Sauerstofftransfer Praktikum PDF WS 24/25
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This document is part of a practical exercise or lab report covering bioreactor engineering and oxygen transfer. It includes diagrams of metabolic pathways and calculations related to oxygen uptake. The practical work is likely to be based within a practical lab environment requiring students for experiment manipulation.
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Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) INTERDISZIPLINÄRES PRAKTIKUM 2. ÜBUNG EINFÜHRUNG IN DIE BIOREAKTORTECHNIK II: SAUERSTOFF-TRANSFER 1. Grundlagen 1.1. Stoffwechselphysiologische...
Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) INTERDISZIPLINÄRES PRAKTIKUM 2. ÜBUNG EINFÜHRUNG IN DIE BIOREAKTORTECHNIK II: SAUERSTOFF-TRANSFER 1. Grundlagen 1.1. Stoffwechselphysiologische Bedeutung des Sauerstoffs Abb. 1: Vollständiger oxidativer Abbau von Glucose zu CO2 Gemeinsamer Grundprozess der Energiegewinnung kohlenstoffheterotropher Mikro- organismen ist die Oxidation einer organischen C-Quelle durch Dehydrierung. Der abgespaltene Substratwasserstoff kann - abhängig von Organismenart und Kultur- bedingungen - auf verschiedene Endakzeptoren übertragen werden. Die kataboli- schen Stoffwechselwege, die der Energiebeschaffung der Zelle dienen, unterschei- den sich nach Art ihrer terminalen Wasserstoffakzeptoren und nach Ausmaß des Substratabbaus. Die in der Angewandten Mikrobiologie wichtigsten katabolischen Abbauwege sind die vollständige Oxidation (oder Atmung), die unvollständige Oxida- tion (oder oxidative Gärung) und die anaerobe Gärung. Die Abbildungen 1-3 zeigen diese drei Wege in schematischer Darstellung. Seite 1/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Abb. 2: Unvollständiger oxidativer Abb. 3: Anaerober Abbau von Glucose zu Abbau von Glucose zu Acetat Ethanol Als Endakzeptor bei Atmung und oxidativer Gärung fungiert Sauerstoff (s. Abb. 1+2), auf den der von den Coenzymen NAD und FAD angelieferte Wasserstoff in der At- mungskette übertragen wird. Diese beiden aeroben Prozesse unterscheiden sich im Grad des Substratabbaus. Während bei der Atmung eine vollständige Oxidation bis zu den alleinigen Endprodukten CO2 und H2O abläuft, wird die Kohlenstoffquelle bei der oxidativen Gärung nur bis zu einer jeweils art- und milieuspezifischen Redoxstufe (z.B. Acetat) abgebaut (s. Abb. 2). Bei allen anaerob ablaufenden Gärungen im ei- gentlichen Sinne erfolgt die terminale Wasserstoffübertragung nicht auf Sauerstoff, sondern auf ein je nach Gärungstyp unterschiedliches Zwischenprodukt (z.B. Acetal- dehyd), aus dem so das Gärprodukt (z.B. Ethanol) entsteht (s. Abb. 3). Durch die katabolischen Reaktionen wird, entsprechend der Enthalpiedifferenz zwi- schen Ausgangs- und Endprodukten, Energie freigesetzt, die zum Teil als Wärme verloren geht. Der Rest wird als chemische Energie in Form von in ATP energiereich gebundenem Phosphat genutzt. Unter Rückverwandlung von ATP in ADP und Phos- phat wird die Bindungsenergie beim Anabolismus wieder freigesetzt; sie ermöglicht dem Organismus endergone (energieverbrauchende) Zellsubstanz- Seite 