Erstreckt sich eine Untersuchung über mehr als einen Tag, sollte darauf geachtet werden, dass die eingesetzten Verfahren abwechslungsreich sind. Der geschickte Einsatz von Pausen sollte ebenfalls helfen, Ermüdung vorzubeugen. In Kapitel 3 hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass es auch bei der Prozessdiagnostik und dem damit verbundenen wiederholten Testeinsatz gilt, Vorkehrungen gegen Übungs- und Transfereffekte zu treffen. Werden im Rahmen einer fl fi fi 7 di 9 Sina Riesen 21.2.2024 Untersuchung mehrere Tests eingesetzt, um eine Hypothese zu untersuchen (z.B. mehrere Konzentrationstests), dann sollte auch hier berücksichtigt werden, dass Übungseffekte auftreten können. 4.2.2 - Formali Was sollte man bei der Formalie beachten?—> Bei der Untersuchungsplanung gilt es zudem, eine Reihe von Formalia zu beachten. Diese werden häu g als selbstverständlich angesehen. Läuft hier allerdings etwas schief, ist es meist besonders ärgerlich und zeitraubend. Zu den Formalia zählt die Absicherung aller organisatorischen Aspekte. Hierunter fallen Terminvereinbarungen, Raumfestlegungen und die Weitergabe wichtiger Unterlagen an die zu testende Person oder die Testleiter. Während der Untersuchung sollte man darauf achten, eine offene und freundliche Atmosphäre zu schaffen. Dabei hilft eine freundliche Begrüßung, etwas Small Talk bzw. der Einsatz von Icebreaker-Fragen (freie Fragen) und das genaue Erklären des Ablaufs. Hilfreich ist zudem ein individueller Zeitplan, den die Testperson ausgehändigt bekommt. Sollten an der Untersuchung mehrere Personen als Testleiter beteiligt sein, kann es für die Testperson sehr erleichternd sein, wenn der Zeitplan mit allen Namen und den jeweiligen Rollen versehen ist. Auch das Bereitstellen von Getränken und kleinen Snacks sollte bei längeren Testungen in Erwägung gezogen werden. Eine heikle Angelegenheit ist immer die Frage, ob Feedback während der Untersuchung gegeben werden soll. Bei eignungsdiagnostischen Fragen ist es oft angemessen, dies zu vermeiden. Bei Platzierungsfragen oder investigatorischen Vorgehen sind Feedbacks hingegen oft sehr hilfreich. In beiden Fällen lassen sich Testoder Fragebogenergebnisse sicher auch als Startpunkte eines Gesprächs nutzen. 4.2.3 - Vorbereiten von Testleitern und Protokollanten Wie kann man am besten Testleitern und Protokollanten vorbereiten?—> Nicht immer werden bei einer Untersuchung alle Verfahren von derselben Person durchgeführt. Oft verteilt sich die Arbeit auf mehrere Testleiter und in manchen Fällen auch auf Protokollanten. Die diagnostische Entscheidung trifft dann jedoch der Auftragnehmer, bei dem alle Informationen zusammen laufen. Daher ist es wichtig, dass alle am Prozess beteiligten Personen gut instruiert und vorbereitet werden, damit keine wichtigen Informationen verloren gehen. Jede Information kann bei der Datenintegration entscheidend sein. Bearbeitet die Testperson z.b zwei Intelligenztests, aber nur einen motiviert, lässt sich eine auftretende Diskrepanz später aufgrund der Zusatzbeobachtung au ösen. Ohne die Zusatzbeobachtung ist unter Umständen eine weitere Testung notwendig. Dabei kann es durch Übungseffekte zu Verzerrungen kommen. Daher ist auf diesen Punkt besonders zu achten. Jede Person, die ein diagnostisches Verfahren durchführt, muss sich zunächst intensiv damit beschäftigen. Dazu gehört das Studium des Manuals (soweit vorhanden) und, wenn möglich, der Selbstversuch. Hierbei sollten erfahrene Testleiter für Fragen und Feedback zur Verfügung stehen. Zudem emp ehlt es sich meist, zunächst supervidierte Testungen durchzuführen oder Probetestungen. Inwieweit bei einer Testung auch Zusatzbeobachtungen relevant sind, sollte ebenso fi fi a fl 8 di 9 Sina Riesen 21.2.2024 vermittelt werden wie die Regeln, um diese zu protokollieren. Alle Testleiter und Protokollanten sollten zudem darüber informiert sein, wie mit auftretenden Problemen umgegangen werden soll. Hierzu zählt auch der Umgang mit möglichen Fragen, die während der Untersuchung auftreten können. Im Interviewbereich gibt es ein Selbstdiagnose- und Selbstfeedbackinventar, um genau zu prüfen, wie gut ein Interviewer vorbereitet ist bzw. die Durchführung beherrscht: Das Diagnoseinstrument zur Erfassung der Interviewerkompetenz in der Personalauswahl (Strobel & Westhoff, 2009). Viele der hier aufgeführten Aspekte lassen sich auch auf den Untersuchungsprozess an sich generalisieren. 4.2.4 - Vorbereitung des Untersuchungsleiters Wie kann man am besten den Untersuchungsleiter vorbereiten?—> Viele der bereits erwähnten Aspekte fallen in das Aufgabengebiet des Untersuchungsleiters. Es lassen sich aber noch weitere Aspekte nden, die jeder Untersuchungsleiter vor einer Untersuchung mit sich ausmachen sollte. Kein Tag ist wie der andere, und es kann vorkommen, dass man als Untersuchungsleiter einen schlechten Tag hat. Daher sollte man sich vor der Untersuchung seiner VoreinsteIlungen gegenüber der Testperson bewusst werden und ggf. regulierend eingreifen. Es ist zudem wichtig, dass man sich zu keiner Zeit durch persönliche Sympathie und Antipathie leiten lässt. Auch hier hilft nur, sich regelmäßig seine Gefühle und Einstellungen bewusst zu machen. Gerade wenn sich im Verlauf einer Untersuchung ein bestimmtes Meinungsbild zu festigen scheint, muss der UntersuchungsLeiter unbedingt darauf achten, dass nun keine Scheuklappendiagnostik erfolgt. Das bedeutet, nach wie vor müssen sämtliche Informationen berücksichtigt werden und nicht nur die, die das entstehende Meinungsbild festigen. Die Ausführungen zeigen, dass es im Laufe der Untersuchung immer wieder notwendig ist, auch über das eigene Vorgehen und die eigenen Ansichten zu re ektieren, um Fehler zu vermeiden. 4.3 - Fallbeispiel —> auf den Seiten 119-12 fi fl 1 9 di 9

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