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These lecture notes cover foundational concepts in political science, including definitions, different perspectives on the subject matter, and various theoretical schools of thought.
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Politik Politik Definition: Keine richtige Antwort Wiederkehrende Begriffe in verschiedenen Definitionen Handeln, Festlegen und Finden von verbindlichen Regeln für das Zusammenleben einer Gemeinschaft (Normative) Ziel von Politik werden verschieden definiert Idealtypen: Schablonen für reale Phänome...
Politik Politik Definition: Keine richtige Antwort Wiederkehrende Begriffe in verschiedenen Definitionen Handeln, Festlegen und Finden von verbindlichen Regeln für das Zusammenleben einer Gemeinschaft (Normative) Ziel von Politik werden verschieden definiert Idealtypen: Schablonen für reale Phänomene Typische Elemente und Eigenschaften einfacher zu erkennen Nicht „ideal“ im Sinne von gut 3 Wurzeln der Politik (Sternberger) Politologik: Politologik versteht Politik als gegenseitige Verständigung unter Gleichberechtigung. (Aristoteles stellt sich ein Austausch von Argumenten unter politisch Gleichen mit dem Ziel, die beste Lösung zum Wohl aller zu finden, vor. Dabei beteiligen sich idealerweise all jene an einem solchen Dialog, die von einer Entscheidung betroffen sind.) Eschatologik: Eschatologik versteht Politik als Mittel zur Erreichung eines Endzieles. (Augustinus stellt sich Politk und Staat als etwas Schlechtes vor. Sie dienen einzig dem Endziel, also der Errichtung des Gottesstaates («civita die») auf Erden. Der Staat ist nicht auf die Legitimierung durch die Bürger:innen angewiesen. Die Herrschaft wird von jenen ausgeführt, die das Endziel kennen und vor Augen haben. Alle anderen haben sich diesem Ziel unterzuordnen.) Dämonologik: Dämonologik versteht Politik als Technik zur Eroberung und Erhaltung von (individueller) Macht. (Machiavelli stellt sich Macht als den Zweck von Politik an und für sich vor. Ziel von Politik ist Machtsicherung und Machteroberung. Alle Menschen streben nach Macht; wichtig ist, was einem selbst nützt aber nicht, was der Gesellschaft dient. Politik ist also lediglich Technik und hat mit Moral (also Endzielen oder Gemeinwohlorientierung) nichts zu tun.) Wissenschaft Wissenschaft = Verstehen und nicht bloss wissen Wissenschaft Definition: Keine richtige Antwort Nicht „Suchen/Finden von Antworten“ Vorwissenschaftliches Verständnis: Erste, naive Antwort auf Frage Überlegung zu Gegenstand ohne viel Wissen Ausgangslage, die durch Systematisierung zu neuem Wissen führen kann Komplexitätsreduktion: Reales Phänomen in Einzelteile zerlegen Multidimensionalität -> Eindimensionalität Wissenschaftstheorie: Betrachtung von unterschiedlichen Vorstellungen von Wissenschaft Betrachtung von unterschiedlichen Wissenschaftlichen Vorgehensweisen Positivistische Wissenschaft: Im 16./17. Jahrhundert: Hinterfragung der Kirche/Bibel Kritischer Rationalismus Theorie ist ein Gerüst um Erklärungen zu finden, nicht Wahrheit oder „richtig“ plausibel, objektiv, kritisch Tatsachen: Abhängig von Vorwissen Müssen objektiv, anerkannt und relevant sein Logik: Aus zwei Prämissen einen (gültigen) Schluss (Konklusion) ziehen (Deduktion) Induktivismus: Von Tatsachen auf Erkenntnisse schliessen Kann nicht funktionieren, da man nicht alle Tatsachen untersuchen kann/auf Wahrheit prüfen kann Kritischer Rationalismus (Popper): Es gibt kein gesichertes Wissen, sondern nur Spekulationen, denn Wahrheit ist relativ Falsifikationismus: Theorien sind nie wahr, sondern immer nur mehr oder weniger gute Annäherungen Erkenntnisse mittels Tatsachen widerlegen je mehr ich wissen will, desto mehr merke ich, dass ich nichts weiss Theorie: Soll möglichst kühn sein Allgemeinaussage mit möglichst viel Informationsgehalt Politikwissenschaft Polity, Policy, Politics - für Komplexitätsreduktion Polity steht für Rahmenbedingungen, also Grundlagen (formal oder