2/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) synthesereaktionen. Abbildung 4 zeigt schematisch die Verknüpfung von Katabo- lismus und Anabolismus. C-Quelle Zellmasse Katabolismus ADP + Pi Anabolismus ATP NAD H2O NADH2 O2 Intermediärprodukte (Pyruvat, Succinat u.a.) Abb. 4: Verknüpfung von Katabolismus und Anabolismus Auch bei vollständiger Oxidation (Atmung) wird nicht sämtliche aufgenommene C- Quelle zu CO2 und H2O abgebaut. Nur etwa ein Drittel bis die Hälfte einer aufge- nommenen Hexose (z.B. Glucose) werden veratmet, der Rest wird durch den Kata- bolismus in Form von Intermediärprodukten dem Anabolismus zur Verfügung ge- stellt. Sie dient dem Aufbau von neuer Zellsubstanz. Abbildung 4 verdeutlicht dies. Aerobe Mikroorganismen haben je Masseneinheit einen viel größeren Sauerstoffbe- darf als pflanzliche, tierische oder menschliche Zellen. Je kürzer die Generationszeit eines Organismus, desto höher ist sein spezifischer Sauerstoffbedarf, vgl. Tabelle 1. Auch die Art des angebotenen Substrats und der vorliegende Stoffwechseltyp beein- flussen den Bedarf der Zellen an Sauerstoff. Seite 3/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Tab. 1: Sauerstoffaufnahmeraten qO2 in mmol/(g·h) qO2 [mmol/(g·h)] Mensch ruhend 0,009 arbeitend 0,178 Schmetterling ruhend 0,027 fliegend 4,461 Maus 0,112 Hefen 2,676 Azotobacter bis zu 134 1.2. Grundlagen der Sauerstoffversorgung Die Konzentration eines Stoffes im Medium einerseits und die Aufnahmerate des Or- ganismus für diesen Stoff andererseits sind dafür entscheidend, ob der Organismus ausreichend damit versorgt ist. So ist die Löslichkeit von Sauerstoff in reinem Wasser außerordentlich gering (etwa 0,275 mmol O2/L bei 20°C, 1 bar Umgebungsdruck und Begasung mit Luft). Salze, Zucker und sonstige Medienbestandteile verringern die Sauerstofflöslichkeit zudem. So hat z.B. eine wachsende Hefekultur mit einer Zell- konzentration (Trockensubstanz) von 10 g/L eine Sauerstoffaufnahmerate OUR (Oxygen Uptake Rate) von 24 mmol O2/(L·h). Unter der Annahme, dass die Sauer- stoffkonzentration im Kulturmedium 0,2 mmol O2/L beträgt, ist dieser Sauerstoffvorrat beim Unterbrechen der Belüftung also bereits nach 30 Sekunden verbraucht! Der Sauerstoffeintrag in die Nährlösung muss folglich bei allen aeroben Fermentations- prozessen mindestens in der gleichen Größenordnung liegen wie die biologische Sauerstoffaufnahmerate. Abbildung 5 veranschaulicht den vom Sauerstoff zurück- zulegenden Weg aus der Gasblase in die Zelle mit den zu überwindenden Trans- portwiderständen. Seite 4/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Phasengrenze Flüssigkeit Gas - Flüssigkeit G L cG cG* cL* cL Gasblase r Gasphase [Konvektion] Phasengrenze Gas-Flüssigkeit [Diffusion] Flüssigphase [Konvektion] Phasengrenze Flüssigkeit-Zellwand [Diffusion & Konvektion] Zelle Zellwand [aktiver Transport (enzymatisch)] Abb. 5: Weg des Sauerstoffs aus der Gasblase in die Zelle Für den Stoffdurchgang an Phasengrenzen, hier am Beispiel des Übergangs von der Gasphase über die Phasengrenze Gas-Flüssigkeit zur Flüssigkeitsphase, gibt es ei- ne Reihe von Modellen, zu deren bekanntesten die Zweifilmtheorie zählt. Der Zwei- filmtheorie liegen die Annahmen zugrunde, dass auf jeder Seite der Grenzfläche ein dünner Film existiert, durch den der Stofftransport ausschließlich per Diffusion er- folgt. Des Weiteren soll sich an der Phasengrenze die übergehende Komponente (Sauerstoff) im Gleichgewicht mit der jeweiligen Phase befinden. Für die Phasenker- ne wird angenommen, dass durch vollständige Durchmischung die Konzentrationen konstant bleiben. Der Gesamtwiderstand soll sich auf die laminaren Schichten zu beiden Seiten der Phasengrenze beschränken. Der Stofftransport erfolgt per Diffusi- on durch die laminaren Grenzschichten und in der Phasengrenze findet weder Spei- cherung noch eine Reaktion statt. Die laminar strömenden Filme sind zwar experi- mentell nicht nachzuweisen, dennoch ist die Zweifilmtheorie wegen ihrer einfachen Berechenbarkeit und ihrer Anschaulichkeit gegenüber anderen Theorien wie z. B. dem Penetrationsmodell und der Theorie der Oberflächenerneuerung vorzuziehen. Geschwindigkeitsbestimmend für die gesamte O2-Transportfolge ist der Widerstand der die Gasblase umgebenden Gasgrenzschicht und Flüssigkeitsgrenzschicht, die Seite 5/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) nur durch Diffusion überwunden werden können. Geht man davon aus, dass zum ei- nen die Dicke des Gasfilms G sehr viel kleiner ist als die Dicke des Flüssigfilms L und außerdem der Diffusionskoeffizient im Gasfilm sehr viel größer als der im Flüs- sigfilm ist, so kann als treibendes Gefälle für den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt beim Sauerstofftransport aus der Gasblase in die Flüssigkeit die Differenz der Sauerstoffkonzentration im Flüssigfilm angenommen werden. Mit kLa als dem ent- sprechenden Transportwiderstand gilt die allgemeine Stoffübergangsgleichung: (1) mit OTR Sauerstofftransferrate [mol O2/(L.h)] kL Stoffübergangskoeffizient [m/s] a Grenzfläche zwischen Gas und Flüssigkeit [m²/m³] c*L O2-Konzentration in der Grenzschicht Gas-Flüssig [mol/L] cL O2-Konzentration in der Lösung [mol/L] c*L wird durch das Henry´sche Gesetz beschrieben. Unter Annahme einer idealen Gasphase, da in diesem Fall der Henry-Koeffizient He vornehmlich durch die Tempe- ratur bestimmt ist, gilt: (2) mit He(T) Henry-Koeffizient (bar L mol-1) Der Henry-Koeffizient He beschreibt die Eigenschaft eines gelösten Stoffes (z.B. Gas) und eines Lösungsmittels (z.B. Wasser) und kann aus Phasengleichgewichts- messungen bestimmt werden. Die Löslichkeit ist der Kehrwert des Henry- Koeffizienten. Die beiden Faktoren kL und a werden häufig zusammengefasst und als "volumetri- scher Übergangskoeffizient kLa", z.B. in der Dimension 1/s angegeben. Dieser volu- metrische Koeffizient wird überwiegend von der Art der benutzten Belüftungsvorrich- tung, der Belüftungsrate und von den Stoffeigenschaften des Mediums beeinflusst. Seine Bestimmung ist nicht immer einfach, weil das O 2-Konzentrationsgefälle zwi- schen der Gasphase und der Lösung während des Aufsteigens der Gasblasen ab- Seite 6/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) nimmt. Je nachdem, ob die Gasblasen ungestört aufsteigen oder mehr oder weniger turbulent im Fermenter verwirbelt werden, gibt es verschiedene Lösungsansätze. Im Falle einer turbulenten