informell), die bestimmte Handlungen ermöglichen oder begrenzen (z.B. Institutionen). Verfassung: Politische Grundregeln früher Gottesgnadentum, heute Legimität (=prinzipielle Zustimmung) Schweizer Verfassung kann durch Initiativen/Referenden teilrevidiert werden Staat: Max Weber: Legitimes Monopol der physischen Gewalt auf einem bestimmten Gebiet Politisches System (Easton): Policy steht für Inhalte, also Politikfelder, Politikprobleme, Programme, die Gegenstand sind von politischen Auseinandersetzungen (z.B. Bildungspolitik, Landwirtschaftspolitik, etc.) Politisches Problem Politisches Programm Anleitung für die Lösung möglicher Probleme Politics steht für Prozesse und Auseinandersetzungen. Der Prozess, wie Interessen durchgesetzt werden, Lösungen gefunden werden, etc. werden als Politics verstanden (z.B. parlamentarische Debatten, Abstimmungskampagnen, etc.) Interessen Akteure Kollektive Akteure sind Interessengruppen Institutionalisierte Akteure (zb. Regierung, Parlament, Gerichte…) Politische Akteure (Parteien, Verbände, politische Bewegungen) Öffentliche Akteure (Vereine, Medien) Konflikt Konfliktlinien (Clevages) sind imaginäre Gräben zwischen zwei divergierenden Interessen Macht Max Weber: Chance, den eigenen Willen gegen Widerstreben durchzusetzen Ein Staat hat Output Macht, legale Möglichkeit Macht durchzusetzen Ein Volk hat Input Macht, Möglichkeit Entscheidungen zu beeinflussen Ziel Politikwissennschaft: Komplexität des Gegenstandes „Politk“ reduzieren und „Politik“ analysieren Problem: zu viel Reduktion -> Modell zu einfach, zu wenig Reduktion -> Modell zu komplex Normativ: persönliche Meinung/Position, vorwissenschaftlich Anlaytisch: wissenschaftlich, analytisch Geschichte der Politik: Suche nach den Bedingungen eines „guten“ Gemeinwesens einer funktionierenden Gesellschaft Platon bestehende System in Athen (radikale Demokratie) deshalb schlecht, weil sie Gleichheit in die Gesellschaft von eigentlich Ungleichen bringt. Die eschatologische Idee von Platon ist, dass Philosophen herrschen sollten. Platon geht dabei normativ vor. Aristoteles bestehende System in Athen (radikale Demokratie) deshalb schlecht, weil Demokratie nicht das Wohl aller im Blick hat, sondern nur zugunsten der Mehrheit Gesetze einsetzt. Aristoteles analysiert (158) bestehende Verfassungen mit Hilfe von sechs Idealtypen. Er geht dabei also empirisch vor. Augustinus göttlichen Heilsplan. Alles Irdische ist schlecht und deshalb lohne es sich nicht, sich damit zu beschäftigen, eschatologisch Thomas von Aquin Aristotelisches Denken in christliches Denken eingearbeitet Mensch verfügt über Vernunft Machiavelli, Hobbes und Locke Politikwissenschaft nicht mehr normativ sondern empirisch (interpretierend), analytisch Alexis de Tocqueville Weg von Philosophie, hin zur Wissenschaft untersucht Entwicklung von politischen Systemen Abgrenzung von Soziologie, Geschichte und Jurisprudenz Empirisch-analytisch Vorgehen: Hypothesen testen Bedingungen: objektives (intersubjektiv nachvollziehbares) Vorgehen; Daten/Beobachtungen müssen valide und reliabel sein Ziel: Erklärung und Verallgemeinerung und zwar ohne Wertung (Werturteilsfreiheit) Objektiv-hermeneutisch Vorgehen: Interpretation, Verstehen des Sinns eines Falles (in der Regel anhand von Texten) Bedingungen: objektives (intersubjektiv nachvollziehbares) Vorgehen nach bestimmten Regeln Ziel: Verstehen und Interpretieren Normativ-ontologisch Vorgehen: Soll-Ist-Vergleich Bedingungen: normativer Standpunkt muss verdeutlicht werden Ziel: Voraussetzungen für gute Handlungen finden; Bewertungen abgeben Historisch-dialektisch Vorgehen: Analyse unter Berücksichtigung gegebener historischer Prozesse Bedingungen: Idee eines historischen Ziels Ziel: Kritik an einer bestehenden Situation Forschungsfelder der Politikwissenschaft: Politische Theorie, Politische Systeme, Vergleichende Politik (v.a. Polity) Politische Soziologie; Internationale Beziehungen (v.a. Politics) Policy-Analyse (v.a. Policy) Aber eigentlich