Verwirbelung kann vereinfacht angenommen werden, dass die durchschnittliche O2-Konzentration in den Blasen in allen Teilen des Fermenters die gleiche ist. Somit ist auch die O2-Konzentration im entweichenden Gas am Fer- menterkopf die gleiche wie in den "Durchschnittsblasen". Die Sauerstoffaufnahmerate der Mikroorganismen scheint sich im Laufe der Evoluti- on dem besonderen Problem der O2-Versorgung angepasst zu haben, denn die Rate der Zellatmung ist innerhalb eines weiten Bereiches von der Konzentration des ge- lösten Sauerstoffs nahezu unabhängig. Dieser Bereich reicht von Luftsättigung (ca. 0,275 mmol O2/L) bis herunter zu einem Bruchteil dieses Wertes. In Wirklichkeit folgt die Atmungsrate als Funktion des Sauerstoffgehaltes einer Michaelis-Menten- Beziehung mit sehr niedriger Michaelis-Konstante in der Größenordnung von 1 bis 2 µmol O2/L. Abbildung 6 zeigt eine typische Substratsättigungskurve der mikrobiellen Sauerstoffaufnahme. Die Angabe einer kritischen Sauerstoffkonzentration ist allgemein nicht berechtigt, weil die Annäherung an die maximale Atmungsrate, wie Abbildung 6 verdeutlicht, asymptotisch erfolgt. Wird jedoch - z.B. durch ein Zulaufverfahren - die Wachs- tumsrate auf µ1 begrenzt, so wird damit auch die Atmung auf eine submaximale Rate limitiert. Es kann nun eine exakte, aber nur für die betreffende Wachstumsrate µ1 gültige, kritische O2-Konzentration cO2,krit,1 angegeben werden. Wird die Wachstums- rate z.B. durch schwächeren Zulauf der C-Quelle stärker limitiert auf µ2, so ergibt sich eine niedrigere kritische Sauerstoffkonzentration cO2,krit,2. Seite 7/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Abb. 6: Kinetik der mikrobiellen Sauerstoffaufnahme 1.3.Technisch angewandte Belüftungssysteme Die Bedeutung der Art und Weise der Luftverteilung für die Wirksamkeit einer Belüf- tung ist schon frühzeitig auf empirischem Wege erkannt worden. Eine kaum mehr überschaubare Zahl von Belüftungsvorrichtungen wurde vorgeschlagen. Allein die deutsche Patentliteratur beschreibt mehr als 200 mikrobiologische Belüftungssyste- me. Die meisten dieser Vorrichtungen lassen sich auf einige Grundtypen zurückfüh- ren, deren wichtigste in Abbildung 7 wiedergegeben sind. Wichtig wird die genaue Bestimmung des kLa-Wertes bei der konstruktiven Ausle- gung von Bioreaktoren bzw. beim Scale-up, weil es sich hierbei häufig um den limi- tierenden Faktor für Fermentationen handelt. Seite 8/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Abb. 7: Technische Belüftungssysteme 1.4. Die Bedeutung des Schüttelkolbens als Kulturgefäß Ein häufig eingesetztes Kulturgefäß in der Biologie stellt der Schüttelkolben dar. Er ist extrem einfach handhabbar, es sind viele Parallelansätze möglich, die Flüssig- keitsmengen sind gering und nach Ende der Reaktionszeit ist der Bioreaktor auch gleichzeitig die Probenflasche. Heutzutage werden in den Forschungslabors der in der Biotechnologie tätigen Unternehmen jährlich ca. 10.000 – 100.000 Versuche im Schüttelkolben unternommen. Diese Bioreaktoren werden für Arbeiten verwendet, die zur Aufklärung der Stoffwechselwege mikrobieller Kulturen und zur Untersuchung erster Betriebsparameter (Animpfverhältnis, pH-Wert- und Temperaturoptima, Kultur- zeit usw.) dienen. Häufig wird er auch zur Medienoptimierung und zum Screening nach leistungsfähigen Stämmen eingesetzt. Seite 9/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Die Sauerstofftransferrate (OTR) ist die am besten geeignetste und universellste Messgröße, um den physiologischen Zustand und die Aktivität einer Kultur zu cha- rakterisieren und zu quantifizieren, da fast jede metabolische Aktivität mit Sauerstoff- verbrauch gekoppelt ist. In einer frühen Phase der Forschung und Bioprozessent- wicklung ist es durch die Messung der Sauerstofftransferrate (OTR) möglich, Rück- schlüsse auf den physiologischen Zustand der Mikroorganismen und deren Kultivie- rungsbedingungen zu gewinnen. Obwohl geschüttelte Bioreaktoren sehr häufig eingesetzt werden und mit ihnen die für die spätere Entwicklung entscheidenden Weichen gestellt werden, existierten bis vor wenigen Jahren keine geeigneten Online-Messmöglichkeiten. Die Hydrodynamik im Kolben darf durch die Messungen nicht beeinflusst werden, da sonst keine Ver- gleichbarkeit zu den Versuchsergebnissen im normalen Kolben gegeben sind. Daher ist die Verwendung von Sensoren, die in die Flüssigkeit eintauchen, nicht möglich. In gerührten Bioreaktoren ist die Online-Messung der Sauerstofftransferrate (OTR) technisch relativ aufwendig, gehört aber zum Stand der Technik. Durch eine am Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik entwickelte Messanlage ist es auch im Schüttel- kolben möglich, die Sauerstofftransferrate (OTR) online und steril zu bestimmen. Der Messkolben wurde so gestaltet, dass er im unteren Teil, in dem sich die Flüssigkeit befindet, geometrisch einem normalen Schüttelkolben entspricht. Somit wird eine mit dem normalen Schüttelkolben vergleichbare Hydrodynamik im Messkolben erreicht. Die Messmethode basiert darauf, dass sich allein durch die Änderung des Sauer- stoffpartialdrucks im Gasraum des Messkolbens die Sauerstofftransferrate bestim- men lässt. (3) mit: nO2 Stoffmenge O2 [mol] Vfl Flüssigkeitsvolumen im Kolben [L] t Zeit [h] pO2 Partialdruckänderung in der Messphase [bar] t Messphase [h] Seite 10/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Vg Gasvolumen im Kolben [L] T Temperatur [K] R molare Gaskonstante 8,314 [J/mol/K] Abb. 8: Schematischer Aufbau der Messanlage mit zwei Messkolben Während einer Fermentation wird ein sich wiederholender Messzyklus durchlaufen, der in eine Mess- und in eine Spülphase unterteilt ist. Abbildung 8 stellt schematisch die Messmethode und –anlage dar. In der Spülphase sind das Einlassventil (V1) und das Auslassventil (V2) geöffnet und der Messkolben wird mit Gas durchströmt. Mit der Gasmischbatterie wird die Gaszusammensetzung geregelt. Die Filter (F1) und (F2) dienen als Sterilbarrieren des Begasungssystems. Zu Beginn der Messphase werden das Ein- und Auslassventil des Messkolbens geschlossen. Die anhaltende Atmungsaktivität der Mikroorganismen führt zur Veränderung des Partialdruckes im Gasraum des Messkolbens. Aus dieser Partialdruckänderung, die mit Hilfe eines Sauerstoffsensors erfasst wird, bestimmt der angeschlossene Rechner die Sauer- stofftransferrate (OTR) im Messkolben (s. Gleichung 3). Anschließend werden die Seite 11/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Ventile wieder geöffnet und die nächste Spülphase beginnt. Eine spezielle Kalibrier- technik stellt sehr gut reproduzierbare Messungen sicher. Die modulare Gestaltung der Messanlage ermöglicht es, auf einem Schütteltablar viele Messkolben parallel zu betreiben. 