kommen alle drei Dimensionen immer in allen Forschungsfeldern vor. Politische Theorie Klassisch normative Herangehensweise: Normativ - Ideengeschichte: klassische philosophische Positionen (v.a. Staatsphilosophie); Antwor- ten auf die Frage «Wie sieht der gute Staat aus / wie ist gutes Zusammenleben organisiert?» - Klassische politische Philosophie: moderne normative Positionen und Betrachtung, Er- forschung und Weiterentwicklung von Ideengeschichte Moderne (positive) Herangehensweise: Empirisch - Formale empirische Theorie: Versuch, eine (positive) Theorie zu finden, die wir als Werk- zeug für die Erklärung von Phänomenen verwenden können. - Wissenschaftstheorie: Betrachtung, Erklärung und Weiterentwicklung von Wissen- schaftspositionen und wissenschaftlichen Vorgehensweisen. Liberalismus Konservatismus Sozialismus Kommunismus Faschismus Politische Ökologie Demokratie: Buchstein: „dreifache semantische Transformation des Begriffes Demokratie“ Ausgangslage: Demokratie = negativ Positivierung: Demokratie = wünschenswert Futurisierung: Demokratie = möglich Anreicherung: Demokratie mit Adjektiven Empirischen Demokratietheorie: Typologien von Demokratien bilden Funktionsbedingungen und Leistungen vergleichen Bedingungen für Stabilität der Demokratien erkennen Buchstein: Einordnung von Demokratien anhand von Achsen Geltungsbereich: Demokratie als Form, eine politische Entscheidung zu finden (minimalistisch) bis hin zu Demokratie als Lebensform (quasi totalitär, maximalistisch) Partizipationsintensität: wie häufig und wie umfassend findet Partizipation statt (nur Wahlen, nur vermögende Bürger) bis hin zu direkte Demokratie mit umfassenden Rechten und allen EinwohnerInnen eines Landes (inkl. Kinder, Primaten, zukünftige Generationen, etc.) Rationalitätsgehalt: nur Entscheid (minimalistisch) vs. Prozess der Entscheidung (Argumentenaustausch, Deliberation) Beispiele empirische Demokratietheorien: Direkte vs. repräsentative Demokratie Föderlalistisch vs. zentralistische Demokratie Parlamentarische vs. präsidentielle Demokratie (Wahl von Regierung durch Parlament vs. Volk) Konkordanz- vs. Konkurrenzdemokratie (alle relevanten Parteinen vs. wählerstärkste Partei) Konsens- vs. Mehrheitsdemokratie (möglichst grosse Mehrheit vs. einfache Mehrheit) Viele vs. wenige Vetospieler Formale Demokratietheorien: nicht induktiv (wie empirische Theorien) Beobachtungen werden zu Typologien gebildet sondern deduktiv Modell wird aufgestellt (als Theorie) und empirisch geprüft Beispiele formale Demokratietheorien: Medianwähler*innentheorie Parteien streben mit ihren Programmen in die Mitte, weil dort viele Wählerinnen und Wähler sind. Genau in der Mitte gibt es den Medianwähler oder die Medianwählerin, die 50% + 1 Stimme und somit die Mehrheit garantiert. Codorect-Paradoxon Zyklische Mehrheiten; je nachdem, in welcher Reihenfolge Entscheidungen gegeneinander abgehalten werden, gibt es unterschiedliche Resultate. Paradox of Voting Die Kosten, die beim Wählen entstehen, sind grösser als der erwartete Nutzen des Wählens, weil dieser mit der praktisch bei Null liegenden Wahrscheinlichkeit multipliziert werden muss, dass meine Stimme entscheidet. Weil der Nutzen des Wählens damit negativ wird, wäre also rational (im Sinne von rational choice), sich nicht an Wahlen zu beteiligen. Politische Systeme Definition: Ein politisches System umfasst Institutionen (Polity), Prozesse (Politics) und Inhalte (Policy) politischer Entscheidungen, sowie den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext dieser Entscheidungen. Easton: Almond und Powell: Ziele und Funktionen Aggregation von Interessen Kommunikationsfunktion (Interessen -> Entscheide) Outputfunktion (Entscheid -> Handlung) Parteien und Interessengruppen Interessenartikulation und Interessenaggregation Parlament und Regierung Policy-Making Verwaltung Entscheide implementieren Justiz Überprüfungsfunktion Vergleichende Politik Lauth und Wagner: Vergleichende Politk = Königsweg - wissenschaftliche Methode, „Quasi-Experiment“ - keine Verhaftung mit dem eigenen System Historische Entwicklung Comparative Government (Vergleichende Regierungslehre): Vergleich von Regierungsformen; fast ausschliessliche Betrachtung von Polity Comparative Politics I: Vergleich von Systemen als Rahmen (Polity), in denen sich Prozesse abspielen und in denen Akteure wirken; Politics Comparative Politcs II (moderne vergleichende Politikwissenschaft): Polity, Politics und Policy sowie deren Wechselwirkungen werden verglichen. Aristoteles: idealtypische Einteilung von Verfassungen von 158 griechischen Stadtstaaten seiner Zeit; Vergleich nach Anzahl Regierender und Qualität und Einteilung in 6 Typen; empirisches Vorgehen Machiavelli: vergleichende Betrachtung antiker Staatssysteme, um herauszufinden, welche Voraussetzungen es braucht, um an Macht zu gelangen und diese zu erhalten Montesquieu: Vergleich unterschiedlicher Regierungssysteme unter Beschreibung verschiedener Funktionsvoraussetzungen (Klima, Prinzip, Grösse des Landes, etc.) Tocqueville: ausführliche und (vor allem) systematische Beschreibung eines Systems (USA) als Voraussetzung für einen Vergleich (Einzelfallstudie; «thick description»); und implizit Vergleich mit dem «Alten Europa» Vergleichende Regierungslehre Comparitive Government vs. Comparative Politics CG: monographisches Vorgehen, nur Beschereibung (deskriptiv), zu wenig systematisch, (Polity) CP: systematischeres Vorgehen (Friedrich, Finer), mehr Vergleich (Loewstein), spezifischere Fälle (Beyme) Neue Entwicklungen Veränderung von Institutionen, Neo-Institutionalismus (Institutionen = dynamisch, Polity) Output bzw. Policy wird neu auch betrachtet Methodische Entwicklungen Comparative Politics Vergleichen Definition (Schmidt) 3 Elemente Objekte und Fälle Untersuchungsgegenstand abgrenzen (räumlich & zeitlich), Stichprobe, Grundgesamtheit Zueinander in Beziehung setzen Kategorien bilden/beschreiben (Variabeln), Merkmalsausprägungen vergleichen (Hypothese) Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufdecken Quasi-Experiment, Störgrössen eindämmen, Fälle auswählen (möglichst ähnlich/unähnlich) Begriffe Längschnittanalyse Gleiches Objekt zu verschiedenen Zeitpunkten Querschnittanalyse Unterschiedliche Objekte zur gleichen Zeitpunkt Gepoolte Zeitreihen Kombination aus Längen- und Querschnittanalyse Einzelfallstudie (case study) ein Objekt Koparatistische Methode mittlere Zahl an Objekten Quantitative Analyse viele/alle Objekte Typologie min. 2 Merkmale (Variabeln mit min. 2 Ausprägungen) Hypothese Behauptung eines Zusammenhangs (je älter, desto reicher) Abhängige Variablen erklärte Variable (Reichtum) Unabhängige Variabeln erklärende Variabel (Alter) Conceptual Map Objekte in zwei Dimensionen bewertet und auf x- & y-Achse eingetragen Differenzmethode Most similar cases, Kontext stabil halten, Notwendige Bedingung Abhängige Variabeln variiren Unabhängige Variabeln sind gleich, bis auf jene, für die Einfluss vermutet wird Konkurdanzmethode Most dissimiliar cases, Output stabil halten, Hinreichende Bedingung Abhängige Variabeln sind gleich Unabhängige Variabeln variieren, bis auf jene, für die Einfluss vermutet wird Institutional Engineering Beeinflussen von individuellen Handlungen durch Reformation der Institutionen Probleme 1) Konzept Was wird eingeführt, was ist das Konzept? Weshalb, mit welchem Ziel/Nutzen? 2) Messung Wie misst man das Ziel/den Nutzen? 