1.5. Das Sulfitsystem Zur Untersuchung der Sauerstoffversorgung in Bioreaktoren findet das Sulfitsystem häufig Verwendung. Eine mit Kupfer- oder Kobaltionen versetzte Natriumsulfitlösung ist ein künstliches, Sauerstoff verbrauchendes System. Die Sulfitionen werden durch den in der Flüssigkeit gelösten Sauerstoff sofort zu Sulfationen oxidiert, die Metallio- nen katalysieren die Reaktion. Die in biologischen Systemen ablaufende Zellatmung kann so nachgeahmt werden. Die Vorteile dieses Systems sind die bekannte Sauer- stoffumsetzung sowie die fehlenden Sterilitätsanforderungen. Damit kann dieses System zur Charakterisierung von Fermentationsbedingungen und Bioreaktoren dienen. Obwohl die Bruttogleichung der Reaktion relativ einfach ist, 2 SO32- + O2 2 SO42- (4) und die Reaktion ohne Nebenreaktionen abläuft, ist der tatsächliche Reaktionsablauf kompliziert und noch nicht vollständig erfasst. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Sulfitoxidation um eine Kettenreaktion handelt, die durch Verunreinigun- gen, insbesondere Schwermetallionen, aber auch photochemisch durch Licht, be- schleunigt wird. Unter der Voraussetzung, dass die Sauerstoffkonzentration in der Fermentationsflüs- sigkeit immer annähernd Null ist, weil der gesamte in Lösung gehende Sauerstoff so- fort in Sulfat umgesetzt wird, kann die Berechnung des volumetrischen Sauer- stofftransferkoeffizienten (kLa) aus der Sauerstofftransferrate (OTR) in einfacher Weise aus Gleichung 3 erfolgen nach: (5) Seite 12/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) wobei (6) mit kLa volumetrischer Sauerstofftransferkoeffizient [1/h] pabs Absolutdruck [bar] LO2 O2-Löslichkeit [mol/(L·bar)] yO2,Out O2-Molenbruch in der Abluft [mol/mol] yO2,In O2-Molenbruch im zugeführten Gas [mol/mol] qIn zugeführter spez. Gasvolumenstrom [NL/(L.h)] VM Molares Gasvolumen 22,414 [NL/mol] Der Begasungsvolumenstrom für einen Kolben in der RAMOS Anlage beträgt Qin = 10 mL/min. Aus dem Begasungsvolumenstrom kann der zugeführte spez. Gas- volumenstrom berechnet werden. Die Sauerstofflöslichkeit in einer Lösung ist ab- hängig von der Temperatur, dem Sauerstoffpartialdruck und der Konzentration an gelösten Stoffen in der Flüssigkeit. Bei bekannter Sauerstofflöslichkeit LO2 lässt sich der kLa-Wert direkt aus der gemessenen OTR berechnen. Diese Einflüsse können wie unten beschrieben berechnet werden. 