3) Übertragbarkeit Traveling Problem: Welche Indikatoren sind wirklich wichtig? Verallgmeinerung = heikel Patterns of Democracy (Lijphart) 2 Idealtypen Majorzprinzip vs. Konsensprinzip Mehrheit (>50%) entscheidet vs. so viele Personen wie möglich entscheiden USA, Neuseeland vs. Schweiz, Belgien (so ca.) 10 Strukturmerkmale Exekutive: in der Majorzdemokratie bildet nur eine Partei die Exekutive; in der Konsensdemokratie gibt es mehrere Parteien in der Exekutive. Regierung vs. Parlament: in der Majorzdemokratie gibt es eine Regierungsdominanz und ein kontrollierendes Parlament; in der Konsensdemokratie sind die beiden Gewalten (Exekutive und Legislative) ausbalanciert. Parteiensystem: in der Majorzdemokratie gibt es in der Regel ein Zweiparteiensystem; in der Konsensdemokratie finden sich mehrere Parteien. Wahlsystem: Wahlen in einer Majorzdemokratie werden mit dem Majorzsystem («winner takes all») durchgeführt; in einer Konsensdemokratie mit dem Proporzsystem (Sitzverteilung entspricht ungefähr anteilmässig der Stimmenverteilung). Verbändesystem: in der Majorzdemokratie pluralistisch organisiert (Verbände stehen im Wettbewerb und müssen versuchen, durch Lobbyarbeit Einfluss zu nehmen); in der Konsensdemokratie korporatistisch organisiert (Staat und Verbände arbeiten eng zusammen). Staatsaufbau: in der Majorzdemokratie eher zentralistisch organisierter Staat; in der Konsensdemokratie eher föderalistisch organisierter Staat (Rücksicht nehmen auf gliedstaatlich unterschiedliche Minderheiteninteressen). Parlamentsstruktur: in der Majorzdemokratie gibt es in der Regel ein Einkammersystem; in der Konsensdemokratie ein Zweikammersystem. Verfassungsrahmen: in der Majorzdemokratie ist die Verfassung ziemlich flexibel; in der Konsensdemokratie ist sie rigide, weil Minderheiten geschützt werden müssen, indem ihnen Veto-Rechte zugestanden werden. Verfassungsgericht: in der Majorzdemokratie gibt es kein Verfassungsgericht; in der Konsensdemokratie gibt es ein Verfassungsgericht (das Minderheiten schützt). Zentralbank: in der Majorzdemokratie ist die Zentralbank (weisungs-)abhängig von der Regierung; in der Konsensdemokratie ist die Zentralbank unabhängig von der Regierung (und nimmt die Rolle eines Vetospielers ein). 2 Dimensionen Exekutiv-Parteien-Dimension: fasst die parteiorganisatorischen Merkmale zusammen (Exekutive, Regierung vs. Parlament, Parteiensystem, Wahlsystem, Verbändesystem) Präsidentialismus und Parlamentarismus Föderalismus-Unitarismus-Dimension: fasst die eher föderalistischen Komponenten zusammen (Staatsaufbau, Parlamentsstruktur, Verfassungsrahmen, Verfassungsgericht, Zentralbank) Föderalismus und Zentralismus Untersuchung von Policies (Repräsentation von Frauen, Einkommensgleichheit, Systemzufriedenheit) Länder die gut abgeschnitten haben, sind auf der Exekutiv-Parteien-Dimension eher konsensuell organisiert, sonst keine Befunde Politische Soziologie Kombination aus Soziologie und Politik: Teilbereich des sozialen Handelns, der sich auf das Vorbereiten und Herstellen verbindlicher Regelungen und Entscheidungen bezieht, Politisches Handeln: insbesondere Politics Verschiebung von Makro- zur Mikroebene Individuuelle Einstellungen, Orientierungen, Verhaltensweisen, Handlungen Makroebene: System, Gesellschaft, als Ganzes (Aggragatebene), politische Kultur Mesoebene: kollektive Akteure (zb. Parteien, Verbände, Verwaltung) Mikroebene: Individuum (zb. Wahl- & Abstimmungsforschung, Partizipationsforschung, Sozialforschung) Coleman'sche Badewanne Zusammenhang auf Makroebene kann durch Mirkohypothese erklärt werden Makroebene = aggregierte Werte von Individuen Politische Kultur Erklärung des Zusammenbruchs von Demokratien (Weber) Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Bürger*innen Demokratie wollen Beispiel: Zusammenbruch der Weimarer Republik Definition: (Freitag) Gesamtheit der Werte, Glaubensüberzeugungen und Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Politik und politischen Objekten Gesamtheit: eine Demokratie funktioniert dann, wenn die Mehrheit demokratische Werteinstellungen hat: Individualwerte (Mikrobasis) werden zu politischer Kultur (als Makrophänomen) aggregiert. Werte, Glaubensüberzeugungen, Einstellungen: das können kognitive Einstellungen (bewusstes Wissen), affektive Einstellungen (Gefühle) oder evaluative Einstellungen sein (Einstellungen gegenüber Normen). Objekte: Einstellungen können auf unterschiedliche Objekte gerichtet sein: auf das System als Ganzes (Systemkultur), auf Akteure (Inputstrukturen oder Outputstrukturen), auf das Individuum selber (z.B. Einschätzung eigener Kompetenz) (Prozesskultur) oder auf den Output (als Policy; Policykultur). Messung von Politischer Kultur Bestimmen eines theoretischen Konzeptes mit Hilfe eines beobachtbaren Sachverhaltes und Erfassung dieses Sachverhaltes mit Hilfe von Indikatoren. Umfragen Behaviorismus, Konzentration auf Individuen Ziel: Werte, Glaubensüberzeugungen und Einstellungen messen Zufriedenheit mit der Demokratie Nationalstolz (Systemkultur) Vertrauen in Institutionen und Akteure politisches Interesse Identifikation mit einer Partei (Prozesskultur) Zufriedenheit mit politischen Entscheidungen (Policykultur) neue Erkenntnisse finden und Theorien falsifizieren (Medien: Diskussion anregen nicht Prognose) Methoden: qualitative vs. quantitativ Interviews mit offenen Fragen (persönlich, telefonisch, CATI) vs. standartisierte Fragebögen mit geschlossenen Antwortkategorien (schriftlich, online) Bedingungen: Zufällige Stichprobe aus definierter Grundgesamtheit (Repräsentivität) Zufallsauswahlt, Willkürauswahl, Quotenstichprobe Intersubjektive Nachvollziehbarkeit Kritisches Hinterfragen Zurückhaltung bei der Intepretation der Resultate Probleme: Skalenmessungen sind ungenau Vergleiche schwierig, da Sprache nicht 1 zu1 übersetzt werden kann Nationale Vergleiche nicht aussagekräftig, da Politische Kultur auf Kantonaler Ebene unterschiedlich Realisierung der Zufallsauswahl Stichprobe nicht möglich: z.B., weil zufällig gezogene Respondent*innen nicht erreichbar sind oder die Antwort verweigern (non-respnse). Stichprobenverzerrungen: z.B. durch (oft intransparente und deshalb intersubjektiv nicht nach- vollziehbare und deshalb nicht-wissenschaftliche) Gewichtungen, die auf heiklen Annahmen beruhen. Soziale Erwünschtheit: Befragte sagen nicht immer die Wahrheit; ab und zu gibt man Antworten, bei denen man das Gefühl hat, dass die erwünschter sind als andere, die aber nicht der eigentlichen individuellen Haltung entsprechen. Ausblenden von Kontext: Häufig wird der Kontext eines Individuums nicht berücksichtigt. Zudem spielt die Kultur eines Kontextes (Land, Kanton, Gemeinde) eine Rolle für das Verständnis eines Konzepts (z.B. höchste Demokratiezufriedenheit in China). Political Behavior Wahlforschung Ziel Entwicklung von Demokratie durch Ausbau des Wahlrecht Politische Beratung (Prognosen, Wähler*innenanalysen) Entwicklung Aggregatstudien (Makroebene) z.B. Siegfried (1913), der Karten übereinanderlegt, um in seiner «Géographie électorale» Zusammenhänge zwischen Geografie, Konfession, etc. und Wahlentscheid zu finden z.B. Rice (1928), der versucht, Zusammenhangsmasse in die Wahlforschung einzubringen (Rice-Index) z.B. Heberle (1963), der untersucht, inwiefern aktive Bürgerschaft den Wahlerfolg der NSDAP erklärt z.B. Key (1949), der versucht, Zusammenhänge auch theoretisch konzeptuell zu unterfüttern Fokus auf Individuen (Mikroebene) Komplexe Wechselwirkungen zwischen Kontext und Individuen (Mikro- & Makroebene) Ökologischer Fehlschluss Von Makroebene auf Mikroebene schliessen ist nicht möglich Aggregatwerte können individuelle Besonderheiten verdecken 4 Modelle des Wählerverhaltens, jeweils auf der Kritik des vorherigen aufgebaut, kombiniert genutzt Mikrosoziologisches Modell des Wählerverhaltens (Lazarsfeld, Columbia University, Illinois) "a person thinks politically, as he is, socially" Studie fand heraus, dass Kampagnen wenig Einfluss auf Wahlergebnis haben Sozioökonomischer Kontext und sozioökonomische individuelle Charakteristika sind ausschlaggebend (Status, Konfession, Urbanitätsgrad) Wenn der Kontext den Charakteristika nicht entspricht, dann gehen Leute nicht wählen, oder passen sich ihrem Umfeld an (cross pressure) Makrosoziologisches Modell des Wählverhaltens (Lipset & Rokkan) cleavages (Konfliktlinien) Zentrum - Peripherie Staat - Kirche Arbeit - Kapital Stand - Land Meso- & Makroebene Parteien organisieren Milieu innerhalb dieser Konfliktlinien Alle westeuropäische Länder