1.6. Berechnung der Gaslöslichkeit in Flüssigkeiten WILHELM ET AL. (1977) beschreiben die Abnahme der Löslichkeit von Gasen in reinem Wasser cg,0 (oder L0) mit steigender Temperatur anhand der folgenden empirischen Gleichung. Die Parameter A bis D für die Löslichkeit von Sauerstoff finden sich in Tab. 2. (7) mit cg,0 Löslichkeit des Gases im reinen Wasser [mol/L/bar] Seite 13/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) R Gaskonstante 8,314 [J/mol/K] MH2O Molgewicht von Wasser 18 [g/mol] H2O Dichte von Wasser 995 [g/l] T Temperatur [K] Tab. 2: Koeffizienten für die Beschreibung der Temperaturabhängigkeit der Löslich- keit von Sauerstoff in reinem Wasser bei Temperaturen von 274 – 348 K [WILHELM ET AL. 1977] A, J/ (K mol) B, J/mol C, J/ (K mol) D, J/ (K² mol) -1200,54 64644,15 152,96 0,078516 Andere lösliche Bestandteile, wie z.B. die Medienkomponenten, reduzieren die Lös- lichkeit zusätzlich. Dies haben RISCHBIETER und WEISENBERGER 1996 für die typi- schen organischen und anorganischen Medienbestandteile empirisch beschrieben. Die zugehörigen Parameter für die im Praktikum verwendeten Medienbestandteile finden sich in Tab. 3: (8) mit cg O2-Löslichkeit im Nährmedium [mol/L/bar] ci, cj Konzentration der Mediumskomponenten [mol/L bzw. g/L] bn Löslichkeitsparameter der org. Komponente [L/g] bG,0 gasspez. Löslichkeitsparameter der org. Komponente [L/g] bG,T T-Einfluss des gasspez. org. Löslichkeitspar. [L/g/K] hi ionenspezifischer Löslichkeitsparameter [L/mol] hG,0 gasspezifischer Löslichkeitsparameter für Ionen [L/mol] hG,T Temperatureinfluss des gasspez. Ionenlöslichkeitspar. [L/mol/K] Seite 14/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) Tab. 3: Auszug der Löslichkeitsparameter für organische Komponenten aus RISCH- BIETER ET AL. 1996 und für Elektrolyte aus WEISENBERGER ET AL. 1996. Gas bG,0, L/g bG,T, L/(g K) Organische bj, L/g Komponente Sauerstoff 0 -0,044 10-4 Glucose 6,68 10-4 Hefeextrakt 7,90 10-4 Pepton 5,79 10-4 Gas hG,0, L/mol hG,T, L/(mol K) Anion oder Ka- hi, L/mol tion Sauerstoff 0 -0,334 10-3 Na+ 0,1143 K+ 0,0922 Co2+ 0,168 SO32- 0,127 SO42- 0,1117 Seite 15/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) 2. Methodik 2.1. Messungen zum Einfluss der Schüttelfrequenz und des Füllvolumens auf den Sauerstoffübergang im Schüttelkolben Folgende Lösungen werden für das Sulfitsystem (gepuffertes System) benötigt: 0,5 M Phosphatpuffer (Stocklösung): M Substanz Hersteller [g/mol] [mol/L] [g/L] Na2HPO4 x 2H2O Roth 177,99 0,5 89,00 NaH2PO4 x 2H2O Roth 156,01 0,5 78,01 0,5 M NaH2PO4 x 2H2O-Lösung: 3,90 g werden in 45 mL VE-Wasser gelöst und auf 100 mL aufgefüllt. 0,5 M Na2HPO4 x 2H2O-Lösung: 4,45 g werden in 45 mL VE-Wasser gelöst. Zum Lösen ist es ratsam Wärme (z.B. mittels eines Wasserbads) zuzuführen. Die angesetzten 45 mL 0,5 M Na2HPO4 x 2H2O-Lösung werden durch Zugabe der 0,5 M NaH2PO4 x 2H2O-Lösung auf pH 8,0 eingestellt. Die angesetzten 45 mL 0,5 M Na2HPO4 x 2H2O-Lösung werden durch VE- Wasser auf 50 mL aufgefüllt. 12 mM Phosphatpuffer (Gebrauchslösung, 500 mL für alle Gruppen): 12 mL des 0,5 M Phosphatpuffers werden in einen 1 L Messzylinder gefüllt und bis 500 mL mit VE-Wasser aufgefüllt. Der Phosphatpuffer wird durch einen Schlauch mit Stickstoff begast. Lösung 1: Sulfitlösung mit 0,5 mol/L (Ansatz 100 mL): Na2SO3 (von Roth, 98%, Reinheit bei Einwaage berücksichtigen) wird eingewogen und in 80 mL 12 mM Phosphatpuffer, der vorher mit Stickstoff begast wurde, gelöst. Die Lösung wird mit H2SO4 (30% w/w) auf pH 8,0 eingestellt. Anschließend wird mit sauerstofffreiem 12 mM Phosphatpuffer auf 100 mL aufgefüllt. Um eine frühzeitige Reaktion mit dem Luftsauerstoff