haben ähnliche Konfliktlinien -> ähnliche Parteien "frozen party system" Sozialpsychologisches Modell des Wählverhaltens (Campbell, Michigan) funnel of causality Parteisympathie (psychologische Parteimitgliedschaft) Langfristfaktoren (Sozialisation, Zugehörigkeit zu Gruppen) Kurzfristfaktoren (Betrachten von Kandidierenden und Sachthemen) Modell der rationalen Wahl (Downs) Erklärung durch ökonomische Theorie Wahlentscheid = individuelle Berechnung, welche Partei in der nächsten Legislatur am meisten Nutzen bringt Wahl des Parteiprogrammes = jenes welches am meisten Wähler*innenstimmen verspricht Partizipationsforschung Definition Nicht nur Wählen und Abstimmen sondern alle politischen Handlungen zb. Teilnahme an Demostrationen, Parteimitgliedschaft, freiwilliges Engagement, Geldspende, Verweigerung 2 Erklärungssätze für rückläufige Wahlbeteiligung Normalisierungsthese: Das Gefühl, dass Wählen eine Bürger:inpflicht ist, nimmt ab; wer sich nicht für Politik interessiert oder mit der Situation grundsätzlich zufrieden ist, beteiligt sich nicht (mehr). Aus der Wahlpflicht wird also im engeren Sinne des Wortes ein Wahlrecht. Krisenthese: Abnehmende Partizipation ist ein Zeichen einer Krise. Wer nicht mehr hingeht, ist nicht zufrieden, sondern äussert damit Misstrauen gegen das politische System. Dieses Misstrauen entwickelt sich zu Politikverdrossenheit und im schlimmsten Fall zu antidemokratischem Verhalten. Andere Gründe aus Empirischen Studien: selbsteingeschätzte, zu geringe Kompetenz soziale Isoliertheit alternative Partizipation Probleme von rückläufiger Wahlbeteiligung selektive Beteiligung Nur spezifische Personengruppen mit partizipationsfördernden Eigenschaften wählen (Ressourcen wie Bildung, Einkommen, aber auch Alter oder Geschlecht) Diese haben aber andere Präferenzen als jene Gruppen, die auf ihr Wahlrecht verzichten Die Nicht-Wähler sind deshalb im politischen System weniger repräsentiert Policy-Analyse "What governments do, why they do it, and what difference ist makes." 4 Erklärungsansätze für unterschiedliche Politiken Sozioökonomische Determination Unterschiedliche Policies entstehen durch unterschiedliche Nachfrage der Bürger*innen -> Höhe der Staatsausgaben hängen von den sozio-ökonomischen Verhältnissen ab "Do politics matter?" "No, polity matters.", Strukturalistischer Ansatz Kritik Studien zeigen, dass Regierungen Einfluss haben Parteiendifferenzthese Die ideologische Ausrichtung von Regierungsparteien bestimmt die Policies -> linke Parteien sind gegen Arbeitslosigkeit und rechte Parteien wollen Preisstabilität "Do politics matter?" "Yes, they do." Kritik Einfluss nicht messbar Nur auf Links-Rechts polarisierenden Politkfelder anwendbar Parteien nähern sich mit der Zeit an Mehrere Parteien mit Regierungssitzen vermindern Einfluss einer einzigen Partei auf Policy Theorie der gesellschaftlichen Machtressourcen Organisierte gesellschaftliche Akteure sind hauptsächliche Förderer und Bremsen für Policies (zb. Gewerkschaften, Wirtschaftsorganisationen, allgemein Lobby-Organisationen) -> rent-seeking, Beinflussung des Staatlichen Handelns aus eigenem Interesse -> Gruppen organisieren Klassenstrukturen, Millieu innerhalb Konfliktlinien "Do politics matter?" "Yes, indirectly by being influenced by groups." Kritik Einfluss nicht messbar Gibt auch Policy ohne Klassenstrukturen oder Interessensorganisationen Politisch-institutionalistischer Erklärungsansatz Institutionen ermöglichen oder schränken Regierungshandeln ein, Handlungsrahmen "Do politics matter?" "No, polity matters" Kritik Akteure und sozioökonomische Determinaten werden nicht betrachtet 4 Modelle zur Steuerbarkeit von Politik Policy-Making-Modell Die Regierung kann alles planen Sie überlegt sich Handlungsprogramme, um definierte Probleme zu lösen, die als Output den geplanten Outcome und Impact bewirken Kritik Studien zeigen Vorstellungs ist realitätsfremd Policy-Cycle Aktionen der Regierung als Etappen Was ist ein Problem und wer bestimmt