der Gasphase zu vermeiden, wird die fertig ange- setzte Lösung abschließend nochmals mit Stickstoff gespült und die Lösung luft- Seite 16/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) dicht verschlossen. Es ist darauf zu achten, dass die Gefäße beim Begasen immer mit Alufolie bedeckt werden, um eine Oxidation durch Luftsauerstoff zu vermeiden. (Molekulargewicht Na2SO3: 126,04 g/mol) Lösung 2: mit 0,5 mol/L Sulfit und 0,5 mol/L Sulfat (Ansatz 100 mL): Na2SO3 (von Roth, 98%, Reinheit bei Einwaage berücksichtigen) sowie Na2SO4 (von Roth, 99%, Reinheit bei Einwaage berücksichtigen) werden in 80 mL 12 mM Phos- phatpuffer, der vorher mit Stickstoff begast wurde, gelöst. Dabei ist es ratsam, erst das Na2SO3 vollständig zu lösen, bevor das Na2SO4 unter Wärmezufuhr hinzugefügt wird. Die Lösung wird mit H2SO4 (30% w/w) auf pH 8,0 eingestellt. Anschließend wird mit sauerstofffreiem 12 mM Phosphatpuffer auf 100 mL aufgefüllt. Um eine frühzeiti- ge Reaktion mit dem Luftsauerstoff der Gasphase zu vermeiden, wird auch diese mit Stickstoff gespült und die Lösung luftdicht verschlossen. (Molekulargewicht Na2SO4: 142,04 g/mol) Kobaltlösung: 5*10-5 mol/L Cobaltsulfat wird gestellt. Bestückung und Inbetriebnahme der RAMOS-Anlage: Nach Einbau der Kolben in das Schüttlertablar sind die Kolben mit folgenden Volu- mina zu befüllen: Kolben 1: 10 mL Lösung 1 Kolben 2: 10 mL Lösung 2 Kolben 3: 15 mL Lösung 1 Kolben 4: 15 mL Lösung 2 Kolben 5: 20 mL Lösung 1 Kolben 6: 20 mL Lösung 2 Kolben 7: 25 mL Lösung 1 Kolben 8: 25 mL Lösung 2 Unmittelbar vor Schüttelstart werden den Kolben 1 + 2 20 µL der 5*10 -5 M Kobaltlö- sung (Kolben 3 + 4 30 µL, Kolben 5 + 6 40 µL und Kolben 7 + 8 50 µL) hinzugegeben und damit die sauerstoffverbrauchende Reaktion gestartet. Damit ergeben sich eine Seite 17/18 Übung 2 - Sauerstofftransfer Stand Okt. 2024 (WS 24/25) 0,5 M Sulfitlösung mit einer Kobaltkonzentration von 1*10 -7 mol/L und eine Lösung mit 0,5 mol/L Sulfit, 0,5 mol/L Sulfat und einer Kobaltkonzentration von 1*10 -7 mol/L. Der OTR soll bei Drehzahlen von 100, 200 und 300 U/min bestimmt werden und dar- aus der resultierende kLa-Wert berechnet werden. Dazu wird die Drehzahl jeweils nach 2,5 Stunden verändert (automatisiert durch eine Schüttlersteuerung). Dies ent- spricht 5 Messpunkten in der RAMOS-Anlage. Der Inhalt der Kolben wird nach dem Versuch in einem zu diesem Zweck bereitge- stellten Behälter entsorgt (schwermetallhaltiger Abfall). Die Kolben werden zunächst mit 30% w/w H2SO4 vorgespült (Schutzkleidung!) und dann mit viel VE-Wasser nachgespült. Anschließend werden sie zum Trocknen in den Trockenschrank (80 °C) gestellt. Auswertung und Protokoll: Das Protokoll soll enthalten: a) Graphische Darstellung der OTR-Werte über die Zeit. b) Die Bestimmung der Sauerstofflöslichkeit der Medien (Lösung 1 und Lö- sung 2) über die in Kapitel 1.6 beschriebenen Gleichungen. c) Graphische Darstellung der OTR-Werte über der Drehzahl. Aus den OTR- Mittelwerten für eine Drehzahl sollen die kLa-Werte berechnet und ebenfalls über der Drehzahl graphisch dargestellt werden. d) Die Zusammenhänge zwischen Füllvolumen, Drehzahl und der Ionenstärke sollen diskutiert werden. Seite 18/18