dies? Welche Wirkungszusammenhänge werden postuliert? Welche Lösungsalternativen gibt es? Welche Gesetze sollen formuliert werden? Wie sollen diese umgesetzt / implementiert werden? Welche Wirkungen haben diese Gesetze (Outcome/Impact)? Zeigt eine Evaluation, dass die intendierte Wirkung tatsächlich eingetroffen ist? Falls nein, was kann man daraus lernen? Kritik zu wenig theoretisch fundiert Akteure und ihre Beziehungen werden nicht genug beleuchtet Es wird davon ausgegangen, dass Regierung steuern kann Policy-Netzwerke Koperationshandeln: Betroffene als Akteure in den Entscheidungsprozess einbeziehen Dadurch weniger Wiederstand und einfachere Umsetzung Institutionen regeln Art und Umfang des Einbezugs Kritik Unterschiedliche Machtressourcen der Akteure noch nicht genug betrachtet Gevernance-Modell Staat ist einer von unzähligen Akteuren mit unterschiedlichen Machtressourcen Auch innerhalb des Staates gibt es unterschiedliche Akteure mit unterschiedlichen Zielen Zielkonflikte werden betrachtet Politikberatung Evaluation und Nachkontrolle von Gesetzen Think-Tanks oder Interessenakteure können in Politik eingreifen, indem sie Expertise für komplexe Probleme liefern Internationale Beziehungen Staat Definition (Weber) Gebilde auf bestimmten Gebiet mit Gewaltmonopol und Entscheidungskompetenz von Grenzen definiert legitimiert durch Bewohner*innen des Gebiets Anarchische Beziehungen Ungeregelte Beziehungen zwischen Staaten Keine supranationale Autorität Jeder Staat ist in Entscheidungen autonom und für eigene Sicherheit verantwortlich Ausnahmen Völkerrecht Wirtschaftssanktionen und militärische Interventionen Supranationale Systeme: UNO, EU, WTO Globalisierung Drei Arten von Beziehungen zwischen Staaten 1) keine Beziehung 2) Konflikt 3) Kooperation Drei Denkschulen der Internationalen Beziehungen 1) Liberalismus 2) Realismus 3) Konstruktivismus Krieg Definition Schwerer Konflikt, über längere Zeit, gewaltsam mit vielen Opfern, min einer der Akteure ist ein Staat Typen Zwischenstaatliche Kriege Innerstaatliche Kriege Sezessionskriege (ein Teil des Staates will sich ablösen) Antiregime-Kriege Dekolonisationskriege internationalisiert (mit Eingriff von anderen Staaten gegen den Staat) extrasystemisch (mit Eingriff von anderen Staaten gegen Nicht-Regierungs-Akteure, Stellvertreterkriege) Denkschulen Kriegs-Theorien Liberalismus Weltkriege = weniger Kriege Ächtung von Kriegen Mehr Demokratien = weniger Kriege denn zwei Demokratien führen keinen Krieg gegeneinander Verzögert (Demokratisierung durch Krieg) Mehr supranationale Organisationen = weniger Kriege Wirtschaftliche Verflechtung Staaten lernen Realismus Nutzenmaximierung = Krieg Machtungleichgewicht = Krieg Sicherheitsdilemma = Krieg Staaten rüsten auf um sich verteidigen zu können, andere Staaten intepretieren dies als offensiv Rüstungskrieg Konstruktivismus Ächtung des Krieges als Wert = weniger Kriege Denkschulen "Demokratien führen keinen Krieg"-Theorien Liberalismus grosse Hürden (Bevölkerung muss zustimmen) Transparenz (fast keine Geheimhaltung) Realismus Nutzenmaximierung (Kriege lohnen sich nicht, geringe Erfolgschancen, gefärdete Wiederwahlen) Konstruktivismus Gemeinsame Identität Demokratie Spieltheorie Nutzenverteilung bei Autokratien anders wie bei Demokratien Autokratie: kapitulierende Demokratie > Verhandeln >> eigene Kapitulation Verrechtlichung von Anarchie Freiwillige Teilnahmen von Staaten an Verträgen (Verzicht auf Teil der Autonomie) Wirtschaftlich: GATT, WTO Menschenrechtlich: UNO, Internationaler Strafsgerichtshof Denkschulen Kooperationen-Theorie Liberalismus Lerneffekte führen zu Automatismus Je mehr Staaten, desto grösserer Lerndruck (Integrationsprozess, Befolgung von Regeln = Kriterium) Durch Regeln mehr Transparenz Realismus Kooperation nur durch Zwang oder genug Anreize Bei Anreizen besteht das Trittbrettfahrerproblem Konstruktivismus Normen und Ideen verbreiten sich mit der Zeit Gemeinsame Identität = Anreiz für aussenstehende Staaten